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Sasoris Kunst

Leben eines Nuke-nin
von

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Verlust

Hey, meine Leser-Gemeinde wächst! Ich danke allen, die meine Story weiter mitverfolgen, genauso wie denen, die sie erst kürzlich entdeckt und die Zeit gefunden haben, ihre Einschätzung abzugeben! Da bekomme ich doch glatt Lust, an meiner Fortsetzung weiter zu kritzeln...

Diese Fanfiction wird nur noch 2-3 Kapitel haben, mit der Erzählung von Sasoris Vergangenheit (die wohl einige Veränderungen erleiden wird *gg*)ist sie weitestgehend zuende. Ihr ahnt es wohl schon: eine kitschige Liebesbeziehung wird es hier nicht geben, aber dem Genre werde ich trotzdem gerecht werden. Lasst euch überraschen^^
 

Denn in diesem Moment ließen sich fünf Ninja aus den umstehenden Bäumen fallen und umstellten mich in Sekundenschnelle.

Gehetzt drehte ich mich einmal im Kreis. Zwei ANBU, zwei Jou-nin und -

"Namato!"
 

~Flashback~
 

Deidara glaubte, mein Herz müsste für einen Moment aussetzen. Warum er!? Warum ausgerechnet er!? Die Vorstellung, dass Namato vielleicht in dem Inferno, welches ich verursacht hatte, gefangen war, war schon schlimm genug gewesen. Doch auch wenn ich ihn hatte wieder sehen wollen, so war es doch grausam dies nun, als Feinde, zu tun.
 

Die beiden ANBU griffen mich an. Von beiden Seiten kamen sie mit je einem Schwert. Einer der Jou-nin schwang eine Kettensichel, mit der er mich treffen würde, wenn ich nach oben sprang. Ich war umzingelt - es gab keine Möglichkeit auszuweichen. Ich könnte versuchen an ihrer schwächsten Stelle durchzubrechen, ging es mir durch den Kopf. Doch ihre schwächste Stelle war Namato und ich war nicht sicher, ob ich ihn würde verletzen können.
 

„Verdammt!", hörte ich einen der Iwa-nin einen Moment später fluchen. „Das Jutsu des Tausches!? Wo ist er?"

Etwa hundert Meter entfernt brach ich wieder aus der Erde heraus, in der ich mich versteckt hatte. Die Ninja aber entdeckten meinen Trick schnell. Das laute Donnern irgendeines Jutsus ertönte hinter mir und der Boden bebte unter meinen Füßen, die bereits wieder davon spurteten. Kaum hatte ich mich in Sicherheit gebracht, ertönte hinter mir ein lauter Knall.

„Art is a Bang!", murmelte ich und grinste. Der Baumstamm, den ich für das Tauschjutsu benutzt hatte, war in Wirklichkeit einer Kombination mit dem Henge unterzogen worden, sodass die daran haftenden Bomben nicht bemerkt wurden. Die Erschütterung des feindlichen Angriffs hatte den Zünder ausgelöst.
 

Ohne nachzusehen, wie viele ich erwischt hatte, rannte ich weiter. Hinter mir hörte ich noch zwei Verfolger.

Innerlich schalt ich mich für meine Freude, die ich empfand, als ich mich kurz umdrehte und einen von ihnen als Namato erkannte. Ich wusste, es war albern. Meine Gefühle für ihn durften mich in meinem Tun nicht beeinflussen. Dennoch war ich froh, dass nicht er in die Falle getappt war. Vielleicht könnte ich ihn abhängen, ohne gegen ihn kämpfen zu müssen.
 

„Deidara!", rief Namato. „Bleib stehen! Verdammt, du kannst doch jetzt nicht einfach abhauen!"

Im Gegenteil. Ich konnte jetzt nicht einfach stehen bleiben.

„Es wäre besser, wenn ihr verschwindet, un. Ich will euch nicht töten, aber ich werde, wenn es sein muss", entgegnete ich. Es war eine glatte Lüge. Niemals könnte ich den schwarzhaarigen Shinobi hinter mir töten. Dafür bedeutete er mir einfach viel zu viel.

„Namato hat Recht! Was bist du nur für ein Feigling, jetzt wegzulaufen? Stell dich dem Kampf mit uns und trage die Verantwortung für das, was du getan hast!", sagte der Jou-nin wütend. Ich kannte ihn nicht. Das machte es leichter, ihn zu töten.
 

Ein erstickter Schrei ertönte, als das Gesicht des Sprechers zu explodieren schien. Doch der entstehende Rauch kam nicht von meiner Kunst...

„Verflucht!", murmelte ich. „Schattendoppelgänger!"

Die Erkenntnis kam nur einen Sekundenbruchteil zu spät. Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich. Der Ninja, den ich glaubte erledigt zu haben, hatte mit seiner Hand, an dessen Finger er vier lange, eiserne Krallen geschnallt hatte, ausgeholt und nach mir geschlagen. Ich keuchte auf, als die Klingen mich trafen. Rasch zog ich ein Kunai und wehrte den Jou-nin ab, bevor er ein weiteres Mal angreifen konnte.

Er hatte mich knapp über der Hüfte getroffen. Aus vier länglichen Wunden tropfte mein Blut und tränkte mein schwarzes Shirt. Es tat höllisch weh.

Doch ich konnte es mir jetzt nicht erlauben, schwach zu sein und meinen Schmerz zu zeigen.
 

Meine Hand griff in meine Lehmtasche und formte zwei kleinere Bomben, die ich meinen Verfolgern entgegen warf. Sie verfehlten ihr Ziel, doch ich ließ sie trotzdem explodieren. Zwei große Rauchwolken entstanden. Ich blieb abrupt stehen und wandte mich in die entgegengesetzte Richtung. Meine Gegner konnten jetzt nichts mehr sehen und durften das Risiko nicht eingehen, jemanden anzugreifen. Sie könnten ihren jeweils Verbündeten treffen. Dieses Problem hatte ich nicht.
 

Als ich mir wahllos eine der schemenhaften Gestalten herausgriff und ihr mit meinem Kunai die Kehle durchschnitt, hoffte ich nur, dass es nicht Namato war. Ich hatte vor, ihm meine Skrupellosigkeit zu zeigen, damit er begriff, dass er keine Chance hatte.
 

