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Wurmlöcher

von

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Ein etwas anderes Weihnachten

Kapitel 33 – Ein etwas anderes Weihnachten
 

Außer ihnen waren nicht viele andere Schüler da – einige Siebtklässler aus Ravenclaw, die sie nicht weiter kannten, und zwei Hufflepuffs, die maximal in der zweiten Klasse sein konnten. Die Ravenclaws boten den Hufflepuffs ihre Hilfe bei der Schnitzeljagd an, und so machten sie sich nach dem Frühstück in zwei Gruppen auf den Weg durch das Schloss.
 

Die vier Gryffindors stiegen zu allererst in den Nordturm empor, während sie über Ginnys und Janes Rätsel brüteten. Ginny sollte suchen „Wo die Nacht zum Tag wird“, und Jane war auf der Suche nach einer „ritterlichen Pinseltugend“.
 

Während sie unter der Falltür zum Wahrsageklassenzimmer auf Harry warteten, meinte Jane plötzlich: „Eulen sind nachtaktiv. Die Eulerei?“

Ginny starrte sie mit großen Augen an, dann grinste sie. „Okay, das war jetzt peinlich, da hätte ich auch drauf kommen können.“

Jane lachte und wurde rot. „Dafür hab ich bei meinem eigenen Rätsel immer noch keine Ahnung. Es gibt viel zu viele Ritterbilder hier im Schloss!“
 

„Aber aber“, ertönte eine inbrünstige Stimme hinter ihnen. „Das Fräulein hat wohl noch nie einen echten Ritter gesehen, wenn sie ihn nicht von den ganzen Taugenichtsen unterscheiden kann, die sich hier in Pose geworfen haben!“
 

Die drei Mädchen wirbelten herum – und Hermine brach in Gelächter aus.

„Natürlich“, japste sie, „wie konnten wir den einzigen dieser Beschreibung würdigen Ritter nur vergessen? Jane, darf ich vorstellen, das ist Sir Cadigan, und ich wette mit dir, er ist es, den du suchst.“

Jane betrachtete den stämmigen Ritter, der sich gerade noch mit Müh und Not auf seinem Pony halten konnte, mit großen Augen. Der fühlte sich offensichtlich von dieser Aufmerksamkeit geschmeichelt, deutete eine Verbeugung an – und purzelte endgültig vom Pferd.

Jane kicherte. Er schnaubte und rappelte sich mühsam wieder auf, die Rüstung schlammverschmiert.
 

„Wie könnt Ihr es wagen zu lachen, Fräulein?“, fragte er empört, „Wenn ich doch nur, um Euch meine guten Umgangsformen zu zeigen, mein Leben aufs Spiel gesetzt habe?“

Sofort biss sich Jane auf die Lippe. „Es tut mir Leid, Euch in Verlegenheit gebracht zu haben“, meinte sie mit aufgesetzter Ernsthaftigkeit. „Es ehrt mich, dass Ihr mich einer solchen Gefahr für würdig erachtet.“

Sir Cadigan blinzelte verlegen und räusperte sich. „Das ist doch selbstverständlich für Euren Rätselmeister.“
 

Janes Gesicht hellte sich auf. „Rätselmeister? Habt Ihr vielleicht ein Rätsel für mich?“

Er warf sich in die Brust. „Aber natürlich. Was Ihr sucht, ist dort versteckt, wo die Teufel nicht brennen, sondern würgen.“

Jane blinzelte verwirrt, bedankte sich jedoch artig. Sir Cadigan verabschiedete sich mit einem salbungsvollen Winken und stapfte ins nächste Bild, wo sein Pony bereits friedlich am Grasen war.
 

In diesem Moment kam Harry wieder die Falltreppe herunter, die Laune auf einem neuen Tiefpunkt.

„Da will mich wirklich jemand ärgern!“

„Wieso, wo musst du jetzt hin?“, wollte Ginny wissen und gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange.

Harry schnaubte. „Albernes Zauberstabgefuchtel wirst du dort nicht finden.“
 

Die drei Mädchen brachen synchron in Gelächter aus – selbst Jane wusste, dass Harry Professor Snape und Zaubertränke nicht leiden konnte.

„Wo müsst ihr hin?“, fragte er schnell.

Hermine antwortete: „Wir wollen zur Eulerei für Ginnys Hinweis, und ich würde gerne über den Westflügel dorthin, ich muss zum Portrait von Wendeline der Ulkigen.“

„War das nicht die, die sich dauernd verbrennen lassen hat im Mittelalter?“, fragte Jane langsam, als sie sich auf den Weg machten.
 

