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Tencendora

Buch 1 - Iry
von

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Rivkoh - Führer der Ramuh

Hallo, meine Lieben. Hier folgt nun das 2. Kapitel von Buch 1. Ich hoffe, ihr habt Spaß daran. Hier findet ihr die (hoffentlich genug) zensierte Version.
 


 

Rivkoh – Der Führer der Ramuh
 

Unser Blick fiel auf eine düstere, kalte und karge Landschaft, trist und eintönig. Es war eine Wüste aus schwarzem Sand, nur unterbrochen von einigen Büscheln grauen Grastes und schwarzen blattlosen, vertrockneten Bäumen, die ihre knorrigen Äste krumm und schief in den windstillen Himmel reckten. Graue Staubwohlen, von der hier oben herrschenden drückenden Hitze verursacht, fegten über den trockenen Boden und wirbelten den fruchtlosen Sand auf.

Im Osten, weit hinter der Schwarzen Wüste stemmten unereichbar fern dunkle Berge ihr düsteres, bedrohliches Antlitz in die Höhe, schwarzes Gestein, weder von Schnee noch von Pflanzen abgelöst.
 

Aus diesem Schattengebirge entsprang der sich durch die gesamte schwarze Wüste schlängenlnde Ashila, der Fluss des Blutes. Dieser viele hundert Schritt breite Fluss bestand der Legende nach aus dem Blut derjenigen, die einen Kampf gegen die Hölle gewagt hatten. Traurig und langsam bahnte sich der Strom seinen Weg durch die Ödnis, brachte weder Leben noch Fruchtbarkeit mit sich. Nur einige Tierschädel und vermutlich auch menschliche Schädel waren an seinen Ufern zu sehen, verdurstet und verhungert trotz der nahen Flüssigkeit, die zu trinken sie jedoch unfähig gewesen waren. Keine Brücke führte über den Ashila, kein Entkommen war möglich.
 

Doch das Schlimmste an der Umgebung hier stellte der Himmel dar, wenn man ihn überhaupt so nennen konnte. Er war eine dunkelgraue Fläche, nur durchbrochen von weißen Blitzen, die hier Tag und Nacht über das von keinem einzigen Stern erhellte Firmament oberhalb des Turmes zuckten.

Und direkt vor uns befand sich die Höllensonne. Doch dieses furchtbare Ding hatte den Namen „Sonne“ nicht verdient. Es war schwarz und sendete pulsierend, stets im gleichen Rhythmus, sein graues, Leben verschluckendes, dunkles Licht nach alles Seiten ab, ließ alles um sich herum verdorren und sterben. Wer zu lange in das Licht dieses schwarzen Sternes blickte, erblindete unweigerlich.
 

Wie mir berichtet worden war, war diese Höllensonne einst das Herz Satans gewesen, das Luzifer ihm herausgerissen und aus Vergnügen an Folter dazu verdammt hatte, für immer qualvoll schlagend seine Strahlen über die gesamte Hölle zu schicken und die Herrschaft des neuen Höllenfürsten mitzuerleben und tatenlos ertragen zu müssen, wie alles unter seinen Händen noch weiter verdorrte.

Ich legte Jayme eine Hand auf die Schultern, denn er hatte zu schluchzen begonnen. Mir erging es beim Anblick dieser Trostlosigkeit kaum anders, doch ich beherrschte mich: „Jayme, hör mir zu. Dieser Ort, Hölle genannt, ist trostlos und tot, aber dennoch gefährlich. Du darfst diese Gegend niemals unterschätzen. Sie mag zwar aussehen, als würde sie kein Leben bergen, doch dort leben Kreaturen, um einiges schrecklicher als die, die hier im Turm zu finden sind. Du darfst den Turm nicht verlassen oder du wirst sterben!“
 

Er konnte seinen Blick nicht vom Land des Todes abwenden,w ie gebannt starrte er auf die schwarze Wüste mit der bedrohlich darüber schwebenden Höllensonne. Dabei liefen Tränen seine Wangen hinunter, unkontrollier zuckte sein Körper unter seinen unbändigen Schluchzern.

Ich packte ihn nun fest an den Schulter und drehte ihn zu mir. Er durfte nun nicht in Selbstmitleid versinken, er durfte sich nicht aufgeben.

Doch er wandte den Blick erst von der Sonne ab, als ich ihn grob schüttelte. Kurz waren seine Augen blind, wie tot, als er mich ansah, doch dann kam der alte Galnz in sie zurück. Langsam nickte er.
 

Erleichterung durchflutete mich, denn Jayme hatte die erste Hürde genommen.