Das Ganze hatte nicht einmal fünf Sekunden gedauert, da lichtete sich die Wolke wieder und ich setzte meine Flucht fort. Die Verletzung an meiner Seite schmerzte ganz entsetzlich, aber ich biss die Zähne zusammen und ertrug es.

Hinter mir hörte ich jemanden wütend aufheulen. Scheinbar hatte man die Leiche gefunden. Würde der Überlebende jetzt umkehren? Es wäre besser. Für alle Beteiligten.
 

Es vergingen einige Minuten, ohne dass ich etwas hörte. Schon glaubte ich mich in Sicherheit. Doch da lenkte ein Geräusch vor mir meine Aufmerksamkeit ab.

Mit vor Schrecken geweiteten Augen sah ich in das Gesicht von Namato, der mit zornverzerrter Miene von vorn auf mich zustürmte. Um seine Faust hatten sich viele kleine und große Steine gelegt, die sie wie eine Panzerung schützten und den folgenden Schlag für mich besonders schmerzhaft machten.

Unter dem harten Stein spürte ich meine Rippen brechen. Namato schleuderte mich gegen einen zwei Meter großen Felsbrocken, wo ich mit schmerzenden Gliedern liegen blieb. Ich würgte hustend das Blut hervor, das sich durch die inneren Verletzungen in meinem Magen gesammelt hatte. Eine warme Flüssigkeit rann über meine Stirn und verklebte meine Haare.
 

Für einen Moment glaubte ich, dies sei mein Ende. Namato würde mich töten. Eigentlich konnte ich fast glücklich sein, dass sein Gesicht das Letzte war, was ich in meinem Leben sah. Eigentlich.

Doch mein ehemals bester Freund schlug nicht zu.

Blut rann mir aus einer Kopfwunde über die Augen, ich blinzelte und sah mühsam zu ihm auf. Er schien das Jutsu aufgelöst zu haben und die steinerne Panzerung bröckelte von seinem Arm ab. Er sah mich wütend, verzweifelt, traurig aber auch - und das war das Schlimmste - enttäuscht an.
 

„Warum... Hast du das gemacht, Deidara? Warum willst du unbedingt gehen? Wieso kämpfst du gegen uns?", fragte Namato mit zitternder Stimme.

Ungläubig starrte ich ihn an. Wen interessierte denn der Grund? Ich hatte es getan, warum war doch egal. Wieso tötete er mich nicht? Ich würde es ihm vermutlich nicht einmal übel nehmen. Dass ihn mein Tun so sehr verletzte, dass er mich nicht einmal mehr uneingeschränkt hassen konnte, hätte ich nicht erwartet. Bedeutete ich ihm doch mehr, als ich bisher angenommen hatte?

„Es war ohnehin nur eine Frage der Zeit, un. Die ANBU haben herausgefunden, dass ich Aufträge von außerhalb angenommen habe", antwortete ich ihm monoton.

„Aber warum? Warum hast du uns alle so verraten!?"

"Verraten!? Verraten kann man nur jemanden, der einem vertraut! Wer hat mir schon über den Weg getraut, un!? Ich war doch immer nur der Freak, den alle komisch beäugt haben!", erwiderte ich bitter.

Namato zuckte zurück. „Ich habe dir vertraut.“

„…ja…“, gab ich zu, ohne ihn anzusehen, „deswegen lebst du ja auch noch.“ Ich wusste, diese Worte waren unglaublich hart und verletzten ihn. Doch lieber wollte ich von ihm gehasst werden, als ihn töten zu müssen

„Also wenn du nicht genug Mut hast mich zu töten und deine Freunde zu retten, dann verschwinde jetzt, un!“
 

Es tat mir in der Seele weh, diese Worte sagen zu müssen, aber noch mehr schmerzte mich der zutiefst getroffene Ausdruck auf Namatos Gesicht. Der Schwarhaarige senkte den Blick kurz, ballte die Hände zu Fäusten und versuchte vergeblich, das Zittern seines Körpers zu unterdrücken. Und als ich die erste Träne über sein Gesicht rinnen sah, glaubte ich selbst vor Schmerz innerlich zu explodieren.
 

„Du hast Recht, vielleicht sollte ich dich wirklich töten. Ich hätte jedes Recht dazu! Du aber hattest überhaupt keinen Grund, all diese Menschen zu töten! Mir gefällt es nicht, dass du Iwa verlassen wolltest, aber wenn du es schon tun musstest, warum hast du vorher noch so vielen Unschuldigen Leid angetan? Weißt du überhaupt, was du angerichtet hast!? Hast du die Kinder gesehen, die verzweifelt nach ihren Müttern riefen, hast du die Frauen an den Gräber ihrer Männer weinen sehen, deren Tod du zu verschulden hast? Hast du überhaupt daran gedacht, wie viele Familien du auseinander reißt, mit einer einzigen Zündung, nur veranlasst, damit du dich aus dem Staub machen konntest!?“

Nun endlich glaubte ich einen Funken Hass hinter dem Zorn und der Enttäuschung in seinen Augen erkennen zu können. Das allein war mir diese Opfer wert gewesen. Sie bedeuteten nichts.
 

„Iwa liegt mir nicht am Herzen. Erwarte von mir kein Mitgefühl für die Leute, die mir ewig fremd und verschlossen blieben. Sie hatten lange grundlos Angst vor mir, denn ich stand auf ihrer Seite, un. Nun haben sie eben das Recht dazu erlangt“, erwiderte ich und zwang mich zu einem gehässigem Lächeln, welches eher zu einer Grimasse wurde.

„Du hast nun mal einen merkwürdigen Kampfstil, das macht einigen Angst…“

Ich schüttelte den Kopf. „Sie verstehen es nicht, un. Verstehen nicht das ganze Ausmaß meiner Kunst…! Auch für dich bin ich doch nur ein skrupelloser Mörder, ein Wahnsinniger gewesen, der seine Opfer auf grausame Weise in die Luft gesprengt hat…“ Unter großer Kraftanstrengung stemmte ich mich hoch, wobei ich unauffällig eine Hand in meine Lehmtasche gleiten ließ.

„Du hattest Recht, aber es hat trotzdem weh getan... un.“
 

„Was ist nur aus dir geworden? Früher warst du anders…“, sagte Namato traurig, „Früher warst du ein ganz normaler Junge, ein toller Freund.“

Ich sah dem Schwarzhaarigen ins Gesicht und mir kam der Gedanke, dass es eigentlich egal war, was ich ihm jetzt sagte. Entweder würde er mich töten, dann wäre ohnehin alles ohne Bedeutung für mich, oder ich könnte noch fliehen und kehrte nie wieder nach Iwa zurück. So oder so war es das letzte Mal, dass ich meinen besten Freund sah.
 

