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Digimon Memorials

Neuster One-Shot: "Vierzehn Jahre" [Adventure/02 - Memorial Day Special]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Happy Odaiba Memorial, Everyone!

Hier meine kleine Geschichte zum diesjährigen Odaiba Memorial :)
Es ist nur eine "kleine", vorrangig fluffige Geschichte, mit ein wenig Nostalgie ;) Komplett anzeigen

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[Digimon Tamers] Ein anderes Leben

Stichwort: Sammelkarte
 

Ein anderes Leben
 

Sie waren hier.

Er wusste es.

Sie waren hier. In dieser Welt. Überall.

Würden die Menschen doch nicht die Augen verschließen.

Und er selbst? War er auch in dieser Welt? So genau wusste er es nicht mehr zu unterscheiden. Die Grenze der Welten wirkte so verschwommen, so, als wäre sie nicht mehr, als die Oberfläche eines Sees, die man so leicht mit einem Sprung durchbrechen könnte.

Eigentlich schien alles so verschwommen.

Wie lange schon?

Leise drang ein regelmäßiger Piepston durch sein Bewusstsein, schien aber gleichzeitig von so weit herzukommen. Wo war er eigentlich?

Er wusste genau, dass dies wieder einer von jenen Momenten war, die nach ein paar Minuten vorübergehen würden. Er sah sich selbst in dem weißen Krankenhausbett liegen. Ein Anblick, an den er sich in den letzten Jahren gewöhnt hatte. Am Anfang war es seltsam gewesen, doch dann erkannte er, dass es eine gewisse Freiheit bedeutete sich so bewegen zu können.

Doch was brachte ihm diese Freiheit?

Sein Blick wanderte über den unbenutzten Nachttisch neben dem Bett und seinen ohnmächtigen Körper. Das einzige, was auf dem schiebbaren Tisch stand, war ein Bilderrahmen mit einen Foto. Er wusste nicht einmal, wie es dorthin gekommen war, doch es weckte nostalgische Erinnerungen an seine Studienzeit. Die Zeit, als er noch mit Dolphin, Daisy und den anderen in Amerika gewesen war und sie sich zusammen der Entwicklung und Erforschung einer neuen, eigenen Spezies gewidmet hatten.

Sie hatten sie erschaffen. Digitale Monster. Digimon...

Doch dann, es war mittlerweile über zehn Jahre her, kam jene Nacht. Wann war es noch genau gewesen? 1984? 1985?

Er war alleine zum Institut gekommen, um ein wenig an dem Evolutionsprogramm zu arbeiten, von dem Tao und Dolphin nichts hatten wissen wollen. Ein Programm, das dabei bereits einen Teil dieser künstlichen Welt ausmachte. Doch als er am Institut ankam hörte er einen Schrei. Daisys Schrei.

In jener Nacht wurde ihm klar, dass das, was Tao so sehr fürchtete, bereits möglich war. Die Digimon konnten sich materialisieren, konnten in dieser Welt real werden. Ja, vielleicht war es sogar möglich, dass sie zusammen mit den Menschen würden leben können.

Doch so sehr ihn der Gedanke faszinierte, so sehr ängstigte er auch die anderen. Denn diese Lebewesen, zumindest nannte er selbst, Mizuno Gorou, sie so, waren nun einmal darauf programmiert zu kämpfen. Was wäre, wenn sie gegen die Menschen kämpfen würden?

All zu lange jedoch konnten sie sich ohnehin keine Gedanken mehr darüber machen, ehe das Projekt eingestellt worden war.

Und nun...?

Erinnerten sich die anderen überhaupt noch daran? Erinnerten sie sich noch an den Traum, den sie hatten? Den Traum von Kindern, die zusammen mit den Digimon spielten. Kinder, die durch ein Ark Kontakt mit den Digimon hatten.

Das war damals ihre Idee gewesen, doch so ein Ark hatte es nie gegeben.

Was würden sie machen – Dolphin, Daisy, Tao, Curly und Babel – was würden sie sagen, könnten sie wie er jene Welt sehen? Die Welt deren Grundlagen von ihnen selbst geschaffen worden waren. Eine Welt, die im Netzwerk existierte und die sich von ganz alleine weiterentwickelte.

Eine magische Welt...

Mizuno ließ sich auf einem Stuhl nieder. Eine recht unnütze Bewegung, da er ohnehin nur die Vorstellung eines Körpers besaß, während sein Körper weiterhin im Bett liegen blieb.

Wie würde es weitergehen?

Doch da ließ eine Stimme ihn aus seinen trübsinnigen Gedanken aufschrecken. Ein Lachen, das ihm nur zu vertraut war.

„Na, mein Kleiner“, meinte er freundlich, als das Wesen, das seine Geistform offenbar sehen konnte, fröhlich um ihn herumflog. Es war nicht das erste Wesen dieser Art, das er sah, seit er zum ersten Mal jene andere Welt entdeckt hatte, in der sie zu leben schienen. Sie sprachen nicht, konnten aber doch kommunizieren und nannten sich selbst Digignome.

Aufgeregt flog das von innen heraus leuchtende Geschöpf um ihn herum, so als wollte es ihm etwas mitteilen.

„Was hast du denn?“, fragte Mizuno, als das Wesen seine Hand, beziehungsweise den Schatten seiner Hand ergriff und in mit sich zerrte, was es nur konnte, da sein jetziger ‚Körper’ nicht aus realer Materie bestand.

Der Mann begriff, dass der Gnom ihm etwas zeigen wollte, noch bevor dieser ihn durch die Wand auf die Straße vor dem Krankenhaus führte.

Da das Wesen in dieser Welt nicht mit ihm kommunizieren konnte, blieb ihm, um das herauszufinden, wohl nichts anderes übrig als dem Digignom zu folgen. Dabei war es ein Vorteil keinen festen Körper zu haben. Man konnte laufen, während der Körper schon hätte verschnaufen können, man konnte durch Wände gehen und allgemein waren viele Dinge jener anderen Welt ähnlicher.

War deshalb die Grenze für ihn so verschwommen?

Mizuno erkannte die Gegend, in die der Gnom ihn nun gebracht hatte. Das Einkaufs- und Spaßviertel Akihabara mitten in Tokyo. Aufgeregt deutete der kleine Wicht, zu dem sich nun auch noch zwei Artgenossen gesellt hatten, auf den Aushang eines Spielzeugladens.

„Digimon Card Game“, war die Aufschrift.

Eigentlich war das der Grund gewesen, aus dem sie die Digimon entwickelt hatten. Als ein Intelligentes Spiel für Kinder. Tatsächlich musste Mizuno feststellen, dass die neben den Sammelkarten ausgestellten Tamagotchis dem Ark nicht unähnlich waren. Doch die Monster in ihnen besaßen kaum eine künstliche Intelligenz.

Diese Spielzeuge gab es mittlerweile schon seid über einem Jahr, von wem der Konzern die Idee auch immer gekauft hatte. Wahrscheinlich von Dolphin, immerhin hatte er ihr Projekt geleitet...

Aber es war nicht das, was er – Mizuno – sich vorgestellt hatte. Diese Geräte waren am Ende doch nur Spielzeuge.

Die Digignome indes ließen nicht locker und zeigten weiter auf das Schaufenster. Und da wurde dem Mann klar, was sie ihm eigentlich zeigen wollten. Bei den Karten, die es auch zu anderen Spielzeugserien gab, stand ein Adapter. Ein Gerät, das Informationen von den Karten für Computerspiele einlesen konnte. Des Weiteren waren da noch kleine Handscanner, die laut Beschriftung kleine Datenbanken zu den mit Magnetstreifen versehenen Karten waren.

Ob man die Karten auch mit neuen Codes beschriften konnte?

Vielleicht könnte man. Mit einem Programm, wie dem Grundprogramm, das er für das Ark geschrieben hatte. Damals in Pao Alto, als er noch ein Teil des Wild Bunch war.

Es kam ihm vor, als wäre es in einem anderen Leben gewesen.

Aber vielleicht konnte ihr Traum – nein, sein Traum – doch noch wahr werden. Digimon die sich nicht nur unkontrolliert, wie jetzt, in dieser Welt materialisierten, sondern von Kindern gerufen wurden.

Digimon, die die Freunde der Kinder waren?

Einer der Digignome schwebte vor ihm und hielt ihm eine der Karten entgegen. Darauf war ein Greymon zu sehen, wie jenes, dass sich damals durch die Mutation der Daten in Pao Alto materialisiert hatte.

Er war nicht wie die anderen. Er würde seinen Traum nicht so schnell aufgeben.

In jener Welt hatte er alle Zeit daran zu forschen und die Karte mit dem Programm versehen, an dem er auch in den letzten Jahren weitergearbeitet hatte.

Mit seinem Code. SHIBUMI.

[Digimon Frontier] Der Beginn einer Reise

Stichwort: Tunnel
 

Der Beginn einer Reise...
 

Es war früher Abend, um genau zu sein zwanzig nach fünf, als Kouji Minamoto an jenem Freitag mit seinem Hund nach Hause kam. Er hatte das Tier, das unter der Woche ohnehin selten nach draußen kam, Gassi geführt und wurde nun von dem großen Schäferhund zur Haustür gezerrt.

„Bist du wieder da?“, fragte seine Mutter, obwohl dies eigentlich offensichtlich war.

„Ja, alles okay“, erwiderte er und ließ den Hund von der Leine, damit dieser zu seinem Fress- und Trinknapf laufen konnte. Dann zog er seine Schuhe aus und ging die Treppe zu seinem Zimmer hoch.

„Willst du noch nichts essen?“, hörte er die besorgte Stimme der Mutter hinter sich.

„Nein, ich bin noch nicht hungrig, Mum“, antwortete er und machte die Zimmertür auf.

Direkt als er den für ein japanisches Kinderzimmer recht großen Raum betrat, fiel ihm sein Handy ins Auge, das er bevor er losgegangen war ausgeklappt an die Ladestation gehängt hatte und dessen Display nun leuchtete.

Eine SMS stellte er fest, als er näher kam. Er nahm das Handy in die Hand und öffnete die Nachricht, während er mit der Linken das Ladekabel herauszog.

Willst du beginnen?, stand auf dem Display, darunter zwei Wählbare Buttons – ungewöhnlich für eine SMS.

Was sollte er beginnen wollen?

Unsicher wählte er den „Ja“-Button aus und bestätigte, woraufhin für einen Moment viele kleine, bunte Kästchen auf dem Bildschirm zu sehen waren, ehe eine Frauenstimme sanft zu ihm sprach: „Minamoto Kouji-kun. Das Spiel um deine Zukunft zu entscheiden hat begonnen.“

„Meine Zukunft?“, murmelte er und wartete, ob die Stimme noch etwas sagen würde, doch stattdessen erschien eine weitere Textmitteilung auf dem Bildschirm des Handys.

Nimm den Zug von Tamagawa. Er wird um 17:34 nach Shibuya abfahren.

Er sah auf die Uhr. Es war beinahe fünf vor halb, was hieß, dass ihm keine zehn Minuten blieben um zum Bahnhof zu gelangen. Aber wollte er das überhaupt? Ein Gefühl in ihm sagte ihm, das dem so war.

Schnell steckte er sein Handy in die Tasche seiner blauen Jacke und überprüfte, ob er noch genug Kleingeld dabei hatte, um am Bahnhof das Ticket zu bezahlen. Dann rannte er die Treppe herunter, rief seiner Mutter „Ich muss noch kurz etwas erledigen“ zu, schlüpfte in die Schuhe und rannte aus dem Haus. Zum Glück stand sein Fahrrad vor der Tür, so dass er aufsprang und sich dann daran machte in die Richtung, in der die Station lag zu fahren. Normal würde er nicht mehr als fünf Minuten so brauchen, doch er würde sich besser beeilen, wenn er den Zug wirklich erwischen wollte. Die Zügen hatten hier selten Verspätung, vor allem nicht in Hauptverkehrszeiten, wie den frühen Abend.

Ohne weiter auf seine Umgebung zu achten, radelte er los, den schnellsten Weg zum Bahnhof folgend.

Einmal musste er abstoppen, um eine Katze, die direkt vor ihm in die Gasse sprang, nicht zu überfahren, wobei das Fahrrad beinahe zur Seite kippte. Doch er schaffte es trotzdem etwas mehr als eine Minute vor Abfahrt an der Bahnstation anzukommen.

Noch während er das Fahrrad ohne es abzuschließen achtlos gegen die Wand lehnte, suchte er bereits mit einer Hand das Kleingeld aus seiner Tasche. Schnell warf er es in den Automaten und wählte das Linienticket, ehe er durch die Abschrankung in den Bahnhof hineinrannte, gerade während der Zug am Gleis einfuhr.

Doch er schaffte es.

Etwas atemlos trat er durch die Tür des Zuges nur einen Augenblick bevor sich diese Schloss. Jetzt würde ihm etwas Zeit bleiben, ehe der Zug in Shibuya ankam.

Wieso war es ihm überhaupt so wichtig?

Was war das für ein Gefühl in seiner Brust?

Zumindest war der Zug nicht so voll wie er befürchtet hatte. Das würde sich wahrscheinlich in Shibuya ändern, doch da würde er schließlich aussteigen, also war es weniger schlimm. Wenngleich er sich fragte, was er in Shibuya überhaupt machen sollte…

Was war das überhaupt für eine Stimme, die zu ihm gesprochen hatte?

Er wusste es nicht. Doch er wusste, dass er die Antwort wahrscheinlich dort finden würde, wo er hinfuhr: In Shibuya.

Plötzlich klingelte sein Handy. Doch nicht nur seins, auch andere Mobiltelefone piepsten und klingelten mit einem Mal. Hatten sie etwa alle so eine SMS bekommen? Ihm fiel auf, dass es in erster Linie Kinder und Jungendliche waren, die solche Geräte aus ihren Taschen zogen.

Auch er sah auf das Display seines Handys.

Nimm um 18:00 die U-Bahn von Shibuya aus.

Um 18 Uhr? Der Zug würde allerhöchstens zwei Minuten vorher in den Bahnhof fahren. Jetzt war bereits fünf vor sechs.

Da bemerkte er einen Jungen, der nur wenige Stationen zuvor ebenfalls in den Zug gestiegen war und sich nun an den Kopf fasste. „Das ist doch unmöglich!“, rief er und zog dabei einige verwirrte und entgeisterte Blicke von anderen Passagieren auf sich.

Er hatte auf jeden Fall so eine SMS bekommen, erkannte Kouji.

So fuhr der Zug drei Minuten später in die Shibuya Station ein, wo Kouji schnellstmöglich den Wagen verließ, um zum nächsten Aufzug der zum Untergrund führte, zu laufen. Er hatte nicht viel Zeit um die U-Bahn noch zu erwischen und schätzte sich aktuell glücklich bereits oft in Shibuya gewesen zu sein, so dass er wusste, wo er hinmusste.

Daher fand er den Aufzug, der wie durch ein Wunder sogar auf der richtigen Etage stand, sofort und trat ein. Er wählte den Knopf für die U-Bahn Station und wartete gespannt darauf, dass sich die Türen endlich schlossen.

Doch gerade als sie das taten erklang ein Schrei und der Junge, der Kouji bereits im Zug aufgefallen war, prallte mit dem Kopf voran an die Wand des Aufzugs.

Mit kurze, jammernden Geräuschen rieb er sich den Kopf, ehe er Kouji ansah und auf sein eigenes Handy zeigte. „Hast du auch so eine bekommen?“

Zwar erkannte Kouji die SMS auf dem kleinen Display, doch antwortete er nicht. Wieso auch? Er kannte den anderen nicht einmal… Zumal dieser auch nicht der Hellste zu sein schien. Auf näheren Kontakt konnte er erst einmal wirklich verzichten.

Das schien der Junge zumerken. „Was hast du denn?“, meinte er mit entrüsteter Stimme, bekam jedoch erneut keine Antwort.

Da ließ das Geräusch, das der Aufzug beim Passieren jeder Etage machte, beide aufsehen. Die Abstände, in denen das Geräusch zu hören war, wurden immer kürzer, wobei der Aufzug die unterste Etage des Bahnhofes bereits passiert hatte. Trotzdem fiel er immer weiter in die Tiefe, als würde er sich auf den Weg zum Mittelpunkt der Erde machen.

Das ist nicht möglich, sagte Koujis Verstand, doch seine Wahrnehmung sagte etwas anderes.

„Wo fahren wir denn hin?“, rief der andere Junge nun etwas panisch, doch auch darauf antwortete Kouji nicht.

Mit einem Mal bremste der Aufzug jedoch ab und einen Moment später öffneten die Türen.

„Aua… Autsch…“, jammerte der andere Junge, der auf dem Kopf eine umgedrehte Kappe trug, über die er eine Fliegerbrille gezogen hatte, die so über seiner Stirn prangte. Dann richtete er sich jedoch auf und betrachtete wie Kouji das Szenario, dass sich ihnen bot.

Außer ihnen waren hier noch andere Kinder, die unschlüssig an den Bahngleisen, die sich sternförmig um den Aufzugsschacht aufgereiht hatten. An jedem Bahnsteig stand ein Zug, bereit jede Minute – ja, genau in einer Minute – abzufahren.

„Sind etwa alle hergerufen worden?“, murmelte der andere Junge nun, doch anstatt dieses Mal zu antworten lief Kouji los um zu einem der Züge zu kommen, bevor dieser losfahren konnte. Er ging zu dem nächstbesten, einen, an dem etwas weniger Kinder standen und sprang auf die Plattform am Ende, nur einen Augenblick bevor sich der Zug langsam in Bewegung setzte, ehe er Fahrt aufnahm.

Sie fuhren auf einen Tunnel am Ende dieser großen, von einem seltsam weichen und farbigen Licht erleuchteten Halle zu. Wo waren sie hier überhaupt? Und wohin führte dieser Tunnel?

Kouji wusste darauf keine Antwort.

Kurz bevor der Zug, auf dessen hinterer Freiluftplattform er stand, in den Tunnel einfuhr, erhaschte er noch einen Blick auf den anderen Jungen, der zuvor in den Aufzug gesprungen war und nun Atemlos auf der Plattform eines anderen Zuges stand. Doch dann sah er nur noch die schwarze Tunnelmauer.

Und jetzt?

Auch das wusste Kouji nicht und es erklang auch keine neue Stimme aus dem Handy, um eine weitere Anweisung zu geben. Er würde ja sehen, wohin er kommen würde, beschloss er, und öffnete die altmodische Tür, um in das ebenfalls altmodische Innere des Zugwagons zu gelangen.

War er hier allein?

Er konnte es sich kaum vorstellen, da doch einige Kinder und Jugendliche an jenem geheimnisvollen Bahnhof, wenngleich es ihm eigentlich egal war. Schließlich war er nicht sonderlich darauf erpicht am Ende Babysitter zu spielen.

Deswegen ließ er sich auf einer der seitlichen Sitzbänke direkt in diesem Wagen nieder und wartete darauf, dass dieser Zug irgendwo ankam. Wie lang würde das dauern?

Ein Gefühl sagte ihm, dass der Ort, zu dem er fuhr, sehr weit von Tokyo entfernt war.

„Seltsam…“, murmelte er und sah in das rabenschwarze nichts draußen vor dem Fenster.

Immer mehr versank er in seinen Gedanken, bis ein Rütteln den ganzen Zug durchlief, ihn von der Sitzbank warf und damit aufschrecken ließ. Einen Moment später fiel die Deckenbeleuchtung des Abteils aus.

„Was…“ Schnell bemühte er sich trotz des weiteren Rüttelns wieder auf die Beine zu kommen oder sich zumindest aufzusetzen, als ein kurzes Kribbeln seinen Körper durchlief. Das Handy fiel aus der Tasche seiner Jacke und leuchtete auf einmal auf, ehe es sich auflöste und statt seiner selbst einen anderen Gegenstand zurückließ.

Dieser war länglich und hatte eine, davon das es breiter war einmal abgesehen, einem Handy nicht unähnliche Form. Im oberen Teil prangte ein Display, auf dem ein seltsames Symbol, das Kouji an ein Auge erinnerte, leuchtete. Statt zwölf Tasten, hatte es jedoch nur zwei und war im Gegensatz zu seinem Handy auch nicht schwarz, sondern weiß, hatte aber an der rechten Seite eine Art dunkelblaue Halterung.

Vorsichtig streckte der Junge seine Hand danach aus. Es fühlte sich vollkommen normal an.

„Was…“, flüsterte er noch einmal verwirrt und richtete sich, nachdem der Zug nun wieder ruhiger fuhr, mit dem Gegenstand in der Hand auf.

„Das ist dein Digivice“, sagte die Stimme von vorher. „Willkommen in der digitalen Welt…“

Bei diesen Worten fuhr der Zug aus dem Tunnel heraus.