„Du darfst dich nicht aufgeben. So schrecklich dieser Ort auch sein mag, wir alle müssen lernen, durchzuhalten. Das ist deine zweite Lektion.“

Nachdem er genickt hatte, drehte ich mich wieder um und ging zurück zur Dienstbotentreppe, die ich, von Jayme gefolgt, wieder hinabstieg.

„Und das war echt kein Witz? Das mit der Hölle, mein ich“, fragte er nach einer kleinen Weile.

„Nein. Dieser Ort wird Tencendora genannt, das Wort für Hölle in der Sprache der Dämonen. Es ist wirklich die in der Bibel verkündete Hölle. Geführt wird sie von Luzifer, dem Höllenfürsten.“

Er schwieg betreten und ich konnte es ihm nicht verdenken. Die Tatsache, die ich ihm gerade eröffnet hatte, war so unglaublich wie sie wahr war.
 

Kurze Zeit später öffnete ich eine weitere Tür, die in das Turminnere führte. Wir betraten eine brechend volle Halle, den Speisesaal der Niederen.

In ihr tummelten sich die merkwürdigsten Kreaturen, die man sich vorzustellen imstande war, unter anderem Wolfsmenschen, Stierkreaturen und andere Vertreter der Mischwesen aus Tier und Mensch, die den Hauptteil der Armee der Hölle stellten. Auch befanden sich an einem Tisch am Rande noch eine Gruppe schwarzer Wesen, die so genannten Schattentode. Diese wabernden Gestalten blieben gerne unter sich und erfüllten die Aufgaben der Späher.

Ganz am Ende der Halle, nahe der Tür zu den Küchen, sah eine etwa dreißigköpfige Gruppe Menschen in schlichten Kleidern auf Bänken um zwei lange Holztische. Gerade eben hatte ein junger Mann uns bemerkt und machte die anderen darauf aufmerksam, dass Jayme und ich auf dem Weg zu ihnen waren.
 

Die Wolfsmenschen und anderen Tierwesen hatten sich jeweils in Rudeln zusammengefunden und speisten gemeinsam. Wenn man ihre Art der Nahrungsaufnahme denn überhaupt Spiesen nennen konnte. Die Wolfswesen hielten riesige Stücke teils rohen, teils gebratenen Fleisches in den Krallen und rissen mit ihren Hauern Fetzen von den blanken, manchmal auch unter ihren Zähnen laut splitternden Kochen. Der Anblick, gepaart mit den Geräuschen und dem Gestank der Verwesung und des ungewaschenen, verschwitzten Fells genügte, um einem Übelkeit zu bereiten. Ich jedoch war daran gewöhnt und achtete gar nicht mehr darauf, roch dieser Ort doch einfach nur noch auf eine beinahe erbärmliche Art und Weise nach Heimat für mich. Aber Jayme konnte sich nicht zurückhalten, drehte sich um und erbrach sich auf die grauen Steine.
 

Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und deutete ihm an, dass er mir folgen sollte. Ich hatte leider keine Zeit, mich um seinen revoltierenden Magen zu kümmern, da ich nach dem Mittagessen bereits wieder meiner Arbeit würde nachgehen müssen. Und ausgerechnet heute stand etwas sehr Wichtiges an.

Sacht halt ich ihm wieder auf die Beine und führte den zitternden Jungen, der voller Ekel ausspuckte und sich dann den Mund abwischte, durch den Raum zu der Menschengruppe hin, die uns inzwischen neugierig beäugte. Sofort fiel mir eine nur zu bekannte Gestalt ins Auge. Seine schwarzen, kurz geschorenen Haare stachen aus der Menge hervor und seine blitzenden hellblauen Augen und sein aufrechter, selbstbewusster Sitz zeigten seinen ungebrochenen Willen, mit dem er sich zu unser aller Führer hochgearbeitet hatte... Rivkoh...
 

Ich ging sofort zu ihm, den sich inzwischen sträubenden Jayme am Unterarm gepackt und so leid es mir tat, etwas unsanft hinter mir herziehend.

