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Die Geschichte des legendären Sullivan O'Neil

Das Tagebuch eines Gesuchten
von

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Mathew Hullingtan Black

Das „Aye…“ brummte er so tief und rau, dass ich dachte, dieser Mann kam direkt aus der Unterwelt. Er starrte mir dabei ins Gesicht und sein Grinsen machte mir fast Angst. „Aye, ein Mönch allein, nachts, mitten in Annonce? Da hol mich doch der Klabautermannn, was zur Hölle war in dem Gesöff?“

Ein Wahnsinniger…, dachte ich und sah ihm unsicher entgegen. Um meine Fassung bemüht zischte ich noch immer leicht wütend über seine Naivität: „Es herrscht Ausgangssperre, Ihr könnt hier doch nicht herumlaufen, als wäre das nichts!“

„Aye, da hat er wohl Recht.“, brummte er wieder und zog leicht den Hut. „Mathew Hullingtan Black mein Name, stets zu Diensten, Bruder. Ich danke ihm von ganzen Herzen für meine Rettung.“, und dann machte er mit seiner Kopfbedeckung eine umfassende Geste und verbeugte sich so tief vor mir, dass ich Angst hatte er stürzte, aufgrund seines Beines. Als Black sich wieder aufrichtete grinste er mir entgegen und zeigte mir dabei erneut sein Gebiss und einen Goldzahn, der geheimnistuerisch glänzte. „Das hätte wahrlich ins Auge gehen können.“, und während er auf sein Glasauge zeigte fuhr er fort: „Und ich weiß wovon ich rede, so wahr ich hier stehe und das tue ich ja wohl? Hat der alte Hullingtan Black nicht selbst einst fast die Flagge gestrichen und schon so einiges erlebt? Gewiss hat er, das sage ich ihm und da haben so einige den Draggen am Grund geküsst, mit Mann und Maus, mein Wort drauf!“

„Wenn…Ihr das sagt?“, nun stand ich da. Ich hatte einen Betrunkenen gerettet und nun wurde ich ihn nicht mehr los. Sollte ich einfach gehen? War das zu unhöflich? Und spielte das bei einem verrückten Seemann überhaupt eine Rolle?

„Oh ja, das sage ich. Und noch etwas sage ich ihm: Mit alten Teerjacken hatte ich gerechnet, hier unten, am Kai, aber mit einem Christenbruder? Bei weitem nicht. Darf der alte Black ihn auf einen Rumfustian einladen? Ich bin neugierig.“, Black legte mir einen Arm um die Schulter und zog mich mehr grob als sanft mit sich, mich brüderlich schüttelnd. „Aber nein, aber nein, verzeiht einem alten Seemann. Ein trinkender Mönch? Bei Gott, verzeiht den Fluch wenn es denn einer war, niemals würde ich ihn verführen wollen!“, und er lachte so laut, dass ich mich ängstlich nach den Wachmännern umsah.

Black und ich steuerten unbemerkt eines der Wirtshäuser an mit dem Namen „Der dicke Charlie“ und ehe ich mich versah, saßen wir an einem Tisch in der hintersten Ecke und Black schrie lautstark nach dem Wirt. Wahrscheinlich war er Charlie, denn er war dick und sah durchaus aus, wie ich mir einen Charlie so vorstellte. Ein rundes Schweinsgesicht mit Halbglatze und schweißnasser Stirn trotz kühlem Wetter.

Mir wurde Wein gebracht, ihm ein Krug Rum zusammen mit einem Bier. Und so saß ich da und verfluchte mich innerlich dafür, dass ich schon wieder in einem Wirtshaus saß und es nicht wagte, Black einfach fort zu jagen. Viele Gäste gab es nicht aufgrund der Ausgangssperre, nur einige des Hauses oder jene, die bis zum Morgengrauen anwesend sein würden. Es war ungewohnt still, aufgrund der Schlafräume im oberen Stockwerk spielte man keine Musik und der Wirt war mürrisch und mies gelaunt.

Black nahm einen deftigen Schluck und spülte ordentlich mit Bier nach und ich fragte mich, wieso er diesen „Rumfustian“ trank, wenn er den Geschmack scheinbar nicht mochte. Zeitgleich nippte ich an meinem Glas, aber nur ein wenig. Ich hatte auf alles Lust, aber keinen erneuten Kater. Viel lieber wäre mir etwas zu essen gewesen, aber ich hatte kein Geld für solches.