„Namato, ich war nie normal, un. Ich habe mich immer von den Anderen abgehoben, hast du das nicht gemerkt? Erst als ich begann, Kibaku Nendo zu trainieren, wurde es extrem. Aber schon davor… Mein ganzes Denken ist anders als eures. Für mich ist der Tod nichts Schlimmes und es machte mir nie etwas aus, zu Töten, un. Ich konnte es nicht leiden, Missionen bis ins kleinste Detail zu planen, wie es alle anderen Ninja machen. Alleingänge sind meine Spezialitäten, un. Niemand hat erkannt, was für ein Potential ich hatte, dass ich einfach nur anders und nicht schlechter war, un.“

Meine Hand hatte inzwischen zwei kleine Figuren geformt. Es wurde Zeit, die letzte Bombe hochgehen zu lassen.
 

„Du warst vielleicht der Einzige, der das in mir gesehen hat, auch wenn du es nicht gut geheißen hast. Aber das Wichtigste hast du nie mitbekommen, un.“

Namato runzelte die Stirn. „Was meinst du?“

„Du hast nicht bemerkt… dass du für mich niemals ein Freund warst, un“, erwiderte ich und fügte leiser hinzu: „Ich habe dich geliebt.“
 

„Du hast was?!“

„Habe, und tue es noch immer. Ich weiß, dass es unsinnig ist und dass ich nie eine Chance hatte du könntest in mir mehr sehen… Aber jedes freundliche Wort von dir hat mir weh getan. Ich litt, wann immer ich in deiner Nähe war. All meine stummen Schreie hast du nicht gehört. Hast mein Verhalten für normal gehalten, in deinem Maßstab, der nur für mich galt. Ich war der Freak, der Sonderling, der dich gleichzeitig hasste und liebte.“
 

Das kleine Insekt, dessen weiße Gestalt sich in die Erde eingegraben hatte, hatte sich in Position gebracht. Es war alles bereit. Ich konnte es nicht länger heraus zögern.
 

„Huh“, machte der Schwarzhaarige, als er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte, „dein Gehirn funktioniert wahrlich anders.“ Er schüttelte den Kopf. „Warum sagst du mir das jetzt? Was erwartest du? Dass ich dir schreiend um den Hals falle und dir gestehe, dass ich auch schwul bin und anschließend mit dir durchbrenne? Du weißt, dass das nicht passieren wird.“

„Hm. Eigentlich hatte ich erwartet, dass du kreischend davon läufst“, meinte ich, froh diese Situation, die ich mir so oft völlig anders vorgestellt hatte, mit einem Anflug von Galgenhumor überspielen zu können. „Dann bräuchte ich dich nicht anzugreifen. Aber…“ Ich hob meine Hand und formte mein Fingerzeichen. Namatos Augen weiteten sich erschrocken, als er begriff, was ich vor hatte.

„Aber das lässt sich wohl jetzt nicht mehr verhindern, un.“

Der Schwarzhaarige wich zurück.

Ich schloss die Augen und flüsterte: „Art is… a BANG!“
 

Die Bombe, die ich in der Erde vergraben hatte, war zwar nur klein, aber ich hatte eine große Menge Chakra in ihr konzentriert. Ihre Explosion schleuderte Namato und mich voneinander fort. Ich stöhnte vor Schmerz auf. Noch während mich die Wucht durch die Luft wirbeln ließ, ließ ich die zweite Skulptur fallen und pumpte sie mit meinem Chakra auf. Die große weiße Eule, die ich so erschaffen hatte, fing mich sicher auf.

Ich presste meine Hand auf die Wunde an meiner Seite. Mein ganzer Körper fühlte sich völlig zerschlagen an. Aber wenigstens konnte ich jetzt endlich fliehen.
 

Doch plötzlich ging ein Ruck durch den Vogel. Ich wandte mich um und sah mit Erschrecken, dass sich Namato an eines der Beine der Skulptur klammerte. Er musste von einem der Bäume herauf gesprungen sein.

In mir kämpfte die Verzweiflung, dass er mich immer noch nicht durchließ, mit der Erleichterung, dass ihm die Explosion wie geplant keine allzu großen Schäden angerichtet hatte.
 

„Deidara“, sagte der Schwarzhaarige mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht. Oder war es Hass?

„Ich kann dich nicht entkommen lassen!“

Ich antwortete ihm nicht. Stattdessen sandte ich eine kleine Menge Chakra in den Vogel, der daraufhin versuchte, die Last abzuschütteln, während er kleine Kreise über dem Wald zog.

„Warum nicht?“, fragte ich schließlich doch. „Mir geht es doch nicht darum, Iwagakure zu verraten, un. Ich will einfach nicht länger dort leben.“

„Du hast so viele Menschen getötet“, kam es von unten, „ich kann nicht zulassen, dass es noch mehr werden!“ Mit diesen Worten schwang er sich hoch und landete mit einem Salto hinter mir.

Dass er noch so viel Kraft hatte, hatte ich nicht erwartet und wurde von der Aktion überrascht. Ich selbst konnte mich kaum noch bewegen, die Schmerzen fesselten mich an den Boden.
 

Namato zog ein Kunai und schloss für einen Moment die Augen.

„Verzeih mir, Deidara.“

Dann stürmte er los. Ich hatte gerade noch genug Zeit, ebenfalls ein Kunai zu ziehen und den Hieb zu parieren. Mit letzter Kraft verpasste ich meinem Freund einen kräftigen Stoß, sodass er von dem Vogel herunter fiel. Ob nun verletzt oder nicht, es war wahrscheinlich, dass er diesen Sturz nicht überlebte.
 

„Du bist unaufmerksam, Deidara.“, ertönte es hinter mir.

Ich erstarrte für einen Sekundenbruchteil, dann drehte ich mich um. Mir kam es vor, als erlebte ich alles in Zeitlupe, doch in Wirklichkeit sorgte mein jahrelanges Training für eine reflexartige Reaktion. Das Kunai, das ich noch immer in der Hand hielt, beschrieb einen blitzenden Kreis und bohrte sich in die Brust des Ninja hinter mir. Im gleichen Moment hörte ich, wie der Doppelgänger unten verpuffte.
 

