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Vampire in Lüneburg

von

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Seit ich das letzte Mal etwas in dieses Tagebuch schrieb, das war schon über 10 Jahre her. Das Datum erinnerte mich an meinen Geburtstag, an dem ich das unglaubliche Angebot erhielt selbst eine Unsterbliche zu werden. Doch ich fürchtete mich vor den Konsequenzen und lehnte das Angebot ab, was zur Folge hatte, das die Person sich nicht mehr bei mir meldete. Nun bin ich 28 Jahre jung und hatte keinen Kontakt mehr zu Eva. Ihre vampirischen blauen Augen hatten sich in mein Gedächtnis eingebrannt und verfolgten mich damals einige Wochen nach dem Besuch von ihr noch in meinen Träumen. In einer kleinen Schachtel lag ein zerknitterter Schnipsel mit einer drauf gekritzelten Nummer. Sie war von Eva und ich hatte diese Nummer nicht einmal angerufen, geschweige denn eine Nachricht versendet. Ich traute mich nicht, konnte mich nicht überwinden. Die Angst, dass mich meine Freunde danach ablehnten, weil ich zu dem geworden bin, was ich bin… Ich erschrak, ich war ja kein Stück besser. Ich verabscheute Eva wohl genauso, obwohl sie sonst für immer gestorben wäre.

Ein Autounfall hatte Eva schwer verletzt, komplizierte Knochenbrüche, innere Quetschungen, kein normaler Mensch hätte so was überleben können. Ich hatte Bilder von ihr bekommen, die bei ihrer Obduktion durchgeführt wurde. Aber sie konnte nach ihrer Beerdigung unauffällig aus ihrem Grab verschwinden und gilt offiziell als Tod. Doch ich wusste es besser.

Vorsichtig lehnte ich meinen Kopf gegen den Schrank meines Schlafzimmers und sah hinaus. Wie immer wenn mein Geburtstag sich näherte, war das Wetter einfach nur schlecht, was vermutlich an dem Datum lag. Der 12. Januar. Vor 10 Jahren feierte ich noch alleine aber mit meinem Freund, Dennis, verbrachte ich bisher die schönste Zeit, die ich hatte. Dies war ein weiterer Punkt, was mich abhielt Eva anzurufen. Was wenn er mich nicht akzeptierte oder noch schlimmer, ich würde ihn verletzten oder gar töten? Meine Gedanken kreisten immer weiter um das Thema, ich konnte nicht anders als über diese Sache nachzudenken.

Einige Kilometer entfernt lag das gemütliche Städtchen Lüneburg. Eine Schwarzhaarige, hochgewachsene 19-Jährige betrat den Bahnhof von ihrem ICE aus Frankfurt. Sie steckte die Sonnenbrille in ihr offenes Haar und sah sich um. Vor ihr die ganzen Schüler, die um diese Zeit die Busse nach Hause nahmen, mit Burgern von McDonalds in der Hand. Auf der anderen Seite waren die Taxen in einer Reihe aufgestellt und warteten auf Kundschaft, die sich während dieser Krise aber kaum jemand leisten konnte, es sei denn, man gehörte zu den Superreichen, was eher selten wurde. Mit einer kleinen Reisetasche bewegte sich die junge Frau auf den Bus zu, der Richtung Soderstorf fuhr. Sie seufzte, der Bus würde einen Umweg über Amelinghausen machen und eine Menge Zeit in Anspruch nehmen, aber davon hatte sie ja genug. Ihr wahres Alter betrug eigentlich schon 30 Jahre, doch sie konnte nicht mehr altern. Gefangen in ihrem Körper, der nach Blut verlangte und ihre Augenfarbe veränderte sobald sie Hunger bekam oder aufgeregt war… All das hatte sie in den letzten Jahren nun verarbeitet. Doch sie konnte nicht zulassen ihre beste Freundin zu verlieren und hatte beschlossen sie erneut an ihrem Geburtstag aufzusuchen. Inzwischen war sie stärker geworden und hatte ihren „Erzeuger“ ausfindig gemacht. Sergej Smirnov, ein 476 Jahre alter Vampir hatte den Unfall von weitem bemerkt und hatte Mitleid. Er flößte unauffällig im Krankenhaus sein Blut in ihren Kreislauf und rettete ihr somit das Leben. Sie verstarb mit seinem Blut im Organismus und so erwachte sie erneut.