Hermine nickte und kicherte, als sie Harrys verwirrtes Gesicht sah. „Harry, sag nicht, das hast du wieder vergessen? Das war damals die interessanteste Stunde bei Binns!“

Harry kratzte sich verlegen am Kopf. „Binns hatte interessante Stunden?“

Ginny lachte wieder los und hakte sich bei ihm unter. „Tröste dich, ich schlafe bei ihm auch immer.“
 

Einige Hinweise und mehrere Flüche von Harrys Seite später beschlossen die vier, sich aufzuteilen. Harry musste wohl oder übel sämtliche Klassenzimmer abklappern, während Hermine in der Bibliothek von einem Buch zum nächsten gescheucht wurde.
 

Sie hatte einen Hinweis bekommen, das wievielte Wort in einem Buch auf welcher Seite ihr den nächsten Hinweis liefern würde – und zwar auf ein anderes Buch, gleiche Seitenzahl, Wort an der gleichen Stelle.

Sie ging förmlich auf darin, aus einem Wort den verlangten Buchtitel heraus zu bekommen, doch die anderen beiden Mädchen langweilten sich schnell und machten sich ihrerseits auf den Weg nach draußen – der würgende Teufel war offensichtlich der Teufelsschlingenspross in Gewächshaus vier, und Ginnys nächster Hinweis führte sie hinaus auf das Quidditchfeld.
 

~*~
 

Zum Mittagessen saßen die in der Schule gebliebenen Lehrer an einem leeren Tisch, bis auf eine Ravenclaw war keiner der Schüler zum Essen gekommen.

Mit einem wissenden Lächeln rief Minerva einen der Hauselfen zu sich und trug ihm auf, die anderen Schüler alle mit einem Imbiss zu versorgen, wo auch immer sie gerade waren.
 

~*~
 

Gegen drei Uhr nachmittags hatte Hermine das letzte Buch gefunden. Ironischer Weise trug es den Titel „Zeitreisen – Mögliches und Unmögliches“. Kopfschüttelnd schlug sie es an der gewohnten Seite auf und fand einen Zettel darin, der ihr mitteilte, ihre Geschenke befänden sich in ihrem Schlafsaal, sobald sie ihn komplett durchgelesen hatte.
 

Sie musste lächeln. Einfach genial. Im Nachhinein nicht überraschend, doch von selbst wäre sie wohl nicht darauf gekommen. Die einzige Möglichkeit, wie man Chaos und auf dem Rückweg verlorene Geschenke vermeiden konnte. Sie musste Minerva beim Tee unbedingt sagen, wie genial dieser Einfall gewesen war.
 

Nachdem sie den Zettel durchgelesen hatte, zerfiel er zu Staub. Vorsichtig pustete Hermine diesen von der Buchseite, klappte das Buch behutsam wieder zu und stellte es zurück. Madam Pince würde sie lynchen, wenn sie Staub in einem Buch hinterlassen würde.

Dann eilte sie in ihren Schlafsaal zurück. Sie hatte gerade noch Zeit zum Auspacken, bevor es Tee gab.
 

Oben angekommen, fand sie einen kleinen Haufen Geschenke auf ihrem Bett, kleiner als in den letzten Jahren. Kein Wunder, ihre Eltern wussten nicht mehr, dass sie existierte, also war von dort auch nichts gekommen.

Sie biss sich auf die Lippe, um bei diesem Gedanken nicht wieder traurig zu werden. Der Tag hatte viel zu gut angefangen, um sich von so etwas jetzt herunter ziehen zu lassen. Sie schluckte energisch und griff nach dem ersten Päckchen.
 

Es war von Harry und enthielt einen neuen Terminkalender in einem dunkelroten Ledereinband. Sie musste schmunzeln, als sie die sehr breiten To-do-Spalten an jedem Tag bemerkte – die an den Sonntagen von Hand durchgestrichen waren. Das war so typisch Harry…

Liebevoll legte sie den Kalender auf ihr Nachtkästchen, betrachtete ihn noch einen Moment lang und widmete sich dann dem zweiten Päckchen.
 