Namato starrte mich mit geweiteten Augen an. Seine rechte Hand, die erneut von Steinen und Sand geschützt wurde, war zum Schlag erhoben, aber er bewegte sich nicht. Ein Blutrinnsal rann aus seinem Mundwinkel.

„N-Namato“, brachte ich hervor.

Entsetzt riss ich die Klinge aus seinem Leib. Kein Laut des Schmerzes drang über seine Lippen. Ich hatte sein Herz getroffen.

„Namato!“, rief ich erneut, als der Körper mir entgegen fiel. Sein Blut floss über den weißen Ton ab. Seine Augen wurden glasig.

„Nein, un…“, murmelte ich und starrte entsetzt auf meine Hände, die sein Blut beschmutzt hatten.

„Was habe ich getan…?“
 

~Flashback Ende~
 

Deidara hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Obwohl er geglaubt hatte, mit all dem längst abgeschlossen zu haben, war es sehr schwierig für ihn gewesen, das alles noch einmal an die Oberfläche zu bringen. Er wagte es kaum aufzuschauen und Sasori ins Gesicht zu sehen. Seine Gleichgültigkeit könnte er nicht ertragen. Wie er einfach nur dasaß und an seinen Puppen schnitzte, während er selbst ihm hier die schrecklichsten Ereignisse seiner Lebensgeschichte offenbarte. Was interessierte es ihn?
 

„Deidara…“, hörte er Sasori mit merkwürdig rauer Stimme sagen. Der Angesprochene sah nun doch auf.

Der Rothaarige wirkte seltsam aufgewühlt, als hätte man einen kleinen Stein in einen sonst so ruhigen, spiegelglatten See geworfen. Obwohl er kaum Mimik zeigte, konnte man doch, mit etwas Fantasie, Gefühle wie Trauer, Mitleid, Verzweiflung und Verständnis in seinen Augen erkennen. Jedoch wollten diese Emotionen nicht recht in sein Gesicht passen, als wären sie dort Fremdkörper und vergeblich auf der Suche nach einer Stelle, von wo aus sie in Ruhe vor sich hin existieren konnten.

Niemals hatte der Iwa-nin sich mehr zu ihm hingezogen gefühlt wie in diesem Augenblick. Denn auch wenn sein Danna selbst sich nicht wirklich im Klaren darüber zu sein schien, wie verändert er in diesem Augenblick auf seinen Partner wirkte, so war dieser doch von Herzen dankbar, dass Sasori sich nicht die Mühe machte, diese kleine Anteilnahme vor ihm zu verbergen, was er mit Sicherheit gekonnt hätte.

Hätte der Blonde noch Tränen gehabt, er hätte sich nicht geschämt, sie jetzt vor ihm zu vergießen.
 

Der Akasuna hob die Hand und legte sie auf Deidaras Schulter. Während der Iwa-nin sich noch fragte, was diese Geste zu bedeuten hatte, zog der Rothaarige ihn mit einem Ruck zu sich heran, sodass der völlig überrumpelte Explosionsfanatiker auf einmal mit dem Kopf an seine Brust gelehnt saß.

Es war eine gänzlich bizarre Situation, nicht nur, weil er solch eine Handlung nie von seinem Danna erwartet hätte, sondern auch, weil dieser doch ein Stück kleiner war als er und auch zunehmend jünger wirkte. Zudem wirkte der Suna-nin selbst ziemlich unbeholfen.
 

„Ist schon okay“, sagte er leise und drückte Deidara noch ein wenig näher an sich, „es ist okay.“

Der Blonde sah leicht ungläubig über die Schulter seines Meisters, der unbewegt an die gegenüberliegende Wand starrte. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass Sasori ihn versuchte zu trösten – darin aber vollkommen unerfahren war. Doch allein, dass er es versuchte, freute Deidara sehr. Es erfüllte ihn mit einer Art inneren Frieden.

Obwohl er nicht erwartet hatte, dass Sasori irgendeine Art von Missbilligung zeigte, weil er seinen besten Freund, der für ihn immer mehr gewesen war, umgebracht hatte, war es schön, dies bestätigt zu sehen.
 

Langsam entspannte sich der Explosionsfanatiker und war einfach nur froh, jemanden zu haben, der seine Lage verstand und vor dem er sich für nichts schämen musste. Sasoris Geste hatte die, über die Jahre langsam verblassende Narbe des Verlustes mit einem Mal völlig verschwinden lassen. Und obwohl der Blonde wusste, dass dies eine einmalige Situation war und die Zuneigung des Akasuna die jetzige, zeitweilige Verbundenheit nicht überschreiten würde, gab er sich für einen Moment der Vollkommenheit dieses Augenblicks ganz hin.
 

Als das Schweigen dann jedoch eine ganze Weile anhielt, wurde es doch ein wenig peinlich und Deidara löste sich, ein wenig verlegen, von seinem Danna. Über dessen Gesicht huschte kurz ein Lächeln, welches eine zufriedene Wärme in dem Blonden hervorrief.

„Sasori no Danna, un?“, fragte der Iwa-nin dann leise.

„Hm?“

„Wie… Wie war das bei Euch, un? Warum habt Ihr euer Dorf verlassen?“

Sasori sah an ihm vorbei hinaus in den Regen, als erinnerte er sich an diese Zeit.

„Aus demselben Grund wie du“, erwiderte er dann nur.

„Ihr habt eure Eltern umgebracht, Aufträge von schmutzigen Verbrechern entgegen genommen, seid daraufhin vor den ANBU geflohen und habt euren Abgang damit gekrönt, dass Ihr eure damals große Liebe umgebracht habt?“, sagte Deidara zweifelnd.

Der Rothaarige sah ihn tadelnd an. „Nein. Meine Fachkompetenz auf meinem Gebiet hat anderen Angst gemacht, mir wurde Unverständnis und Furcht statt Anerkennung und Dankbarkeit entgegengebracht und eine besondere Demonstration meiner Kunst machte es mir unmöglich, in mein Heimatdorf zurückzukehren…“
 

„Aha…“, machte der Explosionsfanatiker und verschränkte etwas unzufrieden die Arme.