Als er sich geschüttelt hatte und den Krug donnernd zurück auf die Tischplatte befördert grinste er mir offenherzig entgegen. Im Dämmerlicht erkannte ich sein pockennarbiges Gesicht und dass in seinem schwarzen Vollbart einige, weiße Haare waren. Seine großen, dunklen Hände zeugten aufgrund der vielen Narben vom Leben eines Seemanns und seine Fingernägel waren schwarz und dreckig. Sein roter Mantel mit den goldenen Knöpfen wirkte nun noch zerschlissener als ohnehin schon. Er verfolgte meine Blicke ganz genau und grinste immer breiter.

„Aye, ein Mönch.“, begann er dann und legte die Krücke auf den Stuhl neben sich.

„So scheint es.“, entgegnete ich nur knapp und sah in mein Glas. Wenn er Seemann war, vielleicht konnte er mir helfen ein Schiff zu finden? Aber ihn direkt zu fragen erschien mir unangemessen. Eine Weile würde ich wohl mit ihm plaudern, der Höflichkeit wegen und es konnte gewiss nicht schaden, ein wenig mehr über die andere Seite der Klostermauer zu erfahren.

„Bei meinem Bart, ich habe noch nie einen so herunter gekommenen Geistlichen gesehen.“, lachte er.

Ich errötete leicht. „So?“

„Nun entspanne er sich doch ein wenig. Der alte Black tut keiner Fliege was zu leide. Na ja…“, er lachte. „Meistens jedenfalls.“

„Ihr seid Seemann?“

„Das bin ich, bei Gott, wenn es ihn denn gibt, so wahr ich hier sitze.“, und Black klopfte anerkennend auf den Tisch. „Und einer der besten, mein Wort drauf!“ Wahrscheinlich war es eine dumme Frage, die ich ihm stellte, aber er war zu angetrunken, um das zu bemerken. Stattdessen erfüllt es ihn scheinbar mit Stolz, das von sich behaupten zu können. Ich muss zugeben, dass er mein Interesse weckte. Ob er wohl zugab, dass er Pirat war? Neugierig hakte ich nach:

„Unter wem segelt Ihr?“

Er sah mich verblüfft an, dann begann er zu lachen. „Aye, er interessiert sich für die Seefahrt?“

„Ein wenig.“

„Ein wenig?“

„Nur ein bisschen…“

„Er will aufs Meer?“

„Vielleicht?“, ich sah ihn an und versuchte undurchschaubar zu wirken, aber es misslang mir ganz und gar. Sein Grinsen wurde breiter und er schüttelte den Kopf, als hätte er etwas vor sich zu sitzen, von was er nie zuvor etwas gehört hatte. „Ein Mönch will Seemann werden? Aye, wieso nicht…?“, dann nahm er wieder einen tiefen Schluck. Ich war erstaunt wie viel er vertrug im Vergleich zu mir und registrierte, dass dies wohl eine Gewohnheitssache sei.

„Weiß er, wo er anheuern wird?“

Ich senkte beschämt den Blick. Natürlich wusste ich das nicht und aufgrund der Peinlichkeit vergaß ich meine Frage nach der Piraterie.

Er lachte. „Also weiß er es nicht. Eine Landratte und was für eine, von hissen und pönen keine Ahnung, aber will Seemann werden? Beim Herrn Jesu’, wenn es ihn denn gibt! Und da wundern sich die Reeder, dass ihre Nussschalen den Grund küssen gehen!“

Meine roten Ohren begannen nun richtig zu glühen und tatsächlich kam ich mir ein wenig dumm vor. Black merkte es und beugte sich zu mir vor, wenngleich auch sehr schwerfällig, und freundschaftlich zischte er mir entgegen: „Aber nun gut, darunter soll er nicht zugrunde gehen, der alte Black hilft gern.“, ein unheimlich starker Geruch von Alkohol und Verwesung machte sich über dem Tisch breit. Als er sich wieder aufsetzte grinste er mich wieder an. „Wohin will er denn?“

Ich zuckte unsicher mit den Schultern, darüber hatte ich mir wahrlich noch keine Gedanken gemacht. Wohin eigentlich? Irgendwohin, aber nicht ins Kloster! Allerdings erschien mir diese Antwort eher unpassend. „Weg, raus aus Annonce.“

„Weg? Raus aus Annonce? Ah, ein Flüchtling, aye?“, aber noch ehe ich widersprechen konnte winkte der Seemann ab. „Mir soll’s gleich sein. Als würde der alte Black jemanden anklagen und das in Annonce? Niemals würde er sich mit dem alten O’Hagan zusammen tun!“, verschwörerisch sah er sich um und erneut zischte Black mir seine Alkoholfahne entgegen: „Und beim Allmächtigen Herrn, wenn es ihn denn gibt, der bringt sogar einen Kirchturm zum zittern, nur wenn er damit droht, diesen zu betreten! Er ist der Teufel, niemals würde ich mit ihm gemeinsame Sache machen…!“, dann richtet er sich wieder auf und nickte viel sagend. „Niemals, Bruder, sollte er sich mit dem alten Kreuzkriecher zusammentun. Aber was rede ich? Er ist Mönch und weiß mit Sicherheit, wovon ich rede…!“

