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Dreh die Zeit zurück

Lass mich bitte aus diesem Albtraum erwachen
von

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Drei Tage

Drei Tage ist es jetzt her, dass du mich verlassen hast.

Drei Tage sitze ich jetzt schon hier in meiner Wohnung, starre hinaus, so wie jetzt, wo ich auf dem Fensterbrett sitze oder ich starre die Wand an, wenn ich im Wohnzimmer auf meiner Couch sitze.

Drei Tage in denen ich kaum etwas getrunken habe und gegessen schon mal gar nicht.

Drei Tage in denen ich mein Telefon, Handy und E-Mails ignoriert habe, ebenso wie das Klingeln und Klopfen meiner Freunde an der Haustür.

Drei Tage in denen das Wetter meine Stimmung durch dunkle Wolken und Regen widerspiegelt.

Drei Tage in denen ich immer wieder in Tränen ausgebrochen bin, wenn ich daran denke, dass du mich verlassen hast und drei Tage, in denen ich mich gefragt habe, warum zum Teufel du das überhaupt getan hast.

Drei Tage in denen ich einfach nicht weiß, was ich mit mir machen soll und was aus mir werden wird.

Drei verdammte Tage, die mir vorkommen wie die Ewigkeit.

Warum?

Wieder ignoriere ich das Klingeln an der Tür, das heftige Klopfen an ihr und die Rufe meiner Freunde. Sie sollen mich in Ruhe lassen! Können sie nicht verstehen, dass ich alleine sein will oder wollen sie es nicht? Ich rolle mich ein wenig mehr auf dem Sofa zusammen und kralle mich in das Kissen. „TAKASHIMA KOUYOU! WENN DU NICHT SOFORT DEINE BESCHISSENE TÜR ÖFFNEST, TRETE ICH SIE EIN!!!“ Ich zucke zusammen, als ich Kais laute Stimme vernehme. Dennoch bewege ich mich nicht vom Fleck. Kai ist so zierlich, der würde das eh nicht schaffen, die Tür einzutreten. Plötzlich höre ich es krachen. Verdammt, natürlich hat er es doch geschafft, immerhin ist er Drummer und hat Kräfte, die man ihm nicht ansieht. Jetzt bin ich ihnen ausgesetzt wie ein verirrtes Schaf den ausgehungerten Wölfen.

Keine zehn Sekunden später stehen die drei auch schon in meiner Wohnung. Aoi ist der erste, der im Wohnzimmer ankommt. „Oh Gott, wie siehst du denn aus, Uru?“ Ich drehe mich mit dem Rücken zu ihm. Ich weiß, dass das nicht nett ist, aber sein Mitleid kann ich überhaupt nicht gebrauchen.
 

Ich höre, wie Aoi näher an mich heran tritt. Als ich seine Hand auf meiner Schulter spüre, schüttel ich sie weg. „Verdammt Uruha, was ist los? Und was ist mit Reita? Den erreichen wir auch nicht! Habt ihr euch gezofft?“, redet der Schwarzhaarige auch gleich auf mich ein. Als er nach Reita fragt, kommen mir sofort wieder die Tränen, als ich an den Abend vor drei Tagen denke. „Uruha!?“, höre ich nun auch Kais besorgte Stimme fragen, doch reagieren kann ich nicht. Doch ich werde von Aoi an der Schulter zu ihnen gedreht, sodass ich sie ansehen muss. Ruki und Kai starren mich an. Aoi sieht nur traurig zu mir. Wieso bitte guckt er denn jetzt traurig? ER hat keinen Grund, traurig zu sein. ICH bin es, der den ganzen Tag heulen müsste. Was ich ja auch tue...
 

Ich schließe die Augen, um die drei nicht länger ansehen zu müssen. „Kouyou, rede mit uns! Was ist los mit dir, dass du dich so verkommen lässt? Du hast noch die gleichen Klamotten an wie vor drei Tagen, abgenommen hast du auch, du bist blass und du hast einen Drei-Tage-Bart! Ich wiederhole: unser sonst so perfekte Uruha hat einen stoppeligen Drei-Tage-Bart!“ Wenn Kai glaubt, mich so zum reden zu bekommen, hat er sich geschnitten. Das ist mir grade so etwas von egal.

„Kouyou, rede mit uns. Wir sind doch deine Freunde... oder etwa nicht?!“ Nun reiße ich die Augen auf. Zweifelt Aoi wirklich an unserer Freundschaft? Langsam setzte ich mich auf. Der Schwarzhaarige setzt sich sofort neben mich und zieht mich in seine Arme. „Natürlich sind wir Freunde“, sage ich schließlich, wobei meine Stimme ehr ein heiseres Krächzen ist. Kein Wunder, ich habe drei Tage nicht geredet. Nur geheult und zwischendurch einen winzigen Schluck getrunken.
 

Doch Aois Nähe beruhigt mich. Er ist nun mal mein bester Freund. Ich spüre auch, wie er mir vorsichtig über den Rücken streicht. Kai hat sich mittlerweile auf die andere Seite neben ich aufs Sofa gesetzt und Ruki vor mich auf den Boden. Jetzt kann ich nicht flüchten und werde ihnen wohl erzählen müssen, was passiert ist. Doch scheinbar haben die drei anderes mit mir vor. „Also Uruha, ich koch dir jetzt erstmal was Vernünftiges zu essen und Aoi, du steckst ihn in die Badewanne und danach in frische Klamotten. Und Ruki du... du hilfst mir beim kochen.“ Damit ist Kai auch schon aufgestanden, zieht den Kleinsten direkt mit hoch und verschwindet mit ihm in meiner Küche.
 

„Komm Uru! Jetzt machen wir dich erstmal frisch!“, meint Aoi dann zu mir und zieht mich vorsichtig hoch, als ich träge nickte. Er stütz mich auf dem Weg ins Bad, da er merkt, wie schwach ich bin. Kein Wunder, bei drei Tagen ohne Nahrung.

Im Bad abgekommen, setze ich mich erstmal auf den Klodeckel. Aoi geht sofort zu meiner Badewanne, dreht den Wasserhahn auf und greift nach meinem Lieblingsschaumbad. Ich schäle mich währenddessen träge aus meinen Klamotten. Ich habe kein Problem damit, mich Aoi nackt zu zeigen, schließlich sind wir seid Ewigkeiten beste Freunde und haben uns schon öfters nackt gesehen. Ich steige ungelenk in die schon gefüllte Badewanne und lasse mich in das heiße Wasser gleiten. Mein Körper dankt für diese Wärme, indem ein leises, zufriedenes Seufzen meine Lippen verlässt.
 

Aoi stricht mir durch die Haare. „Willst du mir erzählen, was passiert ist?“, meint er ruhig, doch ich schüttel meinen Kopf. Wenn ich es jetzt ihm erzählen würde, wüsste ich nicht, ob ich es den anderen nachher nochmal erzählen könnte. Der Schwarzhaarige nickt nur. „Soll ich hier bleiben oder willst du deine Ruhe?“ Hätte er mich das vor zehn Minuten gefragt, hätte ich ihm gesagt, dass ich meine Ruhe will und er verschwinden soll. Aber jetzt soll er bleiben, da seine Anwesenheit mich doch sehr beruhigt. „Bleib hier“, krächze ich undeutlich, doch er hat verstanden. Er setzt sich auf den breiten Badewannenrand, hört aber nicht auf, mir beruhigend durch die Haare zu streichen.

Wir reden kein Wort miteinander, doch es ist kein unangenehmes Schweigen. Ich döse ein bisschen ein, werde aber von Kais „Das Essen ist in zehn Minuten fertig!“ aus der Küche wieder wach. Aoi hat bereits nach dem Shampoo gegriffen und schäumt mir die Haare ein. Irgendwie komme ich mir grade vor, wie ein kleines Kind, das von seiner Mutter die Haare gewaschen bekommt, dennoch bin ich Aoi unendlich dankbar, dass er mir hilft, denn alleine würde ich wahrscheinlich nichts gebacken bekommen.
 

Nachdem er mir das Shampoo ausgespült hat, holt er ein großes Handtuch aus dem Badezimmerschrank, zieht mich hoch und wickelt mich in das flauschige Stück Stoff. Immer noch ungelenk kletter ich aus der Wanne. Wieder stützt mich der Schwarzhaarige, als wir langsam in mein Zimmer tapsen.

Im Schlafzimmer setzt ich mich auf das Bett, während Aoi mir eine Jogginghose, ein T-Shirt und eine frische Boxershorts aus dem Schrank holt. Ich trockne mich in der Zeit ab und ziehe schließlich die Klamotten an. Nach einem erneuten Besuch im Badezimmer um die Bartstoppeln in meinem Gesicht wegzubekommen, gehen Aoi und ich in die Küche. Kai hat den Tisch schon gedeckt und eine große Portion meines Lieblingsessens steht auf dem Tisch.
 

Ich setzte mich auf den Stuhl, nehme die Stäbchen und fange langsam an zu essen. Erst jetzt merke ich wirklich, was drei Tage ohne Nahrung bedeuten. Nach den ersten Bissen schlinge ich das Essen grade zu in mich hinein. Kais Essen schmeckt zudem immer so köstlich. Er sollte sich überlegen Koch zu werden, wenn das mit der Band nichts wird. Sieht ja jetzt so wie so schlecht aus für die Band, da Reita weg ist.

Reita... für kurze Zeit hatte ich ihn mehr oder weniger vergessen, doch jetzt kommen die Erinnerungen wieder zurück. Schon kullern die ersten Tränen aus meinen Augen. Ich lege die Stäbchen beiseite, stütze meinen Kopf in die Hände und fange wieder an zu schluchzen und zu weinen, wie so oft in den letzten Tagen.
 

Aoi, der neben mir sitz, zieht meinen Kopf an seine Schulter. Ich kralle mich in sein Hemd, das nach kürzester Zeit feucht von meinen Tränen ist. Kai und Ruki sitzen nur stumm an der anderen Seite des Küchentisches. Man sieht, dass Kai selber kurz davor steht, loszuweinen. Er kann andere Menschen einfach nicht traurig sehen. Auch der Kleinste unter uns sieht nur betrübt in die Runde.
 

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, gehen wir alle zusammen ins Wohnzimmer. Aoi und Kai setzen sich neben mir auf die Couch, während Ruki es sich in einem meiner Sessel bequem macht. Ich weiß, dass sie hören wollen, was passiert ist. Aoi streicht mir wieder beruhigend über den Rücken, ermutigt mich so zu erzählen, was vor drei Tagen geschehen ist.
 

*Flashback*

Immer wieder sehe ich auf die Uhr. >Wo bleibt er denn nur?< Ungeduldig schreite ich in meinem Wohnzimmer auf und ab. Reita war doch noch nie zu spät! Er ist die personifizierte Pünktlichkeit. Und jetzt warte ich schon seit geschlagenen zwei Stunden auf ihn. Natürlich habe ich versucht, ihn anzurufen. Zu Hause geht er nicht ans Telefon und auch auf seinem Handy kann ich ihn nicht erreichen. Ich mache mir auch riesige Sorgen, dass ihm etwas passiert sein könnte. Ein Unfall oder so. Ich habe allerdings schon bei sämtlichen Krankenhäusern in der Umgebung angerufen. Nichts. Nirgendwo ein Suzuki Akira, oder überhaupt irgendwelche Unfälle oder der gleichen.
 

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klingelt. >Reita hat doch einen Schlüssel!<, denke ich irritiert, renne aber sofort den Flur entlang zur Tür und reiße sie auf. Tatsächlich steht Rei davor, und nicht, wie in meinen schlimmsten Albträumen, ein Polizist, der mir sagt, dass mein Freund tot ist. Ich falle ihm um den Hals und schmiege mich an ihn. „Da bist du ja endlich, Reirei!“ Nur ich darf ihn so nennen. Wenn einer der anderen ihn so nennt, kriegen die 'ne Kopfnuss oder so. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Wieso hast du dich denn nicht gemeldet?“ Ich löse mich ein wenig von ihm, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken, doch er legt seine Hände auf meine Schultern und drückt mich von sich weg. Irritier sehe ich ihn an. Was wird das denn, wenn’s fertig ist? Und warum guckt er mich so kalt an? Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. „Reita, was ist los?“, frage ich ihn, doch er schiebt mich nur weiter von sich weg. „Uruha, es ist aus!“ Diese Worte, gepaart mit diesem kalten Ausdruck in seinen Augen sind für mich ein Schlag ins Gesicht. Ungläubig starre ich ihn an. Was bitte hat er grade gesagt? >Oh Gott, bitte lass das ein Scherz sein!<, bete ich, doch Reita dreht sich um und wendet sich zum gehen. Mein Körper scheint wacher zu sein als mein Geist, denn ich merke, wie ich auf ihn zu gehe und mich von hinten an ihn klammer. „Akira wieso? Wir... wir sind doch schon so lange so glücklich“, höre ich mich unter Tränen sagen. Ja, das sind wir. Oder waren wir zumindest - seit fast vier Jahren schon.
 

Doch der Blond-schwarzhaarige reißt sich von mir los und schubst mich weg, sodass ich den Boden unter meinen Füßen verliere und unsanft auf meinem Hintern lande. Nun sitze ich hier weinend in meinem Flur, Reita sieht kalt auf mich hinab. Immer mehr Tränen rollen über meine Wangen. Welcher Teufel hat ihn geritten?? Was ist mit ihm los? Doch bevor ich ihm diese Fragen stellen kann, fängt er erneut an zu reden. „Es ist aus, Kouyou. Du wirst mich nie wieder sehen!“ Er dreht sich erneut um, um zu gehen. Doch noch einmal sieht er zu mir, bevor er mir kommentarlos einen kleinen, silbernen Schlüssel vor die Füße schmeißt. Mein Wohnungsschlüssel. Dann dreht er sich um und geht. Ich will ihm nachlaufen, doch mein Körper gehorcht mir nicht und bewegt sich kein bisschen. Dann höre ich, wie unten die Haustür zufällt.
 

Ich sitz noch eine ganze Weile dort in meinem Flur, die Wohnungstür ist immer noch offen. Ich starre den Schlüssel an, der vor mir auf dem Boden liegt, doch meine Sicht ist durch die vielen Tränen ganz verschwommen, meine Wangen brennen von den Tränen. Irgendwann stehe ich jedoch zitternd auf, schließe die Tür und schleppe mich ins Wohnzimmer auf die Couch. Noch lange liege ich dort und weine das Kissen, an das ich mich geklammert habe, nass, bevor ich in einen unruhigen und traumlosen schlaf abdrifte.

*Flashback Ende*
 

Ich beende meine Erzählung. Wieder laufen mir unendlich viele Tränen über das Gesicht. Aoi streicht mir immer noch über den Rücken, doch ich höre, wie er mit den Zähnen knirscht. „Wenn ich dieses Arschloch in die Finger bekomme, dann gnade ihm Gott!“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Ruki hingegen sagt nichts, hat aber so einen mörderischen Gesichtsausdruck drauf, als würde er gleich Amok laufen. Und Kai sitz einfach nur komplett versteinert auf der Couch. >Hab ich mich so komplett in Reita getäuscht?<, oder so was in der Art fragt er sich bestimmt grade.
 

Plötzlich springt Ruki auf. Wir alle sehen ihn verwirrt an. „Was ist los?“, fragt schließlich Aoi. Der Kleine blickt zu dem Schwarzhaarigen. „Das fragst du noch? Ich gehe Reita suchen und wenn ich ihn finde, breche ich ihm alle Knochen!“ Damit stapft er auch schon in Richtung Wohnungstür. Kai scheint aus seiner Starre erwacht zu sein, denn er springt nun ebenfalls auf und läuft Ruki hinterher. „Warte Ruki! Du kannst doch nicht...!“ Den Rest hören Aoi und ich nicht mehr, da Kai schon zur Tür raus ist und die Tür hinter sich zugeschmissen hat.
 

Nun sind nur Aoi und ich noch da. Er zieht mich wieder in seine Arme und ich lasse meinen Tränen weiter freien Lauf. „Wieso hat er das getan, Aoi? Wieso hat Reita mich verlassen? Wir waren doch so glücklich, all die Jahre...“, frage ich den Schwarzhaarigen unter Tränen, doch er schüttelt nur den Kopf. „Ich weiß es nicht, Kou, aber so einfach kommt er nicht davon. Das verspreche ich dir!“, antwortet er. Das ist das Letzte, was ich noch höre, bevor ich das Bewusstsein verliere.

Genug Freiheit

Wieder lasse ich von dem Computer vor mir ab und stütze meinen Kopf auf den Händen ab, wobei meine Handballen auf meinen Augen liegen. //Wisst ihr, wie ich das meine??! O.o// Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. In meinem Kopf gibt es nur noch Uruha. Ich vermisse ihn so sehr. Doch ich kann ihn nie wieder sehen. Ich DARF ihn nie wieder sehen. Und das alles nur, weil mein Vater meint, dass ich nun alt genug sei, um in das Geschäft eingearbeitet zu werden. Aber hat er dabei einmal an mich gedacht? Hat er einmal danach gefragt, ob ich das überhaupt will? Nein, natürlich hat er das nicht getan. Ich wusste zwar, dass das hier irgendwann passieren würde, aber nicht, dass ich nur so wenig Zeit hätte, mein Leben zu genießen. Oh Gott, wie ich es hasse, ausgerechnet SEIN Sohn zu sein. Der Sohn vom wohl mächtigsten Yakuzaboss ganz Japans.

Am liebsten würde ich die Zeit zurückdrehen und dann anhalten. An einem Punkt anhalten, an dem ich mit Uruha glücklich war. Was vor drei Tagen passiert ist, werde ich nie vergessen. Der Tag hat mein Leben ruiniert.
 

*Flashback*

Ich nehme den Blumenstrauß aus den Händen der Verkäuferin und drücke ihr stattdessen ein paar Scheine in die Hand. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht betrachte ich die lilanen Rosen. Sie waren verdammt teuer, da es spezielle Züchtungen sind, aber für Uruha würde ich mein Konto um Tausende von Yen überziehen. Ich würde echt alles für ihn tun. Gott, ich klinge wie ein schwer verliebter Teenager. Okay, das bin ich auch. Also nicht Teenager, aber schwer verliebt. Ich fühle mich immer noch, wie am ersten Tag, obwohl Uruha und ich jetzt schon seit fast vier Jahren zusammen sind.
 

Gemütlich schlender ich nach Hause, habe dabei ein Grinsen auf dem Gesicht und pfeife fröhlich vor mich hin. Einige Leute, die mir entgegen kommen, schauen mich komisch an, was mir aber egal ist. Vor dem Haus krame ich den Schlüssel aus meiner Tasche und schließe die Tür auf, ehe ich die Treppe in den zweiten Stock hochgehe, wobei ich zwei Stufen auf einmal nehme. In meiner Wohnung angekommen, schmeiße ich den Schlüssel auf die Kommode im Flur, lege die Rosen vorsichtig ebenfalls dort ab und ziehe mir die Schuhe aus. Ich gehe ins Bad und dusche mich noch schnell, bevor ich in mein Schlafzimmer gehe und mich anziehe. Eine schwarze Hose mit vielen Schnallen und Gürteln und dazu ein schlichtes, schwarzes Hemd. Schick, aber doch passend zu meinem sonstigen Stil.
 