„Und wie seid Ihr ausgerechnet auf das Marionettenspiel gekommen?“

„Seit Generationen wurde diese Kunst in meiner Familie gelehrt.“

Schon wieder so eine einsilbige Antwort. Da steckte doch bestimmt mehr dahinter!

„Und darin wart Ihr besonders gut, un?“, sagte der Blonde, um ihn ein wenig aus der Reserve zu locken.

Sasori runzelte über den fragenden Ton die Stirn: „Ich war der Erschaffer einer vollkommen neuen Serie an Marionetten… Ich habe das Puppenspiel in eine neue Dimension erhoben. Ich war nicht einfach nur gut. Ich war genial.“

Aus jedem anderen Mund hätten sich diese Worte überheblich und arrogant angehört, doch bei dem Suna-nin klang es wie eine Feststellung, eine Tatsache. Und tatsächlich zweifelte Deidara keine Sekunde lang daran, dass es der Wahrheit entsprach. Und das nicht nur, weil er diese Wahrheit bereits am eigenem Leib erfahren hatte.
 

„Ich nehme an, diese Dimension hat den Ninja aus Ihrem Dorf nicht gefallen, un?“

„Theoretisch schon. Praktisch nicht.“

„Was soll das heißen, un?“, wollte Deidara wissen. Langsam hatte er es satt, dem Rothaarigen jeden Wurm einzeln aus der Nase zu ziehen. Schließlich hatte er selbst ihm in allen Einzelheiten seine Lebensgeschichte geschildert, da konnte er doch zumindest etwas ähnliches von seinem Danna erwarten, oder?
 

„Meine Puppen waren um einiges effektiver. Zunächst gab es in diesem Zweig der Ninjakünste einen großen Aufschwung. Doch ich verfeinerte die Technik noch weiter und schuf schließlich die Menschenpuppen. Moralisch war das mit den Vorstellungen der Suna-nin nicht zu vereinbaren. Hinzu kam, dass ich der Einzige war, der sie herstellen und richtig bedienen konnte. Ich wurde ihnen zu mächtig und so verboten sie mir, meine Kunst weiter auszuführen“, erklärte Sasori, als wolle er seine Erklärung möglichst schnell hinter sich bringen, ohne etwas Wichtiges oder überraschend Neues über sich preiszugeben. Das fand Deidara unfair.
 

„Aber Ihr habt trotz dem Verbots heimlich weiter gemacht, un.“

„Selbstverständlich. Doch man gab mir zu wenige Missionen, die schwer genug waren, dass sie eine Herausforderung für mich gewesen wären und ich von diesen Puppen hätte Gebrauch machen müssen“, erzählte der Marionettenspieler weiter.

„Aber… Ihr wart doch noch recht jung, als Ihr Nuke-nin wurdet, un“, meinte der Explosionsfanatiker vorsichtig. „Ist es da nicht klar, dass Ihr zu Anfang noch leichte Aufträge bekommt?“
 

Sasori schüttelte den Kopf. „Das Puppenspiel war eine Art Hobby. Dass ich es zum Kampf verwendete, hat sich mehr oder weniger so ergeben. Ich habe mich nie groß für Ninjaränge interessiert, aber ich wollte meine Kunst den anderen vorstellen. Genau das aber blieb mir verwehrt. Die Suna-nin mussten mich unbedingt in eine ihrer Schubladen drängen. Sie haben nicht gesehen, dass ich nicht in ihr Schema passte.“ Leiser fügte er hinzu: „Das müsstest du am besten verstehen.“

Deidara nickte langsam, denn er verstand es tatsächlich. Sasori war ein Genie und ein exzellenter Ninja gewesen und dennoch hatte man ihm wohl damals typische Ge-nin Missionen zugeteilt, die einfach unter seiner Würde waren. Der Explosionsfanatiker konnte sich den Anderen unmöglich vorstellen, wie er entlaufende Katzen einfing oder Kinder hütete. Das war wirklich zu grausam.
 

„Was ist mit Euren Eltern, un?“, wollte Deidara wissen. Sasori hatte sie nie erwähnt. „Waren sie auch Marionettenspieler?“

„Meine Eltern waren Ninja, hatten aber diesbezüglich soweit ich weiß kein Talent. Sie sind auf einer Mission gestorben“, war die knappe Antwort.

Der Blonde schwieg kurz und sah seinen Meister von der Seite an. „Habt Ihr sie vermisst?“, wagte er dann zu fragen.
 

„Natürlich. Ich war erst vier oder fünf Jahre alt. Meine Großmutter, Chiyo, die sich von da an um mich kümmerte, erzählte mir zwar immer, dass sie zurückkommen würden, aber ich durchschaute ihre Lüge schnell. Um mich abzulenken, brachte sie mir das Puppenspiel bei.“ Dies sagte er mit einer so ruhigen, gleichgültigen Stimme, dass Deidara sich fast sicher war, dass er nun endlich einen Punkt getroffen hatte, an dem er ansetzen konnte. Dies war etwas, über das Sasori nicht gern redete und was er hinter seiner scheinbaren Gefühlslosigkeit verstecken wollte. Es war genau das, was er erfahren wollte.
 

„Es ist ungewöhnlich, einem Kind schon in so jungen Jahren eine so gefährliche Kampftaktik beizubringen, un. Ihr müsst Eurer Großmutter viel bedeutet haben, wenn sie soweit ging, euch vor dem Verlust zu bewahren.“

„Sie hätte es ohnehin getan, auf die paar Jahre kam es ihr nicht an. Obwohl sie letztendlich wohl doch entscheidend waren“, meinte der Rothaarige und schien nun selbst darüber nachzudenken.

„Wie meint Ihr das, no Danna, un?“

„Dadurch, dass ich jede freie Minute in der Werkstatt verbrachte und das Marionettenspiel so früh erlernte, hatte ich mein Chakra schon früh bestens unter Kontrolle. Auf der Akademie und während meiner Zeit als Ge-nin und Chu-nin waren all die neuen Jutsus ein Kinderspiel für mich. Ein Grund, warum ich allen meiner Altersklasse immer einen Schritt voraus war.“
 

Auch darüber dachte Deidara nach, wenn auch stets mit dem Hintergedanken, wie er noch mehr aus seinem Partner herauspressen konnte. Schließlich hatte er eine Idee: Er würde das Thema ansprechen, welches Sasori bisher immer zum Reden bewogen hatte.