[Digimon Adventure] Day of Destiny

Stichwort: Veränderung - [Zum 10. Memorial Day!]
 

Day of Destiny
 

„Der Tag begann wie jeder anderer...“

„... Wenngleich nicht für Taichi und Hikari-chan...“

„... Doch er endete in einem Sturm...“

„Wie hätten wir damals wissen sollen, dass dieser Tag...“

„... Über unser Schicksal entscheidet?“
 

Ich weiß nicht mehr, was mich in jener Nacht aufweckte, immerhin liegt sie schon solange zurück und ich war damals erst drei Jahre alt, doch ich erinnere mich noch an das seltsame Gefühl, dass ich hatte, als ich aufstand. Ich wusste, dass etwas Wichtiges, etwas Großes beginnen würde und das Licht vom Bildschirm Papas Computers zog mich beinahe magisch an.

Es war mitten in der Nacht, Mama und Taichi-nii-san schliefen schon und Papa war noch nicht wieder nach Hause gekommen. Niemand merkte, wie ich in das Arbeitszimmer meines Vaters ging, denn ich machte immerhin kein Licht an, war ich doch kaum groß genug um den Schalter zu erreichen. Außerdem waren die Schritte eines dreijährigen Mädchens kaum zu hören.

Was mich aber wunderte, war, dass Papa seinen Computer angelassen hatte, denn wir sollten eigentlich nicht damit spielen, wenn er nicht dabei war. Doch ich konnte das Gerät ohnehin nicht alleine bedienen.

Aber trotzdem verstand ich, dass etwas seltsam war, als rote Reihen von Zahlen den ganzen Bildschirm ausfüllten und eine seltsame Form bildeten. Ich war so verblüfft, dass selbst die Trillerpfeife, die ich schon damals immer bei mir trug, aus meinem Mund fiel und ich meinen großen Bruder erst bemerkte, als dieser ins Zimmer kam.

„Hikari?“, fragte er mich. „Was machst du da?“

Jedoch würdigte ich ihn keines Blickes, zu gebannt war ich von der Form, die sich langsam auf dem Bildschirm bildete. „Ei“, stellte ich dann mit meinen damals noch begrenzten Wortschatz fest.

„Ein Ei?“, echote mein Bruder.

Doch da löste sich die Form, die sich vorher aus Zahlen gebildet hatte bereits vom Bildschirm und bildete einen richtigen Gegenstand. Ein richtiges Ei, jedoch viel größer als die, die ich bis dahin kannte. Und einen Moment später plumpste es in meine Arme.
 

Wie so oft war ich an diesem Tag, ich glaub, es war ein Freitag, schon früh aufgestanden, obwohl Papa, bei dem ich über das Wochenende blieb, bereits auf der Arbeit war, und Yamato noch schlief, denn im Gegensatz zu mir, war er schon immer ein Langschläfer gewesen.

Aber das störte mich nicht, denn auch wenn ich mir ohne Hilfe noch kein richtiges Frühstück bereiten konnte (und der Kühlschrank hier ohnehin meist leer war), wusste ich sehr wohl, wie man einen Fernseher anschaltete. Und am Morgen fand sich meist ein Programm, das Kinderserien zeigte. So lag ich noch im Schlafanzug schlaff auf dem Sofa und schaltete mit der Fernbedienung von einem Programm zum nächsten, bis ich schließlich auf die Wiederholung eines alten Anime stieß.

Zufrieden legte ich die Fernbedienung neben mich und ließ mich von den Bildern berieseln. Was sonst sollte ich auch tun, wenn ich meinen Bruder nicht wecken wollte?

Doch während ich in der imaginären Welt des Anime versank, begann der Fernseher auf einmal komisch zu werden. Das Bild flackerte zuerst, als gäbe es eine Programmstörung, so dass ich mich noch nicht daran störte, doch dann schaltete das Programm von ganz alleine um...

Erstaunt setzte ich mich auf. Was war da los?

Das Bild wurde erneut unscharf, Zahlen und westliche Buchstaben, die ich damals noch nicht lesen konnte, erschienen auf einmal und erneut wechselte das Programm, ehe das Bild auf einmal ganz verschwand.

Schnell versuchte ich umzuschalten, doch ohne Erfolg.

„O-nii-san!“, rief ich also, da ich nichts Besseres wusste und beinahe annahm, dass der alte Fernseher meines Vaters nun kaputt ging. Und immerhin wollte ich nicht, dass sie dachten, ich hätte ihn kaputt gemacht.
 

Es war noch recht früher Morgen, als meine Mutter mir erlaubte, sie zum Einkaufen zu begleiten. Da es Sommer war, wollte sie das machen, bevor die Mittagshitze anbrach, so sagte sie immer.

Und ich war stolz darauf, mit ihr mitgehen zu können und freute mich. Zum einen, weil ich so nicht alleine zu Hause bleiben musste, zum anderen aber auch, weil ich mich größer fühlte, wenn ich neben ihr her durch die Stadt laufen konnte. Deswegen bemühte ich mich auch, mit ihr Schritt zu halten, obwohl meine Beine dafür eigentlich zu kurz waren. Einige Male stolperte ich, doch richtig hinfallen tat ich nicht. Ich fing mich vorher immer – irgendwie – aus Angst mein neues Sommerkleid zu zerreißen.

Zudem freute ich mich auf das klimatisierte Kaufhaus, die für ein gerade sechs Jahre gewordenes Mädchen abenteuerliche Fahrt mit der Bahn und die Schaufenster, die es zu betrachten gab.

Doch auf dem Weg zur Station zog etwas meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Mama, schau mal“, meinte ich, zog am Rock meiner Mutter und zeigte nach oben.

„Was denn?“, fragte sie und sah mich an, ehe sie meinem Zeig folgte.

„Seifenblasen“, erwiderte ich. „Viele Seifenblasen.“ So viele hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Sie schienen aus einem Fenster zu kommen und zogen fast über die ganze Straße hinweg. „Wie schön...“, flüsterte ich.
 

Für mich war jener Tag eigentlich nichts Besonderes. Es war das Jahr, bevor ich in die Schule kam und der Kindergarten, in den ich ging, hatte in diesen zwei Wochen geschlossen, so dass ich an diesem Morgen vor Vaters Computer saß und im Internet surfte.

Da ich bereits lesen konnte, war dies eine gute Beschäftigung, zumal ich so meiner Mutter, die bereits wieder kochte, nicht zur Last fiel. Außerdem interessierten mich Computer bereits damals sehr.

Jedoch war eines an diesem Tag komisch. Bereits am frühen Morgen hatte die Mikrowelle ihre Uhr von ganz allein verstellt und der Fernseher war für einige Minuten ausgefallen. Ich vermutete einen Fehler im Stromnetz. Vielleicht wurde irgendwo an Leitungen gearbeitet. Zumindest hatte ich mal gehört, dass Stromschwankungen zu Fehlern an technischen Geräten führen konnten.

Doch trotzdem erklärten sie nicht, was am Computer passierte.

Plötzlich wurde der Bildschirm schwarz und ganze Zeilen binärer Code liefen über den Bildschirm. Keine Fehlermeldung auf blauem Grund, wie normal. Einfach nur binäre Code, die nach und nach den ganzen Bildschirm füllten.

Nachdem der PC auf kein Tastendrücken oder andere Versuche seiner wieder Herr zu werden, reagierte, drückte ich schließlich den Reset-Knopf.
 

Ich konnte kaum glauben, was in der Nacht geschah, als Koromon unserer neuer vermeidliche Freund erneut seine Form änderte, so wie er es am Morgen bereits getan hatte. Heute weiß ich, dass es digitierte, doch die große Echse, die auf einmal unser Bett zerbersten ließ jagte mir damals Angst ein. Was war aus Koromon geworden?

Doch noch mehr Angst jagte es mir ein, als sich meine kleine Schwester, die ohnehin nicht ganz gesund war, auf den Rücken der orangegelben Echse schwang und mit diesem aus dem Fenster verschwand. Das Monster sprang einfach hinunter, obwohl wird im achten Stock wohnten.

Schnell rannte ich zu dem kleinen Balkon, sah aber zu meiner Erleichterung, dass weder Hikari, noch Koromon, beziehungsweise Agumon etwas passiert war.

Gleichzeitig ging auch die Tür zu unserem Zimmer auf und unsere Eltern traten in das Chaos.

„Was...“, setzte meine Mutter an, während mein betrunkener Vater etwas brauchte um die Situation zu realisieren, doch anstatt auch nur zu einer Antwort anzusetzen rannte ich an ihnen vorbei, schlüpfte barfuss in meine Sportschuhe und rannte aus der Wohnung.

„Taichi? Taichi? Was ist los? Wo willst du hin?“, rief meine Mutter mir noch hinterher, doch ich konnte nicht antworten. Ich musste meine kleine Schwester wiederfinden, wenngleich ich nicht wusste wo diese mit der großen Echse überhaupt hin wollte. Aber sie konnte doch nicht einfach im Schlafanzug draußen bleiben.

Außerdem: Selbst wenn Koromon eigentlich lieb gewesen war, so war ich mir nicht sicher, ob das auch für diese größere Form von ihm galt. Was, wenn es meine Schwester zum Abendbrot verschlang?

„Hikari? Hikari!“, rief ich, während ich über den Parkplatz hinter dem Wohnhaus rannte und versuchte irgendeine Spur von dem großen Dino zu entdecken. So leicht sollte so ein riesiges Tier nicht zu übersehen sein...

Aber wenn jemand die Polizei rief...?

Immer weiter nach Hikari und schließlich auch nach Koromon rufend, lief ich durch die Straßen und Gassen des Viertels, was bei meiner damaligen Größe ziemlich in die Beine ging. Dabei wusste ich nicht einmal, ob ich in die richtige Richtung lief, doch es war besser als nichts zu tun.

„Hikari?!“, rief ich erneut, doch da zog ein Feuerball, der nicht allzu weit in die Höhe schoss meinen Blick auf sich. Da mussten sie sein!

Doch einen Moment später erschien etwas anderes in der Höhe. Etwas riesiges, das beinahe den ganzen Himmel bedeckte. Was konnte es sein?
 

Beinahe panisch griff ich zum Telefon als dieses große irgendwas am Himmel erschien. Ich war allein zu hause und war so zittrig, dass ich etwas brauchte, bis ich die Nummer der Polizei gewählt hatte. Doch noch bevor ich die Wählen-Taste drücken konnte, brach das große Ei, das dort am Himmel erschienen war auf und verschwand einen Augenblick später. Aber dort, wo das Ei aufgebrochen war, war auf einmal ein großer Vogel zu sehen, der nun seine Flügel ausbreitete, und über die Straße, direkt vor unserem Wohnhaus, hinwegraste.

Endlich fand ich die Wählen-Taste und wartete darauf, dass das Freizeichen ertönte.

Derweil erkannte ich auf der Straße auch noch eine riesige Echse – vielleicht ein Dinosaurier, wie ich damals dachte – die nun plötzlich begann Feuerkugeln auf den Vogel zu schießen. Diese verfehlten ihr Ziel jedoch und schlugen stattdessen in einem anderen Wohnhaus ein.

„Hallo?“, fragte ich ins Telefon hinein, als das Freizeichen verklungen war. „Hallo? Da ist ein Vogel. Ein sehr, sehr großer!“ Dabei wusste ich eigentlich, dass man einen Notruf anders tätigte, doch mein Herz schlug so schnell, dass ich mich nicht konzentrieren konnte.

Wenn dieser Dino in meine Richtung – ich stand auf dem Balkon um besser sehen zu können – feuerte, wäre ich einfach tot.

Niemand antwortete auf meine Stimme, während unten weitere Feuerbälle über die Straße flogen. Dann ließ der Vogel einen lauten Schrei hören.
 

„Komm da weg, Takeru“, versuchte ich meinen Bruder vom offenen Fenster wegzuzerren, während dieser jedoch mit meinem Fernglas dort stand und wie gebannt auf die Straße hinunterstarrte.

Dabei kämpften dort unten zwei Monster, zwei riesige Monster. Wer wusste denn schon, ob das nicht auch für uns gefährlich werden konnte. Wenn eines der Monster so eine Attacke in unsere Richtung abfeuerte... Ich schauderte. Davor musste ich Takeru unbedingt beschützen! Immerhin war er mein kleiner Bruder.

„Schau mal“, erwiderte er nur und zeigte auf den Papagei oder was auch immer dieser Monstervogel war, zwischen dessen Stirnfedern auf einmal etwas Helles zu sehen war. Bevor ich aber realisieren konnte, was dies war zuckte ein heller Blitz über die Straße, zu grell, dass er mich für einen Augenblick blendete.

„Takeru! Pass auf!“, hörte ich mich gleichzeitig sagen und legte die Arme schützend um meinen Bruder, der seine Haltung am Offenen Fenster nicht veränderte.

Was war aus der Echse geworden?

Doch da erklang ein Knurren, laut genug, dass selbst wir – etwas abseits vom Geschehen – es durch das offene Fenster hören konnten. Und als sich der Staub lichtete, erkannte ich, dass die Echse zu einem riesigen Dino vom Körperbau eines Tyranno Saurus Rex herangewachsen war. Wie war das so plötzlich möglich?

„Nii-san! Nii-san!“ Takeru zupfte an meinem T-Shirt und hielt mir das Fernglas hin. „Da sind zwei Kinder! Zwei Kinder!“

„Kinder?“, fragte ich und nahm das Fernglas, während der Dinosaurier sich nun zu seiner vollen Größe aufrichtete und auf seinen Gegner zulief. „Wo?“

„Da wo der Dino war“, erwiderte mein Bruder in seiner noch kindlichen Formulierungsweise.

Ich suchte mit dem Fernglas der Trümmerfeld auf der Straße ab, während das Feuer, welches von dem Echsenmonster ausgespien wurde mich erneut etwas blendete, was ich nur mit einem „Unglaublich“ kommentieren konnte.

Dann erkannte ich, was mein Bruder meinte. Zwei Kinder kauerten in Schlafanzügen zwischen den großen Betonstücken, die einst eine Brücke gewesen waren. Hatte der Dino sie etwa beschützt? Was ging dort unten vor? War der Dino also der Gute? Wieso kämpften sie überhaupt?

„Oh nein“, flüsterte Takeru nun wieder und riss mir das Fernglas aus der Hand.

Nun schaffte es der Vogel irgendwie den Papagei zurück zu drängen und warf ihn schließlich hin, so dass er beinahe auf die beiden Kinder fiel.

„Pass auf...“, keuchte ich, als wieder Blitze zwischen den Stirnfedern des Papagei zuckten.
 

Erneut ging der Dino zu Boden und blieb dort neben den beiden Kindern, die ich recht gut erkennen konnte, da unsere Wohnung beinahe ebenerdig war, liegen. War er etwa tot? Hatte dieser Blitz ihm den Rest gegeben?

Meine Mutter hatte das Fenster verschlossen, so dass ich, auch wenn ich gerne mehr von dem, was vor sich ging, gehört hätte. Das kleine Mädchen schien irgendwas zu rufen, was ich jedoch nicht verstehen konnte, da ihre Stimme leise war. Aber ihre Bewegungen verrieten mir, dass sie weinte.

„Wach auf“, flüsterte ich wie gebannt auf den Dino starrend, als könnte meine Stimme ihn erreichen.

Erneut zuckten Blitze auf der Stirn des Vogels. Wenn er diese nun abfeuerte würden diese beiden Kinder sterben.

Doch da griff der Junge nach etwas, das um den Hals des Mädchens hing und als er es zum Mund führte, erkannte ich was es war. Eine Trillerpfeife. Und er blies so fest er konnte hinein, so dass der schrille Pfiff die ganze Straße erfüllte.

„Er...“, murmelte ich und fragte mich wer die beiden Kinder waren. Ich hatte sie noch nie gesehen, was aber nicht hieß, dass sie nicht in der Nähe wohnten. Hier lebten so viele Kinder.

Würde ich sie irgendwann treffen?

Da richtete der Dino sich auf und feuerte erneut eine beinahe weiße Flamme auf den Papageien ab, die diesen beinahe komplett verschlang und mich so sehr blendete, dass ich kaum noch erkennen konnte was vor sich ging. Wehrte sich der Papagei? Wurde er besiegt? Wie lang würde dieser Kampf noch dauern?

Doch dann schien die Flamme die ganze Straße zu erfüllen und als sie verblasste waren beide Monster verschwunden.

„Wie...“, flüsterte ich, doch ich erhielt keine Antwort.
 

Nachdem die Monster in Hikarigaoka verschwunden waren, ging die Sonne auf. So, als hätte sie nur auf das Ende des Kampfes gewartet. Damals wusste noch niemand, der den Kampf gesehen hatte, dass es sich bei diesen Monstern um Digimon gehandelt hatte. Und keines der Kinder, ahnte auch nur, dass diese Monster später wieder zurück in diese Welt kehren und weitere Kämpfe zwischen ihnen entbrennen würden.

Ebenso wenig ahnten Taichi Yagami, seine Schwester Hikari und sechs der anderen vielen Kinder, dass dieser Tag über ihr Schicksal entschieden hatte.

Nicht bis zum ersten August 1999.

[Digimon Savers] Erinnerungen im Sturm

Stichwort: Sturm
 

Erinnerungen im Sturm
 

Schwer prasselte der Regen gegen die Scheiben des Klassenzimmer, während der Wind über den verlassenen Schulhof peitschte.

Draußen war es so dunkel, dass man meinen konnte, es sei Nacht, dabei war es gerade erst einmal früher Nachmittag.

Das Licht im Klassenzimmer brannte und einige Schüler richteten ihre Augen besorgt aus den Fenstern, dachten offenbar daran, dass sie wohl oder übel durch diesen Sturm nach hause laufen müssten.

Chikas Blick jedoch galt nicht dem draußen herrschenden Unwetter, sondern auf Ikuto, der in der dritten Reihe direkt neben der Fensterfront saß und vollkommen in Gedanken versunken hinausstarrte.

„Noguchi-kun“, schallte die Stimme von Frau Tanegawa durch die Klasse 2-1, doch schien sie den Jungen nicht zu erreichen. „Noguchi-kun!“

Ikutos Sitznachbar, Ota Keichi, knuffte den bereits 14jährigen in die Seite, worauf dieser aufzuschrecken schien. Er suchte die richtige Zeile in seinem Englischbuch und begann, nachdem ich Keichi erneut geholfen hatte, zu lesen, ohne etwas zum wütenden Blick der Lehrerin zu sagen.

Er war schon den ganzen Tag so, hatte Chika bemerkt, die ihm nicht hatte helfen können, da sie in der vorletzten Reihe, einen Platz von der Wand entfernt saß.

Zum Glück war Englisch-Lesen ihre letzte Stunde für heute, auch wenn sie sich danach durch Regen und Sturm würden Quälen müssen.
 

„Ikuto!“, rief Chika aus, nachdem die Pausenglocke das Ende dieses Schultages verkündigt hatte. Sie wollte in seine Richtung gehen, doch er verließ in Gedanken versunken die Klasse, ohne auf sie zu reagieren.

Enttäuscht seufzte sie, folgte ihm jedoch nicht, da sie diese Woche mit dem Klassendienst dran war und damit noch die Tafel wischen und den Boden fegen musste, ehe sie gehen konnte. Zusammen mit zwei Mitschülern - Kotone und Genki - machte sie sich an die Arbeit, nachdem die anderen bereits gegangen waren, auch wenn sie dabei immer wieder ungeduldig auf die Uhr sah.

Natürlich war es vergeblich. Immerhin würde sie den Jungen ohnehin nicht mehr einholen und das einzige, was sie draußen „lockte“, war das Unwetter.

„Wirst du abgeholt?“, fragte Kotone, ein Mädchen mit langen, dunklen Haaren.

„Ich weiß nicht“, erwiderte Chika, die überlegte, ob sie Yoshino anrufen sollte, damit diese sie abholte.

Seufzend sah das andere Mädchen zum Fenster. „Furchtbares Wetter...“

„Wie jedes Jahr“, antwortete Chika nur und zuckte mit den Schultern. Es war Monsunzeit, weshalb nicht viel besonderes an dem Wetter war.

„Stellt euch nicht so an“, meinte Genki. „Ihr seid doch nicht aus Zucker.“

„Ich mag mich halt nicht erkälten“, giftete ihn Kotone an und warf ihm einen bösen Blick zu, weshalb er nichts mehr sagte.

Den Rest ihrer Arbeit verrichteten sie schweigend, ehe sie das Licht in der Klasse ausmachten und sich gemeinsam auf den Weg ins Erdgeschoss machten, wo sie ihre Hausschuhe in ihre Fächer stellten und gegen ihre Straßenschuhe austauschten.

