Zum Inhalt der Seite

Fremd

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 7

7. Kapitel

„Ray? Ray! Komm schon, du kannst uns nicht für den Rest deines Lebens ignorieren!“, rief Max laut.

Doch Ray stellte sich taub und knabberte weiterhin lustlos an seinem Brötchen.

„Scheiße noch Mal, was ist denn gestern passiert?! Hat es etwas mit Kai zu tun? Rede mit uns!“, mischte sich auch Tyson ein.

Jetzt rechte es dem Schwarzhaarigen. Ruckartig stand er vom Tisch auf und ging. Er hatte keine Lust, sich mit den Beiden zu unterhalten. Er wollte ihnen nicht erzählen, was passiert war, er verstand es ja selbst nicht.

Am Besten wäre es, wenn gar nichts passiert wäre, und wer weiß, wenn er alles ignorierte, dann vergaß er es vielleicht auch. Nur durfte ihn halt auch keiner erinnern.

Außerdem konnte er es nicht ausstehen, die Besorgnis in den Augen seiner Freunde zu sehen, denn sie brachte ihn dazu, an seiner Entscheidung zu zweifeln. Doch Zweifel waren nicht erlaubt! So etwas konnte er sich nicht leisten.

Automatisch packte er seine Schultasche, zog sich Jacke und Schuhe an und verließ das Heim, um zur Bushaltestelle zu gehen. Es war das erste Mal, dass er alleine zum Bus ging, bisher hatten ihn immer Tyson und Max begleitet, doch er konnte Gesellschaft im Moment nicht ertragen.

Daher war er heute auch extra früh aufgestanden, nur leider noch nicht früh genug. Er war den Beiden trotzdem über den Weg gelaufen.

Tief seufzte er.

Der Bus kam und hielt, die Kinder drängelten hinein, der Chinese wurde automatisch mit hineingezogen. Lustlos starrte er auf den Boden. Um ihn herum redeten die Schüler, lachten und stritten miteinander, führten Diskussionen, sprachen über die neusten Nachrichten und unbeliebte Lehrer. Doch all das interessierte Ray nicht. Er fühlte sich einfach nur leer. Leer und ausgebrannt.

Ein Ruckeln ging durch das Fahrzeug, als es an der Schule hielt. Wieder ließ sich der Schwarzhaarige in der Masse treiben, trabte zwischen den anderen Schülern auf den Schulhof und in das Gebäude. Er betrat als erster das Klassenzimmer, packte seine Tasche aus und setzte sich an seinen Platz.

Nach und nach kamen auch seine Mitschüler. Keiner beachtete den einsamen Schwarzhaarigen und er beachtete die Anderen nicht. Ray starrte trübsinnig aus dem Fenster, seine Gedanken schweiften umher, mal zu dem Unfall, Mal zu den Geschehnissen der letzten Tage, Mal zu dem, was vorher gewesen sein könnte, doch nirgends hielten sie, sie trieben umher, wie Fische in einem reißenden Bach, unfähig, sich festzuhalten und an einem Ort zu verweilen.

Selbst der Unterricht konnte Rays Aufmerksamkeit nicht auf sich ziehen, die Pausen zogen wie in einem trüben Schleier an ihm vorbei. Erst das plötzliche, in Rays Ohren unnormal laute Klingen zur Mittagspause konnte ihn aus seinem Dämmerzustand reißen.

Träge erhob er sich, denn in der Mittagspause mussten alle auf den Schulhof.

Kaum betrat er diesen, wurde er auch schon von einem aufgeweckten Blonden und einem wütenden Blauhaarigen begrüßt.

„Warum hast du heute früh nicht auf uns gewartet?!“, begehrte Tyson wütend zu wissen.

Ray hob langsam den Blick und sah Tyson aus glanzlosen Augen an. Dann legte er den Kopf schief und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schien sich dann aber doch dagegen zu entscheiden und schloss ihn wieder.