Schnell deutete ich eine Verbeugung an: „Dies ist Jayme. Meister Smyrdo gab ihn in meine Obhut und er soll nun mit uns hier seine Aufgaben erfüllen. Jayme... dies ist Rivkoh, der Anführer der Ramuh, von denen du schon sehr bald ein Teil sein wirst.“
 

Rivkoh nickte kurz und musterte dann Jayme: „Du bist also der Neue. Ich hörte, dass Meister Belial Verstärkung orderte. Hat dir dein Mentor schon alles gezeigt?“

Er spuckte das Wort Menstor förmlich aus. Jayme blickte zuerst Rivkoh, dann mich verwirrt an, also antwortete ich für ihn: „Ich zeigt ihm seine Schlafstatt und die Außenwelt Tenceondoras. Außerdem erklärte ich ihm, wo er sich hier befindet. Desweiteren sah er die Halle von Kaleadan, wobei ich ihm jedoch von den anderen Gängen nicht weiter bereichtete. Zu mehr habe ich keine Zeit, da ich direkt nach dem Essen ein Aufgabe zu erledigen habe.“

Rivkoh kniff die Augen zusammen. Er wusste, worauf ich hinauswollte: Dass ich die Aufgabe, Jayme einzuweisen an jemand anderen weiterreichen oder wenigstens aufschieben wollte.

„Nein, du wirst nirgendwohin gehen. Du wirst den Neuen herumführen, sonst wird es dir sehr Leid tun!“ Er deutete bedrohlich an, dass er im nächsten Augeblick aufstehen würde, falls ich nicht gehorchen sollte.
 

Ich jedoch schüttelte den Kopf, war es mir doch nicht möglich, Jayme persönlich herumzuführen: „Nein, verzeih mir, Rivkoh, aber ich wurde von Lord Axis persönlich bestellt. Es ist das erste Mal, dass er dies getan hat. Ich habe mich dem Willen des Seneschalls zu beugen.“

Zähneknirschend hob Rivkoh, der noch immer auf einer der klobigen Hölzbänke saß, angewidert den Mundwinkel und sprach mit verächtlicher Stimme: „Dann verzieh dich und lass dich nicht eher sehen, als dass der Lord zufrieden ist. MALFARI!!!“
 

Seine laute, starke Stimme hallte durch den ganzen Saal und ließ für kurze Zeit sogar das Geschmatze einiger Tierwesen ersterben. Dann erhob sich ein kleines, schmales Mädchen mit blonden hochgesteckten Haaren und kindlicher Figur vom Nachbartisch und kam elegant zu uns herübergelaufen. Ihr Aussehen täuschte, sie war bereits weit über zwanzig Jahre alt, obwohl sie vielmehr so wirkte, als wäre sie noch nicht einmal volljährig.

„Ja, Rivkoh?“, fragte sie mit ihrer glockenhellen Stimme, die es sogar vermochte, jemanden aufzuheitern, selbst wenn dieser zu Tode betrübt sein sollte. Ich war froh, dass Rivkoh sie dafür ausersehen hatte, Jayme einzuführen, denn sie war mir seit einem Jahr eine gute Freundin gewesen. Sie hatte sich meiner vom ersten Tag an angenommen und mir geholfen.
 

„Du führst nach dem Essen den Neuen herum!“, befahl Rivkoh mit seiner kalten und tiefen Stimme. „Und kein Widerworte“, fügte er laut hinzu, als Malfari gerade den Mund öffnen wollte, um etwas zu antworten. „Ich weiß, dass du heute ausnahmsweise einmal nichts zu tun hast, Malfari! Also wirst du diesen... Wie heißt du noch mal?“, wandte er sich ruppig an Jayme.

Dieser kniff kurz die Augen zusammen und schien zu überlegen. Ich seufzte unhörbar. Es war bereits geschehen: Jayme hatte seinen wahren Namen vergessen. Bei mir hatte es damals weitaus länger gedauert, denn ich hatte noch nach zwei Wochen bei dieser Frage mit meinem wahren Namen geantwortet, der meinem Gedächtnis jetzt jedoch lange entschwunden war.

„...Ich... heiße J... Ju... Jayme...“, stammelt er und blickte zu Boden, die Stirn dabei vor Anstrengung gerunzelt.
 

„Also...“, fuhr Rivkoh fort, als wäre nichts geschehen. „Du wirst Jayme herumführen, Malfari. Unser hoher Herr hier muss einen Bsuch machen!“ Er lachte kalt und wandte sich dann wieder seinem Essen zu.

Malfari kam nun auf Jayme und mich zu und lächelte leicht: „Mach dir nicht daraus“, sagte sie fast unhörbar zu dem Jungen, „Wenn er nicht gerade aufgebracht ist, ist er eigentlich ganz umgänglich. Wie du jetzt schon gehört hast: Ich bin Malfari.“

Sie streckte ihm die Hand hin und Jayme ergriff sie nach kurzem Zögern. Ich musste lächeln, war er doch jetzt schon Malfaris Charme und ihrer Freundlichkeit erlegen. Das war aber auch nicht erstaunlich, sie war die Güte in Person, auch wenn man eine solche Persönlichkeit an einem Ort wie diesem eigentlich nicht erwarten sollte.
 

