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Der Wächter des Drachen

Fortsetzung von "Drachenherz" und "Die Söhne des Drachen"
von

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Die Prinzessin

Aya. In der Sprache der Alten bedeutet es `Gewobene Seide´.
 

Wie jeden Abend erlag Aya auch heute der Anziehungskraft dieser Tür. Vermaledeite Tür! So klein. So unscheinbar. So unbedeutend.

Doch wenn die Prinzessin sich auf ihre Gemächer zurückzog machte ihre Welt eine Kehrtwende und drehte sich nur noch um diese unpassierbare Barriere. Leise näherte sie sich ihr, fuhr mit den Fingern über die vertrauten Konturen der Schnitzereien, presste die Handfläche auf die schimmernde, kühle Glätte des Holzes, während sie dastand und sich wünschte, sich aufzulösen. Molekül für Molekül. Um durch diese Tür zu sickern.

Um bei ihm zu sein.

Einem Mann, der keine Ahnung von ihren Gefühlen hatte. Einem Mann, der ihr nur Respekt und Hochachtung entgegenbrachte und ihr so Tag für Tag ein Stück ihrer Seele entriss. Einmal, nur ein einziges Mal, wollte sie durch diese Tür gehen. Seinen Schlaf belauern. Seinen Anblick in sich aufnehmen, ohne dass scharfe Augen sie beobachteten. Doch sie würde es nicht tun. Niemals.

Niemals ...
 


 

Feuerpalast, viele Jahre zuvor
 

Niemals zuvor hatte Aya solche Angst gehabt.

Vorsichtig, auf bloßen Füssen, tapste sie durch die stockdunklen Flure. Sie hätte dem Bärhörnchen unter ihrem Arm mit Sicherheit die Luft abgeschnürt, doch das Tier war aus Plüsch und somit auf die Sauerstoffzufuhr zum guten Glück nicht angewiesen.

Wenn doch nur Lu Ten da wäre. Oder Lee. Die könnten vielleicht ein bisschen Feuer machen und die Dunkelheit vertreiben.

Aber es war niemand da. Keine Brüder, keine Dienerschaft, keine Eltern. Nur düstere Schatten und noch dunklere Umrisse. Die wispernden, heimlichen Geräusche waren auch ganz schrecklich.

Das Kind unterdrückte sein klägliches Jammern nur aus einem Grund: Ihre Brüder hatten gesagt, es sei albern, vor der Dunkelheit Angst zu haben. Und albern ... das wollte Aya nicht sein!

Als eine große Tür sich knarrend öffnete, entfuhr ihr trotzdem ein Wimmern und sie drückte das Gesicht fest in ihr Kuscheltier, so dass nur noch ihre angsterfüllten, großen Augen zu sehen waren. Entsetzt starrte sie auf eine riesige, schwarze Silhouette, die im flackernden Gegenlicht drohend über ihr aufragte.
 

„Mäuschen?“, fragte der Riese erstaunt.

„Papa!“

Aya stürzte auf ihre Rettung zu und liebevolle Arme hoben sie hoch.

„Was machst Du denn um diese Zeit hier? Ganz allein und auch noch ohne Schuhe?“

„Nis simpfn!“

„Ich schimpf ja gar nicht. Bist Du aufgewacht?“

Der kleine Kopf an der wunderbar trostspendenden Schulter wurde geschüttelt.

„Hab nis deslafen.“

„Gar nicht?“

Kopfschütteln.

„Gab´s Monsteralarm?“

Kopfschütteln.

„Hunger?“

Erneutes Kopfschütteln.

„Was dann, Flämmchen?“

Schulterzucken.
 

Gut. Dies hier schien länger zu dauern. Schon die Tatsache, dass Aya sich raffiniert an ihrer Mutter und den Wachen vorbei gemogelt hatte, sprach Bände. Anscheinend hatte `jemand´ ihr die Geheimgänge gezeigt. Oh ja, morgen würde geschimpft werden, aber die Adressaten der Predigt würden die älteren Brüder der kleinen Prinzessin sein.

Der Feuerlord trug seine Tochter ins Arbeitszimmer, setzte sich mit ihr in einen großen, bequemen Sessel und wickelte eine flauschige Decke um sie.

„Soll ich dir was vorlesen?“

Es wurde stumm verneint.

„Singen?“

Schon wieder Kopfschütteln.