„Hör Mal Ray“, sagte da Max, „was ist los? Was ist gestern passiert? Wir…“

Doch der Blonde wurde unterbrochen.

„Lasst mich einfach in Ruhe, ja?“, sagte Ray leise, aber deutlich. „Ich muss nachdenken…“, fügte er bei den entsetzten Blicken seiner Freunde aber noch hinzu.

Dann wandte er sich ab, um sich eine ruhige Ecke zu suchen.

Max und Tyson ließen ihn kommentarlos gehen, auch wenn das laute Seufzen des Blonden verdeutlichte, dass ihm das nicht gefiel.

Es war nicht leicht, dennoch fand der Chinese eine leere Bank im hintersten Teil des Schulhofes. Er setzte sich drauf und zog ein Bein an seinen Körper, um seinen Kopf darauf abzulegen. Deprimiert schloss er die Augen.

Was sollte er jetzt tun? Immer und immer wieder kreiste diese Frage in seinem Kopf. Doch ihm fiel keine Antwort ein. Er hatte darüber nachgedacht, die Frau vom Jugendamt zu kontaktieren, doch sich dagegen entschieden. Er wusste schließlich nicht, ob er ihr trauen konnte.

„Du ziehst dich zurück.“

Wie unter einem Schlag zuckte Ray zusammen und versteifte sich sofort. Sein Blick schoss nach vorne.

„Das solltest du nicht tun“, sprach Kai ruhig weiter.

Da stand der Russe, ruhig und gelassen wie immer, die Hände in den Hosentaschen vergraben und seine blutroten Augen auf den Schwarzhaarigen gerichtet.

Wieso hatte er ihn nicht kommen hören? War er so abgelenkt gewesen, von dem Chaos seiner Gedanken?

Leicht schüttelte Ray den Kopf und schloss wieder die Augen. Er wollte nicht mit Kai reden, der Graublauhaarige hatte bereits genug Schaden angerichtet. Deswegen würde Ray ihn jetzt ignorieren. Er schloss ihn einfach aus seiner Welt aus, tat so, als würde Kai nicht existieren. Dann würde der Andere ihn schon in Ruhe lassen. Dann /musste/ der Andere ihn in Ruhe lassen!

„Ray, ich muss mit dir reden!“, sagte Kai eindringlich. Ihm gefiel das Verhalten des Chinesen nicht. Überhaupt nicht.

Doch Ray reagierte nicht.

Das Geräusch leiser, knirschender Schritte im sandigen Boden verriet Ray, das Kai es aufgegeben hatte und gegangen war. Unbewusst seufzte er erleichtert auf. Das ignorieren war erstaunlich schwer. Doch ab jetzt hätte er endlich seine Ruhe.
 

Driiing. Driiing. Driiing.

Das Läuten der Schulglocke schreckte Ray schon zum zweiten Mal an diesem Tage unsanft hoch.

Träge packte er seine Tasche und schlurfte aus dem Gebäude.

Sein Blick schweifte über den Schulhof, doch wahr nahm er nicht wirklich etwas. Unbewusst machte er einen Bogen um die Bushaltestelle und lief wieder einmal zum Heim. Er war im Moment nicht auf das Gedränge und damit die Nähe anderer Leute erpicht. Der Gedanke daran verursachte ein flaues Gefühl in seinem Magen.

Zur Abwechslung und um Geschehnisse, wie sie in den letzten Tagen bedeutend zu oft passiert waren, zu vermeiden, wählte er heute den längeren aber sichereren Weg entlang der Hauptstraße.

So in trüben Gedanken versunken bemerkte Ray nicht die Gestalt, der er sich näherte. Sie stand mitten auf dem Fußweg und betrachtete ihn nachdenklich.

Den Kopf gesenkt lief der Langhaarige einfach an ihr vorbei.

„Hey!“

Eine Hand packte Ray an der Schulter, um ihn am Weitergehen zu hindern.