Wenn ich so vor Uru stehe, dazu noch mit den lilanen Rosen, wird er wissen, dass ich etwas vorhabe. Ich will ihn fragen, ob wir zusammen ziehen wollen. Wir sind jetzt so lange zusammen und wohnen immer noch in getrennten Wohnungen. Ich weiß, er wird nicht nein sagen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich sogar schon eine Wohnung gekauft. Und ich weiß, dass die ihm gefällt, sogar sehr. Er weiß nur noch nicht, dass diese Wohnung für uns ist. Saga war so nett, mir zu helfen. Er hat vorgegeben, diese Wohnung für sich und Shou ausgesucht zu haben und hat Uruha um seine Meinung gebeten. Sie haben sich die Wohnung zusammen angeguckt und laut Saga war Uruha total begeistert von der Wohnung. Er soll sogar richtig neidisch gewesen sein. Deshalb hab ich die Wohnung kurzerhand gekauft.

Den Schlüssel, den ich ihm dann nachher geben will, liegt noch im Wohnzimmer. Den darf ich nicht vergessen. Außerdem muss ich mein Handy noch weglegen, damit uns nachher niemand stört. Am besten leg ich es dann gleich auf den Couchtisch im Wohnzimmer, damit ich nicht wieder vergesse, wo ich das Teil hingetan hab.
 

Also mache ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Als ich in der Tür stehe und das Licht einschalte, bleibt mein Herz für einen Moment stehen. >Heilige Scheiße, was macht der denn hier?!<, denke ich nur panisch, während ich die Person anstarre, die dort auf meinem Sessel sitz. „Hallo Akira. Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr ins Wohnzimmer kommen. Schön, dich gesund und munter zu sehen!“ >Spar dir das Gequassel und verschwinde!!<, denke ich nur, da ich nicht wage, das vor ihm auszusprechen. Wie ist er überhaupt hier rein gekommen?! „Vater...!“ Er kotzt mich an. Ich hoffe, er fasst sich kurz, ich will zu meinem Freund.
 

„Akira...“ Oh nein. Alleine wie er meinen Namen ausgesprochen hat. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl im Magen. Ich möchte bitte jetzt direkt, bevor er etwas sagen kann, in Uruhas Wohnzimmer gebeamt werden, um bei ihm zu sein. „Akira, ich denke, die Zeit ist gekommen...“ Oh bitte. Bitte sprich nicht das aus, was ich denke. Tu mir das nicht an! War ich so ein schlechter Mensch?! „Du hast genug Freiheit gehabt. Es wird Zeit, dass du in die Geschäfte eingearbeitet wirst. Wir brechen gleich auf, zurück nach Kanagawa“ Zack und kaputt. Mit einem Fingerschnipp ist meine heile Welt zerbrochen.
 

„Aber... aber Vater, das... nein, bitte nicht. Ich...Uruha...“ Jetzt flehe ich meinen Vater an und stammel auch noch. Das hätte ich nie von mir gedacht. Aber Uruha ist nun mal mein Leben. „Wer ist Uruha?“, fragt mein Vater stattdessen, ohne auf mein Flehen einzugehen. „Uruha. Takashima Kouyou... er ist mein Freund!“, sage ich schließlich. Er verzieht angewidert das Gesicht. „Dein Freund? Du bist homosexuell? Wie kannst du nur? Du bist mein Sohn!“ Ach und das ist ein Grund, warum man nicht schwul sein darf? Na warte. Ich mach dich so fertig, dass du gar nicht mehr willst, dass ich mit dir zurück nach Kanagawa gehe! Akira Suzuki bläst zum Angriff. „Ja, Vater, mein Freund. Ich bin schwul. Uruha und ich sind seit fast vier Jahren ein Paar. Wir sind glücklich und wollen endlich zusammenziehen!“ Notlüge, schließlich habe ich Uru noch gar nicht gefragt. Egal. „Außerdem haben wir bald die Möglichkeit auf einen Plattenvertrag bei der PS-Company!“ Er mag Musiker nicht, das weiß ich. „Plattenvertrag? Du machst Musik?! Was ist mit dem Studium, das ich dir ermöglicht habe?“ Er wird sauer. Das merkt man unter anderem an der pochenden Ader auf seiner Stirn. „Ja, ich mache Musik. Ich habe zusammen mit Uruha und meinen drei besten Freunden eine Band. Ich bin Bassist. Wir sind in der ganzen Stadt bekannt und darüber hinaus.“ Ein weiterer Grund für mich, nicht von hier weg zu gehen. Die Musik ist nach Uruha das Wichtigste in meinem Leben. „Ach ja, und das Studium habe ich nicht mal angefangen. Wer will schon BWL machen? Das würde ich so wie so alles nicht verstehen!“ Keine Lüge. Von dem Kram versteh ich rein gar nichts.
 

So, ich hoffe, er hat so viel Schlechtes gehört, dass er mich jetzt in Ruhe lässt und stattdessen Ryo, meinen kleinen Bruder, einarbeitet. Soll der doch den Laden später übernehmen. Der findet es eh ganz toll, mit ner Knarre rumzufuchteln, einen bösen Blick aufzusetzen und ein wenig Gangster zu spielen. Warum also ich, der einen wunderschönen, liebevollen Freund hat, die besten Freunde, die man sich wünschen kann, eine Band, die kurz davor steht, einen Plattenvertrag zu bekommen und überhaupt nichts mit Yakuza am Hut haben will?
 

Abwartend sehe ich meinen Vater an. Der sitz dort in dem Sessel, die Ellebogen auf den Armlehnen abgestützt und sein Kinn liegt auf seinen übereinander gelegten Handrücken. „So wie es sich anhört, bist du es eigentlich nicht mehr würdig, den Namen Suzuki zu tragen!“ Hey, hört sich doch gar nicht so schlecht an. Bis auf das kleine Wörtchen ‚eigentlich’.

„Sobald wir in Kanagawa angekommen sind, wirst du unter Arrest gestellt. Deinen Bass kannst du gleich hier lassen, die Musik kannst du vergessen. Du wirst nur weibliche Bedienstete haben, vielleicht lässt sich bei deiner sexuellen Orientierung ja noch was retten. Und das Studium wirst du mit einem Privatprofessor nachholen, zumindest die grundlegenden Sachen. Schließlich sollst du eines Tages meinen Platz als mächtigster Yakuza Japans einnehmen!“
 

Nein. Das kann nicht wahr sein. Das ist doch ein ganz grausamer Albtraum. Ich sacke auf meinen Knien zusammen. Ich glaube nicht, was hier grade passiert. Bitte, lass mich gleich wieder aufwachen. Wahrscheinlich bin ich nur in der Dusche ausgerutscht und hab mir den Kopf angehauen oder so.

„Komm Akira. Wir gehen.“ Das ist keine Bitte, das ist ein Befehl. Das hört man nur all zu deutlich. „Aber ich... Uruha... wir waren verabredet.“ Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich schon eine knappe Stunde zu spät bin. Und bis zu Uruha fahr ich noch eine knappe halbe Stunde. „Und was soll mir das jetzt sagen? Willst du mir etwa sagen, dass du jetzt zu ihm willst oder gar bei ihm bleiben willst?! Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“

Ich glaube, ich fang gleich an zu heulen. „Obwohl...“ Ich blicke auf. Überlegt er grade ernsthaft, dass ich doch zu Uruha ‚flüchten’ darf? „Du kannst noch einmal zu ihm hin!“ Gott, ich danke dir. Ich kann doch noch zu Uruha! „Fahr hin, um ihm zu sagen, dass du ihn nicht liebst und ihn nie wieder sehen wirst“ Während er das sagt, hat er ein diabolisches Grinsen im Gesicht. Was? Das kann er nicht ernsthaft wollen. „Ich... nein, das kann ich nicht. Ich kann ihn nicht verletzen. Dafür liebe ich ihn zu sehr. Das kannst du nicht von mir verlangen!“

Wieso grinst er immer noch so fies. „Natürlich kann ich das. Oder willst du, dass deinem Freund etwas Schlimmes passiert?“ Das kann doch nicht sein Ernst sein... „Das... Vater, das meinst du nicht ernst. Außerdem kannst du ihm nichts tun. Du kennst ihn nicht!“ Ein weiterer Versuch meinerseits, mein glückliches Leben irgendwie zu retten. „Du weißt, wie viel Macht ich habe. Sein Name reicht mir vollkommen, um sein Leben zu zerstören. Und sein Name ist Takashima Kouyou, wie du mir vorhin mitgeteilt hast“ Was hab ich nur getan...
 

„Und jetzt steh auf, Akira, besuchen wir deinen Freund.“ Ähh... wir? Wie meint er das? Will er etwa...? „Du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine zu ihm lasse. Yosuke und Renji werden dich begleiten. Die beiden sind unten im Auto.“ Yosuke und Renji, seine persönlichen Handlanger. Die fressen meinem Vater aus der Hand. „Du hast doch sicher einen Schlüssel zu der Wohnung deines Freundes? Den kannst du ihm dann auch gleich zurückgeben. Den Schlüssel wirst du ja eh nicht wieder brauchen“ Wie kann ein Mensch so grausam sein? Und warum bin ausgerechnet ich der Sohn dieses Monsters? Das Leben ist nicht fair.
 

Ich merke, wie mein Vater mich wieder auf die Beine zieht. „Komm endlich“ Er schiebt mich durch den Flur, zur Tür und hinaus. Ich höre, wie er meine Wohnungstür schließt, doch wirklich wahrnehmen tu ich es nicht. Als wir unten auf vor dem Haus stehen, fällt mir erst die große, schwarze Limousine mit den verdunkelten Scheiben auf. Ich war, als ich nach Hause kam, wohl so in Vorfreude auf den heutigen Abend, dass ich das Ungetüm von Auto übersehen hab.
 

Ehe ich mich versehe, sitze ich auch schon hinten im Auto. Andere Leute haben das, was hier die Sitze sind, als Sessel im Wohnzimmer stehen.

Die Fahrt zu Uruhas Wohnung verläuft schweigend. Währenddessen überlege ich, wie ich dieser grausamen Geschichte //wie wahr XDD// entkommen kann, aber leider arbeitet mein Hirn nicht so, wie ich will. Wenig später stehen wir dann vor Uruhas Wohnung. Will ich wirklich wissen, woher Vater so schnell wissen konnte, wo Uruha wohnt?
 

Ich sehe zu Uruhas Wohnung hinauf. Im Wohnzimmer brennt Licht und ich sehe, wie sein Schatten auf und ab läuft. Er wartet sicher auf mich und macht sich Sorgen. Vermutlich hat er schon in sämtlichen Krankenhäusern angerufen. Ein Seufzen verlässt meine Lippen. Ich kenn ihn einfach in und auswendig. Und grade das ist es, was mir den ‚Abschied’ von Uruha so schwer macht. Ich kenne ihn besser als mich selbst, weil ich ihn so sehr liebe.
 

„Los, Junge. Verabschiede dich von deinem Freund“, höre ich meinen Vater sagen, bevor die Autotür geöffnet wird. Yosuke und Renji stehen vor mir, grinsen mich an. Wie ich sie alle hasse. Schweren Herzens stehe ich auf und verlasse den Wagen. Die Haustür schließe ich auf und will, an Uruhas Wohnung angekommen auch aufschließen, doch Renji bedeutet mir, zu klingen.

Also stecke ich den Schlüssel wieder ein. Bevor ich klingel, stellen die beiden sich links und rechts von der Tür auf, sodass man sie von innerhalb der Wohnung nicht sehen kann. Dann zücken sie ihre Pistolen. Scheiße, mein Vater meint es wirklich ernst.
 

Ich drücke den Klingelknopf. Keine fünf Sekunden später fliegt die Tür auf und Uruha springt mir um den Hals, schmiegt sich an mich. „Da bist du ja endlich, Reirei! Ich hab mir schon sorgen gemacht. Wieso hast du dich denn nicht gemeldet?“ Er löst sich etwas von mir und will mich küssen. Am liebsten würde ich erwidern, doch aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Yosuke drohend den Kopf schüttelt. Ich muss schlucken, ehe ich meine Hände auf Uruhas Schultern lege und ihn von mir wegdrücke. Der Ausdruck in meinen Augen ist kalt, allerdings nur, weil ich gerade an meinen Vater denke. „Reita, was ist los?“, fragt er sichtlich verwirrt.
 

Verzeih mir Uruha. Ich kann nicht anders. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. „Uruha, es ist aus!“ Wenn mir diese Worte schon so weh tun, wie muss sich dann erst Uruha dabei fühlen? Ich drehe mich um und will gehen. Das ertrage ich nicht länger. Doch Uruha klammert sich von hinten an mich. „Akira wieso? Wir... wir sind doch schon so lange so glücklich!“, meint er unter Tränen und auch ich stehe kurz davor einfach loszuheulen. Doch als Yosuke seine Pistole geräuschlos entsichert, reiße ich mich von ihm los. Er strauchelt und fällt auf den Boden, doch helfen kann ich ihm nicht... darf ich nicht, nach Renjis Blick zu urteilen. „Es ist aus, Kouyou. Du wirst mich nie wieder sehen!“ Ich drehe mich um. Ich kann nicht mehr. Renji hält lautlos einen Schlüsselbund in die Höhe. Wieso können die Kerle alles machen, ohne das kleinste Geräusch dabei zu verursachen??!

Ich mache den Schlüssel von Uruhas Wohnung von meinem Schlüsselbund ab, drehe mich noch ein letztes Mal zu ihm und werfe ihm den Schlüssel vor die Füße. Wenn ich jetzt etwas sage, würde meine Stimme tierisch zittern. Ich wende mich von dem heulenden Uruha ab und gehe die Treppe runter. Eigentlich sollte Uruha heute Abend einen ganz anderen Schlüssel von mir bekommen.
 

Sobald ich draußen vor der Tür bin, lehne ich mich an die Hauswand und fange erbärmlich an zu weinen. Ich habe dem Menschen, den ich über alles liebe, weh getan, habe ihm das Herz zerbrochen. Und mein Herz ist ebenfalls in tausend Splitter zerbrochen. Bitte verzeih mir, Uruha. Eines Tages werden wir uns wieder sehen und dann werde ich dir alles erklären. Das verspreche ich dir.
 

„Komm schon, du Weichei, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!“, schnauzt mich Yosuke an und zieht mich in den Wagen. Dann brechen wir auf, Richtung Kanagawa, meiner Heimat, weit weg von Uruha.

*Flashback Ende*
 

Jetzt sitze ich hier seit drei Tagen in diesem riesigen Anwesen vor dem PC und soll BWL lernen. Ich verstehe gar nichts davon. Zumal ich wirklich nur Uruha im Kopf habe. Ich hoffe, ihm geht es nicht all zu schlecht, wobei das wieder nur Wunschdenken ist. Natürlich geht es ihm schlecht. Und das nur wegen mir.
 

Mein Vater hat tatsächlich seine Drohungen wahrgemacht. Ich bin hier mehr oder weniger eingesperrt, darf das Anwesen nicht verlassen. Ich habe wirklich nur weibliche Bedienstete, wobei auch Männer egal wären, da ich so wie so nur Uruha liebe. Plötzlich geht meine Zimmertür auf. Vor mir steht eine junge Frau, nur in einem leichten Yukata. Mit gehobenen Augenbrauen sehe ich sie an. „Ja bitte?“ Sie tritt ein und schließt die Tür hinter sich. „Suzuki-sama, ihr Vater hat mich zu ihnen geschickt...“ Damit öffnet sie ihren Yukata und lässt ihn zu Boden fallen, steht nun nackt vor mir. Oh bitte, lass mich aus diesem Albtraum erwachen! Das darf doch alles nicht wahr sein!!

In Reitas Wohnung

Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf meiner Couch. Mein Kopf ist auf Aois Schoß gebettet und ein feuchter, etwas kalter Lappen liegt auf meiner Stirn. „Hey, da bist du ja wieder“, meint der Schwarzhaarige zu mir, als er sieht, dass ich wieder bei Bewusstsein bin. Ich lächel ihm matt entgegen. Er streicht mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Wie geht’s dir denn?“

Ja, wie geht’s mir eigentlich? Körperlich bin ich nach Kais leckerem Essen wieder einigermaßen fit, meiner Seele geht’s dreckig und mein Herz liegt in Scherben. Ja, ich glaube, so lässt sich meine momentane Lage am besten beschreiben.
 

Langsam und vorsichtig setzte ich mich auf. Dabei rutscht der Lappen von meiner Stirn und landet unbeachtet von Aoi und mir auf dem Boden. „Wie lange war ich weggetreten?“, frage ich, während ich mich etwas strecke. „Eine knappe halbe Stunde“, antwortet er. „Mhh... wie spät ist es?“ „Gleich 22 Uhr... sag mal, wird das hier ein Frage-Antwort-Spiel oder was?“, kichert er schließlich. „Was wäre wenn??“, ist meine Gegenfrage. Daraufhin nuschelt er nur ein „Baka“. Ich boxe ihm leicht gegen die Schulter, strecke ihm frech die Zunge raus, und muss dabei auch noch lachen. „Na also“, kommt es beinahe erleichtert von ihm, während er wie immer etwas mit seinem Lippenpiercing spielt. Ich verstehe gar nichts. Wieso ‚na also’? Ist das nicht vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen? Er lächelt mich an. „Ich meine damit, dass du wieder lachst“, erklärt er mir. Er weiß halt, was ich denke. Ist bei mir auch so. Ich muss ihn nur angucken um zu wissen, was er gerade denkt. Wir sind nicht umsonst beste Freunde.
 

*****

Als ich das nächste mal wieder erwache, liege ich in meinem Bett. Nachdem ich noch eine Weile gedöst habe, erhebe ich mich und gehe in die Küche. Dort setzte ich erstmal Teewasser auf. Nach einer Weile, in der ich aus dem Fenster gestarrt habe, ohne wirklich auf etwas zu gucken, höre ich, wie Aoi in die Küche getappst kommt. Ich drehe mich zu ihm und lächel. Seit die drei gestern in meine Wohnung gekommen sind, geht es mir schon etwas besser. Ich denke nicht mehr die ganze Zeit an Reita und heule rum.

„Morgen“, nuschelt er mir noch relativ verschlafen entgegen, bevor er sich an meinen kleinen Küchentisch setzt, gegenüber von mir. Ich nicke ihm nur zu, ehe ich mich wieder erhebe, um den Tee aufzugießen. Ich stelle auch Aoi eine Tasse vor ihn auf den Tisch, die er dankend annimmt.
 

Eine Weile schweigen wir. „Du bist gestern Abend beim Fernsehgucken eingeschlafen. Ich hab dich dann ins Bett gebracht und hab selbst auf dem Sofa geschlafen. Ist doch okay, oder?“, fragt er schließlich. Ich nicke. „Hai, natürlich. Das du überhaupt noch fragst. Immerhin bist du mein bester Freund“

Wir hatten gestern Abend einfach den Fernseher angestellt, damit ich mich für eine Weile wenigstens etwas von Reita und dem ganzen Stress ablenken kann. Hat sogar einigermaßen geklappt. Trotzdem muss ich immer wieder an Reita denken. Schließlich liebe ich ihn, auch wenn er mich so verletzt hat. Gefühle lassen sich nun mal nicht von heute auf morgen abstellen.

„Warum...?“, kommt es wieder leise über meine Lippen. Aoi sieht von seiner Teetasse auf, scheint im ersten Moment nicht zu verstehen, was ich meine. Dann aber versteht er. „Ich weiß es nicht, Uruha, ich weiß es nicht...“, antwortet er nur. Dann schweigen wir wieder.
 