Es enthielt ein Set aus Federanspitzern und Tintenfässchen in verschiedenen Farben, zusammen mit einer kleinen Karte, auf der in Ginnys Schrift geschrieben stand: „Damit deine Aufsätze auch mal etwas Farbe bekommen“

Sie musste wieder lächeln. Tatsächlich, es waren keine Rottöne dabei, sie konnte also tatsächlich alle Farben für die Schule verwenden. Mit einem warmen Gefühl für ihre beiden besten Freunde legte sie auch Ginnys Geschenk auf das Nachtkästchen.
 

Als nächstes fiel ihr ein unförmiges, klumpiges Päckchen ins Auge. Mit einer ziemlich genauen Vorstellung von dessen Inhalt öffnete sie es – und wurde nicht enttäuscht. Hagrids berüchtigte Felsenkekse.

Mit einem schlechten Gewissen stellte sie fest, dass sie ihn seit der Zeitreise nicht mehr besucht hatte. Sie beschloss, das gleich nach dem Tee nachzuholen.
 

Bei dem Geschenk von Molly kamen Hermine fast die Tränen. Sie hatte wieder einmal einen handgestrickten Pullover bekommen, in einem Mitternachtsblau einer goldenen Eule darauf, welches sie verdammt viel zu sehr an ihre Zeit in Ravenclaw erinnerte, dazu selbstgebackene Plätzchen.

Sie seufzte, während sie sich in den Pullover kuschelte. So etwas hatte sie nicht verdient, nicht, nachdem sie die beiden Jungs quasi alleine hatte gehen lassen…

Energisch schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter, der sich bei diesem Gedanken gebildet hatte, und griff nach dem nächsten Päckchen.
 

Als sie es aufgerissen hatte, flogen ihr einige kleine, orangene Gegenstände entgegen, die zur Decke des Schlafsaals aufstiegen und dort vor sich hin schwebten, mal hierhin und mal dorthin treibend. Hermine musste grinsen, als sie sie als Lenkpflaumen erkannte, und fand tatsächlich auch eine Weihnachtskarte von Luna in dem Päckchen.
 

Ein wenig verblüfft stellte sie fest, dass sie immer noch ein kleines Päckchen und einen Brief auf dem Bett liegen hatte, von denen sie nicht wusste, von wem sie sein könnten. Stirnrunzelnd griff sie nach dem Päckchen. Und musste schlucken, als sie nach dem Öffnen genau wusste, was es war.

Eine kleine Karte mit Minervas Schrift, und ein Fläschchen, welches ganz offensichtlich eine Erinnerung enthielt.

„Frohe Weihnachten, Hermine. Da dies das erste Weihnachten ist, wo du nichts von deinen Eltern hörst, dachte ich mir, ich zeige dir, wie es ihnen geht. Liebe Grüße, Minerva“
 

Hermine schluckte erneut. Dann verwandelte sie eine einzelne Socke in eine flache Schale, legte einige nicht ganz legale Zauber darauf, um sie zum Denkarium umzufunktionieren, und goss die Erinnerung hinein.

Einen wehmütigen Augenblick lang dachte sie an den Sommer mit Tom zurück, als sie diese Zauber entdeckt hatten und Tom sich furchtbar darüber aufgeregt hatte, warum die Herstellung von Denkarium-Schalen nur lizensierten Händlern gestattet war, wenn er es doch viel besser konnte.

Mit einem traurigen Lächeln tauchte sie in die Erinnerung ein.
 

Einen Moment später füllte warme, australische Sommerluft ihre Lungen und die helle Mittagssonne stach ihr in die Augen. Blinzelnd sah sie sich um. Sie stand an einer Strandpromenade, die von Cafés gesäumt war. Unterhalb des Weges schlugen Wellen fast bis an die Befestigung der Promenade heran, doch es spritzte nie bis nach oben.

Jedes Café hatte den Gehweg so voller Tische gestellt, dass er nur halb so breit war, wie er hätte sein können, und sie alle waren gut besucht. Es herrschte ein dichtes Gedränge, und Hermine war einen Moment lang froh, dass sie hier keinen festen Körper besaß. Ansonsten wäre ihr mit Sicherheit schon jemand auf die Füße getreten.
 

Suchend sah sie sich um – und entdeckte ihre Eltern keine fünf Meter entfernt an einem der kleinen Tische der Cafés sitzen, ihr Vater mit einem Cappuccino, ihre Mutter mit einem Latte Macchiato, wie immer, wenn sie Kaffee tranken. Langsam trat Hermine näher an die beiden heran, bis sie in Hörweite war.