Erschrocken fuhr der Chinese herum und blickte verwirrt auf den Mann vor sich. Er hatte schulterlange braune Haare, die mit einem einfachen Gummi zusammengehalten wurden und sehr gut zu seinen rehbraunen Augen passten. Des Weiteren trug er einen langen, hellen Mantel und überragte Ray um mindestens einen Kopf. Der Schwarzhaarige schätzte den Fremden auf etwa 25 Jahre.

„Was?“, fragte Ray unwirsch. Er wollte nicht schon wieder in Schwierigkeiten geraten.

Beschwichtigend hob der Andere die Hände und begann, zu lächeln. Es war ein warmes und freundliches Lächeln und hatte durchaus etwas Beruhigendes, stellte Ray fest.

„Ganz ruhig. Ich will dir nichts tun, aber du sahst so deprimiert aus. Das konnte ich mir nicht mit ansehen.“

Rays Gesicht blieb ausdruckslos, was der Fremde mit einem Stirnrunzeln bedachte.

„Seit wann interessiert man sich in dieser Gegend um das Wohlergehen fremder Menschen?“ Rays Stimme klang bitter und der Fremde war sich nicht sicher, ob dieser Satz sich wirklich nur auf ihn, oder nicht vielleicht noch etwas anderes bezog.

Dann zuckte er jedoch mit den Schultern.

„Du hast Recht. In dieser Gegend ist das nicht üblich. Ich komme aber nicht von hier. Und außerdem passt so ein missmutiger Gesichtsausdruck nun wirklich nicht zu einem so süßen Jungen wie dir.“

Leicht zuckte Ray zusammen. Noch nie hatte ihn jemand ‚süß’ genannt. Zumindest nicht, dass er sich erinnern konnte… Er konnte einen leichten Rotschimmer auf seinem Gesicht nicht verhindern.

„Hast du Lust auf einen Kaffee? Da hinten ist ein nettes kleines Cafe.“

Zweifelnd betrachtete Ray den Anderen kurz. Dann nickte er jedoch, was konnte schon passieren?

Auf dem Gesicht des Mannes breitete sich ein strahlendes Lächeln aus.
 

„Wie heißt du?“

Fragend sah Ray, der bis eben in seinen Becher Schokolade gestarrt hatte, auf.

„Ich würde gerne wissen, mit wem ich gerade hier sitze. Mein Name ist übrigens. Alexey Felk. Ich bin im Moment geschäftlich hier.“

„Äh… Ray. Ich heiße Ray Kon.“

Leicht schmunzelte Alexey.

„Ein schöner Name.“

„Danke“, nuschelte Ray verlegen.

„Und, warum bist du so schlecht drauf?“

Sofort kehrten Rays düstere Gedanken wieder.

„Es ist nichts, das dich etwas angehen würde“, meinte er bestimmt.

Leicht seufzte Alexey.

„Gut, wenn du es nicht willst, werde ich dich nicht zwingen.“

Sofort entspannte sich Ray. Eigentlich mochte er diesen jungen Mann, auch wenn er ihn kaum kannte.

„Wo wohnst du?“, fragte der Braunhaarige da unerwartet. Überrascht sah Ray auf.

„Äh… ich wohne im Weisenheim. Hier in der Nähe…“

„Oh…“ Nun wirkte Alexey doch etwas betreten. „Ich habe davon schon gehört, aber noch nie ein Kind von dort getroffen.“

„Ich bin auch kein Kind mehr!“, beschwerte Ray sich so fort reflexartig. Skeptisch hob der Andere die Augenbrauen.

„Ach nein? Nun, dafür benimmst du dich aber sehr wie eines im Moment.“ „Was , wie….oh…“

Leicht rot im Gesicht sackte Ray in seinem Stuhl nach hinten. Alexey konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, das schnell zu einem lauten Lachen wurde. Davon angesteckt begann auch Ray, leise zu lachen.

Die Atmosphäre war ungewohnt entspannt und der Langhaarige hatte sich in letzter Zeit nie so relaxt gefühlt. Es war ein wunderschönes Gefühl.

