Orangene Wolken
"Was ist denn nun schon wieder passiert?", ertönten zeitgleich zwei ziemlich genervte Stimmen, deren Besitzer sich daraufhin nur gegenseitig mit einem Stirnrunzeln bedachten, doch ihre Frage zielte eigentlich auf zwei andere Mitglieder ihres Teams ab, die gerade aus dem Busch gekrochen waren.
"Um unsere Jugend zu schützen und uns zu kräftigen, pflegen wir diesen besonderen Essensstil, damit wir immer fit sind", erwiderte der Größere mit stolzgeschwellter Brust, "Fühlt doch mal unsere Haut, sanft wie die Haut einer Aprikose, jawohl!"
Kopfschüttelnd lehnte Neji, einer der ziemlich genervten Shinobi, ab, auch wenn das angesichts der Hartnäckigkeit seines Meisters alles andere als leicht war. Dennoch ließ er seinen Blick auf seinen beiden Kameraden, zeitgleich fasziniert und entsetzt, was er ziemlich gut verbarg.
"Woraus besteht denn dieser ominöse besondere Essensstil?" Shikamaru, der dritte Shinobi des Teams, versuchte ruhig zu bleiben, doch die anderen drei kannten ihn lange genug, um zu wissen, dass er eigentlich immer genervt war, so wie auch in diesem Moment.
"Karotten", erwiderte Lee, das letzte Teammitglied, strahlend seine pfirsichweiche Haut präsentierend.
"Was auch sonst..."
Gai nickte enthusiastisch und fügte dann noch ein "Banane und Tomaten" hinzu.
"Euch ist schon klar, dass ihr die Mission ziemlich gefährdet, oder?"
"Das ist nur eine temporäre Nebenwirkung und steigert unsere Leistungsfähigkeit nur noch weiter. Wir werden eure Hilfe dazu nicht einmal benötigen."
"Ihr seid orange!", fasste Neji.
"Wohl eher pfirsichfarben", korrigierte sein alter Meister ihn fast schon beleidigt. Eine Weile standen die vier schweigend in einem Kreis, um sich ein Blickduell zu liefern, doch Shikamaru war schon recht bald genervt und ließ sich nach hinten auf das Gras der kleinen Lichtung, auf der sie kampierten, fallen, um sich beim Betrachten der schneeweißen Wolken auf dem sanften blauen Himmel zu entspannen. Neji setzte sich nach einigen Minuten an seine Seite, wissend, dass Lee und Sensei Gai ihr Duell auskosten würden, so lange bis einer aufgab, und das konnte Stunden dauern.
"Was machen wir jetzt?"
"Abhauen, die Mission allein ausführen oder warten, bis sie zumindest wieder gelb sind", erwiderte Shikamaru gelassen.
Neji kam auch eine Idee: "Oder sie so lange mit Gurken und Salat füttern, bis sie wenigstens grün werden."
"Auch eine Möglichkeit..." Bei dem Gedanken an die beiden in ihrem grünen Anzug mit einer grünen Haut mussten die Zwei grinsen, der Gedanke war auch zu komisch. "Wir brauchen sie, wir wissen nicht, was uns erwartet. Leider beinhaltet meine Strategie auch die zwei Idioten, nur nicht in Orange."
"Hey!", ertönte es unisono von dem Blickduell, das 'Idioten' hatten sie wohl vernommen.
"Dann hoffen wir mal, dass sie schnell ihren normalen Hautton annehmen. Nutzen wir die Zeit, um zu trainieren."
"Viel Spaß, ich bleibe hier und bewache das Lager", erwiderte Shikamaru, den Blick immer noch auf die Wolken gerichtet, bis plötzlich eine orange-grüne Gestalt sich in seine Sicht schob und ihn mit einem freudigen "Training!" schulterte und mit sich trug.
"Netter Versuch." Als er seinen Blick nach rechts wandte, entdeckte er Neji, der in der gleichen Sandsackposition über Lees Schulter hing und ergeben seufzte. "Wenn sie trainieren wollen, dann sind wie Wirbelstürme, niemand kann sie aufhalten."
"Wie nervig." Stillschweigend ließen die zwei sich tragen, bis Gai laut "Stop!" rief. Anscheinend hatten sie ihren Trainingsort erreicht, einen kleinen Wasserfall am Rande einer Lichtung, die aus Steinen bestand. Nur vereinzelt konnte man ein paar vorwitzige Grashalme sehen, die sich hervorgewagt hatten.
