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Das Shakespeare-Experiment

oder der Widerspenstigen Zähmung (Seto x Joey)
von

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... Cleopatra

Vierter Aufzug
 

7. Szene
 

Es treten auf: Joey, Tea, Seto und Fräulein Aino
 

"Verdammt, ich bin Seto Kaiba, ich brauche mich nicht zu rechtfertigen, wenn ich ein Duell für dich bestreiten will."
 

Ich höre seine Worte, nehme wahr, dass sie seinen Mund tatsächlich verlassen und ich verstehe auch ihre Bedeutung.
 

"Betrachte es einfach als Zeichen meiner... "
 

Ja, ich weiß sogar, dass es kein Traum ist. Es ist real. Es passiert in Echtzeit.
 

Er hat das gerade wirklich gesagt.

Mein Verstand schreit "Warum?"
 

Aber etwas anderes lässt mich handeln.

Meine Hände schnellen hervor und packen den Kragen seiner Schuluniform, die natürlich bis zum letzten Knopf geschlossen ist. Meine Finger berühren den steifen Stoff und ich ziehe ihn ruckartig zu mir runter.
 

Dann geht alles ganz schnell.
 

Ich presse meine Lippen auf seine.

Einfach so.
 

So erschreckend selbstverständlich als würde ich ihm meine Faust ins Gesicht rammen. Ich weiß nicht wie oft ich mir vorgestellt habe, ihm eine reinzuhauen. 100 Mal? 1000 Mal? Keine Ahnung. Es war immer eine sehr befriedigende Vorstellung - meine Faust trifft sein Gesicht, bricht ihm die makellose Nase.
 

Aber jetzt, hier, in der Realität, treffen meine Lippen auf seine.

Einfach so.
 

Es ist kein sanfter Kuss. Kein Filmkuss. Es kommen weder romatische Gefühle in mir auf, noch höre ich irgendwo Geigen spielen. Ich presse meine Lippen einfach hart auf seine und... Es ist ein Schock für meine Sinne. Mein Mund trifft keineswegs auf scharfe Kälte. Seine Lippen sind warm, weich und ich spüre wie mein Körper darauf reagiert.
 

Ich habe die Augen geschlossen, weil ich glaube, dass man nur mit geschlossenen Augen küssen sollte.
 

Gott.
 

Ich küsse Kaiba.

Wie abscheulich ist das denn?
 

Schlimmer noch, ich will Kaiba küssen. Ich tue es freiwillig. Keiner zwingt mich. Es ist allein meine Idee.
 

Ich bin ja so abartig.
 

Dennoch genieße ich es. Den Kuss. Ich wollte ihn, jetzt habe ich ihn. Und ich will nicht damit aufhören. Ich spüre wie ein Ruck durch seinen Körper geht. Er verkrampft sich, aber sein Mund, seine Lippen reagieren auf meine. Sie passen sich mir an. Und sie sind so warm.
 

Seto Kaibas Lippen sind warm. Echt.
 

Mein Herz hämmert hart gegen meine Brust und ich nehme auch das Pochen seines Herzens wahr.
 

Kaibas Herz.
 

Ich fühle es. Es schlägt schnell. Viel zu schnell.
 

Gott, was tue ich denn hier?
 

Ich küsse Kaiba.

Und es ist...

Es verändert alles. Ich weiß es. Nach diesem Kuss wird nichts mehr sein wie zuvor.

Und er wird nie wieder einfach nur Kaiba für mich sein.
 

Es ändert alles.

Aber ich will nicht aufhören. Ich will...
 

Ich spüre seine Hände auf meinen Schultern. Wie kommen sie dahin? Egal. Ich spüre sie einfach. Sie sind da und seine Finger klammern sich in den Stoff meines T-Shirts.
 

Die Zeit scheint still zu stehen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich selbst beobachte während ich ihn küsse. Und da ist dieses Prickeln... Eigentlich ist es schon die ganze Zeit da gewesen, aber jetzt - jetzt - beherrscht es alles. Es erfüllt mich total. Ich fühle mich trunken, berauscht... vollkommen krass. Adrenalin pur.
 

Widerwillig und entsetzt zugleich löse ich meine Lippen von seinen, entferne mein Gesicht für Zentimeter und nur ein Atemzug trennt uns. Ich halte ihn immer noch fest und er mich ebenso. Er keucht und seine Augen öffnen sich langsam wieder. Ich sehe direkt in dieses unergründliche blau seiner Augen. Seine Pupillen sind verdammt groß. Meine auch? Keuchend stehen wir da und sehen einander in die Augen.
 

Seto

Joey
 

Seto und Joey
 

Gott, was habe ich getan?
 

Fluchtartig verlasse ich das Zimmer. Ich spüre immer noch das Prickeln, dass seine Lippen auf meinen hinterlassen haben und dieses andere Prickeln in meinem Körper. Ich sprinnte über den Flur, haste die Treppe hinunter und renne fast Fräulein Aino über den Haufen.
 

"Joey?" ruft sie entgeistert aus, aber ich reagiere nicht. Ich renne einfach. Als wäre der Teufel hinter mir her.

