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Reqium of Darkness & Quiet Symphony

Walker x Kanda
von

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Die Suche nach Nähe

Und ich aß, genoss die Ruhe, die mich dabei umgab und der letzte Donut klemmte zwischen meinen Lippen, als ich mich von der Bank erhob und nach dem Tablett griff. Ich war fertig, gesättigt und gestärkt. Bereit für den Tag, könnte man meinen. Wie wenig hatte ich es nach dieser Nacht erwartet. Wie sehr hatte ich mich darauf eingerichtet, den Kampf noch länger führen zu müssen… mit meinen Erinnerungen zu ringen sowie mit dem Zittern meiner Hände. Doch völlig ruhig hielten sie jetzt das Tablett, sowie mich meine Schritte entspannt und schlendernd zur Theke führten. Eine Wendung, an der ich mich labte und zum ersten Mal an diesem Tag begegnete ich Jerry mit einem befreiten Lächeln, als ich das Tablett auf den Tresen schob und es nicht eilig hatte.

„Wie hat es geschmeckt?“ Berauscht bettete Jerry das Kinn auf den ineinandergefalteten Händen, musterte mich lieblich und warmherzig und sah mich tief seufzen.

„Vorzüglich!“ Ich lobte ihn ehrlich und heiter, bewegte den letzten Donut zwischen meinen Fingern und lehnte mich an die Theke. „Wie es nicht anders zu erwarten war.“

„Ach, hör doch auf!“ Jerry drohte, rot zu werden. Lachend schwankte er von einer Seite zur anderen. „Soviel Lob ertrage ich doch nicht!“

„Und ob du das tust. Soll ich weitermachen?“

„Ich bitte darum!“

„Das Gebäck war so samtig weich, dass es mir fast auf der Zunge zerschmolzen wäre und diese Schokolade…“ Ich weitete die Augen, verdrehte sie ungläubig. „Wie machst du das, kann ich mich da nur fragen! Das war doch keine normale Schokolade.“

„Nicht?“ Jerry grinste bis über beide Ohren, genoss unser Herumalbern sichtlich. „Was war es sonst?“

Ich weitete die Augen, starrte ihn an und schüttelte den Kopf.

„Ein… Geschenk Gottes.“

Laut brach Jerry in Lachen aus. Er fuchtelte mit der Hand und ungezwungen machte ich mit, lachte so klar und heiter, wie lange nicht mehr.

„Ich glaube“, stieß ich aus, als ich mich, geschüttelt vom Lachen, über die Theke beugte, „… die Sache mit den Endorphinen stimmt!“

„Und wie sie stimmt!“, juchzte Jerry zurück. „Was glaubst du, wie oft ich am Tag nasche?“

„Bestimmt nicht mehr, als ich.“ Und genüsslich roch ich an dem letzten Donut, während sich Jerry kichernd die Wangen rieb.

„Ich sag doch“, scherzte er, „… ein Stück Schokolade am Morgen und der Tag kann nur ein Erfolg werden!“

„Wann hast du das denn gesagt?“ Amüsiert ließ ich den Donut sinken. „Hab ich noch nie gehört.“

„Jetzt hast du es und weißt, was du von nun an zu tun hast!“

„Ja…“, wieder begann ich zu lachen, „… jetzt habe ich den Trick raus. Von nun an kann nichts mehr schief gehen.“

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Bewegung und als ich den Kopf wandte, erkannte ich Kanda. Soeben hatte er uns erreicht und ohne mir Aufmerksamkeit zu schenken, wurde er das Tablett auf der Theke los und rückte augenblicklich in Jerrys Mittelpunkt. Behaglich ließ ich mich etwas tiefer rutschen, stemmte den Ellbogen auf das Holz und das Kinn in die Hand. Kanda schob das Tablett noch um ein Stück, bevor er sich davon trennte und sich an den Ärmeln seines Sweatshirts zu schaffen machte.

„Und?“ lieblich nahm Jerry auch ihn in Augenschein und ich bemerkte kaum, wie entspannt ich dort lehnte… doch zum Glück umso schneller, wie offensichtlich ich den Dritten im Bunde ansah. Beiläufig richtete ich meine Augen so auf den gutgelaunten Koch. „Wie hat es dem Herrn geschmeckt?“

„Du hast es so gemacht, wie immer.“ Stirnrunzelnd blickte Kanda auf.

„Ja.“ Seufzend rückte sich Jerry zurecht. „Nur heute mit viel mehr Liebe, als sonst!“

Mit einer raschen Bewegung streifte Kanda die Ärmel höher, befasste sich lieber mit seinen Händen.

„Hat nicht besser geschmeckt, als sonst.“

„Och…“, das hörte Jerry nicht gerne, doch wirklich trübsinnig wurde seine Miene nicht. Er schürzte die Unterlippe, doch grinste gleich darauf wieder.

Was mich anging… es fiel mir schwer, meine Augen von Kanda fernzuhalten. Permanent drifteten sie zu ihm zurück und richteten sich unauffällig auf das Armband, das sein linkes Handgelenk zierte. Seit dem Tag, an dem wir uns kennen lernten. Es gehörte zu ihm und gedankenverloren verfolgte ich, wie sich die beiden Hände kurz aneinander rieben.

Er blieb… leistete Jerry so lange Gesellschaft, wie nur selten.

So gesprächig, wenn auch nicht viel freundlicher, als sonst.

Selbst dieses kurze Beisammensein genoss ich. Selbst diese Nähe zu Kanda, die ich heute so unbesorgt und gelockert genoss. Heute war es doch gerade seine Anwesenheit, die mir Sicherheit schenkte.

Ich konnte hier lehnen… kaum mehr als einen Meter von ihm entfernt… und hatte nichts zu befürchten.

„Habe ich das richtig mitbekommen?“ Jerry nutzte den Moment. „Du sollst den ganzen Tag frei haben?“

War das so…?

Meine Brauen hoben sich, sofort lugte ich zu Jerry und legte so wenig Wert darauf, diese Aufmerksamkeit zu verbergen.

Wie mildtätig Komui doch war…

Kandas Brummen klang wie eine Zustimmung und ich erkannte diese Art der Antwort wieder. Auch ich hatte nur gemurrt, wenn man mich an diese ärgerliche Sache erinnert hatte. Mir gefiel die Freizeit ebenso wenig, wie Kanda, doch was ihn anbelangte… es blieb bei diesem kurzen Brummen. Wie hatte ich ab diesem Punkt angefangen, innerlich zu stöhnen und es auch etwas nach außen zu tragen, doch Kanda wirkte fast wie jemand, der diese Tatsache akzeptiert hatte. Hatte er diesen Tag etwa wirklich nötig?

Es schien durchaus so und war ebenso nachzuvollziehen.

Die letzte Zeit hatte ihn sehr gefordert und als ich wieder um ein Stück aus meiner Gedankenwelt auftauchte, stemmte Kanda die Hände in die Hüften. Beiläufig blies er sich eine lange Strähne aus dem Gesicht und ohne, dass ich es meinen Augen auftrug, drifteten sie zu diesem wirren, lässigen Dutt, zu dem er sein Haar heute gebunden hatte. Eine vergessene, lose Strähne, die sich über seinen Rücken schlängelte, erinnerte währenddessen daran, wie lang sein Haar in Wirklichkeit war. Abwesend blieb ich an ihm hängen.

