Zum Inhalt der Seite

Meisterdieb versus Liebe

Puzzleshipping vorwiegend
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Verlauf einer Kariere und die Verhaftung

Kapitel 3: Der Verlauf einer Kariere und die Verhaftung
 

Die Befragung war ja wohl ein Witz! Der Polizist, der sie durchführen sollte, schaffte es gerade mal meinen Namen und meine Adresse aufzuschreiben, dann holte einer seiner Kollegen ihn aus dem Verhörraum. Eine viertel Stunde später war er wieder da und brachte mich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wieder in meine Zelle. Warum? Das hat mir keiner gesagt. Ist mir auch egal, wenn ich ehrlich bin. Irgendwann holen sie mich schon wieder zur Befragung.
 

Ich weiß, eigentlich sollte ich das nicht so gelassen hinnehmen, aber ich bin froh darüber, dass die ganze Sache jetzt vorbei ist. Es hatte so wenig Sinn gehabt, diese Bilder zu stehlen. Es hat mir nichts gebracht, außer einer falschen Hoffnung und jeder Menge Ärger. Ich habe mich dieser falschen Illusion zu sehr hingegeben. Wie ich das meine? Na ja, ihr wolltet doch bestimmt wissen, wie ich gefasst wurde? Nun, die falsche Hoffnung ist ein Teil dieser Geschichte. Sie hat mich angetrieben und letztendlich in mein Unglück gestürzt.
 

Nach meinem ersten Raubzug hatte ich eine ganze Weile Ruhe vor der Polizei. Gerade als ich anfing mich zu wundern, wo die Herren Beamten denn blieben, klopften sie bei mir. Ich musste mich bei ihrer Befragung echt an mich halten, um nicht laut loszulachen. Das erklärte nämlich warum die Polizei erst jetzt vor meiner Tür stand. Es war vorher wirklich niemanden aufgefallen, dass das Bild fehlte.
 

Die Packer, die die Ausstellungshalle leer geräumt hatten, dachten, es sei einfach ein unbenutzter Rahmen. Es schien wohl so, dass erst Yugi bemerkt hatte, das seine Zeichnung des Teiches fehlte. Nun, er meldete es der Polizei und genau wie ich es erwartet hatte, war ich der erste Verdächtige. Ich kann mich noch genau an ihre Fragen erinnern.
 

Es waren zwei Polizisten. Der eine war etwas jünger. Ein Anfänger. Ich kann nicht mehr sagen, wie der Typ aussah, aber seine unbesonnene und unverschämte Art, hat sich mir ins Gedächtnis gebrannt.
 

„Sie waren doch vor einiger Zeit auf der Ausstellung der hiesigen Kunstakademie?“, kann ich immer noch seine lauernde Frage hören.

„Ja, war ich. Dort wurde das Bild eines Künstlers gezeigt, den ich noch aus meiner Schulzeit kannte“, habe ich geantwortet. Eine Grundregel beim Lügen: bleib immer so nah es geht an der Wahrheit, dann klingt es nicht so gekünstelt.
 

„Ach, und welcher Künstler war es?“

Ich musste grinsen. Dieser Kerl war ja so was von unauffällig. Merkt ihr den Sarkasmus?

„Yugi Muto. Der Künstler, dessen Bild gestohlen wurde“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Wozu auch gerade in dem Punkt lügen? Es war sowieso ein Fakt, den der Polizist bereits kannte. Ich war nicht blöd. Ich wusste, dass sobald mein Name aufgetaucht war, ein Hintergrundcheck gemacht wurde, um herauszufinden, in welcher Verbindung ich zu Yugi stand oder immer noch stehe. Dieser Typ wusste als genau, dass wir dieselbe Schule besucht haben – sogar in der gleichen Klasse waren.
 

„Nun Herr Obscurité, soll ich Ihnen sagen, was ich glaube?“

Diese Frage war rhetorisch. Egal was ich gesagt hätte, der Kerl hätte weitergeredet. Er brannte ja förmlich darauf, mir seine Vermutungen auf die Nase zu binden. Ich ließ ihn reden.