Oder Kaiba.
 

Ich habe ihn geküsst.

Ich habe Seto Kaiba geküsst.

Seto.
 

Warum habe ich das getan? Warum hat er das zugelassen?
 

Gott, mir wird schlecht.

Ich übergebe mich in den nächsten Busch direkt vor der Herberge und höre wieder seine Worte in meinem Kopf.
 

"Verdammt, ich bin Seto Kaiba, ich brauche mich nicht zu rechtfertigen, wenn ich ein Duell für dich bestreiten will. Betrachte es einfach als Zeichen meiner... "
 

Als Zeichen seiner... was? Kann das wirklich sein? Hat er das gemeint? Wollte er mir das sagen? Hat er...? Habe ich...?

Ich wische mir den Mund ab, den Mund mit dem ich gerade Kaiba geküsst habe. Oh Mann. Ich glaube ich drehe durch.
 

Ich bin erbärmlich. Ich küsse ihn und dann laufe ich weg und übergebe mich. Mein Magen rebelliert, er fühlt sich vollkommen komisch an. Als wäre ich gerade Achterbahn gefahren und hätte vorher nen Milchshake runtergekippt.
 

Gott, was wird er jetzt von mir denken? Was hatte das zu bedeuten? Warum habe ich das getan? Ich verstehe die Welt nicht mehr und mich selbst noch viel weniger. Ich lasse mich auf dem Boden nieder und starre auf die Steine vor mir.
 

Verdammt. Was habe ich mir dabei gedacht? Gar nichts, wenn ich ehrlich bin.
 

Joey, du musst dich sammeln! Echt jetzt. Ich muss mich zusammen reißen! Leichter gesagt als getan, wenn man gerade Kaiba geküsst hat. Oh Mann. Ich muss die Sache noch einmal durchgehen, logisch und objektiv. Ich muss nachdenken was da gerade passiert ist und eine Erklärung für mein Verhalten finden.
 

Also, ich habe Kaiba von meinem Stress mit Duke erzählt. Gut, nicht unbedingt normal, aber wir gehen in der letzten Zeit ja auch nicht mehr normal mit einander um. Naja, eigentlich gehen wir zum ersten Mal normal mitNinander um, wobei aber das Normale für uns unnormal ist. Mann, mir tut jetzt schon der Kopf weh. Ich habe also normal mit Kaiba geredet und er hat mir erklärt, dass er mir bei meinem Problem helfen will. Ja, das trifft den Punkt der Sache. Kaiba hat mir seine Hilfe angeboten. Absonderlich, verrückt und absolut bizarr, aber er hat es getan. Ähm, naja,... genau genommen hat er gesagt, dass er es tun wird, mir heflen. Einfach so. So wie Kaiba Dinge eben entscheidet, ohne dass irgendwer ein Vetorecht hat.
 

Verflixt, die ganze Nummer ist unnormal. Alles! Einfach alles stimmt gerade nicht mehr. Weder mit ihm, noch mit mir.
 

Warum hat er das gesagt?

Hm... die zutreffende Antwort, wenn auch nicht gerade die Logischste, ist, dass er mir helfen will, weil er eben Gefühle für mich hat. Deshalb benimmt er sich auch so unnormal. Ok, das kann ich akzeptieren, auch wenn ich´s nicht ganz verstehe. Aber, er hat eben Gefühle für mich. Das sind die Fakten. Deshalb hat er den Kuss auch erwidert, oder? Ich meine, wenn er Gefühle für mich hat, dann wünscht er es sich doch auch sicher mich zu küssen, nicht wahr? Verliebtsein und Küsse gehören irgendwie zusammen. Denk ich mal. Soweit so unklar.
 

Aber die Frage ist, warum habe ich ihn geküsst?
 

Hätte er das gemacht, naja, das wäre in Hinblick auf die Gesamtsituation ja irgendwie logisch. Bizarr, aber logisch. Doch ich kann´s drehen und wenden wie ich will, ich habe ihn geküsst. Das lässt sich nicht leugnen. Also - wieso? Das ist die Frage.
 

Hm.
 

Weil ich es wollte.

Also in dem Moment.

Irgendwie erschien mir das... angebracht.
 

Oh Mann.
 

Was er wohl jetzt denkt? Dass ich auch auf ihn stehe? Dass ich verrückt geworden bin? Dass ich ihn verarsche?

Verdammter Mist, wenn Kaiba denkt, dass ich ihn verarsche, mit seinen Gefühlen spiele, dann bringt er mich um. Todsicher. Verflixt, wie soll ich ihm denn erklären, dass ich es wollte? Ihn küssen, meine ich.
 

"Warum wollte ich ihn küssen?" frage ich mich selbst und versetze mich widerwillig wieder in die Situation zurück. Ich sehe es noch einmal vor mir wie ein Film: Kaiba steht vor mir, seine Augen funkeln und sein ganzer Körper ist angespannt. Er presst die Worte hervor und... Irgendwas in mir hat in dem Augenblick klick gemacht. Keine Ahnung was, aber es lag an ihm. Seinetwegen kam es dazu. Er hat irgendwas ausgelöst, dass ich nicht erklären kann. Als habe er einen Schalter betätigt. Mein Unterbewusstsein hat auf Kaiba reagiert und meine Handlung ausgelöst.
 

