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Meisterdieb versus Liebe

Puzzleshipping vorwiegend
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Erinnerung und Warten

Kapitel 1: Erinnerung und Warten
 

„Wie der Vater so der Sohn“, meint der Polizeibeamte zu mir, als er die Zelle zuschließt. Für einen kurzen Moment glaube ich, so etwas wie Bedauern in seiner Stimme zu hören. Ich kann es verstehen. Vor einigen Jahren hätte ich jeden, der mich mit meinem Erzeuger verglichen hätte, krankenhausreif geprügelt. Es ist wirklich ironisch, dass ich so werden musste wie mein Vater, um wenigstens eine kleine Chance zu bekommen, den Menschen zu finden, der mir so viel bedeutet.
 

Oh, verzeiht. Jetzt bin ich schon dabei, euch die dunkelsten Geheimnisse meiner Seele anzuvertrauen und habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Wie unhöflich von mir, man könnte glatt denken, meine Mutter hätte mir keine Manieren beigebracht. Wobei…das Wort ‚dunkel‘ eigentlich schon alles sagt. Mein Name ist Yami Obscurité.
 

Ja, an dieser Stelle dürft ihr lachen. Mein Vater war Franzose – Henrie Obscurité war sein Name – und meine Mutter ist Japanerin. Die einzige Bedingung, die sie bei meiner Namensgebung hatte, war dass mein Vorname ein japanischer sein sollte. Mein liebenswerter Erzeuger taufte mich dann auf diesen bescheuerten Namen. Für all die, denen der Witz verborgen blieb: Yami ist der japanische und Obscurité der französische Begriff für ‚Dunkelheit‘.
 

Ich bin auch erst hinter die ganzen Sprüche und Scherze von wegen „Brauchst du eine Taschenlampe? Bei dir ist es immer so dunkel“ oder „Lohnt es sich bei euch überhaupt die Stromrechnung zu bezahlen? Bei einer doppelten Dunkelheit kommt doch eh kein Licht durch“ auch erst verstanden, als meine Mutter mir die Bedeutung meines Namens erklärt hat.
 

Bevor ihr fragt: Nein, das ist nicht der Grund dafür, dass ich meinen Vater hasse. Obwohl ich es vielleicht auf meine Liste setzen sollte. Der Grund für diese tiefe Abscheu gegenüber eines meiner Elternteile rühr daher, dass mein Vater ein Dieb ist und ich – trotz aller Gegenwehr – vor gut zwei Jahren in seine Fußstapfen getreten bin. Nicht das ihr mich missversteht oder so, als Vater war Henrie nicht schlecht. Eigentlich war ich sogar froh darüber, dass mein Papa mir statt dieser dämlichen Märchen immer spannende Geschichten über einen smarten Kunstdieb erzählte und ich immer die interessantesten Leute kennen lernen konnte.
 

Da war zum Beispiel Ed Michaels. Er war Sprengmeister und konnte sowohl kleine Explosionen zur Ablenkung legen oder auch Gebäude zum Einsturz bringen. Ich habe nie jemanden kennen gelernt, der so viel von Sprengstoff in den verschiedensten Mengen verstand, wie er.
 

Der Mann, unter den Bekannten meines Vaters, der mich am meisten beeindruckte war jedoch ein etwa sechzigjähriger, schrulliger alter Kauz, den Henrie immer nur "The Brain“ nannte. Ich erfuhr nie seinen richtigen Namen und er war mir auch egal. „The Brain“ kannte sich so gut mit technischen Geräten aus, dass er es schaffte, den 1967er Barracuda in unserer Garage mit Hilfe eines Toasters zum Laufen zu bringen.
 

Dieser alte Mann, mit seinen stechenden blauen Augen, die trotzdem immer zu lachen schienen und den weißen Haaren, die wie bei einem verrückten Professor abstanden, war für mich so etwas wie mein selbst gewählter Großvater. Ich habe mich immer wohl bei ihm gefühlt.
 

Doch es kam der Tag, an dem ich meine kindliche Naivität einbüßen musste. Der Tag, an dem ich die Wahrheit über meinen Vater und seine Freunde erfuhr. Ich war zehn Jahre alt und kam gerade von der Schule nach Hause. Vor unserer Tür standen zwei Streifenwagen. Der Beamte, der damals meine Mutter über den Aufenthaltsort meines Vaters vernommen hat, war derselbe, der mich vor wenigen Minuten in diese Zelle gesperrt hatte.
 

Sergeant Willows war der Erste, der es für nötig hielt, mir und meiner Mutter die Wahrheit zu erzählen. Henrie Obscurité war ein von INTERPOL gesuchter Juwelendieb, der auch vor seltenen Kunstgegenständen und Artefakten nicht halt machte. Man war ihm damals nur auf die Schliche gekommen, weil ein Professor für Kunstgeschichte durch Zufall auf das Originalgemälde eines berühmten Malers gestoßen war, welches zwei Jahre zuvor, aus dem Britischen Museum gestohlen wurde.
 

Die leitenden Ermittler konnten die Spur bis zu meinem Vater zurückverfolgen und beim Abgleich einiger Termine, konnten sie feststellen, dass jedes Mal, wenn mein Erzeuger irgendwo in der Weltgeschichte auf Geschäftsreise war, an eben diesen Orten wertvolle Gegenstände gestohlen wurden.
 

Im Laufe der Jahre musste er Millionen damit verdient haben, doch wir sahen nie auch nur einen Yen davon. Das war es wohl, was die Polizisten davon überzeugte, dass meine Mutter und ich nichts davon gewusst hatten.
 

Ich muss zugeben, ganz am Anfang fand ich es toll, dass all die Geschichten, die mir Henrie erzählt hatte wirklich passiert waren, doch wie gesagt, das war nur am Anfang der Fall. Schnell begriff ich nämlich, dass mein Vater nie wieder zu uns zurückkehren würde. Er hatte uns sitzen lassen. Die Konsequenzen, die seine Straftaten für uns haben würden, hat er einfach akzeptiert und ist abgehauen.
 

Es ist nicht witzig, als Kind eines gesuchten Verbrechers aufzuwachsen, das kann ich euch sagen. Sobald die Presse nämlich alle Informationen, die sie von der Polizei bekommen hatte, veröffentlichte, waren meine Mutter und ich Aussätzige für den Rest der Stadt.
 

Da wir uns weigerten, irgendwelche Stellung vor den Medien zu beziehen oder Interviews zu geben, machten schon bald die wildesten Gerüchte über uns die Runde. Es wurde behauptet, meine Mutter sei Henries Komplizin gewesen. Sie hätten alles gemeinsam geplant und jetzt täte sie nur so unschuldig, weil sie den passenden Moment abwartete, um zu ihm zu flüchten, dass die Realität anders aussah muss ich ja nicht erwähnen.
 

Meine Mutter hatte als Kassiererin in einer Bank gearbeitet, bevor die Ermittlungen gegen meinen Vater begonnen hatten. Sie verlor ihre Stelle und musste von da an Gelegenheitsjobs machen. Meist als Putzfrau. Aus unserer schönen Wohnung im Stadtzentrum mussten wir daher auch ausziehen. Stattdessen wohnten wir, nach dem meine Mutter ihre Anstellung verloren hatte, in einer Bruchbude von einer Wohnung im slum – ähnlichen Vorstadtbezirk von Domino City.
 

Ich glaube, zu erzählen, dass ich von meinen Mitschülern getriezt, beleidigt und fertig gemacht wurde, ist unnötig. Nach etwa einem Jahr, in dem wir dafür gerade stehen mussten, was mein Vater uns eingebrockt hatte, gab ich die Hoffnung auf, dass er jemals zurückkommen würde. Ich begann ihn zu hassen. Ich tat alles, um nicht so zu werden wie er. Ich schrieb nur die besten Noten, weil ich studieren wollte. Einen guten, ehrbaren Job zu bekommen und viel Geld zu verdienen, um meine Mutter zu entlasten, war dass Einzige, was ich wollte.
 

Ich überhörte die spitzen Bemerkungen der Leute, dass ich sowieso enden würde wie mein Vater, suchte mir einen kleinen Nebenjob, mit dem ich unsere kleine Familie unterstützte, half im Obdachlosenheim und im Krankenhaus aus und gab den Kindern aus der Nachbarschaft – so gut es ging – Nachhilfe.
 

In dieser Zeit lernte ich, dass alle guten Taten dieser Welt, nicht den Ruf einer schlechten wieder gut machen konnten. Die Leute mieden mich trotzdem. Zumindest die, aus den besseren Gegenden. Ich war kein Musterknabe, das gebe ich zu, denn obwohl ich versuchte, mich nützlich zu machen und anderen zu helfen, konnte ich es mir nicht verkneifen einigen Leuten, die mir das Leben besonders schwer machten, böse Streiche zu spielen. Ich hatte halt viel gelernt, in der Zeit mit „The Brain“ und Ed. Das tut aber hier nichts zur Sache. Was wirklich zählt, ist die Tatsache, dass ich nie so werden wollte wie mein Vater.
 

Ich schnaube leise und muss bitter auflachen. Jetzt sitze ich trotzdem im Gefängnis. Na ja, in Untersuchungshaft. Wegen genau der Verbrechen, die auch mein Erzeuger begangen hat. Ich bin ein Kunstdieb, obwohl ich es nie sein wollte.
 

Wie es dazu kam? Nun, der Grund für meinen Abstieg in die Riege der Kriminellen ist sehr banal…aber ich fange am besten von Vorne an.
 

Bis ich fünfzehn Jahre alt war hatte ich keinen einzigen Freund. War klar, bei dem was die Leute so über meine Familie erzählten. Ich wurde nie auf Geburtstage eingeladen. Sozial gesehen, war ich gar nicht existent, doch das war mir egal. Nun, das war es zumindest bis zu einem bestimmten Tag.
 

Irgendwann mitten im Schuljahr kam ein Neuer in unsere Klasse. Sein Name war Yugi Muto. Da ich der einzige war, neben dem wirklich keiner sitzen wollte, setzte unser Lehrer ihn auf den Platz neben mir. Ich weiß nicht genau was es war, aber als er sich setzte und mir ein strahlendes Lächeln schenkte, passierte etwas mit mir.
 

Ganz automatisch wanderten meine Augen über seine zierliche Gestalt und erfassten jede Kleinigkeit seines Gesichts und Körpers. Wie gesagt war er sehr zierlich. Fast wie ein Mädchen. Ich war schon nicht besonders groß, aber Yugi reichte mir genau bis unters Kinn. Er sah wie jemand aus, der immer das Opfer spielt. Ihr wisst schon, der Typ Junge, dem täglich das Essensgeld geklaut wird.

Er hatte schwarze Haare, die im Licht rot schimmerten und zwei blonde Strähnen vorne. Was mir außer seinem bezaubernden Lächeln jedoch im Gedächtnis geblieben ist, sind seine Augen.
 

Dieses tiefe violett, das so…geheimnisvoll wirkte. Etwas an diesen Augen zog mich magnetisch an. Sprach zu meiner Seele. Ich weiß, es klingt kitschig, aber es war so, als würde er mich verstehen. Als würde er das Gefühl kennen, allein zu sein. Diese violetten Augen schienen auch traurig zu sein.
 

Ich glaube, ich haben ihn die ganze Zeit nur angestarrt, denn ich kann mich an gar nichts anderes erinnern, als daran, wie wunderschön sein Nacken war. Er hatte die Eleganz eines Schwanenhalses…ich drifte schon wieder weg…passiert mir öfters, wenn ich an Yugi denke.
 

Nun ja, in der Pause habe ich mitbekommen, wie einige Mitschüler ihm ihr Beileid aussprachen, dass er ausgerechnet neben mir sitzen musste. Sie konnten es anscheinend nicht abwarten, Yugi bis ins kleinste Detail zu erzählen, wie verdorben meine Familie doch sei und das es besser war, mit mir nichts zu tun zu haben.
 

Auch wenn es mich sonst nicht gekratzt hat, was man von mir dachte, hat es mich ganz schön enttäuscht, nicht einmal die Chance zu bekommen, mich mit ihm anzufreunden. Ich setzte mich damals etwas Abseits. Wie immer, seitdem ich ein Aussätziger für die anderen war. Es ist vielleicht etwas paradox, aber die Schläger an unserer Schule haben mich nie angegriffen, obwohl ich ein perfektes Opfer gewesen wäre. Ich wusste mich jedoch zu währen. Als einer dieser Schläger es nämlich gewagte hatte, mich einmal zu verprügeln, habe ich dafür gesorgt, dass sein ganzer Spind in die Luft flog und dabei seine Hände verbrannte, denn ich hatte es perfekt getarnt. Nachweisen konnte er es mir nicht, denn es waren seine Feuerwerkskörper die explodierten, doch der Typ wusste, dass ich dafür verantwortlich war und von da an…nun sagen wir mal er hielt respektvoll Distanz zu mir.
 

Normalerweise interessierte es mich nicht was auf dem Schulhof vorging, doch an diesem Tag, riss mich die wohl bekannte Stimme unseres Schulraudies aus den Gedanken. Er war gerade dabei unseren neuen Schüler zu zeigen, mit wem man sich besser nicht anlegte. Diese…nun nennen wir es mal ‚Einführungsschlägerei’ gehörte dazu, so wusste man immer, an wen man sein Essensgeld abzutreten hatte.
 

Ja, in der Schule lernt man so einiges, vor allem aber, dass die größten und stärksten Jungs, nicht unbedingt immer die schlausten sind. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, ob ich Yugi mit dem was ich dann machte, einen Gefallen tat oder ob er mich später irgendwann dafür hassen würde. Ich wollte nur nicht, dass er von zwei Zentnern wandelnden Minderwertigkeitskomplexen zu Brei verkloppt wurde, also rief ich so laut wie ich konnte quer über den ganzen Hof: „Yugi Kumpel, brauchst du Hilfe? Ich hätte da eine ‚zündende’ Idee, wie du dir den Kerl vom Leib halten kannst.“
 

Die Betonung des Wortes ‚zündend’ und ein viel sagender Blick auf die Hand des riesigen Klopses und dieser hatte verstanden. Er drehte sich um und ließ sein Opfer in Ruhe. Witzig, dass gerade ich, der ‚Outlaw’ unter den Schülern, derjenige, vor dem sie den armen Kerl gewarnt hatten, ihn vor einer Schlägerei bewahrte, während der Rest sich als gaffende Menge versammelt hatte, um zuzusehen, wie der Neue verprügelt wird.
 

Ich half Yugi auf und gab ihm sogar ein Taschentuch, damit er sich den Staub aus dem Gesicht wischen konnte. Bevor er etwas sagen konnte, ging ich wieder in meine Ecke. Erst in dem Moment, als er vor mir stand und mich mit seinen violetten Augen ansah, wurde mir klar, dass ich seinem Ruf hier an der Schule mehr schaden würde – es wahrscheinlich schon getan hatte – als dass ich ihm helfen würde.
 

Den Rest des Tages achtete ich darauf, dass ich immer beschäftigt war, wenn Yugi in meine Nähe kam und ich musste mich wirklich zusammenreißen, um ihn nicht wieder anzustarren. Ich weiß nicht woran es lag, aber ich konnte mich an ihm einfach nicht satt sehen.
 

So verging der Schultag und ich wechselte kein weiteres Wort mehr mit ihm. Auch den Rest der Woche versuchte ich möglichst viel Abstand zu halten. Das Gute an meinem Auftritt war, das ihn niemand mehr verprügeln wollte, das Schlechte daran, dass alle ihn von da an misstrauisch beäugten. Fast konnte man die kleinen grauen Zellen in ihren Hirnen rattern hören: „Was hat der Neue nur mit DEM zu schaffen?“
 

Yugi tat mir irgendwie Leid, denn ich sah ihn immer nur alleine in den Pausen. Ich fand es seltsam, denn eigentlich wurde er von mehreren Leuten gefragt, ob er nicht bei ihnen sitzen wollte.
 