Nachdem er seinen Tee ausgetrunken hat, erhebt Aoi sich. „Ich gehe nach Hause und mach mich frisch. Soll ich wiederkommen?“ Ich nicke. Ich will nicht alleine sein und Aois Nähe tut mir gut. Ich bringe ihn noch zur Tür, dann ziehe auch ich mich vernünftig an.
 

*

Eine halbe Stunde später klingelt es an der Tür und Aoi steht wieder davor. In der Zeit, in der er weg war, habe ich nur wieder auf dem Sofa gesessen und wieder über diese eine Frage nachgedacht: ‚Wieso?’

Als Aoi seine Schuhe ausgezogen hat und seine Jacke an die Gradrobe hängt, hält er in den Bewegungen inne. Dann hebt er etwas Kleines, Glänzendes vom Boden auf. „Was ist das?“, frage ich, da ich den Gegenstand nicht erkennen kann. „Ein Schlüssel... Hast du einen verloren?“ „Nein, eigentlich nicht“ Ich überlege, bis es mir einfällt. Das ist mein Wohnungsschlüssel... der, den Reita hatte. Erneut steigen mir Tränen in die Augen. Ich kann einfach nichts dagegen tun, die Tränen nicht stoppen. Der Schwarzhaarige zieht mich in seine Arme und streicht mir über den Rücken. Er wird sich an meine Erzählung von gestern erinnert haben und wird nun wissen, dass das Reitas Schlüssel ist. Nein, war. Plötzlich löst er sich von mir und sieht mich entschlossen an. „Uruha, du hast doch einen Schlüssel zu Reitas Wohnung. Lass uns hinfahren. Vielleicht finden wir eine Antwort auf deine Frage“ Ich nicke nur. Wir ziehen uns die Schuhe an und verlassen meine Wohnung.
 

In Aois Auto fahren wir dann zu Reitas Wohnung. Während der halbstündigen Fahrt schweigen wir wieder. Werden wir Hinweise darauf finden, warum Reita das getan hat? Warum Reita mich so plötzlich und scheinbar grundlos verlassen hat? Ich hoffe es.
 

*

Mit zittrigen Fingern drücke ich erstmal auf den Klingelknopf. Vielleicht ist er ja zu Hause. Aber niemand öffnet, aus der Wohnung kommt kein Mucks. Meine Finger zittern immer stärker, als ich schließlich meinen Schlüsselbund herauskrame, um die Tür zu öffnen. Ein Klacken ist zu hören, und die Tür geht auf. Aoi geht sofort an mir vorbei in die Wohnung. „Reita? Reita, bist du da?!“ Dann ist er schon im Wohnzimmer verschwunden.
 

Ich jedoch stehe im Flur und starre auf die kleine Kommode, wo Rei immer seine Schlüssel ablegt. Doch auf dem kleinen Möbelstück liegen lilane Rosen. Oder zumindest das, was davon noch übrig ist. Die Blütenköpfe hängen, sind teilweise verwelkt. Ich starre die Rosen an. Hat Reita die etwa für mich gekauft? Und wenn, warum hat er das getan, obwohl er sich doch von mir getrennt hat?! Ich verstehe es nicht. Schon wieder eine Frage, die ich nicht beantworten kann.
 

Ich löse den Blick von den Blumen, dann folge ich Aoi ins Wohnzimmer. Dort ist er aber nicht mehr. Wahrscheinlich ist er schon weiter gegangen in die Küche oder in Reis Schlafzimmer. Ich aber sehe mich im Wohnzimmer um. Mein Blick fällt auf sein Telefon. Eine kleine rote Lampe an dem Apparat blinkt, das heißt, er hat Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Drei Stück, alle von der gleichen Nummer. Die Nummer kenne ich, doch im Moment weiß ich nicht, wem sie gehört. Ich drücke auf den Abhörknopf und lausche den Nachrichten. Hey Reita, hier ist Saga! Wie ist es gelaufen? Hat alles geklappt? Meld dich, wenn du wieder da bist! Stimmt, das ist Sagas Nummer. Aber was meint er? Was hat geklappt?... Mensch Reita. Jetzt melde dich doch mal! Hast du die Wohnung jetzt gekauft oder nicht? Und was hat er gesagt? Wohnung!? Wovon redet Saga da bitte? Ich verstehe gar nichts. Und wer soll was dazu gesagt haben? Reita, verdammt! Jetzt melde dich. Ich mach mir Sorgen
 

Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, was Saga meint, klingelt es an Reitas Tür. Ich zucke zusammen, gehe aber zur Tür und öffne. Davor steht Saga, der mich anstrahlt. Ich lasse ihn eintreten und schließe die Tür hinter ihm. „Hey, Uruha! Schön, dich hier zu sehen. Hat es also geklappt?! Ihr holt bestimmt grade Reitas Sachen, oder?“ Nachdem ich die Wörterflut verdaut habe, blinzel ich ihn verwirrt an. „Hallo Saga... Wie meinst du das?“ Saga, der dabei ist seine Schuhe auszuziehen, sieht verwirrt zu mir auf. „Was? Ano... zieht ihr denn nicht zusammen?“ WAS? Ich verstehe gar nichts mehr. Ich starre den Blonden vor mir an. Der scheint zu verstehen, dass ich keinen blassen Schimmer hab und zieht mich kurzerhand ins Wohnzimmer und drückt mich auf das Sofa.
 

„Ich sehe, irgendetwas stimmt hier nicht. Reita meldet sich seit vier Tagen nicht und du hast keine Ahnung von nichts!“ Öhm ja, ich glaub, so sieht’s grade aus. Ich nicke. „Also. Du weißt doch noch, als ich dir diese tolle Wohnung gezeigt hab.“ Wieder nicke ich. Oh ja, die Wohnung war echt toll. In so einer würde ich gerne mit Reita wohnen. kaum zu glauben, dass wir nach fast vier Jahren immer noch getrennt gewohnt haben. Aber was hat diese Wohnung jetzt mit Reita zu tun? „Die Wohnung war nicht für mich und Shou, sondern für Reita und dich! Er wollte dich damit überraschen!“ „Was?“ Jetzt bin ich echt verwirrt. Reita wollte mich mit der Wohnung überraschen?

„Saga... wie...?“ „Hör zu Uruha. Reita wollte wissen, wie dir die Wohnung gefällt, deshalb hab ich sie dir unter dem Vorwand gezeigt, sie für mich und Shou ausgesucht zu haben. Aber scheinbar ist Reita verschwunden, oder so. Auf jeden Fall meldet er sich nicht. Wann hast du ihn zuletzt gesehen?“

Ich bin vollkommen überfordert. Reita wollte mit mir zusammen ziehen? Warum hat er dann Schluss gemacht? Ich antworte nicht auf Sagas Frage, starre nur auf ein kleines, mit schwarzem Samt überzogenes Kästchen, das auf dem Tisch steht. Dann nehme ich es in die Hände und öffne es, schließlich schreit es gerade zu danach. Darin liegt ein Schlüssel, an dem ein Schlüsselanhänger dran ist. Ein metallenes, plastisches Herz, in dem ‚Akira & Kouyou’ eingraviert ist.
 

Reita, ich verstehe dich nicht... Was hat das alles zu bedeuten? Auf der einen Seite die Wohnung, mit der du mich überraschen wolltest, die lilanen Rosen und dieses Herz an dem Wohnungsschlüssel und auf der anderen Seite dein komisches Verhalten von dem Abend, an dem du mit mir Schluss gemacht hast.
 

„Uruha, guck mal!“, meint schließlich Aoi, der ins Wohnzimmer kommt. „Oh, hallo Saga... Hey, Uruha, alles okay?“ Ich bemerke ihn gar nicht, starre weiter den Schlüssel an. Erst als der Piercingträger mich an der Schulter anstupst, bemerke ich ihn. „Was ist denn?“, frage ich leise, bin immer noch von den ganzen Dingen, die ich hier erfahren habe, verwirrt. Aoi hält mir schließlich einige Zettel unter die Nase. Es scheinen Kontoauszüge zu sein. „Die habe ich in Reitas Schlafzimmer in der Schreibtischschublade gefunden“ Ich ziehe die Augenbauen in die Höhe und nehme sie genauer in Augenschein. Die Auszüge zeigen Beträge in ziemlich hohen Bereichen. Wie kommt Reita zu so viel Geld? Und vor allem, wieso sind Gründe wie >BWL-Studium< angegeben? Reita hat doch nie studiert.
 

All das, was in den letzten Tagen passiert ist, irritiert mich. Reitas merkwürdiges Verhalten, diese Kontoauszüge. „Aoi, Saga... Ich will wissen, was alles zu bedeuten hat. Helft ihr mir dabei, mein Leben wieder in Ordnung zu bringen? Helft ihr mir, Reita zu finden?“ Ich habe mich entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich will wissen, was mit Reita ist und vor allem wo er ist. Auch wenn er mir an dem Abend verdammt weh getan hat, es muss ein Grund für sein merkwürdiges Verhalten geben. Und ich liebe ihn immer noch.
 

Mir ist soeben klar geworden, dass es mir rein gar nichts gebracht hat, drei Tage nur rumzuheulen und Reita nachzutrauern. Ich werde um meine Beziehung kämpfen. Ich werde um Reita kämpfen und ihn wieder zurück zu mir holen. Koste es, was es wolle.
 

„Natürlich helfen wir dir, Uruha! Oder Aoi?“, sagt nun Saga und klopft mir auf die Schulter. Vorher waren Saga und ich gar nicht so gut befreundet, aber ich glaube, ich habe grad einen neuen, guten Freund gefunden. Wenn man bedenkt, wie wir uns kennen gelernt haben...
 

*Flashback*

Ich hetze grade durch den Supermarkt, um die letzten Sachen für heute Abend zu kaufen. Reita kommt bei mir vorbei und ich habe gesagt, dass ich kochen werde. Blöd nur, dass mein Kühlschrank und auch meine Vorratskammer gähnende Leere aufweisen, wie ich eben festgestellt habe. Also schmeiße ich alles in den Einkaufswagen, was mir grade in die Finger kommt. Das geht von Reispackungen über Soja-Saucen-Flaschen bis hin zu Gemüse und Fleisch.

Beim Fisch angekommen überlege ich erst mal, was ich eigentlich kochen will. Dann fällt mir frischer Tunfisch ins Auge. Viel ist von dem Fisch nicht mehr da, aber für Sushi reicht es alle Mal. „Den Tunfisch da bitte!“ Irritiert drehe ich mich zur Seite. Das habe nicht nur ich gesagt. Ein blonder junger Mann steht neben mir. Er ist etwa in meinem Alter, wie ich vermute. Er sieht ebenfalls zu mir. „Ich bekomme den Tunfisch, nicht du!“ Das haben wir wieder gleichzeitig gesagt. Wir gucken uns beide böse an. Dann geht es los. „Ich!“ „Nein! Ich“ „Nein“ „Doch“ „Nein“ „Doch“ So geht das eine ganze Weile. Der Verkäufer guckt uns schon panisch an. „Ich brauch den Tunfisch aber. Ich koche heute für mich und meinen Freund!“, sage ich schließlich. Vielleicht lässt er mir ja so den Tunfisch. „Na und? Ich koch heute Abend auch für mich und meinen Freund. Ich bekomme ihn!“ „Nein, ich“ „Ich“ „Nein“ „Doch“ „Nein“

Unser Streit wird von dem Verkäufer gestoppt. Wie sehen nämlich beide auf und sehen, wie der Verkäufer den Tunfisch einer alten Dame in die Hand gibt. „Lassen sie sich den Tunfisch schmecken!“, sagt er noch freundlich lächeln zu der Frau, bevor er sich dem nächsten Kunden zuwendet.

Der Fremde und ich funkeln uns immer noch böse an. „Na toll. Jetzt darf ich mir was Neues überlegen, was ich kochen kann. Vielen Dank!“ Seine Stimme tropft nur so vor Sarkasmus. „Toll, ich auch. Ist alles deine Schuld, weil du so starrköpfig bist“ Wenn jemand den Einspruch einlegen will, dass auch ich starrköpfig bin: das stimmt nicht. Das nennt man entschlossen!... Mit hocherhobenem Kopf wenden wir uns von einander ab und gehen in die entgegen gesetzte Richtung davon.

*Flashback Ende*
 

Ein Paar Tage später hatten wir uns dann wieder getroffen, auf Shous Geburtstagsparty. Shou kannte ich schon seit der Oberschule. Und Saga war sein neuer Freund. Die Stimmung zwischen Saga und mir an dem Abend war eisig. Das Einzige, was wir gewechselt haben, waren böse Blicke. Kein Wort hatten wir miteinander geredet. Nach einiger Zeit mussten wir uns dann aber irgendwie arrangieren, da ich nun mal gut mit Shou befreundet war und er Shous Freund.
 

„Wir helfen dir Uruha! Dafür sind Freunde doch da!“ stimmt auch Aoi nun zu. Ich bin wirklich froh, so gute Freunde zu haben. Und Ruki und Kai werden uns sicher auch helfen, heraus zu finden, was mit Reita ist. Entschlossen stehe ich auf und zeihe die beiden hoch. „Kommt Jungs, wir haben eine Menge herauszufinden!“

Veränderungen

„Bist du fertig? Ich möchte bitte weiter BWL lernen!“ Ich muss mir das Grinsen gerade stark verkneifen. Mein Vater hatte ja gesagt, er wolle mich wieder umorientieren. Blöd nur, dass sein Plan nicht aufgehen wird. Die junge Frau, die er geschickt hat, zieht sich gerade ihren Yukata wieder an und wirft mir immer wieder beleidigte Blicke zu. Sie ist wohl beleidigt, weil ich so auf sie reagiere. Sie meinte wohl, dass ich sie auf der Stelle bewusstlos vögel, wenn sie nackt vor mir steht, ein wenig mit ihrem überdimensionalen Busen rumwackelt und einen, vermeintlichen, erotischen Blick aufsetzt. Aber das einem Mann im besten Alter BWL wichtiger ist als eine nackte Frau... Ich denke, ihr Weltbild habe ich soeben zerstört.

Mein Vater denkt so wahrscheinlich auch: sobald ein Mann eine nackte Frau sieht, vergisst er alles und vögelt erstmal. Ich tu’s aber nicht. Ich würde es vielleicht tun, wenn ich hetero wäre. Denn dann würde ich sie vermutlich umwerfend finden. Aber ich bin nun mal nicht hetero. Und die einzige Person, die ich umwerfend finde, ist Uruha. Mein Engel.

Meine Schuldgefühle werden immer schlimmer. Mit jeder Minute. Ich habe Uruha so weh getan. Ich hoffe wirklich, dass er mir verzeihen kann. Ich muss meinem Vater doch klar machen können, dass ich an diesem ‚Job’ wirklich kein Interesse hab. Ich will es einfach nicht. Das Einzige, was ich will, ist zurück zu Uruha, ihn in meine Arme nehmen und ihn nie wieder loslassen.
 

Ich höre, wie die Tür zugeht. Endlich ist das Weibsbild weg. Als wenn ich jetzt noch weiter BWL mache. Ich fahre den PC herunter, sehe mich stattdessen in meinem Arbeitszimmer um. Es ist alles so übertrieben groß hier.

Mein Vater hat mir gleich einen ganzen Gebäudetrakt gegeben. Zwei Schlafzimmer mit riesigen, begehbaren Kleiderschränken, zwei Wohnzimmer, drei Badezimmer, ein Arbeitszimmer, ein Esszimmer (wobei man das Esszimmer schon als kleinen Speisesaal bezeichnen kann), sieben Tatamiräume und ein Konferenzraum. Wo zu ich den brauche, weiß ich immer noch nicht.

Und alles ist einfach riesig und protzig. Edle, antik aussehende Möbel, überall stehen Skulpturen von irgendwelchen Gottheiten, seien es asiatische, griechische oder römische. Bilder von berühmten Künstlern hängen in mit Gold verzierten und verschnörkelten Rahmen an den Wänden. Rote, breite Teppiche liegen in den Fluren. Es ist alles so übertrieben. Wer braucht so was? Ich will zurück in meine kleine, gemütliche Wohnung mit dem halb durchgesessenen Sofa, den praktischen, schlichten IKEA-Möbeln, den verschiedenen Kaffeetassen und dem nicht zusammenpassenden Besteck. Zurück zu meinem kuscheligen, weichen Bett, meinem kleinen, klapperigen Schreibtischstuhl und meinem Bass. Und vor allem zurück zu Uruha.
 

Ich verlasse mein Arbeitszimmer und gehe ins Schlafzimmer. Auf dem Weg treffe ich auf einige Bedienstete, natürlich alle weiblich. Sie verneigen sich immer fast bis zum Boden vor mir. Und immer kommt so etwas wie: ‚Sind sie wohl auf, Akira-sama?’, ‚Haben sie irgendwelche Wünsche, Akira-sama?’, ‚Kann ich ihnen irgendetwas bringen, Akira-sama?’. Ich warte noch darauf, dass die erste sagt: ‚Darf ich ihnen die Schuhe ablecken, Akira-sama?’ Das wär echt der Höhepunkt hier... Und es würde mich nicht mal wundern.
 

Endlich in meinem Schlafzimmer angekommen, ziehe ich mir den Anzug aus. Das ist auch so etwas vollkommen Sinnloses. Den ganzen Tag muss ich in einem weißen Hemd und einem schwarzen Anzug rumlaufen. Eigentlich soll ich noch eine schwarze Krawatte tragen, aber das tu ich nicht. Und meine Haare darf ich auch nicht mehr stylen. Zumindest darf ich mir keinen Iro machen. Sogar wenn ich sie schon ein bisschen mit Haargel hochstelle, damit sie mir nicht platt ins Gesicht hängen, bekommt mein Vater einen Anfall. Eigentlich sollte ich mir meine Haare auch noch schwarz färben, aber das kann er vergessen!

Wenn es nach meinem Vater ginge, würde ich nachts auch noch Schlafanzüge tragen. Jeden Tag hängt ein frisch gewaschener und gebügelter Satin-Schlafanzug an meinem Bett. Geht’s noch übertriebener? Als wenn ich so was anziehe.

Ich schlafe wie immer nur in Boxershorts. Und so, nämlich nur mit Boxershorts, leg ich mich nun auch ins Bett. Das Bett ist einfach nur unbequem. Wenigstens ist die Decke schön warm.

Mit den Erinnerungen an die schöne Zeit mit Uruha, als ich noch glücklich war und mein Leben schlichtweg perfekt, schlafe ich dann irgendwann ein.
 

*****

Am nächsten Morgen pünktlich um 8 Uhr klingelt mein Wecker. Ich hasse es. Dieses Teil wird von irgendwo per Funk gesteuert. Nicht mal das Klingeln kann ich selber abstellen. Das wir ebenfalls per Funk gemacht. Am ersten Morgen, den ich hier von diesem Teil geweckt wurde, habe ich mich einfach in die Decke gekuschelt, um weiter zu schlafen. Allerdings stand zehn Minuten später einer der Bediensteten in meinem Zimmer und hat mich zum Frühstück abgeholt. Da gab’s richtig Theater mit meinem Vater, weil ich noch nicht fertig war.
 

Also quäle ich mich jetzt aus meinem Bett. Scheiße hab ich Rückenschmerzen. Ich will ein anderes Bett! Mein Vater ist so reich, mächtig und einflussreich, wie er immer wieder betont, da muss das doch machbar sein.
 