„Ins Bett bringen?“

„Nein!“, jammerte Aya. „Nua tusln!“

„So, so ... nur kuscheln?“

Also wurde gekuschelt, denn Geduld war, wie Zuko im Lauf der Jahre gelernt hatte, eine Tugend. Und kuscheln sowieso!

Nach einiger Zeit wurde er Ziel des kindlichen Fokus. Die goldenen Augen hingen mit dieser konzentrierten Ruhe an seinem Gesicht, wie sie nur Kinder, Greise und Katzen zustande bringen.

Stumm hielt er sie weiter im Arm, bis kleine Finger begannen, die Konturen seiner großflächigen Narbe zu umranden.
 

Zuko seufzte lautlos. War es schon wieder soweit?

So vertraut ihnen die rote, ledrige Haut um sein Auge auch war, irgendwann kam anscheinend für jeden seiner Sprösslinge der Tag, an dem sie die Narbe als Abnormalität erkannten, und Fragen stellten. Nur war Aya sehr viel früher dran, als ihre beiden Brüder es gewesen waren.

„Papa?“

„Was denn?“

„Is weiss, warum is nis slafn tann.“

„So? Warum denn?“

„Is hab eine Desiste dehört.“

„Eine Geschichte? Eine gruslige?“

„Nein.“

Mittlerweile streichelte Ayas Zeigefinger vorsichtig die versehrte Haut.

„Eine Räubergeschichte?“

„Nein. Eine von Dein Papa.“

Na also. Das leidige Thema war endlich auf dem Tisch.

Zuko bemühte sich locker zu bleiben, damit sich seine Anspannung nicht auf die Kleine übertrug.

„Tatsächlich?“, fragte er.

„Ja.“ Nach kurzem Zögern fügte sie hinzu: „War Opa böse?“
 

Agni! Daran würde er sich nie gewöhnen. Wie sollte er das alles einer gerade mal vierjährigen begreiflich machen?

„Nein. Nein, er war nicht böse.“

„Aba ... er hat das da demast.“

Es war eindeutig, was sie mit `das da´ meinte.

„Ja.“

Der klägliche Laut, den Aya von sich gab, besagte eindeutig, dass ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt worden waren.

„Tut weh?“, piepste sie heiser.

„Nein.“

„Hat aba?“

Nach allen bisherigen Erfahrungen ihres Vaters war leugnen zwecklos.

„Ja. Hat es. Aber jetzt nicht mehr. Das alles ist lange, lange her, Maus.“

„Hat er Dis nis liep dehabt?“

Ihre kleine Unterlippe zitterte derart erbärmlich, dass Zuko sie noch fester an sich zog. Doch er wusste, mit Lügen würde er nichts besser machen.

„Nein.“, gab er leise zu.

Als sich dicke Tränen auf den runden Wangen seiner Tochter sammelten, suchte er nach einer Erklärung.

„Weisst Du, ich glaube er war krank. Er konnte niemanden wirklich lieb haben.“

DAS beruhigte Aya wenig.

„Aba ... er muss Dis doch liep dehabt haben!“, hickste sie und vergrub das inzwischen nasse Gesicht in seiner Halsbeuge. „Papas tun das!“

Jetzt heule sie richtig drauflos.

„Is hab Dis liep!“, schluchzte sie.

„Flämmchen!“ Ganz fest drückte er sie an sich, wiegte sie und streichelte über ihren Kopf. „Das weiss ich doch. Und ich hab Dich lieb! Ganz schrecklich! Und daran wird sich niemals etwas ändern!“

„Mama hat Dis auch liep! Auch danz srettlis!“
 

Aha.

Momentan schien es Aya gar nicht so wichtig zu sein, festzustellen, ob sie geliebt wurde, sondern vor allem, dass ER in den Genuss dieser Zuwendung kam. Seine beiden Söhne hatte damals vor allem die Angst geplagt, sie könnten eines Tages etwas anstellen, dass ihn plötzlich ebenso lieblos werden ließe, wie Ozai.

„Ja, das stimmt. Sie hat mich ganz schrecklich lieb.“

„Und soda Lu Ten und Lee!“

„Ja, sogar die zwei haben mich lieb.“

„Und Ontl Iroh und Oma! Die Tswilline auch. Vielleist. Aba die sind noch so tlein.“

Gerührt lauschte Zuko der nun folgenden, gewissenhaften Aufzählung seiner Tochter. Allem Anschein nach gab es wahre Heerscharen von Menschen, deren einziger Zweck es war, ihn, Zuko Tatzu, so lieb wie irgend möglich zu haben. Gute fünf Minuten später zog der Zwerg gar das Küchenpersonal als Referenz hinzu und war immer noch nicht am Ende.