Sie sahen glücklich aus. Ihr Mutter strahlte, das Gesicht gebräunt und das hellbraune Haar fast blond von der Sonne, während ihr Vater noch ein paar Haare mehr verloren hatte, aber trotzdem noch so energetisch aussah, wie sie ihn kannte. Er hatte ihre Hand in seiner und spielte gedankenverloren mit ihrem Ehering.
 

Hermine hatte wieder einen Kloß im Hals, als sie das sah. Das hatte er immer nur dann getan, wenn er absolut mit sich selbst im Reinen war. Es tat weh, zu sehen, dass sie auch zu zweit alles hatten, was sie wollten, obwohl sie wusste, dass der Gedanke Blödsinn war. Sie selbst hatte ja dafür gesorgt.
 

In diesem Moment hörte sie ihre Mutter sagen: „Natürlich. Wie könnte ich nicht glücklich sein?“

Ihr Vater ließ ihren Ehering los und ergriff ihre Hand fest mit beiden Händen. „Etwas bedrückt dich aber, trotz allem. Ich kenne dich doch.“

Ihre Mutter lächelte schief und etwas verunglückt. Es brach Hermine fast das Herz.

„Weißt du…“, antwortete sie leise, „manchmal frage ich mich wirklich, warum wir keine Kinder bekommen haben. Früher hatte ich mir immer welche gewünscht… und jetzt ist es zu spät.“
 

Hermines Herz sackte ihr in die Hose, und sie hielt den Atem an. Ihr Vater lächelte und strich ihr mit dem Daumen über den Handrücken.

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es auch nicht. Der Gedanke, einmal Kinder zu haben, hat mir immer gefallen. Aber wer behauptet, dass es zu spät ist?“

Ihre Mutter öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch er sprach schnell weiter: „Rein physiologisch ist es nicht zu spät. Und ich denke, mit dem erhöhten Risiko einer Behinderung können wir leben, oder?“
 

Hermines Mutter starrte ihren Vater komplett überrumpelt an – und im nächsten Moment beugte sie sich über den Tisch und küsste ihn.
 

Hermine brauchte mehrere Sekunden, um das Gesagte zu verarbeiten – dann endete die Erinnerung und katapultierte sie wieder in ihren Schlafsaal zurück. Außer Atem blinzelte sie in das Halbdunkel und atmete tief durch.
 

Dann traf sie die Erkenntnis mit aller Wucht – vielleicht bekam sie bald einen Bruder oder eine Schwester!

Helle, warme Freude durchströmte sie, so rein und unschuldig wie schon lange nichts mehr. Hinter allen anderen Gefühlen und Gedanken hatte immer der drohende Schatten des Krieges gehangen, selbst in Toms Zeit, doch das hier… das war jenseits von Gut und Böse, das war einfach nur – fantastisch.
 

Strahlend lief sie in den Gemeinschaftsraum hinunter. Tatsächlich fand sie Ginny und Jane dort vor dem Kamin sitzen, heiße Schokolade in den Händen und zitternd, die Umhänge nass und dreckig, doch beide mit einem glücklichen Grinsen vor einem Haufen Geschenke.

„Hermine!“, rief Ginny. „Hast du deine Rätsel auch gelöst?“

Sie nickte rasch. „Ja, und ihr glaubt nicht, was ich von Minerva geschenkt bekommen habe!“

Jane musterte sie neugierig. „Minerva? Meinst du Professor McGonagall?“
 

Der Kommentar traf Hermine wie ein Schlag in die Magengrube – sie musste wieder darauf achten, was sie sagte, verdammt!

„Ähm, ja… sie hat mir angeboten, sie außerhalb des Unterrichts so zu nennen, wenn wir für den Orden arbeiten“, antwortete sie etwas lahm.

Ginny runzelte die Stirn. „Harry tut das nicht.“

Hermine seufzte. „Ja, vermutlich. Er ist im Moment aber auch nicht aktiv dabei, und sie hat es mir erst vor ein paar Wochen angeboten.“

Langsam nickte Ginny, und Hermine atmete unauffällig aus. Das war nicht gerade schlau gewesen. Sie hoffte, dass es keine Folgen haben würde.
 

„Und, was hat sie dir geschenkt?“, wollte Jane wissen.

Sofort war Hermines Laune wieder irgendwo über den Dächern des Schlosses.

