Zum Inhalt der Seite

Stay (Faraway, So Close!)

[Itachi/Sasuke- Centric]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Glastonbury

Kapitel 30: Glastonbury
 

You. Are. A pocketful of sunshine

You. Are. A miracle I came here to find
 

Am Ende der Shoppingtour hatten sie dann wirklich alles bekommen, was Itachi gewollt hatte. Den sauteuren Wein für seinen Vater, das Lieblingsparfüm für seine Mutter, Babyspielzeug für den Kleinen von Konan und Pein, ein Gutschein für ein Abendessen beim Italiener für die beiden – Babysitten seitens Itachi inbegriffen, die Delphinfigur für Irukas Sammlung, einen Büchergutschein und die neue Platte dessen Lieblingsrockband für Kakashi, für Shizune einen Kalender für das kommende Jahr mit Bildern aus Afrika und eine kleine afrikanische Statue, für seinen gleichaltrigen Cousin Shisui eine Flasche halbtreuen Whiskey, denn er so gerne trank und für den Rest seiner Familie – Tanten und Onkel, einen älteren Cousin, der auch mit Kakashi befreundet war und für seiner Frau, für die jüngere Cousine und den jüngeren Cousin, für seine einzige noch lebende Oma väterlicherseits – hatte er eben irgendwelche Kleinigkeiten wir Gutscheine, Blumen, Dekokram oder Spielzeug für die Kinder gekauft. Alles in allem eine gute Mischung, entschied er als er die Tüten im Kofferraum verstaute und dann selbst einstieg. Sie waren lange in der Stadt gewesen, es war schon dunkel draußen, aber das wurde es ja zu dieser Jahreszeit schon früh, deswegen war es noch nicht zu spät etwas zu Kochen, beschloss Itachi und sie hatten noch genug zu Hause. Der Student fummelte an seinem Autoradio herum und fuhr dann aus der Tiefgarage. Sasuke saß ruhig neben ihm. Der Tag musste hart für den Jungen gewesen sein und daran sah sich Itachi selbst nicht ganz unschuldig. Er hatte Sasuke zunächst im Café auf seine Vergangenheit angesprochen. Das war nicht gut, glaubte er. Es hatte Sasuke traurig gemacht und das wollte er nicht. Er wollte… ja, er wollte den Jungen glücklich sehen. Und dann noch dieser blonde Kerl, Naruto – auch dass hatte Sasuke erneut verunsichert, glaubte Itachi. Einen Menschen aus der Vergangenheit zu treffen musste immer hart sein, besonders wenn man die Vergangenheit vergessen wollte, weil sie schmerzte. Ja, dass konnte er sich gut vorstellen.
 

In der Wohnung angekommen verstauten Sasuke und Itachi die Geschenke in eine freie Ecke in Itachis Schlafzimmer, bevor der Erwachsene sich im Flur an den Jungen wandte.

„Ich muss noch mal schnell weg. Tanken und Geschenkpapier kaufen. Das haben wir vergessen. Kannst du schon mal Nudeln kochen?“

„Uh… klar“, murmelte Sasuke, wollte helfen, wann immer er konnte. Itachi nickte und fügte hinzu. „Wir müssten auch noch eine Dose Tomatensoße hier haben. Kannst ja mal gucken und die auch warm machen. Ich bin sofort wieder da. Bis gleich.“ Damit macht Itachi sich runter auf dem Weg zum Auto. Sasuke würde schon klar kommen. Mit Sicherheit. Er war ja nicht dumm und Nudeln mit Tomantensoße kochen konnte fast jeder. So fuhr er zuerst wirklich eilig tanken und in einem Geschäft neben der Tankstelle Geschenkpapier kaufen, bevor er eilig in die Stadt fuhr und sein Auto am Straßenrand parkte. Er ging rasch in die Buchhandlung und nahm zwei Bücher, von denen er glaube, sie würden Sasuke gut gefallen. Die Verkäuferin packte die beiden Bücher noch im Geschäft in Geschenkpapier – ein extra-Service zu dieser Zeit im Jahr – und legte das Lesezeichen, dass Itachi für Sasuke ausgesucht hatte, dazu. Der Erwachsene verließ das Geschäft und ging schon zwei Türen weiter in das Nächste. Er hatte sich ein zusätzliches Geschenk für Sasuke überlegt, von dem er nicht gänzlich wusste, ob es dem Jungen gefallen würde oder ob es vielleicht doch ein totaler Reinfall werden würde, aber Itachi hoffte – hoffte einfach – Sasuke würde sich darüber freuen. Deswegen bezahlte er das Geschenk, lies auch das einpackten und ging beladen mit zwei kleinen Tütchen zurück zu seinem Volvo, mit dem er wieder nach Hause fuhr. Zuhause angekommen schloss Itachi die Haustür auf, brachte die Tüten und das Geschenkpapier in sein Zimmer und ging dann in die Küche, von wo aus es schon nach leckerer Tomatensuppe duftete. Er sah dass Sasuke schon den Tisch gedeckt hatte und dass er gerade die Nudeln abschüttete.
 