„... und Fon! Den hab is danz vadessen.“

„Ja.“, stimmte der Feuerlord zu. „Fon hat mich auch lieb. Und weisst Du, wer noch?“

„Nein.“

„Agni. Er muss mich sehr, sehr lieb haben, denn er hat mir meine Aya geschenkt.“

Aus den großen, glänzenden Augen, die ihn fixiert hatten, verschwand langsam der Kummer, denn der oberste aller Feuergötter war natürlich eine kaum zu überbietende Autorität, wenn´s ums Liebhaben ging.

„Ja!“, flüsterte Aya. „Agni hat Dis auch liep!“

Endlich zufrieden drückte sie ihre weiche Wange an die ihres Vaters und schmuste noch ein bisschen. Ein Gefallen, der postwendend erwidert wurde.
 

Plötzlich flog die Tür auf und machte der Idylle ein Ende.

„Zuko?! Aya ist weg!“ Lady Jin stand im Türrahmen und rang die Hände. „Ich wollte grade nach ihr sehen. Wie kann sie nur ...?“

„Mama!“

„Aya!“, stiess Jin aus und lief zum Sessel. „Warum bist Du denn ausgebüxt? Ich hab mir Sorgen gemacht!“

„Du wast besäftidt.“

„Beschäftigt? Ich hab doch nur gelesen.“

„Is wollte tsu Papa.“, versuchte Aya es mit einem gekonnten Taktik-Wechsel.

„Dann hättest Du fragen können!“

„Du sagst aba imma nua, er abeitet.“

Jin öffnete den Mund und schloss ihn in Ermangelung eines guten Arguments wieder. Ihr hinterhältiger Gatte nutze diese Gelegenheit natürlich, um spöttisch seine Braue zu heben.

„Ja, Jin. Das ist genau das, was Du immer sagst.“

„Zuko! Erlaub ihr doch gleich, nachts durch die Gegend zu spazieren!“

„Aber nie und nimmer. Du weisst, dass Du das nicht darfst. Nicht wahr, Maus?“

„Ja.“

„Hat Dir auch gar keinen Spass gemacht, hm?“

„Nein! Wa danz duntel!“

„Siehst Du, Jin. Sie macht´s nicht wieder. Sie wollte nur etwas Dringendes klären.“

„Etwas Dringendes?“

„Ja. Sie hat die Geschichte über die Feuerblume gehört.“

Die Feuerblume ... Jins Blick glitt zu Zukos Brandnarbe, die im Volksmund diesen Namen trug.

„Jetzt schon?“, fragte sie erschrocken.

„Ja. Jungs haben eben einen morbiden Hang zu Gruselgeschichten.“

„Hm. DEINE Jungs schon.“, murrte Mylady.
 

Besorgte Augen starrten Jin an.

„Trieg is jetzt Simpfe?“

„Nein, Mäuschen. Du hast Deinen Papa ganz dringend gebraucht. Das weiss ich jetzt. Aber das nächste Mal,“ Sie hob den Finger. „Sagst Du Bescheid. Dann bring ich Dich zu ihm. Ja?“

„Ja!“

„Versprochen?“

„Vasprochn!“

„Dann ist gut!“ Die Feuerlady drückte einen liebevollen Kuss auf Ayas Wange.

„Daf is bei eus slafn?“

„Hm.“ Jin legte den Kopf schief und klopfte mit dem Finger gegen die Nase, als müsse sie angestrengt nachdenken. „So ganz ohne Eintrittskarte?“

Die Prinzessin kicherte.

„Die dibt´s ja dar nis!“

„Ach nein?“

„Nein.“

„Oh doch! Man muss sie nur suchen.“

„Wirtlis?“

„Ja, Wirklich. Lass mal sehen ...“ Jin schnappte sich ihr Töchterchen. „Da vielleicht?“ Sie untersuchte eine Fußsohle. „Nein. Da?“ sie spähte in ein Ohr. „Hm. Auch nicht ... AH, hier! Ich hab sie gefunden!“ Erbarmungslos wurde Ayas kitzliger Hals mit schmatzenden Küssen bedacht.