„Sie haben die Vernissage aufgesucht, mit einem festen Ziel. Sie wollten etwas Wertvolles stehlen. Nur schade, dass bei dieser Ausstellung nur weitestgehend unbekannte Maler gezeigt wurden. Allerdings haben Sie mitbekommen, dass auf die Zeichnung dieses Sees eine Menge Geld geboten wurde und auch, dass der Künstler es unter keinen Umständen verkaufen wollte. Sie kannten den Maler und konnten ihn aller Wahrscheinlichkeit nicht ausstehen. Wir haben uns erkundigt. In dem einen Jahr, dass Herr Muto an Ihrer Schule verbrachte, hatte er keine Freunde. Am allerwenigsten Sie. Also haben sie sich gedacht: ‚Hey, klau ich doch einfach das Bild. Ein bisschen was wird es schon einbringen’. Jetzt geben Sie es doch einfach zu! Sie sind der Einzige, der infrage kommt.“
 

Habe ich eigentlich erwähnt, dass dieser Polizist dumm war. Um wahrsten Sinne des Wortes. Er war dumm und wird es auch immer bleiben, genauso, wie ich ihn wegen dieser Aussage für immer hassen werde!
 

Ich meine, mir ein Verbrechen anzulassen – egal ob ich es nun begangen habe oder nicht – nur weil mein Vater ein Verbrecher war, ist ganz schön unverschämt. Außerdem, wie anmaßend und dumm muss man sein, um einen Verdächtigen zu sagen, dass man ihn für schuldig hält, ohne Beweise zu haben und ohne auch nur nach dem Alibi zu fragen – geschweige denn, es zu überprüfen?
 

„Also erstens“, sprach ich aufgebracht zu diesem Schnösel, „war es ein Teich und kein See. Der Teich in dem kleinen Wald, am Stadtrand. Da wo die so genannten Slums enden und zweitens, was fällt Ihnen ein hierher zu kommen und mir diesen Diebstahl zu unterstellen, ohne mir zu sagen, wie Sie überhaupt auf diese hirnrissige Idee kommen?“

Meine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. Es war wirklich einfach den empörten, zu unrecht Beschuldigten zu spielen, weil ich wirklich sauer war.
 

Gott sei dank war der andere Beamte etwas erfahrener. Er entschuldigte sich für seinen Kollegen und fragte mich, wo ich zum Tatzeitpunkt gewesen bin. Ich tat so, als müsse ich überlegen. Es kommt einfach nie zu gut, wenn man sofort ein Alibi mit Videoaufzeichnung vorweisen kann, da werden Polizisten immer sofort misstrauisch. Ich sagte dann, dass ich an dem Tag bis spät in die Nacht gelernt hatte und dass Herr Takahiro, der Wachmann auf dem Campus, bestimmt bestätigen würde, dass ich so lange in der Bibliothek gewesen bin.
 

Ich wusste, dass er nur bis knapp dreiundzwanzig Uhr arbeitete und mir somit kein direktes Alibi geben würde, aber Herr Takahiro würde die beiden Polizisten auf die Überwachungskameras hinweisen und auf die Videoaufzeichnungen, die ich vorher präpariert hatte.

Ich habe noch am selben Tag eine Entschuldigung von diesem Anfänger bekommen, weil er mich zu Unrecht beschuldigt hatte.
 

Wisst ihr was das Faszinierendste an diesem Einbruch gewesen war? Nachdem bekannt wurde, dass ein Dieb die Zeichnung von Yugi Muto geklaut hatte, wurde er von einer Minute auf die andere berühmt. Die größten Ausstellungsleiter, Museen und sogar Interessenten aus dem Ausland versuchten eines seiner weiteren Bilder zu erwerben. Doch er zog sich absolut zurück. Keiner der Reporter schaffte es ein aktuelles Bild von ihm zu schießen oder von ihm ein Interview zu bekommen. Ich weiß noch wie ich lachen musste, als sie für einen Artikel, über den mysteriösen Künstler, der sich nie in der Öffentlichkeit zeigte, ein Foto von ihm aus der Schulzeit genommen hatten. Es war kein besonders vorteilhaftes Bild. Wie Ausweisfotos nun einmal sind, aber es war definitiv Yugi. Es waren seine Augen. Selbst auf diesem schlechten Bild, wirkten sie so lebendig und ausdrucksstark. Ich habe den Zeitungsartikel aufbewahrt.
 

Ich hatte eigentlich meine Hoffnungen begraben, ihn je wieder zu sehen, als mir, genau zwei Monate nach der Befragung durch die Polizei, ein Brief zugestellt wurde. Das Schreiben selbst war ein Vordruck, was wohl zu Tausenden versendet wurde. Es war unpersönlich und sehr wage. Etwas so in der Art: Hiermit laden wir Sie herzlich zu der Ausstellung der hiesigen Künstler und Virtuosen ein. Bla bla bla. Darunter standen noch Uhrzeit und Ort. Beigelegt war eine Eintrittskarte für diese Veranstaltung.
 