Am Wochenende war ich nach meiner Zeitungsrunde immer in dem kleinen Wäldchen außerhalb der Stadt. Dort gab es eine Lichtung mit einem winzigen Teich. Vor dem Gewässer stand eine alte Weide. Es war mein geheimer Platz. Der Ort, an den ich mich zurückzog, wenn ich über etwas nachdenken wollte. Und an diesem Tag wollte ich das mehr als sonst etwas. Ich kletterte auf einen Ast der Weide und machte es mir dort bequem. Von unten konnte man mich nicht sehen, da die Blätter des Baumes mich komplett verdeckten. Kaum war ich an meinem Stammplatz, driftete mein Gehirn auch schon ab.
 

Es ließ mich einfach nicht los, dass die Enttäuschung in mir so groß war, weil ich mich mit meinem neuen Mitschüler nicht anfreunden konnte. Es hatte mich noch nicht einmal so beschäftigt, als ich langjährige Freunde verloren habe. Jungs und Mädchen, die ich noch aus dem Kindergarten gekannt habe. Und jetzt wollte dieser eine Typ, den ich gerade mal eine Woche lang kannte mir nicht aus dem Kopf? Das war doch nicht normal. Sicher, ich war es, der abweisend war und auf Distanz ging, aber ich handelte doch in seinem Interesse. Es war besser so für Yugi. So konnte er sich wenigstens normale Freunde suchen und musste nicht damit leben, dass er nur deswegen ein Außenseiter war, weil er mit mir befreundet war.
 

Ich weiß nicht wie lange ich so dagesessen habe und mir Gedanken über Yugi Muto gemacht habe, aber irgendwann hörte ich von unten her ein Geräusch. Als ich hinunterblickte, saß an den Stamm meiner Weide gelehnt, der Junge, dessen wunderschöne Augen mich bis in meine Träume verfolgten. Er musste schon eine Weile dort gesessen haben, ohne dass ich ihn bemerkt habe, denn er hielt einen Zeichenblock in den Händen und skizzierte die Umgebung.
 

Von meinem Platz aus konnte ich ungehindert auf das Blatt Papier sehen, welches er gerade mit einem Bleistift und seinen Fingern bearbeitete. Schon damals war mir klar, dass der Junge Talent hatte, wie viel davon, stellte ich erst vor zwei Jahren fest.
 

Es wurde im Laufe der Zeit fast zur Routine, dass ich mich am Wochenende auf diese Lichtung schlich und mich in der Weide versteckte. Jedes Wochenende kam auch Yugi dahin um zu zeichnen. Ich beobachtete ihn heimlich. Es wurde zu meiner Obsession, ihm beim Zeichnen zu zusehen. Ich weiß nicht, ob er auch unter der Woche auch an diesen Platz ging, doch um ehrlich zu sein, war es mir herzlich egal. In diesen Stunden, in denen ich ihn beim Zeichnen beobachten konnte, hatte ich das Gefühl, er würde nur mir gehören.
 

Ich weiß, dass klingt so ziemlich danach, als wäre ich von Yugi besessen gewesen. Vielleicht stimmt das auch, denn anders kann ich es mir nicht erklären, warum ich zwei Jahre später angefangen habe seine Gemälde aus Kunstausstellungen zu stehlen…aber ich greife vor. Es ging ja um die Wochenenden am Teich…
 

Yugi malte viel. Es waren immer verschiedene Motive. Sehr oft war es der See. Mal im Morgengrauen, dann wieder bei Sonnenuntergang. Dann waren da noch Zeichnungen von Straßen und Stadtgebieten. Ich kannte die meisten davon. Da war zum Beispiel der Kirschbaum vor der Steinmauer in einer der Straßen, in denen ich die Zeitungen austrug oder auch die Kreuzung mit der kaputten Ampel, an der das Obdachlosenheim stand, in dem ich aushalf. Da war sogar ein Bild von den Fliederbüschen, die unsere Nachbarin im Hinterhof züchtete darunter. Yugi schien nach und nach die ganze Stadt zu erkunden, denn die Orte lagen ziemlich weit auseinander.
 

In Laufe der Zeit veränderte sich aber die das, was er skizzierte. Aus Landschaften wurden Silhouetten, Gesichter, Augen, Hände, Lippen. Yugi zeichnete immer wieder Personen. Eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass es immer nur eine Person war, doch jedes Mal, wenn er dabei war diesen Menschen genauer zu zeichnen, also so was, wie Mund und Nase hinzuzufügen, damit man sehen konnte wer es war, unterbrach er sich in seiner Arbeit und ging nach Hause oder er starrte für die verbleibende Zeit auf den funkelnden Teich.
 

Ich erfuhr nie, wer die Person war, die er ständig malte und da Yugi nie ein zusammenhängendes Bild vom Gesicht dieses Menschen zeichnete, kam mir der Gedanke, dass es eine Fantasiegestalt sein könnte. Um ehrlich zu sein, hoffte ich, dass es so war, denn jedes Mal, wenn ich daran dachte, das dieser Unbekannte – ja, an der Form der Silhouette, die Yugi gezeichnet hatte, konnte ich erkennen, dass es ein Mann war – ihm sehr viel bedeuten musste – da er ihn ja immer wieder aufs Papier bannte – durchfuhr mich ein heißer Stich. Es war so, als würde sich ein glühendes Messer in mein Herz bohren.
 

Kennt ihr das, wenn euch eine Erkenntnis trifft und ihr merkt, dass sie viel zu spät kommt?

Nun, mir ging es etwa ein Jahr, nachdem ich Yugi kennen gelernt hatte genau so. Ich konnte diese seltsamen Gefühle, die ich jedes Mal hatte, wenn ich ihn sah nicht zuordnen. Auch dieser heiße, glühende Schmerz, wenn ich diese unbekannte Person auf seinem Zeichenblock sah, ging nicht weg und es irritierte mich.
 

An den einen Tag, kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag erinnere ich mich noch sehr genau. Nicht nur, weil mir da endlich die Bedeutung meiner Gefühle klar wurde, sondern auch, weil ich damit leben musste, dass ich nie herausfinden würde, wie Yugi für mich empfand.
 

Der Morgen begann eigentlich ganz normal. Ich saß in der Klasse und wartete darauf, dass der Unterricht beginnen würde. Es wunderte mich, dass mein kleiner Banknachbar, mit den schönen amethystfarbenen Augen noch nicht da war, aber ich machte mir keinen Kopf darum, denn jeder hatte mal das Recht krank zu sein.
 

Leider war es keine Krankheit, die Yugi daran hinderte in die Schule zu kommen, sondern ein Umzug. Unsere Lehrerin teilte uns mit, dass er die Schule gewechselt hatte. Gründe dafür wurden nicht genannt, aber es war den anderen sowieso egal, denn keiner hatte ihn groß beachtet.
 

Nur für mich war es so, als stürze ich in ein tiefes Loch. Keine Wochenenden am Teich, in denen ich ihm beim Malen zusehen konnte…keine helle, klare Stimme mehr, wenn er auf die Fragen der Lehrer antwortete und kein süßer, unschuldiger Duft mehr neben mir, der mir vor Augen führte, dass selbst wenn ich ihn nicht ansah, er doch immer da war. Neben mir.
 

Da kam die Erkenntnis und sie kam definitiv zu spät: Ich liebte ihn! Mehr als alles andere bisher. Als die Schule vorbei war, wollte ich nur noch schnell nach Hause und mich irgendwo verkriechen. Auch wenn ich kein Mädchen war, so hatte ich das tiefe Bedürfnis zu heulen.
 

Ich öffnete meinen Spind um die Bücher dort abzuladen, die ich nicht mehr braucht, als mir ein Blatt Papier entgegensegelte. Es war zwei Mal gefaltet. Ich legte meine Sachen ab, hob es vom Boden auf und entfaltete es. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich erkannte, was es war. Eins von Yugis Bildern. Es war nicht viel darauf zu sehen. Eigentlich nur ein Augenpaar. Rot, mit kleinen Gold- und Violettsprenkeln darin. Meine Augen. Darüber stand in seiner schwungvollen, sauberen und verschnörkelten Handschrift geschrieben:
 

„Für den, dessen Augen stets über mich wachten. Danke, Yugi“
 

Da war es. Ein Zeichen, dafür, dass ich ihm wohl nicht ganz egal gewesen bin. Er bedankte sich dafür, dass ich ihn vor einem Jahr vor dieser Prügelei bewahrt hatte. Seit diesem Tag hatte ich immer ein Auge auf ihn geworfen, damit auch ja niemand Yugi was tun konnte. Scheinbar war es nicht ganz so unbemerkt geblieben, wie ich gedacht habe. Ich erinnere mich noch an das wehmütige Lächeln auf meinem Gesicht und das heisere Aufschluchzen, als mir die Tränen kamen. Ich habe gedacht, dass ich es für den Rest meines Lebens bereuen würde, nie ein richtiges Wort mit ihm gewechselt zu haben.
 

Doch es kam anders. Zwei Jahre später – mit achtzehn – sah ich einen Bericht im Fernsehen. Es ging um eine Ausstellung, neuer, noch weitgehend unbekannter Künstler aus Domino City. Gesponsert wurde diese Vernissage von Seto Kaiba, einem reichen Geschäftsmann, der wohl mit einem der Künstler befreundet war.
 

Ich weiß noch genau, ich wollte gerade umschalten, als die Kamera auf eine ganz bestimmte Zeichnung schwenkte. Es war der Teich mit der Weide. Meine Lichtung. Mein Ruheort. Es war das erste Bild, das Yugi gezeichnet hatte, während ich ihn heimlich beobachtet habe. Ich denke, ich kann behaupten, dies war der schönste Moment in meinem bisherigen Leben.
 

„Yami“, unterbricht die Stimme von Sergeant Willows meine Erinnerungen, „du hast das Recht auf ein Telefonat. Ich würde sagen, wenn du nicht einpaar Freunde hast oder sonst wen, den du Bescheid geben musst, ruf deine Mutter an. Sie hat vorhin erfahren, dass du verhaftet worden bist und macht sich Sorgen.“
 

Ich sollte vielleicht an dieser Stelle erwähnen, dass meine Mutter und Sergeant Willows, seit mehreren Jahren ein Paar sind. Wie es dazu kam, weiß ich nicht, ich wurde selbst vor etwa einem Jahr vor vollendete Tatsachen gestellt.
 

Ich sollte jetzt aber tun, was der böse Polizist von mir will, denn ich glaube, er hat gerade nicht übel Lust, mir den Hals umzudrehen…alleine schon dafür, was ich meiner Mutter gerade antue.
 

Nun, den Rest der Geschichte erzähle ich nach dem Telefonat…

Eine Begegnung und der Entschluss

Kapitel 2: Eine Begegnung und der Entschluss
 

Der Anruf jetzt ist mir sehr schwer gefallen. Ich meine musstet ihr jemals eurer Mutter erklären, dass ihr im Gefängnis sitzt? Und das nicht nur, weil ihr besoffen Auto gefahren seid – obwohl das eigentlich schon schlimm genug ist – sondern weil ihr in mehrere schwer bewacht Gebäude eingebrochen seid und dort Gemälde gestohlen habt. Ich kann jetzt noch ihre Stimme hören, die mich fragt: „Yami…warum? Warum hast du das getan?“
 

Was hätte ich ihr antworten können? Ich weiß es doch eigentlich auch nicht so genau? Nein, so dürft ihr das nicht verstehen. Ich weiß schon, warum ich die Bilder geklaut habe…nur den Sinn dahinter verstehe ich selbst nicht. Den Entschluss dazu habe ich ganz spontan gefasst und dann habe ich es durchgezogen. Auch wenn meine Entscheidung sehr unerwartet kam, so war die Tat an sich gut vorbereitet und sorgsam geplant…aber ich greife schon wieder vor…

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei dem Fernsehbericht…
 

Ich weiß noch genau, dass ich wie ein Irrer rumtelefoniert habe, um an eine Eintrittskarte zu kommen. Durch einen meiner Professoren habe ich tatsächlich eine bekommen.

Am Abend de großen Vernissage war ich so nervös, als hätte ich ein Date. Mein erstes Date! Schon zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung, fing ich an mich fertig zu machen. Es war zum Haare raufen. Eigentlich bin ich ja der Jeans und T – Shirt Typ. Doch an diesem Abend probierte ich zahllose Hemden und Krawatten aus. Man, ich habe mich aufgeführt wie ein Mädchen – soll keine Beleidigung sein. Ich war sogar zwei Mal duschen. Dabei wusste ich noch nicht mal, was ich auf dieser Ausstellung wollte.
 

Selbst wenn ich es schaffen würde, Yugi zu finden, würde er mich wiedererkennen? Würde er wissen, wer ich bin? Worüber sollten wir uns überhaupt unterhalten? In unserer Schulzeit haben wir ja kaum ein Wort miteinander gewechselt. Trotzdem hatte ich das Gefühl Yugi genau zu kennen.
 

Nicht durch seine Bilder, so kitschig und naiv bin ich nicht. Jeder der behauptet, einen anderen Menschen durch Bilder oder geschriebene Worte zu kennen, der spinnt meiner Meinung nach. Natürlich legt jeder Künstler, Bildhauer oder Schriftsteller immer ein Stück seines Herzens und seines Wesens in sein Werk, aber es ist nie so viel, dass man den kompletten Menschen erfassen könnte. Es ist immer nur ein Bruchstück.
 

Ein Dichter zum Beispiel, der besonders schöne Liebessonette schreibt, ist nicht sein ganzes Leben lang von dem glücklichen Gefühl des verliebt sein erfüllt. Er hat bestimmt auch Tage in seinem Leben, an denen er die Menschheit verdammt und niemanden sehen will. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass er die Person, der er das Sonett gewidmet hat irgendwann hasst. Genau so muss ein Maler, der surreale Bilder zeichnet, nicht unbedingt fern ab der Realität leben, er kann eine grundsolide Existenz haben. Beide kanalisieren mit ihren Werken nur das Gefühl oder ein Ereignis, das sie in diesem einen Moment beschäftigt hat. Ihr versteht sicher worauf ich hinaus will, oder?
 

Yugis Bilder sagten mir nur über ihn aus, dass er sehr kreativ war. Ich kannte ihn ziemlich gut, weil…man, ist das peinlich es zuzugeben…weil mein Interesse an dem Kleinen eine Zeitlang stalkermäßige Züge angenommen hatte. Ich bin ihm nicht nach Hause gefolgt und habe ihn durchs Fenster beobachtet oder so, aber in der Schule habe ich ihn nie aus den Augen gelassen. Nicht nur, weil ich ihn vor unseren Schulschlägern beschützen wollte, sondern weil ich mich nicht sattsehen konnte an ihm.
 

Ich weiß daher, dass er am liebsten Schokoladeneis aß, sein Lieblingsfach war, neben Kunst, Englisch – auch wenn ich das nicht verstehen kann – Yugi mochte unser Schulessen nicht so besonders und wenn er nachdachte, zog er auf eine echt niedliche Art und Weise die Nase kraus.
 

Na ja, so viel dazu. Um meine Nervosität in den Griff zu bekommen habe ich dann diese Zeichnung hervorgeholt. Die, die Yugi mir an seinem letzten Tag in den Spind geschmuggelt hat. Das Papier hatte schon zwei große Knickfalten. Einmal vertikal und einmal horizontal. Das kam daher, dass ich es gefaltet hatte und es immer in meiner Geldbörse bei mir trug. Dieses Bild ist bis heute mein größter Schatz. Es hat zwar schon Eselsohren und ist ziemlich vergriffen, aber für mich, ist es das Wertvollste, was ich besitze.
 

Selbst hier in der Zelle habe ich es bei mir. Irgendwie gibt es mir Trost. Sergeant Willows war so nett und hat es mich behalten lassen. „Immerhin bist du so was wie mein Stiefsohn in spe“, hat er zu mir gesagt. Oha, ich hätte niemals gedacht, dass es zwischen ihm und meiner Mutter so ernst wäre.
 

Es hat an diesen Abend auf jeden Fall funktioniert. Kaum hielt ich dieses Papier zwischen den Fingern, wurde ich gelassener. Ein letztes Mal überprüfte ich meine hochgegelte Stachelmähne im Spiegel. Diese Frisur trug ich schon mein halbes Leben und sie ist bis heute, so etwas, wie mein Markenzeichen. Habe ich eigentlich erwähnt, dass Yugi und ich die gleiche Haarfarbe hatten? Sein gesamtes Auftreten, hatte mich irgendwie an mich selbst erinnert. Was sagt das über mich aus?
 