„Bis morgen“, verabschiedeten sich Kotone und Genki, ehe beide durch die große Tür, die nach draußen führte verschwanden.

Chika ließ sich Zeit, damit rechnend, ohnehin allein durch den Regen gehen zu müssen. Sie schlüpfte in ihre Stiefel, die sie des Regens wegen am morgen mitgenommen hatte, und holte ihren Regenschirm aus dem Fach hervor.

Mit dem Schirm in der Hand ging sie zur Tür, die sich automatisch öffnete.

Unter dem Vordach öffnete sie ihren Schirm und wollte sich in das Unwetter hinaus wagen, als sie etwas aus dem Augenwinkel wahrnahm und sich umdrehte.

Dort, neben der Eingangstür an die Wand gelehnt, stand Ikuto.

Überrascht sah sie ihn an, da sie nicht damit gerechnet hatte ihn heute noch einmal zu sehen, bemerkte dann aber auch besorgt, dass sein Gesichtsausdruck nicht nur gedankenverloren war, sondern auch eine Spur vor Trauer zeigte.

„Alles in Ordnung, Ikuto?“, fragte sie ihn, erhielt aber keine Antwort. „Ikuto!“, wiederholte sie daher seinen Namen mit Nachdruck, jedoch weiterhin ohne Erfolg. Nun stellte sie sich vor ihn und sah ihn an. „Noguchi Ikuto-kun!“

Er blinzelte, als wäre er gerade aus einem Tagtraum aufgewacht und sah sie an. „Chika-cha...“ Er brach ab, da er sich noch rechtzeitig daran erinnerte, dass sie sich nur von ihren Eltern und Touma noch mit „-chan“ ansprechen ließ. „Chika... Was machst du noch hier?“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Ich hatte Putzdienst. Das weißt du doch.“

Verwirrt sah er sie an. „Ach so, ja... Stimmt...“ Offenbar wusste er es nicht oder hatte es schon längst vergessen.

„Die Frage ist eher“, begann Chika dann, „was machst du noch hier?“

„Ich...“ Der Junge wich ihrem Blick aus. „Ich habe keinen Schirm“, meinte er dann, errötete dabei aber und strafte so seine eigenen Worte Lügen. Zwar mochte es stimmen, dass er keinen Schirm mitgenommen hatte, doch war er niemand, den dies wirklich stören würde. Immerhin war er in einer Welt aufgewachsen, in der es keine Schirme gab.

Chika zog ihre Augenbrauen nur weiter zusammen, woraufhin der Junge seufzte.

„Ich... Ich mag einfach noch nicht nach Hause gehen“, erwiderte er dann.

„Wieso nicht?“, fragte sie ihn, obwohl sie meinte die Antwort zu kennen.

Stumm starrte er in den Regen. „Es ist nur“, meinte er dann leise, „dass es sich manchmal so irreal anfühlt... Diese Welt...“ Während er sprach wurde er immer leiser, bis seine Worte kaum hörbar waren. „So falsch...“

Nun lehnte sich Chika neben ihn an die Mauer der Schule und sah ebenfalls auf den fast überflutet wirkenden Schulhof. „Weißt du“, begann sie dann, selbst nicht viel lauter sprechend als er, „ich vermisse Piyomon auch. Und Masaru-nii-san.“

Der Junge schwieg.

„Ich weiß, es ist nicht dasselbe“, fügte Chika schnell hinzu. „Ich mein... Du bist in der Welt aufgewachsen...“ Und er kannte seine eigentliche Familie, seine menschliche Familie in dieser Welt gerade einmal seit zwei Jahren.

„Manchmal wünsche ich mir, ich wäre mitgegangen“, flüsterte er nach einem langen Schweigen. „Dann wäre mir zumindest Falcomon geblieben.“

Nun zögerte das Mädchen an seiner Seite und sah ihn mitleidig an. Sie konnte sich nur schwer vorstellen, wie es für ihn sein musste. Sicherlich, sie vermisste ihren Bruder und Piyomon, doch hatte sie immer noch ihre Mutter und ihre Freunde, die sie schon lange kannte. Derweil kam es ihr ab und an noch immer seltsam vor ihren Vater, Suguru, im Haus zu haben, der solange sie denken konnte schon in der Digiwelt verschollen gewesen war. Sicher war er ein guter Mann, doch selbst jetzt, nach knapp zwei Jahren tat sie sich schwer in ihm einen Vater zu sehen.

Und so musste es Ikuto mit seiner ganzen Familie gehen. Sie waren ihm genau so fremd, wie Suguru ihr. Dazu die vollkommen fremde Umgebung mit vollkommen fremden Regeln. Und er war, bis vor zwei Jahren, nie in eine Schule gegangen. Zu ihrer aller Überraschung konnte er lesen und - wenn auch nicht besonders gut - etwas schreiben, doch hatte er in der digitalen Welt weder viel Kontakt mit Mathematik, noch mit Erdkunde, Geschichte oder Fremdsprachen gehabt. Wie sollte er auch?

Vielleicht hatte er besser aufgeholt, als manch einer es ihm zugetraut hatte, doch ließen seine Noten in den meisten Fächern noch immer zu wünschen übrig. Einzig in Sport erbrachte er kaum verwunderlich überdurchschnittliche Leistungen.

Zögerlich blickte Chika den jungen von der Seite an. „Aber“, begann sie schließlich so leise, dass das Rauschen des Regens sie beinahe übertönte, „ich bin mir sicher, dass deine Eltern... Dass deine Eltern hier sehr traurig wären, wärst du nicht hier.“

Er sah trübselig zu Boden. „Ich weiß.“ Für einen Moment schwieg er. „Und manchmal bin ich auch froh bei ihnen zu sein, wieder eine Familie zu haben, nachdem Yukidarumon...“ Er brach ab. „Misu...“ Nun zögerte er. „Mutter und Vater“, verbesserte er dann, „kümmern sich gut um mich und Yuka ist eine niedliche kleine Schwester. Aber es ist eben doch etwas ganz anderes als dort...“ Ein wenig Verzweiflung spiegelte sich in seinen Augen. „Es fühlt sich so anders an... So allein.“

Einem Instinkt folgend, legte Chika ihre Hand auf seine, die flach gegen das Gemäuer der Schule gedrückt war. Ohne ihn anzusehen sagte sie leise: „Ich bin zumindest bei dir.“ Sie errötete etwas. „Wenn du magst, bin ich für dich da.“

Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann selbst wieder in den Regen, ohne etwas zu erwidern.

„Und...“, flüsterte Chika schließlich. „Und ich bin froh, dass du hier bist, Ikuto.“

Noch immer schwieg er, biss sich dabei auf die Unterlippe. „Danke“, murmelte er dann.

Stille, die nur von dem Rauschen des Regens und dem Heulen des Sturms gestört wurde, senkte sich über die beiden, während sie so dort standen und in das Unwetter hinaus starrten. Noch immer lag Chikas Hand auf der des Jungen, doch keiner traute sich jetzt noch etwas zu sagen.

Da wurden sie durch ein Hupen, dass selbst den Wind übertönte, aus ihrem Schweigen gerissen. Sie sahen aus und erkannten Daimon Suguru, der in seinem schwarzen Auto vor den Toren des Schulhofes gehalten hatte und ihnen zuwinkte. Er war hier, um sie abzuholen.

Die beiden nickten sich zu und liefen dann, noch immer Hand in Hand zu dem Auto hinüber.

[Digimon Xros Hunters] Sein Schweigen

Stichwort: Innenleben
 

Sein Schweigen
 

Es waren Monate vergangen, seit dem großen Kampf der Helden. Monate, seit es Tagiru gelungen war Quartzmon zu besiegen. Und es waren mehrere Wochen, seit die Digimon wieder aufgetaucht waren und ihnen zur Seite standen. Doch zu welchem Zweck?

Ren schlenderte durch die vom Licht der Nachmittagssonne erfüllten Gassen im Norden des Distrikts, während Dracmon ihm stumm folgte. Eigentlich war es klüger, das Digimon im XrosLoader zu lassen, um die Menschen nicht zu erschrecken, doch wenn Ren ehrlich war, störte es ihn nicht wenn ein paar Menschen erschrocken waren.

Die Musik seines MP3-Players dröhnte in seinen Ohren. Es war langweilig ohne das DigiQuarz. Selbst die Digimon, die er gejagt hatte, waren verschwunden. Einzig Dracmon, sein erstes Digimon, war ihm geblieben.

Er blieb auf einmal stehen, als er nicht weit von sich entfernt, eine schlanke Gestalt an eine Wand lehnen sah. Eine sehr vertraute Gestalt. Ein Junge seines Alters.

Der Blick des Jungen war scheinbar in weite Ferne gerichtet. Ein seltsamer Junge, so mochte man meinen, der Ohrringe in beiden Ohrläppchen trug, fast wie ein Mädchen. Ein seltsamer Junge, dessen silbriges Haar im Licht der Nachmittagssonne glänzte.

„Hey, Ryouma“, meinte Ren beiläufig.

Der Angesprochene reagierte kaum, so als hätte er nicht gehört. Erst nach einigen Sekunden wandte er den Kopf leicht und sah den kleineren Jungen aus den Augenwinkeln an. „Hey...“ Seine Stimme klang seltsam tonlos.

„Was machst du?“, fragte Ren.

Ryouma zuckte nur mit den Schultern. „Nichts wirklich.“

Der andere sah ihn kurz unschlüssig an. „Dann... Äh... Auch gut.“ Viel mehr konnte er nicht sagen. „Man sieht sich?“

„Hmm, ja“, war zusammen mit einem weiteren Schulterzucken die einzige Antwort die er bekam.

Dann ging Ren weiter, während Dracmon ihm folgte. Was sollte er auch mit jemanden reden, der ihm nicht antwortete? Trotzdem drehte er sich nach einigen Metern noch einmal zu Ryouma um, was dieser jedoch nicht zu bemerken schien.
 

Vielleicht war es seltsam, doch das Gefühl, das Rens Leben nun am meisten prägte, war Langeweile. Eigentlich hatte er sein Leben nie sonderlich interessant gefunden, doch während sie die Digimon gejagt hatten, hatte es zumindest etwas aufregendes gegeben. Etwas, das sein Herz zum Schlagen gebracht hatte.

Doch während er die Welt, wie sie war, so ohne Digimon, ohne DigiQuartz und ohne Kämpfe vorher als uninteressant empfunden hatte, empfand er sie nun als schlichtweg langweilig.

Die Schule war langweilig, die Nachmittage waren langweilig, die Wochenende noch viel langweiliger. Dabei machte es keinen Unterschied, ob er Hausaufgaben machte, Musik hörte, Fernsehen schaute oder sich dazu durchrang mit Taiki, Tagiru und den anderen etwas zu machen.

Nichts brachte sein Herz zum Schlagen.

„Du bist ja so mies gelaunt“, kommentierte Airu dies, während sie an einem Samstag in einer Arcade waren. „Das ist überhaupt nicht niedlich.“

Ren zuckte nur mit den Schultern und konzentrierte sich lieber auf das Egoshooter-Spiel, um ein Game Over zu vermeiden.

„Airu hat Recht“, meinte Yuu, der im Moment nichts spielte, und ging zu ihm herüber. „Du wirkst schlecht gelaunt. Bedrückt dich irgendetwas?“

Statt zu Antworten ließ Ren die Köpfe zweier Zombies mit gezielten Schüssen explodieren.

„Hey, Ren!“ Nun wirkte das blonde Mädchen ungehaltener. „Yuu-sama spricht mit dir.“

Der Junge sah kurz auf. „Und?“

„Jetzt lass doch mal das Spiel!“ Damit riss sie ihm den pistolenförmigen Controller aus der Hand.

„Hey“, protestierte Ren, wenn auch nicht wirklich sauer. Das Spiel war ihm letzten Endes egal.

„Stimmt irgendetwas nicht?“, wiederholte Yuu nun seine Frage.

„Nein“, erwiderte Ren und seufzte gelangweilt, die Hände in die Taschen seines Sweaters gesteckt. „Es ist alles in Ordnung.“

„Dann sei etwas weniger miesepetrig“, schlug Yuu ihm zwinkernd vor.

„Wieso?“ Der andere sah ihn ausdruckslos an.

Airu schlang von hinten ihre Arme um Yuu. „Lass ihn, er ist halt ein Miesepeter.“

Nun war es an den blonden Jungen, der es schon lange aufgegeben hatte, sich gegen das Mädchen zu wehren, zu seufzen.

Da kam Taiki, der zuvor an einem Automaten in einer anderen Reihe gespielt hatte, zu ihnen. Er schien sich suchend umzusehen. „Wo ist eigentlich Ryouma? Ich habe ihn schon länger nicht mehr gesehen.“

„Der ist noch viel miesepetriger“, grummelte Airu und entlockte Taiki, der ihr vorheriges Gespräch kaum mitbekommen hatte, einen verwirrten Blick.

Doch Ren wusste, dass es nicht so einfach war.
 

Heiß brannte die Sommersonne auf den Sportplatz hinter der Schule hinab und ließ die Schüler noch mehr schwitzen, als sie es vom Laufen allein schon taten. Eigentlich war es erst früh am Morgen, doch dies machte die schwüle Hitze nicht minder schwer und drückend.

Rens Herz klopfte, doch es war nicht das erregte Klopfen des Kampfes, sondern reine Anstrengung. Er war noch nie sonderlich gut in Sport gewesen, hatte auch nie viel auf körperliche Fitness gegeben.

„Machst du etwa jetzt schon schlapp, Tobari-kun?“, rief einer der Mitschüler, der für diese Stunde im selben Team wie er spielte, zu ihm hinüber.

Ren keuchte. Fußball war zu langweilig und doch anstrengend.

Mühsam stützte er sich auf seine Oberschenkel und versuchte den stechenden Schmerz in seinen Seiten zu ignorieren. Warum musste es überhaupt Sportunterricht geben?

Davon abgesehen, dass er wenig von Sport an sich hielt, hasste er es die für seinen Geschmack zu knappen weißen Sporttrikots der Schule anzuziehen.

„Jetzt mach schon, Tobari-kun!“, schallte die Stimme ihres eigenen Torwarts zu ihm hinüber und ließ ihn aufsehen.

Zwei Stürmer ihrer Gegner kamen schon wieder auf ihn zu.

Die Teamaufteilung war nicht gerade fair erfolgt. Die gegnerische Mannschaft beherrschte bereits die ganze Zeit das unnütze Spiel. Wozu mussten sie überhaupt solche Sportarten lernen?

Unmotiviert lief Ren erneut los, nicht wirklich davon überzeugt seinem Gegner den Ball abnehmen zu können oder dies überhaupt zu wollen. Vielleicht war es diese Motivationslosigkeit, die ihn nicht richtig aufpassen ließ, denn im nächsten Moment stieß er mit der Schulter von einem der gegnerischen Stürmer zusammen, verlor das Gleichgewicht und fiel unsanft zu Boden.

Das Pfeifen ihres Sportlehrers unterbrach das Spiel, bevor dieser zu ihnen hinüberlief.

„Alles in Ordnung, Tobari-kun?“, fragte er und half Ren auf.

Dieser versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Er hatte sich die Arme und Knie etwas am rauen Untergrund aufgeschürft. „Es geht“, meinte er daher tonlos.

Für einen Moment sah ihn der Lehrer unschlüssig an. „Wasch dich und ruh' dich dann erst erinmal aus“, sagte er schließlich und wandte sich dann Rens Mitschülern zu. „Ihr spielt weiter.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging Ren zu den Umkleiden, wo er sich die oberflächlichen Wunden auswusch, ehe er auch etwas Wasser in sein erhitztes Gesicht spritzte. Für einen Moment sah er in seine eigenen ausdruckslosen Augen im Spiegel.

Mittlerweile hatte er wieder zu Atem gefunden.

„Was für ein Blödsinn“, murmelte er und wandte sich um die Umkleide zu verlassen.

Der Sportplatz war hinter dem eigentlichen Gebäude der Mittelschule gelegen und direkt an einer schmalen Straße, die nur durch einen Maschendrahtzaun vom Schulgelände getrennt war. Hinter der Straße lag eins der Wohnviertel, wo sich kleine und mittelgroße Häuser dicht an dicht drängten.

Gerade als Ren die Umkleide verließ, fiel ihm eine Gestalt auf, die die Straße entlangging.

„Ryouma!“, rief er ohne nachzudenken aus, als dieser sich näherte.

Erst zwei oder drei Sekunden später blieb dieser stehen und sah Ren verwirrt an.

„Was machst du hier?“, fragte Ren. „Müsstest du nicht in der Schule sein?“

Immerhin besuchte Ryouma eigentlich eine angesehene Privatschule in Chou, wie es seine Eltern von ihm erwarteten. Und Ren konnte sich nur schwerlich vorstellen, dass dort Vormittagsunterricht ausfiel.

Ryouma sah ihn an. „Und?“

„Schwänzt du etwa?“, fragte Ren überrascht.

Der Junge auf der anderen Seite des Zauns sah ihn nicht an. „Und wenn schon...“ Mit eisigen Augen sah er zu Boden und ging dann einfach weiter.

„Hey, Ryouma“, rief Ren ihm hinterher. „Jetzt warte doch Ryouma.“

Doch Ryouma schwieg und ging weiter, ganz so als würde er ihn nicht einmal hören... Und alles was Ren tun konnte, war seine Finger in den Maschen des Zauns zu verkrampfen und ihm hinterher zu sehen.
 

Weder Ren, noch Ryouma hatten jemals viel geredet. Weder miteinander, noch mit anderen. Ja, die meisten Worte hatten sie meist verloren, wenn sie andere herausforderten, wenn sie kämpften – im DigiQuartz. Von ihrer Gruppe war es Airu gewesen, die am meisten geredet hatte. Viele, viele unnötige Worte hatte sie verloren, während Ren und Ryouma schwiegen.

Und etwas an Ryoumas Schweigen hatte Ren seit jeher fasziniert. Mehr, als es je ein Wort aus seinem Mund gekonnt hätte.

Eigentlich hatten sie immer nur zweckmäßig zusammengearbeitet, wenn es sich gerade ergab. Sie alle hatten verschiedene Digimon gejagt. Während Ren seltenes jagte, suchte Ryouma besonders starke Digimon. Zumindest schien es so.

Natürlich hatten sie nicht wissen können, was seine eigentliche Motivation war.

Sie hatten sich nie großartig füreinander interessiert und waren sicher keine wirklichen Freunde gewesen.

Und doch war Ren von Ryoumas Schweigen fasziniert gewesen. Von der Überlegenheit und Souveränität, mit der er die Dinge anging. Von der Kühle und Intelligenz in seinen Augen.

Auch jetzt schwieg Ryouma die meiste Zeit. Ja, jetzt redete er kaum noch.

Es war anders gewesen direkt nachdem sie Bagramon geschlagen hatten. Für eine Weile schien es als wäre eine Last von Ryouma abgefallen, als würde er auftauen und hätte nun ein Ziel. Er hatte Zeit mit Taiki und den anderen verbracht und hatte viel seltener geschwiegen als zuvor, hatte ab und an sogar gelacht.

Doch dies hatte sich geändert, als die Digimon zurückkamen. War es dem alten Uhrenmacher zu verdanken? Zumindest vermutete Ren so etwas. Sie alle bekamen das erste Digimon, das sich ihnen angeschlossen hatte zurück.

Nun, Shoutmon, der (selbsternannte?) König der digitalen Welt blieb nicht immer bei Taiki, doch Tagiru hatte Gumdramon, Yuu Damemon, Airu ihr Opossomon, Hideaki Dobermon und er selbst Dracmon. Ja, auch Dorulumon, Ballistamon, Cutemon und eine ganze Horde von Pickmon, die offenbar allesamt einmal zu Taikis „Armee“ gehört hatten, kamen sie besuchen.

Einzig Ryouma hatte keinen solchen Partner. Den sein erster Partner, Psychemon – Astamon – war eine von Quartzmon erzeugte Kopie gewesen, die nun zerstört war.

Ryouma hatte keinen Partner, weil er sich einst mit Quartzmon verbündet hatte.

Doch Ren war sich nicht sicher, ob dieses abweisende, kalte Schweigen daher rührte. Schwieg Ryouma, weil er sich seines Verrates nun umso mehr bewusst war, weil er einsam war oder weil er sich nicht fühlte, als würde er zu ihnen gehören?

Darüber dachte er nach, während er nach der Schule nur sehr langsam nach Hause schlenderte.

Sicherlich hätte er fragen können, aber abgesehen davon, dass Ryouma ihm doch nicht antworten würde, war es nicht seine eigene Art so etwas zu fragen.