„Nein, das weiß ich nicht.“, gab ich zu und interessiert sah ich ihn an. Entweder er war vollkommen verblödet, oder Black war zu angetrunken, um zu registrieren, dass er gerade mit einem Mönch negativ über den Gouverneur der Inquisition sprach. „Erzählt mir mehr über O’Hagan. Was ist so schlimm an ihm?“

„Was schlimm ist an ihm, fragt er!“, der alte Black rang die großen, rauen Hände und sah sich um, doch keiner schien ihm beipflichten zu wollen. Dann stütze er sich auf den Tisch und zischte: „Ein Bastard ist er, der wahre Satan, bei meinem Holzbein! Hüte er sich vor ihm, Bruder, wenn ihm sein Leben lieb ist…! Der größte Feind aller Glücksritter!“

„Also seid Ihr Pirat.“, stellte ich fest.

Er begann unsicher zu lachen und nervös rückte er seinen Hut zurecht. „Piraterie? Meine Person? Der alte Mathew Hullingtan Black? Er beliebt zu scherzen, niemals würde ich…! Gegen die Hakenhand des Gesetzes…?! Ganz unmöglich…!“

Er winkte ab, ein wenig übertrieben, gluckste noch einmal unsicher und nahm einen weiteren, deftigen Schluck. Ich schwieg und sah ihm zu. Machte er sich über mich lustig?

Als er getrunken hatte schüttelte er sich abermals und fuhr fort, um meine Feststellung zu überspielen: „Wie dem auch sei: Wenn er ein Schiff sucht, dann wendet er sich am Besten an den alten Blackborn unten im Kai. Der weiß immer Rat und kennt jedes Boot hier im Hafen, ganz gleich ob Jolle oder Gig. Er sitzt oft im Reichenviertel, aber ist öfter noch am Kai unten. Bei Gott, wenn es ihn gibt, der kennt sich aus. Sicher kann der weiter helfen, aber Hand leg ich nicht ins Feuer für.“, es folgte ein Schluck Bier, dann brummte er: „Der alte Black hat mit dem nix am Hut, kennt ihn nur vom Hörensagen. Aber Gerüchte redet man so viel, wie es Sand im Meer gibt. Doch fragen kostet nix, aye? Na ja, meistens.“, er grinste mich an.

Ich nickte nur. „Da habt Ihr Recht, ich werde mein Glück versuchen, habt Dank. Und woran erkenne ich ihn? Und wieso denkt Ihr, könnte er mir helfen?“

Black hob abwehrend die rauen Seemannshände. „Was er treibt weiß ich nicht, aber Adliger ist er nicht. Aber Gesetzesdiener gewiss auch nicht. Da fragt er mich zu viel.

Doch er wird ihn leicht erkennen: Hat meist einen blauen Brokatmantel, Galoschen und einen schwarzen Gehstock. Schaut fein aus der Kerl. Ansonsten fragt der Bruder am besten die Männer am Kai, das kann er öffentlich tun ohne Scheu zu haben. Keiner wird ihn deswegen jagen.“

Ich nickte lächelnd. „Ich danke Euch, ich stehe tief in Eurer Schuld. Ich-…“, aber noch ehe ich den Satz beenden konnte, hob Black erneut abwehrend die Hände. „Keiner steht in Blacks Schuld, denn wenn was schief läuft, hat der Alte auch nix damit zu tun, aye?“, er lachte aus vollem Halse und ich stimmte mit ein.

„Aye!“, grinste ich dabei.

Dann trank er mit einem Zug den letzten Rest seines Gebräus, kippte das Bier nach und legte laut einige Münzen auf den Tisch. Sich mühsam erhebend zog er seinen Hut.

„Nun dann, nun muss der Alte aber los, ehe sie die Schoten dicht machen und ohne mich fahren. Mit meinem Käpt’n ist nicht zu spaßen, das kann er mir glauben!“, und demonstrierend hob er sein fehlendes Bein. „Wenn der Sir wütend ist, geht die Welt unter, mein Wort drauf!“, lachte er.

Ich stand auf und verneigte mich leicht vor ihm und aus Gewohnheit leicht demütig, aber als ich mich wieder aufrichtete, um mich zu bedanken, hatte er mir bereits den Rücken zugekehrt um aus dem Wirtshaus zu humpeln. „Danke!“, rief ich unsicher nach.