Ich muss ja hoffentlich nicht sagen, dass ich überrascht war? Von der Ausstellung hatte ich noch nichts gehört. In der Annahme es sei ein schlechter Scherz, habe ich den Brief samt Karte in den Papierkorb geschmissen. Einpaar Tage später war ich echt glücklich darüber, dass ich zu faul war den Müll rauszubringen. In der Zeitung las ich nämlich einen Artikel, über eine Kunstausstellung, die mit einem Konzert kombiniert war. Auftreten sollten Bands, die ihren Ursprung irgendwo hier in Domino City hatten. Gleichzeitig sollten Bilder der berühmtesten Maler und Fotografen und sogar einige Skulpturen bekannter Bildhauer ausgestellt werden. Es war eine Veranstaltung, zum zweihundertjährigen Bestehen von Domino.
 

Warum mich das so interessiert hat? Weil derjenige, der dieses Event sponserte Seto Kaiba war! Ja, genau der Eisklotz, der auch die Ausstellung finanziert hatte, bei der ich Yugis Bild gestohlen hatte. Ich wusste selbst nicht so Recht warum, aber in mir keimte wieder diese Hoffnung auf. Vielleicht würde ich ja dort auf Yugi treffen? Ich habe den Papierkorb durchwühlt, um an die Eintrittskarte zu kommen. Als ich sie endlich in meinen Händen hielt, habe ich selig vor mich her gegrinst. Die zahllosen Papierschnipsel und den restlichen Müll, der um mich herum lag, habe ich gar nicht wahrgenommen. Ihr erinnert euch noch? Das war sie, die falsche Hoffnung.
 

Auch an dem Abend war ich furchtbar aufgeregt. Wenigstens wusste ich diesmal halbwegs was ich anziehen konnte. Die Vorbereitung dauerte deswegen nicht so lange. Während ich meine Schlüssel und mein Portemonaise nahm, kam mir kurzzeitig die Idee, dass diese Einladung eine Falle der Polizei sein könnte. Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich glaubte nicht so wirklich daran, dafür waren die hiesigen Beamten einfach nicht kreativ genug. Sie agierten in festgefahrenen Bahnen.

„Und selbst wenn“, habe ich mir gedacht, „nur weil ich hingehe, muss ich ja noch lange nichts klauen.“
 

Ach, habe ich schon erwähnt, dass gute Musiker, nicht unbedingt der Exportschlager von Domino sind? Zumindest nicht, was den Musikgeschmack der jüngeren Generationen angeht. Was das genau heißt? Ganz einfach: keine Rockband, kein Jazz und noch nicht einmal guter Pop. Domino Citys bekannteste Musiker sind Violinisten, Flötisten und ein Typ, der Cello spielt. Die ausgestellten Bilder haben meine Abend zwar gerettet, denn auch wenn ich nicht wirklich was von Kunst verstehe, ich weiß was schön ist, aber trotzdem habe ich mich wieder gefragt, was ich dort zu suchen hatte.
 

Ich schlenderte nichts ahnend durch die errichteten Glasgänge, an denen die Zeichnungen, Fotografien und Collagen hingen, als mir plötzlich jemand über den Weg lief, den ich kannte. Mein geheimnisvoller Unbekannter, von dem ich nicht einmal die Augenfarbe genau bestimmen konnte. Als er mich sah, kam er lächelnd auf mich zu. Hinter ihm stand der blonde Junge, von dem ich noch wusste, dass er der Freund meines Unbekannten war und selber sehr talentiert war. Er schaute im ersten Moment sehr verwirrt drein – mit diesem Blick erinnerte er mich an ein ausgesetztes Hundebaby – dann fiel sein Blick auf mich und er schien zu verstehen. Mit einem Lächeln folgte er seinem besten Freund.
 

„Hi, schön dich hier zu sehen“, begrüßte mich der Kleine herzlich. Er umarmte mich sogar leicht. „Ich wusste nicht, ob du kommen würdest oder nicht, weil der Brief mit der Eintrittskarte ja nicht unterschrieben war, aber ich habe mir gedacht, du kennst meinen Namen ja sowieso nicht, also war es auch egal. Aber ich habe so gehofft, dass du da sein würdest.“

Damit war wenigstens die Frage geklärt, von wem ich die Karte bekommen hatte. Ich lächelte den Kleinen an. Irgendwie fühlte ich mich schlecht, weil ich ihm falsche Hoffnungen machte, aber ich konnte ja auch nicht so unhöflich sein und ihn einfach links liegen lassen, wo er sich doch so eine Mühe gemacht hatte, um mich hierher zu bekommen.
 