Nach der schweren Entscheidung, was ich denn heute anziehen soll (das weiße Hemd hier oder doch lieber eines der weißen Hemden, die hier im Schrank sind? Und soll ich diese Anzughose hier nehmen, oder doch eine der gleiche, die noch hier auf den Bügeln hängen? Und welche Anzugjacke soll ich nehmen? Hängen ja nur 100 gleiche hier im Schrank...), begebe ich mich ins angrenzende Badezimmer.
 

Und wie prophezeit, klopft es ein paar Minuten später an der Zimmertür. „Akira-sama? Sind sie so weit? Ihr Vater erwartet sie bereits!“ Wie ich es hasse... wie ich IHN hasse. „Ja, ich komme sofort“, rufe ich noch. Dann öffne ich auch schon meine Zimmertür. Die junge Frau, die vor mir steht, scheint wohl so was wie meine persönliche Bedienstete zu sein. Sie wuselt am häufigsten um mich herum. Sie weckt mich jeden Morgen, überbringt Nachrichten von meinem Vater an mich und bringt mir Unterlagen oder Sonstiges.

„Guten Morgen, Akira-sama“, begrüßt sie mich jetzt noch mal. Ich nicke ihr nur zu und folge ihr dann schweigend in Richtung Speisesaal. Sie öffnet mir die große Flügeltür und tritt dann zu Seite, um ich eintreten zu lassen. Dabei blickt sie die ganze Zeit zu Boden. Sie blickt mich sowieso nie an. Das macht keine der Bediensteten. Ob sie das gar nicht dürfen?
 

Ich betrete also den Speisesaal und sehe schon meinen Vater am Tisch sitzen. „Da bist du ja, Akira! Hast du gut geschlafen?“ >Spar dir dein Gesülze! Du interessierst dich doch eh nur für mich, weil ich den Laden hier irgendwann übernehmen soll<, schnauze ich ihn gedanklich zusammen, lächel aber gezwungen und setzte mich an den Tisch. „Guten Morgen, Vater. Gut geschlafen hab ich nicht, da die Matratze ziemlich hart ist.“ Vielleicht versteht er diesen Wink mit dem Zaunpfahl ja... und tatsächlich. Er scheint kapiert zu haben. Er ruft nach Renji, der keine zehn Sekunden später neben ihm steht. „Was kann ich für sie tun, Suzuki-san?“ Er und Yosuke sind die Einzigen, die ihn mit –san ansprechen dürfen. „Veranlasse den Wechsel der Matratze in Akiras Schlafzimmer gegen eine Weichere“ Ich bin beeindruckt. Mein Vater hat doch so etwas wie Verstand! Warum versteht er dann nur nicht, dass ich das hier alles nicht will, sondern zu Uruha zurück will?
 

Als Renji an mir vorbeigeht, zischt er mir ein „Weichei“ zu, grinst dabei gehässig. Mein Vater bekommt von Renjis Aktion jedoch nichts mit, da er wieder hinter seiner Tageszeitung verschwunden ist. Ich sitze dort mit zusammengebissenen Zähnen. Am liebsten würde ich dem Kerl die Fresse polieren. Das würde mein Vater jedoch nicht so toll finden, zumal grade Renji eine Art bester Freund für meinen Vater ist. Die anderen kriechen ihm alle nur in den Arsch, weil er der mächtigste Yakuza-Boss Japans ist.
 

Nach dem Frühstück, bei dem wir uns angeschwiegen haben, ich Renji in Gedanken tausend Tode habe sterben lassen und mein Vater hinter der Tageszeitung verschwunden war, klopf es an der Tür zum Speisesaal. „Ja bitte?“, ruft mein Vater und Renji steckt den Kopf durch die Tür. „Ryo-sama ist jetzt eingetroffen. Soll ich ihn herbringen?“ Ryo? Oh nein, jetzt sehe ich auch noch meinen kleinen Bruder wieder. Mir bleibt aber auch gar nichts erspart. „Nein, wir kommen in den Konferenzraum. Er soll dort warten“ Damit erhebt sich mein Vater auch schon und bedeutet mir, ebenfalls aufzustehen.
 

Total unmotiviert erhebe ich mich. Ich will nicht. Warum kann mein Vater das nicht verstehen? Er muss doch merken, dass ich alles will, nur das hier alles nicht.

Ich folge meinem Vater in eines seiner Konferenzzimmer. Er hat fünf. Und wieder stellt sich mir die Frage, wie auch gestern Abend so oft: WOZU? Wozu verdammt noch mal braucht man das alles? Wozu braucht man fünf Konferenzzimmer, wenn eines vollkommen ausreichend ist?
 

Als wir vor dem Konferenzraum stehen, kommt ein junger Mann auf uns zu. Scheint einer der Bediensteten zu sein, denn er hält den Blick gesengt und öffnet uns die Tür. Wir treten also in den Raum ein. Ryo sitzt am anderen Ende eines riesigen Tisches, aber natürlich nicht vor Kopf, denn dort darf nur Vater sitzen. Als die Tür aufgeht, sieht er auf. Und als er mich dann sieht, weiten sich seine Augen. Er scheint gar nicht gewusst zu haben, dass ich hier bin.
 

„Ryo! Schön, dass du so kurzfristig kommen konntest.“, sagt mein Vater und setzt sich vor Kopf. Er bedeutet mir, mich neben ihn zu setzten. Ich folge seiner Aufforderung widerwillig. Ryo wirft mir die ganze Zeit Death-Glares zu, wie ich sie sonst nur von Ruki kenne, wenn er schlecht gelaunt ist und ihm dann jemand, meistens ich und Aoi, auf die Nerven geht. Aber es macht halt Spaß, das kleine Warumono zu ärgern. Nein, es hat Spaß gemacht. Die Betonung liegt auf der Vergangenheit. Ich kann mir ein niedergeschlagenes Seufzen nicht verkneifen. Mein Vater schaut mich einige Momente fragend an, doch ich schüttel nur den Kopf und er lässt mich wieder in Ruhe. Welch Wunder...
 

„Was machst du hier?“, fragt Ryo mich auch gleich, als Vater keine Anstalten macht, etwas zu sagen. „Seit wann interessierst du dich dafür, was ich mache?“, frage ich zurück. Ryo und ich konnten uns noch nie wirklich leiden. Vater schaut zwischen uns hin und her. Er weiß, dass unsere ‚Beziehung’ nicht grade rosig ist. Bevor mein herzallerliebster Bruder jedoch antworten kann, erhebt Vater das Wort. „Akira ist hier, um sich einarbeiten zu lassen. Schließlich will und auch wird er das Geschäft später übernehmen!“

Moment! Von ‚will’ kann hier keine Rede sein! Brutal dazu gezwungen trifft ’s wohl ehr!!

Ryo jedoch wird bei einem anderen Wort aufmerksam: ‚wird’. Deshalb guckt er jetzt auch entsetzt zu Vater. „Was? Aber ich dachte, dass ich...“

Mein Vater lacht auf. „Hattest du etwa gedacht, dass ich DIR das Geschäft überlasse?? Das DU alles erbst? Nein, Ryo, beim besten Willen nicht!!“

Der Kleine starrt Vater entsetzt an. Ich tue so, als ob es mich nicht interessieren würde. Aber innerlich lache ich Ryo grade aus. Er ist so naiv. Er dachte wahrscheinlich, dass er alles bekommt, weil er bei Vater geblieben ist und nicht wie ich ein normales Leben führen wollte.
 

Und wieder schweifen meine Gedanken zu Uruha. Er ist mein Leben. Ich weiß einfach nicht, wie ich das meinem Vater klar machen soll.

Während ich an Uruha denke, bemerke ich die hitzige Diskussion, die zwischen Vater und Ryo ausgebrochen ist, gar nicht. Erst als eine Tür laut zu geknallt wird, schrecke ich aus meinen Gedanken auf. Vater sitzt mit Zornesfalten auf der Stirn auf seinem Platz. Oha, gar nicht gut.

„Brauchst du mich noch, Vater? Oder darf ich gehen?“, frage ich vorsichtig und hoffe, ihn damit nicht noch weiter zu reizen. Er verneint Gott sei Dank und deutet mir an, den Raum zu verlassen. Mit einem Nicken, welches er nicht mal mitbekommt, verlasse ich den Raum dann auch.

Vor dem Konferenzraum wartet auch gleich wieder meine persönliche Bedienstete. Wenn ich sie genauer ansehe, stelle ich fest, dass sie etwa in meinem Alter ist. „Ich soll sie zu ihrem Zimmer bringen, Akira-sama“, sagt sie höflich und wartet darauf, dass ich ihr folge. Ich gehe auch brav hinterher, da ich mich hier alleine eh nur verlaufen würde.

Mich stört diese übertriebene Höflichkeit jedoch gewaltig. Ich bin schließlich nicht so alt. Schon gar nicht im Vergleich zu ihr. Ein Versuch kann nicht schaden. „Du brauchst mich nicht mit Akira-sama anzusprechen. Ich bin Reita!“, sage ich einfach zu ihr und halte ihr freundschaftlich die Hand hin, als wir an meinem Zimmer angekommen sind. Sie blickt mich immer noch nicht an. Dennoch kann ich sehen, wie sie leicht lächelt. „Vielen Dank, aber das darf ich nicht, Akira-sama“ Ich muss ein Seufzen unterdrücken. Ich will diese übertriebene Höflichkeit nicht, also Plan B! Ich fange an zu schmollen wie ein kleines Kind, das keine Süßigkeiten bekommt. „Och bitte. Auch nur, wenn keiner da ist. Du bist doch bestimmt so alt wie ich. Ich mag diese Anrede nun mal nicht und komme mir selber dann immer so fremd vor.“ Manchmal kann ich echt kindisch sein. Ich grinse in mich hinein, als sie erstmal nur leicht nickt. Dann guckt sie sich um, ob jemand in der Nähe ist. Als sie niemanden sieht, hebt sie ihren Blick.

Das erste Mal, dass ich ihr Gesicht richtig sehe. Sie lächelt mich schüchtern an. Schon niedlich. Also nicht, dass ich Uruha untreu werden würde. Sie ist niedlich im Sinne von ‚kleine Schwester’.

Ich gucke nochmal, ob grad niemand im Flur ist, dann öffne ich meine Zimmertür und ziehe sie mit hinein. Überrascht quiekt sie kurz auf, fasst sich aber auch schnell wieder.

Ich biete ihr einen Sessel an. Sie setzt sich und ich nehme ihr gegenüber Platz. Dann fangen wir an zu reden. Erst nur distanziert, doch unser Gespräch wird danach immer lockerer. Dann erfahre ich auch ihren Namen: Aya. Und sie ist wirklich genau so alt wie ich.

Wir reden eine Weile, bis sie wieder an die Arbeit muss. Schade eigentlich. Es tat richtig gut, sich mal wieder mehr oder weniger normal mit jemandem zu unterhalten. Wir sind ziemlich schnell zum ‚du’ übergegangen. Natürlich nur, wenn niemand da ist. Ansonsten würde das für sie wahrscheinlich den Tod bedeuten, und das vermutlich nicht nur im übertragenen Sinne.
 

*****

Am nächsten Morgen werde ich wie immer von Aya zum Frühstück abgeholt. Diesmal kein steifes, gen Boden gesagtes ‚Guten Morgen, Akira-sama’, sonder ein gelächeltes „Morgen Reita“ mit der Frage, ob ich gut geschlafen habe. Sofort bessert sich meine Laune. Na das nenn ich Veränderung! Leise schwatzen wir ein wenig auf dem Weg zum Esszimmer. Immer, wenn wir jemandem begegnen, ist sie wieder die einfache Angestellte und ich der Junior, der an nichts und niemandem Interesse hat. Es scheint niemand zu merken, dass wir uns in unbeobachteten Momenten nicht ‚normal’ verhalten. Glück für uns.
 

Im Speisesaal sitzt mein Vater wie immer hinter seiner Zeitung. Wie jeden Morgen frühstücken wir schweigend, bis mein Vater mich plötzlich etwas fragt. „Sag mal, Akira... Wie war nochmal der Name deines Ex-Freundes??“

Ich starre ihn an, bzw. die Zeitung, hinter der sein Gesicht versteckt ist. Warum bitte fragt er das? Zudem tut es mir in der Seele weh, das Wort ‚Ex-Freund’ zu hören. Dennoch antworte ich. „Takashima Kouyou, warum??“ Anstatt mir eine Antwort zu geben, reicht er mir die Zeitung. Verwirrt sehe ich auf die Seite. Todesanzeigen??! Aber was...?
 

Dann sehe ich es. Mein Denken setzt aus. Mein Kopf ist wie leergefegt. Die ersten Tränen laufen schon über meine Wangen, während ich auf die kleine Anzeige starre
 

Du hast uns verlassen, weil er dich verlassen hat, hast das Leid einfach nicht ertragen.

Du bist von uns gegangen und wir sind zurück geblieben, konnten dir nicht mehr helfen.

Du wirst jedoch immer ein Teil von uns sein und in unseren Herzen weiterleben,

und du wirst immer ein Teil von ‚the GazettE’ bleiben.

Takashima Kouyou, wir werden dich nie vergessen!

Kai, Aoi und Ruki
 

Die Zeitung segelt zu Boden. „Nein, das kann nicht wahr sein...“ Ohne mein zutun verlassen die Worte meinen Mund. „Bitte, bitte nicht...“ Immer mehr Tränen laufen über meine Wangen. „NEEEEEEEEEEIN!“ Ohne, dass ich es steuere, springe ich auf und meine Füße tragen mich von alleine in mein Zimmer, vorbei an den verwirrten Bediensteten. Ich schließe nicht mal mehr die Tür. Nein, ich renne einfach gradewegs aufs Bett, schmeiße mich in die Kissen und heule vor mich hin.

„Ruha... Warum?“, schluchze ich tränenerstickt in das Kissen. Warum hat er sein Leben beendet? Ich hätte bestimmt einen Weg hier raus gefunden, und dann wäre ich zu ihm zurück gekehrt.
 

Eine ganze Weile liege ich noch hier und frage mich, warum Uruha das getan hat. Tränen habe ich keine mehr, kein Wunder, bei dem klatschnassen Kissen vor mir.

Ich zucke heftig zusammen, als ich plötzlich eine Hand an meiner Schulter spüre. „Ich bin es“, höre ich Ayas Stimme sagen. Sie streicht mir zaghaft über den Rücken und diese kleine Geste beruhigt mich ungemein, auch wenn man es mir nicht direkt ansieht. „Ich hab Tee mitgebracht. Meine Großmutter hat immer gesagt, Tee hilft immer. Ich weiß zwar nicht, was passiert ist, aber ich hoffe, dass der Tee auch hierbei hilft.“ Langsam setzte ich mich auf und schaue sie an. „Danke“, sage ich matt, ehe ich die von ihr hingehaltene Teetasse entgegen nehme und einen Schluck Tee trinke.
 

Nachdem die Tasse leer ist und die Tasse auf einem Tablett steht, erzähle ich ihr, was ich eben aus der Zeitung erfahren musste. Dabei kommen mir schon wieder die Tränen und ich schluchze immer wieder auf. Aya streicht mir beruhigend über den Rücken. Als ich sie schließlich mit einem hilflosen Blick ansehe, runzelt sie nur nachdenklich die Stirn. „Ich glaube nicht, dass dein Uruha sich das Leben genommen hat“, sagt sie schließlich. Ich lächel traurig. „Ich würde es auch gerne glauben, aber es stand in der Zeitung und die anderen werden diese Anzeige sicher nicht aus Spaß in die Zeitung gesetzt haben“ „Das stimmt wohl, aber was ist, wenn diese Anzeige gar nicht deine Freunde geschrieben haben?“

Ich sehe sie verwirrt an. Wie meint sie das denn?? Als könne sie Gedanken lesen, beantwortet sie meine Frage. „Mensch Reita, denk doch mal nach: Wir sind hier in Kanagawa und deine Freunde sind in Tokyo“ Sie sieht mich abwartend an, doch ich verstehe einfach nicht, was sie mir damit sagen will. Sie seufzt schließlich. „Glaubst du etwa, wenn in Tokyo jemand stirbt, steht die Todesanzeige dafür in der Tageszeitung von Kanagawa? Ist das nicht ein bisschen seltsam?“
 

Jetzt wo sie es sagt... Das stimmt. Hier in Kanagawa werden wohl kaum die Todesanzeigen von Tokyo drin stehen. Aber wer...? Plötzlich steigt eine unglaubliche Wut in mir hoch. Wer außer meinem herzallerliebsten Vater könnte so etwas machen?! Das ist unglaublich. Ich nehme meine Meinung, dass er ein Monster ist, zurück! Er ist der Teufel persönlich!! „Weißt du jetzt, was ich meine?“, fragt Aya mich und ich nicke. „Dieser Mistkerl!... Aber warum tut er so was? Wenn er will, dass ich den Laden hier übernehme, sollte er nichts machen, was mich dazu bringt, nur noch zu heulen. Das ist kontraproduktiv.“ Aya scheint da anderer Meinung zu sein, denn sie schüttelt den Kopf. „Er denkt vielleicht, dass du jetzt ein paar Tage rumheulst aber dann anfängst, dich vernünftig einarbeiten zu lassen, weil du nun keinen Grund mehr hast, nach Tokyo zurück zu gehen. Ich würde es ihm zutrauen.“

Wenn ich recht drüber nachdenke, könnte sie sogar recht haben. Aber mein Alter glaubt doch nicht wirklich, dass ich jetzt...
 

Jetzt weiß ich, wie ich ihm das alles heimzahlen kann! Ich wusste gar nicht, dass ich so böse sein kann. Ich kann sogar ein leises, aber böses Lachen nicht unterdrücken. Aya guckt mich ein wenig schräg an. „Alles okay, Reita?“, fragt sie zögerlich und ich grinse ihr entgegen. „Ich hab da so 'ne Idee. Ich lasse mich wirklich von ihm einarbeiten und werde den Laden hier übernehmen!“ Dann muss ich lachen. Ayas Gesichtsausdruck ist einfach zum schießen. Total ungläubig starrt sie mich an, ihre Kinnlade hängt ein paar Etagen tiefer als normal. „Aber wieso auf einmal??“, fragt sie vollkommen ungläubig. Jetzt grinse ich wieder diabolisch. Muss in den Genen liegen. „Ich hoffe, dass der Alte mir den Laden schnell übergibt. Du weißt, der Boss hat das Sagen über Bestehen und Nicht-Bestehen seines Clans. Wenn ich der Chef bin, werde ich den Clan einfach auflösen. Niemand wird etwas dagegen tun können. Alles, was er sich aufgebaut hat, werde ich vor seinen Augen zerstören. Es wird eine Weile dauern, aber dann kann ich zu Uruha zurück“
 

Aya sieht mich nachdenklich an. „Bist du sicher, dass das klappen wird?“, fragt sie nach einer kurzen Weile. Ich schüttel den Kopf. „Ich weiß es nicht. Aber wenn ich es nicht versuche, werde ich es nie herausfinden. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll, Aya. Und das ist die einzige Möglichkeit, die mir im Moment einfällt...“ Sie nickt darauf hin und scheint zu überlegen. „Reita, meinst du dass es möglich ist... Nein, ich fange anders an: du sagtest doch, dass Uruha sehr feminin ist, oder?“ Ich nicke. Aber warum das jetzt wieder? „Naja... er würde hier nicht als Mann erkannt werden.“ Ich bin schon wieder verwirrt. Frauen sind gruselig! Was meint die damit jetzt schon wieder? Also mal ganz doof nachfragen: „Äh... was??“ Sie seufzt erstmal. „Man merkt, dass du ein Mann bist. Du bist unkreativ.“ „Na vielen Dank auch“, schmolle ich zurück und sie lacht darauf hin. Dann wird sie aber wieder ernst. „Was ich meinte: Können wir ihn nicht als Bedienstete hier einschleusen?“

Ungläubig starre ich Aya an. Meint sie das ernst? Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll. Ob ich die Idee jetzt gut finden soll, oder lächerlich! Denn das ist ebenso abwegig wie genial.