„Hey“, sagte Itachi und griff an Sasuke, der ebenfalls ein leises: „Hallo“ murmelte, vorbei zu dem Schrank, wo er die Getränke aufbewahrte und holte eine Flasche Cola und eine Flasche Wasser heraus die, die er auf den Tisch stellte, während Sasuke die Nudeln in eine Schüssel gab und mit der Soße auf den Tisch stellte, bevor beide sich setzten. Itachi tat nicht nur sich Nudeln auf den Teller, sondern auch Sasuke. Erst dann fing er zu Essen an. Sie schwiegen die meiste Zeit und Itachi hing wieder seinen Gedanken hinterher, wie er es hinbekommen, sollte, dass Sasuke länger bleiben konnte, als bis Weihnachten. Es ging ihm da nicht um ein paar Tage. Damit würde er Sasuke quälen, wenn er immer sagen würde: Ach, du kannst noch eine Woche bleiben oder bis dann oder dann lass ich dich noch hier. So was war Quatsch. Er musste einen Weg finden, dass Sasuke sich sicher sein konnte, irgendwo bleiben zu können und Itachi musste feststellen, dass seine Wohnung nicht der richtige Ort war. Klar, irgendwie fühlte Sasuke sich wohl, aber er schlief auf dem Sofa; Itachi hatte kein Zimmer frei, außer… er könnte die Abstellkammer ausräumen, die Waschmaschine und den Trockner in die Küche quetschen, den Rest einfach irgendwo anders hin und in diesen winzigen Raum ohne Fenster würde mit Sicherheit ein Bett und ein kleiner Schrank passen. Vielleicht sogar noch ein Bücherregal, aber das war nicht wirklich ein Zimmer für einen Jugendlichen. Dunkel, ohne Frischluft und so winzig. Das würde er Sasuke nicht antun wollen, aber er konnte doch nicht einfach eine neue Wohnung mieten. Außerdem sparte er doch schon seit Jahren auf seinen Traum hin, belegte deswegen extra Kurse in Gastronomie, neben seinem Sport- und Jurastudium, dass sein Vater zahlte, ging Modeln dafür und arbeitete in der Kanzlei. Nur deswegen tat er es ja – soviel arbeiten. Eine größere Wohnung wäre teurer und wenn Sasuke für längere Zeit bei ihm wäre, würde er definitiv weniger arbeiten können und müsste zudem mehr Geld auslegen. Klar, er tat das wirklich gern, aber auf ewig… wusste Itachi einfach nicht, ob er das schaffen könnte und er wusste ja auch nicht, ob Sasuke das überhaupt wollte. Im Grunde, stellte Itachi gerade fest, brachten ihm diese Grübeleien kaum etwas. Er war sich nicht sicherer, als zuvor und eine endgültige Entscheidung könnte er eh nur gemeinsam mit Sasuke treffen.
 

Itachi fuhr sich mit der Hand durch die Haare und seufzte einmal tief, bevor er aus dem Fenster blickte. Sie hatten einen sternenklaren Himmel an diesem Abend, fiel ihm auf. Ganz auf das unbewegliche Bild hinter der Fensterscheibe fixiert, vergaß Itachi das Essen für einige Minuten, bis er Sasukes leise, unsichere Stimme hörte.