Sie seufzte als sie sah, dass der Bus gerade abgefahren war und sie eine Stunde nun die Zeit totschlagen musste, aber darin war sie geübt. In den letzten 10 Jahren hatte sie nichts anderes getan. Man hat es nicht leicht als offiziell Totgeltende irgendwo Arbeit zu finden, so arbeite sie in Nachtklubs, wo kaum Fragen gestellt werden und sie einfach nur Getränke mixen musste und das war es. Sie setzte sich auf eine frei gewordene Bank und sah in den Himmel. Wie würde Laura nun aussehen? Sie hatten sich schon 10 Jahre nicht mehr gesehen. Vielleicht hatte Laura bereits Kinder und war verheiratet, obwohl sie dies immer meiden wollte, aber sagen kann man viel. Sie sah auf die Uhr, die in der Mitte des riesigen Bahnhofs der einen Seite der Bushaltestelle aufgestellt war. Keine 5 Minuten waren vergangen, na das würde noch ein Spaß werden. Die kreischende Gruppe der Kinder wanderte langsam zu ihrer Bank, sie schaute intensiver zu der Gruppe. Früher war sie auch so laut, aufgedreht, ja fast schon verrückt gewesen. Besonders nach Mangas und Rollenspiel schreiben. Alles hatte sich geändert. Sie konnte dank ihres Meisters auf ein kleines Sümmchen schauen, was andere nicht so schnell erreichten. Sie überlegte kurz die Augen zu schließen und sich auszuruhen, es würde ihr gut tun.

Endlich hatte Eva Sodestorf erreicht, die Adresse konnte sie Dank der modernen Technik aus dem Internet herausziehen und bewegte sich auf das Haus zu. Das Klingelschild des kleinen, aber gemütlich wirkenden Ein-Familienhauses wies eindeutig Lauras neues Zu Hause aus. Wenn das Herz der Schwarzhaarigen noch schlagen würde, dann würde es sicher vor Aufregung schon durch den Körper hüpfen. Zaghaft klingelte sie und wartete ab. Ein Poltern war zu hören und dann stand sie da. Die 10 Jahre waren nicht an Laura vorüber gegangen. Sie war immer noch schlank, aber ein paar kleine Lachfältchen haben sich reingeschlichen und sie war schlicht und einfach erwachsen geworden. Ihr Blick sprach Bände. „Hallo Laura, ich bin es.“ Ein Lächeln umspielte die Lippen der vermeintlich Jüngeren. „Ich wollte dir mein Geschenk zu deinem Geburtstag bringen und wünsche dir natürlich alles Gute für dein neues Lebensjahr.“ Sie trat vor und wollte Laura umarmen, doch die Tür stand im Weg.

Ich konnte es kaum glauben. Konnte sie seit neustem etwa Gedanken lesen oder spüren, wann jemand in Gedanken sie rief? Ich zog sie herein und die Umarmung wurde nicht mehr gestört. Ihr kalter Körper störte mich nicht, im Gegenteil, es war herrlich. Nach so langer Zeit wieder die beste Freundinnen in den Armen zu halten. Ich löste mich von ihr. „Welches Geschenk meinst du? ….dein Angebot von damals?“ Ich war nicht sicher, konnte mir aber vorstellen, was sie vorhatte. „Ich bin hierhergekommen um dir erneut mein Angebot zu machen, das ich dich zu einer Unsterblichen mache. Laura, ich möchte dich nicht sterben sehen. Wir haben die schönste Zeit meines Lebens verbracht, wenn ich daran denke, dass du irgendwann nicht mehr da sein solltest..“ Ihre Stimme versagte und ich konnte es nur zu gut nachvollziehen. Ich konnte es mir auch nicht länger ohne meine beste Freundin vorstellen. „Eva, ich hab Angst. Ich habe mir mühsam ein Leben aufgebaut… ich hab einen Freund, wir führen eine glückliche Beziehung… alles würde dann verschwinden… Dennis würde mich nicht so akzeptieren, wie ich dann bin.“

