Kapitel 14
Tag 75
T.O.P
“Und wird… also wird Ji-Yong auch…?”
“Er hat versprochen, dass er kommen wird. Schließlich sind wir eine Band und alle befreundet. Das mit euch ist blöd aber es kann schließlich nicht für immer zwischen uns stehen, oder?”
Mein Herz überschlägt sich fast vor Freude. Ich werde dich endlich wiedersehen. In den letzten fünf Tagen habe ich sicher mehrere tausend male versucht, dich auf dem Handy zu erreichen, habe alle Hotels abgeklappert und immer und immer wieder bei unseren Bandmitgliedern angerufen, sie angefleht, mir zu verraten, wo du dich eingemietet hast, doch alle Mühe war vergebens. Du hast den Kontakt abgebrochen und jeden meiner Versuche, ihn wieder aufzunehmen, nicht zugelassen.
“Vielleicht… naja, vielleicht könnt ihr die Party ja auch dazu nutzen, euch wieder näher zu kommen?”
Das wäre zu schön, um wahr zu sein…
Ich schüttle den Kopf, vertreibe die Gedanken. Für den Moment mögen sie wunderschön sein, doch jedes mal, wenn ich danach stundenlang in der stillen, einsamen Wohnung sitze, fühlt sich alles noch trostloser an.
“Es geht mich ja wirklich nichts an, aber ich glaube, er vermisst dich. Er sieht wirklich nicht gut aus…”
Warum erzählt er mir das? Ich will nicht hören, dass es dir schlecht geht. Es ist schlimm genug, dass ich über unsere Trennung unglücklich bin. Wenigstens du solltest glücklich sein. Du hast es verdient, dass du dich neu verliebst - in eine Person, die deine Liebe mehr zu würdigen weiß. Oder willst du das etwa gar nicht? Vermisst du mich? Habe ich doch noch nicht meine letzte Chance verspielt? Ein nervöses Räuspern reißt mich aus meinen Überlegungen.
“Naja, also wie gesagt… Es geht mich nichts an. Also dann sehen wir uns morgen Abend? Versprochen?”
Eilig bejahe ich die Frage und lege das Telefon weg.
Tag 76
T.O.P
“Alles Gute zum Geburtstag!”
Lächelnd überreiche ich Daesung eine kleine blaue Tüte. Eigentlich sollte ich darauf warten, dass er sie auspackt und sich dazu äußert, ob das Shirt, dass ich ihm geschenkt habe, seinen Geschmack getroffen hat, doch mein Blick wandert bereits durch die Bar. Bist du schon hier? Wirst du erst später kommen? Hast du abgesagt? Eilig suche ich den überfüllten Raum mit den Augen nach dir ab, jedoch ohne Erfolg zu haben.
“Alles, alles Gute!”
Wie vom Donner gerührt drehe ich mich um. Ich hätte die Stimme unter Tausenden erkannt. Mein Herz macht einen kleinen Sprung, als ich dich sehe. Du stehst vor Daesung, in der Hand eine kleine, herzförmige Schachtel und dein Gesicht ziert ein breites Lächeln. Unter deinen Augen befinden sich dunkle Schatten, deine Haare sind nur lustlos unter der grauen Kapuze deines Pullovers versteckt und dennoch strahlst du eine ungeheure Wärme und Schönheit aus.
“Na, was hast du denn schon alles Schönes geschenkt bekomm-… oh…”
Dein Blick trifft auf meinen. Für einige Sekunden starren wir uns einfach nur gegenseitig an, bis du schließlich den Kopf wegdrehst, ihn kurz schüttelst und anschließend versuchst, deinen Satz zu vervollständigen. Seufzend wende ich mich ebenfalls ab und suche mir einen freien Platz an der Bar, von dem aus ich dich gut im Blick habe, ohne dass du mich sofort siehst oder dich gar belästigt fühlst. Obwohl es mich fast wahnsinnig macht, dir so nahe zu sein, ohne, mit dir sprechen oder dich gar berühren zu dürfen, tut es gleichzeitig so gut, dich einfach nur wieder sehen zu können.
Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Barhocker gesessen, hin und wieder ein paar belanglose Gespräche mit Freunden und Verwandten von Daesung geführt und dich aus der Ferne betrachtet habe. Aber es müssen bereits mehrere Stunden vergangen haben, denn der Alkoholpegel einiger Gäste ist bereits deutlich gestiegen und durch die wenigen Fenster fällt kein Licht mehr. So wie ich hast auch du dir einen stillen Platz gesucht, nippst an deinem Sektglas, lächelst hin und wieder nett oder antwortest, wenn dich ein Gast anspricht.
“Los, du auch! Wir wollen alle zusammen auf Daesung anstoßen!”
Grinsend hält mir eine Person, die ich noch nie gesehen habe, ein Tablett mit Sekt- und Orangensaftgläsern hin und sieht mich erwartungsvoll an. Ich nehme mir ein Glas, in dem sich Saft befindet. Ich habe dir versprochen, keinen Alkohol mehr zu trinken. Kannst du mich gerade sehen? Siehst du, wie sehr ich mich bemühe und wie ernst es mir ist? Ich ändere mich, ich verspreche es!