„Pass auf.“ Mit einem Mal löste Kanda eine Hand von den Hüften und mürrisch richtete sich sein Zeigefinger auf Jerry. Er fuhr fort, ohne sich an mir zu stören. In jedem anderen Fall hätte ich bis jetzt mindestens ein Wort von ihm gehört. „Als ich aus Russland kam, war ich hier und wollte was essen!“

„Bitte?“ Das überraschte Jerry. Abrupt richtete er sich auf. „Am selben Abend noch? Wie hast du es bis hierher geschafft?“

„Spielt das eine Rolle? Wohl kaum!“ Ruppig stemmte Kanda die Hand in die Hüfte zurück. Ich lauschte interessiert. „Was ich sagen will, ist, wenn mir noch ein einziges Mal so ein Hilfskoch unter die Augen kommt, dann stopfe ich ihm seine Mütze so weit in den Rachen, dass er nie wieder dämliche Fragen stellen kann!“

Abrupt zog ein leichtes Schmunzeln an meinen Lippen.

Genauso war es.

Und wieder einmal sprach es das aus, was auch ich mir gedacht hatte.

Ich konnte mir diese Szenerie nur zu gut vorstellen und während Jerry ein schuldbewusst seufzte, regte ich mich kurz. Entspannt lehnte ich mich gemütlicher an und bewegte den Donut an den Lippen.

„Das tut mir Leid aber ich musste ein paar bestimmte Zutaten einkaufen. Was soll ich machen?“ Jerry zuckte mit den Schultern.

„Leute schicken, die hier faul herumgammeln. Wie den da!“ Und schroff wurde in meine Richtung gewinkt. Es überraschte mich, dass er mich jetzt doch einbezog, doch sonderlich unangenehm war es nicht.

Nein, eigentlich überhaupt nicht, denn mir stand der Sinn danach, mit ihm zu sprechen. Auf welche Art und Weise auch immer. Selbst auf das für uns typische Gezanke hatte ich Lust. Es schien fast so, als würde sich die Situation dadurch nur umso mehr entspannen… sie wurde umso angenehmer, soviel natürlicher und sofort sprang ich darauf an.

„Ich hab doch keine Ahnung von solchen ‚bestimmten’ Zutaten“, seufzte ich so und verzog das Gesicht. „Ich will sie nur essen.“

„Du willst immer nur alles essen, Bohnenstange.“ Sofort ließ er sich darauf ein. Sogar seine Augen fanden zu mir und amüsiert nahm Jerry den Zuschauerposten ein. „Wer braucht schon Ahnung von dem Essen, wenn man es auch einfach nur in sich reinstopfen kann!“

„Bohnenstange?“ Meine Gesichtszüge zog es nach unten, während meine Seele vor Befreiung und Heiterkeit seufzte. „Jetzt weiß ich, was ich all die Zeit über vermisst habe.“

„Deinen Grips?“ Mit einem Nicken wies Kanda auf meinen Kopf und überrumpelt betastete ich meine Stirn. „Als ob du den jetzt zurück hättest!“

„Wenigstens hatte ich mal einen… im Gegensatz zu dir.“ Lauernd verengte ich die Augen und immerfort wandte Jerry das Gesicht zwischen uns beiden. „Du hast bestimmt nur Soba-Nudeln im Kopf.“

Nur nebenbei wurde ich auf die beiden Finder aufmerksam, die hinter uns stehenblieben. Auf Essen aus, gerieten sie hier in eine etwas prekäre Lage.

„Und du hast ja nicht mal Ahnung von der menschlichen Verdauung!“ Dumpf ging Kandas Hand auf die Theke nieder, als er sich mir offen zuwandte. „Wenn du glaubst, dass Essen in den Kopf kommt, will ich gar nicht wissen, wovon du noch so ausgehst!“

„Das wirst du auch nie wissen, weil du mit meinen intelligenten Gedanken nie mithalten könntest!“

Wie genoss ich es. Selbst diesen Blickkontakt, der zwischen uns herrschte. Ich forderte ihn heraus, bewarf ihn mit Spitzen… nur, um ihm letztendlich zu zeigen, was seine Unterstützung mir gebracht hatte. Dass Erfolg sie krönte und er nichts bereuen musste. Im Grunde war dieses Streitgespräch der einzige Dank, den ich ihm entgegenbringen konnte und den er auch bereit war, anzunehmen.

Ich befürchtete fast, ihn allmählich zu begreifen.

„Bist du dir ganz sicher, dass der Schlag nicht doch deinen Kopf getroffen hat?“, erkundigte er sich daraufhin und musterte mich mit verengten Augen. „Du bildest dir Sachen ein, die es gar nicht gibt!“

Er sprach es an… ganz beiläufig erwähnte er eine Sache, die mir die letzten Tage schwer gemacht hatte… doch ich spürte keine Wut, keine Kränkung. Als wäre er der einzige, der das Recht dazu hatte. Im Gegensatz zu Lavi. Und all den anderen.

Hinter und wechselten die beiden Finder nervöse Blicke.

„Hah!“ Hochnäsig winkte ich mit dem Donut ab. „Du bist doch nur neidisch. Weißt du, Neid kann man viel besser tarnen aber die Arbeit kannst du dir ja nicht machen, weil man dazu viel nachdenken muss und darin warst du noch nie so richtig gut, wenn ich mich nicht irre.“

Das leise Knurren eines Magens drang an unsere Ohren. Vermutlich von einem der beiden Finder, die immer noch warteten… und die vor allem von Kanda mit Nichtbeachtung gestraft wurden. Fast schon berechnend und aus reiner Garstigkeit.

Doch mir waren sie auch egal… heute war nicht der richtige Tag, um sich für Finder einzusetzen. Ich war derzeit viel zu egoistisch, wenn es um Kandas Aufmerksamkeit ging.

„Deine Intelligenz ist nicht wirklich hoch genug, um sie zu beneiden!“ Zielstrebig richtete sich sein Zeigefinger auf mein Hemd. Verwirrt folgte ich seinem Deut mit den Augen. „Scheinbar beherrschst du noch nicht einmal die hohe Kunst der Knöpfe!“

Mist… es stimmte.

Mein Hemd saß etwas schief und unter einer Grimasse tastete ich nach dem Schlamassel.

Ich war mit den Gedanken eben woanders gewesen.

„Entschuldigung…“, drang da plötzlich das leise Murmeln eines Finders zu uns.

„Du musst dich nicht entschuldigen.“ Nur kurz spähte Kanda zu dem nervösen jungen Mann, während ich mein Hemd richtig knöpfte. „Du bist nun einmal, so du bist… auch, wenn du nicht sonderlich stolz darauf sein kannst!“

„Was…?“ Der junge Mann war empört. Die Miene entgleiste ihm, doch sagen tat er dazu nicht viel mehr. Ein weiterer Blick wurde mit seinem noch furchtsameren Kollegen gewechselt und am Ende war es Jerry, der Mitleid mit den Beiden hatte.

„Ihr seid zwar wirklich süß anzuschauen, wenn ihr streitet“, wandte er sich seufzend an uns und zum ersten Mal ließ mich Kanda wieder aus den Augen, „… aber die armen Beiden hinter euch fallen schon vom Fleisch und das kann ich mir als Koch nicht anschauen.“

„Pah!“

Es war seltsam, aber dass wir hier unterbrochen wurden, schien Kanda nicht zu gefallen.

Nein, diese Gedanken strich ich genauso schnell, wie er mir gekommen war.

Diese Reaktion war man von ihm gewohnt.

Nun verdrehte er die Augen… tat es wirklich ausgiebig, während ich mit meinen Knöpfen fertig wurde.