„Wann seid Ihr eigentlich zu der Ansicht gelangt, Kunst sei etwas, das für die Ewigkeit wärt, un?“

„Das ist keine Ansicht, das ist eine Tatsache… Jedem halbwegs intelligentem Wesen wird das klar, wenn es sich darüber Gedanken macht“, erwiderte Sasori kühl.

„Aber eigentlich – ohne Euch zu nahe treten zu wollen, Sasori no Danna – ist es doch Unsinn. Alles was wirklich schön ist, was den Menschen jemals wichtig war, ist vergänglich und nicht mehr existent. Gerade deswegen gibt es so viel Leid und Hass auf der Welt, un.“

„Und genau das ist dein Denkfehler, Deidara“, antwortete der Rothaarige. „Nur die wenigsten Menschen können wahre Kunst hervorbringen. Diese liegt nämlich darin, dass wenige Schöne, das es noch auf dieser Welt gibt, zu verewigen, damit man sich immer wieder daran erfreuen kann und diese Dinge dabei noch zu verbessern. An meine einzigartigen Künste wird man sich noch in vielen Jahren erinnern… Deine Explosionen aber sind eine wie die andere. Sie sind nicht nur kurzweilig, sondern wiederholen sich auch ständig, ohne sich voneinander abzuheben.“
 

Deidara schluckte eine bissige Bemerkung hinunter. „Ihr meint also, man sollte alles Schöne was es noch gibt, erhalten, un. Ich meine, dass man schöne Dinge neu erschaffen und sich im Augenblick ihres Daseins daran erfreuen sollte. Ich lebe für das Hier und Jetzt, Ihr für die Zukunft, un.“

Sasori nickte. „Eine treffende Beschreibung. Du denkst nie weiter als bis zur nächsten Mahlzeit, lebst in den Augenblick hinein und rettest dich stets nur durch Improvisation.“

„Und Ihr plant ewig alles im Voraus, bringt eure Gegner ohne Ausnahme um und verhindert damit, dass jemand von eurer so genannten Kunst berichten kann, un. Ihr bemüht euch um keine Freude an eurem Dasein und lebt nur noch vor euch hin. Eure Existenz ist sinnlos, denn wer stets nur an die Zukunft denkt, wird nie an seinem Ziel ankommen, un.“

Sasori verengte die Augen zu Schlitzen. „So wie du lebst, bist du bald tot.“

Deidara erwiderte den Blick herausfordernd. „So wie ihr lebt, seid ihr bereits tot.“
 

Die beiden Nuke-nin starrten sich etwa drei Minuten lang unverwandt an und schienen sich mit ihren Blicken erdolchen zu wollen. Von der Verbundenheit, die beide noch vor einigen Augenblicken verspürt hatten, lag nichts mehr in der Luft. Beide Ninja fühlten sich von den harten Worten des jeweils anderen getroffen, wollten dies jedoch um keinen Preis zugeben.
 

Schließlich schüttelte Sasori den Kopf. „Nichts täte ich jetzt lieber als dich für deine Unverfrorenheit zu strafen, aber ich fürchte, es würde nicht wirklich etwas bringen. In diesem Punkt sind wir wohl beide unnachgiebig. Lassen wir das Thema ruhen.“

Freudig überrascht stimmte Deidara zu. Es war ungewöhnlich für den Suna-nin, ihn so einfach davon kommen zu lassen. Woran das wohl lag? Vielleicht an dieser einzigartigen Atmosphäre, die sich hier in der Höhle aufgebaut hatte? Nie hatte er sich Sasori seelisch so nah gefühlt als jetzt, wo dieser seine Geschichte kannte und auch er im Begriff war, mehr über ihn zu erfahren. Auch den Puppenspieler schien das nicht kalt zu lassen.
 

„Ihr müsst aber zugeben, dass Eure Ansicht von Kunst doch nicht die der Mehrheit ist. Es muss einen Grund haben, wie Ihr dazu gekommen seid, un“, griff der Blonde den Faden wieder auf und kehrte zum eigentlichen Thema zurück.

„Nein, da gab es keinen bestimmten Grund. Aber…“

„Aber?“

„Aber diese Idee, die später fast zu einer Art Lebenseinstellung wurde, kam mir ziemlich plötzlich. Damals, als ich meine ersten beiden Puppen fertig hatte.“

„Was passierte da, un?“, fragte Deidara gespannt.“
 

Sasori runzelte die Stirn, als versuche er sich daran zu erinnern. Dann sagte er leise: „Die… Die Fäden rissen.“

„Hä? Die Fäden rissen?“ Was hatte das nun wieder zu bedeuten?

„Ja. Sie… rissen einfach ab.“ Der Akasuna hatte seine Aufmerksamkeit wieder dem Regen zugewandt und ein seltsam verständnisloser Ausdruck lag in seinem Blick. Ein dunkler Schatten lag über seinen trüben Augen. „Das war der Moment, in dem mich die Erkenntnis traf.“

„Welche Erkenntnis?“, fraget Deidara atemlos, der genau spürte, dass er kurz vor dem Ziel war.
 

Langsam wandte sein Danna sich ihm zu und sah ihn an. Was auch immer das für eine Erinnerung war, sie schien ihn damals für immer verändert zu haben. Wären die Fäden nicht gerissen – was auch immer das bedeuten mochte – wäre Sasori vielleicht kein Nuke-nin, kein Verräter und Mörder geworden. Er hätte eine ordentliche Kindheit gehabt, sich nicht so sehr in die Herstellung seiner Puppen vertieft und sich vielleicht nie der Akatsuki Organisation angeschlossen.

„Du kennst sie bereits, Deidara. Denn ich lebe immer noch danach. Es war die Erkenntnis, dass man jeden Menschen durch eine Marionette ersetzen kann.“
 

Die Miene des Iwa-nin verdüsterte sich. Natürlich. Diesen Lebensgrundsatz seines Partners hatte er ja fast vergessen.

„Ich verstehe ja, dass die Ninja in Eurem Team auf Euch ziemlich unfähig gewirkt haben, un. Aber jeder?“

Sasori schüttelte den Kopf. „Ich meine nicht nur die Fähigkeiten im Kampf. Sicher, eine Menschenpuppe kann auch die Jutsus ausführen, die sie zu Lebzeiten konnte, aber das ist es nicht.“

„Sondern?“

Der Rothaarige sah nicht so aus, als ob er darüber gerne sprechen würde, doch gerade deswegen wollte Deidara es hören.