„Hi“, grüßte ich zurück, „es freut mich auch dich hier wieder zu sehen, aber woher hattest du meine Adresse?“

„Aus dem Telefonbuch. Dein Name stand ja im Gästebuch und da war es ein leichtes dich wieder zu finden. Die anderen Leute die sich dort eingetragen hatten, waren ja reiche Geschäftsmänner oder sonst irgendwelche gut betuchten Leute.“

Ein leises Räuspern machte den Kleinen wieder auf seinen Freund aufmerksam. In seiner Euphorie hatte er diesen total vergessen.
 

Verlegen räusperte sich mein Unbekannter. Seine Wangen wurden purpurrot. Man, das sah so niedlich aus und ich muss ehrlich zugeben, dass mein Herz einen Schlag ausgesetzt hat. Ich hätte nie gedacht, dass das möglich wäre, aber ich glaube, ich war kurz davor mich in diesen Jungen zu verlieben. Schnell unterdrückte ich dieses Gefühl. Darauf durfte ich mich jetzt nicht einlassen. Der Einzige, den ich wollte war Yugi, auch wenn mein geheimnisvoller Fremder echt niedlich war.
 

Er trug wie bei unserer ersten Begegnung ein eher sportliches Outfit und ein Basekap. Seine Augen konnte ich zwar auch heute nicht sehen, denn er trug eine dunkle, verspiegelte Sonnenbrille, aber auch ohne das sprichwörtliche Fenster zur Seele zu sehen, konnte ich wie peinlich ihm dieser Moment war.
 

„Ähm…tja, ja…das ist mein Freund Joey. Joey, das ist Yami. Ich habe ihn auf der Vernissage kennen gelernt, die die Kunstakademie veranstaltet hat“, stellte er uns einander vor. Wir reichten uns die Hände. Dieser Joey war mir von Anfang an sympathisch. Er hatte etwas an sich, dass mir das Gefühl gab, wir würden die besten Freunde werden. Ich wollte gerade fragen, warum mir der Kleine die Eintrittskarte geschickt hatte, als der Sponsor ihn mit einer Handbewegung zu sich winkte. Er ließ mich mit seinem blonden Kumpel alleine.
 

„So, du bist also der Typ, der meinem besten Freund so den Kopf verdreht hat…“

Das war eine Feststellung, keine Frage. Er sah mich anklagend an, so als wollte er sagen: ‚wehe du brichst ihm das Herz…’. Was sollte ich darauf schon antworten? Es tat mir Leid, aber ich konnte seine Gefühle einfach nicht erwidern. Ich wollte gerade etwas sagen, als mir Joey bedeutete ihm zu folgen. Gemeinsam gingen wir die gläsernen Gänge entlang.

„Weißt du warum er dir diese Karte geschickt hat?“, fragte mich der Blonde. „Mal abgesehen davon, dass er dich wieder sehen wollte“, fügte er noch an.

Ich konnte nur den Kopf schütteln. Es gab noch einen Grund dafür? Nein, ich halte mich nicht für so toll, dass jemand extra für mich so einen Aufwand betreibt, aber jetzt war ich doch neugierig.
 

„Hab ich mir gedacht. Er wollte, dass es eine Überraschung ist“, erklärte mir Joey. Er führte mich durch das Labyrinth aus durchsichtigen Wänden zu einem kleinen, fast komplett geschlossenen Gang. Er war angelegt, wie eine kleine Sackgasse, die nirgendwo hinzuführen schien. Nur wenige Leute verirrten sich in diesen kleinen Seitengang, so dass wir nur zu zweit vor den dort aushängenden Bildern standen. Ich glaube ich stand eine Weile mit offenem Mund vor den drei Zeichnungen. Erst Joeys leises Lachen brachte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Auch ich musste lächeln.
 

Verträumt habe ich mir minutenlang die Zeichnungen angesehen. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass mein Unbekannter zu uns gestoßen war, bis er mich ansprach.