„Ich hab gehört, dass es nicht so groß ist und ihr euch die Zimmer teilen müsst. Wie kommst du damit klar?“, fragte Alexey erneut, Neugierde lag in seiner Stimme.

Ray verstummte.

„Wird das hier ein Verhör oder so?“, fragte er schalkhaft anklagend.

„Nein, eigentlich nicht, aber wenn du darauf bestehst…“

„Hihi, nein, lass Mal. Eigentlich ist es gar nicht so schlimm, sich das Zimmer teilen zu müssen. Ich habe zwei Freunde, die sind fast schon aneinander festgewachsen. Eigentlich ist es gar nicht schlecht…“ Am Ende hatte Rays Stimme wieder einen deprimierten Klang angenommen. Alexey horchte auf.

„Und du? Was ist mit dir?“

„Na ja, weißt du…“, druckste Ray etwas herum, „ich komme nicht so mit meinem Mitbewohner Kai klar. Aber, ich will nicht darüber reden.“

Ray drehte seinen Kopf zur Seite, sein Blick wurde wieder leer. Dennoch schien Alexey nicht locker lassen zu wollen.

„Kai? Der Kai? Von dem Namen hab ich schon gehört, allerdings nicht unbedingt Gutes. Und er ist dein Mitbewohner?“

Der Schwarzhaarige nickte.

„Lass uns über etwas Anderes reden, ja? Ich will von Kai weder etwas hören, noch etwas mit ihm zu tun haben. Er ist ein Idiot.“

„Weißt du Ray, ich respektiere deinen Wunsch, aber es ist nicht immer hilfreich, ein Problem totzuschweigen. Manchmal muss man über die Dinge reden, damit sie besser werden.“

„Mh. Vielleicht hast du im Allgemeinen Recht, aber nicht in diesem speziellen Fall.“

Wieder lächelte Alexey und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse.

„Übrigens finde ich, dass du…“, begann er, wurde jedoch von einem lauten Piepen unterbrochen. „Oh, sorry. Warte bitte einen Moment.“

Eilig erhob er sich, kramte in seiner Tasche herum, bis er ein Handy daraus fischte und verzog sich in eine ruhigere Ecke des Cafes. Neugierig folgte Ray ihm mit seinen Blicken und beobachtete, wie sein neuer Freund erst angespannt lauschte und dann selbst sehr ernst aussehend etwas erwiderte, während Ray noch immer über ihr Gespräch nachdachte. Kurz darauf kehrte Alexey zu ihrem Tisch zurück und schnappte sich seinen Mantel.

„Tut mir Leid, Ray, aber ich muss los. Die Arbeit ruft.“ Etwas unglücklich aussehend wedelte er mit seinem Handy. „Aber wir sehen uns bestimmt wieder, zumindest hoffe ich das. Also, bis dann!“

„Ja, und danke!“, rief Ray ihm noch hinterher, als der Braunhaarige mit schnellen Schritten das Cafe verließ. Draußen konnte der Chinese beobachten, wie Alexey zu rennen begann. Es musste wirklich wichtig sein.

Wesentlich langsamer schlenderte Ray hinaus und weiter in Richtung Heim. Das Treffen eben war wirklich eine willkommene Abwechslung gewesen. Hoffentlich würde er Alexey wirklich noch einmal wieder treffen. Aber wie hieß es so schön… man trifft sich immer zwei Mal im Leben.

„Ray!“

Schon zum x-ten Mal wurde er aus den Gedanken gerissen. Doch als er sich dieses Mal umdrehte, wünschte er sich, er hätte es nicht getan.

„Was willst du jetzt schon wieder?“, forderte er mit kalter Stimme zu wissen.

Kais Augen verengten sich gefährlich.

„Das weißt du ganz genau und jetzt komm mit!“

Ohne auf den Protest des Schwarzhaarigen zu achten, packte der Russe ihn am Arm und schleifte ihn hinter sich her, hinein in das Gewirr aus engen Gassen. Doch weit kam er nicht. Mit einem heftigen Ruck riss Ray sich los, beide stolperten zurück.