Oh man, jetzt bekomm ich auch noch Kopfschmerzen vom nachdenken. Arrrgh! Der Tag ist so jung und es ist schon so viel passiert. Ich werde hier sicher irgendwann noch mal verrückt. Ein Seufzen verlässt meine Lippen. Aya sieht mich kurz an, dann senkt die ihren Kopf und entschuldigt sich. „Tschuldige, Reita. Vergiss, was ich gesagt hab. War ne doofe Idee.“ „Ach, Aya, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Mir wird nur grade alles zu viel.“

Ruhe wär jetzt wahrscheinlich am besten. Da hab ich Zeit zum nachdenken, auch wenn es nur noch mehr Kopfschmerzen bringen wird. Ich will ihr gerade sagen, dass ich ein wenig Ruhe brauche, als sie plötzlich leise aufschreit. „Oh nein! Ich muss ja eigentlich grade die ganze Zeit arbeiten! Tut mir Leid Reita, ich muss los, sonst bekomm ich noch richtig Ärger!“ Sie nimmt das Tablett mit dem leeren Teebecher und steht schon an der Tür. „Soll ich dir gleich noch einen Tee vorbei bringen?“ Tee klingt nicht schlecht, also stimme ich zu. Mit einem ‚Lass den Kopf nicht hängen’ verlässt sie schließlich mein Zimmer und lässt mich mit meinen verwirrten Gedanken zurück.

I just didn't realised that it was love~

(Das hier ist ein Prequel. Hier erfahrt ihr, wie Uruha und Reita zusammen gekommen sind.

Im nächsten Chap geht’s dann wie gewohnt weiter, also aus Uruhas POV. In diesem Prequel hab ich mit Erzähler und mit POVs von Rei und Uruha gearbeitet. Ich hoffe, es gefällt und viel Spaß beim lesen! ^^ Und bis zum neuen Chap dauert es diesmal auch nicht so lange, versprochen!)
 

_____
 

„Morgen Rei~!“ Und schon hatte der Blond-schwarzhaarige den Brünetten an sich kleben. „Uff... Morgen Ruha! Kannst du bitte von meinem Rücken runtergehen?“ Uruha, der seine Beine um Reitas Hüften und seine Arme um dessen Hals geschlungen hatte und so an ihm hing, blähte die Wangen auf. „Wieso das denn? Willst du damit etwa sagen, ich sei schwer??“, wollte er lauernd wissen. Reita schüttelte den Kopf, wobei ein Stechen seinen Nacken durchfuhr. „Nein! Alles nur das nicht, Ruha. Aber ich musste meiner Mutter doch am Wochenende bei der Gartenarbeit helfen. Ich fühl mich, als hätte ich die letzten beiden Tage 'ne Tonne Gewicht auf dem Rücken getragen.“

Sofort ging Uruha von seinem Rücken runter. „Tschuldige, Rei!“ Damit nahm er auch schon die Hand des anderen und zog ihn zu ihrem Kursraum, der zum Glück schon offen war. Dort drückte er Reita auf seinen Platz. „Was hast du vor, Ruha?“, fragte der Schwarz-blonde, doch Uruha sagte nur: „Genieß die 10 Minuten bis zum Unterrichtsbeginn, die wir noch haben“

Bevor Reita sich über diese Aussage wundern konnte, fing Uruha an, seinen Nacken zu massieren und durch zu kneten, ebenso den ziemlich verspannten Rücken. Unweigerlich fing Reita an zu schnurren. „Mhh~ das tut gut~!“ Entspannt schloss er die Augen und genoss die Massage.
 

Als Uruha dann etwas später aufhört, öffnete Reita murrend die Augen, was den Größeren zum Kichern brachte. „Tschuldige, Rei, aber Katamura-sensei ist da!“ Daraufhin erblickte auch Reita den Mathelehrer und seufzte resigniert. „Mathe ist doof“, murmelte er, während er seinen Ordner und das Mathebuch aus seiner Tasche holte.
 

*

„Montags morgens als Erstes `ne Doppelstunde Mathe ist so ätzend!“, maulte Reita, sobald Katamura-sensei den Raum verlassen hatte. Aus dem ganzen Kurs kam Zustimmung, bevor auch die Schüler den Raum verließen, um Pause zu machen.

Auch Uruha und Reita verließen den Klassenraum und gingen nach draußen auf den Schulhof. Der war im Gegensatz zu dem Schulgebäude, das nur ein großer, trister, grauer Klotz war, richtig schön: eine große Rasenfläche, Kirschbäume und sogar ein kleiner Teich. Unter einen der Kirschbäume in der Nähe des Teiches setzten sich die beiden. Hier saßen sie immer mit ihren Freunden, von denen allerdings noch nichts zu sehen war.
 

„Tut dein Rücken eigentlich noch weh?“, wollte Uruha nach einigen Momenten des Schweigens von Reita wissen, der sich mit geschlossenen Augen an den Stamm gelehnt hatte. Dieser schüttelte, nun schmerzfrei, den Kopf. „Nein, aber du kannst mich gerne nochmal massieren. Das tat so gut!“ Der Brünette grinste. „Klar, kein Problem. Komm her" Damit klopfte Uruha, der neben Reita an den Baumstamm gelehnt saß, zwischen seine Beine. Der Kleinere ließ sich dazwischen nieder und ließ den Kopf nach vorne fallen, sodass der Brünette gut an seinen Nacken und Rücken herankam. Schnurrend genoss Reita die erneute Massage.
 

*

Als die Pause schon halb vorbei war, durchbrach der Jüngere die angenehme Stille. „Sag mal, wo sind eigentlich die anderen?“ Reita, der schon döste, öffnete träge die Augen und sah sich auf dem Schulhof um, konnte die anderen aber nicht entdecken. „Keine Ahnung. Aber ist doch auch egal. Und jetzt massier mich gefälligst weiter“, grinste er Uruha an, der auch sofort mit der Rückenmassage fortfuhr, was den Blond-schwarzhaarigen erneut zum Schnurren brachte.
 

Besagte verschollene Freunde standen in einer Ecke, gar nicht weit von den Beiden entfernt und beobachtetet sie. „Mein Gott! Wann merken diese Volldeppen endlich, dass sie ineinander verliebt sind? Das ist ja nicht zum aushalten!“, fluchte Ruki und zog an seiner Zigarette. Aoi seufzte schwerfällig. Ruki hatte einfach recht. Die beiden waren ineinander verliebt, aber schienen es beide selber nicht zu merken. „Wir müssen es doch irgendwie schaffen, dass die Beiden sich ihrer Gefühle bewusst werden...“, murmelte Kai in seinen nicht vorhandenen Bart. „Hat jemand eine Idee für die Operation ‚Volldeppen in Love’?“, fragte Ruki dann auch schon, was ihm verwirrte Blicke seiner beiden Freunde einbrachte. „Operation Volldeppen in Love? Hab ich das grade richtig verstanden?“, fragte Kai nach und mustert den Kleinsten unter ihnen mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Ja, was dagegen? Ich bin dafür, dass wir den beiden irgendwie helfen. Das ist ja nicht zum Aushalten mit den Beiden...“

Kai und Aoi stimmten zu. „Ähm, wie wär’s, wenn wir sie irgendwie eifersüchtig machen oder so?“, schlug Kai schließlich vor. Ruki nickte enthusiastisch. „Jaaa... und wie??“ Kai droppte. „Man Taka, du bist doch sonst nicht so unkreativ! Wir haben jetzt Sport. Da kann man bestimmt was machen. Uns fällt schon was ein. Spontane Ideen sind meistens eh die besten!“
 

Mit diesem Entschluss machten sich die drei dann beim Klingeln der Schulglocke auf den Weg zur Sporthalle. Reita und Uruha waren schon da und alberten miteinander herum. Aoi sprang Uruha, der die anderen noch nicht bemerkt hatte, von hinten an und schloss seine Arme um Uruha und drückte sich an ihn. „Wahh, Yuu~!“, erschrak sich der Blond-brünette und fiel fast nach vorne um. „Woher weißt du, dass ich es bin??“, fragte der Schwarzhaarige überrascht, ließ seine Arme aber um den Schultern des anderen liegen. „Weil niemand anderes mich anspringt. Das traut sich keiner, weil alle wissen, dass es dann Ärger gibt! Aber weil du mein bester Freund bist, mach ich keinen Ärger und das nutzt du gnadenlos aus“, grummelte Uruha, schmiegte sich aber gleichzeitig etwas an seinen besten Freund. Alle anderen lachten. Reita dachte sich nichts dabei, dass er wollte, dass Uruha sich auch so in seine Arme kuscheln würde.
 

Als sie dann in der Umkleidekabine waren und sich umzogen, nutze Ruki Reitas Angewohnheiten des Umziehens aus, um in Uruhas eventuell Eifersucht oder so zu entfachen. Denn Reita zog sich grundsätzlich erstmal bis auf die Boxershorts aus, bevor er sich seine Sportsachen anzog. Als der Blond-schwarzhaarige gerade so in Boxershorts dastand, strich Ruki über Reitas Bauchmuskeln. Reita zog überrascht den Bauch ein und blickte seinen besten Freund fragend an. „Taka?“ „Was denn? Ich stell grad nur wieder fest, wie sexy deine Bauchmuskeln sind! Da muss man einfach dran rumgrabbeln!“, antwortete Ruki grinsend und amüsierte sich prächtig über Reitas dämlichen Gesichtsausdruck. „Guck nichts so dämlich. Du weißt, dass ich schwul bin~“, meinte Ruki geradeaus. Uruha hinterfragte nicht, warum es ihn störte, dass Ruki scheinbar Interesse an Reita hatte.
 

*****

Die ganze Woche über brachten vor allem Aoi und Ruki als beste Freunde solche und ähnliche Aktionen, um den beiden ihre Gefühle klar zu machen. Doch irgendwie klappte das alles nicht.

Am Freitagnachmittag saßen Kai, Aoi und Ruki im Park im Schatten einer großen Eiche und diskutierten über die Operation Volldeppen in Love. „Man, was können wir denn noch machen?!“, jammerte der Kleinste. „Ich weiß es nicht. Ich hab Kouyou ja sogar geküsst und Rei hat nicht reagiert!“, murmelte Aoi. Er hatte am Mittwochabend bei der Stufenparty so getan, als sei er sturzbesoffen gewesen und hatte den Blond-brünetten geküsst. Und Reita hatte stumm daneben gestanden und keinerlei Reaktion gezeigt!

„Ich sag ’s euch. Bei Uruhas Geburtstagsparty morgen Abend spiel ich das letzte Mal Amor. Sollen die doch sehen, dass die ihre Gefühle klar bekommen“, maulte Kai. Aoi und Ruki stimmten dem zu. Langsam gingen ihnen die Ideen aus.

Sie überlegten, bis plötzlich jemand bei ihnen stand. Es war Reita. „Hey Jungs, was macht ihr denn hier?“, grinste er in die Runde. „Hey Rei! Wir sitzen nur so rum... Was machst du hier?“ Reita setzte grade zu einer Antwort an, als ihm plötzlich jemand auf den Rücken sprang. „Aki~ lauf doch nicht einfach weg!“ Dieser jemand stellte sich als hübsches Mädchen, das etwa in ihrem Alter war, heraus. Ruki musste mehr oder minder schockiert feststellen, dass sie genau Reitas Typ entsprach: blondierte Haare, relativ viel Oberweite, schlanker Körperbau. Ein schwarz-rot karierter Faltenrock verdeckte grade mal die Oberschenkel, ein schwarzes, enganliegendes Top mit Ketten und Buttons betonte ihre Figur und an einem Arm trug sie Stulpen, der andere Arm war mit schwarzen Leder- und Nietenarmbändern verziert. Ihre Augen waren mit schwarzem Kajal und Liedschatten bearbeitet worden.

Die drei Sitzenden musterten das Mädchen, das dann auch schon wieder das Wort erhob. „Komm schon, Aki. Du hast mich zum Eisessen eingeladen! Und ich muss doch in einer halben Stunde schon wieder zu Hause sein, weil Mama noch mit mir weg will! Also komm schon~“, meinte sie und Reita nickte. „Tschuldige Ai, hab ich schon wieder vergessen. Na dann lass uns gehen. Sorry, ihr drei! Bis morgen!“

Und damit war Reita mit dem Mädchen auch schon wieder verschwunden.

Immer noch baff sah Ruki dem Blonden und seiner Begleiterin hinterher, die jetzt auch noch Reitas Hand genommen hatte. „Ist das Mädel... etwa Reitas... Freundin?“, fragte er schließlich, erhielt jedoch nur Schulterzucken als Antwort. „Ich weiß es nicht, aber wenn es so ist, dann ist es klar, warum unsere Verkupplungsversuche fehlschlagen! Und jetzt?“, erwiderte Kai, der jetzt ziemlich bedröppelt dreinblickte. „Wir fragen Reita morgen! Wenn es nicht seine Freundin ist, was ich allerdings bezweifle, dann versuchen wir es noch einmal. Wenn sie seine Freundin ist, dann halt nicht. Das ist meine Meinung“, warf der Schwarzhaarige ein. Ruki sah zu ihm. „Warum zweifelst du?“ „Warum? Taka ich bitte dich! Erstens hat er sie „Ai“ genannt. Davon abgesehen, dass das auch ‚Liebe’ heißt, ist es ein Vorname, also sind sie sehr vertraut. Zweitens ist sie genau sein Typ und drittens hat sie grade seine Hand genommen!“, erklärte Aoi nüchtern seine Position. Der Kleine blickte ihn stumm an, bevor er nickte. „Ja, da hast du schon Recht, aber...“ „Siehst du, ich hab Recht und damit basta!“ Sturkopf Aoi hatte gesprochen.
 

*****

Am nächsten Tag war es dann so weit: Uruhas Geburtstag. Schon in der Schule wurde dem Blond-Brünetten von seinen Freunden und Mitschülern zum Geburtstag gratuliert und er erhielt Geschenke. Von seinen vier besten Freunden jedoch erhielt er nur eine Kleinigkeit mit dem Kommentar „Den Rest gibt’s heute Abend“

Und so sollte es dann auch sein. Die fünf trafen sich schon um 19 Uhr bei Uruha, während andere Freunde, die noch eingeladen waren, erst ab 20 Uhr kommen würden. Sie saßen jetzt in Uruhas Zimmer in einem Kreis auf dem Boden, jeder einen Becher Sake vor sich. Reita hob seinen Becher hoch in die Mitte, die anderen taten es ihm nach. „Auf Kouyou... Prost!“ Ein einstimmiges ‚Prost’ folgte, wonach alle ihren Sake tranken. Dann griff der Blond-schwarzhaarige nach dem Geschenk, das sie zusammen für Uruha besorgt hatten und gab es ihm. Dieser bedankte sich ordentlich für sein Geschenk, bevor er sich ans Auspacken machte. Unter dem Geschenkpapier kam erstmal ein großer, grauer Pappkarton zum Vorschein, auf dem mit einem schwarzen Edding nochmal dick ‚Happy Birthday’ draufgeschrieben war. Als er schließlich den Deckel abgehoben hatte, starrte er auf das Innere. „Nein... das ist doch nicht etwa... ihr habt doch nicht...?“, fragte er fassungslos und sah seine Freunde der Reihe nach an, die jedoch nickten. „Doch, haben wir!“, sagte Reita schließlich und grinste ihn breit an. Unerwartet schmiss sich Uruha plötzlich an seinen Hals und knuddelte ihn durch. „Danke~ ihr seid die Besten!“, meinte er, bevor er auch die anderen drei ordentlich durchknuddelte. Dann schenkte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Pappkarton. „Ihr habt ihn wirklich für mich gekauft... ich kann es gar nicht glauben“, sagte Uruha und blickte immer noch fassungslos in den Karton. „Krieg dich wieder ein, Uru“, meinte Kai grinsend, „Es ist doch nur ein Kimono“ „Nur ein Kimono? Ich glaub ich hör nicht recht! Der ist wunderschön und sau teuer gewesen!“, sagte der Blond-Brünette und betrachtet den Kimono weiterhin, strich zärtlich über den Stoff, als würde er etwas ganz Kostbares unter den Fingern haben.

Sie hatten den Kimono vor ein paar Wochen beim Shoppen entdeckt. Sie wollten sich alle neue Kimonos für das anstehende Sommerfest am nächsten Wochenende kaufen. In einem Laden hatte Uruha schließlich besagten Kimono entdeckt und sich sofort in ihn verliebt. Allerdings war der Kimono viel zu teuer. Er hatte als Schüler ohne Nebenjob nicht ‚mal eben’ 9500 Yen für einen Kimono übrig.

Doch jetzt gehörte ihm dieser Traum aus Stoff tatsächlich. Der Kimono war schwarz und hatte ein Muster in lila. Das Muster waren Äste mit Kirschblüten und auch einzelne Kirschblütenblätter. Als Kontrast diente ein weißer Obi. „Den zieh ich definitiv beim Sommerfest an!“, verkündete Uruha schließlich und grinste seine Freunde an, die das Grinsen gut gelaunt erwiderten.
 

*

Später am Abend war die Party in vollem Gange. Es waren zwar nicht so viele da, sie waren vielleicht zwölf Leute, aber dennoch war die Stimmung super. Irgendwann saßen sie alle im Kreis und spielten Partyspiele. Im Moment Flaschendrehen. Ruki löste sich grade von Kai, der ihn küssen musste. Irgendwie war es dazu übergegangen, dass jeder den küssen musste, auf den die Flasche deutete. Da alle ziemlich angetrunken waren, fanden es alle ganz lustig, auch wenn sie nur Jungs waren. Nun nahm der Kleinste sich als die Flasche und drehte sie. Schließlich blieb das gläserne Gefäß liegen und deutete auf den Blond-schwarzhaarigen. Grinsend krabbelte Ruki auf Reita zu, beugte sich zu ihm und küsste ihn extra leidenschaftlich. Denn obwohl er schon einiges intus hatte, hatte er die Operation Volldeppen in Love nicht vergessen. Innerlich jubelte er, als er Uruhas extrem eifersüchtigen Blick sah. Zufrieden löste er sich von Reita, blieb aber nah bei seinem Gesicht. „Du schmeckst gut, Aki~“, raunte er dem Größeren zu. „Also ich würde definitiv mehr wollen, wenn du nicht vergeben wärst, sofern das Mädel gestern im Park deinen Freundin war...“, meinte er dann noch und grinste. Das grinsen verschwand allerdings und wich einem fragenden Gesichtsausdruck, als Reita plötzlich einen Lachanfall bekam. „Hahaha~ Das war doch nicht meine Freundin. Das war meine Cousine Airi!“, lachte er und grinste Ruki breit an. Dieser schaute ihn etwas bedröppelt an, bevor er grinste. „Achso~“ Damit zog er sich dann auch von Reita zurück, der jetzt die Flasche drehte.
 