„Hab ich… was falsch gemacht, Itachi?“

Der Student merkte, wie sich seine Stirn in Falten legte. Er wandte Sasuke den Kopf zu und sagte fragend: „Ich versteh nicht. Warum solltest du denn was falsch gemacht haben?“

„Ich… - entschuldige… ich weiß auch nicht. Bitte vergiss es.“

„Nein“, entgegnete der Ältere. „Sag schon. Was glaubst du, hast du falsch gemacht?“

„Ich…“, murmelte Sasuke nur und blickte auf die Tischplatte. Heute war irgendwie ein dämlicher Tag, schoss es ihm durch den Kopf, obwohl es ihm sofort wieder Leid tat, das zu denken. Dazu hatte er gar nicht das Recht. Itachi versuchte immer, dass er sich so gut wie möglich fühlte, aber heute war es irgendwie wirklich kein guter Tag. Die Erinnerungen an die Vergangenheit, dann noch Naruto und jetzt… jetzt war Itachi wahrscheinlich unheimlich genervt von ihm – so wie er geseufzt und aus dem Fenster gestarrt hatte. Vielleicht würde er ihn heute Abend noch fort schicken – vielleicht wäre das sogar ganz gut so. Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Er würde eh in ein paar Tagen – wahrscheinlich Dienstag, dem Tag vor Heiligabend oder eben Heiligabend oder so – gehen müssen und so müsste er Itachis Eltern nicht unter die Augen treten. Denn jetzt, wo der morgige Besuch immer näher kam, fürchtete er sich auch immer mehr davor.

„Ich… weiß, dass ich ziemlich… lästig bin…“, murmelte Sasuke wieder und wünschte sich, er hätte den Mund gehalten. Schon allein mit dieser Äußerung war er wieder nervig, wieder lästig. Er musste unbedingt lernen, die Klappe zu halten. Unbedingt.
 

„Du bist nicht lästig“, hörte er Itachis Stimme. Sie wirkte so ernsthaft, so darum bemüht, dass Sasuke den Worten Glauben schenkte. Mit geweiteten Augen blickte er auf und sah in das vertraute Gesicht.

„Du bist nicht lästig“, wiederholte Itachi. „Und ich habe dich gerne hier.“ Das entsprach der Wahrheit. Nichts mehr als das. Itachi verschwieg nur schlicht, dass er über einige Dinge nachdenken musste, die Sasukes Aufenthalt bei ihm betrafen, denn bevor sie gemeinsam eine Entscheidung fällen konnten, musste Itachi sich erstmal darüber klar werden, was und in welchem Maße er Dinge für Sasuke aufgeben konnte. Dinge wie das Bootsrestaurant, sein Studium oder diese Wohnung.

„Na komm. Iss weiter“, merkte Itachi mit freundlicher Stimme an und stellte fest, dass er Sasuke am heutigen Tag schon ein paar Mal hatte auffordern müssen, irgendetwas zu tun, damit der Junge nicht in Schuldgefühlen, schlechten Gedanken und Erinnerungen an die Vergangenheit versank. Itachi wurde zum erneuten Male klar, wie sehr dieses Kind litt. Und damit wurde ihm auch schon wieder klar, dass er dieses Leiden beenden wollte.
 

~~
 

Sasuke saß auf dem Sofa. Normalerweise, dass wusste Itachi, würde der Junge fragen, ob er ein Buch lesen dürfe, aber selbst das tat er nicht. Er saß einfach nur da und starrte auf seine Knie, die er an den Körper gezogen hatte. Das war eigentlich ein Fortschritt. Meist saß er nur so, wenn sie über längere Zeit einen Film guckten oder etwas anderes im Fernsehen. Aber so, wenn Itachi gar nicht im Zimmer war und erst mit einem Kaffee rein kam, saß er immer ganz ordentlich, mit den Füßen auf dem Boden, da. Es schien ihm wohl nicht besonders gut zu gehen, fiel Itachi auf; er war so in Gedanken, noch stiller als sonst und auf eine Art auch wieder unsicherer, obwohl er eben so da saß.

„Stimmt irgendwas nicht?“, fragte der Ältere deswegen, als er sich mit seinem Kaffee in den Sessel setzte.

„Doch… alles in Ordnung“, murmelte Sasuke nur, wollte Itachi keinen Ärger bereiten und wusste ja selbst nicht mal, was nicht stimmte. Klar, er wusste, dass er sich merkwürdig verhielt, aber er war traurig. Wegen dem Tag und wegen den Erinnerungen. Im Grunde wollte er eigentlich nur schlafen und die Dinge für ein paar Stunden vergessen. Morgen früh würde vielleicht wieder alles besser sein, obwohl sie am Nachmittag bei Itachis Eltern eingeladen waren. Aber er konnte Itachi ja schlecht sagen, dass er schlafen wollte und ihm somit aus seinem eigenen Wohnzimmer vertreiben. Niemals. Das würde er sich nicht einmal trauen. Und müde war er ja nicht; er wollte schlicht und einfach vergessen.
 