„Sag mal Junge“ - mit diesen Worten ließ eine Stimme ihn aufschrecken - „ist es dir so nicht etwas warm?“

Ren fuhr herum und sah die gebückte Gestalt des alten Uhrenmachers vor sich stehen, wie immer eine Hand gegen den buckeligen Rücken gedrückt.

„Ich habe dir eine Frage gestellt, Junge“, meinte der Alte nun griesgrämig.

Der Junge sah ihn an. „Nicht wirklich“, murmelte er dann. „Das ist die Antwort auf die Frage“, fügte er dann schnell hinzu und vergrub seine Hände in den Taschen seiner Sweatjacke.

„Du wirkst gelangweilt“, fuhr der alte Mann nun fort, „und bedrückt. Was genau bedrückt dich?“

Nun zog Ren die Augenbrauen zusammen. Der Uhrenmacher hatte sich schon lange nicht mehr sehen lassen und nun meinte er auf einmal dumme Fragen stellen zu müssen. „Nichts“, grummelte er daher nur zur Antwort.

Nun ließ der Alte einen tiefen Seufzer hören und sah ihn durch die roten Gläser seiner Brille an. „Nun gut, wenn du nicht reden willst...“ Er wandte sich ab und humpelte in die Richtung zurück aus der er gekommen war.

Gerade wollte auch Ren seinen Blick abwenden, als sein Blick auf einen kleinen Gegenstand fiel, der auf dem Boden, genau dort, wo der alte Mann zuvor gestanden hatte, lag. Er bückte sich und hob eine kleine SD-Speicherkarte auf. Sie war nicht beschriftet, sondern war stattdessen mit einem Muster, das Ren entfernt an das DigiQuartz erinnerte.

„Du hast etwas verloren, alter Mann“, begann er nun und sah auf.

Doch von dem Uhrenmacher war nichts zu sehen.
 

Während er weiterging konnte Ren den Blick nicht von der seltsamen Karte abwenden. Immer wieder drehte er sie in der Hand. Wieso kribbelten seine Finger, wenn er sie berührte?

Auf einmal fiel ihm etwas ein.

Er holte seinen XrosLoader aus der Tasche hervor und drehte diesen in seiner Hand. Dort an der rechten Seite des Gerätes war ein Schlitz, der scheinbar genau die richtige Größe für die Karte zu haben schien.

Was würde passieren, wenn er sie in den XrosLoader steckte?

Auf einmal leuchtete der Bildschirm des Gerätes auf und ein Lichtstrahl kam herausgeschossen, der sich unter einem gemeinen Kichern zu Dracmon materialisierte.

„Hey“, meinte er zu seinem Partner, der nur mit einem „Kekeke“ antwortete. Bisher hatte er kein einziges Mal richtig gesprochen.

„Du kannst mir auch nicht sagen, was das hier ist, oder?“ Seufzend hielt er die Speicherkarte in die Höhe, worauf sein Partner erneut zu kichern begann.

„Also weißt du es doch?“, fragte er.

Das kleine Dämonendigimon hob nur die Arme.

Wieso wurde Ren das Gefühl nicht los, dass der Uhrenmacher diese Karte mit Absicht fallen gelassen hatte?

Erneut drehte er den kleinen Gegenstand in der Hand. Sein Herz klopfte.

„Kee! Kee!“, hörte er auf einmal seinen Partner aufgeregt rufen und blickte wieder auf.

Er befand sich in einer der besseren Gegenden des Koto-Distriktes und war nun weiter von zuhause entfernt, als er es an seiner Schule gewesen war. Doch er wusste, wer in dieser Gegend lebte...

„Ryouma...“

Tatsächlich sah er den schlanken Jungen nicht weit von sich entfernt zwischen den Häusern entlang schlendern.

Dieses mal rief er nicht noch einmal nach ihm sondern rannte zu ihm hinüber. „Ryouma!“ Erst als er den anderen am schmalen Handgelenk packte, sprach er seinen Namen wieder aus.

Überrascht sah der andere ihn für einen Moment an. Dann jedoch zogen sich seine Augenbrauen wieder zusammen und er wich Rens Blick aus.

„Was ist mit dir los?“, fragte dieser nun, bevor er diese Frage überhaupt fertig gedacht hatte, und war von sich selbst überrascht.

Und wieder schwieg Ryouma nur mit abwesend wirkendem Blick.

„Was ist mit dir los?“, wiederholte Ren nun die Frage. „Wieso bist du so kalt?“

„Wieso interessiert dich das überhaupt?“, antwortete Ryouma nun langsam. „Wir sind keine Freunde, oder?“

Für einen Moment war der kleinere der beiden Jungen verunsichert. „Und wenn schon“, meinte er dann. „Ich mache mir trotzdem Sorgen, okay? Ist es weil dein Partner nicht zurückgekommen ist? Oder ist es wegen Quartzmon? Was ist los?“

Immer noch wich Ryouma seinem Blick aus. „Nichts...“, murmelte er dann. „Nichts davon...“ Er biss sich auf die Unterlippe. „Ich bin es nur leid... Ich bin es einfach nur leid.“

„Was?“

„Alles.“ Nun sah Ryouma auf und seine Augen funkelten eisig.

Da ließ Ren ihn los und machte einen Schritt zurück. Er zog den Schirm seiner Kappe etwas hinab, wich nun selbst dem Blick des anderen Jungen aus, lächelte aber dabei.

„Weißt du“, begann er, gerade als Ryouma sich zu gehen wendete. „Weißt du was ich vermisse?“ Sein Blick ruhte auf dem grauen Asphalt der von Grundstücksmauern eingeengten Straße. „Ich vermisse die Jagd... Die Aufregung... Ohne dem ist alles so...“ Für einen Moment stockte er. „So furchtbar langweilig.“ Vollkommen unbewusst griff er in seine Tasche und fand erneut die Speicherkarte. Er holte sie hervor.

Noch immer schwieg Ryouma, kam jedoch näher. „Was ist das?“, fragte er dann auf einmal.

Lächelnd sah Ren auf. „Ich weiß es nicht.“ Er holte mit der anderen Hand seinen XrosLoader hervor. Sein Herz klopfte. Für einen Moment zögerte er. Dann steckte er die Karte in den Schlitz an der Seite des Gerätes.

„Ke, ke!“, machte Dracmon, als der Bildschirm des XrosLoaders aufleuchtete.

Ein leuchtender Kreis erschien in der Luft vor ihnen und wurde immer größer. In ihm rotierten seltsame grüne und gelbe Würfel.

Beide Jungen starrten atemlos auf diesen Kreis. Sie wussten was es war: Ein Portal.

Mit einem Lichtblitz verschwand Dracmon wieder in Rens XrosLoader. Dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, liefen beide Jungen los.

Auch wenn sie nicht genau wussten, was sie auf der anderen Seite des Portals erwartete, so wussten sie, wonach sie sich sehnten: Ein neues Abenteuer.

[Digimon Adventure 02] Warten

Stichwort: Riss
 

Warten
 

Es war ein sonniger Tag in der digitalen Welt, als Floramon auf einem Spaziergang etwas entdeckte. Eigentlich hatte es sich nur ein wenig die Beine vertreten wollen und war dafür im Wald ein wenig herum gelaufen, ohne dort etwas spezielles zu suchen, aber trotzdem fand es etwas in diesem Wald auf der Insel File.

Eine Gruppe kleiner Digimon der ersten und zweiten Babystufe saßen hier um ein oranges Digiei herum. Floramon erkannte ein Chocomon, ein Pokomon, ein Koromon, ein Poromon und außerdem ein Upamon. Zwischen diesen versteckten sich außerdem ein kleines Chicomon und ein noch kleineres Punimon. Sie saßen zwischen den Wurzeln eines großen Baumes und waren halb von einigen der riesigen roten Fileblumen verborgen.

„Was macht ihr hier?“, fragte Floramon verwirrt und sah von einem Digimon zum anderen. „Warum seid ihr hier und warum ist das Ei nicht in der Stadt des Anfangs?“

Es war Poromon, das nach einer kurzen Stille zu ihm aufsah. „Wir warten“, erwiderte es.

„Darauf das eurer Freund hier schlüpft?“ Das Floramon widerstand dem Drang seine Hand auf das Ei zu legen.

Erneut bekam es seine Antwort nicht sofort.

„Wir warten“, sagte nun auch das kleine, gelbe Pokomon und sah seinen Gesprächspartner dabei nicht einmal an.

Nun legte Floramon verwirrt seinen Kopf schief. Es war selbst kein besonders kluges Digimon oder besser gesagt, hatte es sich nie dazu motiviert gefühlt nachzudenken. „Ja, aber worauf denn?“

Doch erneut schwiegen die Babydigimon nur.

Gerade, als Floramon sich mit einem Kopfschütteln abwenden wollte, erklang eine leise Stimme. „Auf unsere Partner“, fiepste das Chicomon.

Das Pflanzendigimon sah sie mit einer Mischung aus Überraschung und unverhohlenem Neid an. „Ihr habt Partner?“, fragte es aufgeregt. „Richtige, menschliche Partner?“ Es sah die kleinen Digimon an.

Natürlich gab es viele Digimon mit Partner, immerhin bekamen mehr und mehr Menschen Digivices, davon hatte sogar ein Tagträumer wie Floramon gehört. Und jedes Mal wenn ein Mensch ein Digivice bekam, so schlüpfte in der digitalen Welt ein Digimon, das dessen Partner werden sollte. Diese Digimon konnte mit Hilfe ihres Partners digitieren, ganz ohne Training. Und fast jedes Digimon, das nicht zu den erwählten gehörte, beneidete sie darum.

Aber die Babydigimon schwiegen nur und nach einer Weile erkannte Floramon, dass dieses Schweigen weder eitel, noch geheimnisvoll war, sondern eine tiefe Trauer mit sich trug.

„Was ist... Was ist mit euren Partnern?“, fragte Floramon leise.

„Sie sind nicht gekommen“, sagte Chocomon.

„Sie wollen nicht kommen“, piepste Upamon ergänzend.

Entsetzt sah das Blumendigimon sie an. „Sie wollen nicht?“, wiederholte es. „Aber wieso nicht?“

„Weil sie nie einen Partner wollten“, antwortete nun Poromon wieder. „Sie wollen nicht in die Digiwelt kommen.“

Nun schwieg auch Floramon. So etwas konnte es sich nicht vorstellen. Menschen, die ihre Partner einfach allein ließen?

Immer schon hatte Floramon gedacht, dass Menschen von Grund auf gut waren. Immerhin hatten sie ihre Welt, die digitale Welt, schon mehrfach gerettet. Es hatte Geschichten gehört, wie vor vielen, vielen Jahren Menschenkinder diese Insel von einem bösen Digimon namens Devimon befreit hatten. Sie hatten auch Vamdemon besiegt und die dunklen Meister. Ja, sogar mit dem großen Bösen, von denen Digimon nur munkelten, hatten sie es aufgenommen. Ein Mensch hatte Milleniumon besiegt und es waren auch Menschenkinder gewesen, die die Welt von diesen furchtbaren schwarzen Türmen befreit hatten.

Doch da kam ihm ein anderer Gedanke. Es hatte selbst damals noch nicht gelebt und kannte daher nur Geschichten, doch es hatte gehört, dass die schwarzen Türme selbst von einem Menschen gebaut worden waren. Eigentlich war es sich immer sicher gewesen, dass es sich dabei nur um Gerüchte handelte. Aber vielleicht... Es sah auf die Babydigimon.

In dem Moment hörte es ein Knacken und ein Riss zeigte sich auf der Schale des Digieis.

„Oh!“ und „Ah!“ machten die kleinen Digimon, als das Ei aufleuchtete, eine Art Sternschnuppe aus ihm empor schoss und im Himmel verschwand.

„Was war das?“, fragte Floramon, doch noch bevor ihm jemand antworten konnte, spähten zwei gelbe Augen aus dem Digiei hervor. Dann rutschte die obere Hälfte des aufgebrochenen Eis zu Boden und sie konnten ein Botamon erkennen, das sich neugierig umsah.

„Na du“, meinte Floramon entzückt und tätschelte den Kopf des Kleinen, während sich die Eierschalen nun in Datenpartikel auflösten.

Dem kleinen Digimon schien es zu gefallen. Es gab einen lachenden Laut von sich und kleine Seifenblasen stoben dabei aus seinem Mund hervor. Doch dann sah es auf einmal zum Himmel hinauf, dorthin, wo die Sternschnuppe verschwunden war.

„Vielleicht hat es mehr Glück“, meinte Koromon leise.

„Vielleicht kommt sein Partner tatsächlich“, flüsterte Upamon.

Sie alle sahen zum Himmel und nun folgte auch Floramon ihren Blicken. Auf einmal verstand es. Die Sternschnuppe war ein Digivice gewesen. Ein Digivice, dass in der realen Welt nun den Partner des kleinen Botamon suchte.

„Pru!“, machte dieses und weitere Seifenblasen stoben in die Luft.

Floramon sah es an. „Ich wünsche dir Glück“, flüsterte es dann.

[Digimon World Re:Digitize] Kein Weg zurück?

Stichwort: Einbahnstraße
 

Kein Weg zurück?
 

Klar und blau war der Himmel über der Stadt. Nur einzelne Wolken waren zu sehen, während die Sonne mit all ihrer Kraft strahlte, so dass man langsam glauben konnte, dass es Sommer war, obwohl der Mai erst begonnen hatte.

Taiga streckte seine Hand gen Himmel, über den sich in großer Entfernung ein Flugzeug voran bewegte und einen Kondensstreifen hinterließ.

Es war so weit entfernt...

Langsam ließ Taiga die Hand wieder sinken und schloss für einen Moment die Augen.

Er lag im Gras am Damm neben dem Kanal, der sich nicht allzu weit von dem Wohnhaus entfernt, in dem er mit seiner Mutter lebte, durch die Stadt zog. Nur knapp zwei Meter von seinem Kopf entfernt, liefen ab und an Leute über den Weg auf der Kuppe des Damms und manchmal konnte er auch das Rauschen eines vorbeifahrenden Fahrrads hören.

Es war nun einen Monat her...

Wieder öffnete er seine Augen und löste das Smartphone von der Tasche an seinem Arm, um auf den Bildschirm zu schauen.

Noch immer war die Digimon-App von GIGO dort installiert.

Er tippte das Symbol an und sah zu Victory Greymon, das er dort nun auf ein paar Pixel reduziert dort sehen konnte. Sein Partner, den er nun nur noch auf diese Art beobachten konnte, solang sie keinen Weg fanden, das Digitize-Programm neu zu starten.

Und vielleicht war es auch besser so...

„Habe mir doch gedacht, dass ich dich hier finde“, hörte er eine ihm wohl vertraute Stimme, ehe das nicht minder vertraute Gesicht eines blonden Jungen mit Brille in seinem Blickfeld erschien. „Willst du die ganze Golden Week mit Faulenzen verbringen?“

Taiga antwortete nicht sofort. Er richtete sich auf und steckte sein Smartphone wieder in seine Tasche.

„Hier“, meinte der andere Junge nun und setzte sich neben ihm. Dabei reichte er ihm eine gekühlte Cola-Dose.

„Danke.“ Taiga nahm die Dose entgegen und hielt sie für einen Moment in den Händen, um die Kälte zu genießen. Dann öffnete er sie, um einen Schluck zu trinken.

So sahen die beiden Jungen auf das Wasser des Kanals hinab, das im Sonnenlicht schimmerte. Auf der anderen Seite konnten sie die Bahnlinie und dahinter auch eine der Straße erkennen. Eine Straßenbahn schob sich über die Schienen voran und erinnerte Taiga an jene andere Welt. Doch darüber wollte er nicht reden.

„Wie geht es deinem Vater?“, fragte er stattdessen, ohne seinen Freund anzusehen.

Nico zuckte mit den Schultern. „Es wird wieder. Ich bin zumindest froh, dass er wieder da ist.“

So saßen sie dort nebeneinander und schwiegen.

Es war klar, dass ihnen beiden dasselbe Thema auf dem Herzen lag. Immerhin waren sie beide in der digitalen Welt gewesen, hatten zusammen gekämpft, hatten ihren Partnern geholfen sich weiter zu entwickeln und hatten am Ende doch wieder zurückkehren müssen. Dabei war es nicht so, als ob Taiga nicht auch froh war, wieder zuhause bei seinen Eltern zu sein, doch er wünschte sich, er hätte mehr Zeit mit seinem Partner verbringen können.

Auf der anderen Seite des Kanals fuhr eine weitere Straßenbahn vorbei und erinnerte Taiga an die Ebene direkt vor der großen Stadt, auf der Gleise, die plötzlich anfingen und genau so plötzlich endeten, lagen. Dort war er aufgewacht, nachdem er dank dem Digitize-Programm in die digitale Welt gekommen war.

Es gab dort so viele Orte, die er gerne noch weiter erforscht hätte. So viele verrückte Orte...

Eine Wüste, in der Meterhohe Glühbirnen lagen. Einen Wald voller Straßenschilder. Ein Abwassersystem, das aussah, wie ein Palast. Ein Sumpf, in dem alle Pflanzen leuchteten.

Und das alles war nur auf der Insel File gewesen... Und er war sich sicher, dass dies nicht die einzige Insel in der digitalen Welt war.

Nun, vielleicht fanden sie noch einen Weg...?

Es musste doch einen Weg zurück geben, oder? Einen Weg zurück in die digitale Welt...

Er streckte sich und gähnte.

„Wenn du dich langweilst, solltest du deine Hausaufgaben machen“, schlug Nico mit einem halbherzigen Grinsen vor. „Die Golden Week hat auch nur sieben Tage.“

Taiga ließ sich wieder rückwärts ins Gras fallen. „Ich weiß“, murmelte er. „Aber diese... Ich meine, Hausaufgaben sind langweilig.“

Nico zuckte mit den Schultern. „Getan werden müssen sie trotzdem.“

„Ich weiß“, grummelte Taiga noch unzufriedener. Daran wollte er im Moment gar nicht denken.

„Außerdem solltest du dich mal wieder im Chat sehen lassen“, fügte Nico vorsichtig hinzu. „Es wurde schon nach dir gefragt.“

Verwirrt sah Taiga ihn an. „Hö?“

„Du hast den Kampf mit Akiho noch nicht zu Ende geführt“, erwiderte der russischstämmige Junge. „Sie ist überzeugt, dass sie dich schlagen kann.“

„Aber Garudamon...“, begann Taiga. Unwillkürlich nahm er sein Smartphone wieder in die Hand und sah auf das Display.

Akihos Piyomon hatte sich in der digitalen Welt nur zu Garudamon entwickelt und damit sein Perfect-Level erreicht. Sein eigenes Agumon dagegen war zu Victory Greymon geworden, was sein finales Level war. Wie wollte Akiho ihn so schlagen?

Davon abgesehen war ein virtueller Digimonkampf nicht mehr dasselbe, sobald man einen richtigen Kampf erlebt hatte.

Dennoch rief er schließlich dein Posteingang seines GIGO-Accounts ein und fand tatsächlich eine ganze Reihe von Herausforderungen. Gut zwei Drittel der Herausforderungen waren von einem User namens Nyanko Tamer geschickt worden – Akiho.

Sie war, zumindest bis zu dem Vorfall in den Frühjahrsferien, die amtierende Champion des Digimon Colloseum gewesen, und hatte ihn – die „Nummer 3“ in der Rangliste – zu einem Kampf aufgefordert, der am Ende unterbrochen worden war.

Kurz danach war Akiho zusammen mit Nico und Taiga in die digitale Welt gekommen.

Er seufzte. „Aber sie hat doch keine Chance“, meinte er schließlich halbherzig. „Garudamon... Ich meine... Victory Greymon...“

„Was ist mit Garudamon?“, fragte eine weibliche Stimme.

„Du bist endlich da“, grinste Nico das Mädchen an, das sein Fahrrad am Rand des Weges abstellte und zu ihnen gelaufen kam.

„Was ist mit Garudamon?“, wiederholte Akiho ihre Frage.

Taiga hätte nun gerne geantwortet oder vielmehr noch Nico gefragt, wieso nun auch Akiho hier war, doch stattdessen schwieg er nur, da Akiho eine knappe Armlänge von seinem Kopf stehen geblieben war und einmal wieder nicht mehr als ein sehr knappes Kleid trug. Wie fuhr sie mit diesem Kleid überhaupt Fahrrad?

„Was ist?“, fragte das Mädchen nun und zog seine Augenbrauen zusammen. Sie beugte sich vor, so dass ihr Kopf beinahe genau über seinem war.

Aber Taiga wurde nur rot. Dann auf einmal, durchfuhr ihn der Impuls sich aufrichten zu müssen und stieß dabei mit mit Akihos Kopf zusammen, da er nicht darüber nachgedacht hatte, dass dieser im Weg war.