"Wenigstens das Wasser passt farblich zu euch", bemerkte Neji trocken, denn die Sonne, die gerade langsam hinter den Bäumen versank, färbte es ein, so dass es orange leuchtete, doch Gai und Lee waren schon in einen Trainingskampf vertieft.
"Wie zwei tanzende Blätter", murmelte Shikamaru leise, der die beiden Shinobi, welche man vor dem orangenen Wasser nur an ihren grünen Anzügen erkennen konnte, fasziniert beobachtete. Mit einem leicht erstaunten "Was?" drehte der Hyuuga sich zu ihm um, vorher hatte er mit seinem Byakugan die Gegend überprüft.
"Lass uns zurückgehen. Unsere Vorräte sollten überprüft und neu aufgeteilt werden", lenkte Shikamaru Neji ab, da ihm seine Bemerkung nicht gerade angenehm war.
Mit einem knappen "Gut!" eilte Neji los, wartete jedoch auf dem nächsten Ast. Schweigend sprangen sie, Seite an Seite, von Baum zu Baum und waren nach wenigen Minuten wieder im Lager. Um Gai und Lee machten sie sich keine großen Sorgen, auch wenn sie orange waren.
"Die Vorräte?" In Nejis Stimme klang ein amüsierter Unterton mit, als er Shikamaru, der sich sofort in die richtige Wolken-Beobachter-Position gelegt hatte, betrachtete. Dieser warf ihm daraufhin einen schrägen Seitenblick zu. "Wolken? Komm schon, wir sind nicht wirklich oft alleine, vor allem auf Mission mit Gai und Lee."
"Als ob wir sonst so oft alleine wären", erwiderte Shikamaru, den Blick auf den Himmel und die leicht orange angefärbten Wolken gerichtet. "Manchmal frage ich mich, wie wir es überhaupt geschafft haben, ein Paar zu werden."
"Ich frage mich eher, wie wir es schaffen, zusammen zu bleiben, vor allem mit der Einstellung." Neji stellte sich in Shikamarus Blickfeld, verschränkte die Arme und sah seinen Freund herausfordernd an. Mit einem Seufzen richtete dieser sich halb auf und zog den Hyuuga zu sich runter.
"Warum sind wir noch zusammen? Weil wir vernünftig sind."
"Du warst schon immer sehr romantisch angehaucht."
"Das sagt derjenige, der mich darüber aufgeklärt hat, wie viele praktische Vorteile es hätte, wenn wir ein Paar sind."
"Immerhin hatte ich ein Geschenk dabei."
"Ja, das Shuriken hege und pflege ich auch, siehst du?"
"Also gut, wir sind keine Romantiker, aber..." Abrupt verstummend kniete Neji vor seinem Freund und sah ihn nachdenklich an.
"Aber?"
"Nichts." Diese Antwort entrang Shikamaru ein Seufzen, manchmal war der Hyuuga wirklich ein Buch mit sieben Siegeln für ihn. Schlimmer als jede Frau. "Leg dich zu mir."
"Gai und Lee..."
"... sind erstmal beschäftigt. Und selbst wenn, ewig können wir es nicht geheim halten, also komm schon, leg dich neben mich. Ich will dir etwas zeigen." Zögernd ließ Neji sich auf dem Boden nieder, legte sich steif neben seinen Freund. "Entspann dich mal, ich falle sicher nicht über dich her. Schau dir den Himmel an."
"Orange."
"Vergiss mal die Farbe, sondern sieh auf die Wolken, wie sie weiterziehen und ihren Weg gehen..." Schweigend betrachteten sie die Wolken, die in den Sonnenuntergang hineinzogen.
"Was haben sie für eine Bedeutung für dich?", fragte Neji kaum hörbar, so als ob er Angst hätte, die Stimmung zu zerstören.
"Die Wolken haben ihren Weg gefunden, sie ziehen den Himmel entlang, ohne sich darum zu kümmern, ob er blau oder orange ist. Sie sind einfach da. Früher habe ich mir vorgestellt, dass ich einmal eine Frau habe, zwei Kinder und das wir zusammen schauen, wie die Wolken über den Himmel ziehen."
"Früher...", Neji hatte einen kaum hörbaren, bitteren Unterton in der Stimme, doch Shikamaru ließ sich davon nicht beirren.
"Früher. Jetzt möchte ich mit dir Wolken betrachten."