Nun ja, ich war dann auf dieser Vernissage. Ich habe mich da so fehl am Platz gefühlt, wie ein Eisberg in der Wüste…apropos Eisberg…so einen habe ich dort auch kennen gelernt. Dazu komme ich aber etwas später. Um mich herum waren nur reiche Schnösel, die sich die Bilder betrachteten und irgendwas von wegen ‚Pinselführung’ und ‚Einfluss der alten Meister’ laberten. Mir war es egal. Ich hatte ein klares Ziel vor Augen.
 

Ich wollte zu der Zeichnung von dem Teich. Bei den Bildern lagen Bücher aus. Gebotbücher. Die Zeichnungen und Gemälde standen all zum Verkauf und in diese Bücher konnten diejenigen, die an den Bildern Interesse hatten, ihren Namen und ihr Gebot eintragen. Am Ende der Vernissage, sollten dann die mit der höchsten Summe, als Käufer der jeweiligen Bilder bekannt gegeben werden. Mich interessierten diese Bücher nicht. Zumindest nicht deswegen, denn in ihnen war auch der Name des Künstlers eingetragen und der Tisch, an dem man ihn finden konnte.
 

Ja, den Künstlern wurden Tische zugewiesen, die in den dunklen Ecken des Raumes standen. Dort sollten sie Fragen beantworten und eventuelle Aufträge für Portraits oder ähnliches annehmen. Tja, so ist das, wenn man noch keinen Durchbruch hatte. Als ich an meinem Ziel angekommen war, fielen mir zwei Sachen auf. Erstens: seltsamer Weise lag unter Yugis Bild kein solches Buch und zweitens: war dieses Bild, das Einzige, von ihn, das man hier ausgestellt hatte.
 

Ich weiß nicht, wie lange ich dort gestanden habe und mir diese Zeichnung angesehen habe. Ich war wie hypnotisiert von ihr. Die Grundlage war mit einem schwarzen Kohlestift gemalt und nur einige Flächen, wie der Teich oder die Blumen, die dahinter blühten, wurden farbig hervorgehoben. Auch kleinere Teile des Himmels waren in einem sanften Blau eingefärbt, aber nicht alles. Das Bild wirkte dadurch wie eine fantastische Mischung aus Schwarz – Weiß – Foto und Gemälde. Mir gefiel dieser Zeichenstil. Yugi hatte für dieses Bild das ganze Wochenende gebraucht. Es war dieses erste Wochenende, an dem ich begonnen hatte ihn zu beobachten. Die Bleistiftzeichnung, war nur so eine Art Skizze gewesen, die er später mit dem Kohlestift übermalte. Ich kann mich auch noch so gut daran, weil ich etwa fünf Stunden auf diesem Baum gesessen habe, in der Hoffnung, ihn wiederzusehen. Man, tat mir nach dem Tag der Steiß weh!
 

Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich beim Betrachten der Zeichnung angefangen habe zu lächeln, bis ein junger Mann, der sich neben mich gestellt hatte, das Wort an mich richtete.

„Dieses Bild muss bei ihnen sehr positive Assoziationen hervorrufen, wenn sie so verträumt lächeln.“

Mir war schon vorher aufgefallen, dass jemand neben mir stand, aber ich habe mich davon nicht stören lassen. Erst jetzt betrachtete ich mir den Fremden etwas genauer. Er passte hier genau so wenig rein, wie ich. Seine Kleidung war eher sportlich und leger – ein viel zu großes Shirt und eine viel zu große Hose – auf seinem Kopf saß ein Basekap, das die Haare fast vollständig bedeckte. Nur hier und da sah man eine schwarze oder eine blonde Strähne. Er wirkte sehr jung, was allerdings auch an den Klamotten liegen konnte. Auf eine gewisse Weise erinnerte er mich an Yugi, aber durch das Basekap konnte ich das nicht genau sagen.
 

Ich schaute diesem Typen in die Augen und die leise Hoffnung in meinem Inneren erstarb, denn dieser Kerl hatte braune Augen. Erst als der Unbekannte ein freches Grinsen aufsetzte, wurde mir klar, dass ich ihn schamlos anstarrte. Ich hüstelte verlegen und antwortete endlich auf die Frage.

„Ja, das tut es. Ich kenne den Künstler noch aus meiner Schulzeit.“

„Dann wollen sie vielleicht hier mitbieten?“, fragte der Unbekannte weiter.

„Nein“, murmelte ich bitter, „dafür habe ich nicht das Geld glaube ich. Außerdem liegt hier ja auch kein Gebotbuch.“

„Ach, dann ist das dieses eine spezielle Bild“, meinte der Typ geheimnisvoll.
 

Ich stutze ein wenig. Spezielles Bild? Was sollte das heißen?

Mein Gesichtsausdruck muss wohl ziemlich lustig gewesen sein, denn ich hörte wie der Kerl lachte. Dieses Lachen…es rief bei mir eine unbestimmte Erinnerung wach. Es war kein Bild da oder etwas Ähnliches, was ich klar definieren konnte. Es war nur ein Gefühl, dass mein Herz sehnsuchtsvoll zusammenziehen ließ.
 

„Nun, es gibt auf dieser Ausstellung ein Bild, das nicht verkauft wird. Eigentlich wollte der Sponsor gar kein Gemälde hier anbieten, aber er ist dann doch umgestimmt worden“, erklärte der Typ verschmitzt.

„Warum soll dieses Bild denn nicht verkauft werden?“

„Der Künstler möchte es nicht. Er hat es dem Veranstalter nur leihweise überlassen. Diese Zeichnung und die anderen, die er noch angefertigt hatte sind für ihn sehr wertvoll. Er verbindet sehr schöne und einzigartige Momente damit.“

„Darf ich fragen, woher du das weißt? Ich darf…dich doch duzen?“

„Ja klar“ meint der Junge und schaut mir dabei in die Augen, „du darfst mich duzen, aber auch nur, weil du so süß bist.“ Ich hatte das Gefühl, der Typ versuchte mit mir zu flirten und wurde rot. Aus irgendeinem Grund kam es mir falsch vor. Gut, er war echt niedlich und erinnerte mich auch ganz stark an Yugi, aber trotzdem – oder gerade deswegen – kam es mir vor wie Betrug. Ich wollte mir selbst und diesem Jungen nichts vormachen. Dafür fand ich ihn zu nett.
 

Ich sah dem Kerl in die Augen, um klar zu stellen, dass ich nicht interessiert war, da bemerkte ich etwas Seltsames. Beim ersten Mal ist es mir gar nicht so aufgefallen, weil das Kapy einen Schatten auf sein Gesicht geworfen hatte, aber jetzt, so im Licht, wirkte dieses braun etwas unnatürlich. Es wirkte…bläulich, so als hätte man eine andere Farbe damit übermalt, die jetzt doch hervorschimmerte.
 

Ich starrte ihn schon wieder an, doch er lächelt nur.

„Deine Augen…“, murmelte ich.

„Ja, die sehen etwas schräg aus, nicht? Mein Kumpel Joey hat gemeint es würde niemanden auffallen, aber ich habe es im Spiegel gesehen und fand es total unnatürlich. Das sind gefärbte Kontaktlinsen“, erklärte er mir, weil er sofort begriff, warum ich so starrte. Mit einer verdeutlichenden Handbewegung zeigte er auf einen jungen Mann, der in der Menge stand und sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Anscheinend fragen ihn diese reichen Schnösel gerade aus.
 

„Eigentlich trage ich seit zwei Jahren eine Brille, aber gestern ist der Rahmen kaputtgegangen und es waren nur noch gefärbte Linsen in meiner Stärke aufzutreiben.“

Beim Reden beobachtete er seinen blonden Freund. Dieser Joey wurde von einem Typen mit schwarzen Haaren und grünen Augen angebaggert. An sich war der Kerl ganz heiß, aber für meinen Geschmack etwas zu schmierig.
 

„Gleich kannst du etwas echt Witziges erleben“, meinte mein immer noch namenloser Begleiter amüsiert. Mit diesem Satz brachte er mich dazu, meine Aufmerksamkeit nun vollständig auf den Blondschopf zu lenken. Tatsächlich konnte ich nach nur zwei Sekunden sehen, wie der Grünäugige wie erstarrt in seiner Bewegung inne hielt und wie ein Kaninchen vor der Schlange dastand. Als ich seinem Blick folgte, um festzustellen, warum der Schwarzhaarige so geschockt war, sah ich einen brünetten Mann. Seto Kaiba. Ich erkannte ihn wieder. Im Fernseher hatten sie ein Interview mit ihm gebracht, warum er diese Ausstellung sponserte. An der Stelle wurde es mir zu langweilig und ich schaltete die Glotze aus.
 

Er funkelte diesen schwarzhaarigen Mann an und verdammt, ich habe noch nie eine passendere Beschreibung für einen ‚Todesblick’ gesehen. Der Junge neben mir kicherte und ich wollte ihn gerade fragen warum, als sich der Blondschopf mit einem dankbaren Lächeln zu dem Firmenchef umdrehte und auf ihn zuging. Ich brauchte nicht erst den zärtlichen Begrüßungskuss zu sehen, um zu begreifen was los war. Unwillkürlich fing ich an zu grinsen.
 

„Joey und Seto sind seit einiger Zeit zusammen und Seto ist ziemlich…einnehmend in seinem Wesen“, erklärte mir der Typ neben mir.

„Von ihm habe ich auch diese Informationen. Weißt du Joey und ich sind auf ein und derselben Kunstschule. Er hat schon einige Bilder verkauft. – die meisten an Kaiba. Dadurch haben sie sich kennen gelernt. Vor einem Monat oder so kam ein Kommilitone von uns auf die Idee, so eine Ausstellung zu machen, zum Einen um Geld zu sammeln für unsere Kunstschule, zum Anderen, um sich eventuell etwas zu profilieren. Wir haben einen Sponsor gebraucht und Seto hat gesagt, er würde es machen. Eigentlich wollte er gar keine Bilder von Joey hier ausstellen. Er ist der Meinung, er sei der Einzige, der das Recht hat sie zu besitzen. Er mag es halt überhaupt nicht etwas zu teilen. Joey konnte ihn aber doch dazu überreden.“
 

Der Kleine redete ohne Punk und Komma und irgendwie fand ich das richtig niedlich. Er wirkte dadurch so unschuldig und erinnerte mich immer mehr an Yugi. Ich ließ ihn daher gerne weiterreden. Irgendwas hatte seine Stimme an sich, dass ich mich gleich wohl fühlte.
 

Der Typ erzählte mir dann auch, dass es seinem Kumpel zu verdanken sei, dass sie Yugis Bild ausstellen durften, weil dieser eigentlich sehr introvertiert war und es nicht mochte, wenn ihm so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Mir brauchte er das nicht zu erzählen, denn ich konnte mich noch zu gut daran erinnern, wie schüchtern meine erste große Liebe war. Alles in allem fühlte ich mich wirklich wohl an diesem Abend ich hatte nette Gesellschaft und konnte in Erinnerungen schwelgen. Deswegen bin ich mir auch bis heute nicht wirklich sicher, wie ich auf den Gedanken kam das Bild zu klauen, aber ich vermute es war die Panik, die mich ergriff.
 

Was für Panik? Die, die plötzlich von mir Besitz ergriff, als dieser Kaiba auf das Podium stieg von dem aus die Bekanntgabe der Käufer gemacht werden sollte und zu den Besuchern sprach. Seine distanzierte und kalte Stimme hallt mir noch heute in den Ohren.

„Sehr geehrte Besucher“, sprach er in den Raum hinein, „da ich bereits mehrfach darauf angesprochen wurde, wie viel das Gemälde des Künstlers Yugi Muto kosten soll, teile ich es hier noch einmal für alle mit. Dieses Bild ist lediglich eine Leihgabe des Künstlers. Es ist nicht käuflich zu erwerben. Nach dieser Ausstellung wird es wieder an den Eigentümer zurückgegeben. Herr Muto ist nicht daran interessiert Auftragsarbeiten anzufertigen und wird auch an keinem der Ausstellungstage hier auftauchen. Ich möchte sie alle daher darum bitten, dass sie sich mit allen weiteren Anfragen zu Auftragsarbeiten oder den ausgestellten Bilder, an die anwesenden und ihnen zu Verfügung stehenden Künstler zu wenden.“
 

Der Kerl klang so sachlich und kalt, dabei war es für mich vergleichbar mit einem Weltuntergang. Das hier war meine einzige Chance gewesen, Yugi wieder zu sehen und dieser Typ hatte mit seiner kleinen Ansprache alle meine Hoffnungen zerstört. Ich würde Yugi nicht treffen können. Unter meinen Füßen tat sich ein Abgrund auf und ich fiel. Mit einem Mal wurden mir alle meine Fehlentscheidungen vor Augen geführt. Ich hätte mit Yugi reden sollen. Ich hätte ihm meine Freundschaft anbieten sollen. Ich hätte mich an den Wochenenden am Teich bemerkbar machen sollen. Was hätte ich denn schon zu verlieren gehabt? Ablehnung war ich doch schon gewohnt gewesen.
 

Doch diese Reue kam zu spät. Zu viel ‚hätte’, zu wenige reelle Taten. Mein Gesichtsausdruck bei dieser Erkenntnis muss ziemlich erschreckend gewesen sein. Zumindest denke ich mir das, denn meine Bekanntschaft schaute besorgt zu mir auf.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte der Kleine mich. Ich sah echte Sorge in seinen Augen, doch ich konnte nur abwesend nicken und drehte mich weg. Ohne mich zu verabschieden oder auch noch einmal zurückzuschauen, ging ich wieder zu der Zeichnung des Teiches.
 

Es war schon komisch, ich kannte weder den Namen des Typen, noch sonst etwas von ihn und doch hatte er gleich bemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich habe ihn noch nicht einmal nach seiner richtigen Augenfarbe gefragt, obwohl es mich schon interessiert hätte, wie er ohne die Kontaktlinsen aussah. Ich spürte mich ein wenig schuldig, weil ich den Typen einfach so stehen gelassen hatte, doch dieses Gefühl unterdrückte ich sehr schnell.
 

Während ich so dastand und mir Yugis Bild betrachtete, kamen mir so viele zusammenhanglose Gedanken. Tief in meinem Innersten erwachte der Wunsch diese Zeichnung für mich zu haben. Als Andenken an meine schönste Zeit. Als Erinnerung an meine erste Liebe. An diesen süßen, vertrauensvollen Jungen, der mich vom ersten Moment an absolut fasziniert und wie ein Magnet angezogen hat.
 

Dumme Gedanken mischten sich mit diesem Wunsch. Was wäre wenn ich mir dieses Bild einfach schnappen würde? Vielleicht würde Yugi dann doch mal in die Öffentlichkeit treten, um es wiederzubekommen? Würde er vielleicht gleich ahnen, dass ich es mir geholt habe? Selbst wenn nicht, dann hätte ich wenigstens ein weiteres Andenken an ihn. Etwas, das Yugi sehr viel bedeutete, wenn ich mich richtig an die Worte meines kleinen Unbekannten erinnerte.
 

Ich kann mich sogar noch an das Grinsen in meinem Gesicht erinnern, als dieser Gedanke sich wirklich in meinem Gehirn festigte. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich froh darüber, dass ich einige der Komplizen meines Vaters kannte.
 

Ed Michaels rief mich immer noch regelmäßig an und erkundigte sich nach meinem Befinden. Ihm hatte die Polizei keine Beteiligung an den Diebstählen meines Vaters nachweisen können. Irgendwie ist es schon witzig, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben etwas bekommen konnte, was ich wirklich wollte und das nur, in dem ich Wissen und Connections nutzte, die ich durch meinen Vater erlangt hatte.
 

Ein kleines Stimmchen, das ich eindeutig als mein Gewissen identifizieren konnte, flüsterte mir zu, dass dieser Plan schwachsinnig wäre. Yugi würde mich doch dafür hassen, wenn ich ihm etwas nehmen würde, was ihm so viel bedeutete. Ich überhörte aber einfach dieses Stimmchen und tröstete mich selbst mit dem Argument, dass ich ja vor hatte dieses Bild zurückzugeben, sobald Yugi sich einmal in der Öffentlichkeit zeigen würde.
 