„Du hast völlig Recht.“ Ein lustloser Wink zu Jerry und schon wandte er sich ab, machte sich an den Rückzug. „Was wäre das nur für ein Malheur, die Arbeitskraft der Beiden zu mindern!“, hörten wir ihn noch murren, als er davon schlenderte. „Stimmt ja…“, seine Stimme wurde immer leiser, „… da würde sich nicht viel ändern.“

Ich tat mir keinen Zwang an. Die Worte amüsierten mich, also grinste ich, als ich mich von der Theke löste und mich daran machte, es Kanda gleichzutun. „Also dann.“

Heiter winkte ich Jerry und ebenso heiter winkte er zurück, bevor auch ich ihm den Rücken kehrte und Kanda verspätet zum Ausgang folgte.

Wohin ich wollte, dass wusste ich noch nicht, doch welcher Ort es auch immer werden würde… ich war gewappnet. Dennoch hatte ich wohl aufzupassen und nicht übermütig zu werden. Dieser vergangene, schöne Moment… und die Stimmung, die ich aus ihm mitnahm, sie hielt noch an, doch unerschöpflich war nichts. Kanda hatte mir den Anstoß gegeben, doch zu schonen hatte ich mich auch weiterhin.

So stand ich dann dort, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, blickte nach beiden Seiten und wurde auf etwas aufmerksam, das so prägnant war, dass es mir schon eher hätte auffallen müssen. Ich senkte das Gesicht. Abermals fanden meine Augen zu dem Hemd und dann zupfte ich wieder.

Dass ich es jetzt richtig geknöpft hatte, machte nicht sehr viel wett. Ich trug dasselbe Hemd, das mich während dieser Nacht gekleidet hatte. Und man roch es. Wie sehr ich geschwitzt hatte. Dass ich mich geduscht hatte, hatte dem Stoff nicht wirklich etwas gebracht… auch Tim begleitete mich bisher nicht und schon hatte ich zwei Gründe, vorerst mein Zimmer anzusteuern. Nicht lange…

Mich lockten nur neue Kleider und die Befreiung meines Golems.

Länger würde ich nicht bleiben. Ganz bestimmt nicht.
 

Es erschien mir so lächerlich… doch dringend notwendig, dass ich meine Aufmerksamkeit von meinem Bett fernhielt. Auch von der Decke, die, zerknittert und halb auf dem Boden liegend, von meinem vergangenen Kampf zeugte. Nur der zielstrebige Weg zum Schrank, auf dem mir Tim schon aufgeregt begegnete und ich hatte es eilig, mich aus den Kleidern zu winden und in neue zu schlüpfen.

Ich hatte mit der Nacht abgeschlossen… ich musste es, um mich vor dem alten Leid zu schützen und flink ließ ich Tim hinter mir noch durch den Spalt der Tür schlüpfen, bevor ich sie schloss und meiner ziellosen Wege ging.

Es war der letzte freie Tag…

Schon morgen lockte die nächste Mission, lockte der Alltag, den ich derzeit so dringend brauchte, wie die Luft zum atmen. Noch ein Tag… eine letzte Hürde, doch diese wurde durch einen einzigen Fakt weitaus leichter, weitaus einfacher zu ertragen. Wir unzufrieden wäre ich selbst mit dieser übrig bleibenden Wartezeit gewesen, ganz bestimmt auf dem Weg zum Arzt, um mich verstohlen und unehrlich vor diesen letzten Stunden zu bewahren. Ich hätte es so eilig gehabt. Doch nicht jetzt. Jetzt dachten meine Beine gar nicht daran, mich zur Krankenstation zu führen. Es war ein Gedanke, der sich in meinem Kopf einnistete, ohne dass ich nach ihm gesucht hatte.

Nicht nur ich war hier…

Kanda war es auch.

Mir blieb die Möglichkeit der Begegnungen. Auch Zeit mit ihm zu verbringen und somit diesem neuen, bizarren, doch umso stärkerem Drang zu folgen. Er hatte mich gelockt… mit diesem herzlichen Gespräch im Speiseraum und auch, wenn es keine weiteren Worte waren, auf die ich hoffen konnte… viel weniger würde mir auch reichen. Seine Anwesenheit, seine Gegenwart… ihn einfach irgendwie in der Nähe zu haben und bewusst begann ich diese zu suchen. Wohin er gegangen war, das konnte ich nicht wissen, nicht erahnen.

So, wie es möglich war, dass er den Onsen nutzte, war es genauso möglich, dass er mit Mugen im Wald außerhalb des Hauptquartiers zu finden war. In seinem Zimmer bei einer Meditation oder…

Oder?

Ich wollte es wissen und so dreist es auch war, ein Finder kam mir sehr gelegen und die Frage problemlos über meine Lippen.

Hatte man ihn gesehen…?

Wusste man, wo er sich aufhielt?

Nein…?

Wie schade.

Nichts für ungut.

Aber ich meinte es ernst. Es waren Gelegenheiten, die man am Schopfe packen musste. Wir beide würden spätestens am nächsten Morgen wieder ausschwärmen. In verschiedene Richtungen und niemand konnte sagen, wann man sich wiedersah.

Blieb er unversehrt? Blieb ich es?

Die Zukunft war vor allem für uns so undurchsichtig, dass ich dem Zufall kein Vertrauen mehr schenkte. Ich hatte mich selbst zu kümmern und das Beste daraus zu machen.

Weit konnte er nicht sein und ich begegnete auf meinem Spaziergang so einigen Findern. Menschen, die ich fragte und die antworten.
 

Langsam senkte ich die Hand auf die Klinke, drängte sie hinab und die große Tür auf. Es war die Bibliothek, zu der mich eine positive Antwort geführt hatte und als ich in diesen großen Saal trat, erwartete mich eine schummrige, friedliche Atmosphäre. Der Fensterlose Ort wurde von mehreren Kerzen sowie Wandlampen erhellt, war ebenso kaum besucht.

Nur der Bibliothekar saß hinter seiner Theke und blätterte gedankenverloren in einem dicken Buch. Zwischen den hohen, vollgepackten Regalen herrschte Stille. Nur in einer Ecke saßen zwei Finder an einem Tisch. Es war eine wohlige Stimmung. Ein Ort, den man aufsuchte, um sich zurückzuziehen. Also perfekt für mich. Kaum Geräusche, keine Worte und ebenso leise schloss ich die Tür hinter mir. Vielleicht wäre ich auch ohne einen solchen Ansporn hierher gekommen.

Hier hatte man oft seine Ruhe, kam auch so selten zum Lesen, dass man sich hin und wieder gerne damit beschäftigte.

In leisen Schritten ließ ich so den Bibliothekar hinter mir. Nur kurz blickte er auf, erkannte mich und es blieb bei einem stillen, grüßenden Zunicken, bevor ich in die schmalen Gänge zwischen den Regalen eintauchte und mich umzusehen begann. Mir stand der Sinn danach, in einem dieser Werke zu blättern. Wenn auch gedankenverloren… es war und blieb eine Ablenkung, ein Entrücken aus der Realität, die ich derzeit als so bedrohlich und unsicher empfand.

Sie bedrohte… sie bedrohte mich.

Doch sie würde es schwer haben. Mich hier zu finden, in dieser schummrigen, dunklen Atmosphäre. Hier würde ich mich verstecken, sowie auch in Kandas Schatten.

Ich hatte ihn schon erfasst.