„Du hast sie doch nicht mehr alle! Was soll der Scheiß?“, verlangte er zu wissen. Aufgebracht aber noch beherrscht sah Kai ihn an, wie ein Kleinkind, das nicht begreifen wollte.

„Wir müssen reden. Darüber, was gestern passiert ist.“

„Ich wüsste nicht, was es da noch zu sagen gibt!“

„Eine ganze Menge, nachdem du gestern mitten im Gespräch einfach abgehauen bist.“

„Ich bin nicht abgehauen!“ Wütend blitzten Rays goldene Opale auf.

„Oh doch, das bist du. Geflüchtet, wie ein Feigling, der die Wahrheit nicht verkraftet.“

Das brachte das Fass schließlich zum überlaufen. Mit einem Aufschrei stürzte Ray sich auf den überraschten Kai und schlug ihn zu Boden. Doch schnell hatte der Russe sich wieder aufgerappelt und fuhr sich mit dem Handrücken über den schmerzenden Kiefer.

„Was, du nutzt Gewalt, wenn du mit Worten nicht mehr weiter weißt? Das hätte ich nicht von dir gedacht, das du so ein Mensch bist.“

„Woher willst du denn bitte wissen, was ich für ein Mensch bin?! Du hast doch keine Ahnung!“ Wieder schoss Rays Faust nach vorne, doch Kai, dieses Mal auf den Angriff gefasst, wich geschockt aus und ergriff das Handgelenk des Chinesen, drehte ihm den Arm schmerzhaft auf den Rücken. Leicht keuchte der Chinese.

Kai grinste triumphierend und lehnte sich ganz dich an Ray heran.

„Und du bist doch ein Schwächling. Unfähig, mit der Welt, dir und der Wahrheit klarzukommen. Versager!“, flüsterte er ihm verachtend ins Ohr.

Wieder sah Ray rot. So würde er sichj sicher nicht geschlagen geben!

Unbewusst, geradezu als hätte er es schon tausend Mal getan, wand er sich geschickt aus dem festen Klammergriff und trat seinem Gegner mit einem kräftigen Tritt in den Magen.

Überrumpelt ging Kai zu Boden, doch er fing sich schnell und sein Bein schoss nach vorne. Nun trat er selbst nach Ray, welcher sich noch nicht aus seiner Reichweite hatzte bringen können, und schlug ihm die Füß0e unter dem Körper weg.

Während nun der Schwarzhaarige stürzte, rappelte Kai sich erneut auf und stürzte sich auf den für einige Sekunden völlig wehrlosen Ray. Der Graublauhaarige nagelte seine Hände über seinem Kopf auf dem Boden fest und setzte sich mit seinem ganzen Gewicht auf Rays Becken. So konnte der Chinese nicht weg, Kai aber auch nicht durch treten oder Schlagen verletzen.

„Und nun…“, fing der Russe wieder an zu reden, stoppte aber, als er in Rays Gesicht blickte.

Der Langhaarige hatte die Augen fest zusammengekniffen und hunderte von Tränen flossen unaufhaltsam daraus hervor.

„Ray…“, flüsterte Kai leise. Doch dieses Mal war seine Stimme fast sanft. Kurz zögerte der Rotäugige noch, dann entließ er den Chinesen aus seinem Griff und erhob sich langsam.

„Los, komm hoch“, meinte er fast freundlich und streckte Ray hilfreich die Hand entgegen.

Zitternd nahm Ray sie entgegen und stand ebenfalls langsam auf. Eben noch total aggressiv und kampfeswütig war seine Haltung jetzt eher unterwürfig und schutzlos. Dieser plötzliche Sinneswandel verwirrte Kai zwar, doch er wollte sich nicht beschweren. Ray konnte wesentlich besser kämpfen, als er erwartet hätte, denn sonst hätte er ihn nicht absichtlich derart provoziert. Warum hatte Ray sich nicht vorher bei den Übergriffen auf ihn verteidigt?