„Kennst du die Bilder? Ich habe mir gedacht, du hast es bei der letzten Ausstellung nicht geschafft, deinen alten Schulfreund wieder zu treffen, da würde es dich freuen, einpaar seiner anderen Werke zu sehen. Yugi hat uns die Bilder wieder ausgeliehen.“

Wieder fiel mir auf, was für eine schöne, sanfte Stimme mein namenloser Verehrer hatte. Dann erst wurde mir klar, was er sagte und ich runzelte die Stirn.

„Obwohl bei der letzten Ausstellung seine Zeichnung gestohlen wurde, verleiht er euch ein zweites Mal seine Bilder?“

„Ja“, antwortete mir Joey, „dass ist aber auch nur deswegen so, weil Seto diesmal sein eigenes Sicherheitssystem hier eingebaut hat. Die Türen sind zum Beispiel mit jeweils zwei elektrischen Riegeln gesichert, die durch eine Zeitschaltuhr gesteuert werden. Die Riegel sind aus einer Titanlegierung. Unmöglich aufzubrechen und selbst wenn man ein Schweißgerät benutzt, dauert es zu lange. Der Alarm, der bei der kleinsten Berührung an den Türen ausgelöst wird, würde die Polizei sofort hierher rufen. Die wären innerhalb von drei Minuten vor Ort. Wenn ein Dieb es überhaupt bis zu den Türen schaffen würde, weil die Wände mit Drucksensoren gesichert sind. Sobald die Bilder entfernt werden, geht ein stiller Alarm los und die Verriegelungen werden aktiviert.“
 

„Ich dachte dieser Kaiba ist der Geschäftsführer und Eigentümer einer Firma, die Spielzeug und Spielekonsolen produziert, wie kommt der an solche High – Tech – Sicherheitsmaßnahmen?“, fragte ich verdutzt. Ich muss sagen, diese Vorkehrungen flößten mir schon Respekt ein.

„Die Technik an sich, ist die gleiche, die in einigen der Spielekonsolen, verwendet wird. Die Drucksensoren sind zum Beispiel dieselben, die in der CHD* verwendet wird, um deine Bewegungen auf die deiner Figur zu übertragen. Die Steuerung für die Riegel sind aus dem 3D – Labyrinth – Spiel, das letztes auf dem Markt erschienen ist, aber lassen wir das Thema. Du hast gesagt, du kennst diese Bilder? Was sind denn das für Orte? Ich habe die noch nie gesehen.“
 

Ich musste lachen. War ja klar! Die wenigsten Leute machen sich die Mühe andere Orte aufzusuchen, als die Viertel, in denen sie leben. Es sei denn natürlich, sie müssen es. Das sagte ich Joey auch. Er war erstaunt, als ich ihm sagte, dass das alles Plätze in Domino waren.

„Der Kirschbaum vor der Mauer war in einer Straße, in der ich bis letztes Jahr Zeitungen ausgetragen habe. Die kaputte Ampel ist vor einem Obdachlosenheim, in dem ich einige Zeit ausgeholfen habe und der Fliederbusch, der hier so farbenfroh gezeichnet wurde, sieht genau so aus, wie der, den meine Nachbarin mal gepflanzt hat“, erzählte ich den beiden Umstehenden. Nach meiner Erklärung betrachtete ich wieder die Zeichnungen. Ich mochte Yugis Stil. Zwei der Bilder – die mit dem Kirschbaum und der Ampel – waren in fast demselben Stil gezeichnet, wie die Zeichnung vom Teich. Die Blüten des Baumes, einige der Mauersteine und der Hintergrund, mit der Sonne in der Dämmerung waren mit Pastellstiften gefärbt worden. Der Rest war grau und schwarz Schattiert. Bei dem Bild der Ampel hatte Yugi kräftige Farben genommen. Das rote Licht leuchtete klar erkennbar und der Nachthimmel mit den ersten Sternen war auch sehr gut hervorgehoben. Der einzige Unterschied zu seiner ersten Zeichnung war, dass er hier statt des Kohlestiftes Tusche benutzt hatte. Dadurch wirkten die Bilder gleich intensiver und dreidimensionaler.
 

Der Fliederbusch war mit Aquarellfarben gemalt, aber das war nicht der einzige Unterschied zu den anderen Zeichnungen. Dieses Bild war komplett koloriert und wirkte sehr verschwommen und konturfrei. Trotzdem konnte man sehr gut die einzelnen Details erkennen, wie zum Beispiel die drei Bienen, die herumschwirrten. Irgendwie erinnerte mich das an den ‚Seerosenteich’ von Cloude Monet.
 