„Au! Was soll das?“ Das Mädchen hielt sich die Stirn und taumelte etwas zurück. „Kannst du mich vielleicht mal warnen...?“

„T-t-tut mir leid...“, stotterte Taiga und hielt sich seinerseits die Stirn. „War... War keine Absicht.“

Nun sah ihn auch Nico besorgt an. „Was ist denn los?“

Der andere Junge schluckte. „Unterhose...“, flüsterte er und hoffte, dass Akiho ihn nicht hört. Dabei unterschätzte er jedoch ihre guten Ohren.

„Idiot!“

„Was kann ich dafür, dass du so kurze Röcke trägst und dich dann auch noch... Dahin stellst?“, beschwerte sich Taiga.

„Dann schau halt nicht hin.“ Akiho verschränkte die Arme.

„Was machst du überhaupt hier?“, verlangte der Junge nun zu wissen und sah sie an.

„Frag Nico!“

Er sah zu seinem Freund, der nun selbst einen Moment brauchte, um zu antworten. „Nun...“ Er räusperte sich. „Du wirktest in den letzten Wochen etwas niedergeschlagen... Und da dachte ich, wir könnten etwas zusammen machen.“

„Auch ohne Digimon“, fügte Akiho hinzu und lächelte sanft.

Wieder wandte sich Taiga dem Kanal zu. Er seufzte. „Aber...“, begann er vorsichtig. „Wärt ihr denn nicht auch gerne länger dort geblieben? Ich meine... Was ist mit Garudamon? Und Mirage Gaogamon? Ich meine... Digitorin und Sashenka?“ Er benutzte die Namen, die die beiden ihren Partnern gegeben hatten.

Für einen Moment antwortete keiner der beiden anderen Tamer.

„Na ja“, meinte Nico schließlich. „Ich bin froh, dass Otjetsch wieder zuhause ist... Natürlich wäre es schön, Sashenka wiedersehen zu können, aber ich kann warten...“

„Und ich bin mir sicher, dass ich Digitorin schon bald wieder treffen werde“, fügte Akiho lächelnd hinzu. „Ich bin mir sicher, dass Mirei-san dafür eine Lösung findet.“

„Vielleicht“, murmelte Taiga und seufzte erneut.

„Außerdem kannst du doch noch immer Kontakt zu Agumon, also Victory Greymon haben.“ Nico klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bin mir sicher, dass er froh wäre, mal wieder kämpfen zu können.“

Taiga sah auf das Display des Mobiltelefons, das er noch immer in der Hand hielt. „Ihr habt ja Recht“, meinte er schließlich.

„Natürlich.“ Akiho grinste ihn an.

Für einige Sekunden herrschte Schweigen zwischen den drein, während ein weiterer Radfahrer an ihnen vorbeifuhr.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Taiga schließlich seine Freunde.

„Wie wäre es, wenn du mir einen Milchshake kaufst“, antwortete Akiho sofort. „Du bist mir was schuldig... Doppelt sogar!“

Der Junge seufzte. „Von mir aus.“

„Außerdem könnte ich was zu Essen vertragen“, meinte Nico und stand auf, ehe er Taiga die Hand hinhielt, um ihm aufzuhelfen.

Dieser ergriff sie und ließ sich hochziehen. „Na gut.“

„Wunderbar!“ Akiho ging zu ihrem Fahrrad und wartete darauf, dass Taiga und Nico ihre holten, da Nico sein eigenes neben dem Taigas am Ufer des Kanals abgestellt hatte.

„Und?“, fragte Nico, als sie ihre Fahrräder erreichten, und blickte sich kurz zu dem Mädchen um.

„Was und?“ Verwirrt sah Taiga ihn an.

Nico senkte seine Stimme noch weiter. „Na... Die Unterhose?“

„Wieso sollte ich dir das sagen?“, erwiderte sein Freund und wurde allein bei dem Gedanken schon wieder rot.

Für einen Moment zögerte Nico, der bereits den Lenker seines Fahrrads in der Hand hielt. „Ich lasse dich meine Mathehausaufgaben abschreiben“, bot er schließlich an.

Taiga überlegte. Dann nickte er. „Weiß mit pinken Streifen...“

[Digimon Tamers] Mutter & Tochter

Stichwort: Make-Up
 

Mutter & Tochter
 

„Es ist schon in Ordnung“, blockte Ruki eine weitere Entschuldigung ab, noch ehe ihre Mutter diese aussprechen konnte.

Makino Rumiko stand mit zwei Taschen im Flur des im altjapanischen Stil gebauten Hauses und sah besorgt zu ihrer Tochter, die mittlerweile beinahe so groß war, wie sie selbst. „Aber ich hatte dir doch versprochen, dass ich dieses Jahr mal wieder zuhause bin“, meinte sie besorgt.

„Und ich habe schon mehrfach gesagt, dass es mir ohnehin egal ist, ob du da bist oder nicht“, erwiderte ihre Tochter kühl. „Jetzt mach deswegen doch keinen Aufstand.“

„Du bist immer so kühl, Ruki-chan“, seufzte Rumiko und atmete tief durch.

Sie hatte kurzzeitig eine Einladung zu einem Fotoshooting auf Hawaii bekommen und unüberlegt angenommen, obwohl Rukis 16ter Geburtstag in der Woche lag, die sie nun auf Hawaii verbringen würde. Damit war sie, schon das dritte Jahr in Folge nicht an Rukis Geburtstag bei ihrer Tochter, was sie jedoch offenkundig mehr störte, als die beinahe 16 Jahre alte Tochter.

„Ich sage nur die Wahrheit“, erwiderte diese nun trotzig. „Also mach nicht schon wieder ein Drama daraus.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist ja nicht so, als würde ich jetzt allein sein. O-baa-chan und Renamon sind da und außerdem...“ Sie brach ab, da sie wusste, dass es nicht unbedingt das klügste war, den Satz gegenüber ihrer Mutter zu Ende zu bringen.

Dies schien allerdings auch gar nicht, da ihre Mutter bereits bestens informiert zu sein schien. „Ja, ich weiß. Du hast ein Date.“

„Das geht dich nichts an“, grummelte das Mädchen.

„Ach, ich freue mich, dass du endlich einen Freund hast“, meinte Rumiko unbeirrt, woraufhin Ruki nur seufzte.

Sie verstand ihre Mutter nicht. Sie tat geradezu so, als wäre 15 ein sehr spätes Alter, um einen Freund zu haben. Dachte sie etwa, dass Ruki so enden wollte, wie sie? Mit 18 schwanger, deswegen verheiratet und nicht minder schnell geschieden?

Nein, Ruki konnte darauf verzichten.

Dennoch hielt sie sich zurück und sagte dies nicht, denn sie bemühte sich, ihrer Mutter gegenüber zumindest etwas Respekt zu zeigen - selbst wenn sich diese selten, wie eine Mutter und wesentlich öfter wie eine ältere Schwester verhielt.

„Du siehst also“, begann sie stattdessen, „ich werde ohnehin nicht da sein. Und am Tag nach meinem Geburtstag bin ich mit Takato und den anderen weg. Du würdest mich ohnehin nicht sehen, okay? Also fahr' du zu deinem Fotoshooting und hör' auf dich ständig deswegen zu entschuldigen. Das nervt.“

Ihre Mutter seufzte. „Ich ja gut, Ruki-chan, ich habe schon verstanden...“

In dem Moment klingelte es an der Tür zum Grundstück.

„Dein Taxi“, meinte Ruki und wurde kurz darauf von ihrer Großmutter bestätigt, die vom Eingang des Hauses aus rief: „Rumiko-chan, dein Taxi ist da.“

Rumiko seufzte und griff dann in ihre Tasche, um ein kleines, rundes Päckchen aus dieser heraus zu holen. „Ich wünsche dir einen schönen Geburtstag.“ Sie gab ihr das Päckchen. „Das ist mein Geschenk. Ich dachte, du kannst es an deinem Geburtstag gebrauchen.“ Sie zwinkerte ihrer Tochter zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Rumiko-chan!“, rief Hata Seiko von der Tür des Hauses zu ihnen hinüber.

„Ich komme schon“, erwiderte Rukis Mutter, nahm ihre Taschen und lief zur Tür.

Derweil sah Ruki auf das Geschenk in ihrer Hand und seufzte. Sie ahnte, dass es nichts sein würde, was sie gebrauchen könnte, denn die meisten Geschenke ihrer Mutter waren dafür zu unpraktisch und „mädchenhaft“. Es war ja nicht so, als würde sie nicht ab und an etwas weiblichere Oberteile tragen, aber auf Rüschen und alles was rosa oder gar pink war, konnte sie getrost verzichten.

Während sie das dachte, kam ihre Großmutter den Flur entlang auf sie zu und brachte sie dazu aufzusehen.

„Musstest du ihr sagen, dass ich mich an meinem Geburtstag mit Ryou treffe?“ Sie weigerte sich, es als Date zu bezeichnen.

Seiko lächelte nur besonnen und zuckte mit den Schultern. „Ach, sie hätte es sowieso herausgefunden.“

Daraufhin seufzte Ruki erneut. Zwar wusste sie, dass ihre Großmutter recht hatte, aber ihr gefiel es dennoch nicht, dass sie sich bereits jetzt darauf freuen konnte, im Nachhinein ausgefragt zu werden.

„Und“, fragte Seiko nun. „Was hat sie dir dieses Jahr geschenkt?“

Das Mädchen zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich irgendetwas unnützes“, seufzte sie. „Ich gehe auf mein Zimmer.“ Und ohne Auf eine Antwort ihrer Großmutter zu warten, tat sie das auch.

Dort legte sie das Päckchen auf den Tisch und setzte sich dann auf den Boden. Für einen Moment überlegte sie, was sie tun sollte, entschied sich dann jedoch an einem Buch weiter zu lesen, dass sie letzte Woche angefangen hatte.

Ihre Prüfungen für dieses Schuljahr waren bereits vorbei, so dass sie mehr als genug Zeit hatte.

Im Moment machten nur selten wilde Digimon die Stadt unsicher und Takato und die anderen waren Ihrerseits selbst mit der Schule beschäftigt. Sie sah sie in letzter Zeit meist nur am Wochenende, auch wenn es in den Ferien, die in zwei Tagen begannen, anders aussehen würde.

So schlug sie das Buch auf und lehnte sich gegen die Wand ihres Zimmers.

Jedoch kam sie nicht sehr weit, ehe die Tür zu ihrem Zimmer aufgeschoben wurde und Renamon hereinkam.

„Ich bin wieder da“, kündigte es formal an.

„Hey“, erwiderte sein Tamer vom Buch aufsehend. „Wo warst du?“

„Ich habe mich etwas umgeschaut“, erwiderte Renamon. „Habe nach wilden Digimon ausschau gehalten. Aber es ist alles ruhig.“ Damit zog es die Tür hinter sich zu.

„Kann man nichts machen.“ Ruki wollte sich wieder ihrem Buch zuwenden, als Renamon das Päckchen auf dem Tisch entdeckte.

„Was ist das?“

Erneut ließ Ruki das Buch senken und folgte dem Blick ihres Digimon. „Ein Geschenk meiner Mutter, weil sie an meinem Geburtstag nicht da ist.“

„Und was ist es?“, fragte das Digimon, obwohl ihm sehr wahrscheinlich klar war, dass sie es noch nicht geöffnet hätte.

„Ich weiß es nicht“, antwortete sie daher. „Aber wahrscheinlich nichts, was ich gebrauchen kann... Wäre jedenfalls was neues.“

Renamon schien darüber etwas amüsiert. „Zumindest scheint es kein Kleid zu sein.“

Dies ließ Ruki leicht lächeln. „Zumindest das“, meinte sie und legte nun das Buch ganz zur Seite. Sie rückte wieder näher an den Tisch und nahm das Päckchen von ihm herunter. Sich dessen bewusst, dass Renamon sie beobachtete, öffnete sie die Verpackung und holte ein kleines Döschen daraus hervor. Als sie erkannte, was es war, seufzte sie. „Irgendwie hätte ich ein Kleid bevorzugt“, murmelte sie geistesabwesend.

„Was ist es?“, fragte ihr Partner.

Daraufhin stellte sie die Dose auf den Tisch. „Make-Up.“
 

Drei Tage später ging Ruki schweigend neben Ryou her, während Namiko, die Tochter von Reika und Yamaki, unbeholfen hinter einigen Tauben herjagte. Es war der erste Sonntag in den Frühjahrsferien und gleichzeitig der Tag vor Rukis Geburtstag.

Ryou hatte heute frei, doch obwohl er von sich aus angeboten hatte, Ruki Gesellschaft zu leisten, während sie auf Namiko aufpasste, schien er langsam etwas genervt.

Er seufzte, als die Dreijährige hinfiel und anfing zu weinen.

Noch bevor Ruki das Kind erreichen konnte, war Renamon bei ihm und half ihm aufzustehen, ehe auch das Mädchen bei ihnen war.

„Alles in Ordnung?“, fragte Ruki und klopfte die Hose des kleinen Mädchens ab, das sich einzelne Tränen aus den Augen rieb.

Namiko schluckte schwer und schien offenbar zu versuchen, mit dem Weinen aufzuhören. Sie nickte.

„Dann ist ja gut“, meinte Ruki und strich ihr über den Kopf, ehe sie sich aufrichtete. „Komm“, sagte sie und hielt dem Kind die Hand hin.

Noch immer mit feuchten Wangen nahm Namiko die Hand und lief nun neben Ruki her, ehe Ryou auf ihrer anderen Seite erschien.

„Wer hätte gedacht, dass du dich so gut um Kinder kümmern kannst“, murmelte er und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf.

„Ach, sei ruhig“, erwiderte Ruki gereizt und sah ihn böse an.

„Ich mein doch nur...“ Er wich ihrem Blick aus. „Ich finde es ganz niedlich. Auch wenn ich natürlich etwas eifersüchtig werde.“

„Ruki ist nicht niedlich“, murmelte nun das Kind und warf ihm ebenfalls einen empörten Blick zu. „Ruki ist cool.“

„Ja, ja...“ Er seufzte nur und zog eine Augenbraue hoch. „Jetzt wirst du auch noch von dem Kind verteidigt... Ich frage mich...“ Er ließ den Satz ausschweifen, doch Ruki ahnte, worauf er hinaus wollte.

„Komm nicht mal auf solche Gedanken“, murmelte sie und sah nun selbst zu Boden.

Zugegebener Maßen überraschte es sie selbst, dass sie nicht nur gut mit dem Kind auskam, sondern auch eine Art Superstar in den Augen Namikos zu sein schien, die bei jeder Möglichkeit förmlich an ihr klebte. Außerdem war das Mädchen von Renamon begeistert, was dieses Verhalten noch verstärkte.

Und beinahe jeder - vor allem ihre Mutter, ihre Großmutter, Takato, Jenrya, Juri, Hirokazu und Ryou - musste bei jeder Möglichkeit anmerken, wie niedlich dies doch war. Eventuell wurden diese Aussagen mit Sätzen, die meist mit „Ich hätte ja nie gedacht“ anfingen ergänzt.

Tatsächlich schwieg Ryou nun für eine Weile.

Erst, als Namiko sich wieder etwas entfernte - dieses Mal, um mit dem Wasser an einem der vielen Brunnen zu spielen - wandte er sich zu Ruki, die ihrerseits das Kind nicht aus den Augen ließ.

„Du scheinst schlecht gelaunt zu sein, ist irgendwas?“, fragte er vorsichtig.

„Was sollte sein?“, grummelte sie.

Er zuckte mit den Schultern. „Weiß ich nicht. Deswegen frage ich dich ja.“

„Es ist nichts“, antwortete sie. „Gar nichts...“

Daraufhin seufzte Ryou noch einmal. „Ich hoffe, du bist morgen besser gelaunt“, meinte er und legte beiläufig einen Arm um sie. „Es sei denn, du fängst jetzt schon an, dass du über jeden Geburtstag verzweifelst“, fügte er dann Scherzhaft hinzu. „Dafür wäre es allerdings wirklich etwas früh.“

„Quatsch“, meinte sie.

„Na dann...“ Ryou ließ es dabei beruhen und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe Ruki sich von ihm löste.

Sie sah auf die Uhr. „Ich treffe mich gleich mit Reika-san“, meinte sie, „um Namiko zurück zu bringen.“ Für einen Moment zögerte sie. „Kommst du mit?“

Daraufhin sah Ryou zu dem kleinen Mädchen, das auf Knien vor dem Brunnen saß und planschte. Dann schüttelte er den Kopf und streckte sich. „Nein“, erwiderte er. „Ich lasse euch Frauen einmal Frauen sein. Und freue mich, dich morgen mal wieder für mich allein zu haben.“ Damit grinste er neckisch. „Ich habe dich morgen ja für mich allein.“

Ruki nickte nur knapp. „Namiko, komm“, rief sie dann zu dem Kind hinüber.

Doch während das Kind zu ihr hinüber lief, nahm Ryou sie bei den Schultern und küsste sie noch einmal auf die Lippen.

Während Ruki ihn für einen Moment gewähren ließ, riss sie sich dann los. Ihre Wangen brannten. „Lass das“, murmelte sie. „Nicht hier.“ Immerhin schauten sich schon einige Leute, zu ihnen um, während Namiko ein langgezogenen „Bäh“ hören ließ.

„Ja ja“, murmelte Ryou und verdrehte die Augen. Er grinste sie an und wandte sich ab. „Wir sehen uns morgen!“ Damit entfernte er sich.

Derweil sah Namiko zu Ruki. „Ryou-san ist blöd“, meinte sie, was Ruki unwillkürlich etwas lächeln ließ.

„Ja. Manchmal schon.“
 

Eine dreiviertel Stunde später saß Ruki zusammen mit Reika und Namiko in einem kleinen Café nicht weit vom Shinjuku Central Park entfernt. Reika hatte sie auf einen Kakao eingeladen und da Ruki es nicht sonderlich eilig hatte, nach Hause zu kommen, und es auch sonst nichts gab, was sie noch tun sollte, hatte sie angenommen, auch wenn sie nun schweigend die Eisschokolade durch ihren Strohhalm trank und dabei am Café vorbeigehende Leute durch das Fenster beobachtete.

Namiko war währenddessen begeistert damit beschäftigt, selbst einen kalten Kakao zu trinken und ein Stück Kuchen zu essen, was freilich nicht möglich war, ohne die Hälfte des Kuchens über ihre Finger und ihr Gesicht zu verschmieren.

Während Reika ihrer Tochter das Gesicht mit einer Servierte abwischte, sah sie zu Ruki. „Du wirkst etwas niedergeschlagen“, stellte sie schließlich in einem beiläufigen Ton fest.

„Hmm“, machte das Mädchen nur anstatt zu antworten.

Für einen Moment schwieg die erwachsene Frau. „Ist etwas mit Ryou?“

Nun sah Ruki sie missmutig an. „Davon abgesehen, dass er ein Idiot ist? Nicht wirklich...“

„Das kann man über viele Männer sagen“, meinte Reika nur und lächelte.

Daraufhin seufzte Ruki. „Wahrscheinlich.“

„Heißt das, Papa ist auch ein Idiot?“, fragte Namiko, die neugierig, wie Kinder in ihrem Alter oftmals waren, gespannt lauschte.

Ihre Mutter wandte sich ihr zu. „Manchmal schon“, antwortete sie und lächelte.

„Wann denn?“ Das Kind sah sie fragend an.

Für einen Moment überlegte Reika. „Zum Beispiel, wenn er versprochen hat, das Wohnzimmer aufzuräumen und es dann doch nicht tut.“ Dabei war es offensichtlich, dass sie ein Beispiel ausgesucht hatte, das ihre Tochter auch verstehen konnte.

Diese verschränkte die Arme und zog die Augenbrauen zusammen. „Hmm.“

Da wandte sich Reika erneut zu Ruki. „Wenn es nicht an Ryou liegt, woran dann?“, fragte sie nun offen neugierig. „Immerhin bist du eindeutig noch zu jung, um wegen einem Geburtstag deprimiert zu sein.“

Für eine Weile schwieg Ruki eisern, seufzte aber dann. „Ich bin nicht deprimiert“, antwortete sie dann. „Ich bin nur sauer.“

Daraufhin erwiderte die Erwachsene nichts, sondern schien nur zu warten, dass das Mädchen weiter sprach.