Itachi blickte sich in seinem Wohnzimmer um. Und das erste Wort was ihm einfiel, war komischerweise: Langweilig. Das hatte er zuvor noch nie in seiner Wohnung gedacht. Wenn ihm langweilig war, schnappte er sich seine Gitarre und griff ein paar Akkorde zur Übung, schaltete den Fernseher ein, las dann und wann mal ein paar Seiten oder ging – das tat er meistens wenn ihm anfing langweilig zu werden – joggen. Wäre ihm jetzt langweilig und Sasuke wäre nicht da, hätte er sich wohl, egal wie spät es war und wie schlecht das Wetter, seine neue und noch fast unbenutzte Yamaha geschnappt um damit ein wenig rumzudüsen. Kurz bevor er Sasuke zum ersten Mal getroffen hatte, hatte er sich die gekauft und war ein paar Wochen lang fast jeden Nachmittag mindestens eine Stunde damit rum gefahren, hatte sich wirklich in die Maschine verliebt, doch dann war Sasuke zu ihm gekommen und seitdem stand die Yamaha unbenutzt in der Garage. Seine aufkommende Sehnsucht nach dem Motorrad runterschluckend, blickte er sich noch einmal um und stellte fest, dass er wirklich kaum was da hatte, womit Sasuke sich beschäftigen könnte.

„Magst du nicht lesen?“, fragte Itachi und erntete nur ein leichtes Kopfschütteln, was er sich nicht wirklich erklären konnte. Zuvor hatte Sasuke doch immer gerne gelesen. Aber vielleicht war es zuviel gewesen. Soweit Itachi sich erinnern konnte hatte der Junge in der kurzen Zeit bei ihm mindestens fünf Bücher verschlungen. Dafür bräuchte er keine zwei Wochen sondern mindestens zwei Monate und das nur, wenn die Bücher ihn wirklich interessierten und nicht all zu dick waren. Ne, bevor er sich stundenlang mit einem Buch aufs Sofa setzte, schnappte er sich lieber sein Moped. Eindeutig. Oder er ging laufen. Oder eine rauchen und in den Pub mit Kakashi und Iruka. Verdammt, dachte Itachi, er hörte sich ja beinahe an wie ein Vollidiot…. Na, super.
 

„Wie steht’s denn mit fernsehen?“, fragte Itachi und als Sasuke daraufhin nur unsicher mit den Achseln zuckte, hakte der Erwachsene nach: „Ist dir nicht langweilig?“

„Ich…“, murmelte Sasuke und blickte weiterhin aus seine Knie. Ja schon, doch, ihm war langweilig, aber er hatte nicht das Recht sich zu beklagen. Nur lesen wollte er eben gerade nicht, auch wenn es nett war von Itachi, ihm das vorzuschlagen. Ob der Ältere den Fernseher anmachte, war ihm im Grunde egal. Wenn Itachi wollte, dass sie Fernsehschauten, würde er es tun, aber große Lust dazu hatte er eigentlich nicht. Sie hatten in den letzten Tagen beinahe jeden Abend irgendeinen Film gesehen, was ihm auch besonderes gefallen hatte, schließlich musste er ewig lang darauf verzichten, aber im Moment hatte er einfach, wie beim lesen auch, keine Lust darauf.
 

„Du kannst auch mit der Konsole spielen, wenn du willst“, schlug Itachi vor und blickte sich noch mal in seinem Wohnzimmer um. „Oder ich mach dir den Laptop an.“

„Ich… ist schon in Ordnung“, murmelte Sasuke leise und log: „Mir ist… ist nicht langweilig.“

Sasuke wollte Itachi nicht in die Verlegenheit bringen, sich die ganze Zeit irgendwas auszudenken, womit er ihn beschäftigen konnte. Er war schließlich kein kleines Kind mehr und er hatte kein Problem damit, einfach nur dort zu sitzen und nichts zu tun. Viel mehr hatte er auf der Straße ja auch nicht gekonnt. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Vielleicht war Itachi langweilig und vielleicht nervte es ihn, dass er einfach nur hier saß und nichts tat. Deswegen schaute Sasuke den Älteren unsicher an und sagte leise: „Bitte… entschuldige.“

„Moment“, bat Itachi und fuhr sich verwirrt durch die Haare. „Du entschuldigst dich, dass dir nicht langweilig ist oder versteh ich da grad was vollkommen falsch?“

„Nein nein… ich meine… ich…“, stotterte Sasuke nur und wusste nicht, wie er sich erklären sollte. Er entschuldigte sich doch nicht für seine Langeweile, solch ein Quatsch! Er entschuldigte sich dafür, dass Itachi sich mit ihm rumärgern musste, dass Itachi wegen ihm langweilig war; wegen so was entschuldigte er sich. Aber wie sollte er das nur erklären?
 