„Nun, ich habe nicht nur Marionetten aus den Personen gemacht, die besonders stark waren.“ Er zuckte mit den Schultern, als wäre es etwas Belangloses, als er sagte: „Da waren ja auch noch meine Eltern.“
 

„Eu-Eure Eltern!?“, rief der Iwa-nin aus und sprang auf. „Soll das etwa heißen, ihr habt eure Eltern getötet und sie zu Puppen umgebaut, un?“ Deidara starrte ihn mit einem doch recht abgestoßenem Blick an. Er hatte nicht erwartet, dass der Andere ähnlich wie Itachi, seine Familie vorsätzlich umgebracht hatte. Das war etwas Anderes als ein Unfall oder Notwehr. Das war Mord. Die einzige Art von Mord, die der Blonde nicht guthieß.
 

Sasori sah ihn nicht an. Er tat, als fände er die knisternden Bewegungen des Feuers furchtbar interessant.

Dann aber erhob er sich und seufzte leise. „Nein, ich habe sie nicht getötet. Hast du nicht zugehört? Sie haben einfach eine der Missionen nicht überlebt“, erwiderte er und schritt zum Eingang der Höhle. Sein Blick schweifte herum, als würde er etwas suchen.
 

„Aber... was meint Ihr denn damit, un?“, fragte Deidara nun etwas leiser.

Sasori lehnte sich, aus einem unempfindlichen Grunde erschöpft, gegen den Höhleneingang.

„Ich war fünf, als meine Großmutter, Chiyo, mich zum ersten Mal in die Puppenwerkstatt der Familie mitnahm“, erzählte er. „Damals war es erst einige Wochen her, dass die Nachricht vom Tod meiner Eltern eintraf. Doch sie verschwieg mir dies hat mich belogen und behauptet, sie kämen wieder zurück. Sie war zu schwach, es mir ins Gesicht zu sagen. Natürlich fand ich es dennoch heraus. In dieser Zeit habe ich mich immer merkwürdig leer gefühlt. Um diese Leere zu füllen, stürzte ich mich in die Arbeit. Und irgendwann waren dann meine ersten beiden Puppen fertig. Ich hatte sie der Gestalt meiner Mutter und meines Vaters nachempfunden.“
 

~Flashback~
 

Endlich konnte ich auch diese Technik anwenden, die Chiyo mir gezeigt hatte. Meine Puppen waren wirklich gut gelungen. Wenn ich die Augen zusammenkniff und das Licht ein wenig dämpfte, konnte ich sie tatsächlich für meine Eltern halten.

Die Chakrafäden aus meinen Fingern verbanden sich mit den Marionetten. Ein leichtes Lächeln lag auf meinen Lippen, als ich sie zu mir kommen ließ. Es funktionierte!

Die hölzernen Kampfpuppen kamen näher. Sie standen jetzt links und rechts von mir und streckten ihre Arme nach mir aus. Doch ich hatte keine Angst vor den versteckten Messern und Fallen in ihren künstlichen Körpern. Sie würden mir nichts tun. Genau wie meine Eltern mir nichts tun würden.
 

Ihre Hände knarrten, als sie nach mir griffen. Ich kreuzte meine Arme und die Marionetten umfassten mich. Der Geruch meiner Eltern umhüllte mich, denn ich hatte den Puppen ihre Kleider angezogen. Ihre Umarmung war warm und weich, wie die meiner leiblichen Eltern. Es war ein wunderbares Gefühl, das mich mit Frieden und Glück erfüllte.

Und dann rissen die Fäden ab.
 

Die Puppen ließen mich los. Ihre Glieder knarrten, als sie kurz schwankend verharrten und dann wie starre Bretter zu Boden fielen. Für einen Moment sahen meine weit aufgerissenen Augen winzige Holzsplitter durch die Luft fliegen.
 

Es war mein Fehler gewesen. Meine Chakrakontrolle war noch nicht perfekt und ich hatte das Jutsu einfach nicht mehr aufrechterhalten können.
 

Meine Eltern rührten sich nicht mehr.

Leblos starrten ihre falschen Augen zu mir hoch.

Mutter und Vater waren tot.
 

Ich starrte auf die hölzernen Körper hinunter, doch eigentlich sah ich sie gar nicht. Mein Kopf war wieder leer, es fiel mir schwer, einen Gedanken zu fassen. Gleichzeitig spürte ich einen tiefsitzenden Schmerz in meiner Brust, genau wie damals, als ich erkannt hatte, dass Chiyo mich belogen hatte. Dass meine Eltern nie zurückkehren würden.
 

In der Umarmung der Marionetten hatten mich wieder alle Gefühle, die ich für meine Eltern gehegt hatte, übermannt. Sicherheit, Frieden, Geborgenheit, Liebe. Und als sie zu Boden stürzten, hatten sich die Empfindungen ins Gegenteil gewandt, genau wie zu der Zeit, als ich begriffen hatte, dass mich meine Mutter und mein Vater niemals mehr umarmen würden.

Dumpfer Schmerz, Fassungslosigkeit, Trauer, Angst. Und eine tiefsitzende, schmerzvolle Hilflosigkeit. Ich empfand genau wie damals.

Meine Gefühle für die Marionetten, seien sie positiv oder negativ, waren dieselben wie für meine Eltern.
 

Das war der Moment, in dem ich begriff. Ich brauchte meine Eltern nicht. Es war nicht schlimm, dass sie gestorben waren. Ich hatte ja meine Puppen. Sie konnten mich genauso beschützen, konnten mir das Gefühl von Geborgenheit geben. Ihr Verlust war genauso schmerzhaft. Ich konnte Mutter und Vater durch hölzerne Puppen ersetzen. Das Ergebnis war das Gleiche. Doch die Marionetten ließen sich reparieren.
 

Doch die Erkenntnis, dass ich meine Eltern nicht ganz verloren hatte, sie niemals mehr ganz verlieren würde, erfüllte mich nicht mit Freude. Es widersprach allem, was mir je erzählt worden war. Einen Menschen konnte man nicht so einfach durch einen leblosen Gegenstand ersetzen. Hatte ich geglaubt. Nun zeigte sich mir das Gegenteil. Wie konnte das sein? Wie konnte es so einfach sein? War ein Menschenleben so wenig wert, dass man es tatsächlich durch einen Haufen Holz ersetzen konnte? Das konnte doch nicht sein! Das wollte ich nicht glauben.
 