*Uruhas POV*

Mein Herz klopft wie verrückt, als Rei die Flasche nimmt. Wieso wünsche ich mir eigentlich so sehr, dass die Flasche auf mich deutet und er mich küssen muss? Warum will ich seine Lippen so sehnsüchtig auf meinen spüren und am liebsten die Arme um ihn legen und ihn nie wieder loslassen? Was ist das für ein Gefühl, das mein Herz schneller schlagen lässt? Und warum zum Teufel hätte ich Ruki gerade dafür schlagen können, dass er Rei so leidenschaftlich geküsst hat und ihn angemacht hat?

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als plötzlich Akis Gesicht vor mir auftaucht. Fragend sehe ich ihn an und er deutet daraufhin auf die Flasche. Diese ist bei mir liegen geblieben und das hießt, dass... wir uns jetzt küssen werden. Bevor ich noch etwas denken kann, spüre ich schon ein weiches Paar Lippen auf meinen eigenen. In mir explodiert ein Feuerwerk und mein ganzer Körper kribbelt. In meinem Bauch tanzt scheinbar eine Horde Ameisen Samba oder so. Zumindest dem Kribbeln nach zu urteilen. So etwas habe ich bei einem Kuss noch nie gefühlt. Und als ich wir uns wieder von einander lösen, sehe ich in Reitas wunderschöne Augen und in diesem Moment wird mir die Bedeutung meiner ganzen Gefühle und Gedanken bewusst. Ich haben mich in ihn verliebt. Deshalb fühle ich mich bei ihm auch so wohl und rundum glücklich. Und je länger ich darüber nachdenke, wird mir bewusst, dass ich wohl schon länger so fühle.

Und was mach ich jetzt? Ich kann ihm schlecht sagen, dass ich ihn liebe. Ich weiß zwar, dass er bi ist, aber das heißt ja noch lange nicht, dass er mich auch liebt.

*Uruhas POV Ende*
 

*****

In der folgenden Woche dachte Uruha weiter darüber nach, wie es weiter gehen sollte. Ob er Reita seine Gefühle beichten sollte oder nicht. Würde er damit nicht ihre Freundschaft ruinieren, falls seine Gefühle nicht erwidert wurden? Aber vielleicht würde ihre Freundschaft ja weiter bestehen? Letzten Endes beschloss er, dass er beim Sommerfest mit dem Schwarz-blondhaarigen reden würde.
 

*****

Als es dann Samstag war und Uruha sich fürs Sommerfest fertig machte, war ihm schon ein wenig mulmig zu Mute. Dennoch nahm er sich fest vor, mit Reita zu reden. Er zog den Kimono an, den er von seinen Freunden zum Geburtstag bekommen hatte. Seine Haare steckte er locker hoch, sodass einige Strähnen heraushingen und sein Gesicht etwas fransig umrahmt wurde. Seine Augen schminkte er dezent in hellen Tönen. Seine Mutter hatte ihm, passend zu dem Kimono, einen schwarzen Fächer mit lila Aufdruck geschenkt. Der Fächer war bei diesen sommerlichen Temperaturen auch dringend nötig.

Fertig gestylt machte er sich auf den Weg zum Schrein. Die fünf wollten sich um 20 Uhr am Schrein treffen, um in Ruhe die ganzen Stände zu erkunden. Um Mitternacht würden sie sich dann das große Feuerwerk ansehen. Um punkt 20 Uhr tauchten Aoi und Kai neben ihm auf. Der Schwarzhaarige trug einen dunkelblauen, fast schwarzen Kimono mit einem weißen Wellenmuster, während Kai quasi das Gegenteil trug, weiß mit dunkelblauem Wellenmuster. Knapp zehn Minuten später tauchten Ruki und der Schwarzblondhaarige auf. Ruki trug einen komplett schwarzen Kimono, während Reita einen schwarzen mit bordeauxroten Muster trug.
 

*Reitas POV*

„Los Taka, wir sind schon fast zehn Minuten zu spät!“, murre ich, als Ruki mal wieder stehen bleibt und sich an seinen Haaren rumzupft. „Aber Rei~! Meine Haare liegen überhaupt nicht!“, jammert er gleich drauf los. „Moahr, Taka! Du siehst super aus, wie immer. Ist doch alles perfekt. Und jetzt komm!“

Mit ziemlich genau zehnminütiger Verspätung sind wir endlich am Schrein angekommen. Aoi, Kai und Ruha warten schon auf uns. Als mein Blick auf Kouyou fällt, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Sieht er gut aus. Einfach wunderschön. Ich kann meinen Blick gar nicht von ihm lösen. Zu sehr fesselt mich sein Anblick in diesem Moment. War er schon immer so wunderschön? Wenn ich darüber nachdenke, muss ich die Frage definitiv mit einem ‚JA’ beantworten. Seine sanften Gesichtszüge, seine faszinierenden, glänzenden Augen, in denen ich oft genug versinken könnte...

Ich sehe ihn immer noch schmachtend an, bis mir plötzlich jemand in die Seite piekt. Verwirrt sehe ich zu Taka, der neben mir steht und mich angrinst. Das Grinsen ist abnormal breit. Ob er wohl bemerkt hat, dass ich Uruha so angeschmachtet habe? Naja, egal. Solange Uruha selber es nicht merkt.

*Reitas POV Ende*
 

Uruha hatte die schmachtenden Blicke des Schwarz-blondhaarigen sehr wohl bemerkt, tat aber so, als wüsste er von nichts. Er freute sich innerlich über die schmachtenden Blicke Reitas. Vielleicht würde ja doch was aus ihnen beiden werden?

Die fünf erkundeten zunächst wie geplant die ganzen Stände und Buden. Uruha nahm erfreut wahr, dass der Schwarz-blondhaarige immer wieder zu ihm rüber schielte, wenn er sich unbeobachtet fühlte.

Als sie an einer Süßigkeitenbude vorbei kamen, bleibe Uruha plötzlich stehen. „Zuckerwatte~!“, sagte er und deutete mit glänzenden Augen auf den Dickmacher. Eigentlich war Uruha immer ziemlich erwachsen, doch wenn es um den flauschigen Süßkram ging, konnte er wirklich zum Kleinkind werden. Während er immer noch verzückt auf die Zuckerwatte starrte, bekam er gar nicht mit, dass Reita zu dem Budenbesitzer ging und eine große, rosafarbene Zuckerwatte kaufte. Lila gab es ja leider nicht und das rosa kam dem noch am nächsten. Erst ein „Hier, für dich“, ließ den Blond-brünetten aus seinen Zuckerwatte-Träumen aufschrecken. Er blickte erst zu Reita und dann zu der Zuckerwatte. „Danke, Rei~“, flötete er fröhlich und drückte dem Älteren einen kleinen Kuss auf die Wange, nahm die Zuckerwatte und ging fröhlich seine Zuckerwatte verschlingend weiter.

Der Blond-Schwarzhaarige hingegen stand wie angewurzelt da und hatte eine Hand an seine Wange gelegt. Besonders da, wo Uruhas Lippen gelegen hatten, und war es auch noch so kurz, kribbelte seine Haut und ein warmes Gefühl nahm von seinem Körper Besitz. Dann riss er sich aus seiner Trance los und folgte den anderen, die schon vorgegangen waren. Dass Ruki, Kai und Aoi zufrieden vor sich hingrinsten, bekam er genau so wenig mit wie Uruha, der zufrieden seine Zuckerwatte futterte.
 

***
 

Als die fünf dann alle Buden und Stände besichtigt und nebenbei ziemlich viel sinnlosen Kram gekauft hatten, war es auch schon nach 23 Uhr. Sie beschlossen, sich das Feuerwerk vom Hügel aus anzugucken. Denn in dem Park, in dem das Sommerfest stattfand, gab es auf einer Freifläche einen großen Hügel, auf dem auch einige Kirschbäume standen. Von dort hatte man bestimmt eine gute Sicht auf das bevorstehende Feuerwerk.

Also machten sie sich auf zu dem Hügel. Scheinbar hatten viele Leute dieselbe Idee, denn es tummelten sich bereits jetzt sehr viele Menschen dort. Die fünf ließen sich auf dem Gras nieder. Der Blondbrünette zog sich erst einmal seine Geta aus. „Meine Füße tun weh~“, jammerte er da er lange keine Geta mehr getragen hatte. Ohne darauf einzugehen, unterhielten sie sich eine Weile über alles Mögliche.
 

Irgendwann sah Kai auf seine Uhr. „Oi, es ist schon viertel vor 12! Bald beginnt das Feuerwerk!“ „Ich geh mir dann noch einen Becher Sake holen. Will noch jemand irgendwas?“, fragte Reita nun, der schon aufgestanden war. Ruki, Kai und Aoi schüttelten den Kopf, doch Uruha fragte lieb nach noch einer Zuckerwatte. Reita nickte und machte sich auf den Weg durch die immer größer werdende Menschenmasse, um, das Gewünschte zu besorgen.

Als er knapp fünf Minuten weg war, stand der Kleinste von ihnen auf. „Jetzt will ich doch was“, sagte Ruki und er nickte. „Ja, ich hol mir glaub ich auch noch was“ Mit diesen Worten stand auch der Schwarzhaarige auf. „Wartet, ich komm auch mit“, rief Kai, als die beiden schon ein Stück weg waren. „Hey! Ihr könnt mich doch nicht hier alleine lassen!“, empörte sich Uruha. „Na dann komm doch mit“, sagte Kai und sah den auf dem Boden sitzenden abwartend an. „Aber dann ist Reita doch alleine, wenn er wieder da ist“ „Na dann bleib halt hier“, meinte Kai noch, bevor auch er zwischen den vielen Leuten verschwand.
 

Etwas deprimiert blieb Uruha zurück und keine Minute später war auch Reita wieder da. „Ähh... wo ist der Rest?“, fragte er etwas irritiert, während er dem anderen seine, wieder rosafarbene, Zuckerwatte gab. „Ruki ist eingefallen, dass er doch etwas haben will und Kai und Aoi sind mit ihm mitgegangen.“, klärte er den Schwarzblondhaarigen auf. „Okay...“ Damit setzt er sich neben Uruha und während Reita seinen Sake trank und Uruha seine Zuckerwatte futterte, redeten sie kein Wort miteinander.

Doch plötzlich beugte sich Reita ganz nah zu Uruha. Dieser sah ihn fragend an und konnte nicht verhindern, dass er rot wurde. „Was ist?“, fragte er schließlich zögerlich. „Du hast Zuckerwatte am Mundwinkel“, sagte Reita, doch bevor Uruha etwas tun konnte, hatte der Ältere sich weiter vorgebeugt und leckte ihm die Zuckerwatte weg. Normalerweise würde er nie so handeln, doch der Sake, die er im Laufe des Abends zu sich genommen hatte, tat sein Übriges. Der Blondbrünette saß wie versteinert da, während sein Herz immer schneller schlug. Dann setze es für einen Moment aus, als er die weichen Lippen Reitas auf seinen fühlte. Es war ein zärtlicher und schüchterner Kuss, der dem Blondbrünetten fast den Verstand raubte. Bevor er anfangen konnte, den Kuss zu erwidern, hatte Reita ihn schon wieder gelöst. „Bitte hass mich nicht dafür Ruha, aber ich glaube, ich habe mich in dich verliebt“, murmelte er gegen Uruhas weiche Lippen. „Glaubst du, oder weißt du?“, brachte Uruha nur hervor und blickte Reita an. Sein Herz schlug so laut, dass es in seinen Ohren dröhnte und er sich sicher war, dass Reita es ebenfalls hörte.

„Ich bin mir sicher.“, sagte Reita schließlich. „Ansonsten würde mein Herz nicht so schnell schlagen und es würde nicht überall kribbeln. Aber bitte hass mich nicht für diese Gefühle“ Uruha aber lächelte ihn nur an, beugte sich vor und verschloss ihre Lippen erneut miteinander. Der Kuss war voller Gefühle und wurde schließlich von Uruha gelöst. „Ist das Antwort genug?“, fragte er schließlich gegen Reitas Lippen, die sich zu einem glücklichen Lächeln verzogen. „Ist es“, hauchte er und legte seine Arme um den anderen, der sich sofort an seinen warmen Körper schmiegte. Zudem griff er nach Reitas Hand und verhakte ihre Finger miteinander.
 

Beide zuckten erschrocken zusammen, als es plötzlich einen lauten Knall gab und der Himmel über ihnen zu leuchten begann. Eng aneinander geschmiegt betrachteten sie das Feuerwerk und dachten gar nicht an die anderen drei. Die standen schon die ganze Zeit in einiger Entfernung und beobachtete die beiden mit einem zufriedenen Lächeln und Ruki sagte „Operation ‚Volldeppen in Love’ erfolgreich beendet...“

Sommerfest

Weiter gehts~ :D Dieses Mal wieder aus Uruhas Sicht. Viel Spaß~ :D
 

*****
 

Seit Aoi und Saga vorgestern da waren, haben wir noch nichts unternommen. Gestern habe ich nur meinen Gedanken nachgehangen und in Erinnerungen geschwelgt. Und heute ist Sommerfest. Eigentlich bin ich gar nicht in Stimmung dafür, aber es ist Tradition. Schließlich gehe ich seit frühster Kindheit jedes Jahr zum Sommerfest. Die anderen kommen gleich vorbei, um mich abzuholen. Sie zwingen mich auch mehr oder weniger dazu, mit ihnen dahin zu gehen. Sie meinten, ich solle wenigstens einen Tag mal nicht an Reita denken. Dabei vergessen sie aber anscheinend, dass Reita und ich vor vier Jahren am Sommerfest zusammengekommen sind. Kaum zu glauben, dass es schon vier Jahre sind...
 

Ich bin grade in meine Geta geschlüpft, als es an der Tür klingelt. Ich öffne die Wohnungstür und sehe fünf staunende Gesichter vor mir, was mich grinsen lässt. „Ich kenne den Anblick ja schon…“, sagt Kai und sieht mich weiter an, „…aber es haut mich jedes Mal wieder um!“ Shou und Saga kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. „Wenn ich Shou nicht hätte und du nicht Reita, würde ich alles tun, um dich zu bekommen!“, lässt Saga verlauten. Mein Grinsen wird daraufhin noch breiter. „Ich nehm das jetzt mal als Kompliment!“, meine ich, dann verlassen wir meine Wohnung und gehen in den Park. Das Wetter ist Gott sein Dank super. Und die anderen schaffen es tatsächlich, mich von meinen Gedanken an Reita abzulenken.
 

Wir verbringen einen schönen Tag auf dem Fest. Als ich mir grade eine weitere Zuckerwatte kaufen will, tippt mir jemand auf die Schulter. Ich drehe mich herum und stehe einer jungen Frau gegenüber. Oh nein, bitte nicht noch eine Anmache. Ich wurde heute schon so oft von irgendwelchen Frauen und auch Männern nach einem Date gefragt. „Verzeihung... aber du bist Uruha, oder?“, fragt mich die Frau schließlich und ich nicke daraufhin erst einmal perplex. „Kennen wir uns?“, frage ich dann, immerhin weiß sie meinen Namen, kommt mir aber überhaupt nicht bekannt vor. Sie lächelt. „Nein, wir kennen uns nicht...“ Dann ändert sich ihr Gesichtsausdruck und sie wird plötzlich ernst. „Reita schickt mich!“

Dieser Satz haut mich um. Ich kann nicht anders, als sie geschockt und verwirrt zugleich anzustarren. „Reita??... Aber was... warum??!“ Ich bekomme keinen vernünftigen Satz heraus. „Uruha?... Ruha?... KOUYOU!“ Ich zucke zusammen, als Aoi plötzlich meinen Namen schreit. Ich blicke zur Seite und treffe auf Aois Blick. Dieser blickt zwischen mir und der jungen Frau hin und her. „Wer ist das?“, fragt er schließlich, was sie peinlich berührt aufsehen lässt. „Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Aya, eine von Reitas Bediensteten“

Ich gucke noch verwirrter als zuvor. Aoi sieht nicht besser aus. „Was?“, bringe ich nur heraus, nicht in der Lage, vernünftig zusammenhängende Worte zu bilden. Irgendwie habe ich Probleme, das ganze hier zu verarbeiten. „Ano... ist es möglich, dass wir irgendwo ungestört unter vier Augen reden?“, wendet sich Aya an mich. „Zehn Augen!“, wirft Aoi ein, hinter dem jetzt auch Ruki und Kai aufgetaucht sind. Aya nickt darauf hin. „Auch gut. Nur nicht in der Öffentlichkeit.“ Diesmal nicke ich.
 

Ich weiß nicht, warum ich ihr vertraue, aber wir gehen schließlich in meine Wohnung. Ist ja auch nur fünf Minuten vom Park entfernt. Und ich will möglichst schnell wissen, was das alles auf sich hat.

In meiner Wohnung angekommen ziehen wir uns die Schuhe aus und gehen ins Wohnzimmer. Tee will keiner. Ich würde vor lauter Aufregung vor dem, was mich erwartet, wahrscheinlich den Tee mehr verschütten als trinken. Mehr als nervös sitze ich schließlich Aya gegenüber. Besonders Kai und der Kleinste gucken fragend in die Runde, da sie ja noch nicht wissen, worum es geht. Immerhin haben wir auf dem Weg in meine Wohnung die ganze Zeit geschwiegen. „Also...“, erhebt Aya schließlich das Wort, „...wie ich schon sagte, hat Reita mich geschickt.“ Bei den Worten fängt Ruki an zu knurren. „Wenn ich den in die Finger bekomme...“, höre ich ihn murmeln. Er ist immer noch tierisch wütend auf seinen besten Freund. Hach ja, Ruki ist ja irgendwie knuffig, wenn er sich aufregt, was ich ihm aber bestimmt nicht sagen werde. Stattdessen bitte ich ihn ruhig zu sein und Aya erzählen zu lassen. Eine Frage kann ich mir selbst dann aber doch nicht verkneifen. „WO ist Aki überhaupt?“ „Er ist in Kanagawa, auf dem Anwesen seines Vaters.“ „Kanagawa... Anwesen... Vater?“, nuschel ich verwirrt. „Seine Eltern wohnen doch hier in Tokyo ... und so reich, dass sie ein ‚Anwesen‘ haben, sind sie doch auch nicht“, überlege ich laut. „Das stimmt so nicht ganz... Du sprichst von seinen ‚Pflegeeltern‘.“

So langsam habe ich das Gefühl, in einem irren Traum zu stecken. Was zum Teufel geht hier vor sich?? Doch bevor ich die Frage laut stellen kann, fährt Aya fort. „Die Leute, die er hier in Tokyo hat, sind nicht seine leiblichen Eltern. Aber zumindest sein Vater lebt noch... Wisst ihr, wie der mächtigste Yakuza-Clan Japans heißt?“ Als sie das mit den leiblichen Eltern sagt, liegen mir schon wieder so viele Fragen auf der Zunge, doch als sie ihre Frage stellt, weiten sich meine Augen erschrocken. „Der Suzuki-Clan... sag nicht, dass...“ Ich kann gar nicht zu Ende sprechen, doch das scheint auch nicht nötig zu sein, denn sie nickt. „Doch. Akiras Vater ist Suzuki Shinosuke, der mächtigste Yakuza-Boss ganz Japans. Akira durfte seine Kindheit und Jugend fern ab von den Geschäften seines Vaters leben, bei Pflegeeltern hier in Tokyo. Vor einer knappen Woche tauchte Shinosuke allerdings bei Reita auf. Er will, dass er jetzt in die Geschäfte eingearbeitet wird. Reita wollte natürlich nicht. Als sein Vater dann verstanden hat, dass Reita mit einem anderen Mann zusammen ist, hat er ihn gezwungen, mitzukommen und so brutal mit dir Schluss zu machen, indem er gedroht hat, dir etwas anzutun. Deshalb, und nur deshalb ist Akira mit nach Kanagawa gekommen“, erklärt sie.