„Warte einen Moment. Ich bin sofort wieder da, okay?“ Damit stand Itachi auf, ging in den Flur, zog seine Schuhe an, schnappte seinen Haustürschlüssel und ging rasch die Treppen runter, zwei Häuser weiter und dort klingelte er dann. Er wartete einen Moment, bis das Summen der Tür ertönte und er sie aufdrückte. Itachi ging hinauf. Im Flur vor seiner Wohnung wartete schon Kisame.

„Brauchst wieder eine Putze, Itachi? Bist aber ganz schön spät.“

„Quatsch“, murrte der Schwarzhaarige, fragte dann aber freundlich. „Du hast doch bestimmt ein Kartenspiel oder so ein Zeug da, oder?“

„Ein Kartenspiel, huh?“ Kisame, dessen Haut schon immer so unnatürlich blassbläulich geschimmert hatte, grinste und erinnerte Itachi deswegen wie so häufig an einen Hai, der seine Zähne zeigte. „Du solltest mich kennen, Kumpel. Ich hab nicht nur ein Kartenspiel hier, sondern einen ganzen Schrank voller Spiele.“

„Genau deswegen bin ich zu dir gekommen“, grinste nun auch Itachi. Er kannte die Leidenschaft des Großen für Gesellschaftsspiele aller Art, fragte sich zwar manchmal, mit wem er diese spielte, denn Neffen und Nichten hatte er nicht, soweit Itachi das wusste, aber er hatte sie und gut war. Ja, gut war das wirklich, denn vielleicht würde Sasuke Spaß daran haben, ein Gesellschaftsspiel zu spielen. Denn irgendwie… war Sasuke ja immer noch ein Kind. Irgendwie war er es doch, oder?
 

Itachi war vollkommen überfordert, als er das große Angebot an Spielen in Kisames Schrank sah. Schlimmer als ein Spielzeuggeschäft – nicht dass er da oft drin wäre, aber heute eben für seine jüngere Cousine und seinen jüngeren Cousin.

„Äh… Was nehm’ ich denn da, Kisame?“, fragte er deswegen und hörte das laute Lachen seines Fast-Nachbarn.

„Für Anfänger wie dich, würde ich sagen…“ er führte den Satz zunächst nicht zum Ende, sondern hockte sich hinunter und nahm drei Kartons und eine kleine Schachtel heraus.

„Solltest du die mal mitnehmen. Mensch-ärgere-dich-nicht kann jeder. Sogar du.“ Kisame lachte wieder und zeigte auf die beiden andere. „Monopoly und Schiffe versenken sollte für einen Anfänger auch noch zu schaffen sein. Auf jeden Fall sind es Klassiker, die du kennen musst. Und falls alles nichts nützt.“ Kisame tippte zuerst auf die kleine Schachtel und dann gegen den Kopf seines Kumpels. „Hab ich hier ein stinknormales Kartenspiel für dich oder ihr spielt einfach Stadt, Land, Fluss.“

„Oh… äh, ja.“ Soviel dazu, dachte sich der Uchiha ironisch, danke aber dennoch, versprach die Spiele sofort morgen zurück zu bringen und zog von dannen. Hoffentlich konnte Sasuke damit jetzt was anfangen. Umsonst, hoffte Itachi, hatte er sich die Mühe ja nicht gemacht, rüber nach Kisame zu gehen und sich mit seiner Unwissenheit mehr oder weniger zum Affen zu machen.
 