Zusammen mit Malfari kehrten wir an den Nachbartisch zurück und setzten uns gemeinsam auf die Bank. Langsam machte sich die Aufregung in meiner Magengegend breit. Immerhin sollte ich nun zum ersten Mal in meinem Leben einen Lord Tencendoras sehen und dann auch noch direkt einen der höchsten in der Rangordnung, den Seneschall persönlich. So gelang es mir kaum, das Essen, das vor mir auf dem Tisch lag, anzurühren.

„Wohin musst du eigentlich nachher?“, fragte Jayme, offensichtlich um seine Gedanken von dem abzulenken, mit dem er sich ohnehin bald würde auseinandersetzen müssen.

„Ich wurde von Lord Axis, dem Seneschall des Turmes, gerufen“, erwiderte ich und griff doch nach dem Stück Brot, das mir Malfari gerade eben auf den Teller gelegt hatte. Ich würde nach dem Mittagessen all meine körperliche und geistige Kraft benötigen, das wusste ich.
 

„Das ist eine sehr große Ehre“, fügte Malfari hinzu, „Auch wenn ich es Iry am liebsten ersparen würde.“

„Ersparen... Wie meinst du das?“, fragte Jayme. Am Klang seiner Stimme konnte ich erkennen, dass er bereits Vertrauen zu Malfari ggefasst hatte. Ich beneidete sie um ihre Gabe, sofort jedes Wesen für sich einzunehmen.

„Es ist schon gut“, hinderte ich Malfari unsanft an einer Antwort und fuhr dann zu Jayme gewandt fort: „Ich werde es dir noch erklären. Du solltest nun versuchen, etwas zu essen, auch wenn die Räumlichkeiten es denkbar schwer erscheinen lassen.“

Malfari lachte leise und schob Jayme inen Teller mit gebratenem Flisch und einem Stück Brot zu. Ein Teil des Fleisches war schwarz. Ich war mir nicht sicher, ob dies nur der Ruß des Feuers war oder ob es schlicht und einfach angebrannt war.
 

Den Rest der Mahlzeit schwieg ich und versuchte, mich mental auf meine erste Begegnung mit einem Lord vorzubereiten. Jayme gab sich Mühe, sich zu überwinden und etwas zu Essen, doch die Nahrungsmittel hier in Tencendora schienen ihm derart wenig zu munden, dass er nicht mehr als einen Kanten Brot hinunterbachte. Malfari versuchte die ganze Zeit, ihn dazu zu ermuntern, mehr zu essen und als sie schließlich einsah, dass er nicht konnte, holte sie ihm einen Becher frischen Wassers, den er durstig austrank.
 

Schließlich erhob ich mich, verabschiedete mich kurz und verwies Jayme auf ein späteres Treffen in den Schlafräumen, bei dem ich ihm alles Wichtige erklären wollte.

Bevor ich ging, bat ich Malfari noch, Jayme noch nicht in seine Aufgaben einzuweisen, sondern ihn nur durch den Turm zu führen. Dann wandte ich mich ab, da ich wusste, dass Jayme noch viele Fragen hatte, doch ich nicht mehr die Zeit hatte, sie zu beantworten. Ich musste mich beeilen, wenn ich nicht zu spät sein wollte. An der Tür drehte ich mich noch kurz um und blickte Jayme an, der weiterhin versuchte, etwas zu essen, auch wenn er aufgrund des widerlichen Geruches in diesem Raum, der Intensität all der Eindrücke, die auf ihn einstürmten und dem furchtbaren Anblick der Höllenlandschaft kaum etwas hinunterbekommen konnte.

In diesem Moment trafen sich unsere Blicke und ich lächelte ihm aufmunternd zu.

Dann war ich schon aus dem Raum.
 

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Doch nachdem ich um zwei Ecken gebogen war, hielt mich plötzlich jemand unsanft am Arm fest und im nächsten Moment war ich fest gegen die kalte Wand gedrückt. Ich sah auf und musste den Kopf in den Nacken legen, um der Person, die mich so brutal am Weggehen hinderte, in das junge, nur von einer Sorgenfalte an der Stirn gezeichnete Gesicht blicken zu können. Unhörbar keuchte ich aufgrund des Schmerzes in meinem linken Unterarm und bat dann: „Rivkoh! Bitte lass mich los, ich werde bereits in wenigen Minuten am Gemach von Lord Axis erwartet und muss mich noch vorbereiten.“

„Du wirst jetzt hier bleiben und mir zuhören!“

Seine eiskalte und wütende Stimme wurde in ihrer Wirkung noch von seinen vor Zorn zusammengekniffenen Augen verstärkt. Der Ausdruck, den sie hatten, ließ einen ahnenden Angstschauer durch meinen Körper fahren.
 

