Epilog
Sesshoumaru schwieg, bis Jaken geendet hatte. Als er dann den Blick auf seinen Assistenten richtete, schluckte der. Darin lag eine Kälte, die ihn nur beten ließ, dass er keinen Fehler begangen hatte. Aber er hatte doch nur die neuesten Nachrichten über die Bandenkriege gebracht...? Und dann hatte der kleine grüne Dämon das Gefühl, gleich sterben zu sollen – der Älteste des Taishou und momentan der Herr der Familie lächelte. Das war definitiv kein gutes Zeichen, wie Jaken in den Monaten engster Zusammenarbeit schon mitbekommen hatte. Er hatte den jungen Herrn einmal zu einer Strafaktion begleitet, als ein Dämon des ehemaligen Clans gegen die Anweisung Medikamente unterschlagen und als Drogen verkauft hatte. Auch da hatte der junge Hundedämon nur flüchtig gelächelt, als der andere sein Schwert zog – und er ebenso, um die Sache kurz und schmerzhaft zu beenden: „Äh....Sesshoumaru-sama?“ brachte Jaken irgendwie heraus.
„Geh.“
Während der Assistent hastig gehorchte, nur zu froh hier heil herauszukommen, stand Sesshoumaru auf und trat an das Fenster, unwillkürlich Boa und Krawatte zurecht zupfend. Eine geringe Nervosität hatte ihn befallen, auch, wenn das für einen Dämon, zumal seines Standes, unziemlich war.
Er hatte Recht behalten. Und Vater hatte wohl einen Punkt übersehen bei all seinen Zukunftsplanungen. Aber das half nun nichts. Seine Eltern waren mitsamt der kleinen Takara auf längeren Familienurlaub in der Südsee – und die Verantwortung für die Familie und die neu hinzugekommenen Mitglieder des Clans trug allein er. Sicher, die meisten ehemaligen Clanmitglieder waren eingegliedert, soweit zufrieden, wie sie behaupteten, und er gab zu, dass Inu Yasha da viel Geschick gezeigt hatte. Gut ein Viertel waren allerdings unzufrieden geblieben. Von denen wiederum waren die Hälfte spurlos verschwunden, aber solange sie sich an die Verträge hielten, keine Menschen töteten, sollten sie ihre Freiheit haben. Natürlich keinen Schutz.
Womit Vater wohl nicht gerechnet hatte, war, dass in die Bereiche, die die Dämonen aufgaben, wie Drogengeschäfte, Prostitution und Schmuggel, nun Menschen vordrangen. Zum Teil wurden sie sogar von ehemaligen Angehörigen des Clans geführt. Und es war in den letzten Wochen immer wieder zu schweren Bandenkriegen in der Stadt gekommen.
Rin.
Er hatte ihr ein friedliches, sicheres Leben geben wollen – und nun schien es, als ob die Stadt noch eher in Anarchie versinken würde als zuvor, als die Kriege sich auf Dämonen beschränkt hatten. Der Clan hatte Verbrecher kontrolliert, ja. Aber war das nicht besser gewesen, als das, was nun auf alle zukommen würde?
Was sollte er tun?
Vater auf einen Fehler aufmerksam machen? Damit zugeben, dass er sich mit der Situation überfordert fühlte? Seine Eltern hatten endlich wieder zueinander gefunden, suchten endlich Nähe für sich und die neugeborene Schwester – und er würde eher sterben als zugeben, dass sie sich in ihm getäuscht hatten, er nichts zustande brachte. Nein. Er musste allein entscheiden, was er nun tun sollte.
In diesem Moment begriff er zum ersten Mal, wie unendlich schwer die Last war, die Verantwortung für alle Dämonen zu tragen, die sich seinem Schutz unterstellt hatten, für die Menschen, die die Vertragspartner waren, für Inu Yasha, für Rin und alle anderen.
Vater...
Sollte er ihn doch anrufen?
Aber dieser kannte diese Probleme sicher nur zu gut. Und er war kein Kind mehr, das sich hilfesuchend in Vaters Arme flüchten konnte.
Inu Yasha.
Ja. Sein Halbbruder. Er würde ihm bestimmt zur Seite stehen. Die Nacht auf der Bombe und auf den Lavafeldern hatte er ihm nie vergessen. Sicher, der war neben dem Studium und dem Clan auch noch mit Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt, aber er würde ihn nicht im Stich lassen. Dazu musste er ihm allerdings sagen, was er wollte....
Was sollte er nur tun? Vater hatte gewollt, dass Dämonen keine Verbrechen mehr begingen. Aber war es nicht sinnvoller, die Sache weiter zu kontrollieren, damit eben keine Straßenkriege ausbrachen, umgekehrt die Familie wusste, was wer tat und zur Not mäßigend eingreifen konnte?
Inu Yasha sollte die Firmen des ehemaligen Clans führen. Also müsste er mit ihm darüber reden, auch darüber, dass er da wohl etwas anderes bekam, als Vater ursprünglich gedacht hatte. Und dann, im Interesse aller, sollte man der Sicherheit den Vorrang vor der Achtung vor dem Gesetz geben.
Recht und Gerechtigkeit waren ein Unterschied. Aber Rin sollte den nie beklagen müssen.
Er warf einen weiteren nachdenklichen Blick aus dem neuen Hochhaus der Familie über die Stadt und ein leises Lächeln zuckte um seinen Mund, ehe er sich umdrehte und die Taste der Sprechanlage drückte: „Jaken,“
„Ja, Sesshoumaru-sama?“
„Ich möchte, so rasch es geht, meinen Bruder wegen der Schießerei am Hauptbahnhof sprechen.“ Und ihm dann sagen, dass er gegen Vaters eigentlichen Befehl in Zukunft auch Verbrecher zu seinen Mitarbeitern zählen sollte, im Interesse aller Dämonen und Menschen.
Wenn seine Eltern zurückkehrten, würden sie ihn verstehen. Es gab kein Schwarz und Weiß, wie er als Kind immer geglaubt hatte, auch sehr viele Grautöne dazwischen. Seltsam, dass Inu Yasha das schon viel eher begriffen hatte. Nun, wohl auch, weil er eben zwischen den Arten lebte. Aber das andere an ihm, die Loyalität und auch der Kampfgeist, lagen eindeutig in der Familie.
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Ich hoffe, es hat euch gefallen.
Noch läuft ja der Dämonenkrimi. Eine neue Brüdergeschichte, Ein guter Tag zum Sterben, wird noch kommen, aber da bin ich noch nicht fertig, auch, wenn es mittlerweile 17 Kapitel sind. Wenn sie fertig ist, geht sie online, wie immer.
bye
hotep