„Meine Mutter“, murmelte Ruki schließlich widerwillig, da sie es selbst als unfair ihrer Mutter gegenüber empfand, sich bei jemand anderem darüber zu beschweren. Als Reika sie jedoch weiterhin neugierig ansah, ergänzte sie: „Sie ist immer um mich besorgt, gibt sich aber keine Mühe...“ Sie brach ab. Es kam ihr eigentlich selbst albern vor. „Sie hat mir zum Geburtstag Make-Up geschenkt“, erklärte sie genervt. „Man sollte meinen, dass sie mich besser kennt.“

Bevor Reika dazu etwas sagen konnte, fügte Ruki hinzu: „Und es ist nicht das erste Mal, dass sie mir etwas so... So mädchenhaftes schenkt.“ Um nicht zu sagen, dass sie mir nie etwas anderes geschenkt hat, fügte sie in Gedanken hinzu.

Es dauerte wieder einen Moment bis Reika antwortete, die offenbar wartete, bis sie sich sicher war, dass Ruki alles gesagt hatte, was sie sagen wollte. Sie lächelte noch immer, nun aber offenbar etwas amüsiert, was dafür sorgte, dass die 16Jährige etwas beschämt auf die Tischplatte sah.

„Aber du bist doch ein Mädchen“, stellte sie schließlich nüchtern fest.

„Aber nicht so ein Mädchen“, meinte Ruki.

Zumindest Namiko schien, wenn auch nicht bewusst, zu verstehen, was sie meinte. „Ruki ist viel cooler als andere Mädchen!“, meinte sie und brachte damit das ältere Mädchen zum Lächeln.

„Und was für ein Mädchen bist du dann?“, fragte Reika und stürzte ihr Kind auf den ineinander verschränkten Händen ab.

Ruki zögerte. Sie fühlte sich gleichzeitig albern und ihrer Mutter gegenüber schuldig.

Es ging ihr nicht um das Geschenk, denn ihr wäre es auch Recht gewesen, hätte ihre Mutter ihr gar nichts geschenkt. Viel mehr ging es um etwas ganz anderes.

„Ich bin eben nicht wie meine Mutter“, murmelte sie schließlich leise und kaum hörbar. „Ich bin nicht wie sie und ich will auch gar nicht so sein. Aber manchmal glaube ich, dass sie immer noch will, dass ich werde wie sie.“ Für einen Moment schwieg sie. „Außerdem“, begann sie dann unsicher. „Außerdem...“ Noch immer glaubte sie, dass es falsch war darüber zu reden. Vor allem hier, vor allem mit Reika, vor allem wo Namiko dabei war. Doch sie konnte mit Renamon nicht darüber reden, da dass Digimon es nicht verstand, und auch ihre Großmutter tat es meist mit einem lachen ab. „Sie verhält sich nicht, als wäre sie meine Mutter, sondern mehr wie eine ältere Schwester. Sie verhält sich allgemein einfach... Einfach nicht erwachsen. Ich meine, meine Mutter ist genau so alt, wie Sie, Reika-san und...“ Sie sprach nicht weiter, sah die Frau nur vielsagend an.

Für eine Weile schwieg Reika und sah sie - nun weitaus nachdenklicher als zuvor - an. „Hast du schon einmal versucht mit deiner Mutter darüber zu reden?“

Ruki seufzte. „Ja. Aber ich glaube, sie versteht es nicht einmal.“ Erneut wandte sie sich der Straße zu. „Ich sollte eigentlich gar nicht darüber reden.“

„Ach was“, erwiderte Reika und lächelte sie an. „Ich sage es schon niemanden weiter.“ Dann schwieg sie noch einmal kurz. „Man kann sich seine Eltern halt nicht aussuchen“, meinte sie. „Ich kann verstehen, dass du manchmal etwas sauer auf deine Mutter bist. Aber andere Mädchen sind auch sauer auf ihre Mütter.“ Sie sah zu ihrer eigenen Tochter.

„Ich weiß“, murmelte Ruki.

„Aber ich verstehe, dass es schwer ist, wenn du nicht mit deiner Mutter reden kannst“, fuhr Reika fort. „Was ist mit deiner Großmutter?“

„Sie ist meistens zu gutmütig“, seufzte das Mädchen und kam sich dabei vor, als hätte sie an allem etwas auszusetzen. Auch wenn die Wahrheit war, dass sich ihre Großmutter ihr gegenüber viel eher wie eine Mutter verhielt. „Ich meine, ich kann auch mit Renamon reden... Oder mit den anderen. Es wäre nur schön, würde meine Mutter zumindest versuchen mich zu verstehen... Anstatt so zu tun, als wäre ich sie.“

„Ich glaube nicht, dass sie das mit Absicht tut“, erwiderte Reika.

„Ich weiß...“ Ruki seufzte. Dann fiel ihr Namiko auf, die mittlerweile nicht mehr neugierig, sondern viel mehr gelangweilt über den Tisch starrte. „Ich sollte wirklich nicht darüber reden“, meinte sie und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid.“

Daraufhin sah die Erwachsene ebenfalls zu Namiko und strich über den Kopf des Kindes. Sie schien zu verstehen. „Wir sollten vielleicht langsam nach Hause. Zumal ich Mitsuo nicht hungern lassen will“, meinte sie lächelnd und Ruki nickte nur.

„Aber Ruki“, begann Reika, bevor sie das Café verließen, was das Mädchen dazu brachte, sich zu ihr umzudrehen. „Wenn du wirklich mal worüber reden willst, kannst du auch zu mir kommen.“

Das Mädchen merkte, wie sie etwas rot wurde. „Danke“, murmelte sie beiläufig und wollte schon gehen, als Reika ihr eine Hand auf die Schulter legte.

„Noch etwas, Ruki“, meinte sie und zwinkerte. „Nicht nur solche Mädchen tragen Make-Up.“
 

Draußen war es bereits dunkel, als Ruki in ihrem Zimmer saß, das Döschen Make-Up in der Hand. Sie seufzte leise.

„Was hast du, Ruki?“, hörte sie Renamons Stimme, als das Digimon aus dem Schatten zu ihr trat.

Irgendwie stellte sie fest, dass sie ganz froh war, dass Renamon das Gespräch im Café nicht hatte belauschen können.

Sie wusste, was Reika hatte sagen wollen, doch bei dem Gedanken fühlte sie sich dennoch nicht ganz wohl. Immerhin hatte sie noch nie Make-Up getragen und wusste auch so, dass sie sich damit albern fühlen würde.

„Ruki?“, fragte Renamon.

Mit einem matten Lächeln stellte sie das Döschen auf den Tisch. „Es ist nichts, Renamon“, meinte sie. „Meine Mutter ist nur manchmal etwas blöd.“

[Digimon Adventure V-Tamer 01] Am Straßenrand

Stichwort: Straßenverkehr
 

Am Straßenrand
 

Sag, Gabo, wie geht es euch in der digitalen Welt? Wie viel Zeit ist dort vergangen, seit wird gegangen sind? Ist noch immer alles in Ordnung? Hast du es endlich geschafft, das Adult-Level zu erreichen? Wie geht es den anderen?

Mir und den anderen geht es gut. Die Frühjahrsferien sind bald zu Ende. Dann beginnt das neue Schuljahr. Ich werde in die sechste Klasse kommen. Nur noch ein Jahr bis zur Mittelschule. Ach... Die Lehrer haben gesagt, wir würden dieses Jahr besonders viel lernen müssen. Wenn ich daran denke, wäre ich lieber in der digitalen Welt um mit euch Abenteuer zu erleben...
 

Es war der letzte Tag der Frühjahrsferien. Der letzte Tag vor Beginn von Taichis sechstem Schuljahr.

Das gute Wetter sorgte nicht dafür, dass sich seine Laune besserte, da die Aussicht, bald bei diesem Wetter den halben Tag in einem stickigen Klassenraum zu sitzen, nicht sonderlich reizvoll war. Lieber würde er draußen sein, um mit Schulfreunden Fußball zu spielen oder sich mit Neo, Hideto und den anderen treffen, um ihre Digimon gegeneinander kämpfen zu lassen.

Eigentlich war es nicht so, dass er die Schule hasste, doch er sehnte sich im Moment auch nicht unbedingt dorthin zurück.

So kam er auch jetzt – es war der Nachmittag des 9. Mais – einen Fußball vor sich her kickend und immer wieder mit seinen Knien in die Luft schießend vom Park zurück. Dabei ging er einen Fußweg zwischen zwei neueren Wohnhäusern entlang, der von Büschen gesäumt wurde, ehe er zu einer Straße kam.

Ein letztes Mal kickte er den Ball in die Höhe, ehe er ihn auffing und unter den Arm klemmte, um zu vermeiden, dass der Ball auf die Straße kam oder er jemand auf dem recht engen Bürgersteig belästigte.

Bevor er jedoch auf den Bürgersteig trat, blieb er stehen und holte ein kleines, rotes Gerät aus seiner Tasche und sah auf den Bildschirm. Matt lächelte er. Es war alles beim alten. Zero schien es gut zu gehen.

So trat er auf den Bürgersteig und begann sich auf den Heimweg zu machen. Immerhin hatte seine Mutter ihm klar gemacht, dass er Ärger bekommen würde, wenn er schon wieder bis zum Abend draußen bleiben würde. Eigentlich sollte er auch etwas lernen, doch dafür war bei dem Wetter keine Zeit.

Kurz bevor er zur für tokyoter Verhältnisse kleinen Kreuzung kam, die er überqueren musste, um zu seinem Block zu kommen, wehte eine sanfte Brise von der nicht weit entfernten Bucht durch die Straßen und umspielte das wilde Haar des Jungen, der für einen Moment inne hielt und in die Richtung sah, aus der der Wind kam.

Da sah er ein vertrautes Gesicht auf der anderen Seite der Straße, wo in der Nähe der eigentlichen Kreuzung eine Bucht an den Bürgersteig angrenzte, in der Bänke und ein paar Bäume standen. Sie gehörte wahrscheinlich zu einem dortigen Apartmenthaus.

Zwischen zwei der Bänke saß ein Mädchen in einem Rollstuhl und sah Gedankenverloren auf die vorbeifahrenden Autos.

„Hey, Rei!“, rief er und winkte ihr zu, doch sie schien ihn nicht zu hören.

Kurz überlegte er, entschloss sich aber dann zu ihr herüber zu gehen. Seine Mutter würde wohl auch ein paar Minuten länger warten können.

So stellte er sich an die Ampel, die zur Straßenseite links von ihm führte, anstatt weiter geradeaus zu gehen, was er hätte tun müssen, um nach Hause zu kommen.

Als die Ampel auf Grün sprang und die Melodie ertönte, die den Fußgängern signalisierte, dass sie die Straße überqueren konnten, folgte er den anderen Menschen, die über die Straße gingen, auch wenn dies heute bei weitem nicht so viele waren, wie an manchen Wochentagen, wenn viele Menschen auf dem Weg zur oder von der Arbeit sich über die Bürgersteige drängten.

Auf der anderen Seite der dreispurigen Straße angekommen lief er in die Richtung des Ruhebereiches, wo das Mädchen, das er in der digitalen Welt kennengelernt hatte, noch immer saß.

„Hey, Rei“, meinte er zu ihr, als er beinahe vor ihr stand. „Was machst du hier?“

Erst jetzt schien sie ihn zu bemerken und sah auf. „Taichi?“ Für einen Moment sah sie ihn überrascht an. „Entschuldige. Ich habe dich zuvor nicht bemerkt.“

„Was machst du hier?“, wiederholte er seine Frage und sah sie neugierig an.

„Nicht viel“, erwiderte sie und zuckte mit den Schultern. „Ich beobachte den Verkehr.“

Taichi sah sich zur Straße um, wo auch heute einige Autos und ab und an vereinzelte Kleinlaster, die wahrscheinlich Lebensmittel oder ähnliches lieferten, vorbeifuhren. „Ah...“, meinte er dann etwas verwirrt.

„Ja...“ Selbst offenbar etwas ratlos und verlegen lächelte sie ihn an.

Nun selbst Schulterzuckend ließ sich Taichi auf die Bank zu ihrer rechten Seite fallen und legte den Ball neben sich. „Wieso bist du hier allein? Wo ist Neo?“

„Er ist bei Hideto“, erwiderte Rei. „Sie wollten lernen.“

„In den Frühjahrsferien?“, fragte Taichi entgeistert und fügte in Gedanken ‚Typisch Neo...‘ hinzu.

Immerhin ging Neo auf eine der besseren Mittelschulen der Stadt und wollte auf eine der besten Oberschulen gehen, um an einer der renommierten Medizinuniversitäten studieren zu können. Denn anders als Taichi wusste er genau, was er einmal werden wollte, und arbeitete darauf hin. Immerhin hatte er geschworen, eine Möglichkeit zu finden, die Beine seiner Schwester zu heilen.

Da kam Taichi ein Gedanke. Er sah zu Rei, deren Beine unter einen langen gelblichen Rock, der mit orangen Blumen bedruckt war, versteckt waren.

Konnte es sein, dass dies die Kreuzung war...?

Unsicher sah er wieder zur Straße, zu den Autos und den Menschen, die davor über den Bürgersteig gingen. Er konnte danach nicht einfach fragen, beschloss er.

Immerhin wusste er nur wenig über den Unfall, der vor mehr als einem Jahr irgendwo in der Gegend passiert sein musste. Das einzige was er wusste, hatte er von Hideto erfahren: Rei hatte zu diesem laufen wollen, als ein kleiner Lastwagen die für ihn rote Ampel ignoriert und so das Mädchen angefahren hatte, das den Unfall zwar überlebte, sich aber einige Brüche und eine Wirbelsäulenverletzung zuzog, die dafür sorgte, dass es fortan Querschnittsgelähmt war.

Die anderen Brüche waren schnell verheilt, doch die Lähmung war – natürlich – geblieben und der Grund für all das gewesen, was Neo und auch Hideo in der digitalen Welt getan hatten.

„Wie geht es Zero?“, fragte Rei und lächelte ihn an.

Taichi holte erneut das V-Pet aus seiner Tasche und zeigte es ihr. „Ganz gut, offenbar“, meinte er, während über der aus wenigen Pixeln bestehenden Figur eine Sonne erschien.

„Darf ich?“ Vorsichtig nahm das Mädchen das Gerät in die Hand und sah es an. „Hallo Zero“, sagte sie dann zum kleinen Bildschirm gewandt. „Was macht ihr in der digitalen Welt so? Ich hoffe, es ist noch immer alles friedlich... Und ich hoffe, dass es auch den anderen gut geht. Kannst du sie von mir grüßen?“

Natürlich antwortete das Gerät nicht.

„Ich bin sicher, dass er dich hört“, meinte Taichi zu ihr, als sie für einen Moment die Schultern hingen ließ.

Rei sah ihn an. „Meinst du?“

„Zero hat mich immer verstanden, auch bevor ich in der digitalen Welt gewesen bin“, erwiderte der Junge und grinste verlegen. „Ich habe immer mit ihm geredet. Zumindest wenn keiner in der Nähe war. Und er hat meine Stimme gehört.“

Wieder sah das Mädchen auf das Gerät, das ruhig in seinen Händen lag. Gedankenverloren drückte es auf die Knöpfe, bis der Status des Digimon angezeigt wurde. „265 Jahre...“, murmelte sie.

„Ich frage mich, ob ein Tag in unserer Welt, wirklich ein Jahr in der digitalen Welt bedeutet“, erwiderte Taichi. „Ich mein, ich war sicher einige Monate in jener Welt und als ich zurückkam, war kein halber Tag vergangen...“

Rei nickte. „Ja. Es war Abend, als ich Neos Computer sah, und als wir zurückkamen, ging die Sonne gerade auf.“

„Ich würde sie so gerne besuchen“, murmelte Taichi daraufhin und nahm das Gerät entgegen, als sie es ihm gab. „Ich vermisse es, mit Zero Abenteuer zu erleben. Er ist immerhin mein bester Freund.“ Matt lächelte er. „Und ich vermisse es, Gabo zu ärgern.“

„Ich weiß, was du meinst“, antwortete das Mädchen. „Ich war zwar nie ein Tamer... Aber ich vermisse die Digimon auch. Vor allem Pul und Pal... Ich frage mich manchmal, was die beiden so gemacht haben, nachdem wir in die reale Welt zurückgegangen sind.“

„Wer weiß...“, murmelte Taichi.

Rei schwieg für eine Weile. „Weißt du, worum ich dich beneide?“, fragte sie dann.

Überrascht sah er sie an. Er wusste nicht, worauf sie hinaus wollte, denn wenn er sie gewesen wäre, so hätte er sich wohl am ehesten für die Fähigkeit laufen zu können beneidet. Er selbst konnte sich nicht vorstellen, wie es sein musste, im Rollstuhl zu sitzen. Doch das sagte er nicht. Stattdessen schüttelte er nur den Kopf.

„Als du in die digitale Welt gekommen bist, konntest du File Island für eine Weile mit Zero erkunden, ehe ihr in den Kampf gegen Demon hinein gezogen wurdet... Aber als ich kam, war dieser schon in vollem Gange... Dabei hätte ich so gerne etwas Zeit in einer friedlichen digitalen Welt verbracht.“ Leise seufzte sie und sah auf ihre im Schoß gefalteten Hände. „Aber als Demon besiegt war, mussten wir schon bald in unsere Welt zurück.“

Noch immer – oder vielleicht eher schon wieder – war Taichi sprachlos und sah sie an.

Ja, es stimmte. Als er in die digitale Welt gekommen war, war er für einige Tage, vielleicht auch zwei Wochen, mit Zero umher gezogen, ehe sie auf Gabo getroffen waren, dass sie zu Holy Angemon gebracht hatte. Doch selbst danach konnten sie für einige Wochen eine noch relativ friedliche digitale Welt genießen, ehe Neo sie das erste Mal angriff und sie danach ständig von neuen Mitgliedern der Nightmare Soldiers angegriffen wurden.

„Ja...“, murmelte er dann, da er nichts anderes zu sagen wusste. Wieder sah er auf das V-Pet in seiner Hand. „Vielleicht... Vielleicht können wir irgendwann einmal dorthin zurück.“

Das Mädchen nickte. „Ja.“ Sie lächelte. „Das wäre schön. Aber nur, wenn sich das Portal nicht öffnet, weil es weitere Schwierigkeiten gibt.“

Auch Taichi nickte auf diese Worte hin. „Ja.“

„Wie sich die digitale Welt bis dahin wohl verändert hat?“, fragte Rei.

„Wer weiß“, erwiderte der Junge, ehe die beiden wieder in Schweigen verfielen.

Auf einmal sah sie ihn mit ernsterem Blick als zuvor an. „Wie alt werden Digimon?“, fragte sie vorsichtig.

Am liebsten hätte er ‚Kannst du das nicht Neo fragen?‘ erwidert, doch wusste er, dass sie mit ihrem Bruder nur selten über die digitale Welt redete, da ihn all das, was er dort getan hatte, noch immer bedrückte. „Nun ja“, murmelte er. „Die meisten Digimon werden im Spiel...“ Er seufzte. „Sie werden selten älter als ein paar Spielejahre. Ich hatte immer nur Zero, aber ich weiß, dass es selten ist, dass ein Digimon älter als zwanzig Jahre wird.“

„Und ein Tag in unserer Welt ist ein Jahr im Spiel?“

Taichi nickte langsam und sah, wie Reis Blick traurig wurde.

„Dann heißt das, dass Gabu, Pal und Pul...?“, begann sie, woraufhin Taichi schnell abwehrend die Hände hob.

„Nur weil es in den V-Pets so ist, muss es ja nicht in der richtigen digitalen Welt so sein“, meinte er. „Ich meine Zero lebt ja auch noch und Warg und Melga auch, oder?“

Rei nickte.

„Außerdem“, fuhr Taichi fort, „werden Digimon wieder zu einem Digiei, wenn sie sterben. Sie werden wiedergeboren.“

„Stimmt“, murmelte Rei. „Das hat Hideto mir auch erzählt...“

„Also mach dir keine Sorgen“, meinte der Junge schnell. „Ich bin mir sicher, unseren Freunden geht es noch immer gut!“

Darauf erwiderte das Mädchen nichts, sondern wandte ihrem Blick nun wieder der Straße zu, wo gerade ein größerer Lastwagen dröhnend vorbeifuhr. Dann sah sie auf ihre eigenen Beine, die nutzlos vor dem Rollstuhl hinabhingen.

„Ich frage mich“, begann sie sehr leise, so dass sich Taichi nicht sicher war, ob sie zu ihm oder nur mit sich selbst sprach, „was passiert wäre, wäre dieser Unfall nicht passiert. Ich mein... Dann wäre Neo nicht von Demon manipuliert worden... Wären wir dann überhaupt in die digitale Welt gekommen?“

Wieder einmal antwortete Taichi nichts, bis Rei ihn direkt ansah.