Was bedeutet das nun?
 

Ich kaue unruhig auf meiner Unterlippe und suche nach einer Antwort auf die Frage. Tue ich das wirklich? Will ich eine Antwort? Nun, Kaiba werde ich früher oder später eine geben müssen, oder?
 

"Joey?"

Tea! Ich erkenne ihre Stimme sofort. Ich blicke auf und sie steht vor mir. "Joey, was ist denn..." Sie bricht ab und mustert mich. Ich straffe die Schultern und erhebe mich langsam. In meinem Kopf herrscht immer noch Chaos. "Hat Kaiba dich aus dem Zimmer geworfen oder warum sitzt du hier draußen?" will sie schließlich wissen. Ich zucke unwillkürlich bei der Erwähnung seines Namens zusammen.
 

Seto
 

Tea sieht mich weiterhin an. Sie runzelt leicht die Stirn, was sie streng aussehen lässt. Ich versuche mich zu sammeln. Verlegen kratze ich mich am Kopf. "Ähm... nein, ich wollte nur..." Ich zucke mit den Schultern und hoffe, dass sie nicht weiter nachfragt. Zum Glück tut sie das auch nicht. Sie sieht mich nur etwas skeptisch an. "Geht es dir gut?" will sie wissen. Ich nicke automatisch. "Ich bin nur ein bisschen durch den Wind, glaube ich." Ich grinse schief, aber das scheint sie nicht unbedingt zu beruhigen. Ihre Haltung drückt weiterhin Sorge aus.
 

"In einer halben Stunde sollen wir uns alle in der Halle einfinden, dann fahren wir zum Tempel." erklärt sie mir und ich nicke. Ach ja, das Besichtigungsprogramm. Ich hatte es ganz vergessen. Meine Motivation ist gerade auch vernichtend gering. "Geht´s dir wirklich gut, du warst heute morgen schon so komisch?" fragt sie noch einmal. "Oder machst du dir Sorgen wegen dem Duell gegen Duke? Yugi hat mir davon erzählt." Ich schüttele den Kopf, sage jedoch nichts, aber sie redet glücklicherweise auch schon weiter. "Also, ich kann verstehen, dass du deine Schwester beschützen willst, aber du wirst nicht alle Verehrer von ihr fern halten können." Sie lächelt mich nachsichtig an. "Spätestens, wenn Serenity sich verliebt, bist du sowieso machtlos."
 

Ich schlucke.
 

Verliebt. Das klingt gerade wie ein obskures Fremdwort.
 

Unwillkürlich mustere ich Tea. "Da hast du sicher Recht, aber es muss ja nicht Duke sein." sage ich und wieder kommt mir meine Stimme seltsam vor. Sie seufzt. "Sag mal, Tea..." hebe ich vorsichtig an. "Ja, Joey?" Ich zögere. "Wie merkt man eigentlich, dass man verliebt ist?" frage ich schließlich. Falls meine Frage sie überraschen sollte, lässt sie sich nichts anmerken. Sie grinst nur. "Das fühlt man einfach." meint sie und zuckt mit den Schultern. "Dann ist da dieses wohlige Prickeln, dass immer stärker wird, wenn man den geliebten Menschen sieht." Ich sehe sie nachdenklich an.
 

"Meinst du Serenity ist in Duke verliebt?" fragt sie nach ein paar Sekunden. Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung." erwidere ich gleichgültig.
 

...wohliges Prickeln, dass immer stärker wird, wenn...
 

Wenn ich in Kaibas Nähe bin.
 

Freilich, das alles kündigt eine tragische Geschichte an: Summa summarum, er ist verliebt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2012-08-28T15:47:20+00:00 28.08.2012 17:47
ohooo, ein wenig können die beiden einem ja schon leid tun. Und ganz so abwägig ist es nicht das man sich allein aufgrund der Gedanken etwas einredet, oder fühlt, was Kaiba wohl denkt, nachdem Joey flüchtet. Wahhh und dann kommt auch noch Tea die kleine Schlange und sagt Joey so etwas. *schmunzel* ein weiteres schönes Kapitel :D
Von:  Wanda_Maximoff
2010-10-08T17:35:17+00:00 08.10.2010 19:35
Armer Joey. o.o Dass er so verwirrt ist, habe ich ihm nun auch nicht gewünscht. Ich drücke mal sämtliche Daumen, die ich habe, dass alles ein gutes Ende findet.
Ich fand die ganze Reaktion schön beschrieben, wie Joey rausläuft und alles... Sogar, dass er sich übergeben hat, fand ich nachvollziehbar, ihm muss ja in diesem Moment sehr übel gewesen sein, wenn er doch eigentlich überzeugt ist Seto zu hassen bzw. zumindest nicht zu mögen.
Hach, schön war auch, dass Tea genau auf dieses Prickeln in ihm zu sprechen kommt... herrlich. ^^


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