Routiniert erkundete ich den Raum. Es lief schon fast automatisch ab, immerhin wusste ich ja worauf ich achten musste. Dass in diesem Gebäude keine größeren Sicherheitsvorkehrungen vorgenommen wurden, war allgemein bekannt. Wozu auch? Die meisten Künstler waren unbekannt und nutzen diese Chance um an Aufträge zu kommen und vielleicht einen wohlhabenden Sponsor zu finden. Es gab nicht einmal Überwachungskameras. Nur zwei alte Wachmänner standen zwischen mir und dieser Zeichnung.
 

Der unbekannte Junge war mir gefolgt und sah mich interessiert an.

„Du scheinst sehr an dem Bild interessier zu sein. Es tut mir Leid, dass du diesen Yugi nicht treffen konntest, aber wenn du vielleicht die nächsten Tage noch einmal herkommst, schafft mein Kumpel es deinen alten Schulkameraden dazu zu überreden, dass er hier auftaucht.“

„Nein, lass mal gut sein, ich muss in den nächsten Tagen sowieso für einige Klausuren lernen. Ich habe keine Zeit für einen weiteren Besuch hier und Geld für eine zweite Eintrittskarte.“

Mit einem traurigen Seufzer und einpaar schnell dahin genuschelten Worten verabschiedete ich mich von dem netten Typ. Es tat mir zwar Leid, den Kleinen einfach so stehen zu lassen, aber meine Gedanken rasten.
 

Noch bevor ich in meiner kleinen Studentenwohnung war, hatte ich den perfekten Plan, um den Einbruch durchzuziehen. Am letzten Tag der Ausstellung zog ich den Bruch dann durch. Ich brauchte zwei Tage Vorbereitungszeit, damit alles perfekt war.
 

Eigentlich ist es zum Totlachen, wie einfach es war. Einfach eines der Fenster im hinteren Bereich des Saals aufhebeln, zu dem Bild schleichen, es fein säuberlich aus dem Rahmen entfernen – ich trug Handschuhe. Das war das A und O, das ich von meinem Vater und seinen ‚Märchengeschichten’ gelernt hatte. So wenig Spuren hinterlassen, wie nur möglich. Am Besten natürlich gar keine.
 

Dann steckte ich die Zeichnung in eine mitgebrachte Posterrolle, die ich mir umhängen konnte und nachdem der leere Bilderrahmen wieder an Ort und Stelle hing verschwand ich auf demselben Weg, den ich gekommen war.
 

Wie gesagt, die Wachmänner waren alt. Fast pensioniert. Sie bewachten auch nicht unbedingt die Mona Lisa, deswegen waren so etwas wie Kontrollgänge nur zwei Mal die Nacht vorgesehen. Ich konnte ungesehen und ungehört verschwinden. Es war kein solch genialer Coup, wie mein Vater sie durchgezogen hatte, aber für mein erstes Mal, lief es ziemlich reibungslos. Zu verdanken war es zum großen Teil den billigen Fenstern in diesem Saal. Amerikanische Modele mit diesen Riegelschlössern am unteren Rahmen. Die sind leichter zu knacken, als das Tagebuchschloss eines kleinen Mädchens.
 

Warum ich trotzdem einen Plan gebraucht habe und Vorbereitungszeit? Für ein Alibi natürlich. Immerhin gab es für die Besucher dieser Ausstellung ein Gästebuch, in dem man sich eintragen MUSSTE. Lasst euch eines gesagt sein, wenn ihr das Kind eines Diebes seid und irgendwo, wo ihr auch nur für fünf Minuten gewesen seid, etwas geklaut wurde, dann seid ihr die Ersten, die beschuldigt werden. Egal ob es für euch nun unmöglich oder absolut unnötig ist. Eine Erfahrung, die ich in den zehn Jahren, seit die Wahrheit über meinen Vater ans Licht kam, nur zu oft machen konnte.
 

Ihr wollt wissen wie ich das gemacht habe. Tja, man lernt so einiges von einem technischen Genie wie „The Brain“, unter anderem auch, wie man bei einer JPG – Datei die Uhrzeit und das Datum ändern kann. Es ist zwar etwas aufwendig, aber nicht nachweisbar und nicht zu verfolgen. Bluetooth und Wireless – LAN sei dank, war ich zum Zeitpunkt des Raubes in der Bibliothek meiner Universität und habe dort für die Klausuren gelernt und das bis weit nach Mitternacht.
 

Ja, die Bemerkung dem Kleinen gegenüber war reine Berechnung. Er sollte meine Aussage, bei einer möglichen Befragung bestätigen.
 

„Yami“, das ist wieder Sergeant Willows, „du sollst jetzt zu deiner Befragung. Tu dir selbst und den Leuten, denen du am Herzen liegst, einen Gefallen und rede nicht ohne einen Anwalt.“

Oha, es scheint so, als würde der gute Sergeant nicht wissen, zu wem er halten sollte. Zu mir, als zukünftigen Stiefsohn oder zu seinen Kollegen. Eigentlich sollte es das nicht, denn ich bin kein Teenager mehr und weiß was ich tue, auch wenn es manchmal mehr als dumm ist. Er braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wegen mir.
 

Ihr wollt wissen, warum ich jetzt trotzdem hinter Gittern sitze? Hm, vielleicht erzähle ich das nach der Befragung.

Der Verlauf einer Kariere und die Verhaftung

Kapitel 3: Der Verlauf einer Kariere und die Verhaftung
 

Die Befragung war ja wohl ein Witz! Der Polizist, der sie durchführen sollte, schaffte es gerade mal meinen Namen und meine Adresse aufzuschreiben, dann holte einer seiner Kollegen ihn aus dem Verhörraum. Eine viertel Stunde später war er wieder da und brachte mich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wieder in meine Zelle. Warum? Das hat mir keiner gesagt. Ist mir auch egal, wenn ich ehrlich bin. Irgendwann holen sie mich schon wieder zur Befragung.
 

Ich weiß, eigentlich sollte ich das nicht so gelassen hinnehmen, aber ich bin froh darüber, dass die ganze Sache jetzt vorbei ist. Es hatte so wenig Sinn gehabt, diese Bilder zu stehlen. Es hat mir nichts gebracht, außer einer falschen Hoffnung und jeder Menge Ärger. Ich habe mich dieser falschen Illusion zu sehr hingegeben. Wie ich das meine? Na ja, ihr wolltet doch bestimmt wissen, wie ich gefasst wurde? Nun, die falsche Hoffnung ist ein Teil dieser Geschichte. Sie hat mich angetrieben und letztendlich in mein Unglück gestürzt.
 

Nach meinem ersten Raubzug hatte ich eine ganze Weile Ruhe vor der Polizei. Gerade als ich anfing mich zu wundern, wo die Herren Beamten denn blieben, klopften sie bei mir. Ich musste mich bei ihrer Befragung echt an mich halten, um nicht laut loszulachen. Das erklärte nämlich warum die Polizei erst jetzt vor meiner Tür stand. Es war vorher wirklich niemanden aufgefallen, dass das Bild fehlte.
 

Die Packer, die die Ausstellungshalle leer geräumt hatten, dachten, es sei einfach ein unbenutzter Rahmen. Es schien wohl so, dass erst Yugi bemerkt hatte, das seine Zeichnung des Teiches fehlte. Nun, er meldete es der Polizei und genau wie ich es erwartet hatte, war ich der erste Verdächtige. Ich kann mich noch genau an ihre Fragen erinnern.
 

Es waren zwei Polizisten. Der eine war etwas jünger. Ein Anfänger. Ich kann nicht mehr sagen, wie der Typ aussah, aber seine unbesonnene und unverschämte Art, hat sich mir ins Gedächtnis gebrannt.
 

„Sie waren doch vor einiger Zeit auf der Ausstellung der hiesigen Kunstakademie?“, kann ich immer noch seine lauernde Frage hören.

„Ja, war ich. Dort wurde das Bild eines Künstlers gezeigt, den ich noch aus meiner Schulzeit kannte“, habe ich geantwortet. Eine Grundregel beim Lügen: bleib immer so nah es geht an der Wahrheit, dann klingt es nicht so gekünstelt.
 

„Ach, und welcher Künstler war es?“

Ich musste grinsen. Dieser Kerl war ja so was von unauffällig. Merkt ihr den Sarkasmus?

„Yugi Muto. Der Künstler, dessen Bild gestohlen wurde“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Wozu auch gerade in dem Punkt lügen? Es war sowieso ein Fakt, den der Polizist bereits kannte. Ich war nicht blöd. Ich wusste, dass sobald mein Name aufgetaucht war, ein Hintergrundcheck gemacht wurde, um herauszufinden, in welcher Verbindung ich zu Yugi stand oder immer noch stehe. Dieser Typ wusste als genau, dass wir dieselbe Schule besucht haben – sogar in der gleichen Klasse waren.
 

„Nun Herr Obscurité, soll ich Ihnen sagen, was ich glaube?“

Diese Frage war rhetorisch. Egal was ich gesagt hätte, der Kerl hätte weitergeredet. Er brannte ja förmlich darauf, mir seine Vermutungen auf die Nase zu binden. Ich ließ ihn reden.

„Sie haben die Vernissage aufgesucht, mit einem festen Ziel. Sie wollten etwas Wertvolles stehlen. Nur schade, dass bei dieser Ausstellung nur weitestgehend unbekannte Maler gezeigt wurden. Allerdings haben Sie mitbekommen, dass auf die Zeichnung dieses Sees eine Menge Geld geboten wurde und auch, dass der Künstler es unter keinen Umständen verkaufen wollte. Sie kannten den Maler und konnten ihn aller Wahrscheinlichkeit nicht ausstehen. Wir haben uns erkundigt. In dem einen Jahr, dass Herr Muto an Ihrer Schule verbrachte, hatte er keine Freunde. Am allerwenigsten Sie. Also haben sie sich gedacht: ‚Hey, klau ich doch einfach das Bild. Ein bisschen was wird es schon einbringen’. Jetzt geben Sie es doch einfach zu! Sie sind der Einzige, der infrage kommt.“
 

Habe ich eigentlich erwähnt, dass dieser Polizist dumm war. Um wahrsten Sinne des Wortes. Er war dumm und wird es auch immer bleiben, genauso, wie ich ihn wegen dieser Aussage für immer hassen werde!
 

Ich meine, mir ein Verbrechen anzulassen – egal ob ich es nun begangen habe oder nicht – nur weil mein Vater ein Verbrecher war, ist ganz schön unverschämt. Außerdem, wie anmaßend und dumm muss man sein, um einen Verdächtigen zu sagen, dass man ihn für schuldig hält, ohne Beweise zu haben und ohne auch nur nach dem Alibi zu fragen – geschweige denn, es zu überprüfen?
 

„Also erstens“, sprach ich aufgebracht zu diesem Schnösel, „war es ein Teich und kein See. Der Teich in dem kleinen Wald, am Stadtrand. Da wo die so genannten Slums enden und zweitens, was fällt Ihnen ein hierher zu kommen und mir diesen Diebstahl zu unterstellen, ohne mir zu sagen, wie Sie überhaupt auf diese hirnrissige Idee kommen?“

Meine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. Es war wirklich einfach den empörten, zu unrecht Beschuldigten zu spielen, weil ich wirklich sauer war.
 

Gott sei dank war der andere Beamte etwas erfahrener. Er entschuldigte sich für seinen Kollegen und fragte mich, wo ich zum Tatzeitpunkt gewesen bin. Ich tat so, als müsse ich überlegen. Es kommt einfach nie zu gut, wenn man sofort ein Alibi mit Videoaufzeichnung vorweisen kann, da werden Polizisten immer sofort misstrauisch. Ich sagte dann, dass ich an dem Tag bis spät in die Nacht gelernt hatte und dass Herr Takahiro, der Wachmann auf dem Campus, bestimmt bestätigen würde, dass ich so lange in der Bibliothek gewesen bin.
 

Ich wusste, dass er nur bis knapp dreiundzwanzig Uhr arbeitete und mir somit kein direktes Alibi geben würde, aber Herr Takahiro würde die beiden Polizisten auf die Überwachungskameras hinweisen und auf die Videoaufzeichnungen, die ich vorher präpariert hatte.

Ich habe noch am selben Tag eine Entschuldigung von diesem Anfänger bekommen, weil er mich zu Unrecht beschuldigt hatte.
 

Wisst ihr was das Faszinierendste an diesem Einbruch gewesen war? Nachdem bekannt wurde, dass ein Dieb die Zeichnung von Yugi Muto geklaut hatte, wurde er von einer Minute auf die andere berühmt. Die größten Ausstellungsleiter, Museen und sogar Interessenten aus dem Ausland versuchten eines seiner weiteren Bilder zu erwerben. Doch er zog sich absolut zurück. Keiner der Reporter schaffte es ein aktuelles Bild von ihm zu schießen oder von ihm ein Interview zu bekommen. Ich weiß noch wie ich lachen musste, als sie für einen Artikel, über den mysteriösen Künstler, der sich nie in der Öffentlichkeit zeigte, ein Foto von ihm aus der Schulzeit genommen hatten. Es war kein besonders vorteilhaftes Bild. Wie Ausweisfotos nun einmal sind, aber es war definitiv Yugi. Es waren seine Augen. Selbst auf diesem schlechten Bild, wirkten sie so lebendig und ausdrucksstark. Ich habe den Zeitungsartikel aufbewahrt.
 

Ich hatte eigentlich meine Hoffnungen begraben, ihn je wieder zu sehen, als mir, genau zwei Monate nach der Befragung durch die Polizei, ein Brief zugestellt wurde. Das Schreiben selbst war ein Vordruck, was wohl zu Tausenden versendet wurde. Es war unpersönlich und sehr wage. Etwas so in der Art: Hiermit laden wir Sie herzlich zu der Ausstellung der hiesigen Künstler und Virtuosen ein. Bla bla bla. Darunter standen noch Uhrzeit und Ort. Beigelegt war eine Eintrittskarte für diese Veranstaltung.
 

Ich muss ja hoffentlich nicht sagen, dass ich überrascht war? Von der Ausstellung hatte ich noch nichts gehört. In der Annahme es sei ein schlechter Scherz, habe ich den Brief samt Karte in den Papierkorb geschmissen. Einpaar Tage später war ich echt glücklich darüber, dass ich zu faul war den Müll rauszubringen. In der Zeitung las ich nämlich einen Artikel, über eine Kunstausstellung, die mit einem Konzert kombiniert war. Auftreten sollten Bands, die ihren Ursprung irgendwo hier in Domino City hatten. Gleichzeitig sollten Bilder der berühmtesten Maler und Fotografen und sogar einige Skulpturen bekannter Bildhauer ausgestellt werden. Es war eine Veranstaltung, zum zweihundertjährigen Bestehen von Domino.
 

Warum mich das so interessiert hat? Weil derjenige, der dieses Event sponserte Seto Kaiba war! Ja, genau der Eisklotz, der auch die Ausstellung finanziert hatte, bei der ich Yugis Bild gestohlen hatte. Ich wusste selbst nicht so Recht warum, aber in mir keimte wieder diese Hoffnung auf. Vielleicht würde ich ja dort auf Yugi treffen? Ich habe den Papierkorb durchwühlt, um an die Eintrittskarte zu kommen. Als ich sie endlich in meinen Händen hielt, habe ich selig vor mich her gegrinst. Die zahllosen Papierschnipsel und den restlichen Müll, der um mich herum lag, habe ich gar nicht wahrgenommen. Ihr erinnert euch noch? Das war sie, die falsche Hoffnung.
 

Auch an dem Abend war ich furchtbar aufgeregt. Wenigstens wusste ich diesmal halbwegs was ich anziehen konnte. Die Vorbereitung dauerte deswegen nicht so lange. Während ich meine Schlüssel und mein Portemonaise nahm, kam mir kurzzeitig die Idee, dass diese Einladung eine Falle der Polizei sein könnte. Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich glaubte nicht so wirklich daran, dafür waren die hiesigen Beamten einfach nicht kreativ genug. Sie agierten in festgefahrenen Bahnen.