„Seltsam“, meinte mein kleiner Unbekannter auf einmal. Ich sah ihn nur fragend an. Was war denn bitte so seltsam an diesen Bildern? Er schien meinen Ausdruck richtig zu deuten, denn er antwortete mir fast sofort.

„Na ja, es scheint so, als hätten alle seine Zeichnungen etwas mit dir zu tun. Es sind alles Orte, an denen du längere Zeit warst. Standet ihr euch denn sehr nahe?“

„Nein, eigentlich nicht. Wir haben nur ein Mal kurz miteinander geredet, aber wir saßen ein Jahr lang nebeneinander. Das ist doch nicht seltsam, das ist ein Zufall. Yugi war neu in der Stadt, wahrscheinlich hat er einfach Erkundungstouren gemacht und dabei die interessantesten Orte gezeichnet“, erwiderte ich. Der Kleine lächelte mich nur geheimnisvoll an und meinte: „Das redest du dir jetzt nur ein. Yugi war bestimmt total verknallt in dich und ist dir gefolgt. Diese Zeichnungen anzufertigen dauert länger als einpaar Stunden. Vor allen, wenn sie so detailgetreu sind wie diese, dann musst du auch noch die Skizzen dazurechnen. Er war bestimmt mehr als nur ein Mal an diesen Orten und bestimmt auch länger als nur für einpaar Minuten. Glaub mir, das hatte etwas mit dir zu tun, denn wenn du es dir genau überlegst, sind diese Plätze eigentlich ziemlich unspektakulär. Was für einen Grund hätte er gehabt, diese Orte zu zeichnen, wenn er sie nicht mit etwas Besonderem verband und das Einzige, was die gemeinsam haben, bist nun einmal du.“
 

Konnte das wirklich sein? Konnte es sein, dass der Junge, den ich über Jahre so sehr geliebt habe und den ich bis heute liebte, für mich die gleichen Gefühle hegte? Und da war sie wieder die Hoffnung und mit ihr kam auch fast augenblicklich die Reue. Wieder fragte ich mich, wieso ich es nicht riskiert hatte ihn anzusprechen und wieder kam ich zum selben Ergebnis: diese Reue und das ‚was wäre wenn’ würden mich nicht weiterbringen. Mit der Erkenntnis kam wieder der Wunsch diese Bilder zu besitzen und der Entschluss es durchzuziehen.
 

Während ich mich mit Joey und meinem Unbekannten unterhielt, schmiedete ich schon einen Plan, wie ich trotz der hohen Sicherheitsmaßnahmen an das Bild kommen könnte. Vor den Drucksensoren hatte ich keine Angst. Ich kannte die CHD. Es war ein Leichtes sie außer Gefecht zu setzten. Entweder ein starker Magnet oder ein hoher Elektroimpuls, wie aus einem Elektroschocker reichte aus, um die Dinger durchzuschmoren, aber nicht einmal das würde ich brauchen, wenn ich mich nicht all zu dumm anstellte. Joey hatte nichts davon erwähnt, dass der Boden auch mit solchen Sensoren gesichert war und daher bräuchte ich ja nur mit einem Glasschneider die Scheibe des Rahmens vorsichtig zu entfernen und die Bilder herauszunehmen. Dafür müsste ich sie nicht einmal von den Wänden entfernen und wenn ich gut wäre, könnte ich sie genauso wieder einsetzten. Dann würde eigentlich niemand wissen, dass jemand über die Sicherheitsvorkehrungen genau bescheid gewusst hatte. So waren meine Gedanken zu dem Zeitpunkt.
 

Das einzige Problem bestand darin, die Riegel an den Türen aufzubekommen. Ich dachte kurz darüber nach mich vielleicht irgendwo zu verstecken, in der Nacht die Bilder zu stehlen und mich so lange zu beschäftigen, bis die Türen geöffnet wurden, um dann unbemerkt zu verschwinden. Dieser Plan war aber lächerlich, weil ich weder das Werkzeug, noch Handschuhe dabei hatte, um die Bilder zu entfernen und dabei keine Spuren zu hinterlassen, von dem guten dutzend Kameras mal abgesehen. Geduld und gute Vorbereitung waren hier der Schlüssel zum Erfolg.
 

Ich unterhielt mich noch den restlichen Abend mit Joey und dem namenlosen Jungen…jetzt wo ich darüber nachdenke, finde ich es schon etwas eigenartig, dass Joey ihn immer nur ‚Kumpel’ genannt hat…und das auch ich nicht auf die Idee kam, nach seinem Namen zu fragen. Ich finde es auch irgendwie komisch, dass er stets seine Augen und auch seine Haare verborgen hielt. Die Klamotten, die er trug ließen nicht einmal erahnen, was für eine Statur er hatte…aber vielleicht war es gar nicht so seltsam, so weit ich wusste, war er auch ein Künstler und die haben so ihre Eigenarten.
 