~~
 

Sasuke saß immer noch auf dem Sofa. Die Beine an den Körper gezogen und die Arme locker darum geschlungen, schaute er aus dem Fenster. Es war wirklich schon dunkel draußen, aber eben noch recht früh. Man konnte den Winter nicht nur spüren, sondern auch sehen. Die Dunkelheit der kalten Jahreszeit. Itachi stellte die Spiele auf dem Couchtisch ab und schaute zu Sasuke. Wann immer er so da saß und irgendwo aus dem Fenster schaute, wurde Itachi immer klar, dass Sasuke genau wusste, dass er hier nicht zu Haus war, sondern nur auf Besuch. Er wusste, dass ihm nur noch weniger Tage blieben und dass er sich dann Pläne machen musste – oder jetzt schon, oder gar nicht. Itachi wusste nicht, ob man Pläne machen konnte, wenn man auf der Straße leben musste und im Grunde keine Perspektive hatte. Er selber war ein verwöhnter Bengel gewesen als Jugendliche. Keine dieser Neureichen, kein Schnösel oder so; er war mit Chucks rum gelaufen und mit stilischen Löchern in der Hose, mit langen, schwarzen Haaren, die er heute noch hatte und mit einem schrecklichen Piercing am Kinn und einem kleinen Ring in der Augenbraue, die er beide mittlerweile abgelegt hatte. Er war so eine Möchtegernpunk gewesen, wohlmöglich oder so was in der Art. Das hatten er und seine – ebenfalls nicht aus schlechtem Hause stammenden Freunde – besonders cool gefunden. Aber sie hatten es wahrscheinlich nur getan, wegen der Musik und wegen der Gewissheit, dass sie anders konnten, wenn sie wollten. Das im Schrank auch Hemden hingen, in der Hosentasche ihre neues Handy lag und sie in der Nacht in ein großes, teures Haus heim kamen, wo sie ganz Mamas Sohn und Papas Erbe waren.

Sasuke hatte nicht die Gewissheit, dass es anders ging, wenn er wollte. Er musste. Musste dort leben, musste mit Löchern in der Hose rumlaufen und kam nachts eben nicht heim in ein schönes Haus mit einem warmen Bett, das nur ihm gehörte. Er musste sich eine Brücke suchen. Und dass dieses Wissen in Sasuke war, das sah Itachi, wenn der Junge so aus dem Fenster blickte.
 

„Ich hab paar Spiele besorgt“, merkte Itachi an. Sasuke Blick ruckte zum Älteren und dann, etwas langsamer, zu den Sachen auf dem Tisch, bevor er wieder Itachi anblickte. Er war fünfzehn, sagte Itachi sich, eigentlich noch ein Kind. Aber irgendwie auch ein Teenager und fast erwachsen. Vielleicht kam Sasuke sich jetzt auch verarscht vor. Nach den Dingen, die ihm zugestoßen waren, wusste Itachi plötzlich nicht mehr, ob er das Recht hatte Sasuke wie ein Kind zu behandeln, denn durchstehen musste dieser Junge – dieses Kind – schon mehr als Itachi und der lebte schließlich schon knapp acht Jahre länger.

„Wenn du keine Lust drauf hast“, sagte Itachi deswegen: „Stell ich die weg und bring die morgen wie geplant zurück. Kein großes Ding.“

„Ich… ich würde gerne…“, hörte er dann aber schon Sasuke zögerliches Murmeln.

„Gut.“ Itachi lächelte leicht, grinste beinahe, als er auf die verschiedenen Schachteln zeigte. „Such dir was aus. Ich hab von so was keine Ahnung.“
 

Sasuke blickte auf die Verpackungen, las die Texte und freute sich wirklich sehr, dass Itachi die Spiele besorgt hatte. Das war wirklich viel besser als wieder lesen oder fernsehen und es war etwas, was er sonst nur mit Grundschulfreunden und seinem Vater gemacht hatte – Gesellschaftsspiele spielen, überhaupt Spiele spielen.

„Schiffe versenken…?“, murmelte er daher fragend und Itachi zuckte die Schultern.

„Weißt du wie es geht?“ Sasuke nickte

„Gut. Ich nämlich nicht.“ Itachi seufzte und lies sich in den Sessel plumpsen. „Na los, erklär’s mir.“

„Na ja… wir… wir können auch…“, murmelte Sasuke wieder, wollte nicht einen auf klug machen und Itachi ein Spiel erklären, obwohl er derjenige war, der nicht zu Schule ging, nicht arbeiten und so was. Kabuto hatte es immer gehasst, wenn er etwas Kluges gesagt hatte. Schlaumeier, hatte er ihn immer genannt, oder Angeber, Streber oder so was und ihn dann geschlagen.