„Und selbst wenn“, habe ich mir gedacht, „nur weil ich hingehe, muss ich ja noch lange nichts klauen.“
 

Ach, habe ich schon erwähnt, dass gute Musiker, nicht unbedingt der Exportschlager von Domino sind? Zumindest nicht, was den Musikgeschmack der jüngeren Generationen angeht. Was das genau heißt? Ganz einfach: keine Rockband, kein Jazz und noch nicht einmal guter Pop. Domino Citys bekannteste Musiker sind Violinisten, Flötisten und ein Typ, der Cello spielt. Die ausgestellten Bilder haben meine Abend zwar gerettet, denn auch wenn ich nicht wirklich was von Kunst verstehe, ich weiß was schön ist, aber trotzdem habe ich mich wieder gefragt, was ich dort zu suchen hatte.
 

Ich schlenderte nichts ahnend durch die errichteten Glasgänge, an denen die Zeichnungen, Fotografien und Collagen hingen, als mir plötzlich jemand über den Weg lief, den ich kannte. Mein geheimnisvoller Unbekannter, von dem ich nicht einmal die Augenfarbe genau bestimmen konnte. Als er mich sah, kam er lächelnd auf mich zu. Hinter ihm stand der blonde Junge, von dem ich noch wusste, dass er der Freund meines Unbekannten war und selber sehr talentiert war. Er schaute im ersten Moment sehr verwirrt drein – mit diesem Blick erinnerte er mich an ein ausgesetztes Hundebaby – dann fiel sein Blick auf mich und er schien zu verstehen. Mit einem Lächeln folgte er seinem besten Freund.
 

„Hi, schön dich hier zu sehen“, begrüßte mich der Kleine herzlich. Er umarmte mich sogar leicht. „Ich wusste nicht, ob du kommen würdest oder nicht, weil der Brief mit der Eintrittskarte ja nicht unterschrieben war, aber ich habe mir gedacht, du kennst meinen Namen ja sowieso nicht, also war es auch egal. Aber ich habe so gehofft, dass du da sein würdest.“

Damit war wenigstens die Frage geklärt, von wem ich die Karte bekommen hatte. Ich lächelte den Kleinen an. Irgendwie fühlte ich mich schlecht, weil ich ihm falsche Hoffnungen machte, aber ich konnte ja auch nicht so unhöflich sein und ihn einfach links liegen lassen, wo er sich doch so eine Mühe gemacht hatte, um mich hierher zu bekommen.
 

„Hi“, grüßte ich zurück, „es freut mich auch dich hier wieder zu sehen, aber woher hattest du meine Adresse?“

„Aus dem Telefonbuch. Dein Name stand ja im Gästebuch und da war es ein leichtes dich wieder zu finden. Die anderen Leute die sich dort eingetragen hatten, waren ja reiche Geschäftsmänner oder sonst irgendwelche gut betuchten Leute.“

Ein leises Räuspern machte den Kleinen wieder auf seinen Freund aufmerksam. In seiner Euphorie hatte er diesen total vergessen.
 

Verlegen räusperte sich mein Unbekannter. Seine Wangen wurden purpurrot. Man, das sah so niedlich aus und ich muss ehrlich zugeben, dass mein Herz einen Schlag ausgesetzt hat. Ich hätte nie gedacht, dass das möglich wäre, aber ich glaube, ich war kurz davor mich in diesen Jungen zu verlieben. Schnell unterdrückte ich dieses Gefühl. Darauf durfte ich mich jetzt nicht einlassen. Der Einzige, den ich wollte war Yugi, auch wenn mein geheimnisvoller Fremder echt niedlich war.
 

Er trug wie bei unserer ersten Begegnung ein eher sportliches Outfit und ein Basekap. Seine Augen konnte ich zwar auch heute nicht sehen, denn er trug eine dunkle, verspiegelte Sonnenbrille, aber auch ohne das sprichwörtliche Fenster zur Seele zu sehen, konnte ich wie peinlich ihm dieser Moment war.
 

„Ähm…tja, ja…das ist mein Freund Joey. Joey, das ist Yami. Ich habe ihn auf der Vernissage kennen gelernt, die die Kunstakademie veranstaltet hat“, stellte er uns einander vor. Wir reichten uns die Hände. Dieser Joey war mir von Anfang an sympathisch. Er hatte etwas an sich, dass mir das Gefühl gab, wir würden die besten Freunde werden. Ich wollte gerade fragen, warum mir der Kleine die Eintrittskarte geschickt hatte, als der Sponsor ihn mit einer Handbewegung zu sich winkte. Er ließ mich mit seinem blonden Kumpel alleine.
 

„So, du bist also der Typ, der meinem besten Freund so den Kopf verdreht hat…“

Das war eine Feststellung, keine Frage. Er sah mich anklagend an, so als wollte er sagen: ‚wehe du brichst ihm das Herz…’. Was sollte ich darauf schon antworten? Es tat mir Leid, aber ich konnte seine Gefühle einfach nicht erwidern. Ich wollte gerade etwas sagen, als mir Joey bedeutete ihm zu folgen. Gemeinsam gingen wir die gläsernen Gänge entlang.

„Weißt du warum er dir diese Karte geschickt hat?“, fragte mich der Blonde. „Mal abgesehen davon, dass er dich wieder sehen wollte“, fügte er noch an.

Ich konnte nur den Kopf schütteln. Es gab noch einen Grund dafür? Nein, ich halte mich nicht für so toll, dass jemand extra für mich so einen Aufwand betreibt, aber jetzt war ich doch neugierig.
 

„Hab ich mir gedacht. Er wollte, dass es eine Überraschung ist“, erklärte mir Joey. Er führte mich durch das Labyrinth aus durchsichtigen Wänden zu einem kleinen, fast komplett geschlossenen Gang. Er war angelegt, wie eine kleine Sackgasse, die nirgendwo hinzuführen schien. Nur wenige Leute verirrten sich in diesen kleinen Seitengang, so dass wir nur zu zweit vor den dort aushängenden Bildern standen. Ich glaube ich stand eine Weile mit offenem Mund vor den drei Zeichnungen. Erst Joeys leises Lachen brachte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Auch ich musste lächeln.
 

Verträumt habe ich mir minutenlang die Zeichnungen angesehen. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass mein Unbekannter zu uns gestoßen war, bis er mich ansprach.

„Kennst du die Bilder? Ich habe mir gedacht, du hast es bei der letzten Ausstellung nicht geschafft, deinen alten Schulfreund wieder zu treffen, da würde es dich freuen, einpaar seiner anderen Werke zu sehen. Yugi hat uns die Bilder wieder ausgeliehen.“

Wieder fiel mir auf, was für eine schöne, sanfte Stimme mein namenloser Verehrer hatte. Dann erst wurde mir klar, was er sagte und ich runzelte die Stirn.

„Obwohl bei der letzten Ausstellung seine Zeichnung gestohlen wurde, verleiht er euch ein zweites Mal seine Bilder?“

„Ja“, antwortete mir Joey, „dass ist aber auch nur deswegen so, weil Seto diesmal sein eigenes Sicherheitssystem hier eingebaut hat. Die Türen sind zum Beispiel mit jeweils zwei elektrischen Riegeln gesichert, die durch eine Zeitschaltuhr gesteuert werden. Die Riegel sind aus einer Titanlegierung. Unmöglich aufzubrechen und selbst wenn man ein Schweißgerät benutzt, dauert es zu lange. Der Alarm, der bei der kleinsten Berührung an den Türen ausgelöst wird, würde die Polizei sofort hierher rufen. Die wären innerhalb von drei Minuten vor Ort. Wenn ein Dieb es überhaupt bis zu den Türen schaffen würde, weil die Wände mit Drucksensoren gesichert sind. Sobald die Bilder entfernt werden, geht ein stiller Alarm los und die Verriegelungen werden aktiviert.“
 

„Ich dachte dieser Kaiba ist der Geschäftsführer und Eigentümer einer Firma, die Spielzeug und Spielekonsolen produziert, wie kommt der an solche High – Tech – Sicherheitsmaßnahmen?“, fragte ich verdutzt. Ich muss sagen, diese Vorkehrungen flößten mir schon Respekt ein.

„Die Technik an sich, ist die gleiche, die in einigen der Spielekonsolen, verwendet wird. Die Drucksensoren sind zum Beispiel dieselben, die in der CHD* verwendet wird, um deine Bewegungen auf die deiner Figur zu übertragen. Die Steuerung für die Riegel sind aus dem 3D – Labyrinth – Spiel, das letztes auf dem Markt erschienen ist, aber lassen wir das Thema. Du hast gesagt, du kennst diese Bilder? Was sind denn das für Orte? Ich habe die noch nie gesehen.“
 

Ich musste lachen. War ja klar! Die wenigsten Leute machen sich die Mühe andere Orte aufzusuchen, als die Viertel, in denen sie leben. Es sei denn natürlich, sie müssen es. Das sagte ich Joey auch. Er war erstaunt, als ich ihm sagte, dass das alles Plätze in Domino waren.

„Der Kirschbaum vor der Mauer war in einer Straße, in der ich bis letztes Jahr Zeitungen ausgetragen habe. Die kaputte Ampel ist vor einem Obdachlosenheim, in dem ich einige Zeit ausgeholfen habe und der Fliederbusch, der hier so farbenfroh gezeichnet wurde, sieht genau so aus, wie der, den meine Nachbarin mal gepflanzt hat“, erzählte ich den beiden Umstehenden. Nach meiner Erklärung betrachtete ich wieder die Zeichnungen. Ich mochte Yugis Stil. Zwei der Bilder – die mit dem Kirschbaum und der Ampel – waren in fast demselben Stil gezeichnet, wie die Zeichnung vom Teich. Die Blüten des Baumes, einige der Mauersteine und der Hintergrund, mit der Sonne in der Dämmerung waren mit Pastellstiften gefärbt worden. Der Rest war grau und schwarz Schattiert. Bei dem Bild der Ampel hatte Yugi kräftige Farben genommen. Das rote Licht leuchtete klar erkennbar und der Nachthimmel mit den ersten Sternen war auch sehr gut hervorgehoben. Der einzige Unterschied zu seiner ersten Zeichnung war, dass er hier statt des Kohlestiftes Tusche benutzt hatte. Dadurch wirkten die Bilder gleich intensiver und dreidimensionaler.
 

Der Fliederbusch war mit Aquarellfarben gemalt, aber das war nicht der einzige Unterschied zu den anderen Zeichnungen. Dieses Bild war komplett koloriert und wirkte sehr verschwommen und konturfrei. Trotzdem konnte man sehr gut die einzelnen Details erkennen, wie zum Beispiel die drei Bienen, die herumschwirrten. Irgendwie erinnerte mich das an den ‚Seerosenteich’ von Cloude Monet.
 

„Seltsam“, meinte mein kleiner Unbekannter auf einmal. Ich sah ihn nur fragend an. Was war denn bitte so seltsam an diesen Bildern? Er schien meinen Ausdruck richtig zu deuten, denn er antwortete mir fast sofort.

„Na ja, es scheint so, als hätten alle seine Zeichnungen etwas mit dir zu tun. Es sind alles Orte, an denen du längere Zeit warst. Standet ihr euch denn sehr nahe?“

„Nein, eigentlich nicht. Wir haben nur ein Mal kurz miteinander geredet, aber wir saßen ein Jahr lang nebeneinander. Das ist doch nicht seltsam, das ist ein Zufall. Yugi war neu in der Stadt, wahrscheinlich hat er einfach Erkundungstouren gemacht und dabei die interessantesten Orte gezeichnet“, erwiderte ich. Der Kleine lächelte mich nur geheimnisvoll an und meinte: „Das redest du dir jetzt nur ein. Yugi war bestimmt total verknallt in dich und ist dir gefolgt. Diese Zeichnungen anzufertigen dauert länger als einpaar Stunden. Vor allen, wenn sie so detailgetreu sind wie diese, dann musst du auch noch die Skizzen dazurechnen. Er war bestimmt mehr als nur ein Mal an diesen Orten und bestimmt auch länger als nur für einpaar Minuten. Glaub mir, das hatte etwas mit dir zu tun, denn wenn du es dir genau überlegst, sind diese Plätze eigentlich ziemlich unspektakulär. Was für einen Grund hätte er gehabt, diese Orte zu zeichnen, wenn er sie nicht mit etwas Besonderem verband und das Einzige, was die gemeinsam haben, bist nun einmal du.“
 

Konnte das wirklich sein? Konnte es sein, dass der Junge, den ich über Jahre so sehr geliebt habe und den ich bis heute liebte, für mich die gleichen Gefühle hegte? Und da war sie wieder die Hoffnung und mit ihr kam auch fast augenblicklich die Reue. Wieder fragte ich mich, wieso ich es nicht riskiert hatte ihn anzusprechen und wieder kam ich zum selben Ergebnis: diese Reue und das ‚was wäre wenn’ würden mich nicht weiterbringen. Mit der Erkenntnis kam wieder der Wunsch diese Bilder zu besitzen und der Entschluss es durchzuziehen.
 

Während ich mich mit Joey und meinem Unbekannten unterhielt, schmiedete ich schon einen Plan, wie ich trotz der hohen Sicherheitsmaßnahmen an das Bild kommen könnte. Vor den Drucksensoren hatte ich keine Angst. Ich kannte die CHD. Es war ein Leichtes sie außer Gefecht zu setzten. Entweder ein starker Magnet oder ein hoher Elektroimpuls, wie aus einem Elektroschocker reichte aus, um die Dinger durchzuschmoren, aber nicht einmal das würde ich brauchen, wenn ich mich nicht all zu dumm anstellte. Joey hatte nichts davon erwähnt, dass der Boden auch mit solchen Sensoren gesichert war und daher bräuchte ich ja nur mit einem Glasschneider die Scheibe des Rahmens vorsichtig zu entfernen und die Bilder herauszunehmen. Dafür müsste ich sie nicht einmal von den Wänden entfernen und wenn ich gut wäre, könnte ich sie genauso wieder einsetzten. Dann würde eigentlich niemand wissen, dass jemand über die Sicherheitsvorkehrungen genau bescheid gewusst hatte. So waren meine Gedanken zu dem Zeitpunkt.
 

Das einzige Problem bestand darin, die Riegel an den Türen aufzubekommen. Ich dachte kurz darüber nach mich vielleicht irgendwo zu verstecken, in der Nacht die Bilder zu stehlen und mich so lange zu beschäftigen, bis die Türen geöffnet wurden, um dann unbemerkt zu verschwinden. Dieser Plan war aber lächerlich, weil ich weder das Werkzeug, noch Handschuhe dabei hatte, um die Bilder zu entfernen und dabei keine Spuren zu hinterlassen, von dem guten dutzend Kameras mal abgesehen. Geduld und gute Vorbereitung waren hier der Schlüssel zum Erfolg.
 

Ich unterhielt mich noch den restlichen Abend mit Joey und dem namenlosen Jungen…jetzt wo ich darüber nachdenke, finde ich es schon etwas eigenartig, dass Joey ihn immer nur ‚Kumpel’ genannt hat…und das auch ich nicht auf die Idee kam, nach seinem Namen zu fragen. Ich finde es auch irgendwie komisch, dass er stets seine Augen und auch seine Haare verborgen hielt. Die Klamotten, die er trug ließen nicht einmal erahnen, was für eine Statur er hatte…aber vielleicht war es gar nicht so seltsam, so weit ich wusste, war er auch ein Künstler und die haben so ihre Eigenarten.
 

Na ja, auf dem Heimweg besorgte ich mir dann so ein 3D – Labyrinth – Spiel. Es war wie dieses Brettspiel, wo man bestimmte Karten mit Schätzen, die man erreichen muss. Das Ganze wird dadurch erschwert, dass der Gegenspieler die frei beweglichen Karten auf dem Spielfeld, die ein Labyrinth darstellten, so verschob, dass man in einer Sackgasse endete. Das Spiel, das ich mir gekauft hatte, war so etwas wie die Hightech – Version davon. Ein echtes 3D – Labyrinth, bei dem sich die Wände verschoben, in dem man Karten auf den dazugehörigen Scanner legte. Diese Karten zeigten die Form, die der Irrgarten annehmen sollte. Welcher Spieler dabei am Weiterkommen gehindert wurde, war dabei dem Zufallsprinzip überlassen. Trotzdem war es überschaubar, man musste nur mehrere Möglichkeiten abwägen können und immer einen zweiten Weg parat haben. Alles in einem wie eine gute Partie Schach, bei der man auch mindestens drei Züge im Voraus denken muss.
 