Er machte einen Schritt auf den Langhaarigen zu, welcher sich schon wieder etwas von ihm entfernt hatte, als ein stechender Schmerz seinen Körper durchfuhr. Seine Hand wanderte automatisch zu seinem Bauch. Der Kleine konnte echt heftig zutreten, das Gehen würde vorerst recht schmerzhaft werden, wie es aussah.

„Ray, warum stäubst du dich so sehr gegen die Vorstellung, ein Esper zu sein? Wusstest du es wirklich nicht bis gestern?“, fragte er.

Mit roten und feuchten Augen sah der Angesprochene auf. Dann schüttelte er hilflos den Kopf.

„Nein, ich…“ Ray stockte. Sollte er es wirklich erzählen? Sollte er wirklich sagen, dass er keine Ahnung von sich hatte, dass er sich an nicht aus seiner Vergangenheit erinnerte? Würde ihn das nicht noch schutzloser machen, als er ohnehin schon war?

Manchmal muss man über die Dinge reden, damit sie besser werden.

Er wusste nicht, warum er gerade jetzt an das Gespräch mit Alexey denken musste. Aber vielleicht hatte der Braunhaarige ja Recht. Vielleicht musste er wirklich mit jemandem darüber reden und wenn es nur darum ging, dass er sich dann besser fühlen würde. Und Kai war so gut wie jeder andere auch.

„Es ist nicht so einfach, weißt du…“, begann Ray leise. Noch immer achtete er auf einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und Kai. „Vielleicht weiß ich wirklich schon längst, dass ich ein Esper bin. Vielleicht auch nicht. Es ist so verwirrend. Es ist, also, bevor ich ins Heim kam, ich hatte einen Unfall und dabei, also, …“

Plötzlich hörte Ray Schritte hinter sich. Schnelle Schritte. Er sah, wie Kais Augen sich geschockt weiteten und drehte sich um, doch bevor sein Blick irgendetwas erfassen konnte, spürte er einen heftigen Schmerz im Nacken und alles um ihn herum wurde Schwarz.

„Ray! Azat, was soll das?!“

Aufgebracht stürmte Kai nach vorne, um dem anderen Russen den bewusstlosen Ray aus den Armen zu entreißen, doch der Rothaarige war schneller.

„Tut mir Leid Kai, doch den Süßen hier nehme ich erst einmal mit. Bis dann also?“

Zwei weitere Leute aus Azats Team erschienen und nahmen den Langhaarigen, zu dritt rannte sie davon und verschwanden in einer Seitenstraße.

Kai wollte ihnen folgen, doch bereits nach ein paar Schritten sank er schwer atmend zu Boden, den Arm um seinen Bauch geschlungen.

Verdammt! Warum musste ihn diese Verletzung so aufhalten? Der Chinese hatte doch nicht etwa innere Organe verletzt, oder?

„Ray…“
 

achat



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2010-06-30T16:52:46+00:00 30.06.2010 18:52
von Emotionen her gefiel mir das Kapitel wieder sehr viel besser....ich denke Ray ignoriert Max und Tyson, weil sie auch Esper sind und er momentan NICHTS an sich heranlässt, was irgendwie damit zu tun haben könnte...mittlerweile glaube ich, dass Ray auch vor dem Unfall ein Esper war und diese Erkenntnis einer zu sein, ihn irgendwie an irgensetwas erinnert, was unangenehm für ihn ist...vielleicht hat er gar den Unfall mit seinen Fähigkeiten verursacht?