„Ich meine... Es wäre besser gewesen, wenn Neo nie in die digitale Welt gekommen wäre, oder? Nach allem, was er und auch Hideto, Sigma und Mari dort getan haben... Aber, wenn ich ehrlich bin... Diese Wochen, die ich in der digitalen Welt war... Obwohl ich von Neo gefangen gehalten und von all diesen gruseligen Monstern verfolgt wurde, wüsste ich nicht... Ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, was wäre, wäre ich nicht dort gewesen. Trotz all den schlimmen Dingen, sind mir die Erinnerungen an die Digimon lieb. Aber Neo...“

„Vielleicht ist es besser, darüber nicht nachzudenken“, erwiderte Taichi. „Trotz all der Kämpfe und der schlimmen Dinge, würde ich meine Zeit mit Zero auch nicht missen wollen.“

Sie lächelte ihn an. „Du bist ein guter Tamer“, meinte sie dann plötzlich, was den Jungen erröten ließ.

„Du hast nie aufgehört an Zero zu glauben“, fuhr sie fort. „Ihr seid zusammen so stark.“

„D-Danke...“, murmelte Taichi und blickte zu Boden. „Ich... Du...“ Er wusste nicht so wirklich, was er sagen wollte, als sein Blick auf einmal auf seine Uhr viel. „Verdammt!“, rief er aus, als er feststellen musste, dass er hier nun beinahe eine Viertelstunde neben dem Mädchen gesessen hatte. „Ich muss nach Hause oder meine Mutter gibt mir noch für die nächsten zwei Wochen Stubenarrest!“ Mit diesen Worten sprang er auf.

„Dann solltest du besser gehen“, erwiderte Rei grinsend.

Er nickte und lief bereits zur Straße, als ein Ruf des Mädchens ihn noch einmal innehalten ließ.

„Taichi!“, rief sie. „Dein Fußball!“ Und als er sich zu ihr umdrehte, warf sie ihn den Ball, den er auf der Bank vergessen hatte zu.

„Danke, Rei!“, erwiderte er. „Grüß Neo und Hideto von mir!“

„Mache ich“, antwortete sie. „Bis bald.“

„Bis bald!“ Damit wandte er sich ab, winkte ihr aber noch einmal über die Schulter hinweg zu, ehe er sich wieder zwischen die Menschen auf dem Bürgersteig mischte, um sich eilig auf den Weg nach Hause zu machen.

Dabei blieb jedoch ein Gedanke in seinem Kopf hängen, der ihm gekommen war, als er mit Rei über die Digimon geredet hatte. Es war kein neuer Gedanke, da er ihn schon häufiger gehabt hatte, doch gerade zog er wieder durch seinen Kopf.

Denn auch wenn Zero noch immer lebte und viel älter geworden war, als es bei Digimon in V-Pets der Fall sein sollte, so fragte sich Taichi immer noch eins: Was wäre wenn einmal die Batterie in seinem V-Pet leer sein würde? Was würde dann aus Zero werden?

Aus seinem besten Freund?

Doch während er nun geradeaus über die Kreuzung ging und sie dann noch einmal nach rechts überquerte, verdrängte er den Gedanken wieder. Der Glaube an seinen Freund hatte diesen so vieles durchstehen lassen...

Digimon waren mehr, als simple Programme auf einer einfachen Konsole, mehr als ein paar Pixel auf einem Bildschirm... Sie waren lebendige Wesen, die in ihrer eigenen, wundersamen Welt lebten, kämpften und auch Freundschaften schlossen. Sie waren seine Freunde. Die Freunde anderer Kinder und – da war er sich sicher – würden so lange existieren, wie sie an sie glaubten.
 

Ich habe heute Rei getroffen, als ich im Park war. Sie lässt dich grüßen, Gabo. Dich, und auch die anderen. Vor allem Pul und Pal.

Ich hoffe ja, die beiden sind vernünftiger geworden und machen nicht mehr so viel Unsinn. Haben sie vielleicht ein neues Level erreicht? Und sind sie noch immer im Schloss?

Morgen kommen Rei und ich in die sechste Klasse. Schade, dass wir nicht in dieselbe Schule gehen... Aber ich sehe sie und die anderen immer noch regelmäßig an den Wochenenden und manchmal sogar an den Nachmittagen. Weißt du, Neo und Rei wohnen gar nicht so weit von hier entfernt.

Rei ist ganz schön stark, findest du nicht auch, Gabo? Sie lässt sich ihren Lebensmut nicht nehmen und ist immer zuversichtlich. Obwohl sie nun im Rollstuhl sitzt, ist sie für Neo eine Stütze...

Wir vermissen euch alle, Freunde! Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder...

[Adventure/02] Vierzehn Jahre [Odaiba Memorial]

Vierzehn Jahre... Es ist heute vierzehn Jahre her, dass Taichi, Onii-san, die anderen und ich unser Abenteuer begannen. Wie wären hätte sich unser Leben ohne die Digimon entwickelt? Ein merkwürdiger Gedanke.... Vierzehn Jahre... Seltsam, es fühlt sich nicht wie vierzehn Jahre an.
 

Einzelne Streifen des blauen Himmels waren zwischen den Wolken über Tokyo zu erkennen, als ein junger Mann mit dem hier untypischen blonden Haar aus der Odaiba-Kaihinkoen-Bahnstation in der Nähe des Aquacity Parks gelaufen kam. Auf seinem Kopf saß ein orangenes Digimon, dessen Ohren an Fledermausflügel erinnerten und schlackerten, während der junge Mann weiterlief.

„Takeru!“, rief eine jemand nach ihm, was ihn dazu brachte sich im Laufen umzudrehen und sich umzusehen, bis er die junge Frau zwischen einigen Bäumen vor der Station erkannte.

Ihr Haar – lang und braun – fiel offen über ihre Schultern. Ihre Arme waren um eine weiße, katzenhafte Gestalt geschlungen.

„Hikari! Tailmon!“, begrüßte Patamon – das Digimon auf dem Kopf des Mannes – die beiden zuerst und flatterte zu ihnen hinüber.

„Ich habe dich gar nicht gesehen“, meinte Takeru entschuldigend und sah die junge Frau verlegen an.

Die weiße Katze – Tailmon – sah zu seinem Gesicht auf. „Du bist ganz schön spät dran.“

„Ja.“ Er grinste entschuldigend.

Hikari seufzte. „Mal wieder...“ Dann sah sie auf ihre Armbanduhr. „Komm. Die anderen warten sicherlich schon.“
 

Vor vierzehn Jahren tauchte Nii-san auf einmal wieder auf, obwohl er eigentlich im Sommercamp sein sollte. Er hatte Koromon dabei und konnte auf einmal auch die Digimon sehen. Damals kehrte er in die digitale Welt zurück, doch es vergingen nur wenige Stunden, bis er wieder daheim war. Es war jedoch erst am nächsten Tag, dass das Abenteuer für mich begann.
 

Die beiden machten sich durch den Park in Richtung der Odaiba Mansion, wo sie sich mit einem Teil ihrer Freunde treffen wollten. Dabei beschleunigten sich ihre Schritte schnell, als sich die Wolken am Himmel langsam zusammenzogen und es ganz danach aussah, als würde es bald anfangen zu regnen.

Der Strand, der zu ihrer linken Seite am Rand des Parks lag, war beinahe komplett leer, obwohl es ein warmer Augusttag war.

„Wo ist eigentlich Taichi?“, fragte Takeru.

Hikari zuckte mit den Schultern. „Er muss erst von der Arbeit loskommen“, erwiderte sie. „Er meinte heute morgen, er kommt wahrscheinlich später.“

„Kann man wohl nichts machen“, antwortete ihr Begleiter.

Sie verließen den Park, als sie die großen Apartmentkomplexe zwischen den Bäumen hindurch zu ihrer Rechten erkennen konnten. Als sie die Straße überqueren wollten, sahen sie ein weiteres bekanntes Gesicht.

„Hikari! Takeru!“, rief ein Junge von vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahren, der an der Ampel auf der gegenüberliegenden Seite der Straße stand, während an seiner Seite ein Digimon saß, dass an eine Mischung aus Echse und Gürteltier erinnerte.

„Können wir uns beeilen, Iori?“, fragte es. „Ich will endlich Bento essen.“
 

Vor elf Jahren hat mein Abenteuer begonnen, als ich mit Daisuke und Miyako ebenfalls auserwählt wurde. Manchmal frage ich mich, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte ich nicht damals – vor vierzehn Jahren – in dem Flugzeug gesessen. Wäre ich dennoch auserwählt worden?
 

Gerade als die drei Auserwählten und ihre Digimonpartner sich nun gemeinsam auf den Weg zu dem breiten Apartmentkomplex machten, in dem Koushiro noch immer mit seinen Eltern lebte, fielen die ersten Regentropfen, was dafür sorgte, dass sich die Schritte der drei beschleunigten und Tailmon sich aus den Armen seines Partners befreite, um bereits voraus ins Trockene zu laufen.

In der Eingangshalle des Wohnhauses trafen sie schließlich auch auf zwei andere Freunde und ihre Digimonpartner. Ein ebenfalls blonder Mann, der eine Lederjacke trug und eine Frau mit rötlichem Haar, die einen Picknickkorb unter ihrem Arm trug.

„Onii-san!“, begrüßte Takeru seinen Bruder. „Sora!“ Er sah die beiden an. „Habt ihr auf uns gewartet?“

„Ich habe mir gedacht, dass du bald kommst“, antwortete Yamato und streifte mit der Hand durch das gegelte Haar seines kleinen Bruders. „Mal wieder etwas spät.“

„Hey, lass das!“, empörte sich der jüngere und strich sich schnell durchs Haar, um die Frisur zu richten, was dafür sorgte, dass die beiden Frauen kicherten.

„Nun, sie sind zumindest halbwegs pünktlich“, meinte Sora.

„Wir sollten zu Koushiro hochgehen“, fügte Gabumon hinzu.

Piyomon nickte. „Ja, die anderen warten sicherlich schon auf uns.“

Takeru seufzte, nachdem er mit seinen Haaren so zufrieden war, wie er ohne Spiegel sein konnte. „Ja“, meinte er schließlich. „Lass uns gehen.“
 

Bis wir damals in die digitale Welt kamen, hatte ich keine Freunde, da ich mich die meiste Zeit von anderen fern gehalten habe. Ich habe nicht geglaubt, mit jemanden befreundet sein zu können. Erst durch Gabumon, aber auch Taichi und die anderen habe ich wieder gelernt, was Freundschaft bedeutet.
 

Als wir das erste Mal in die digitale Welt kamen, habe ich mich seltsam gefühlt. Ich hatte keine Angst, nein, ich habe mich das erste Mal frei gefühlt. Damals habe ich meiner Mutter viele Vorwürfe gemacht, ohne zu verstehen, das manche Fehler bei mir lagen. Was würde ich heute machen, wenn ich Piyomon nie getroffen hätte?
 

Piyomons Vermutung war allerdings mehr als falsch. Tatsächlich waren die meisten ihrer Freunde noch auf dem Weg nach Odaiba. Nicht zuletzt Jyou, der über die Fußgängerunterführung der Rainbow Bridge lief und schnell seine Entscheidung die letzte Station zu laufen, um ein wenig frische Luft zu schnappen, bereute.

„Hör auf so zu rennen“, jammerte Gomamon, das in seiner Sporttasche saß, die wild hin und herschlingerte.

„Ich habe aber keine Lust vollkommen durchnässt zu sein, bis ich ankomme!“, erwiderte Jyou und verlangsamte seinen Schritt nicht.

„Was hast du denn gegen ein wenig Wasser?“, erwiderte das Digimon verständnislos. „Und wieso schwimmen wir nicht? Das wäre immerhin schneller!“

„Weil wir dafür von der Brücke springen müssten?“ Der Junge blieb stehen, als er einen überdachten Teil der Brücke erreichte, um zu verschnaufen. Schließlich ließ er ein langgezogenes Seufzen hören. „Ich hätte einen Regenschirm mitnehmen sollen.“

Das Digimon kicherte. „Du hättest den Wetterbericht lesen sollen.“
 

Wäre ich nicht in die digitale Welt gekommen, hätte ich vielleicht nie erkannt, was ich von meinem Leben selbst erwarte. Ohne die digitale Welt, hätte ich vielleicht nie den Mut gefunden, für meine eigenen Wünsche einzustehen. Und ohne Gomamon hätte ich wohl einen sehr guten Freund in meinem Leben vermisst.
 

Ein anderer junger Mann, dessen Haar genau so schwarz war, wie das Jyous, hatte zumindest einen Regenschirm, während er in der Nähe der Hinode-Station wartete. Sein Digimonpartner – eine grüne Raupe – lag um seinen Hals, während der Mann auf seine Armbanduhr sah und dann sein Handy aus der Tasche nahm.

„Daisuke ist mal wieder zu spät“, murmelte er.

„Sag bloß, dass dich das überrascht“, antwortete sein Digimonpartner – Wormmon.

„Ich hoffe, die anderen warten nicht auf uns“, seufzte er. Immerhin würden sie – selbst wenn Daisuke kam – noch sicher eine Viertelstunde oder mehr brauchen, um nach Odaiba zu kommen. Selbst wenn sie mit der U-Bahn zur Halbinsel fahren würden, bräuchten sie zumindest zehn Minuten, um die Wohnung der Izumis zu erreichen. „Ich schreibe ihnen besser eine Email.“

„Mach das, Ken-chan!“, antwortete sein Digimonpartner und sah in den Regen, der nun in Strömen vom Himmel fiel.

Der Junge schrieb eine kurze Nachricht an Koushiro, ehe er wieder in den Regen hinaussah.
 

Bis heute frage ich mich, wieso ich auserwählt wurde. Ich habe von den Ereignissen vor vierzehn Jahren nichts mitbekommen und dennoch bekam ich das Digivice und traf Wormmon, als ich im Sommer vor dreizehn Jahren zusammen mit Ryou in die digitale Welt kam. Wieso? Doch diese Frage können wohl selbst die anderen kaum für sich beantworten...
 

Mit einem quietschen kamen einige Autos zum Stehen, als ein recht großes Digimon, das selbst an eine Mischung aus blauem Reptil und Wolf erinnerte, über die Straße rannte.

„Tut mir leid! Tut mir leid! Ich hab‘s eilig!“, rief der junge Mann auf dem Rücken des Digimon, während dieses in eine Seitengasse einbog und sie, als sie diese verließen, schließlich den Hafen zu ihrer linken erkennen konnten.

Das rotbraune Haar des jungen Mannes lag nass an seinem Kopf, wie auch sein beiges T-Shirt ziemlich durchnässt war, was ihn jedoch weniger zu stören schien, als die Tatsache, dass er spät dran war.

„Ich denke immer noch, wir hätten mit der U-Bahn fahren sollen, Daisuke“, bemerkte Lighdramon und drehte kurz den Kopf, um seinen Partner anzusehen.

„Ach was“, erwiderte dieser. „Stell dich nicht so an. Ein wenig Regen macht mir doch nichts aus.“

„Sagst du jetzt“, grummelte das Digimon. „Aber wenn du dich erst erkältet hast...“

„Jetzt labere nicht, lauf lieber!“, antwortete Daisuke. „Ken wartet schon auf uns!“ Dabei verfluchte er innerlich ihren Trainer, der heute das Training einmal wieder überzogen hatte.

Schließlich sah er Ken in der ferne am Rand der Straße stehen. Schon als dieser die Schritte des Digimon hörte, sah er auf. „Daisuke, endlich“, begann er, sah ihn aber entgeistert an, als er das ‚Transportmittel‘ seines Freundes sah. „Wir fahren mit der U-Bahn“, stellte er klar.

„Aber...“, setzte Daisuke an, als er zu Boden fiel, da Lighdramon, das Ken offenbar zustimmte, zu V-mon zurückdigiterte.
 

Vor vierzehn Jahren sind Taichi und die anderen zum ersten Mal in die digitale Welt gekommen. Und wenn sie nicht in die digitale Welt gekommen wären, wären wir wahrscheinlich auch nicht dahin gekommen. Ich bin auf jeden Fall froh, auserwählt worden zu sein und zusammen mit V-mon, Ken, Hikari-chan und den anderen all diese Abenteuer erlebt zu haben.
 

Auf Takeru und die anderen, die ihn begleiteten, warteten tatsächlich nur drei andere Auserwählte in der Wohnung der Izumis, von denen einer natürlich Koushiro war. Es war jedoch nicht dieser, der sie an der Tür in Empfang nahm, sondern Noriko, eine junge Frau im selben Alter wie Takeru und Hikari, der ein rotes Digimon folgte.

„Ah, endlich kommen andere“, meinte sie, als sie die Gruppe sah. „Ich hoffe ihr seid nicht in den Regen geraten.“

„Wir haben es gerade noch reingeschafft“, antwortete Tailmon, wobei seine Stimme verriet, dass es darüber mehr als froh war.

Noriko kicherte leise. „Du bist wirklich eine Katze, Tailmon-chan.“

Das Digimon sah sie an, mit einem Blick, der deutlich sagte, dass es sich nicht sicher war, ob man nun einen Witz auf seine Kosten gemacht hatte, oder ob die Aussage positiv gemeint war.

„Sind die anderen schon da?“, fragte Yamato.

Noriko schüttelte den Kopf. „Nein, außer mir ist nur Shuu-san da.“
 

Ich war bereits zehn, als ich das erste Mal ein Digimon sah. Ich habe die Kinder beneidet, die mit diesen Wesen befreundet waren, ohne es zu bemerken. Sie schienen so frei. Vielleicht war ich deshalb so anfällig für die dunkle Saat, als Oikawa-san mit mir sprach? Ich habe erst später bemerkt, dass man nicht auserwählt sein muss, um frei zu sein.
 

„Sind die anderen endlich da?“, erklang die unverkennbare Stimme Tentomons aus dem Zimmer Koushiros.

„Nun, zumindest ein paar von uns!“, antwortete Iori.

So machten sie sich auf den Weg in das Zimmer des jungen Informatikers, das nun, wo sie erwachsen waren, bereits jetzt erstaunlich voll wirkte.

„Ich habe eine Email von Ken bekommen, dass er und Daisuke sich verspäten“, erklärte Koushiro, nachdem er die anderen begrüßt hatte. „Was ist mit Taichi?“ Dabei sah er zu Hikari.

„Er kommt später nach“, winkte sie schnell ab.

Darüber, dass Jyou zu spät war, wunderte sich niemand. Immerhin konnten sie sich kaum an eine Zeit erinnern, wo Jyou nicht ständig mit Lernen oder seiner Arbeit beschäftigt gewesen war und darüber andere Dinge entweder vergessen oder aufgeschoben hatte.

Kaum jedoch, dass sich auf den Boden oder Koushiros Bett gesetzt hatten, klingelte es erneut an der Tür.

„Ich gehe“, meinte Shuu schnell und auch Kamemon, sein Partner, sprang schnell auf. „Es könnte Nii-chan sein!“

Diese Vermutung bewahrheite sich jedoch nicht, als sie eine überschwängliche Frauenstimme hörten, die auch Yamato ein Seufzen entlockte. „Shuu-chan!“

„Ähm, Jun...“, meinte eine andere Stimme vorsichtig.

„Lass mich“, antwortete die überschwängliche Stimme daraufhin.

Schritte waren auf dem Holzboden im Flur zu hören. „Yahoo!“, rief eine junge, gänzlich rothaarige Frau, als sie die angelehnte Tür schwungvoll aufriss. „Wir sind auch da!“

Dabei hoben die zwei Frauen und die drei Digimon in ihrer Begleitung nur verlegen die Hand zum Gruß.
 

Yosh! Ich weiß, dass ich mich eigentlich geehrt fühlen kann, von den anderen eingeladen zu sein, immerhin wurde Chizu, Mo und ich erst vor zehn Jahren auserwählt und gehören nicht so ganz dazu. Wobei es einem schon zu denken gibt, das mein nichtsnutziger kleiner Bruder vor mir auserwählt wurde!
 

Eine Viertelstunde später waren schließlich auch Jyou, Daisuke und Ken, auf die sie dennoch gewartet hatten, eingetroffen. Da sie nicht wussten, wann Taichi kommen würde, machten sie sich so schließlich auf den Weg. Sie hoben ihre Digivices und es war – der noch immer vollkommen durchnässte – Daisuke, der rief: „Digital Gate Open!“

So fanden sie sich nur einen gefühlten Augenblick später in der digitalen Welt wieder, in der vom schlechten Wetter Tokyos nichts zu merken wahr.

Sie standen am Ufer des Sees auf File Island, wo – kaum das sie angekommen waren – ein Ruf zu ihnen hinüberschallte.

„V-mon!“, rief ein langohriges Digimon und schwebte durch die Luft zu ihnen hinüber, um auf dem Kopf von Daisukes Partner zu landen.