Black beachtete es jedoch gar nicht, sondern rief dem Wirt zu: „Charlie, auf dem Tisch liegt genug Geld, servier meinem Freund das fetteste Schweinestück, dass du zu bieten hast und wehe dir, ich höre Beschwerden! Der Bengel weiß genau, wo er mich findet!“, dann war er verschwunden.

Unsicher sah ich ihm nach und zweifelte, ob es eine gute Idee war, so stark angetrunken in die Nacht zu humpeln, aber er war ein erwachsener Mann und ich wollte gewiss keine Probleme wegen ihm. Tatsächlich kam der Wirt mit einem Stück Fleisch und etwas Suppe, nachdem er die Münzen getestet und eingesteckt hatte.

Ob Black merkte, dass ich kein Geld besaß? Ich ließ es mir munden und spürte richtig, wie das Essen meine Magenwände hinunter glitt und fühlte mich mehr als nur wohl.

Der Wirt fragte, ob ich ein Zimmer wolle – Das Geld würde reichen, sagte er – und ich bejahte, mehr als nur glücklich. Als ich mich dann schlafen legte, schwor ich mir, Black eines Tages alles zurückzuzahlen. Dann, wenn ich Seemann war und meine erste Heuer erhalten hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  13thBlackCat
2012-09-06T12:03:03+00:00 06.09.2012 14:03
Black hast du echt gut beschrieben!
Allgemein ist er ein gut dargestellter Charakter – trotz Alkohol erkennt er menschliche Typen und ist trotzdem geheimnisvoll, das fetzt :D
Schön geschrieben, wie das vorige Kappi, die wörtliche Rede ist top! <3 Das Geschehen ist nachvollziehbar (wenn auch zweifelhaft, dass die Wachen sie nicht hören und der Wirt von sich aus zugibt, dass genug Geld da ist), aber der kurze Zeitraum ist ausreichend dargestellt, keine zu groben und unnachvollziehbaren Sprünge wie am Anfang.
Von:  Momachita
2012-08-08T08:06:11+00:00 08.08.2012 10:06
Ich bin gestern nicht mehr dazu gekommen, einen Kommentar zum dritten Kapitel zu schrieben, habe aber soweit das Wichtigste noch auf dem Schirm.
Endlich wird - neben dem zu jederzeit als berüchtigten und furchteinflösenden O'Hagan - ein weiterer Hauptcharakter vorgestellt (wie ich mal der Charakterliste in der Beschreibung entnommen habe ;D). Du lässt dem Charakter Zeit und bringst seiner Persönlichkeit durch Details wie Mimik, Gestik und Sprechweise eine überzeugende Tiefe.
Er passt einfach in die Geschichte.
Und langsam fühle ich mich, als könnte ich mich nur noch wiederholen. Wie ich bereits angenommen hatte, nimmst du dir viel Zeit, deine Charaktere zu entwickeln. Oder aber du hast einfach ein Händchen dafür, interessante Figuren zu kreieren. :'D
Nichtsdestotrotz bin ich weiterhin gespannt, wie du die nächsten Personen in Sullivans Leben einfließen lässt und wie genau er endlich aus der Stadt rauskommt. In diesem Sinne: Auf, auf zum nächsten Kapitel!
Von:  Fresh_Ju
2010-05-14T15:13:50+00:00 14.05.2010 17:13
Du gibst dem Black eine eigene Sprache. Das mag ich. bzw. ist sein Sprachstil oder seine Worte anders als die normale herkömmliche Sprache der Hauptfigur. Er redet gern in der 3. Person von sich und dem Burschen und schwört ständig auf allerlei Dinge. Seinen Charakter hast du gut hinbekommen. Außerdem finde ich ihn nett. Immerhin spendiert er ihm etwas zu essen. Das machen nicht viele Fremde! xD bzw. sind viele unfreundlich uû
Ansonsten finde ich es putzig, wie der Hauptchara nachfragt, ob er denn auch irgendwie zur See kommen könnte und wirklich erbärmlich versucht, sich rauszureden.
"Ein bisschen.."
"Vielleicht?" xD
Find ich toll x3
Was ich vergessen habe, zu schreiben, ist, dass du einige Wörter in den vorherigen Kapiteln mit einem Bindestrich trennst. Es ist störend. Für mich jedenfalls. O.o
Wenn du die Geschichte mal veröffentlichen willst, musst du auch den Satz rausnehmen, wo du den einen Satz einer Freundin widmest.
Außerdem behindert es auch den Lesefluss.
Du könntest z.B. zum Schluss des Kapitels ein wenig Platz lassen, dort ein Zitat des Satzes anfügen und dann dahinter schreiben, dass der Satz dieser Freundin gewidmet ist.
Weil mitten in der Geschichte unterbricht es einfach nur den Lesefluss XD


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