Das Spiel war aber nebensächlich. Mich interessierte die Steuerung. Ich nahm die Konsole auseinander, sah mir an, wie die ganze Sache funktionierte und fand einfach keinen Weg das System zu knacken. In meiner Verzweiflung rief ich Ed an. Der hat mich ausgelacht.

„Junge“, hat er gesagt, „du machst es dir viel zu kompliziert. Warum lässt du nicht einen Programmierer einfach ein Virus schreiben, der die komplette Technik lahm legt? Ich habe noch Kontakt zu Greg, dem Enkel von „The Brain“. Erinnerst du dich noch an den alten Mann? Der ist leider vor fünf Jahren gestorben, aber er hat seinem Enkel alles beigebracht. In achtundvierzig Stunden kannst du das Virus haben.“
 

Was soll ich sagen? Obwohl ich mir einen Haufen Sprüche anhören musste, dass ich jetzt doch zur ‚Dunklen Seite der Macht’ gehöre, hielt Ed sein Wort und binnen zweier Tage hatte ich das gewünschte Programm. In dieser Zeit verschaffte ich mir ein Alibi. Ich fuhr in ein Hotel. Weit außerhalb der Stadt. Dort ließ ich mich jeden Tag von so vielen Menschen sehen, wie es nur möglich war und ließ mich jeden Morgen per Telefon wecken. Als dann die Zeit gekommen war, dass Bild zu stehlen, leitete ich die Anrufe vom Hoteltelefon auf mein Handy und fuhr zurück nach Domino. Dort fuhr ich zu der Ausstellung, speiste den Virus durch die Schalttafel für den Außenalarm in das System ein und konnte alles wie geplant durchziehen. Das Programm, das Greg für mich geschrieben hatte, war so geschrieben, dass es sich binnen einer halben Stunde in Datenmüll umwandelte. Alles was ich zu tun hatte, war die Bilder holen, den Weckruf entgegennehmen und den Speicher des Telefons etwas zu verändern, damit niemand etwas von der Rufumleitung mitbekam.
 

Ich hatte mein Ziel erreicht. Die drei Bilder gehörten mir. Diesmal stand die Polizei etwas schneller vor meiner Tür, aber nachweisen konnten sie mir auch da nichts. Zwei erfolgreiche Einbrüche. Zwei Stück! Beide eigentlich viel zu einfach. Warum habe ich mich nur nicht damit zufrieden gegeben? Warum musste ich auch noch die anderen fünf Bilder stehlen? Und warum dieses Sechste, bei dem sie mich jetzt geschnappt hatten? Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich denke es war die Eifersucht. Die Eifersucht auf diesen Unbekannten, den Yugi immer gezeichnet hat. Die Skizzen dieser männlichen Silhouette. Gesichtsform mit Konturen, aber ohne Merkmale wie Augen, Nase und Mund. Dann diese Einzelbilder von Lippen. Der Nase. Den Augenbrauen. All diese Zeichnungen wurden nach und nach ausgestellt – in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren. Ich erfuhr immer noch vor der Ausstellung von ihnen, denn mein namenloser Verehrer schickte mir immer wieder die Eintrittskarten zu.
 

Der Rest verlief immer genau so, wie ich es gerade geschildert habe. Ich stahl diese Bilder. Fast das gesamte Gesicht hatte ich zusammen. Es fehlten nur noch die Augen dieses Kerls. Da erst kamen die intelligenten Polizisten dieser Stadt, auf die glorreiche Idee, mir eine Falle zu stellen. Sie setzten eine Anzeige in die Zeitung, dass das letzte Bild dieser Reihe im Kunstzimmer des Domino City Country Clubs gezeigt wurde. Eigentlich hätte es mich wundern müssen, da ich noch keine Eintrittskarte erhalten hatte, aber ich wollte endlich wissen, wer mein Konkurrent war. Ich achtete nicht auf solche Details. Ich kannte die Räume, weil ich dort mal gejobbt hatte. Ich hatte den Virus, der mir den Zutritt zu jedem System lieferte und ich wusste, was ich wollte. Eigentlich hätte alles sehr gut laufen sollen. Doch ich war wohl etwas zu selbstsicher, denn die Polizei schnappte mich ganz unspektakulär bei…wie heißt es gleich so schön…beim Griff in die Kasse? Keine Verfolgungsjagd, keine halsbrecherische Flucht. Einfach Handschellen dran, ein bisschen rumgebrüllt, ein bisschen mit der Waffe herumgefuchtelt, weil die ja sonst nie zum Einsatz kommt und das war es auch schon.
 

Jetzt sitze ich hier seit knapp zehn Stunden. Denke über mein Leben nach. Finde es mehr als nur beschissen, dass ich doch geworden bin wie mein Vater und bereue es wieder mal, dass ich nie mit Yugi geredete habe. Das Frustrierendste daran ist jedoch, dass die ganze Anstrengung, der ganze Aufwand und diese Konsequenz sich einfach nicht gelohnt haben. Ich habe meinen kleinen Engel nicht wieder gesehen und wahrscheinlich verabscheut er mich sogar dafür, was ich getan habe. Ich hasse mein Leben!
 

Ah, der Herr Polizist von vorhin betritt wieder den Flur. Na dann kann es ja weitergehen mit der lustigen Frage – und – Antwort – Stunde!

„Obscurité“, ruft er mir zu, „für dich wurde Kaution gestellt.“

„Ka…Kaution? Wer ist denn bitte so blöd und stellt für mich Kaution? Bitte sag mir nicht, dass es meine Mutter ist. Sie kann sich das gar nicht leisten.“

„Nein, es ist nicht deine Mutter, aber das kannst du gleich selbst feststellen. Er will sich nämlich noch mit dir unterhalten, bevor ich dich rauslasse.“

„Er?“
 

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*CHD: Crystal Holograph Disc. Ist von mir ausgedacht. Existiert nicht wirklich. Stellt euch das einfach wie eine ‚Wii fit’ vor, nur in der Form einer flachen Scheibe. Wie eine Art Teppich, der mit vielen Computerchips und Drucksensoren gespickt ist und die Bewegungen der darauf befindlichen Person auf einen Bildschirm überträgt.

Die „Kaution“ bringt ein Wiedersehen

So Leute, das letzte Kapitel ist endlich fertig. Ich hoffe natürlich wie immer es gefällt. Ich weiß persönlich nicht, ob es mir so gut gefällt, weil hier so viel geredet wird, aber in meinen FFs wird im Allgemeinen immer etwas zu viel geredet. Ich schaffe es halt einfach nicht Storys mit mehr Aktion zu schreiben…
 

Vielleicht sollte ich euch vorwarnen, weil das Ende etwas offen ist. Aber wirklich nur ein kleines bisschen. Das ist so, weil ich mir die Freiheit vorbehalte, eventuell eine Fortsetzung zu schreiben.
 

Noch eine kleine Info am Rand: zu jeder meiner FFs, bei der es ein Nebenpairing gibt oder gab, wird eine eigen FF nur für das Nebenpairing von mir geschrieben. Ich würde sagen, wer gleichzeitig Puppyshipping – Fan ist, darf sich freuen *grins*
 

-Run-
 

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Kapitel 4: Die „Kaution“ bringt ein Wiedersehen
 

Er?

Alleine dieses kleine Wort lässt mein Herz höher schlagen. Kann es sein? Ist es möglich? Ich umklammerte die Gitterstäbe meiner Zelle und merke erst jetzt, dass meine Hände schweißnass sind.
 

Als die Stahltür sich öffnet und eine Person den düsteren Flur betritt, schwappte eine Welle der Enttäuschung, Schuld und Scham über mir zusammen.

„Hey Officer“, rufe ich in Richtung der sich schließenden Tür, „der Junge hier will sein Geld wiederhaben. Zahlen sie es ihn wieder aus. Ich will nicht, dass er für mich blecht.“

Das wäre ja noch schöner! Ich habe den Jungen genug ausgenutzt. Ihn jetzt auch noch dafür zahlen zu lassen, dass ich aus dem Gefängnis freikomme, ist zu viel. So ein mieses Schwein bin ich nicht.
 

Mein süßer Unbekannter steht vor mir. Seine Haare sind wieder unter einem Basekap versteckt. Sein Outfit ist diesmal anders. Ziemlich sexy...irgendwie...oder empfinde nur ich das so? Seine Beine stecken in einer ziemlich enganliegenden Lederhose und ich würde alles, was ich jetzt bei mir habe, darauf verwetten, dass sein Hintern darin echt heiß aussieht. Schade, dass ich ihn nicht sehen kann.

Zu der Hose trägt er ein passendes schwarzes Shirt. Ich liebe es. Durch den dunklen Stoff wird seine zarte, weiße Haut betont. Am Hals meines mysteriösen Bekannten kann ich ein Nietenhalsband erkennen. Irgendwie finde ich das...heiß.
 

Innerlich verpasse ich mir eine Ohrfeige. Solche Gedanken sollte ich nun wirklich nicht haben. Zum einen ist da immer noch Yugi, nach dem ich mich sehne und zum anderen habe ich ein ziemlich schlechtes Gewissen dem Kleinen gegenüber. Doch etwas ist seltsam. Meine Worte scheinen ihn verletzt zu haben. Den enttäuschten Gesichtsausdruck kann ich trotz der riesigen Sonnenbrille, die er trägt, erkennen.
 

„Kleiner, ich weiß echt nicht, warum du das für mich tust, aber spar dir das Geld.“

„Willst du etwa da drin bleiben?“, will mein Unbekannter wissen und deutet mit einem Finger auf die Gitterstäbe vor sich. „Außerdem, was heißt hier 'Geld'? Wie kommst du auf die Idee, ich würde die Kaution für dich stellen? Das ist doch gar nicht notwendig, weil ja gar keine Anklage gegen dich erhoben wird.“

„Aber...der Officer...hat gesagt du würdest...ich verstehe das nicht...“
 

Mein Fremder lacht leise. Es verwirrt mich, denn er lacht mich nicht aus, sondern scheint ehrlich amüsiert zu sein.

„Es ist eigentlich ein Armutszeugnis für unsere Polizei, das sie so lange gebraucht haben, um dich zu schnappen. Du bist so was von schwer von Begriff. Glaubst du denn wirklich, du hättest auch nur eines der Bilder stehlen können, wenn ich nicht gewollt hätte, das du sie bekommst?“, fragt er mich unter Lachen.

Nun verstehe ich gar nichts mehr. Macht er sich doch lustig über mich? Was hat er denn mit den Bildern zu schaffen? Sicher, die Hinweise, wie ich an den Sicherheitssystemen vorbei...komme...MOMENT!

Das war alles geplant? Er wollte dass ich diese Informationen habe? Wieso?
 

Ich sehe, wie er in seine Hosentasche greift. Eigentlich wundert es mich, dass dieses Ding überhaupt so etwas hat. Er holt umständlich ein Taschentuch hervor und reicht es mir.

„Du hast da was“, meint der Kleine, während er auf meine Wange deutet. Ich greife total perplex nach dem Stück Stoff. Was soll denn dieser plötzliche Themenwechsel auf einmal?
 

Erst als ich damit über die gezeigte Stelle fahren will, stutze ich. Irgendwie kommt mir das Teil bekannt vor. Ein leiser Verdacht beschleicht mich. Meine Hände zittern, während ich das Taschentuch auseinanderfalte. Ich erstarre, als ich es wieder erkenne. In der unteren Ecke sind zwei Buchstaben eingestickt. Ich fahre zärtlich über die sich leicht abhebenden silberfarbenen Symbole auf weißem Grund.
 

Das war das Taschentuch meiner Mutter. Die beiden Buchstaben 'R' und 'Y' stehen für 'Rioko Yamamoto'. Das ist der Mädchenname meiner Mutter. Es ist genau das Taschentuch, das ich Yugi vor knapp viereinhalb Jahren*, an seinem ersten Tag an meiner Schule gegeben habe, damit er sich den Staub aus dem Gesicht wischen konnte.
 

„Wie...wie kommst du an dieses Taschentuch?“, stottere ich zusammen. Jetzt bin ich nicht nur verwirrt. Ich habe das Gefühl, in meinem Kopf würde eine verdammt laute Alarmglocke schrillen, rote Lichter blinken und auf einem riesigen Computerbildschirm würde in gigantischen neonfarbenen Lettern geschrieben stehen: SYSTEM OVERLOAD//ERROR//SYSTEM OVERLOAD//ERROR.

Ich hoffe ihr versteht, was ich meine. Ich bin einfach nur hoffnungslos überfordert.
 

Wieder lacht mein Unbekannter. Ich verstehe immer noch nicht warum.

„Dein Gesichtsausdruck...einfach nur herrlich...“ Er wischt sich die Lachtränen aus den Augen.

„Yami?“, fragt er dann unvermittelt. Meine einzige Reaktion ist eine leichte Bewegung des Kopfes. „Du verstehst es immer noch nicht, oder?“

Nein, ich verstehe es nicht. Was soll ich denn genau verstehen? Mein Gehirn schreit förmlich danach, dass er mit der Sprache rausrücken soll, doch über meine Lippen kommt kein Ton. Ich sehe meinen Gegenüber an. Er seufzt resigniert und greift mit seiner Hand nach dem Kappi. Langsam, Zentimeter für Zentimeter zieht er die Mütze herunter und zeigt schwarze Haarsträhnen. Bilde ich mir das jetzt ein oder sehe ich da wirklich einen sanften Rotschimmer darin?
 

Ich kann nur stumm beobachten was er macht. Zum Sprechen bin ich nicht in der Lage. Es ist so, als hätte ich es verlernt. Die Haare meines Gegenübers sind etwas verstrubbelt, aber seine Frisur ist zu erkennen. Sie gleicht meiner. Mein Herz beginnt wie wild zu schlagen. Diese dumme Hoffnung ist wieder da. In meinem Bauch tanzen die Schmetterlinge gerade Mambo, so aufgeregt bin ich. Dabei ist das doch völlig unlogisch! Es gibt doch gar keinen Grund dafür so nervös zu sein. Ich weiß! Ich träume. Genau, das alles ist ein blöder Traum und ich werde gleich aufwachen und mich fragen, wie ich so etwas träumen kann...entweder das oder ich bin komplett durchgedreht.
 

Er nimmt jetzt seine Brille ab. Oh Mann, bitte lass das keinen Traum sein! Diese Augen...dieses wundervolle violett...

„Yu...Yugi?“, stottere ich verwirrt. Er lächelt mich an. Dieses wunderschöne, glückliche Lächeln ist nur für mich gedacht.

„Genau der“, bestätigt er mir. „Du bist aber wirklich schwer von Begriff Yami.“

„Wie...was...hat das zu bedeuten?“ Oh Wunder, ich habe einen vollständigen Satz hinbekommen.
 

„Ich erkläre dir gleich alles und beantworte dir auch alle Fragen, die du hast, aber vorher... vorher möchte ich noch etwas tun, was ich schon vor etwas mehr als vier Jahren unbedingt einmal machen wollte. Seit dem Tag an dem ich dir zum ersten Mal in die Augen gesehen habe.“
 

Yugi greift durch die Gitterstäbe nach meiner Hand. Seine eigene ist so klein und blass und warm. Es ist ein schönes Gefühl, sie zu halten. Er verschränkt unsere Finger miteinander. Wie gebannt verfolge ich mit den Augen diese kleinen Bewegungen. Ich bin so vertieft in meine Beobachtungen, dass der kleine Ruck, mit dem er mich komplett gegen die Gitterstäbe befördert, wirklich überrascht. So viel Kraft hätte ich ihm gar nicht zugetraut.
 

Hey, was…? Seine Lippen auf meinen. Er küsst mich? ER KÜSST MICH! MICH! Wow, genauso habe ich es mir immer vorgestellt. Seine Lippen sind so heiß und sanft. Gut, in meiner Vorstellung habe immer ich den Kuss begonnen, aber das ist jetzt unwichtig. Das Einzige, was zählt ist diese Flutwelle an Emotionen, die meinen Verstand gerade hinweg spült. Die Schauer, die so angenehm meinen Rücken hinabrieseln verursachen mir eine Gänsehaut. Das hier ist der perfekte erste Kuss. So wollte ich ihn immer haben, aber jetzt reicht es mir nicht mehr. Ich fühle mich wie ein Verdurstender, der einpaar Tropfen Wasser bekommt. Es genügt einfach nicht. Schon viel zu lange musste ich auf meinen Yugi verzichten.
 