Nur kurz, bevor ich in den nächsten Gang trat und sich meine Augen weiterhin über die Buchrücken tasteten. Meine Aufmerksamkeit war flüchtig gewesen… so beiläufig, als bedeute es mir nicht viel, ihn hier zu treffen. So mochte es aussehen, während meine Lunge einen tiefen, zufriedenen Atemzug in sich aufnahm und sich meine Schultern nur weiterhin entspannten. Während dieses Seitenblickes war soviel mehr in mir geschehen, als es den Anschein hatte und sofort lenkte sich meine Aufmerksamkeit auf die Suche zurück.

Was interessierte mich…?

Ja, was?

War es nicht sehr wenig?

Vermutlich hatte ich mich so oft mit mir selbst zu befassen, dass ich gewisse Dinge einfach verlernte. Das, was ich hier tat, war kein Job… keine Tätigkeit… es war ein Leben, das Zeit schluckte… eigentlich alles von ihr.

Ich blieb stehen.

Meine Augen waren an einem Buch hängen geblieben und kurz darauf streckte ich mich auch schon in die Höhe und griff danach. Durch seine goldene Verzierung war es mir aufgefallen… nicht weniger durch den Titel und ruhig bettete ich es auf dem Unterarm und schlug es auf. Leise erhoben sich Tims Flügelschläge in der annähernden Stille dieses Ortes und als ich zu blättern begann, legte sich schon dieser bekannte Druck auf meinen Kopf… dieses Gewicht. Kurz balancierte er sich aus, bevor er es gemütlich hatte und abwesend senkte ich das Gesicht, ließ ihn erneut mit den Flügeln schlagen.

Ich brauchte nur einen kurzen Überblick, blätterte vor… blätterte zurück und vertiefte mich in ein stummes Nicken. Damit würde ich mich beschäftigen.

Ich ging leise, näherte mich ihm.

Das Buch unter den Arm geklemmt, hielt ich mit der anderen Hand Timcanpy umschlossen. Ich konnte mir Besseres vorstellen, als ihm die Gelegenheit zu bieten, sich zu Kanda zu verfliegen… wollte ihn nicht stören und ebenso wenig, dass seine Augen mich erfassten.

Vermutlich würde sich die Situation in diesem Fall wenden… wenn er erfuhr, dass auch ich hier war. Und das nicht sehr zufällig. Wie er reagieren würde… ob auf mein Erscheinen überhaupt eine Reaktion folgen würde. Ich konnte es nicht sagen.

Nein…

Ich erreichte einen Sessel. Schräg hinter Kanda postiert, lag er vermutlich außerhalb seines Blickwinkels. So war es mir lieb… es blieb nur einem überlassen, den anderen zu betrachten.

Und so wollte ich ihn… genauso und in dieser Haltung.

Es war ein Bild, an dem sich meine Augen ergötzten, wie eine trockene Kehle am Wasser.

Genießerisch… genüsslich…

Vergleichbar mit einem Bann, der mich voll und ganz für sich einnahm und mich blind nach der Armlehne des Sessels tasten ließ.

Die nackten Füße auf das Polster gezogen, die Beine angewinkelt, hielt er ein Buch auf den Oberschenkeln, war so still darin vertieft.

Die Fingerkuppen seiner Hand…

Abwesend streiften sie die Kanten der Blätter, bearbeiteten sie… folgten ihrem Verlauf und zupften, während sein Gesicht zu der Schrift gesenkt blieb.

Er offenbarte sich mir so unverfälscht… so neutral.

Nichts in diesem Umfeld schien zu stören… nichts seine Unzufriedenheit heraufzubeschwören und nur kurz konnte ich mich dazu durchringen, die Aufmerksamkeit von ihm zu lösen. Ich hatte aufzupassen, schob mich auf den Sessel und befreite meine Füße gleichsam von den Schuhen. Ich stieg auf das Polster, nur beiläufig klemmte ich Tim unter mir ein und das leise Rascheln des anderen Buches ließ mich sogleich und erneut aufblicken. Er blätterte um.

Behäbig und doch fließend… fast so, als rumore hinter seiner entspannten Miene eine gewisse Neugierde. Ein seltsames Geschick, das bei ihm zu vermuten.

Tim war sicher verstaut. Es war ihm unmöglich, zu befreien und so bettete ich mein Buch vorsichtig auf meinem Schoß, tastete gedankenverloren nach dem Umschlag und öffnete es.

Vor wenigen Momenten hatte mich der Inhalt dieses Werkes so verlockt, ihn zu ergründen. Neugierde hatte auch mich gesteuert aber hier und jetzt fand ich die Prioritäten so verdreht vor. Wissbegier pendelte in unerhebliche Gebiete… meinen Augen war es noch nicht einmal gelungen, den Titel erneut zu erfassen. Alles an mir war so fixiert auf etwas anderes und ich dachte mir nicht viel dabei.

Wie könnte man es nennen…?

Gemächlich lösten sich seine Finger von den Kanten des Papiers… fanden gedankenverloren zu seinen Lippen…

Man könnte meinen, ich entwickelte mich zu einem Spezialisten, was ein gewisses Gebiet anbelangte. Neue Seiten seines Verhaltens, seines Handelns… hier und jetzt bot sich mir ein weiteres dieser Beispiele und ich nahm an dieser Schule teil, wie der wissbegierigste Lehrling aller Zeiten.

Es war nicht lange her, dass ich daran gezweifelt hätte, ihn in solch einer konzentrierten Lage vorzufinden… so vertieft in eine solche Beschäftigung. Dass er so still saß, der Umgebung annähernd kein Interesse mehr schenkend. Nur das Buch – mehr schien für ihn nicht zu existieren. Nicht in diesen Minuten.

Was waren das nur für Aspekte?

Existierten sie erst jetzt, weil ich früher nie nach ihnen gesucht hatte?

War meine Umsicht stets so mangelhaft gewesen… meine Aufmerksamkeit ihm gegenüber immerfort so gedämpft?

Dabei war es so interessant…

Kurz rückte er sich zurecht, suchte eine neue Bequemlichkeit, ohne sich von dem Buch zu lösen. Zwei Finder zogen an ihm vorbei… in leise Gespräche verwickelt, doch für ihn nicht existent.

Meine Lippen pressten sich aufeinander, schürzten sich… und mit einem tiefen Atemzug suchte ich mir den Rückweg in die Realität.

Ich hielt doch auch ein Buch in den Händen.

War das nicht der Grund meines hier seins?

Ich senkte das Gesicht zu diesem Werk, überflog die wenigen Zeilen, die sich über die erste Seite zogen. Unter mir regte sich Tim. Ich spürte seinen Flügel in meinem Steiß, doch drängte ihn mit einer beiläufigen Bewegung nur noch fester gegen das Polster.

Ich erinnerte mich.

Das, was mich hierher und zu ihm geführt hatte, war doch vorrangig die Sehnsucht nach Entspannung und Ruhe. Vor allem hier und in seiner Anwesenheit konnte ich mich doch als sicher bezeichnen.

Sicher vor Findern, die gesprächige Tage genossen… einfach sicher vor Menschen, die den Rückzug dem Annähern vorzogen, wenn es sich um Kanda handelte. Und das war eine Vielzahl.

Als wäre er vor Erschöpfung schwer, sank mein Körper gegen die Rückenlehne. Auch an meine Füße schmiegte sich dieses Polster so angenehm, dass ich in den nächsten Momenten reglos verharrte. Auf meinem Schoß auf aufgeschlagene Buch und die Augen doch nur in der Umgebung. Verträumt schweiften sie von einem Regal zum anderen und dabei dachte ich an nichts Bestimmtes.