„Eine Erinnerung an meine Eltern. Sie wissen nicht mehr, wer ich bin, und leben sicher in Muggel-Australien, damit Voldemort sie nicht in die Finger bekommt, und ich habe sie seit dem Sommer nicht mehr gesehen. Minerva muss sie beobachtete haben und hat mir die Erinnerung daran geschenkt.“
 

Sie holte tief Luft. „Sie haben sich darüber unterhalten, warum sie eigentlich keine Kinder haben, und haben gemeint, dass es noch nicht zu spät dafür wäre!“

Ginny schnappte nach Luft, dann sprang sie auf und umarmte Hermine. „Das ist ja toll! Du wirst sehen, Geschwister sind zwar furchtbar nervig, aber das Beste, was du dir wünschen kannst.“

Hermine grinste. „Ich hoffe es. Immerhin bin ich schon alt genug zum Windeln wechseln.“
 

Die drei Mädchen kicherten zeitgleich los. In diesem Moment erschienen neben dem Kamin einige weitere Weihnachtsgeschenke.

„Oh“, meinte Jane. „Ich glaube, Harry ist unterwegs.“
 

~*~
 

Harry packte seine Geschenke in Rekordzeit aus, und die vier waren fast nicht zu spät zum Tee. Hermine bedankte sich strahlend bei Minerva, und anschließend begleiteten sie alle – Jane zwar etwas zögerlich, doch mit hochgerecktem Kinn – Hagrid nach draußen zu seiner Hütte.
 

Natürlich kam das Gespräch auf Ron, und Hermine ließ meist Ginny erzählen, um nicht selbst die Fassung zu verlieren. Sie bewunderte Ginny dafür, wie fest ihre Stimme beim Erzählen klang – sie hätte schon beim Zuhören heulen mögen. Harry schien es nicht viel besser zu gehen, und sein Blick ruhte traurig, aber gleichzeitig bewundert auf Ginny.

Hermine lächelte schwach. Ja, für diese Charakterstärke musste man Ginny einfach lieben.
 

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Jane nach einem von Hagrids Keksen griff, beugte sich zu ihr und flüsterte ihr unauffällig zu: „In Tee einweichen vorher. Sonst kannst du heute Abend im Krankenflügel deine Zähne nachwachsen lassen. Aber sag Hagrid das bloß nicht, ja?“

Jane grinste verschwörerisch, nickte und tunkte ihren Keks in den Tee, nachdem sie probeweise einmal darauf gebissen und das Gesicht verzogen hatte.
 

~*~
 

Etwas ernüchtert machte Hermine sich mit den dreien wenig später wieder auf den Rückweg zum Schloss. Es gefiel ihr nicht, dass sie Hagrid nicht die Wahrheit sagen konnte, doch irgendwie bezweifelte sie, dass er verstehen würde. Sein Gedächtnis war mit Sicherheit auch manipuliert, damit er sie nicht wieder erkannt hatte, immerhin war er auch dort gewesen.

Und er hatte Tom niemals leiden können, wegen der Sache mit Aragog und der Kammer des Schreckens. Er hätte nicht einmal im Ansatz verstanden. Und es tat Hermine weh, das sie nicht mit ihm darüber sprechen konnte.
 

Betrübt blickte sie zu den erleuchteten Fenstern empor, die jetzt helle Streifen auf die dunkeln Schlossgründe warfen.

Es war seltsam, das Schloss war immer das Gleiche, egal, was geschehen war und wohl auch noch geschehen würde. Das Schloss kümmerte das alles nicht. Es stand bereits tausend Jahre und würde auch noch weitere Tausend überstehen. Der Gedanke war seltsam tröstlich.
 

~*~
 

Nach dem Abendessen saßen die vier noch lange im Gemeinschaftsraum und spielten explodierendes Mau-Mau. Hermine war nicht sicher, ob sie froh oder enttäuscht darüber sein sollte, dass die anderen nicht merkten, wie still sie währenddessen geworden war.
 

Auch hier lauerten Erinnerungen. Verdammt schöne Erinnerungen. Sie stellte fest, dass es immer die schönen Erinnerungen waren, die wehtaten, nicht die schlimmen. Die schlimmen waren zwar nicht schön, doch die guten Erinnerungen waren die, die einem mit aller Gewalt zeigten, wie es heute eben nicht mehr war.
 

Kein Tom, der in die Luft flog, weil sie die Karten manipuliert hatte, keine verbrannten Haare auf ihrer Seite, weil er die Karten manipuliert hatte, keine ständig neuen Ablegeregeln, kein spöttische Blick von der anderen Tischseite…

Es war regelrecht langweilig.