Mit meiner freien Hand greife ich an das Nietenhalsband und ziehe ihn näher an mich. Ich halte ihn an dem Lederband fest. Jetzt trennen uns nur noch die verdammten Gitterstäbe. Es fällt mir echt schwer, aber ich löse meine Lippen von seinen. Ich will noch meine Antworten haben. Da ich aber nicht weiß, ob ich nachher noch einmal die Chance bekommen werde, Yugi so nah zu sein, kann ich nicht widerstehen und fahre mit den Lippen noch über seine Wange, hinunter zu seinem Hals. Direkt über dem Halsband halte ich inne. Es kommt mir zwar nicht richtig vor, aber ich sauge mich kurz über einer wild pochenden Ader fest und beiße sogar leicht hinein. Es ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, um Besitzansprüche zu stellen, aber so kann ich mir – wenigstens so lange, wie der rote Fleck auf seiner Haut zu sehen ist – einbilden, er würde mir gehören. Nur für den Fall, dass ich doch ins Gefängnis komme. Yugi hat zwar gesagt, dass keine Anklage erhoben wird, aber ich verstehe die ganze Geschichte nicht.
 

Ich sehe in seine tiefen, amethystfarbenen Augen. Sie glänzen und zeigen mir, dass er unseren Kuss wirklich genossen hat. Ich fahre noch einmal kurz mit meinen Lippen über seine. Streife sie nur für eine Sekunde. Ich höre ihn seufzen und nur widerwillig lösen sich meine Finger von Nietenhalsband.

„Du wolltest es mir erklären“, flüstere ich. Er schüttelt leicht den Kopf und schließt die Augen wieder. Er braucht das, um seine Gedanken zu ordnen, das weiß ich noch von früher.
 

Als wir uns küssten hatte er sie auch zu. Das war richtig niedlich. Auch jetzt hat es etwas sehr Anziehendes an sich und ich habe Mühe ihn nicht einfach wieder an mich zu ziehen.

„Ruhig Blut Yami. Lass ihm Zeit. Du kannst Yugi nicht wieder küssen. Erst willst du Antworten“, rede ich mir immer wieder zu. Dann hebt er wieder seine Lider und sieht mich direkt an. Mann, wenn Yugi mich weiter so anschaut vergesse ich mich wirklich. Diese Agen haben eine Wirkung auf mich…darüber möchte ich noch nicht einmal nachdenken.
 

„Ich fange wohl von Vorne an“, flüstert er auch und drückt meine Hand. Unsere Finger sind immer noch miteinander verflochten, unsere Handflächen berühren sich noch. Yugi sieht auch nicht so aus, als würde er diese Verbindung lösen wollen. Irgendwie gibt mir das ein gutes Gefühl. Mein Kleiner lächelt mich jetzt auch noch an…vielleicht ist es voreilig, aber ich habe das Gefühl, dass alles gut werden wird.
 

„Angefangen hat eigentlich alles vor viereinhalb Jahren. Als ich auf deine Schule wechselte. Das ist für dich bestimmt nichts Neues Yami, aber ich sage es dir trotzdem, weil ich weit ausholen muss, um dir alles zu erklären.“

Ich nicke nur. Kein Problem. Je länger die Geschichte, desto länger bleibt er bei mir.

„Ich war total nervös, weil niemanden kannte. Du bist mir zwar sofort aufgefallen, aber wenn ich ehrlich bin habe ich dafür gebetet, dass ich nicht neben dir sitzen musste, weil du mir etwas Angst gemacht hast. Du hattest so einen intensiven Blick und eine abwehrende Ausstrahlung, so als ob du alle auf Distanz halten wolltest.“
 

„Was hast du denn erwartet“, rede ich ihm dazwischen. „Du hast doch die Gerüchte gehört, die über mich verbreitet wurden. Wie hätte ich mich denn sonst verhalten sollen?“

Ich war etwas enttäuscht, um ehrlich zu sein. Vom ersten Moment an, war ich absolut fasziniert von Yugi und jetzt erzählte er mir, er hätte Angst vor mir gehabt? Dabei hat mich dieser Kuss echt hoffen lassen.
 

„Ich mache dir doch keine Vorwürfe deswegen!“, verteidigt sich Yugi vehement. „Ich verstehe das sogar. Deswegen habe ich dich doch auch angelächelt! Ich habe gedacht, eine kleine, freundliche Geste würde deine trübe Stimmung vielleicht verfliegen lassen. Ich hatte doch auch Recht, immerhin hast du nicht mehr so mürrisch geschaut. Danach war mir die ganze Sache einfach zu peinlich, um noch Angst zu haben. Du hast mich die ganze Stunde über angestarrt, wenn du gedacht hattest dass ich nicht hinschaue.
 

In der Pause haben mir die anderen dann alle möglichen Gerüchte über dich erzählt. Natürlich auch das den Vater ein Dieb war und du nur...“, es ist Yugi peinlich weiter zu reden, dass kann ich ihm ansehen. Wahrscheinlich weiß er nicht, ob er die Worte wirklich wiederholen sollte, also tue ich es für ihn.

„...nur sozialer Abschaum wäre? Du brauchst mich da nicht zu schonen Yugi. Ich weiß, was meine ehemaligen Mitschüler von mir hielten.“

„Ich wollte es nicht so hart ausdrücken, aber du hast Recht. Das habe ich aber niemals geglaubt und damit, hatte [i}ich Recht. In der großen Pause hast du es mir ja bewiesen. Du warst der Einzige, der sich eingemischt hat, als dieser Klotz mich verprügeln wollte. Mich würde es ja echt interessieren, was du ihm vorher angetan hast, damit er mich nach diesem einen Satz in Ruhe ließ?“, möchte Yugi wissen und schaut neugierig zu mir rüber.
 

Ich kann nicht anders als zu grinsen.

„Tja, wenn du mir alles erzählt hast, dann verrate ich es dir...vielleicht“, necke ich ihn. Irgendwie ist meine Laune wieder besser, jetzt wo ich weiß, dass er nur wegen meinem Gesichtsausdruck Angst vor mir hatte. Ich fühle mich wie eine Schwangere, bei dieser Berg- und Talfahrt meiner Emotionen.

„Muss ich dir denn unbedingt auch auf die Nase binden, dass du von dem Moment mein Held warst?“, fragt Yugi und dieser absolut hinreißende Rotschimmer legt sich auf seine Wangen. Mein Grinsen wird breiter. So was will man doch hören. Also nicke ich und zu meiner großen Verwunderung erzählt er weiter.
 

„Als du mir das Taschentuch gegeben hast, damit ich mein Gesicht sauber machen konnte, hat mir mein Herz bis zum Hals geschlagen. Deine Hand hat für ganz kurze Zeit meine berührt und dieser einfache Hautkontakt, ließ mich zittern. Ich habe nicht gewusst dass es so heftig ist, wenn man sich verliebt. Von diesem Tag an, wollte ich dich küssen. Deswegen bin ich fast in ein bodenloses Loch gefallen, als du mich danach ignoriert hast. Es tat wirklich weh.“
 

Ich horche auf. Er war in mich verliebt gewesen? Genauso, wie ich in ihn? Es hat ihn verletzt, dass ich ihn ignoriert habe? Verdammt, hätte ich mich vor viereinhalb Jahren nur getraut ihm meine Gefühle zu gestehen, dann hätte ich mir dieses ganze Theater sparen können. Doch diese Feststellung habe ich ja schon einmal gemacht. Diese späte Reue bring mir nichts.

„Yugi es tut mir Leid...ich wollte dich nicht verletzen. Ich wollte nur...“, flüstere ich schuldbewusst.
 

„Ich weiß, was du wolltest Yami. Du wolltest nur, dass ich die Chance habe mich mit den Leuten anzufreunden. Du wolltest nicht, dass ich wegen dir zum Außenseiter wurde. Das habe ich schon am nächsten Tag begriffen. Du warst nicht so unauffällig, wie du dachtest, als du mich beobachtet hast. Ich konnte deine Blicke immer auf mir ruhen spüren. Du hast heimlich auf mich aufgepasst. Es muss dir nur Leid tun, weil du dir echt hättest Zeit sparen können. Weißt du Yami, schon damals war für mich klar, dass wenn du nicht mit mir befreundet sein wolltest, ich lieber allein bleiben wollte. Was sollte ich auch mit all diesen Feiglingen? Eigentlich habe ich immer gehofft, dass du dich irgendwann zu mir setzen würdest, wenn niemand da wäre, der dich beleidigen oder über dich urteilen könnte. Diese Hoffnung war ja wohl vergebens.
 

Nachdem du mich auch die darauf folgenden Tage nur heimlich beobachtet hast, fasste ich den Entschluss, mehr über dich herauszufinden. Da du mir ja nie freiwillige etwas über dich erzählt hättest, habe ich angefangen, dir nach der Schule zu folgen. Du denkst bestimmt, dass du schlimm wärst, weil du ja einfach so angefangen hast mein Bilder zu stehlen, weil du keine Chance gesehen hast, mich zu treffen, aber in Wahrheit bin ich der Schlimmere von uns. Ich war – nein, bin immer noch – so besessen von dir, dass ich dich verfolgt habe.
 

Zum ersten Mal, bin ich dir an dem Freitag dieser Woche gefolgt, um zu sehen wo du wohnst. Es war so einfach, weil du ja immer zu Fuß gegangen bist. Stundenlang habe ich vor dem Haus gestanden, in dem du gelebt hast. Ich schaute immer zu dem Fenster hoch, dass zu deinem Zimmer gehörte und wünschte mir so sehr, bei dir sein zu können, aber du bist ja nie aus dir herausgekommen und jedes Mal, wenn ich auch nur in deine Nähe kam, bist du fast fluchtartig in eine andere Richtung verschwunden. Zumindest dann, wenn du mich gesehen hast.
 

Am nächsten Tag bin ich noch mal zu deinem Haus hin. Ich wollte dich ansprechen und dir sagen, dass mir die anderen egal waren. Ich hatte echt Glück dass ich schnell zu dir wollte und mein Fahrrad genommen habe, weil du, als ich gerade in Sichtweite deines Hauses kam, zu deiner Zeitungstour aufgebrochen bist. Ich bin dir einfach nachgefahren. Du bist zum Schluss dann in diesem Wäldchen vor der Stadt verschwunden. Eine Weile konnte ich dich nicht finden, aber dann bin ich bei diesem Teich gelandet. Ich wusste damals noch nicht, dass es so schöne Orte in der Stadt gab, aber nach und nach hast du mir eigentlich die schönsten Plätze der Stadt gezeigt. Vielleicht fand ich sie auch nur schön, weil sie irgendwie mit dir in Verbindung standen.
 

Na ja, ich habe erst gemerkt, dass du auf dem Baum saßest, als ich dein leises Schnarchen gehört habe. Ich weiß ja nicht, ob du das gerne hörst, aber du schnarchst echt süß. Es hört sich eher an, wie ein Seufzen.“
 

Ich bin doch ziemlich überrascht, was Yugi mir da alles erzählt. Während ich also geglaubt habe, ich wäre sein persönlicher Stalker, war er in Wahrheit meiner? Ich sollte vielleicht Angst haben, weil er es wirklich geschafft hat, mir zu folgen, ohne dass ich etwas mitbekommen habe, aber er schaut mich irgendwie so zärtlich und glücklich an. Warum sollte ich da Angst vor ihm haben? Er ist immer noch der Gleiche, in den ich mich verliebt habe und wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich sogar irgendwie geehrt, dass er wegen mir so einen Aufwand betrieben hat.
 

„Du hast meinen Namen im Schlaf geflüstert“, unterbricht Yugis sanfte Stimme meine Gedanken „Das hat mich glücklich gemacht. Du sahst so süß als, als du schliefst. So richtig friedlich und zufrieden. Nichts hat dein Gesicht verzerrt. Keine einzige schlecht Emotion. Da habe ich dich einfach schlafen lassen. Ich habe mir meinen Zeichenblock geschnappt und angefangen, diesen Ort zu malen. Einfach, weil ich festhalten wollte, wo ich zum ersten Mal dein wahres Gesicht gesehen habe und nicht die kalte, distanzierte Maske, die du in der Schule immer getragen hast.
 

Ich habe bemerkt, als du aufgewacht bist. Deine Kleider haben geraschelt. Innerlich war ich total angespannt, weil ich so sehr gehofft habe, du würdest jetzt endlich mit mir reden. Wir waren ja ganz alleine, aber ich irrte mich wieder. Ich glaube dass war weil du dachtest, es wäre einfacher für mich wenn du gar keinen Kontakt zu mir hättest. In Wahrheit hast du mich eigentlich damit gequält.
 

Es wurde für mich zu einer Sucht dir zu folgen, dich zu beobachten. Ich wollte wenigstens in deiner Nähe sein, auch wenn du es nicht mitbekommen würdest. Ach verdammt…“

Nach diesen Worten unterbricht Yugi sich in seiner Erzählung und zieht mich wieder an die Gitterstäbe der Zelle. Ich habe völlig vergessen, dass er immer noch meine Hand hält. Er stiehlt mir einen schnellen Kuss und noch bevor ich ihn erwidern kann oder auch nur die Augen schließen, um es zu genießen, geht er wieder zwei Schritte auf Distanz. Meine Hand lässt er immer noch nicht los.
 

„Entschuldige, aber das musste sein. Ich habe dich in all den Jahren so vermisst und es war damals schon eine Qual für mich gewesen, in deiner Nähe zu sein, ohne die Chance zu haben mich auch nur einmal richtig mit dir zu unterhalten. Weißt du, die Wochenenden, an denen du mich beim Zeichnen beobachtet hast und die Tage an denen ich dir heimlich gefolgt bin um dich besser kennen zu lernen, waren die besten Momente in meinem damaligen Leben. Jedes Mal, wenn ich dich beobachtete lernte ich eine neue Seite an dir kennen. Und alles was ich neu über dich lernte, ließ mich noch verrückter nach dir werden. Alle Zeichnungen, die ich angefertigt habe – alle die du bis jetzt hast – habe ich an den Tagen gemacht, an denen mir neue Fassetten deiner Persönlichkeit bewusst wurden. Das du zum Beispiel im Obdachlosenheim ausgeholfen hast und dass du deiner alten Nachbarin immer bei der Gartenarbeit geholfen hast. Du hattest richtig Spaß daran.
 

Nur irgendwann hat mir das nicht mehr gereicht. Ich war wirklich besessen von dir…bin ich noch immer und ich kann verstehen, wenn du jetzt Angst vor mir haben solltest, aber eines musst du mir glauben. Du, Yami Obscurité, warst der Einzige, bei dem es mir je im Leben so ging. Ich wollte noch nie etwas so sehr haben, wie deine Freundschaft, deine komplette Aufmerksamkeit und deine Liebe…ich habe manchmal selbst Angst vor mir…“
 

Es ist ihm peinlich, das kann ich sehen. Er ist schon wieder so rot geworden im Gesicht. Ich kann ihn aber beruhigen: „Glaubst du mir geht es anders? Ich habe mir selbst geschworen, nie so zu werden wie mein Vater. Ich wollte nie das Gesetz brechen und ein anständiges Leben führen und jetzt habe ich all diese Vorsätze über Bord geworfen, um an deine Bilder zu kommen. Und das nicht einmal, weil sie so wertvoll oder selten sind – obwohl du echt begabt bist Yugi – sondern nur, weil ich etwas von dir haben wollte, wenn ich dich schon nicht bekommen sollte.“

Ich mache hier eine Pause. Es scheint meinen Yugi glücklich zu machen, dass ich ihn nicht für verrückt halte oder Angst vor ihm habe. Ich lächle ihn aufmunternd an, bevor ich die wichtigste Frage stelle.