„Doch nicht Schiffe versenken?“, hakte Itachi nach und Sasuke zuckte wieder unsicher mit den Schultern.

„Kannst du… nicht… aus- aussuchen?“

„Sasuke“, seufzte Itachi und schaute den Teenager wohlwollend an. „Es ist nur eine ganz einfache Entscheidung. Du sucht ein Spiel aus, wenn ich es nicht raffe, erklärst du es mir und dann spielen wir das. Ganz einfach. Und wenn nicht hol ich halt Papier und Stifte und wie fangen ganz einfach mit Stadt, Land, Fluss an und arbeiten uns hoch. Na, was meinst du?“, brachte er Kisames Vorschlag mit ein.

„… Klar.“ Sasukes Antwort war wie immer leise.

„Also Stadt, Land, Fluss?“ Sasuke nickte und Itachi stand auf um Schreibzeug zu holen, dass er dann auf den Couchtisch legte. Ein Blatt vor sich und eines vor Sasuke, einen Stift für jeden und dann machten sie Striche und suchten die Kategorien aus. Stadt, Land, Fluss, Name, Tier, Beruf, Filmtitel, Pflanze.
 

„Na dann los“, meinte Itachi und zählte im Kopf das ABC auf, bis Sasukes leise stopp sagte.

„G.“ Sie schrieben und als Sasuke den Schrift niederlegte, blickte Itachi auf.

„Du musst sagen, wenn du fertig bist. Dann darf ich nicht weiter schreiben.“ Sasuke nickte und murmelte leise, dass er fertig war.

„Gut. Fang an, Sasuke. Stadt.“

„Galway.“

„Glastonbury. Beide zehn Punkte, ne? Dann Land.“

„Grönland.“

„Großbritannien. Wieder beide zehn. Fluss.“

„Garavogue River.“

„Gut, ich hab kein“, sagte Itachi. „Du kriegst zwanzig Punkte.“

„Oh… okay. Tschuldigung.“

„Entschuldige dich nicht, das ist ein Spiel.“
 

Sasuke blickte zu Boden. Er entschuldigte sich, weil er es gewohnt war. Er musste sich entschuldigen. Das hatte er immer gemusst. Vor allem wenn er sich wieder wie ein Klugscheißer aufgeführt hatte. Das hatte Kabuto wirklich nicht gemocht. Sasuke sollte nicht klug sein, sondern willenlos und biegsam.

„Na komm, lass uns weiter machen“, hörte er Itachis Stimme. Sie verglichen die Kategorie Name, Tier, Beruf, Filmtitel und Pflanze, wobei Itachi auch keine Pflanze hatte. Bei den nächsten zwei Buchstaben ging es ähnlich zu. Fast immer hatte Itachi mindestens eine Kategorie nicht, während Sasuke wirklich gut war und kaum Felder hatte, die leer blieben. Er kannte keine Pflanze mit Y und keine mit Z, keinen Fluss und kein Land mit X. Am Ende jedoch, als das Blatt und sogar die Rückseite voll waren, hatte Sasuke haushoch gewonnen. Itachi lehnte sich leise lachend im Sessel zurück.

„So fertig gemacht von einem Fünfzehnjährigen.“

Sasuke der sich für das Spiel auf den Boden vor den Tisch gesetzt hatte, senkte den Blick.

„Ich… ich wollte nicht…“

„Hör auf dich zu entschuldigen, meine Güte, Sasuke. Du bist einfach intelligenter als ich. Da haben wir den Beweis.“ Itachi lachte wieder leise. Wenn sein Vater das wüsste. Fertiggemacht von einem Fünfzehnjährigen, haushoch und das in einem Spiel in dem es um pures Wissen ging.

„Nein… nein, bin ich… bin ich nicht“, murmelte Sasuke und schaute nicht hoch. „Ich bin nur… nur ein dummer Straßenjunge…“
 

Itachis Grinsen verschwand und er lehnte sich vor.

„Sieh mich an, Sasuke“, sagte er ernst und nach kurzer Zeit gehorchte der Jugendliche und blickte Itachi an.

„Du bist nicht dumm, du bist nicht dreckig. Du bist ein großartiger Junge.“ Itachi sah, wie Sasukes Auen sich weiteten, wie seine Wangen sich leicht vor Verlegung röteten.