„Hey, Terriermon!“

„Hallo, alle zusammen!“, schallte schon der nächste Ruf zu ihnen hinüber, als ein blonder, amerikanischer Mann zu ihnen hinüberkam, ein weiteres – nicht minder langohriges – Digimon tragend.
 

It‘s kinda funny, isn‘t it? Für mich ist es bereits achtzehn Jahre her, dass ich Terriermon und Lopmon kennen gelernt habe. Sie waren für den größten Teil meines Lebens bei mir. Damals verstand ich weder, was ein Digimon ist, noch was es bedeutet auserwählt zu sein. Terriermon und Lopmon kamen zur selben Zeit zu mir, wie Hikari und ihr Bruder das erste Mal ein Digimon trafen – und ich frage mich bis heute, was damals geschehen ist.
 

„Hey, Wallace!“, begrüßte Daisuke den Amerikaner, der mindestens einen halben Kopf größer war, als einer der anderen.

„Wo sind Miyako und Mimi?“, fragte Hikari.

Doch noch bevor Wallace antworten konnte, ertönte ein „Bingo!“ aus dem Gebüsch des Schilderwaldes, in dem der See gelegen war.

Nach einem Rascheln kamen zwei weitere Digimon in Begleitung von zwei Frauen hinaus, die beide gefärbte Haare hatten. Während Mimi, die – obgleich älter – etwas kleiner war als Miyako, nur rosane Strähnen trug, hatte sich Miyako die Haare gänzlich rot gefärbt.

„Wir sind ja schon da! Wir sind ja schon da!“, meinte Palmon.

„Wir waren schon vor euch hier“, fügte Mimi hinzu. „Aber weil wir euch den Vortritt mit diesem Portal gelassen haben, mussten wir weiter laufen.“

„Beschwert euch nicht“, grummelte Daisuke, dessen Kleidung dank der Besonderheit der digitalen Welt hier nun wieder trocken war. „Ein wenig Bewegung schadet euch nicht.“

Wallace lachte. „Ach, Daisuke. Ein Charmeur wie eh und je.“

Daisuke grummelte. „Idiot!“

Derweil schüttelte Miyako nur den Kopf und sah Hikari an. „Er wird nie Erwachsen, oder?“

Die anderen lachten.
 

Es ist seltsam daran zu denken, dass es bereits vierzehn Jahre her ist, dass wir das erste Mal hier waren. Damals war ich wohl die einzige, die unbedingt nach Hause wollte. Immerhin erschien mir hier alles so fremd. Doch heute bin ich froh all die Abenteuer erlebt und all die Digimon in der digitalen Welt getroffen zu haben.
 

Bingo! Als ich das erste mal in die digitale Welt gekommen bin, konnte ich es kaum glauben. Dabei war es nicht nur, dass eine andere Welt existierte, sondern dass ich von all den Ereignissen in 1999 nichts mitbekommen habe. Doch dann wiederum... Ich habe damals noch nicht wie die anderen in Odaiba gelebt.
 

„Jetzt mach schon, Taichi!“, jammerte Agumon, als der Nachmittag voranschritt, und drängte seinen Partner in dessen Apartment. „Wir sind ohnehin schon spät dran.“

„Ich mach ja schon, ich mach ja schon“, lachte der Mann und nahm sich ein Handtuch, um sein krauses Haar trocken zu rubbeln.

„Wieso musstest du auch noch arbeiten?“, seufzte Agumon, das schon seit einer Weile sehr hibbelig war.

Sein Partner verschränkte die Arme. „Es ist ja nicht meine Schuld, dass ich nicht frei bekommen habe.“

„Wie auch immer“, grummelte das orangegelbe Digimon.

So nahm sein Partner schließlich eine Tasche, in die er einige Snacks eingepackt hatte, und startete seinen Laptop. Dann nahm er sein Digivice und hielt es vor den Bildschirm, wo sich automatisch ein neues Programm öffnete. „Digital Gate Open!“, rief er und spürte nur einen Augenblick später den warmen Wind der digitalen Welt auf seiner Haut.

Hier war der Himmel nicht wolkenverhangen, sondern hellblau und strahlend, und eine milde Brise wehte durch den dichten Dschungel, der sie umgab.

„Lass uns gehen, Agumon“, meinte Taichi und setzte sich in Bewegung, um den See im Wald der Schilder zu erreichen, wo die anderen sicher schon weit mit ihrem Picknick voran geschritten waren.

Doch es war gut zu sehen, dass es hier im Moment friedlich war. Keine bösen Digimon und keine Menschen mit schlechten Absichten waren zu sehen, so dass der dichte Urwald, in dem Blumen so hoch wuchsen, wie Taichi selbst, beinahe schon paradiesisch wirkte.

Er hörte Lachen in nicht all zu großer Ferne und kam schließlich zum Ufer des Sees, in dessen Mitte er die anderen erkannte, denen sogar einige alte Freunde, wie Orgemon und Andromon Gesellschaft leisteten.

„Taichi!“, erkannte ihn Daisuke zuerst und winkte ihm zu, ehe auch die anderen dem Blick folgten und ihn entdeckten.

„Hey, alle zusammen!“, rief er hinüber und winkte ihnen zu. Er lächelte.
 

Als ich vor vierzehn Jahren ins Sommercamp fuhr, ahnte ich nicht, was für ein Abenteuer für mich beginnen sollte. In dieser Welt – in der digitalen Welt – haben wir so viel erlebt. Freude. Leid. Gefahren. Aber auch Momente der Freundschaft. Die digitale Welt ist ein Teil von uns geworden und auch ein Teil von unserer Welt. Ich bin dankbar dafür, dass ich auserwählt wurde, dass ich Agumon treffen durfte. Ich bin dankbar für meine Freunde und die Abenteuer, die ich hier erlebt habe. Ich bin froh, hierher gekommen zu sein.



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Kommentare zu dieser Fanfic (36)
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Von: abgemeldet
2014-11-25T01:57:56+00:00 25.11.2014 02:57
uuuuuh, wie süß >o<
ich musste mich erstmal umstellen, ich kenne bisher nur die deutschen Namen...dementsprechend war mir nicht gleich klar, wer Chika und Ikuto sind, aber nach kurzem Überlegen war das recht logisch ;)
ich mag Keenan (den deutschen namen mag ich lieber, also bitte nicht wundern) wirklich gern, er ist so ein süßer sensibler Kerl, erinnert ziemlich an Ken :) und den mochte ich auch verdammt gern XD
Kristy und Keenan sind ein tolles Pärchen, die beiden passen super zusammen :) Auch wenn ich durch das Lesen jetzt ein wenig voll gespoilert wurde (bin aktuell erst bei folge 35) und nun ein paar Dinge über das Ende weiß, die ich vorher noch nicht wusste, find ich diesen One Shot ebenfalls sehr gelungen und bereue es nicht, ihn gelesen zu haben :)

Also, auf dass vielleicht noch weitere tolle One Shots über Savers rauskommen mögen ;) Über etwas Gedankengut von Thomas würde ich mich auch sehr freuen ^o^

LG
Manni
Von: abgemeldet
2014-11-25T01:46:56+00:00 25.11.2014 02:46
wow, sehr gut gelungen, muss man schon sagen...ich muss gestehen ich hab ein wenig gebraucht, um sagen zu können, welche perspektive jetzt zu welchem der kinder gehört ;) aber ich vermute immer noch dass die seifenblasen von sammy und ken kamen *g* ken, t.k. und kari sind ja ungefähr gleich alt, also sollte das eigentlich passen...
allgemein find ich dieses perspektiven-gemisch gut und anspruchsvoll umgesetzt :) hat spaß gemacht, es zu lesen :)


LG
Manni
Von: abgemeldet
2014-11-25T01:30:37+00:00 25.11.2014 02:30
Hallo :)
ich bin nur durch Zufall auf deine One Shot Sammlung gestoßen und wollte sie mir mal angucken, schließlich gibt es nicht so viel Material zu Savers (zu schade eig, ich find die Staffel neben der ersten mit Abstand am besten ö.ö). Jedenfalls muss ich sagen, ich mag deinen Schreibstil :)
Am Anfang saß ich da und hab überlegt, wer der Hauptcharakter hier sein könnte, hab überlegt und überlegt, und dann nur so: ach ja, Shibumi. Der Koma-Kerl, der immer nur so gaaaanz kurz am Rande aufgetaucht ist xD Und schon war alles wieder logisch und super nachvollziehbar :) Dieser One Shot hat mir gefallen, er ist entspannend und angenehm zu lesen und bringt gleichzeitig Shibumis Seelenleben gut rüber :D

Ich schau mir deine anderen One Shots die Tage auch noch an :)
Bis dahin - mach schön weiter so, dein Schreibstil ist sehr angenehm, davon möchte ich gern noch mehr sehen :D

LG
Manni
Von:  DoctorMcCoy
2014-04-30T11:29:12+00:00 30.04.2014 13:29
Hey :)
So, hier endlich mein erster von zwei Kommentaren :)

Es ist schon ewig her, dass ich Digimon geschaut habe und so richtig auch nur die ersten zwei Staffeln, daher habe ich mich für einen OS aus dieser Zeitspanne entschieden. Ich habe die Beschreibungen nicht durchgelesen, war also positiv überrascht, als es plötzlich aus der Sicht eines Digimons geschrieben ist.

Ich finde, das ist wirklich eine gute Idee und auch wirklich schön umgesetzt.
Am Anfang habe ich etwas gestutzt, weil da so viele Digimonnamen waren, mit denen ich überhaupt nichts mehr anfangen konnte, aber ich denke, es ist auch nicht unbedingt nötig zu wissen, wie sie aussehen. Ich weiß ja in etwa, wie Digimon in ihrer Babyphase aussehen und ich hatte das Gefühl, dass es auch eher um das Miteinander und die Stimmung ging.

Und die hast du super getroffen. Diese kurzen und dennoch sehr prägnanten Sätze, die sie miteinander gewechselt haben, die Floramon zum Nachdenken gebracht haben.
Ich fand es übrigens überaus interessant, dass die anderen Digimon alle neidisch auf diejenigen, mit einem Partner sind. Darüber habe ich nie so wirklich nachgedacht, aber es macht Sinn, besonders wenn sich solche Geschichten, wie Floramon sie gehört hat, überall verbreiten.

Ein kleiner Fehler ist mir aufgefallen:
Darauf das eurer Freund hier schlüpft?
--> Darauf, dass (!)

Der OS hat mir wirklich gut gefallen, besonders das Ende war spitzenmäßig. Es ist hoffnungsvoll, obwohl die ganze Zeit eine sehr bedrückende Stimmung unter den Digimon herrscht, weil ihre Partner nicht in die Digiwelt kommen wollten.
Aber ein neues Leben, eine neue Chance ... sehr schön hoffnungsvoll, aber gleichzeitig dennoch etwas bedrückend, weil sie ihm nur Glück wünschen können. Sie können wirklich nicht mehr tun und das ist dann fast schon wieder deprimierend.

Aber sehr gute Arbeit. Ich habe den OS gerne gelesen und würde ihn auf jeden Fall weiterempfehlen.
Lg Lady
Ersatz-Re-✖✐✖
Von:  Jaelaki
2014-01-06T12:09:47+00:00 06.01.2014 13:09
Hallöchen.

Ich muss sagen, dass ich mich etwas schwer getan habe mit den angegebenen Ffs in der Auswahl. Auch mit Digimon hatte ich bisher kaum etwas zu tun. Das erinnert mich an meine Pokémon-Zeiten – Gott, ist das lange her. xD

Warum schreibe ich das überhaupt? Nun, schlicht, damit du weißt, dass ich einfach wenig Ahnung von den einzelnen Digimon und erst recht keine von verschiedenen Staffeln und deren Handlung habe. ^.-

Ich bin bei der OS-Sammlung bei >Warten< hängen geblieben.

>Es war ein sonniger Tag in der digitalen Welt, als Floramon auf einem Spaziergang etwas entdeckte. Eigentlich hatte es sich nur ein wenig die Beine vertreten wollen und war dafür im Wald ein wenig herum gelaufen, ohne dort etwas spezielles zu suchen, aber trotzdem fand es etwas in diesem Wald auf der Insel File.<

Die Beschreibung hättest du gerne ausführlicher machen können. Das hätte es atmosphärischer gemacht. Aber das ist – wie eigentlich alles – subjektiv. Weniger schön jedoch finde ich dann doch die Dopplung von >ein wenig<. Etwas Spezielles müsste großgeschrieben werden.

Jetzt ist natürlich die Frage, was es gefunden hat.

>Eine Gruppe kleiner Digimon der ersten und zweiten Babystufe saßen hier um ein oranges Digiei herum. Floramon erkannte ein Chocomon, ein Pokomon, ein Koromon, ein Poromon und außerdem ein Upamon. Zwischen diesen versteckten sich außerdem ein kleines Chicomon und ein noch kleineres Punimon. Sie saßen zwischen den Wurzeln eines großen Baumes und waren halb von einigen der riesigen roten Fileblumen verborgen.<

Erster Gedanke: süß. Zweiter: Ohje. Wie gesagt. Leider kenne ich die Digimon nicht so gut. Aber das soll jetzt nicht weiter stören. ^.-
Hat es eine besondere Bedeutung, dass du die einzelnen Digimon explizit erwähnst? Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass es sehr konzentriert ist, ohne eine weitere Beschreibung, was mit ihnen ist, wie sie vielleicht >dreinsehen< etc. Es ist eine recht trockene Aufzählung. Auch die Umgebung hättest du eindrücklicher beschreiben können.

>„Darauf das eurer Freund hier schlüpft?“<

→ darauf, dass […]

Was mir inhaltlich in der Folge sehr gefällt, ist diese subtile Bedrückung, die schlichten Fragen und Antworten, die irgendwie hoffnungslos wirken, aber eben doch noch nicht ganz hoffnungslos sind.

Vor allem der Umschwung von Floramons Neid gegenüber den anderen Digimon zu aufrichtigem Mitgefühl gefällt mir. Es berührt ohne große Worte.

Auch seine Erkenntnis, dass Menschen nicht nur gut sind, dass es auch eine dunkle Seite gibt, hast du interessant >rübergebracht<.

Der Schluss rundet den OS ausgezeichnet ab. Es hallt wider. Macht nachdenklich, lässt mitfühlen.

„Ich wünsche dir Glück.“ Weil die Digimon nicht mehr tun können. Sie sind >ohnmächtig<, können nur warten und hoffen und dem Neugeschlüpften mehr Glück wünschen als sie selbst bisher hatten.

Toller, aussagekräftiger Schluss. ^^

Anmerkung: was mir rein formal noch aufgefallen ist → Warum machst du so viele Absätze? Fast nach jeder wörtlichen Rede beginnst du eine neue Zeile. Das ist jetzt nicht so schlimm, aber ich finde, es stört ein wenig den Lesefluss. Vielleicht schaust du ja nochmals drüber, ob wirklich so viele Absätze notwendig sind. Womöglich reichen ein paar gut gesetzte auch. ^.-

Fazit: Schöner OS. Beschreibungen der Umgebung hättest du eindrücklicher machen können. It es warm/kalt? Wie sehen die Pflanzen aus? Was >liegt in der Luft<? Auch Die Mimik der Digimon hättest womöglich besser beschreiben können – natürlich ist das subjektiv. Inhaltlich gefällt mir sehr der emotionale und gedankliche Umschwung von Floramon, das hast du super umgesetzt. Der Schluss ist ebenso gut. Aussagekräftig und vielsagend. ^.-

Gruß,
Jaelaki

Re-✖✐✖
Von:  Finvara
2013-10-30T15:12:02+00:00 30.10.2013 16:12
Hallo,
es ist ewig her, dass ich was zu Digimon gelesen hab, und wenn doch war es meist Taito :D Ich bin gespannt, was mich erwartet.
Oh je, die japanischen Namen sind so gar nicht mein Ding :/

Design:
Das Design finde ich super. Die Erklärung der Challenge ist gut. Mir fällt es immer schwer so etwas zu erklären. Das Cover gefällt mir sehr, sehr gut und auch die Charakterbeschreibungen sind ansprechend. Mir gefallen die Bilder und die Beschreibungen der einzelden OSs geben gerade so viel Preis, dass man Lust zum lesen bekommt.

Inhalt:
Ein wunderbarer kleiner OS. Ich mag die friedliche, fröhliche Stimmung sehr, sehr gerne. Ebenso das sie sich immer noch treffen, nach all den Jahren und zusammen picknicken. Das ist so unglaublich liebevoll.
Ich mag die Perspektivenwechsel gerne, vor allem, weil man rauslesen musste, wer das jetzt denkt. Die Wechsel waren gut gesetzt und sehr stimmungsvoll.
Vor allem das Taichis Sicht am Ende kam, hat mir sehr gut gefallen. Das gibt dem ganzen noch mal so was besonderes, weil er ja irgendwie der "erste" Auserwählte war.
Charakere:
Der OS ist recht kurz und ich finde, dass ist zu wenig Zeit um auf alle Charaktere richtig einzugehen. Trotzdem hast du sie gut getroffen. Auch, wenn ich wie gesagt Probleme mit den japanischen Namen hatte, so konnte ich sie in den meisten Fällen anhand deiner Beschreibungen erkennen. Und das zeugt, wie ich finde, davon, dass sie IC gehalten sind.
Gerade Mimi hab ich gut und schnell wiedererkannt. Aber sie ist ja auch mein Lieblingscharakter.

Rechtschreibung/Gramatik:
->Die beiden machten sich durch den Park in Richtung der Odaiba Mansion, wo sie
sich mit einem Teil ihrer Freunde treffen wollten.

Hier fehlt ein Wort, zumindest empfinde ich das so. "... durch den Park in Richtung der Odaiba Mansion auf, wo..." Wobei so richtig zufrieden bin ich damit auch nicht.
Ansonsten ist mir nichts aufgefallen beim lesen. Der Satz ist der einzige, über den ich gestolpert bin.

Schreibstil:
Du hast einen angenehm zu lesenden Schreibstil. Schön ruhig und überlegt, was mir persönlich gut gefällt. Manchmal wirkte er ein wenig nüchtern, aber ich denke, dass ist beabsichtigt. Das Drumherum ist ja eh eher "nebensächlocH" während die Gedanken der Charaktere viele Gefühle rüberbringen.

Fazit:
Ein süßer OS, bei dem ich wehmütig werde. Ich werd wohl mal wieder ein paar Folgen der ersten beiden Staffeln sehen um mich an die gute, alte Zeit zu erinnern.

Liebste grüße
Finvara
✖✐✖
Von:  dragonfighter
2013-10-12T08:54:21+00:00 12.10.2013 10:54
Ich habs nun auch gelesen
Ich fand das neue kapitel einfach super
Ich hoffe doch das es noch mehr geben wird
Dan aufwiedersehen
Antwort von:  dragonfighter
12.10.2013 10:55
Oh schon abgeschlossen?
Hab ich erst jetzt bemerkt XP
Trotzdem toll ;D
Von:  Gold1992
2013-08-03T10:00:06+00:00 03.08.2013 12:00
Hiho ^^
so gelesen XD.
Das war wirklich schön.
Jedes ehemalige Kind, und auch einige Nebenchars zu benutzen war eine tolle Idee.
Und wie du es umgesetzt hast war einfach unglaublich toll.
Ab besten haben mir die Gedanken der Ehemaligen Kinder gefallen ^^.
Ich habe mich dabei wirklich selber an die Zeit erinnert.
Es war wirklich eine schöne Zeit, und was wäre aus mir geworden hätte ich damals nicht Digimon geschaut ^^.
Einfach Genial.
Und noch einen Happy Odaiba Memorial Day Alaiya ^^
oder besser gesagt nachträglich einen schönen Happy Odaiba Memorial Day ^^

Von:  fahnm
2013-08-02T23:12:46+00:00 03.08.2013 01:12
Spitzen OS^^
Von:  Taroru
2013-05-30T23:58:22+00:00 31.05.2013 01:58
das ist für mich das zeichen... das ich die v-tamer teile unbedingt mal weiter lesen sollte ^^°
ich kenne leider nur die ersten zwei bände... und kann nicht so wirklich mit allen namen was anfangen.
aber dennoch finde ich das hier sehr gut geschrieben. und der gedanke mit den batterien, ist mir auch schon ein paar mal gekommen. an sich ist es ein recht nachdenkliche geschichte, aber sie hat mir gut gefallen und ermutigt mich, den rest auch noch zu lesen (von den mangas :-p) damit ich hier wirklich alles verstehen kann :-D

Antwort von:  Alaiya
31.05.2013 10:58
Du solltest dir auf jeden Fall :) Ist ein toller Manga.

Danke dir für den Kommentar!


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