„Neeeeeeiiiiin!“ Zwischen Kreischen und Lachen versuchte das Kind, bei seinem Vater Zuflucht zu finden. „MAMAAAA! Das tizelt!“

„Fein. Ich hör auf.“, versprach Mylady. „Aber nur ...“ Drohend hob sie den Finger und Aya zog sofort die Schultern hoch, um ihren Hals zu schützen. „...wenn ich einen Kuss bekomme. Einen ganz dicken!“

„Hmmmmmmoah!“

„Ja.“, strahlte Jin. „So einen dicken Schmatzer kriegt nur meine Aya-Maus hin. Und jetzt einen für Papa!“

„Hmmmmmmmoah!“
 

Über den dunklen Schopf seiner Tochter hinweg, musterte Zuko sein Eheweib. Sie hatte es durch ihre bewusste Unbekümmertheit tatsächlich geschafft, die Vorstellung von Narben, Schmerzen und nicht ganz so netten Papas komplett aus den kindlichen Gedanken zu tilgen.

„Danke, Kobold!“, raunte er.

„Gern geschehen, Drache!“ Mit diesen Worten drückte sie einen zärtlichen Kuss auf sein vernarbtes Augenlid.

„Ich glaube, dieses Kind kommt eindeutig nach Dir.“

„Wieso?“, fragte Jin. „Ist sie neuerdings frech?“

„Nein! Aber abgesehen von Dir hat sie das weichste Herz, das ich kenne.“

„Trig is Sotolade?“

„Nein. Dazu ist es viel zu spät.“, sagte Mama resolut.

„Also gut.“, meinte Zuko trocken. „Vielleicht bist Du doch hartherzig.“

„Man muss eben mit den Wölfen heulen, oh Tyrannischer.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (13)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  yukio-kun
2009-11-20T09:38:38+00:00 20.11.2009 10:38
Wie immer... ^^
Toll, super, einmalig, und was weiß der teufel noch alles... XD
EInfach genial! ^^

see ya, sagoras
Von:  fahnm
2009-11-19T23:55:52+00:00 20.11.2009 00:55
*grins*
Super Kapi!^^
Von:  DarkEye
2009-11-19T19:39:59+00:00 19.11.2009 20:39
:D
total süss
dark
Von: abgemeldet
2009-11-19T19:37:42+00:00 19.11.2009 20:37
Oh, na schön!
Ich geb mich geschlagen ><
Ich LIEBE jede deiner Geschichten. Ich LIEBE deinen Schreibstil und ich warte immer sehnsüchtig auf neue Kapitel!
Bisher hab ich mich gar nicht getraut dir Kommentare zu schreiben aus... Ehrfurcht?
Du kannst so wunderbar schreiben, dass ich mir fast lächerlich vorkomme gegen dich o_o
Herrje... Glaub nicht ich wäre eine Schwarzleserin, die nur Ausreden sucht ><
Ich liebe deine FFs wirklich!


beste grüßchen
Von:  Eilith
2009-11-19T17:51:23+00:00 19.11.2009 18:51
Du spannst uns ja ganz schön auf die Folter ;) Bin gespannt wie es weitergeht.

LG Eilith
Von: abgemeldet
2009-11-19T17:30:11+00:00 19.11.2009 18:30
Ahhhhhh wie knuffig....die kleine Aya is ja mehr als süß
Tolles Kappi=)
Ich hoffe es geht schnell weiter!!!
Lg
Von:  Fresa-del-bosque
2009-11-18T23:11:15+00:00 19.11.2009 00:11
uuuuuuh, wie suess! x333
jaja, die sind schon alle 'ne echt liebenwerte familie - aber jetzt im naechsten kapitel geht's dann mal'n bissl voran, oder?! bitte!^^
ich mach mich naemlich verrueckt darueber, ob ich mit meiner vermutung tatsaechlich recht habe, oder nciht. ;)

wie immer wunderbarer stil usw.
LG, Inga :)
Von:  sayagii
2009-11-18T20:33:08+00:00 18.11.2009 21:33
sooooo süß! ich finde dieses Kapitel absolut goldig, bzw Aya- Maus.
Ich bin total happy das du fleißig weiter schreibst DANKE!
Von:  Bitterblue
2009-11-18T17:59:34+00:00 18.11.2009 18:59
hmmmmoah :D awww xD
love it!
Von:  suz
2009-11-18T17:36:41+00:00 18.11.2009 18:36
hach die geschichte war so süß^^
ich musste gleich an die zeit zurückdenken, als kleine geschwister noch klein und süß waren (jetzt sind sie nur noch süß^^)
und muss immer noch vermutungen anstellen, wer hinter der tür ist^^
pöse, pöse spannung xDD
ich freu mich schon auf´s nächste kap
gruz suz


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