„Warum hast du so ein Theater veranstaltet, wenn du doch nur wolltest, dass ich mit dir zusammen bin? Warum hast du dich nicht zu erkennen gegeben?“
 

„Es tut mir Leid“, sagt er mit echtem Bedauern in der Stimme, „eigentlich war es nicht so geplant. Weißt du, ich musste so plötzlich die Schule wechseln, weil ich zu meinem Großvater gezogen bin. Er lebte zwar hier in Domino, aber er war früher oft auf Reisen und hat mich dann mitgenommen. Unterrichtet hat er mich dann immer selbst. Für die Prüfungen war ich dann immer in Japan, damit alles seine Richtigkeit hatte.
 

Ich fand es wirklich schlimm, dass ich mich nicht einmal von dir verabschieden konnte. Das Einzige was ich nach meiner Abmeldung noch auf die Reihe gekriegt habe, war dir dieses Bild mit meiner kleinen Nachricht in den Spind zu stecken. Ich habe deine Augen am liebsten gezeichnet.
 

Nach meinem Abschluss habe ich dann beschlossen, hier auf die Universität zu gehen, in der Hoffnung dich wieder zu sehen. Eigentlich studiere ich Geschichte, aber im Nebenfach habe ich Kunst gewählt*. Dort habe ich dann Joey kennen gelernt und mich mit ihm angefreundet. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden...vielleicht, weil wir beide unglücklich verliebt waren.
 

Nach einiger Zeit hat er dann sein Glück gefunden. Joey hat dann versucht mich dazu zu bringen, mich auch mal zu trauen, aber ich habe es nicht geschafft aus mir raus zu kommen. Als wir dann diese Ausstellung geplant haben, ist er auf die Idee gekommen eines der Bilder dort zu zeigen. Ich hatte meinem besten Freund natürlich von unseren Wochenenden am Teich erzählt. Joey meinte dann, weil ja die Vernissage im Fernsehen beworben wurde, könntest du es auch gesehen haben. Er hat extra dafür gesorgt, dass mein Bild mehrfach in den Aufzeichnungen zu sehen war.“
 

Yugi grinst bei diesem Satz Wahrscheinlich denkt er gerade im Moment genau wie ich daran, was für Vorteile Joey doch hat, da sein Freund nicht nur verdammt reich und einflussreich ist, sondern auch Angst einflößend. Auch ich grinse.

„Als ich dich dann wirklich dort gesehen habe, war ich echt froh, dass Joey mich doch dazu überredet hat mitzukommen. Eigentlich wollte ich nicht, weil ich nicht daran geglaubt habe, dich dort wirklich zu treffen. Leider hatte er das erst sehr spät geschafft, deswegen hatte ich auch nur diese Klamotten an. Sie waren die Einzigen, die gewaschen waren. Das Basekap habe ich mir ausgeliehen, weil ich nicht wollte, dass du – solltest du wirklich da sein – denkst ich wäre verrückt oder merkwürdig, weil ich mir dieselbe Frisur habe machen lassen, wie du.
 

Das mit der Brille war keine Lüge. Ist wirklich so passiert. Seit drei Jahren trage ich jetzt eine, aber nach diesen Abend bin ich dann auf Kontaktlinsen umgestiegen. Du standest bei meinem Bild, als ich dich endlich gesehen habe. Geschlagene zwanzig Minuten ohne dich auch nur einmal zu bewegen. Ich habe also all meinen Mut zusammengenommen und dich angesprochen. Wenn ich ganz ehrlich bin war ich ganz schön enttäuscht, weil du mich nicht erkannt hast.
 

Als du dann wegen meiner Augen so gestarrt hast, dachte ich schon du hättest es endlich gerafft, aber zum Glück war das nicht so. Auch wenn es komisch klingt, aber als dieser Fremde, dessen Namen du nicht kanntest, fiel es mir um einiges leichter mit dir zu reden und zu flirten.
 

Dann kam der Punkt, an dem Kaiba die Ansage gemacht hatte, dass meine Zeichnung nicht zum Verkauf stünde und dass ich weder die Vernissage besuchen würde, noch an Auftragsarbeiten interessiert wäre. Genauso war es auch mit ihm abgesprochen weil meine Bilder mir ja viel bedeuteten und eigentlich nur für dich gedacht waren, aber ich habe den Schock in deinem Gesicht gesehen und bereut, dass ich mich dir nicht gleich zu erkennen gegeben habe. Ich hatte Angst wie du reagieren würdest, wenn ich dir sagen würde, wer ich war. Deshalb habe ich auch versucht dich zu überreden, ein zweites Mal zu der Ausstellung zu kommen, aber du hast abgelehnt. Ich war schon total in Panik. Die ganze Zeit habe ich mir überlegt, wie ich am Besten mit dir in Kontakt treten könnte, mir ist aber nichts eingefallen.
 

Natürlich hatte ich deine Adresse aber mich nach zweieinhalb Jahren einfach so zu melden, erschien mir irgendwie nicht richtig. Während ich also überlegte, wie das am besten machen sollte, hattest du die Zeichnung schon geklaut. Als ich das Fehlen meines Bildes bemerkte, war mir sofort klar, dass du es hattest. Ich war wirklich glücklich darüber, weil ich nun eine Möglichkeit hatte, dich wieder zu sehen, ohne mich zu blamieren.
 

Kaiba und Joey haben mich sowieso darum gebeten ihnen Bilder für weitere Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Joey war dann auch sofort dabei, als ich ihm erklärte, dass ich meine Gemälde gerne von dir stehlen lassen würde. Zumindest so lange, bis du mich endlich erkennen würdest. Er fand den Aufwand zwar übertrieben, aber für verrückte Ideen war er immer zu haben. Sein Freund hat sich eigentlich nur darauf eingelassen, weil er nicht gedacht hätte, dass du sein Sicherheitssystem knacken könntest. Kaiba war ganz schön beleidigt, als du es doch geschafft hast.
 

Alles was ich zu tun hatte, war dir die Eintrittskarten zu zuschicken und zu erzählen, was für Sicherheitsmaßnahmen unternommen wurden, um Diebstähle zu verhindern. Ich muss sagen, dass du wirklich verpeilt bist, wenn du nicht dahinter gekommen bist. Joey und ich waren eigentlich nicht gerade unauffällig dabei. Du kannst dir den Schock, den ich bekommen habe, als die Polizei mich angerufen hatte, gar nicht vorstellen. Sie haben mich gebeten Anzeige gegen dich zu erheben. Wie konntest du nur so dumm sein? Es hätte dir doch auffallen müssen, dass etwas nicht stimmte. Ich habe dir doch gar keine Eintrittskarte zugeschickt.“
 

Jetzt sieht er mich so vorwurfsvoll an.

„Glaubst du ich wüsste nicht dass das dumm war. Eigentlich habe ich mich ja schon gewundert, aber ich habe meine Bedenken bei Seite geschoben, weil ich dieses letzte Bild haben wollte...weil ich wissen wollte wen du die ganze Zeit gezeichnet hast.“
 

„Dabei hast du das Bild die ganze Zeit gehabt.“

„Ja, jetzt weiß ich es, aber vorher...“, nuschle ich. Es ist echt eine Blamage für mich, dass ich nicht darauf gekommen bin. Ich sehe zu, wie Yugi wieder in seiner Tasche herumkramt. Ich muss wieder den Kopf darüber schütteln. Diesmal holt er einen Schlüssel hervor. Moment, ist das der Schlüssel für meine Zelle?

Verwundert sehe ich in diese wundervollen, amethystfarbenen Augen.
 

„Ja, das ist den Schlüssel in die Freiheit. Dein Stiefvater in spe hat ihn mir vorhin gegeben. Weißt du, wenn ich keine Anzeige erstatte, dann haben die Beamten hier keine Möglichkeit, dich festzuhalten. Kaiba wird keine Anzeige aufgeben, weil das ja so abgemacht war mit ihm. Hättest du seine Systeme nicht überwunden, hätte er dich ohne Skrupel der Polizei übergeben, aber da du ihn ja so zu sagen ausgetrickst hast, hat er nun Respekt vor dir. An dem Abend, als du geschnappt wurdest, hast du ein öffentliches Gebäude betreten und das auch noch während der Öffnungszeiten! Deswegen kriegen sie dich vielleicht höchstens wegen dem ersten Einbruchs. Das wäre dann Hausfriedensbruch. Dafür bekommst du höchstens eine Bewährungsstrafe, weil es dein erstes Vergehen ist.
 

Ich würde sagen, du musst jetzt immer ganz nett zu mir sein, damit ich dich nicht anzeige.“

Yugi scheint einen Moment zu überlegen, ob er seine nächsten Sätze auch wirklich sagen soll. Als er seine Entscheidung darüber getroffen hat, fragt er: „Soll ich dir mal sagen, was mich am meisten enttäuscht? Mal abgesehen davon, dass du mich nicht erkannt hast natürlich.“
 

Ich schüttele den Kopf. Ich bin viel zu perplex, um etwas zu sagen. So viele Informationen. Yugi schließt die Zelle auf. Ich lasse kurz seine Hand los, um auf den Flur zu treten, nur um ihn dann in den Arm zu nehmen. Ich warte noch kurz ab, dass er nuschelt: „Das du dich von diesen Deppen hast, erwischen lassen.“

Ich grinse während meine Lippen seine verschließen und ihm den Atem rauben.
 

„Ich bin gerne so nett zu dir, wie du nur willst, aber du kannst doch bestimmt einen Zeitraum bestimmen, wie lange genau ich nett zu dir sein soll?“

Es ist mir total egal, wenn ich ehrlich bin. Am besten wäre ein Zeitraum wie 'für immer' oder 'auf ewig', aber auch 'bis an unser Lebensende' würde mir reichen.

Yugi lacht leise.

„Ich würde sagen, du solltest die nächsten Paar Jahre keine besonderen Pläne für anderweitige Beziehungen machen. So ein Einbruch und Diebstahl verjähren erst nach fünf.“
 

Ich schätze das lässt sich machen...fünf Jahre sind ein guter Anfang...
 

~O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~ O~

* zum ersten Sternchen: Yugi kam mitten im Schuljahr auf Yamis Schule und blieb da etwa bis zum Ende des Schuljahres. Dann vergingen zwei Jahre, bis Yami diese Sendung über die Ausstellung gesehen hatte und noch mal zwei Jahre dauerte seine Laufbahn als Dieb, bevor er geschnappt wurde. Ich hoffe das war aus den vorherigen Kapiteln ersichtlich.
 

*zum zweiten Sternchen: Ich weiß zwar nicht wie das in Japan ist, aber bei manchen Gymnasien ist es so, dass bestimmte Fächer in anderen Schulen unterrichtet werden, weil dort die Grundausstattung für das Fach besser ist. Nur falls sich jemand wundern sollte, weil die Ausstellung im ersten Kapitel ja von einer Kunstakademie veranstaltet wurde und dort nur in den seltensten Fällen Geschichte als Hauptfach angeboten wird.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Lamello
2022-01-16T22:20:46+00:00 16.01.2022 23:20
Uhhh...was für eine wundervolle, romantische Story. Einfach zu schön! So schön geschrieben! Und auch die Erzählform, also Yami als Erzähler der Geschichte aus seiner Zelle. Toll, wirklich. Kompliment!!
Von: abgemeldet
2010-04-02T10:15:08+00:00 02.04.2010 12:15
Das war so bezaubernd, einfach hinreißend.... total coole Story, da kann man echt nix aussetzten. Respekt.
Bin echt hin und weg....

Fairy24
Von:  viky
2009-12-04T16:27:10+00:00 04.12.2009 17:27
Nein, ist das eine süße und hinreißende story.
und so gut beschrieben und so toll ausgeführt.
du hast dir sehr viele gedanken gemahct, das merkt man


also, respekt ^^b

wink
Von:  GeezKatsu
2009-11-24T20:00:49+00:00 24.11.2009 21:00
Man, bin ich gut, das ich alles so schön kombiniert habe xD Ja sogar das Yugi all die Orte zeichnete, weil sie mit yama zu tun hatten, ich sollte Detektiv werden >.<

Aber hier wurden wir endlich richtig aufgeklärt, was alles genau Sache war. Typisch alle Mexxler. Sie schreiben, wie verpeilt Yami doch war, sind aber selbst nicht darauf gekommen, das es doch sehr auffällig war, wie dieser Mister X die Sicherheitssysteme beschrieb >.< zu köstlich ^^

Aber du hast Recht. Hier ist wirklich viel Gerede drin und du scheinst so den Tick zu haben, die ganze FF nochmal in der anderen Sicht mitteilen zu wollen. Ist dir schon mal aufgefallen, das du das ständig machst? ;)

Aber die Idee Yami als Dieb habe ich immer noch nicht ganz verdaut ^^ Darauf muss man erstmal kommen. Aber ich muss gestehen, ich bin auhc nicht darauf gekommen, dass das letzte fehlende Bild Yami selbst schon seit Jahren in seinem Besitz hat (die Augen).

Leider fehlt mir hier noch, was nun mit seiner Mutter genau ist, ob er mit dem Polizist als zukünftigen Papa klar kommt, wie er Yamis Verhalten sieht, ob er sich seiner Neigung schämt oder akzeptiert... was seine Mutter gesagt hatte, als sie erfahren hatte, das ihr Sohn im Knast sitzt, weil er als Dieb erwischt wurde, wie ihr Ex-Mann. Da müssten doch Gefühle hochgekommen sein, die sie verdrängt hatte oder dergleichen. Da fehlt dieses Detail, diese familiäre Klärung.

schade, das sie schon vorbei ist, aber nun können wir ja auf eine weitere Story hoffen. Die von Puppyshipping xD vll. bemerkt ja Jou wie verplant Yugi bei den Austsellungen war ^^

Da bin ich doch echt gespannt >.<

Aber vergiss nicht, noch an der anderen Story weiter zu schrieben, wie eilt Zeit alle Wunden? und Von den Sieben Sünden und der Liebe. Aber du kannst ruhig Heilt Zeit alle Wunden? vorschieben xDDDD


Ach ja: ich liebe diese FF immer noch, auhc wenn sie zu Ende ist. Aber du weißt ja: Wenn du was neues anfängst, lass es mich wissen ;)

Dein Fan
GeezKatsu
Von: abgemeldet
2009-11-24T10:43:44+00:00 24.11.2009 11:43
Ei, schönes Ende! Schade zwar auch, dass es nur eine KurzFF war, aber sie hat mir unheimlich gut gefallen!!!

Über eine Fortsetzung würde ich mich freuen!

Greetings,

revive
Von:  Elora_
2009-11-24T05:56:17+00:00 24.11.2009 06:56
oh man da hat einer eine echt lange leitung. typisch man.
mir hat das kapitel gut gefallen. vor allem die sichtweise von yugi. die war süss. und yamis verpeiltheit hast du echt gut hinbekommen. ich konnt mir das so richtig schön vorstellen.
bin mal gespannt was noch so von dir kommen wird.
Von:  mu_chan
2009-11-24T00:39:32+00:00 24.11.2009 01:39
klasse kapitel!!!
toller schluß!!!
ich find des ja total knuffig!!!*_*
ach ja die sind schon süß die zwei!!!
einfach gelungen...freu mich immer was von dir zu lesen!!!^-^
glg mu_chan


Von:  KaitoDC
2009-11-15T09:36:47+00:00 15.11.2009 10:36
was für eine tolle STory!! ich muss schon sagen, dein Schreibstil gefällt mir wirklichn sehr und es gibt auch keine Rechtschreibfehler, nicht schlecht! *lob*
ich hätte nicht gedacht, dass Yugi der Grund wäre, weshalb er all diese Gemälde klaut. tja, was die Liebe so alles mit einem anstellt... ;)
aber dieser annonyme Verehrer... hm, wirklich mysteriös der Typ. und wer hat wohl die Kaution für ihn gemacht? ^^ nun, da hab ich so meine theorien... ;)
dann freu ich mich schon mal aufs nächste chapter
lg
KaitoDC
Von:  mu_chan
2009-11-14T17:04:01+00:00 14.11.2009 18:04
klasse story!!!!
gefällt mir!!!
is echt süß das er er so in seiner liebe alle die bilder klaut...obwohl eifersucht auch mit bei war!!!
aber insgesamt echt großartig!!!
ich lieb deine fics!!!
hm...aber ich glaub ich weiß wer die kaution gestellt hat und auch wer das letzte bild hat...ich lass mich überraschen...
freu mich scho aufs nächst kapitel!!!
glg mu_chan


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