Letztlich war es nur ausschlaggebend, was ich spürte. Hier und jetzt… in genau diesen Augenblicken. Ich wurde schwer, schien mich dem Sessel anzupassen, als wäre ich nur für ihn geschaffen. In der Stille tickte eine nahe Wanduhr und nur leise nahm ich irgendwann das Rascheln wahr, als mein Zeitgenosse in seinem Buch weiterblätterte.

Wie hätte ich mich vor einiger Zeit für den Gedanken verhöhnt… mich für die bloße Annahme verlacht und gescholten.

Dass es möglich wäre…

… mich in seiner Anwesenheit so wohl zu fühlen, wie kaum in einer anderen.

… nach seiner Gegenwart zu trachten wie ein Falter, der blind taumelnd nach Licht suchte.

… seine Verhaltensweisen zu respektieren, als wäre ich ihnen nie mit Unverständnis begegnet.

… mich von seinen Facetten überraschen zu lassen, als hätte ich all das unter seiner unbewegten, stets unzufrieden erscheinenden Mimik vermutet.

Wie entspannt ich war… ihn mir sündlos zu Nutzen machte. Man könnte meinen, er tat mir gut.

Mit all seiner Akzeptanz meines Zustandes gegenüber.

Mit all seiner Zurückhaltung, mit der er Nachsicht übte.

Eigentlich musste ich nicht einmal zu ihm spähen.

Eigentlich musste ich nur hier sitzen.

Ich schien ihn zu spüren, als wäre er mir so nahe, dass es eine Körperwärme war, die ihn verriet.

Vermutlich würde sich dieser Tag weitaus positiver entwickeln… wenn ich einfach in seiner Nähe blieb. Wenn ich Wege fand, mich an ihn zu binden, ohne seine Aufmerksamkeit an mich.

Abwesend betasteten meine Finger dieses Papier, den Umschlag aus Leder… sie tasteten sich über die groben Strukturen, zupften an den Seiten und irgendwann schloss ich nur noch die Augen und atmete tief durch.

Wie gut tat diese Stille…

Sie verlor nicht an Reiz, dadurch, dass ich sie teilte. Genau genommen war es Kandas Stille, nach der ich gierte, seine Ausgeglichenheit, sein scheinbares Wohlbehagen. Und er teilte all das mit mir, ohne es zu wissen.

War ich wirklich hier, um zu lesen?

Mit einem Mal verlor dieses Buch an jeglicher Bedeutung. Viel war es noch nie gewesen.

Meinen Augen stand nicht der Sinn danach, sich zu öffnen. Sie mochten die Dunkelheit, die sie sahen, sowie meine Ohren sich an der stillen Atmosphäre labten. Es war gut so, wie es war. Das war es wirklich. Dieser Ort war richtig und lange tat ich nichts anderes, als diesem Ticken zu lauschen… darauf zu warten, dass sich das Rascheln in meiner Nähe erhob. Dass er umblätterte.

Wieder… und wieder…

Wie schnell verlor ich das Gefühl Timcanpy’s unter mir. Wie rasch verloren auch meine Finger das Interesse an dem Buch und in einer seltsamen Bereitschaft spürte ich die schwere meines Kopfes, die Schwere meiner ohnehin schleppenden Gedanken.

Schlief ich ein…?

War das der richtige Ort dafür?

Der richtige Moment?

Befürchtete ich den Schlaf nicht? Misstraute ich ihm nicht?

In letzter Zeit war es fatal gewesen, sich ihm hinzugeben, doch wie eine seltsame Bestärkung erhob sich da das Rascheln des Papiers erneut. Als wolle es mich daran erinnern, dass ich nicht alleine hier saß. Dass ich einfach nicht… alleine war und dass die Augen, die mich hier und jetzt erreichen könnten… mich auch sehen durften.

Waren die Zufälle, an denen ich nichts ändern konnte, zu Akzeptanz geworden?

Zur Freiheit, die ich mir ihm gegenüber schenkte?

Und wenn ich auch von den alten Teufeln heimgesucht wurde… von meinem finstersten Freund… wenn ich auch schweißgebadet in die Höhe fuhr und diese dunklen Augen zu mir fanden…

Es wäre nicht schlimm.

Es würde nicht schmerzen und als liefere mir mein Leib seine sorgsame Zustimmung, atmete ich tief ein… tief aus.

Es konnte geschehen. Das konnte es ruhig.

Wann war die Anspannung, die ich in seiner Anwesenheit empfand… die Bereitschaft, mich gegen ihn durchzusetzen… diesem neuen Gefühl gewichen?

Seit wann sah ich seine Gegenwart als Deckung, als Schutzwall?

Wann hatte ich begonnen, sie mir zunutze zu machen?

Matt sank mein Gesicht zur Seite, nur kurz regten sich meine Beine und unter einem letzten, tiefen Atemzug verlor ich das Gefühl des Buches unter meinen Fingern… des Polsters unter meinem Körper… und das Empfinden für die Realität.

Eingehüllt in dem Ticken der Uhr und dem Rascheln verlor ich mich in einem tiefen, ruhigen Schlaf.
 

Wie lange ich schlief... wie tief ich in dieser Abwesenheit versank... es entglitt meiner Wahrnehmung, die selbst nur stockend zu altem Leben erwachte. Irgendwann spürte ich diese Berührung im Gesicht, diesen Druck, der auf meiner Wange lastete und kaum hatte ich mich stockend geregt, auch die unbequeme Lage, in der sich mein Körper befand.

Das Ticken der Uhr.

Es schien so weitentfernt, als ich die Miene verzog, noch gefangen im warmen Halbdunkel, die Finger bewegte. Ich fühlte nichts. Sie regten sich im freien und kaum zuckten meine Zehen, da rutschte der gesamte Fuß vom Polster und entzog mir den letzten, fragwürdigen Halt. Ich rutschte tiefer, mein Nacken knackte und als ich die Augen öffnete, stand die Umgebung beinahe Kopf.

Die Regale der Bibliothek... sie offenbarten sich mir recht schief, fast wagerecht in ihrer Höhe und ich benötigte so einige Momente, bis ich mir der Tatsache bewusst wurde, wie schief und zusammengerutscht ich in diesem Sessel kauerte. Mein Kopf ruhte auf der Armlehne, schummrig erkannte ich auf dem Boden das Buch und es kostete mich nicht viel Überwindung, mich zu bewegen. Meine Haltung war unkomfortabel, fast gefährlich für die Wirbelsäule und als wäre diese genau meiner Meinung, knackte und schmerzte sie, als ich mir mit den Händen ungeschickt meinen Halt suchte und mich irgendwie in die Höhe stemmte.

Das Haar fiel mir in die Augen und träge strich ich es zurück. Dabei konnten mir nicht die Knitterfalten entgehen. Das Polster hatte sie auf meiner Wange hinterlassen und noch recht benommen rieb ich mir diese Stelle.

Es war wirklich passiert... und wenn ich darüber nachdachte, dann war es so schnell passiert. So schnell hatte mich der Schlaf zu fassen bekommen, so abrupt wachte ich auf und es schien, als hätte sich dem Alp während dieses Verlaufes nicht die Gelegenheit geboten, zutage zu treten.

Ein friedlicher Schlaf... fast fiel es mir schwer, es zu realisieren und während ich stockend meine Gedanken ordnete, wandte sich mein Leib zur Seite. Mein Blick suchte nach einem Punkt, auf dem meine Aufmerksamkeit solange geruht hatte, dass mir diese Richtung fast vertraut war. Doch es war ein leerer Sessel, der sich mir bot.

Verlassen...