Endlich hatte ich meine Angst ausgesprochen, sie waren damals schon Thema gewesen, weswegen die Antwort negativ ausgefallen war. „Nein, du wirst nichts verlieren. Du gewinnst so viel und wenn du willst, kann Dennis den gleichen Weg einschlagen. Ich hab Erfahrungen gesammelt. Gut, ich bin noch ein Kind was für Vampire mit 10 Jahren untot sein normal ist. Aber ich habe trainiert, bin stärker geworden und mein Meister steht hinter mir.“ Die braunen Augen wechselten zu eisblau und schauten mich so überzeugend an. „Lass es mich noch einmal durch den Kopf gehen. Es steht für mich so viel auf dem Spiel.“ In Gedanken nickte die Schwarzhaarige und schaute sich dann etwas um. „Soll ich dir mein zu Hause zeigen?“ Ich versuchte zu lächeln um die Situation aufzulockern. Kurz darauf führte ich meine Freundin durch die Wohnung. „Sag mal, Eva, kannst du auch Gedanken lesen oder so was?“ „Hm? Nein, so Fähigkeiten können nur uralte, mächtige Vampire einsetzen. Ich kann nur mit Stärke und Schnelligkeit glänzen. Zumindest im Vergleich zu Menschen. Aber ich wollte unbedingt zu dir. 10 Jahre ohne einen einzigen Kontakt zu dir, war für mich echt einsam. Ich konnte mich niemandem anvertrauen und konnte mein Leid oder Glück nicht teilen. Und scheinbar hast du auch an mich gedacht.“ Ein so breites Lächeln kam nun entgegen, da konnte ich nicht weiter fragen. Vielleicht war es doch nicht so verkehrt den nächsten Schritt zu gehen. Unsterblichkeit oder irgendwann als alte Frau sterben. Welchen Weg soll ich gehen? In der Küche machte ich erst den Wasserkocher an. „Ich gebe dir eine Woche Bedenkzeit, ich hab noch etwas zu tun und ich möchte dir nicht den Tag verderben. In einer Woche treffen wir uns am Bahnhof in Lüneburg. Ich muss wieder nach Frankfurt, wenn du bereit bist, den Schritt zu gehen, dann sei da und komm mit mir mit. Der Zug fährt um 13 Uhr ab.“ Die warmen braunen Augen schauten mich intensiv an, als könnte sie mir damit jetzt schon eine Antwort entlocken. „In Ordnung. Ich nehme an, wenn ich nicht da bin, weißt du Bescheid.“ Sie nickte mir zu und verließ die Wohnung und ließ mich alleine zurück. Mit einer schweren Entscheidung.

Eine Woche später.

Ein Blick auf die Uhr verriet Eva, dass Laura nur noch 5 Minuten hatte, ansonsten würde sie alleine losfahren. Ich schaute den Bahnhof ab. Die Sonne schien für einen Januartag ziemlich heftig, somit flüchtete die junge Frau unter die Bedachung und setzt sich auf die Bank. Gleich wurde der Zug nach Frankfurt einfahren und dann würde ich Laura ihrem Schicksal überlassen. Eine Ansage kündigte schon die Einfahrt an, ein weiterer Blick und ich seufzte. Immer noch nichts. Ich kann diese Entscheidung nicht akzeptieren, werde es aber wohl müssen, dachte die Schwarzhaarige traurig.

„Warte, Eva! Ich komme mit!“ Eva horchte auf und drehte sich in die Richtung, woher der Ruf kam. „Laura?!“ Unglaube lag in der Stimme. Leicht keuchend kam Laura vor ihrer Freundin zum Stehen. „Ich habe genug Zeit gehabt nachzudenken und mit Dennis…. Tja. Ich hab ihm die Wahrheit erzählt, dass ich die Wahl habe, etwas Großartiges zu haben und er auch, aber er wollte nicht… und ich kann nicht ohne deine Freundschaft sein. Darum… bitte ich dich mich zu verwandeln.“ Erleichtert umarmten sich die Frauen und stiegen in den Zug. „Den Wunsch werde ich dir bald erfüllen. Das verspreche ich dir… und danach bringen wir Dennis auch noch dazu. Schließlich weiß ich, wie viel er dir bedeutet“
 

Eine Brünette las einen Monat später in der Lüneburger Anzeiger: „Junges Paar aus Soderstorf auf tragische Weise beim Hausbrand ums Leben gekommen. Laura Schäferling (28) und ihr Lebensgefährte Dennis Poblocki (33) starben gestern Abend bei einem Brand, der vom Herd aus ging. Der Gasherd hatte ein Leg, welches beim Abendessen kochen einen Brand verursachte und nichts von dem Haus übrig ließ. Nachbarn sind geschockt, dass das Paar so früh sterben musste.“ Sie faltete die Zeitung zusammen. „So so… also sind die Beiden jetzt auch Unsterbliche… das wird interessant.“ Sie warf die Zeitung mit einem leichten Schwung aus dem Handgelenk direkt in den Papierkorb. „Nici wusste schon immer, wie man Beweise beseitigt“ Die Brünette lachte und schaute auf das Bild, welches sie mit Laura und Eva zeigte.



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