Ginnys Frage, ob sie denn schon müde war, kam ihr da gerade recht, und sie verschwand früh in den Schlafsaal.
 

Dort angekommen stellte sie fest, dass sie den Briefumschlag vergessen hatte. Ihr letztes Weihnachtsgeschenk.

Sie zog irritiert die Augenbrauen zusammen, als sie feststellte, dass kein einziges Wort auf dem Umschlag stand. Rasch überprüfte sie den Inhalt mittels Analysezauber – sie hatte schon einmal Bubotubler-Eiter in einem Briefumschlag gefunden, das brauchte sie kein zweites Mal.

Allerdings war nichts weiter darin als ein beschriebenes Blatt Pergament, auf dem keine Zauber lagen. Sollte ungefährlich sein. Aber wer schrieb ihr?
 

Neugierig öffnete sie den Umschlag, faltete das Pergament auf – und erstarrte. Sie erkannte diese Schrift. Auch wenn sie nach den jüngsten Ereignissen nicht gedacht hatte, dass er sich noch einmal bei ihr melden würde.
 

Ich muss wahnsinnig sein. Nein, das stimmt nicht. Ich weiß, dass ich wahnsinnig bin, aber ich muss noch wahnsinniger sein als sonst.

Es ist mir klar, dass du deine Ideale vor deine persönlichen Beziehungen stellst. Ich tue das auch im Normalfall. Es sollte vorbei sein, jetzt, wo du weg bist. Ist es aber nicht. Bei fast allem, was ich tue, denke ich zumindest einmal kurz darüber nach, was du davon halten würdest.

Ich dachte mir, das könnte dich interessieren – auch wenn es dich nicht wundern sollte, dass du selten froh über meine Aktionen wärst.

Tu mir einen Gefallen und komm mir nicht in den Weg, dann werde ich dir auch nicht wehtun müssen.
 

Frohe Weihnachten, Hermine.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Acchan_
2013-06-04T21:27:35+00:00 04.06.2013 23:27
huch, was ist denn hier los? die letzten kapitel sieht es kommimäßig ja recht mau aus :/ okay, ich bin selbst ein fauler kommischreiber und rege mich aber selbst auf, wenn ich keine bekomme ^^'

also hier mein (längst überflüssiges) review für diese großartige ff :D :

ich habe wirklich alles mit großer spannung gelesen und fand es wirklich sehr gut geschrieben. nachdem endlich gelöst war was alles in der vergangenheit geschehen ist und auch die begegnung mit hermine und tom vorbei war dachte ich erst das ganze würde etwas abstürzen.
spannungsmäßig ist sie das auch ein klein wenig, aber das war nicht beeinflussbar, immerhin muss es in jeder ff einen höhepunkt geben.
niveaumäßig bist du aber auf einer höhe geblieben die ganze zeit her und das gefällt mir gut.
ich fänd es schade wenn es wirklich zu keiner wirklich einigung zwischen tom und hermine mehr kommt. ich mochte die beiden als paar total, auch wenn es jetzt ein wenig seltsam vorzustellen ist, denn tom ist nun viel älter und...naja, er sieht seltsam aus, sagen wir es so. und sein jetziges wesen ist auch ein problem...
aber er hat ja schon eine gewisse wandlung durchgemacht, sonst hätte sein patronus sich nicht geändert von daher hoffe ich wirklich, dass sich alles noch irgendwie hinbiegt^^
lg hana
Antwort von:  Kiajira
23.07.2013 10:26
Naja, wenn ich so unregelmäßig hochlade, wundert mich das ehrlich gesagt nicht sonderlich ^^'
Schön, dich trotzdem hier zu lesen! =)

Ich bin schreibtechnisch an der Stelle auch abgestürzt. Hab ein ganzs Jahr lang nicht weiter geschrieben gehabt... Es war nicht leicht, da wieder Ordnung reinzubringen, nachdem ich ja vorher alles so schön zerlegt hatte... Aber ich konnte die beiden in dem Chaos ja nicht alleine lassen ;-)

Ja, den erwachsenen Voldemort in einer Liebesbeziehung... naja, hab ich zwar schon mal gemacht, aber der ist mir dann ziemlich OOC geraten, deswegen weiß ich nicht so Recht, ob das hier eine gute Idee ist - wenn ich mich schon bei der Zeitreise so sehr um Logik bemüht habe. Aber du hast Recht, da muss noch was passieren. ;-)
Lg Kia ^^


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