Na ja, auf dem Heimweg besorgte ich mir dann so ein 3D – Labyrinth – Spiel. Es war wie dieses Brettspiel, wo man bestimmte Karten mit Schätzen, die man erreichen muss. Das Ganze wird dadurch erschwert, dass der Gegenspieler die frei beweglichen Karten auf dem Spielfeld, die ein Labyrinth darstellten, so verschob, dass man in einer Sackgasse endete. Das Spiel, das ich mir gekauft hatte, war so etwas wie die Hightech – Version davon. Ein echtes 3D – Labyrinth, bei dem sich die Wände verschoben, in dem man Karten auf den dazugehörigen Scanner legte. Diese Karten zeigten die Form, die der Irrgarten annehmen sollte. Welcher Spieler dabei am Weiterkommen gehindert wurde, war dabei dem Zufallsprinzip überlassen. Trotzdem war es überschaubar, man musste nur mehrere Möglichkeiten abwägen können und immer einen zweiten Weg parat haben. Alles in einem wie eine gute Partie Schach, bei der man auch mindestens drei Züge im Voraus denken muss.
 

Das Spiel war aber nebensächlich. Mich interessierte die Steuerung. Ich nahm die Konsole auseinander, sah mir an, wie die ganze Sache funktionierte und fand einfach keinen Weg das System zu knacken. In meiner Verzweiflung rief ich Ed an. Der hat mich ausgelacht.

„Junge“, hat er gesagt, „du machst es dir viel zu kompliziert. Warum lässt du nicht einen Programmierer einfach ein Virus schreiben, der die komplette Technik lahm legt? Ich habe noch Kontakt zu Greg, dem Enkel von „The Brain“. Erinnerst du dich noch an den alten Mann? Der ist leider vor fünf Jahren gestorben, aber er hat seinem Enkel alles beigebracht. In achtundvierzig Stunden kannst du das Virus haben.“
 

Was soll ich sagen? Obwohl ich mir einen Haufen Sprüche anhören musste, dass ich jetzt doch zur ‚Dunklen Seite der Macht’ gehöre, hielt Ed sein Wort und binnen zweier Tage hatte ich das gewünschte Programm. In dieser Zeit verschaffte ich mir ein Alibi. Ich fuhr in ein Hotel. Weit außerhalb der Stadt. Dort ließ ich mich jeden Tag von so vielen Menschen sehen, wie es nur möglich war und ließ mich jeden Morgen per Telefon wecken. Als dann die Zeit gekommen war, dass Bild zu stehlen, leitete ich die Anrufe vom Hoteltelefon auf mein Handy und fuhr zurück nach Domino. Dort fuhr ich zu der Ausstellung, speiste den Virus durch die Schalttafel für den Außenalarm in das System ein und konnte alles wie geplant durchziehen. Das Programm, das Greg für mich geschrieben hatte, war so geschrieben, dass es sich binnen einer halben Stunde in Datenmüll umwandelte. Alles was ich zu tun hatte, war die Bilder holen, den Weckruf entgegennehmen und den Speicher des Telefons etwas zu verändern, damit niemand etwas von der Rufumleitung mitbekam.
 

Ich hatte mein Ziel erreicht. Die drei Bilder gehörten mir. Diesmal stand die Polizei etwas schneller vor meiner Tür, aber nachweisen konnten sie mir auch da nichts. Zwei erfolgreiche Einbrüche. Zwei Stück! Beide eigentlich viel zu einfach. Warum habe ich mich nur nicht damit zufrieden gegeben? Warum musste ich auch noch die anderen fünf Bilder stehlen? Und warum dieses Sechste, bei dem sie mich jetzt geschnappt hatten? Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich denke es war die Eifersucht. Die Eifersucht auf diesen Unbekannten, den Yugi immer gezeichnet hat. Die Skizzen dieser männlichen Silhouette. Gesichtsform mit Konturen, aber ohne Merkmale wie Augen, Nase und Mund. Dann diese Einzelbilder von Lippen. Der Nase. Den Augenbrauen. All diese Zeichnungen wurden nach und nach ausgestellt – in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren. Ich erfuhr immer noch vor der Ausstellung von ihnen, denn mein namenloser Verehrer schickte mir immer wieder die Eintrittskarten zu.
 