Ich senkte den Kopf. Mein Körper bebte.

Mit diesen Marionetten hatte ich mir sehr viel Mühe gegeben. Dennoch waren auch sie ersetzbar. Sollten sie zerstört werden, könnte ich einfach neue bauen. Aber dazu verspürte ich gerade überhaupt keine Lust. Und würde es wohl auch nie wieder tun. Es erschien mir sinnlos. Alles war auf einmal sinnlos. Was waren menschliche Bindungen jetzt noch wert, wenn sie durch Chakrafäden ersetzt werden konnten? Nichts. Meine Eltern, meine Großmutter, die Dorfbewohner und auch ich selbst: Unsere Existenz war nicht von Bedeutung.
 

Der Wert eines Menschen wurde dadurch bestimmt, wie hoch er von anderen Leuten geschätzt wurde. Doch eine Puppe erhielt sowohl große Kampffertigkeiten, als auch die Fähigkeit, bestimmte Gefühle in den Menschen hervorzurufen. Damit konnten sie genauso hoch geschätzt werden wie der Mensch selbst. Vielleicht sogar höher. Immerhin, wurden Kampfpuppen nicht deshalb gebaut, weil sie stärker als andere Ninja waren?
 

Meine Eltern waren so selten bei mir gewesen, doch diese Marionetten würde ich jetzt immer bei mir haben können, wenn ich wollte und das Jutsu richtig beherrschte. Ich brauchte keine Menschen mehr. Menschen konnten mich verletzen. Meine Puppen taten dies nicht. Jedenfalls nicht, wenn ich sie richtig lenkte, instand hielt und dafür sorgte, dass sie nicht zerstört wurden.
 

Ich hatte nicht bemerkt, dass mein Blick kalt geworden war. Auch Chiyo, die vor der Tür stand und mich beobachtete, nahm ich nicht wahr. Es war unwichtig.
 

~Flashback Ende~



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2014-07-20T20:22:31+00:00 20.07.2014 22:22
richtig cooles kapi^^ ich finds einfach klasse wie du schreibst xD einfach gro0e klasse xDD
Von:  shyla-sasori
2010-02-04T00:04:39+00:00 04.02.2010 01:04
armer dei tut mir richtig lei *sniff*

lg shyla-sasori
Von: abgemeldet
2009-09-16T11:40:07+00:00 16.09.2009 13:40
Oi, Deidara ist so schön böse. *schnurr* Der Kampf mit Namato war echt gut, vor allem fand ich prima, dass er ihn auch wirklich getötet hat. Ich hatte ja schon fast Angst, du drückst dich davor. ^^ Aber so passt es echt gut, da merkt man, dass er schon verdientermaßen Nuke-Nin ist. Nicht so ein Softie wie er sonst öfter mal bei anderen rüber kommt. ...
Sasoris Geschichte war ja mal nicht so lang jetzt, aber ich denke da kommt noch eine Menge. Hast du ja schon angedeutet.
Aber mal ehrlich... der gute Sasori hat schon einen Dachschaden. Marionetten ersetzen Menschen? Naja, aber bei der Kindheit, wer hätte da noch normal sein können. ^^° Überhaupt haben alle Akatsukis eine Meise, wenn ich mir das genau überlege... aber sie sind trotzdem toll. =3
Ich bin schon gespannt, wie es weiter geht. Hoffentlich schön böse. :-)
Von: abgemeldet
2009-09-16T07:13:55+00:00 16.09.2009 09:13
Was? Nur noch 2-3 Kapitel? Oh nein, tu mir das nicht an!
Aber du schreibst eine Fortsetzung? Super!! Die musst du dann bitte auch sofort on stellen!
Außerdem find ich es nicht schlimm, dass es keine kitschige Liebesbeziehung wird ^^
Das würde nicht zur Story passen und außerdem wird einem so selbst noch mehr Platz für die eigene Fantasie gelassen :D
Oh man ich kann nur sagen: geniales Kapitel !!
Deidaras vergangenheit fand ich ja schon toll und wie Sasori dann so 'mitfühlend' reagiert hat, hat mich richtig gefreut.
Aber auch die Vergangenheit von Sasori ist dir sehr gut gelungen und dass er das alles so teilnahmslos mitteilt passt echt zu ihm.
Aber richtig toll fand ich ja die Sätze:
>Sasori verengte die Augen zu Schlitzen. „So wie du lebst, bist du bald tot.“
>Deidara erwiderte den Blick herausfordernd. „So wie ihr lebt, seid ihr bereits tot.“

Das hat mich echt berührt! Und ich muss wieder einmal Deidara recht geben!

Oh man aber der arme Sasori tut mir echt leid, mir sind schon ein paar Tränen gekommen. Was er erlebt hat war ja schlimm, aber dass er dann auch noch zu so traurigen Schlüssen kommt ist schon hart.
Ok mit fünf kann man das vielleicht noch denken, weil man seine eltern dann noch nicht so lange kennt und sie wegen Missionen eh oft weg waren. Aber man kann einen Menschen nie durch eine Puppe ersetzen! Sie mag gleich aussehen und Wärme geben aber sie hat doch nicht mehr den Charackter der Person und reden kann sie auch nicht mehr und gerade das unterscheidet die Leute doch, so mögen Sasoris Puppen alle anders aussehen aber zwischenmenschlich können sie alle nur dasselbe.
Und auch wenn er von Dei oft genervt ist und ihn gerne zur Puppe machen würde, würde ihm in dem Moment sein Charakter und seine Ansicht über Kunst fehlen, weil man Sachen die einen eigentlich nerven aber an die man gewohnt ist nämlich vermisst, wenn sie nicht mehr da sind.

Hach ich LIEBE dieses Kapitel und will unbedingt bald weiterlesen!
GLG
Von: abgemeldet
2009-09-15T21:05:26+00:00 15.09.2009 23:05
Ich bin fast in Tränen ausgebrochen, als ich gelesen hab, dass nur noch so wenige Kapitel kommen T.T
Dieses hier war das Beste überhaupt! Endlich zeigt Sasori auch mal normale Gefühle! Er war irgendwie süß^^
Die Beschreibung von Sasos Empfindungen bei den Marionetten war einfach perfekt, besser hätte es keiner gekonnt

Ich freu mich schon aufs nächste :D
Hien


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