Der fremde Typ stört mich irgendwie....er ist für mich nicht gerade sympathisch....zum einen die Tatsache, dass er Ray so einfach ansprichst und ihn am Handgelenk festhält und zum anderen hat er einfach was ungereimtes an sich, das mir nicht gefällt und hier verhält sich Ray meiner Meinung nach ein bisschen zu naiv...oO

Ich finde es gut, dass Kai weider versucht auf Ray zuzugehen, das hast du sehr gut beschrieben und auch das er dann nicht locker gelassen hat, sondern sich auch noch mit Ray angelegt hat, um wieder ein wenig an ihn heranzukommen....diesen Kampf hast du sehr schön geschildert und vor allem emotionsgeladen, das hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck erweckt....^^

gnarf....ausgerechnet jetzt, wo sich Kai und Ray vielleicht wieder ein bisschen annähern, muss dieser olle Typ auftauchen und Ray entführen....oO
das hat mich gerade so aufgeregt....xD

Von: abgemeldet
2010-06-28T17:57:44+00:00 28.06.2010 19:57
Also, den Anfang des Kapitels fand ich wirklich sehr gut, das war es, was mir im letzten gefehlt hat ^^
Allerdings ist Ray ein wenig zu kindisch. Er benimmt sich doch nicht wie ein 17-jähriger?!
Er könnte Tyson und Max doch einfach sagen, dass er im Moment seine Ruhe haben will und da nicht so einen Aufstand machen.
Genauso wie er Kai angezickt hat... ihm hätte er auch einfach sagen können, dass Kai ihn in Ruhe lassen soll und da nicht einen auf Drama-queen machen xD
Kai in dieser Situation würde aber wohl nicht so schnell aufgeben und nach einer Abfuhr gehen, ich glaube, er hätte Ray solange malträtiert, bis dieser ihm zugehört hätte....

Und ein bisschen blauäugig ist Ray ja doch... Man würde doch nicht einfach mit einem fremden Mann mitgehen, der einen mitten auf der Straße anquatscht und als süß bezeichnet @_@
Ich an Rays stelle wäre ziemlich misstrauisch geworden, insbesondere wenn man mich so ausgefragt hätte, wie dieser Mann es im Cafe gemacht hat... ^^

Der Kampf zwischen den beiden war wirklich schön spannend, nur verstehe ich nicht, warum Ray anfängt zu heulen... der Junge ist 17 und er will Kai nicht sagen, dass er Amnesie hat, weil das für ihn Schwäche bedeutet und fängt an zu flennen?!
Und Kai würde wohl auch nicht ein schlechtes Gewissen haben und ihm zärtlich auf die Beine helfen, sondern noch irgendeinen sarkastischen Spruch bringen... dass hätte auf jeden Fall besser zu ihm gepasst. Genauso wie er Ray mit seinen Fähigkeiten doch hätte helfen können...
Aber na ja, spannend machst du es trotzdem immer wieder, bis dann ^^
Kaira




Von: abgemeldet
2010-06-19T18:58:55+00:00 19.06.2010 20:58
Hey,

also ich muss Jeschi zustimmen, dass er seine Ruhe haben will, ist ja schön und gut, aber das kann man doch einfach sagen. Ich schätze Max und Tyson würde ihn dann auch in Ruhe lassen und warten bis er sich an sie wendet. Die Sorge der beiden finde ich gut und ist sehr IC.
Auch mag ich die Melancholie im ersten Abschnitt, die hast du gut rübergebracht.

Wie dumm, verzeih mir Ray, kann man sein, um auf diese billige Anmache einzugehen? Wobei ich den Typen auch noch sehr dreist finde, Ray einfach am Handgelenk zu packen. Also, ich würde da ganz schnell das Weite suchen, vor allem, wenn mich der Kerl als süß bezeichnet und ich dann auch noch selbst ein Kerl bin...

Den Kampf zwischen Ray und Kai fand ich gut. Wobei ich um ehrlich zu sein mit Rays Gefühlsausbruchen nicht klar komme. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich mich da nicht hineinversetzen kann...
Ich frage mich aber langsam immer mehr, was Ray vor seinem Unfall gewesen ist. Ich glaube ja, dass er in irgendeiner Bande oder so war.
Die Entführung ging mir ein wenig zu schnell, vor allem weil Kai zum Helfen da war. Wozu ist der Typ denn ein Esper. Oder hat ihn der Schlag wirklich so mitgenommen?