Mein Blick fällt auf den Barhocker, auf dem du bis eben noch gesessen hast, doch von deiner grauen Kapuze fehlt jede Spur. Bist du etwa bereits gegangen? Oder hast du dich lediglich umgesetzt? Und ist dir aufgefallen, dass ich zur alkoholfreien Variante gegriffen habe? Oder ist es dir völlig egal, was ich tue oder lasse? Nervös lasse ich meinen Blick durch die schlecht beleuchtete Bar schweifen, als plötzlich Taeyang beinahe mein gesamtes Blickfeld versperrt.
“Du öhm… Hab ich dir… Weißt du eigentlich schon, was ich Daesung geschenkt habe?”
Gelangweilt zucke ich mit den Schultern. Nichts gegen Taeyang und seine Erzählungen, aber wenn ich ehrlich bin, interessiert mich viel mehr, wo Ji-Yong ist. Ich erwarte, dass mein Gegenüber mir erzählt, was er dem Geburtstagskind gekauft hat und versuche, die Zeit dafür zu nutzen, an ihm vorbeizusehen. Doch egal, in welche Richtung ich meinen Kopf wende, jedes mal ändert er seine Sitzhaltung und versperrt mir erneut die Sicht.
“Sag mal, was soll das denn? Willst du mir jetzt was erzählen oder nur herumhampeln?”
Langsam habe ich genug davon, mich verrenken zu müssen, nur, damit Taeyang mir einige Sekunden darauf erneut die Sicht versperrt. Entweder er soll mir erzählen, was er mir zu sagen hat oder er soll mich in Ruhe lassen, damit ich dich in Ruhe suchen kann. Scheinbar merkt auch Taeyang, dass es bald vorbei ist mit meiner Geduld, da er kurz aufseufzt und anschließend den Hocker neben mir verlässt.
“Sorry, ich dachte, das zwischen euch könnte noch einmal klappen… Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich nicht genötigt, zu kommen, ehrlich!”
Tag 76
G-Dragon
Seufzend blicke ich auf die Uhr. Erst zwei Stunden waren vergangen, seit ich die Bar betreten hatte. Warum hab ich Taeyang am Telefon nicht einfach gesagt, dass ich krank wäre? Er hat mich in den letzten Tagen oft besucht, angemerkt, dass ich nicht gut aussehen würde und er sich Sorgen darum machen würde, dass ich zu wenig esse und schlafe. Bestimmt hätte er mir geglaubt, dass ich Ruhe brauche und nicht zur Party erscheinen kann.
Stattdessen sitze ich nun hier zwischen haufenweise betrunkenen Personen, von denen ich etwa neunzig Prozent niemals zuvor gesehen habe. Und die wenigen Menschen, die ich kenne, sprechen mit ihren eigenen Freunden, haben ihre Partner bei sich oder haben schlicht und einfach schon zu viel Alkohol im Blut, als dass man sich noch sinnvoll mit ihnen unterhalten könnte. Erneut verlässt ein Seufzer meine Kehle. Was für ein gelungener Abend.
“Ganz alleine?”
Ein junger Mann, etwa in meinem Alter wahrscheinlich, hält mir ein mit Sekt gefülltes Glas hin und grinst mich an. Ich überlege, ob ich ihn kennen sollte, doch er kommt mir völlig unbekannt vor. Eigentlich habe ich keine Lust auf Small-Talk aber er sieht mich so erwartungsvoll an, dass ich ihm das Glas schließlich abnehme und ihm mit der Hand ein Zeichen gebe, dass er sich gerne auf den freien Barhocker neben mir setzen kann.
“Nee, komm lieber mit. Hier ist es so laut… Da drüben ist es etwas ruhiger!”
Noch ehe ich antworten kann, hat mich der Junge, der sich, während er einfach meine Hand ergreift, als Yo-Seob vorstellt, in eine etwas ruhigere Ecke gezogen und grinst mich erneut an. Etwas irritiert schenke ich ihm ebenfalls ein Lächeln, ehe ich an meinem Getränk nippe. Eine leicht unangenehme Stille macht sich breit.
“Und? Bist du ganz alleine hier? Keine Freundin, Freund oder so? So ein hübscher Junge wie du ist doch sicher nicht single…?”
Beinahe verschlucke ich mich an dem Sekt, als ich seine Worte höre. Warum war mir nicht gleich in den Sinn gekommen, dass dieser Typ lediglich auf der Suche nach einem heißem Party-Flirt oder noch schlimmer, einem One-Night-Stand ist? Erst jetzt fällt mir auf, dass das Lächeln in seinem Gesicht nicht freundlich, sondern einfach nur anzüglich ist. Eilig trete ich einen Schritt zurück, um ihm keine falschen Hoffnungen zu machen.
“Na, bist du etwa einer von der schüchternen Sorte? Komm ruhig wieder her, ich beiße nicht - außer, du stehst drauf?”
Während ich mit dem Kopf schüttle, trete ich erneut einen Schritt zurück, woraufhin mein Rücken jedoch die Wand berührt. Noch immer grinst Yo-Seob mich an und mittlerweile ekelt er mich einfach nur noch an. Wie konnte ich vor wenigen Minuten nur davon überzeugt sein, dass sein Lächeln ehrlich gemeint war und dieser Junge einfach nur ein nettes Gespräch führen will?