Der Rest verlief immer genau so, wie ich es gerade geschildert habe. Ich stahl diese Bilder. Fast das gesamte Gesicht hatte ich zusammen. Es fehlten nur noch die Augen dieses Kerls. Da erst kamen die intelligenten Polizisten dieser Stadt, auf die glorreiche Idee, mir eine Falle zu stellen. Sie setzten eine Anzeige in die Zeitung, dass das letzte Bild dieser Reihe im Kunstzimmer des Domino City Country Clubs gezeigt wurde. Eigentlich hätte es mich wundern müssen, da ich noch keine Eintrittskarte erhalten hatte, aber ich wollte endlich wissen, wer mein Konkurrent war. Ich achtete nicht auf solche Details. Ich kannte die Räume, weil ich dort mal gejobbt hatte. Ich hatte den Virus, der mir den Zutritt zu jedem System lieferte und ich wusste, was ich wollte. Eigentlich hätte alles sehr gut laufen sollen. Doch ich war wohl etwas zu selbstsicher, denn die Polizei schnappte mich ganz unspektakulär bei…wie heißt es gleich so schön…beim Griff in die Kasse? Keine Verfolgungsjagd, keine halsbrecherische Flucht. Einfach Handschellen dran, ein bisschen rumgebrüllt, ein bisschen mit der Waffe herumgefuchtelt, weil die ja sonst nie zum Einsatz kommt und das war es auch schon.
 

Jetzt sitze ich hier seit knapp zehn Stunden. Denke über mein Leben nach. Finde es mehr als nur beschissen, dass ich doch geworden bin wie mein Vater und bereue es wieder mal, dass ich nie mit Yugi geredete habe. Das Frustrierendste daran ist jedoch, dass die ganze Anstrengung, der ganze Aufwand und diese Konsequenz sich einfach nicht gelohnt haben. Ich habe meinen kleinen Engel nicht wieder gesehen und wahrscheinlich verabscheut er mich sogar dafür, was ich getan habe. Ich hasse mein Leben!
 

Ah, der Herr Polizist von vorhin betritt wieder den Flur. Na dann kann es ja weitergehen mit der lustigen Frage – und – Antwort – Stunde!

„Obscurité“, ruft er mir zu, „für dich wurde Kaution gestellt.“

„Ka…Kaution? Wer ist denn bitte so blöd und stellt für mich Kaution? Bitte sag mir nicht, dass es meine Mutter ist. Sie kann sich das gar nicht leisten.“

„Nein, es ist nicht deine Mutter, aber das kannst du gleich selbst feststellen. Er will sich nämlich noch mit dir unterhalten, bevor ich dich rauslasse.“

„Er?“
 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 

*CHD: Crystal Holograph Disc. Ist von mir ausgedacht. Existiert nicht wirklich. Stellt euch das einfach wie eine ‚Wii fit’ vor, nur in der Form einer flachen Scheibe. Wie eine Art Teppich, der mit vielen Computerchips und Drucksensoren gespickt ist und die Bewegungen der darauf befindlichen Person auf einen Bildschirm überträgt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  KaitoDC
2009-11-15T09:36:47+00:00 15.11.2009 10:36
was für eine tolle STory!! ich muss schon sagen, dein Schreibstil gefällt mir wirklichn sehr und es gibt auch keine Rechtschreibfehler, nicht schlecht! *lob*
ich hätte nicht gedacht, dass Yugi der Grund wäre, weshalb er all diese Gemälde klaut. tja, was die Liebe so alles mit einem anstellt... ;)
aber dieser annonyme Verehrer... hm, wirklich mysteriös der Typ. und wer hat wohl die Kaution für ihn gemacht? ^^ nun, da hab ich so meine theorien... ;)
dann freu ich mich schon mal aufs nächste chapter
lg
KaitoDC
Von:  mu_chan
2009-11-14T17:04:01+00:00 14.11.2009 18:04
klasse story!!!!
gefällt mir!!!
is echt süß das er er so in seiner liebe alle die bilder klaut...obwohl eifersucht auch mit bei war!!!
aber insgesamt echt großartig!!!
ich lieb deine fics!!!
hm...aber ich glaub ich weiß wer die kaution gestellt hat und auch wer das letzte bild hat...ich lass mich überraschen...
freu mich scho aufs nächst kapitel!!!
glg mu_chan


Zurück