Ich sitze nur stumm da und versuche, das eben gehörte zu verarbeiten. Auch die anderen sitzen schweigend da. Ich denke, dass wir alle noch nicht ganz glauben könne, was sie uns grade erzählt hat. „Noch mal zusammenfassen“, ertönt es von Kai, „Reitas Vater ist Yakuza-Boss, der mächtigste Japans nebenbei, und zwingt ihn, die Geschäfte zu übernehmen oder zumindest daran Teil zu haben.“ „Ja, das ist die Kurzfassung.“

Danach ist es erst einmal wieder still in meinem Wohnzimmer. Ich schweige und folge dabei meinem inneren Gefühlskampf. Einerseits bin ich wütend und enttäuscht. Schließlich hat er mich, seit wir uns kennen, angelogen. Die beiden Menschen, die ich als ‚Schwiegereltern‘ kennen und lieben gelernt habe, sind gar nicht seine Eltern. Sein ganzes Leben basiert auf Lügen. Andererseits kann ich ihn verstehen. Was will man anders machen, bei den Eltern, bzw. dem Vater? Es muss so schwer für ihn gewesen sein, so unbeschwert, wie er immer scheint, zu leben, wenn man immer im Hinterkopf hat, dass der Vater der mächtigste Mann der japanischen Unterwelt ist.

Und dann schleicht sich noch eine kleine, eigentlich unbedeutende Frage in meinen Kopf, die ich dann aber trotzdem gleich stelle. „Woher wusstest du eigentlich, dass ich Akiras Freund bin?“ Daraufhin lächelt sie.
 

*Flashback Ayas POV*

Ich bin gespannt, was Reita nach dem Nachdenken davon hält, seinen Freund hier als Bediensteten einzuschleusen. Nachdem ich meine Arbeit erledigt habe, gehe ich wieder zu Reita. Er sitzt auf dem Bett und scheint in Gedanken versunken zu sein. Dabei liegt ein trauriges Lächeln auf seinen Lippen, während er auf die Bettdecke starrt. „Hey, warum so betrübt?“, frage ich ihn und setzte mich auf die Bettkante. Seufzend sieht er auf. „Morgen ist Sommerfest in Tokyo. Morgen vor genau vier Jahren sind wir zusammen gekommen. Und ich sitze hier und weiß nicht, was ich machen soll. Und Kouyou weiß nicht einmal, wo ich bin und warum ich so gehandelt habe. Wenn er wenigstens wüsste, was los ist...“ Und wieder kommt mir eine Idee. „Ano... soll ich mit ihm reden? Ich bekomme jedes Jahr für das Sommerfest einen Tag frei, da meine Eltern in Tokyo wohnen und ich sie dann immer besuche.“ Ich hoffe, dass er zustimmt. Ich will ihm so gerne helfen. „Das würdest du tun?“, fragt er und sieht mich hoffungsvoll an. Ich nicke selbstverständlich. „Klar, dafür sind Freunde doch da.“, sage ich und schlucke im nächsten Moment. Ich sehe Reita nach den paar Tagen, die er hier ist, als Freund an, aber er? Doch meine Zweifel werden weggepustet, als er mich in eine freundschaftliche Umarmung zieht. „Danke Aya!“ Ich lächel und drücke ihn kurz an mich. „Wo genau wohnt er denn? Oder wie erkenne ich ihn?“ Sofort erscheint ein verträumtes Lächeln auf seinen Lippen. „Du meinst davon abgesehen, dass er einfach wunderschön ist? ... Er trägt seit vier Jahren den gleichen Kimono auf dem Sommerfest. Schwarz mit einem lila Kirschblütenmuster. Er ist einfach nicht zu übersehen.“ Dann schmunzelt er. „Du wirst ihn wahrscheinlich am Zuckerwattestand finden. Er liebt das süße Zeug immer noch abgöttisch.“ Ich muss grinsen. „Okay, ich werde ihn schon finden. Mach dir keine Gedanken.“ Er nickt und daraufhin verlasse ich sein Zimmer, um meine Sachen zu packen. Immerhin fahre ich morgen früh nach Tokyo.

*Flashback Ayas POV Ende*
 

Auf ihre Erklärung hin nicke ich. Tatsächlich trage ich den Kimono, den die anderen mir vor vier Jahren zum Geburtstag geschenkt haben. Ich trage ihn nur zu besonderen Anlässen und das Sommerfest ist für mich ein besonderer Anlass, schließlich sind Reita und ich vor vier Jahren beim Sommerfest zusammen gekommen.

Danach erzählt Aya ein bisschen, wie es Aki dort ‚zu Hause‘ geht. Er tut mir so leid. Am liebsten würde ich hinfahren, ihn in meine Arme schließen und nie wieder loslassen. Ich vermisse ihn so sehr. „Aya, ich will ihn wiedersehen.“, spreche ich schließlich meine Sehnsucht aus. „Ano... Ich hätte da ja eine Idee, aber Reita zweifelt noch daran“, meint sie schließlich seufzend. “Und was?!“, frage ich sofort nach. „Wisst ihr, die Bediensteten werden, bis auf den ‚Kern‘ jedes Jahr im Spätsommer ausgewechselt. Wir könnten dich einschleusen. Allerdings müsstest du als Frau hin.“ Die Idee finde ich gut, aber warum als Frau? Diese Frage stelle ich dann auch laut. „Weil Reita nur weibliche Bedienstete hat. Sein Vater hofft, ihn so wieder umpolen zu können. Aber er hat mir gesagt, dass er eh nur auf dich steht“ Unwillkürlich muss ich lächeln. Das sagt er mir auch immer. Und das glaube ich ihm auch. „Achso...“, antworte ich schließlich auf Ayas Erklärung. „Also ich finde Idee gut. Ich finde jede Idee gut, solange ich nur Aki wiedersehen kann“

Sie nickt und meint, dass sie nochmal mit ihm darüber redet. Ich lächel dankbar. Dann wandert mein Blick nach draußen. Dort ist es schon dunkel. Ich haben gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit wieder einmal vergeht. „Hast du noch Fragen oder kann ich gehen? Ich würde nämlich gerne das Feuerwerk sehen“, gibt Aya von sich, als sie meinem Blick folgt. Bevor ich antworten kann, erhebt Aoi das Wort. „Wir können ja alle zusammen hingehen. Wir wollen das Feuerwerk nämlich auch ansehen. Außerdem können wir eine hübsche, junge Frau wie dich doch nicht abends alleine nach draußen lassen!“ Oha... an Aois Stimme erkenne ich, dass er scheinbar Interesse an Aya hat. Doch Aya grinst nur. „Keine Angst, Aoi, ich weiß mich zu verteidigen. Ich mache seit fünf Jahren Karate“ Erstaunt blicken wir sie an. So sieht sie irgendwie gar nicht aus. Doch dann muss auch ich grinsen. „Weiß Aki, dass du Karate machst?“ „Öh, nein, wieso?“, fragt sie sichtlich verwirrt. „Er macht auch Karate. Sprech ihn bei Zeiten mal drauf an, vielleicht könnt ihr ja mal zusammen trainieren.“ Sie nickt. „Vielleicht ist er mir ja gewachsen. Mit den anderen brauch ich eigentlich gar nicht zu trainieren, die liege eh sofort auf der Matte~“, erklärt sie grinsend. „Jap, er ist dir gewachsen, denn genau so geht es ihm auch“
 

Während wir uns noch weiter unterhalten, verlasen wir meine Wohnung wieder und machen uns auf den Weg zurück zum Sommerfest, um uns das Feuerwerk anzugucken. Als wir an einem Stand vorbei gehen, an dem man Kokeshi kaufen kann, kommt mir plötzlich eine Idee. „Geht ihr schon mal vor. Ich komme gleich nach.“ Die anderen gucken zuerst etwas verwirrt, zucken dann jedoch mit den Schultern und gehen weiter. Ich hingehen drehe mich um und renn so schnell es geht zurück nach Hause. Meine Geta halte ich in der Hand, da man mit den Dingern ja nicht allzu schnell gehen kann. Zuhause angekommen schnappe ich mir ein leeres Blatt und beginne zu schreiben. Fünf Minuten später bin ich dann schon wieder vor meiner Wohnungstür und laufe zurück zu den anderen. Wieder an dem Stand kaufe ich eine Kokeshi. Den Kopf der Kokeshi drehe ich solange, bis er sich mit einem leisen Knacken vom Körper löst. Den Zettel, den ich zuhause beschrieben habe, stecke ich in den hohlen Körper der Holzpuppe hinein.

Ich denke, dass Aki ihn finden wird. Wir haben uns schon in der Grundschule kleine Nachrichten in Dingen versteckt zukommen lassen, und seien es nur Spickzettel in Anspitzerdosen gewesen. Den Kopf setzte ich anschließend wieder auf die Kokeshi und sehe zu, dass ich zu den anderen zurück komme. Dort drücke ich Aya die Kokeshi mit den Worten „Gib die bitte Aki!“ in die Hand. Auf die Idee, ihr den Brief an Reita so zu geben, komme ich in dem Moment gar nicht. Bevor Aya jedoch noch etwas antworten kann, beginnt das Feuerwerk.
 

*

Gebannt bestaunen wir das Spektakel am Nachthimmel. Danach verabschiedet sich Aya von jedem von uns mit einer Umarmung. Zu der Kokeshi sagt sie nichts mehr. Auch Kai und Ruki verabschieden sich von uns. Kai grinst nur, als wir nach dem Grund fragen. Er scheint also ein Date zu haben. Ruki hingegen will nach Hause zu seinem Hund. Er hat sich vor kurzem einen Hund angeschafft. Und er hat den Kleinen richtig in sein Herz geschlossen. Er strahlt immer so, wenn er von Sabu-chan erzählt. Ob in Rukis Herz wohl noch Platz für einen festen Freund ist?...

Der Schwarzhaarige kommt mit zu mir. Als wir beide bei mir auf der Wohnzimmercouch sitzen, nachdem wir uns bequeme Schlabberklamotten angezogen haben, stupse ich Aoi in die Seite. „Sag mal, Aya scheint dir ja sehr zu gefallen, hu?!“ Er wird leicht rot um die Nase und blickt zur Seite. Das ist mir schon Antwort genug. Grinsend pieke ich ihm weiter in die Seite. „Aoi ist verknallt, Aoi ist verknallt~“, träller ich gut gelaunt, was ihn noch mehr erröten lässt.

Ich würde es ihm echt gönnen, wenn das mit ihm und Aya klappt. Er hatte mit Beziehungen bis jetzt immer nur Pech. Seine letzte Ex-Freundin hatte ihn vier Monate lang betrogen, ehe er sie in flagranti erwischt und Schluss gemacht hat. Das ist jetzt zwei Jahre her. Seit dem war Aoi auch nicht mehr verliebt. Umso heftiger scheint’s ihn ja jetzt erwischt zu haben.

Eine Weile quatschen wir dann noch, bevor wir ins Bett gehen.
 

*Ayas POV*

Nachdem Uruha auf einmal weg ist, begeben wir uns auf eine Wiese. Von dort aus kann man das Feuerwerk super sehen. Auf einem freien Fleckchen lassen wir uns nieder. Aoi setzt sich neben mich. Ich glaube, er steht auf mich. Weibliche Intuition ist schon eine tolle Sache. Das Problem ist nur: mag er MICH oder mag er Frauen allgemein? Ich mein, Aoi sieht super aus, ist total nett und sympathisch, aber am Anfang sind das alle Männer. Ich will nicht schon wieder an so einen Macho geraten, von dem man zum willigen Sex-Objekt degradiert wird und bei dem jede Berührung und jeder Kuss von einem sexuellen Hintergedanken geprägt ist. Davon hatte ich in der Vergangenheit eindeutig genug. Ich will einen liebevollen, romantischen Freund, mit dem man auch mal knutschen und kuscheln kann, ohne hinterher im Bett zu landen. Ob Aoi wohl so ein Typ Mann ist? Ob ich mich auf ihn einlassen sollte, wenn er mich anmacht? Vielleicht würde aus dem nett uns sympathisch ja mehr werden...

Bevor ich jedoch weiter darüber nachdenken kann, wedelt mir jemand mit der Hand vorm Gesicht herum. Es ist Kai. „Alles okay, Aya? Du bist so abwesend.“ Mit einem genuschelten „Ich war nur in Gedanken“ teile ich ihm mit, dass er sich keine Sorgen machen muss.

Keine fünf Minuten später kommt dann auch Uruha wieder, der mir eine Kokeshi in die Hand drückt, die ich Reita geben soll. Ich will ihn grade fragen, ob etwas Besonderes an der Kokeshi ist, doch da beginnt das Feuerwerk und wir schenken unsere Aufmerksamkeit dem bunten Spektakel am Nachthimmel. Die Kokeshi verschwindet in meiner Handtasche.
 

*

Nach dem Feuerwerk verabschiede ich mich von den Jungs. Auch wenn wir uns erst seit heute kennen, verabschiede ich alle mit einer Umarmung. Bei Aoi spüre ich, dass sein Herz ein Tacken schneller schlägt als es normal wäre. Ich habe scheinbar recht mit meiner Vermutung. An die Kokeshi denke ich gar nicht mehr, sodass ich Uruha auch nicht nach der Bedeutung der Holzpuppe frage. Erst, als ich im Zug zurück nach Kanagawa sitze und mein Ticket bei der Fahrkartenkontrolle aus der Handtasche hole, fällt es mir wieder ein. Aber wenn die Kokeshi einen besondere Bedeutung hat, wird Reita sie hoffentlich wissen.

*Ayas POV Ende*
 

Als ich am nächsten Morgen aufwache, halte ich den vergangenen Tag erstmal für einen irren Traum. „Oh man Uru, was träumst du nur wieder für einen Scheiß? Reita als Yakuza-Sohn mit Bediensteten. Du hast 'nen Schaden!“, rede ich zu mir selbst. Dann stehe ich auf. Schließlich gehe ich davon aus, dass heute Sommerfest ist und ich mich jetzt fertig machen muss... bis mein Blick auf den definitiv getragenen Kimono fällt. „Also doch kein Traum?!“, nuschel ich fassungslos. Daraufhin begebe ich mich ins Wohnzimmer. Da müsste dann ja Aoi sein und schlafen. Aber... nichts! „Aoi?“, rufe ich, während ich in die Küche gehe. Dort ist er allerdings auch nicht. Und das Bad ist auch leer. Verloren und verwirrt stehe ich im Flur und habe das Gefühl, langsam aber sicher durch zu drehen.

Plötzlich knackt das Türschloss. WTF? Es hat doch sonst nur Reita einen Schlüssel. Sekunden später steht aber Aoi in der Tür. In der Hand eine Tüte, aus der der Geruch von frischen Brötchen kommt. „Morgen Ruha. Na, gut geschlafen?“, fragt er mich und legt den Schlüssel, der unverkennbar meiner ist, auf seinen Platz auf die Kommode im Flur.
 

Ich starre ihn nur an. Also war das alles wirklich kein Traum. Es war alles echt. Aya und Reitas Yakuza-Familie. So langsam sickert diese Info in mein träges Hirn, welches jetzt auch realisiert, dass Aoi mich sehr besorgt ansieht und mit mir redet. „Alles okay, war nur in Gedanken“, sage ich und gehe einfach in die Küche. Erst jetzt fällt mir auf, dass bereits Kaffee gekocht ist. Ich sollte meiner Umwelt auch in solchen Situationen echt mehr Aufmerksamkeit schenken.

Aoi sieht mich verwirrt an, sagt aber nichts. Schweigend decken wir den Tisch und frühstücken dann gemütlich, wobei meine Gedanken wieder zum vergangenen Tag schweifen. Gestern ist so viel passiert... Aber was mich total erleichtert ist, dass Reita nicht gegangen ist, weil er mich nicht mehr liebt, sondern weil er mich schützen will, da er mich immer noch über alles liebt. Es kann also doch noch alles gut werden...

Botschaft

Nach dem Prequel geht es jetzt normal weiter, diesmal wieder aus Reitas Sicht.

____
 


 

Diese Warterei macht mich so nervös. Ich habe das Gefühl, gleich vor lauter Nervosität zu platzen. Aya ist seit gestern morgen weg. Immerhin war gestern das Sommerfest. Heute kommt sie wieder. Wie ein im Käfig eingesperrter Tiger laufe ich in meinem Zimmer hin und her. Dass ich noch keine Furche in den Boden gelaufen hab, ist auch alles. Ob sie Uruha getroffen hat? Und wenn ja, was hat er gesagt? Ich könnte es irgendwie voll verstehen, wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben will. Immerhin habe ich ihn mein ganzes Leben lang angelogen, was meine Familie betrifft. Natürlich vertraue ich ihm, aber ich konnte es ihm einfach nicht sagen. Zu seinem eigenen Schutz. Und ich durfte auch nicht. Das war etwas, das mir von Anfang ein eingetrichtert wurde: Lasse absolut niemanden wissen, dass du der Sohn von Suzuki Shinosuke bist!

Ich hoffe dennoch so sehr, dass er mir meine Lüge und meine Unehrlichkeit verzeiht. Denn ich wüsste nicht, was ich machen soll, sollte dies nicht der Fall sein. Ich kann doch nicht ohne ihn.
 

*

Ich zucke erschrocken zusammen, als sich meine Zimmertür plötzlich öffnet. Das kann eigentlich nur Aya sein, denn sonst kommt niemand in mein Zimmer ohne anzuklopfen. Doch zu meinem großen Missfallen ist es nicht Aya, sondern Ryo. „Warum so nervös, Bruder?“, fragt er und das ‚Bruder’ kommt dabei so abfällig über seine Lippen, dass mir schlecht wird. Nur gut, dass das auf Gegenseitigkeit beruht. „Ich bin nicht nervös. Und wenn, dann geht es dich einen feuchten Scheiß an!!“, fauche ich ihn an und spieße ihn dabei mit meinem Blick auf. Ich will, dass er möglichst schnell verschwindet.

„Und du meinst, ich glaub dir das? Was hast du für ein Geheimnis, Brüderchen?!“, fragt er lauernd. Okay, Reita, jetzt nur nichts anmerken lassen! Also nicht auf das erste eingehen. „’Brüderchen’? Du vergisst, dass du der Jüngere von uns beiden bist. Und größer als du bin ich auch und nun hau ab! Sonst vergess ich mich noch!“ Mit einem „Ich finde noch raus, was du verbirgst“ verlässt er schließlich mein Zimmer.

Einen Moment starre ich noch auf die Tür, bevor ich mich auf meinen Schreibtischstuhl sinken lasse. Mit dem Rücken zur Tür sehe ich durch die große Fensterfront in den verregneten Hof. Scheiß Wetter und das im Sommer! Ich hoffe, dass die anderen in Tokyo wenigstens gutes Wetter haben. Dann höre ich, wie sich die Tür erneut öffnet. „Haub ab, Ryo! Du hast hier nichts zu suchen. Geh mir aus den Augen!“, blaffe ich die unschuldige Fensterfront vor mir an.

