Prologue
“Wenn du nach draußen siehst, was siehst du?”, fragte das Mädchen.
Sie schien ganz in ihre Gedanken versunken zu sein und doch schaute sie dem Jungen zu, wie er ihrem Blick folgte.
Er hatte seine Feder beiseite gelegt und starrte durch das Fenster auf das große Gelände.
Der Herbst hatte nun auch Schottland in ein farbenprächtiges Gebiet verwandelt, bald würden die Bäume endgültig die letzten Blätter verlieren.
“Ist das so wichtig?”, fragte er gleichgültig.
Das Mädchen lächelte und schüttelte den Kopf.
Jetzt zuckte der Junge mit den Schultern.
“Die peitschende Weide, den Schwarzen See, Hogwarts eben!”, gab er monoton zum Besten.
“Wieso fragst du?”
“Na ja, ich habe mir Gedanken über meine Zukunft gemacht. Weißt du schon, wohin du gehen möchtest? Was du machen willst? Später meine ich, also nach Hogwarts?”, fragte sie leise und blickte nun wieder auf das Pergament vor sich.
“Was soll das? Das Schuljahr hat doch gerade erst angefangen?”, der Junge schien ganz verwirrt zu sein.
“Ja, aber ist es nicht besser, sich jetzt schon mal Gedanken darüber zu machen?”, wollte sie wissen.
Der Junge fuhr sich wieder einmal durch das weißblonde Haar, eine dumme Angewohnheit, die er sich im dritten Schuljahr angeeignet hatte.
“Wir haben doch noch zwei ganze Jahre! Mach dich doch nicht jetzt schon verrückt!”, meinte er lässig und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
“Hey, ich denke du schreibst einen Aufsatz?!”, rief er plötzlich und griff nach ihrem Pergament.
“Aber...!”, protestierte sie und verzog den Mund zu einer Schnute.
“Geh doch auf eine Schule, die so was hier zu würdigen weiß!”, meinte er und hielt das Papier in die Höhe um es genauer betrachten zu können.
“Meine Nase ist doch gar nicht so groß? Oder doch?”, wollte er wissen und sah sie herausfordernd an.
“Es ist doch noch gar nicht fertig! Gib es mir wieder! Sofort! Sonst...”, drohte sie, erhob sich und beugte sich über den Tisch.
“Sonst was? Wirst du mich verhexen, wenn du es nicht wieder kriegst?", spottete der Junge und grinste.
Dann besann sie sich, denn sie beide wussten, dass es verboten war, in der Bibliothek zu zaubern.
Sie setzte sich wieder und bettete den Kopf auf ihre Arme, die sie nun auf den Tisch gelegt hatte.
Sie atmete tief durch und schluchzte.
“Hey, tut mir leid!”, sagte er leise und ließ das Pergament auf den Tisch segeln.
“Sag mal, weinst du?”, fragte er und rückte nun seinen Stuhl näher an sie heran als er bemerkte, wie sie sich fahrig über die Augen fuhr.
“Ach Quatsch!”, fauchte sie und drehte ihren Kopf zur anderen Seite.
“Aber du hast doch Talent dafür!”, versuchte er sie zu beruhigen, doch das Mädchen zuckte mit den Schultern.
“Kann schon sein.”, sagte sie verschnupft, “Aber wenn die Eltern dagegen sind, dass man dieses vermeidliche Talent nutzt, kann man nichts machen. Ich soll mich lieber auf meine schulische Ausbildung konzentrieren, gute Noten nach hause bringen und später ein mal etwas aus mir machen!”
Der Junge stutzte, denn diese Argumente waren ihm nicht unbekannt.
Auch von ihm verlangte man Erfolg auf jeder Ebene.
“Du darfst dir doch aussuchen, was du werden willst, oder etwa nicht?”, fragte sie und irgendwie klang sie wütend dabei.
Du irrst dich, dachte er, ehe er ihre Frage beantwortete.
“Weißt du, ich spiele gern Klavier!”, sagte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.
“Du weichst mir aus!”, meinte sie und sah ihn skeptisch an.
Wenn du wüsstest..., dachte er und beließ es dabei.