Ich kauerte alleine hier und spähte nach einem irritierten Stirnrunzeln zur Uhr.

Wie spät war es? Wie lange hatte ich geschlafen?

Ich verengte die Augen, kurbelte meine Gedankenwelt an, begann mich zu erinnern.

Es waren drei Stunden.

Natürlich hatte es Kanda nicht solange hier gehalten. Auch, wenn es sich um ein spannendes Werk handelte, auch seine Ausdauer hatte ihre Grenzen und gähnend schob ich Tim von mir. Er umflatterte mich, als wolle er mich zu einer gewissen Eile antreiben. Nur heute gab es nichts, wofür ich mich beeilen müsste, also war seine Aufregung fehl am Platz und in dieser Situation nur belastend. Aber ich würde schon aufstehen. Mich bewegen. Ganz gleich, wohin.

Unter einem matten Kopfschütteln schob ich mich vom Polster und tastete auf dem Boden nach dem Buch. Es war immer noch recht still um mich herum. Der Betrieb in der Bibliothek hatte nicht zugenommen. Nur hinter einem der Regale erhoben sich langsame, ziellose Schritte. Nichts, worauf ich achtete. Ich war nur darauf aus, das Buch dort zu verstauen, wo ich es her hatte. Vielleicht fand ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal die Gelegenheit für einen neuen Versuch. Ich würde lesen, mich in die Schrift vertiefen... vorausgesetzt es gab nichts anderes, das mich noch mehr interessierte.

Meine ersten Schritte waren vielmehr ein Straucheln. Irgendwie saß meine ganze Kleidung schief, den einen Hausschuh verlor ich kurz darauf und zerzaust und müde tastete ich mit dem Fuß nach ihm, schlüpfte hinein.

Die guten Dinge des Lebens erreichten einen offensichtlich nur, wenn man sie nicht erwartete.

Bald streckte ich mich hinauf, suchte mir die alte Lücke und verstaute das Buch zwischen all den anderen.

Es war in den späten Mittagsstunden aber wirklich Hunger spürte ich nicht. Mein Bauch fühlte sich nicht an, als hätte er dringend etwas nötig und um zu ergründen, ob es nicht vielleicht doch einen gewissen Appetit gab, war ich noch zu verschlafen.

Erst einmal wach werden und so verabschiedete ich mich von dem Bibliothekar und trat in den steinernen Flur hinaus. Einfach etwas laufen... das genügte fürs Erste. Ich trottete und schlenderte, rieb mir das Gesicht, fuhr mir durch das Haar und begrüßte jede Ecke, die ich erreichte, mit einem herzhaften Gähnen. Mein Körper schien dem Schlaf nachzutrauern, mich geradewegs dazu aufzufordern, diese Wohltat fortzusetzen.

Später... vielleicht.

Immer gerne, nur nicht jetzt. Das Glück war mir noch nie hold genug gewesen, um mich zweimal zu umgarnen. So erst recht nicht zweimal hintereinander. Ich hatte nicht gierig zu werden.

Nach einem kleinen Abstecher in die Baderäume und einer kurzen Erfrischung schien ich wieder vollständig an der Realität teilzunehmen. Meine Sinne erwachten, meine Augen boten mir ein klares Bild und in behagliches Recken und Strecken vertieft, ging ich einfach geradeaus. Einfach los und irgendwohin. Mein Ziel würde sich mir schon zeigen.

Irgendwo kam man immer an.

Vor allem ein zielloser Spaziergänger fand immer seinen Ort.

Durch das Treppenhaus, hinein in den nächsten Gang, um eine Ecke... um eine Zweite und gerade schlich ich mich an einer gewissen Tür vorbei, da lockten mehrere Geräusche meine Aufmerksamkeit. Es schien ein Stimmengewirr zu sein und sofort zog es mich zur Seite und an das massive Holz heran. Es war ungewohnt laut auf der Seite dieses Flügels.

Im Speisesaal schien etwas los zu sein… und ich lauschte nur kurz, bevor weitere Laute mich dazu zwangen, nachzuschauen. Alles, was sich im Speisesaal abspielte, interessierte mich und so drängte ich unverwandt die Klinke hinab und streckte den Kopf in die Halle. Flatternd quetschte sich Tim über mir durch den Spalt und mit großen Augen sah ich mich um.

Alle Bänke, sowie Tische waren durch die fleißigen Hände so einiger Finder zur Seite an die Wände geräumt worden. Es war eine große, freie Fläche, die übrig blieb. Vereinzelte Tische waren zurückgeblieben, waren in einen Halbkreis geschoben worden und in dem Treiben aus Helfern verteilte Jerry Instruktionen. Aufgeregt spähte er um sich, permanent waren seine Hände in Bewegung und rauschend wurden große, weiße Decken über den Tischen ausgebreitet.

Oh… eine Festlichkeit?

So etwas passierte hier nicht sehr oft und umso verwunderter schob ich die Tür weiter auf und trat ein. Mit geöffnetem Mund wandte ich das Gesicht zur einen Seite… zur anderen und spähte zu den Findern, die auf hohe Leitern gestiegen waren. Sie lehnten an zwei gegenüberliegenden Mauern und dort oben schienen sie mit kleinen Haken beschäftigt zu sein. Ein Banner…?

Ich sah es noch nicht aber von etwas anderem konnte all das nicht zeugen.

Schlendernd trat ich näher, hörte nun auch die Stimmen der Köche, die hinter der geöffneten Küchentür in aller Fleißigkeit arbeiteten… irgendwas vorbereiteten.

Ein neuer Kollege…?

Ich blieb stehen, juckte mir den Bauch und schüttelte kurz darauf den Kopf.

Das wäre mir zu Ohren gekommen.

Dann vielleicht ein Geburtstag?

Nachdenklich kreisten meine Augen, während Tim mich aufgeregt umflatterte.

Hatte denn jemand Geburtstag?

Sinnierend verfolgte ich, wie die Finder an den Tischdecken zupften, sie zurechtrückten und sich dabei allerlei Mühe gaben.

Vermutlich wüsste ich Bescheid, wenn ich selbst mehr Wert auf Dinge solcher Art legen würde. Letzten Endes reichte es mir, zu wissen, wann ich wieder mal um ein Jahr alterte und so kam es dazu, dass ich recht planlos dort stand und wenigstens den Anschein erweckte, mich für jemanden oder auf etwas zu freuen.

„Allen!“ Winkend und sichtlich heiter kämpfte sich Jerry durch das Meer der Helfer und lächelnd winkte ich zurück. „Bist du hier, um zu helfen?“ Keuchend erreichte mich der Mann und mein unentschlossenes Stirnrunzeln entging ihm, da er sofort und gerührt seufzte. „Das finde ich aber nett von dir.“

„So bin ich.“

Es konnte wohl nicht schaden und so blieb ich friedlich neben ihm stehen, das Treiben verfolgend und mir immer noch die alte Frage stellend. Neben mir wurden die Hände in die Hüften gestemmt.

„Wir haben noch drei Stunden“, seufzte Jerry wieder und kurz lugte ich zu ihm.

Bis was passierte?

Voller Begeisterung leuchtend fanden seine Augen zu mir zurück.

„Glaubst du, er wird sich freuen?“

Wer denn?

„Aber natürlich.“ Ich weitete die Augen, nickte mit aller Ernsthaftigkeit und hielt nach dem Banner Ausschau. Wenn sie es jetzt hochzogen, das wäre ganz praktisch. Aber es war nur eine große Rolle Papier, die von zwei Findern ächzend herangeschleppt wurde. Ich verengte die Augen und starrte auf dieses Ding. Wenn ich doch durch Papier schauen könnte. Ein herzlicher Klaps traf meine Schulter.