Daraufhin ertönt ein definitiv weibliches Gekicher. „Also erstens bin ich nicht Ryo und zweitens hab ich auch schon mal nettere Begrüßungen erhalten!“ Ich stehe auf und gehe auf Aya zu. „'Tschuldige, Aya“, sage und umarme sie kurz. „Schön, dass du wieder da bist.“ „Geht doch~“, lacht sie dann und grinst.

„Hast du Uruha gefunden?“, frage ich dann sofort. Eigentlich wollte ich sie damit ja nicht so überfallen, aber ich will das jetzt wissen! Sie lächelt daraufhin nur, sagt aber nichts, während sie auf einem Sessel Platz nimmt. Ich setzte mich ihr gegenüber in den anderen Sessel und trommel ungeduldig mit dem Finger auf meinem Knie herum. „Jetzt sag schon~“, quengel ich, da sie immer noch schweigt. Dann lacht sie. „Oh Rei, du bist total süß, wenn du quengelig bist.“ Ich drehe meinen Kopf beleidigt zur Seite. „Ich bin nicht süß! ...Und jetzt sag!“, fordere ich sie erneut auf. Doch sie schweigt mich weiterhin grinsend an. „Aya~“, jammer ich wieder. Dazu sehe ich sie mit einem Dackelblick der Extraklasse an. Scheint zu wirken, denn sie seufzt resignierend. „Okay, ich gebe auf.“, gibt sie sich geschlagen. „Also. Ich habe Uruha tatsächlich getroffen“ Okay, jetzt bin ich noch nervöser als vorher und hibbel rum wie ein Kleinkind an Weihnachten. „Ich habe ihn übrigens tatsächlich am Zuckerwattestand gefunden“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Ich muss grinsen.

Dann erzählt sie mir von dem Gespräch mit Uruha. Dabei merke ich, wie mir ein Stein vom Herzen fällt. Uruha hasst mich nicht. Es kann doch noch alles gut werden. Plötzlich drückt Aya mir eine Kokeshi in die Hand. „Die soll ich dir von Uruha geben!“ Verwirrt sehe ich auf die Kokeshi. „Danke... Hat er irgendwas dazu gesagt?“, frage ich noch, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass er mir einfach so eine Kokeshi schenkt. Da muss etwas dahinter stecken. „Uhm, leider nicht. Und ich hab auch vergessen, nachzufragen“ Naja, nicht schlimm. Ich komme schon noch dahinter.
 

„Du, Reita, kann ich dich mal was fragen?“ Hu? Was kommt denn jetzt wohl? „Klar, schieß los.“ „Wie... nein, anders... was für ein Typ Mann ist Aoi?“ Was zur Hölle?! Bilde ich mir das jetzt nur ein, oder hat Aya wirklich einen schwachen rot-Ton angenommen? Grinsend betrachte ich Aya. „Warum fragst du?“ „Och, nur so..“, meint sie und wird noch ein bisschen röter, was mich noch breiter grinsen lässt. „Wer’s glaubt. Also Aoi ist zwar total durchgeknallt, aber er ist hoffnungslos romantisch und vor allem treu. Er ist für jeden Scheiß zu haben, kann aber auch unglaublich ernst und erwachsen sein. Manchmal ist seine kindische, aufgedrehte Art nervig, aber allgemein kann man ihn auch für längere Zeit gut um sich haben. Noch was?“ Aya sieht mich mit einem nicht zu deutenden Blick an. „Klingt ja fast wie der perfekte Traummann...“, nuschelt sie dann. Und nochmal wird mein Grinsen breiter. Als sie das merkt, steht sie hastig auf. „Ich geh dann mal... Muss arbeiten!“ Und mit einem roten Kopf verlässt sie mein Zimmer.

Soso, Aya und Aoi also. So wie ich das einschätzen kann, ist sie Aois Typ. Und Aoi scheint ihr Typ zu sein. Wäre ja schön für die beiden und Aoi hat so wie so mal wieder Glück in der Liebe verdient.
 

Mein Blick schweift eine Weile unruhig im Raum hin und her, bis er auf die Kokeshi fällt. Ich nehme die Holzpuppe in die Hand. Warum hat Uruha mir eine Kokeshi geschenkt? Es ist nichts Besonderes an ihr. Eine einfache Holzpuppe eben. Diese stelle ich, nachdem ich sie noch einige Augenblicke nachdenklich angestarrt habe, auf meinen Nachttisch. Danach setzt ich mich an meinen PC und zocke gelangweilt Solitär. Was anderes kann ich hierdrauf kaum machen. Außer BWL-Kram ist hier nichts drauf. Internetzugang habe ich nur sehr sehr eingeschränkt. YouTube? Google? Geschweige denn E-Mails? Nein, nichts! Ich komme nur auf Seiten, die etwas mit BWL zu tun haben.

Das mit den E-Mails nervt mich am meisten. Als ich den PC das erste Mal angeschaltet habe und gesehen hab, dass ich Internetzugang habe, wollte ich Ruha in einer Mail alles erklären. Aber das war ja wohl ein Schuss nach hinten.
 

***

Am Nachmittag liege ich dösend auf meinem Bett. Langweilig~ Dann klopft es an meiner Tür. „Ja bitte?“, kommt es genervt über meine Lippen. Die Tür öffnet sich und Aya tritt ein, hält etwas hinter ihrem Rücken versteckt. „Was hast du da?“, frage ich sofort neugierig und mit einem Grinsen seitens Aya fliegt weißer Stoff in mein Gesicht. Irritiert ordne ich den Stoffballen und zum Vorschein kommt ein Karateanzug. „Uruha hat gesagt, dass du Karate machst. Also lass uns in den Dojo gehen und gucken, ob du mich besiegen kannst!“, grinst sie mir fröhlich entgegen. „Du machst Karate?“, frage ich sie irritiert. Das hätte ich ihr irgendwie gar nicht zugetraut. „Und wo ist der Dojo überhaupt?“, frage ich weiter, doch sie greift nur nach meiner Hand und zieht mich hoch. „Ja, mach ich. Und jetzt komm!“ Sie lässt meine Hand los und ich folge ihr ohne Widerworte.

Kurze Zeit später stehen wir vor einer großen, dunklen Holztür. Die Tür habe ich bis jetzt noch nicht einmal bemerkt. „Der Dojo liegt genau zwischen deinem Gebäudetrakt und dem Rest. Von beiden Seiten ist der Dojo zugänglich, aber er wird nur selten genutzt. Einmal im Monat ist eine Karateeinheit für das Sicherheitspersonal und sonst bin nur ich hier drin“, erklärt sie. Dann öffnet sie die Tür und betritt den Dojo, stoppt dann aber plötzlich, sodass ich in sie rein renne. Irritiert folge ich ihrem Blick und muss grinsen. Da liegen doch tatsächlich zwei Bedienstete halbnackt und knutschend rum. Beide männlich, wohlgemerkt, auch wenn einer der beiden sehr feminin wirkt. Aya räuspert sich, woraufhin die beiden auseinander fahren und uns, aber vor allem mich, geschockt ansehen. „Keine Angst, er hat selbst einen Freund“, sagt Aya lächelnd und daraufhin entspannen sich die beiden augenblicklich. Mit einem verlegenen Lächeln raffen die beiden ihre Klamotten zusammen und verabschieden sich wortlos mit einer Verbeugung vor mir.

Ich starre Aya beinahe fassungslos an. „Was was DAS denn jetzt?“ Sie lächelt. „Die beiden sind seit 4 Monaten ein Paar. Sie leben in ständiger Angst erwischt zu werden. Wir wollen nicht wissen, was passiert, wenn dein Vater davon erfährt. Du kennst ihn und weist ja selber am besten, wie er auf so etwas reagiert...“ Ich nicke bedrückt und daraufhin gehen wir in die Umkleiden und ziehen uns um.

Beide mit einem Karateanzug bekleidet betreten wir schließlich den Dojo. „Dann zeig mal, was du kannst!“, grinse ich Aya an.
 

***

Eineinhalb Stunden später liegen wir beide keuchend auf dem Boden. „Ich kann nicht mehr~“, keucht sie erschöpft, ich nicke nur zustimmend. „Unentschieden...“, murmel ich noch hinterher. Tatsächlich haben wir unentschieden gekämpft. Jedes Mal. Und wir haben wirklich viele Kämpfe hinter uns. „Du bist wirklich gut“ „Du aber auch!“

Dann stehen wir beide auf und verlassen den Dojo. Gerade, als wir die Tür hinter uns geschlossen haben, kommt mein Vater um die Ecke. „Akira... Morita-san. Was geht hier vor sich?“, fragt er scharf und mustert mich und Aya eingehend. „Akira-sama hat nach einem Raum für Karate gefragt, Suzuki-sama.“, antwortet Aya und blickt dabei die ganze Zeit auf den Boden.

„Wer hat ihnen erlaubt zu sprechen, Morita-san?!“, herrscht er Aya an, die kaum merklich zusammen zuckt. „Ich bitte um Verzeihung, Suzuki-sama!“, antwortet sie und verbeugt sich tief vor meinem Erzeuger. Ich beäuge die Situation nur ungläubig. Ist dem schon einmal aufgefallen, dass die Bediensteten auch Menschen sind, so wie er? Ich glaube nicht. „So eine Unhöflichkeit will ich nicht noch einmal erleben, Morita-san! Sie können von Glück sagen, dass sie zum festen Kern gehören und ihre Arbeit bis jetzt immer ausgesprochen positiv erledigt haben und daher eine nicht zu ersetzende Untergebene sind. Ansonsten hätte ich sie glatt gefeuert!“ Sie nickt daraufhin und verbeugt sich noch einmal vor ihm. „Ich danke ihnen vielmals, Suzuki-sama! So etwas wird nicht noch einmal vorkommen!“ Mein Vater deutet ein knappes Nicken an, bevor er sich an mich wendet. „Wir sehen uns beim Abendessen, mein Sohn!“ Damit geht er an uns vorbei und verschwindet.
 

Ich gehe ohne ein weiteres Wort in mein Zimmer, Aya folgt mir. Ich koche vor Wut. Was glaubt er eigentlich, wer er ist? So behandelt man doch keine Angestellten! „Beruhig dich Reita, es ist nichts passiert! Ich bin es gewohnt, es war nicht schlimm!“, versucht Aya mich zu beruhigen. „Nicht schlimm?? Aya, er behandelt euch wie Objekte. Mich wundert es, dass ihr kein Hundefutter bekommt!“ Okay, das ist jetzt vielleicht übertrieben, aber es trifft den Kern der Sache ganz gut. Aya lächelt. „Du bist so lieb, Reita. Kaum zu glauben, dass der Kerl dein Vater ist. Ihr seid euch überhaupt nicht ähnlich.“ „Wär ja noch schöner...“, grummel ich aufgebracht. „Verdammt, ich halte das hier nicht mehr aus!“ Mit diesen Worten trete ich wütend gegen meinen Nachttisch. Die Kokeshi, die darauf steht, fällt daraufhin auf den Boden. Entsetzt sehe ich zu, wie sich der Kopf vom Rest der Puppe trennt und auf dem Boden herumkullert. Ich knie mich hin und hebe die Kokeshi auf. „Nein...“, murmel ich niedergeschlagen. Die Kokeshi war das einzige, was ich von Uruha hier habe. Dann stutze ich. Im Körper der Kokeshi steckt ein weißes Blatt Papier. Mit zitternden Fingern nehme ich den Zettel heraus und falte ihn auf. Dass Aya das Zimmer mit einem Lächeln auf den Lippen verlässt, bemerke ich gar nicht. Ich erkenne Uruhas Sauklaue sofort und muss lächeln.
 

Lieber Akira,

als Aya heute mittag vor mir stand und sagte, dass du sie geschickt hast, war ich verwirrt. Ich wollte erst nicht glauben, was sie alles erzählt hat, da ich mir das einfach nicht vorstellen konnte. Aber jetzt glaube ich ihr. Und ich verzeihe dir, dass du mir nicht die Wahrheit gesagt hast. Klar bin ich auch enttäuscht, aber ich kann dich auch verstehen. Ich würde auch nicht erzählen, dass mein Vater der größte Yakuza-Boss des Landes ist.

Aber das ist mir alles egal. Alles was ich will, ist dich wieder zu sehen und wieder in deinen Armen zu liegen. Ich vermisse dich so sehr, Aki...

Aya hat die Idee geäußert, mich als Bedienstete einzuschleusen. Klar, es ist ein Risiko, aber ich will es eingehen. Wir schaffen das, Aki. Ich bin mir sicher, dass unsere Liebe dafür stark genug ist. Zusammen können wir das schaffen, wir müssen nur daran glauben. Bitte gib uns diese Chance, Akira.

Ich liebe dich und kann es kaum abwarten, von dir zu hören und dich wieder zu sehen (und ich kann immer noch nicht glauben, was ich da grade für ein schnulziges Zeug geschrieben habe...)

In Liebe, dein Kouyou
 

Ich merke gar nicht, wie mir stumme Tränen über das Gesicht laufen. „Ich will dich auch wieder bei mir haben, Kouyou...“, murmel ich, bevor ich mit der Kokeshi und dem Brief in der Hand aufstehe. Die Kokeshi setze ich wieder zusammen und stelle sie wieder auf meinen Nachttisch. Anschließend lege ich mich in mein Bett. Mein Blick liegt auf der Kokeshi. Uruha hat Recht. Es ist ein Risiko, aber es ist es wert. Ich denke, wir sollten es wirklich versuchen. Ich will ja auch nichts mehr, als ihn wieder in meine Arme zu schließen.
 

*

Ich schrecke aus meinen Gedanken auf, als es mal wieder an meiner Zimmertür klopft. „Ja bitte?“, frage ich und daraufhin betritt eine junge Bedienstete das Zimmer. „Ihr Vater erwartet sie zum Abendessen, Akira-sama!“ Und dann ist sie auch schon wieder verschwunden. Seufzend erhebe ich mich und gehe in den Speisesaal. Mein Vater sitzt bereits am Tisch. „Akira, da bist du ja.“ Ohne eine Erwiderung setze ich mich an den Tisch und wir beginnen zu essen. Während des Essens schweigen wir, bis mein Vater das Wort erhebt. „Wie läuft es mit BWL?“ „Ich muss mich erst in die Sachen einarbeiten...“, antworte ichnur tonlos. Er nickt und daraufhin verfallen wir wieder in Schweigen. Ich habe mir vorgenommen, mich mit dem BWL-Kram wirklich auseinander zu setzen. In der Hoffnung, dass das hier alles möglichst schnell und unproblematisch über die Bühne geht. Wenn Uruha dann wirklich hierher kommt, lässt sich das Ganze dann auch gleich noch leichter ertragen. Und wer weiß, wozu BWL noch gut sein kann.
 

*

Nach dem Essen gehe ich wieder in mein Zimmer und lasse mich in mein Bett fallen. Meine Gedanken schweifen natürlich wieder zu Uruha ab. Und wieder werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als sich meine Zimmertür öffnet. Aya tritt ein. „Na, alles okay?“, fragt sie, während sie die Tür hinter sich schließt. Dann kommt sie zu mir und setzt sich auf die Bettkante. „Ja, alles okay.“, antworte ich ihr und setze mich auf. „Erzählst du mir, was in Uruhas Brief steht?“ Anstatt ihr eine Antwort zu geben drücke ich ihr den Brief in die Hand. Sie nickt dankend und beginnt zu lesen. „Mein Gott, hat der ‘ne Sauklaue! Hätte ich ihm gar nicht zugetraut...“, murmelt sie, was mich grinsen lässt.

Kurze Zeit später gibt sie mir das Papier zurück. „Und? Willst du das Risiko eingehen?“ Als ich nicke, beginnt sie zu strahlen. „Super! Ich werde mich um alles kümmern. Ich habe einen guten Draht zum Personalchef. Naja, um genau zu sein, steht er auf mich und würde alles für mich tun. Es sollte also kein Problem werden, dass er Uruha aufnimmt. Was allerdings schwer wird, ist die Sache mit dem Pass. Das kann unter Umständen dauern.“, überlegt sie laut. „Ähm... Pass?!“, frage ich verwirrt, bin aber gleichzeitig unendlich dankbar, dass sie mir so sehr hilft. „Ach Reita... er muss sich doch ausweisen. Also braucht er natürlich einen gefälschten Pass, sonst weiß doch jeder sofort, dass er in Wahrheit ein Mann ist!“ Ich nicke. Logisch. Und typisch, dass ich an so etwas nicht denke.
 

Eine Weile unterhalten wir uns noch, bevor sie mir eine gute Nacht wünscht und mein Zimmer verlässt. Ich entkleide mich und lege mich ins Bett. „Bald werden wir uns wiedersehen, Kouyou...“, murmel ich, bevor ich mit einem Lächeln auf den Lippen ins Reich der Träume abdrifte.



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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Elfenlied_Lucy
2012-05-01T19:24:18+00:00 01.05.2012 21:24
wünderschön bis jetzt mach bitte schnell weiter
Von:  BK201Hei
2011-11-13T21:29:24+00:00 13.11.2011 22:29
Ich mag die ff voll....die ist untypisch, das gefällt mir und das pairing finde ich auch voll toll.
Von:  SummerRiver
2011-11-03T14:25:04+00:00 03.11.2011 15:25
bis jetzt gefällt mir die fanfic supi^^
freu mich sschon drauf nachher weiter zulesen
Von:  Astrido
2011-10-27T10:48:17+00:00 27.10.2011 12:48
süß.
das pärchen im dojo war witzig^^ aber sagtest du nicht, dass akira den trick mit den puppen kennen würde? nya, egal.
bin gespannt, ob das mit aoi und aya was wird.^^ und ich hoffe das einschleusen funktioniert
lg
Mayura
Von:  Asmodina
2011-10-27T06:36:32+00:00 27.10.2011 08:36
Und das hoffe ich von ganzem Herzen..schreib schnell weiter
Von:  Asmodina
2011-07-19T06:30:42+00:00 19.07.2011 08:30
Das mit dem Kimono ist mir immer noch unheimlich XD..aber ich liebe dieses Kapitel^^
Von:  Astrido
2011-07-18T19:28:00+00:00 18.07.2011 21:28
ein interessantes zwischenkapitel.
ich bin sehr neugierig, ob aya es schafft die puppe zu reita zu bringen, ohne dass die nachricht abgefangen wird.
der kimono ist bestimmt toll. kann ich mir gut vorstellen, wie der aussieht.
lg
mayu
Von:  Astrido
2011-05-08T00:05:58+00:00 08.05.2011 02:05
nett. ich mag die idee mit dem uruha einschleusen. und ich finde diese aya gut. akira könnte sich auch mit seinem bruder zusammensetzen, und ihm alles übertragen, oder nicht?
bin ja mal gespannt, wie die anderen reagieren, wenn sie erstmal rausgefunden haben, wo akira ist.
kann der nicht eigentlich emails schreiben, wenn er schon PC hat? ein handy werden sie ihm wohl abgenommen haben...^^

lg
mayu
Von:  LadyKisu
2011-01-05T01:20:15+00:00 05.01.2011 02:20
das war schön *seufz* mehr davon bitte
echt super süß die beiden
den namen "operation volldeppen on love" find ich mal voll genial ^^
Von:  Asmodina
2011-01-04T15:14:24+00:00 04.01.2011 16:14
Endlich geht es weiter...^^ ich war schon ungeduldig. Ich finde das Prequel sehr schön, "besonders Volldeppen in Love" *grins*.

Ach...kannst du Gedanken lesen wegen dem Kimono?^^


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