Ingesamt gefällt mir die Stimmung am Anfang des Kapitels sehr gut, dann finde ich, dass Ray zu leichtsinnig war, dafür hat der Kampf dann aber entschädigt. Und auch wenn Kai zu schnell schlapp gemacht hat, gefällt mir dieses "Ray..." am Ende unheimlich gut.

LG, Mita
Von:  Jeschi
2010-06-19T12:35:23+00:00 19.06.2010 14:35
:3

Ein wenig unfair verhält er sich schon gegenüber Max und Tyson. O,Ô
Er könnte ihnen doch auch einfach sagen, dass er nicht mit ihnen darüber reden möchte und seine Ruhe braucht.

Ah, was will dieser komische Typ jetzt von Ray? @,@
Der macht mir Angst, so ganz sauber ist der nicht, oder?

Miau~ Ich hoffe, Kai kann ihn endlich überzeugen!

Oh neee, dieser Azat geht mir auf die Nerven.
*ihn tot mach*
Der kann Ray doch nciht mitnehmen?
Wobei ich mir übrigens nicht vorstellen kann, dass Ray Kais innere Organe verletzt haben könnte. O,Ô
Von: abgemeldet
2010-06-17T18:38:29+00:00 17.06.2010 20:38
Oh, die Kommis werden ja irgendwie immer weniger, je weiter ich mit der FF komme óo. Dabei ist die so spannend... wie kommts?

Rührend, wie sich Max und Tyson um Ray so bemühen, sowas ist halt wahre Freundschaft... aber ich kann Ray auch verstehen, dass er erstmal niemanden um sich haben will und zu sich finden möchte, ehe er sich wem anvertraut... (Hab ich auch schon durchgemacht...)
Ich finde btw die Gefühle von Ray in diesem ganzen ersten Abschnitt sehr sehr gut forumuliert und so wunderbar nachvollziehbar - besser hätte man es nicht machen können <3

Oh, Ray wird angebaggert óo. Naa, da bin ich aber mal gespannt, was der Kerl von ihm will, irgendwie ist es mir nie geheuer, wenn einen ein Fremder einfach so mit süß anspricht... ich glaube, so schnell würde ich eine Einladung nicht annehmen.
Uhm... ich muss leider mal wieder klugscheißen, aber den Namen Alexey gibt es in dieser Schreibweise nicht. Es müsste Aleksej (russische Schreibweise) oder Alexeij heißen... wobei ich mir bei dem zweiten aber auch nicht hunderpro sicher bin, nur, bin ich mit mit dem y sicher, das sieht einfach zu deformiert aus xD.

„Äh… ich wohne im Weisenheim.
Waise mit ai bitte ^^.

Also, ich wär echt misstrauischer an Rays Stelle, es wär mir richtig unangenehm von einem Fremden so ausgequetscht zu werden...

auf den Angriff gefasst, wich geschockt aus
geschickt sollte das wohl heißen, oder?

So würde er sichj sicher nicht geschlagen geben!
Das erklärt sich von selbst :3

hatzte bringen können, und schlug ihm die Füß0e unter dem Körper weg.
Also, irgendwie hast du hier extrem viele Tippfehler drin @@

Während nun der Schwarzhaarige stürzte, rappelte Kai sich erneut auf und stürzte sich auf den für einige Sekunden völlig wehrlosen Ray
Zweimal stürzen, Wortwiederholung, klingt nicht so schln vielleicht kannst du das ja irgendwie umstellen?
Ui, jetzt wurde Ray auch noch weggemopst >.< Wobei ich finde, dass die es etwa so einfach hatten, immerhin ist Kai doch nicht so ein Schwächling, dass ihn so ein Schlag einfach so aus dem Gefecht setzt...
Hm... du schaffst es echt immer wieder meine Neugier noch ein Stück zu schüren ^^.
Bis jetzt wirklich eine super FF

LG, Katze
Von: abgemeldet
2010-04-04T10:03:13+00:00 04.04.2010 12:03
Super Kapitel X3


Zurück