„Ich…“, murmelte er nur und war sprachlos. Das hatte ewig keiner zu ihm gesagt. Sein Vater hatte immer gesagt, er sei ein toller Junge, der Beste Sohn, den er sich wünschen konnte. Und nach so vielen Jahren, was Itachi der erste, der so was aussprach. Sasuke konnte es kaum glauben. Konnte, nicht glauben, dass er nicht dumm und nicht dreckig war. Das war für ihn selbstverständlich. Er war schließlich ein Straßenkind. Hatte kein Geld, bettelte, ging nicht zur Schule und hatte kein zu Hause. Er war kein großartiger Junge, aber es war schön, das irgendjemand – nur ein Einziger – so von ihm dachte.
 

„Na, was sagst du. Wo machst du mich als nächstes fertig?“, fragte Itachi feixend, riss den Jungen somit aus seinen Gedanken und zeigte auf die Spiele. Sasuke blickte wieder zu Boden. Itachi glaube er sei ein großartiger Junge. Itachi mochte ihn. Aus irgendeinem ihm unverständlichen Grund, mochte Itachi ihn und fand ihn nicht dumm und dreckig. Mit einem Funkeln, das schon lange nicht mehr in Sasukes Augen gewesen war, blickte er hoch und grinste halb. So ein irgendwie-Grinsen, als hätte er es beinahe verlernt.

„Ich kann’s bei Schiffe versenken probieren.“

Itachi grinste auch, bemerkte das Funkeln, bemerkte den Blick, bemerkte Sasukes Stimme und nickte. Sie würden es hinbekommen, sie beide.

„Na komm, gib die Anleitung rüber und bau auf“, wies Itachi den Jungen an und als Sasuke ihm das kleine Heftchen reichte, war das Funkeln in den Augen nicht verschwunden. In dem hatte sich etwas in Sasuke an die Oberfläche gekämpft. Selbstsicherheit. Ein Fünkchen davon. Die Option zu kämpfen; bei einem Spiel, ohne schmerzvolle Folgen. Und Unschuld. Das Funkeln in den Augen. Funkeln der Unschuld und Funkeln von Mut und Selbstsicherheit. Menschlichkeit. Sasuke wusste nicht, ob es morgen früh noch immer so war, aber er glaubte, Itachi hatte ihn ein bisschen ganz gemacht, gerade geboren. Er hatte ein paar Scherben geklebt.
 

to be continued...
 

by Jessa_



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  sissyphos
2011-02-13T22:57:05+00:00 13.02.2011 23:57
omg, das war soooo toll .____. ich sage das wirklich nur selten, weil ich immer schnell zum ende und zum punkt kommen will, aber ICH WILL NICHT, dass deine ff iwann mal zu ende ist xD deshalb schreib mir bloß meine narusasu-story :D ich liebe deinen schreibstil und ich hatte fast pipi in den augen, als sasu endlich mal gestrahlt hat
das ist so toll :-) ich freu mich so für ihn...und ja, die beiden schaffen das, ich bin da auch sehr zuversichtlich
und ich stimme sunnysummer zu: ich will echt nicht wissen wie viele diese story lesen, mitfiebern, aber es nicht nötig haben dir mal nen kommi zu hinterlassen ö.ö aus mir unerklärlichen gründen...weil die story ist einfach so toll, da MUSS man doch mal was zu schreiben
bin froh, dass du dich dennoch nicht unterkriegen lässt...ich glaube, ich würde iwann einfach die motivation verlieren und glauben, dass man die story nicht wirklich mag
gut, dass du nicht so wie ich bist :O (oje, in vielerlei hinsicht...sonst hätte ita jetzt perverse gedanken von sasu *auf die eigene ff bezieh xD* und das passt hier ja total nicht :O also überhaupt nicht, egal)

lg
dein zu viel labernder fan :D
Von:  Sunnysummer
2011-02-08T20:27:12+00:00 08.02.2011 21:27
Bevor ich mein eigentliches Kommentar beim letzten Kapi abgebe, will ich hier kurz ma was sagen: O (okay, jetzt 1 ) Kommi/s für so ein tolles Kapitel?!? Animexx und die ganzen schwarzleser sind so dermaßen gemein T___T Zum ersten Mal ist hier ein RIESIGER Fortschritt zu sehen (Sasu grinst <3 XD ) und dazu sollte man einfach seinen senf ablassen T.T
Das Kapitel ist echt toll, einfach zum Heulen XD (natürlich freudentränenXD )


Zurück