„Nun denn, mein herzallerliebster Helfer.“ Schon drängte mich Jerry mit sich. „Ich werde dir zeigen, was es zu tun gibt.“
 

Zu tun gab es eine ganze Menge. Ich wusste nicht, für wen ich schuftete aber vermutlich machte ich nichts falsch, wenn ich zeigte, wie ich mich für jenen mir Unbekannten einsetzte. Es war ein Berg aus Tellern, den ich bald darauf aus der Küche schleppte und zu einem der Tische strauchelte.

Vielleicht Lavi…?

Nein, wenn ich mich recht erinnerte, dann hatten wir seinen Geburtstag erst vor kurzem gefeiert. Ganz würdevoll in einem Zug, kurz nach einer anstrengenden Mission und ebenso kurz entfernt von der nächsten. Irgendwann vor ein einigen Wochen.

Kurz gerieten meine Schritte ins Stocken. Meine Augen wurden groß und schon befreite ich mich von der Last, postierte den Tellerberg vorsichtig auf der Tischdecke.

Doch nicht etwa Kanda?

Beiläufig streifte ich meine Ärmel höher, spähte um mich. Seinen Geburtstag konnte sich vermutlich kaum einer merken. Immerhin hatte es zu diesem Anlass noch nie eine solche Feier gegeben. So eine Festlichkeit würde ihn verärgern… das hatte er genauso gesagt und soweit ich mich erinnern konnte, war er an jenen Tagen stets und sehr zufällig auf langen Missionen gewesen. Wieder wurde ich auf diese Papierrolle aufmerksam. Sie lag jetzt dort in einer Ecke und offenbarte mir das Geheimnis immer noch nicht.

Bookman legte auch wenig Wert auf so etwas.

Ach, es blieben zu viele Möglichkeiten und so vertiefte ich mich einfach wieder in meine spontane Arbeit. Früher oder später würde ich es wohl herausbekommen und wenn mein Unwissen aufflog, dann war das eben so. Ich ließ mir Zeit, zeigte mich nicht zu arbeitsam, nicht zu fleißig. Immerhin war ich nur zufällig in diese Lage hineingerutscht und würde ihr wohl auch nicht auf Dauer treu bleiben. Schlendernd kehrte ich in die Küche zurück und zu weiteren Bergen aus Geschirr und Besteck, die in die Halle geschleppt werden mussten. In der Küche war genauso viel los, wie in dem Saal. Natürlich war mir die Lautstärke bereits aufgefallen. Das Stimmengewirr, das Austauschen energischer Rufe, vermischt mit dem lauten Scheppern und dem Quietschen der Tische, die in die endgültige Position geschoben wurden.

Es war wirklich laut. Laut und eng… hektisch und somit nicht gerade der perfekte Ort für mich. Meine Geduld sowie meine Nerven schienen aufgetankt zu sein. Nach der Bibliothek und nach all der Ruhe und Entspannung, die ich dort fand. Voreilig zu werden, wäre eine gefährliche Sache und alles würde ich lieber tun, als in meinen alten Zustand zurückzufallen. Gerade jetzt, wo ich von der anstehenden Feier erfahren hatte. Es würde so einige Leckereien geben.

Bequem klemmte ich mir einen Besteckkasten unter den Arm, griff noch nach der ein- oder anderen Kelle und machte mich wieder auf meinen gewohnten Weg. Immer wieder schaute ich nach dem Banner, schaute auch nach den Findern, die noch immer die Haken in der Mauer bearbeiteten und hoffte, der Fleiß, der mir fehlte, würde sie zu fassen bekommen, auf dass sie sich sputeten und ich endlich Bescheid wusste.

Etwas lahm schob ich den Besteckkasten auf eine der Tafeln, rückte ihn zur einen Seite, rückte ihn zurück und kratzte mir den Steiß.

Wann kamen die Platten und Häppchen?

Die Köche waren immer noch so eilig am schuften und langsam sah es wirklich so aus, als entstünden die Ergebnisse. Die erste Platte wurde aus der Küche geschleppt und mit einem Mal tauchten auch Blumengestecke auf. Vasen wurden aneinandergereiht, die einen oder anderen Blumen ein letztes Mal gestutzt und während ich dort am Tisch lehnte und Däumchen drehte, nahm alles um mich herum Gestalt an. Es wurde festlich, Platten mit kalten Häppchen reihten sich bald darauf in meinem Rücken auf dem Tisch und mit jedem Geruch, der mir in die Nase stieg, wurde ich aufmerksamer und wacher.

Wie lange dauerte es noch, hatte Jerry gesagt?

Mein Appetit war wirklich zurück und verstohlen betrachtete ich mir das Meer aus Leckereien, als ich an dem Tisch vorbeizog und in die Küche zurückkehrte. Diesmal war es ein großes Tablett mit Gläsern, das ich auf der linken Hand balancierte. Leise schepperte das Glas aneinander, als ich mir entspannt meinen Weg durch die Masse suchte und die Finder ausweichen ließ. Es war ein pures Hin und Her. In die Küche, zurück in die Halle und allmählich stapelten sich das Geschirr und alles andere auf den Platten. Wie oft ich den Weg gegangen war, das wusste ich irgendwann nicht mehr aber als ich neben Jerry stehenblieb und noch ein Tablett auf dem Tisch loswurde, beschloss ich, eine Pause einzulegen. Seufzend besah sich Jerry die Früchte seiner Arbeit. Er rückte noch etwas an einzelnen Platten und während ich mich gähnend neben ihm streckte, verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Wunderbar“, bezeugte er seine Zufriedenheit und ausgiebig rieb ich mir das Gesicht. „Genauso habe ich es mir vorgestellt. Ist es nicht herrlich?“

„Oh ja.“ Beiläufig antwortete ich, als mir eine spezielle Platte auffiel. Ich vertrat mir die Beine, plante Übles. „Da wird er sich wirklich freuen.“

„Er hat heute Nacht seine Mission beendet und wurde schon zurückgerufen. Bestimmt ist er bald hier. Wir müssen uns sputen.“

Noch mehr?

Wenn die Finder und Köche noch schneller liefen, dann kam es beängstigend an einen sportlichen Wettkampf heran. Aber meinetwegen konnten sie sich sputen. Ich musste ja nicht mitmachen. Um ehrlich zu sein, reichte es mir langsam. Plötzlich schnappte Jerry neben mir nach Luft und als ich zu ihm spähte, da eilte er schon davon.

„Ich bitte Sie!“, hörte ich ihn rufen, als er in der Masse verschwand. „Sie dürfen noch nicht naschen!“

„Aber es sieht so lecker aus!“ Es war Komui, der ebenso energisch antwortete. Dort, irgendwo in dem Gedränge. „Ich muss doch auch mal was essen… sehen Sie mich an! Ich bin schön völlig abgemagert!“

Die Augen wieder auf diese eine Platte richtend, stahl ich mich einen Schritt zur Seite… noch einen und nach einem kurzen Prüfen meiner Umgebung einen weiteren.

„Dann gehen Sie in die Küche und lassen Sie sich etwas kochen!“

„Ich kann nicht so lange warten! Sie sind selbst daran Schuld! Wieso richten Sie das auch so anschaulich her?!“

Jetzt oder nie.

Mit unauffälliger Beiläufigkeit bekam ich das Tablett zu fassen, zog es mit mir und vom Tisch, sobald ich hinter diesen getreten war und mich somit etwas abschottete. Wunderbar.

Mir die Lippen leckend hockte ich mich hin, bettete das Tablett auf meinen Oberschenkeln und machte mich an die Arbeit.

Fisch-Häppchen… die hätte er besser verstecken sollen.

Ich hatte meine Ruhe, während ich dort zwischen Tisch und Mauer hockte und behaglich kaute. Eines schmeckte besser, als das andere und noch immer drangen die Fetzen des aufgebrachten Streitgespräches zu mir. Was stellte sich Komui aber auch so ungeschickt an?

Ich griff nach dem Nächsten, kaute noch und verschlang es trotzdem. Da warteten auch noch Shrimps auf mich und kurz lutschte ich an meinen Fingern, befreite sie von der Marinade und machte gleich darauf wieder von ihnen Gebrauch.

Von meinem Platz aus, war ich kaum zu sehen und genoss doch selbst eine recht gute Sicht. Mir gegenüber wurde die große Eingangstür stetig geöffnet und geschlossen. Helfer kamen, Helfer gingen und plötzlich zog das laute Rascheln des Banners meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Hau… ruck!“ Fleißig zerrten ein paar Finder an einer Leine und mit einem Mal entfaltete sich das Papier und wurde in die Höhe gezogen. Mit großen Augen blickte ich auf, tastete kauend nach dem nächsten Häppchen.

Oh…

Ich hob die Brauen.

Crowley war der Glückliche.

Da schau her… oh, was war das denn?

Neugierig beäugte ich mir eines der Häppchen, die ich im Mund hatte. Das war ja göttlich. Schwelgend verzog ich das Gesicht, verstaute das Nächste im Mund und rückte mich kurz zurecht. Viel war nicht mehr übrig und ich tat wohl gut daran, den Rest auch noch fix zu vernichten. Jerry könnte mich jederzeit erwischen und sofort spähte ich prüfend um mich.

Noch war die Luft rein.

Endlich zeigte ich wahren Fleiß und nur beiläufig zog ich Tim am Schweif zu mir hinab, als er sich flatternd über meinem Kopf bewegte. Viel zu auffällig und so fand er seinen Platz unter meinem Arm. Behaglich kaute ich weiter, spähte zur Seite, spähte zur Tür… und bald darauf verlangsamten sich die Bewegungen meines Mundes. Ich stockte, geradewegs richtete sich mein zusammengesunkener Körper auf und ich konnte mich überrascht nennen, als sich dort ein junger Mann durch die Tür in die Halle schob.

Kanda…

Dass er hier auftauchte, hatte ich nicht erwartet, doch ich musste zugeben, dass mich etwas anderes viel mehr verblüffte. Es war die Tatsache, dass es seinem Gesicht an jeglichem überraschten Ausdruck fehlte, als sich ihm der Speiseraum in so völlig anderer Form offenbarte. Wie musste ich bei diesem Anblick dreingeschaut haben aber Kanda reagierte so ganz anders und wie so oft in letzter Zeit, legte ich so immensen Wert darauf, sein Verhalten zu analysieren.

Seine entspannten Schritte, die kein einziges Mal innehielten. Die Tür hinter sich ließ er angelehnt, bahnte sich schlendernd seinen Weg durch vereinzelte Finder und hatte es scheinbar auf einen der Tische abgesehen.

Sein Haar war in einem noch schlimmeren Zustand, als zuvor. Strähnig und halb offen wippte es unter seinen bequemen Schritten und nur kurz streifte er es zurück, bevor er nach einem kleinen Fläschchen Mineralwasser griff. Es waren viele, die dort bereitstanden und er schenkte seiner Umgebung so gut wie keine Aufmerksamkeit, während er nach einem Öffner tastete, ihn an den Deckel setzte und diesen vom Flaschenhals löste. Ich hatte mich gereckt, ihm nachgeblickt und während ich nach dem letzten Häppchen tastete, befiel mich ein durchaus gruseliger Gedanke.

Er kam abrupt, mir unerklärlich und Stirnrunzelnd verfolgte ich, wie der Deckel auf den Tisch zurückgeworfen wurde. Genau wie kurz darauf der Öffner.

Entweder ihm waren diese Vorbereitungen heute nicht zum ersten Mal begegnet oder…

Seit geraumer Zeit befasste ich mich auch mit unmöglich erscheinenden Eventualitäten. Sinnierend tastete ich mit den Lippen nach dem letzten Häppchen, schob es mir in den Mund.

War es denkbar, dass ich unter uns Beiden der einzige war, der nichts von den Geburtstagen anderer wusste?

War er es vielleicht, der all das nicht vergaß, obgleich es für ihn nicht von immenser Bedeutung sein konnte? Er ließ sich nicht einmal blicken. Bei keiner Feierlichkeit, doch das schloss nicht aus, dass er dennoch davon wusste.

Gemächlich nippte er, wandte sich schon wieder ab und so bequem, wie er gekommen war, machte er sich auf den Rückweg. Er hatte andere Ziele. Bei ihm ging man nicht davon aus, dass er behilflich sein wollte und noch immer nachdenklich spähte ich ihm nach, während ich das leere Tablett unter den Tisch schob. Noch kurz an der Tischdecke gezupft, die Schandtat getarnt und mit einem Mal tauchte ich wieder ein in das Meer aus Hektik und Lautstärke.

Wie abwesend musste ich wieder gewesen sein… wie fixiert.

Es passierte mir immer öfter… immer und nur bei ihm, ohne dass es mir unangenehm wäre.

Trat er ein, wurde ich aufmerksam.

Erhob er das Wort, spitzte ich die Ohren und wie sorgfältig verfolgte ich auch all die anderen Facetten, die ihn ausmachten. Ich lernte und war lernbegierig, so begeistert von diesem völlig neuen Gebiet und nur beiläufig bemerkte ich, wie sich mein Körper in Bewegung setzte. Wie ich mich aufrichtete, wie ich auf die Beine kam und wie rasch mich diese daraufhin zur der Tür führten, durch die Kanda soeben wieder verschwunden war.

Es war das Zeichen… der ausschlaggebende Punkt, der mir zeigte, wie überdrüssig ich dieses Ortes war. Genau in diesen Augenblicken würde ich mich zurückziehen. Vor den Geräuschen, dem Lärm und all der Hektik, an der ich mich störte. Kurz fuhr ich mir mit dem Handrücken über die Lippen, Tim folgte mir dicht und gemeinsam mit ihm stahl ich mich aus dem Speiseraum.
 

~*tbc*~



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2010-10-16T18:47:45+00:00 16.10.2010 20:47
Voll süß x3
Allen ist so putzig
Von: abgemeldet
2010-10-15T12:30:55+00:00 15.10.2010 14:30
son verfressenes Stück. XDDDDDD
Von: abgemeldet
2010-10-14T14:16:28+00:00 14.10.2010 16:16
total putzelig der Umgang von Kanda mit Allen. die Vorbereitung für das Geburtsrtagsfeiern war auch witzig und Alllen hat sich was gemoppst was Komui nicht hingekriegt hat. Allen weiß halt wies geht! XD
Von: abgemeldet
2010-07-04T13:42:40+00:00 04.07.2010 15:42
Allen macht das Richtige. Er folgt ja bloß demWink den Kanda ihm gegeben hat. Hier wird auch deutlich wie gebrechlich Allen sein kann und dass er auch bloß ein Mensch ist der Nähe und Wärme für sich braucht. Ich bin heilfroh das Kanda ihm das alles gibt. Damit geht es ihm bestimmt schon viel besser.


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