Ich nickte mit einem Kloß im Hals und er lockerte den Griff so, dass das Taubheitsgefühl in meiner Hand langsam verging. Wie ich aus Erfahrung wusste, hatte es keinen Sinn, sich gegen Rivkoh zu sträuben.

„So. Du bist erst ein Jahr hier, nimmst uns anderen Rang und Namen ab, nimmst uns die Ehre, einen Neuen auszubilden und bildest dir dann auch noch ein, zu Lord Axis zu gehen? Ich glaube, dir wurde schon zu lange nicht mehr klar gemacht, wie tief du in der Nahrungskette stehst!“
 

Ich wusste, was nun kommen würde. Seit mich Rivkoh vor etwas mehr als einem Jahr unten in Meister Smyrdos Kammer abgeholt hatte, hasste er mic hbis aufs Blut. Er war mein Mentor gewesen, der mir alles gezeigt und mich in alles eingeführt hatte, er war derjenige gewesen, dem ich eigentlich vertrauen sollte.

Doch er hatte mir niemals die Möglichkeit gegeben, dieses Vertrauen zu ihm aufzubauen, niemals hatte ich die Gelegenheit bekommen, ihm zu zeigen, wer ich wirklich war, niemals konnte ich mit ihm reden, so wie ich es gebraucht hätte. Niemals konnte ich mich ihm anvertrauen.
 

Ich wusste nicht, warum dies so war. Das Einzige, was ich wusste, war, dass er mich hasste und dies wohl auch immer tun würde. Warum er mich derart verabscheite, war mir nicht bekannt, hatte ich ihm doch meines Wissens niemals den Anlass dazu gegeben. Doch Tatsache war, dass er, wann auch immer er verstimmt sein sollte, seinen Ärger an mir ausließ.
 

Meine Stimme war ruhig, das Zittern meiner Seele drang glücklicherweise nicht bis zu ihr durch, als ich sprach: „Bitte, Rivkoh. Lord Axis wird nicht erfreut sein, wenn ich...“

Doch ich sah nur noch eine Faust auf mich zukommen und dann wurde mir kurze Zeit schwarz vor Augen. Ich spürte, wie das Blut aus meiner Nase lief und dann, wie Schläge über Schläge auf meinem Körper landete, auf Armen, auf Gesicht und auf dem Oberkörper.
 

Ich war Schmerzen gewohnt, körperliche und seelische, also verzog ich weder eine Miene, noch stieß ich irgeneinen Laut aus. Dies schien Rivkoh nur noch wütender zu machen. Immer schneller hagelten seine brutalen Schläge auf mich ein, bis sein Zorn schließlich abgeebbt war. Er ließ mich so liegen, wie ich war, auf dem kalten Steinboden, mit verdrehten Gliedern, blutbefleckten Gewändern und bereits jetzt unzähligen Blutergüssen und Platzwunden.

Im nächsten Moment verschwamm alles um mich herum und ich fiel in Ohnmacht, obwohl ich dagegen ankämpfte.
 

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Als ich meine Augen wieder aufschlug, drehte sich alles um mich herum und meine Kopfschmerzen waren fast nicht zu ertragen. Dennoch ließ ich keinen Schmerzenslaut über meine Lippen kommen. Ich blinzelte mehrmals, versuchte dadurch, endlich klarar zu sehen. Endlich gelang es mir, den Raum um mich Gestalt annehmen zu lassen: Die Schlafkammer der Ramuh.
 

Über mich hatte sich ein blondes Mädchen gebeugt und tupfte sanft mit einem nassen Tuch über meine Nase. Als sie sah, dass ich wach war, lächelte Malfari mich leicht an und ließ kurz von meinem Gesicht ab, das sie gerade verarztet hatte.

„Da hat Rivkoh sich ja mal wieder selbst übertroffen. Dieser Kerl ist doch unglaublich! Wenn die Art der Dämonen auf einen von uns abgefärbt hat, dann auf ihn.“

Während sie sprach, wurde ihr Lächeln zu einer zornigen Grimasse. Mit kräftigen Händen wusch sie den Lappen aus und ließ ihre unterdrückte Wut an ihm aus, indem sie jeden Rest Flüssigkeit aus ihm heraus presste. Hinter ihr konnte ich nun mit immer klareren Umrissen Jayme erkennen, der sich besorgt über mich beugte.

„Alles okay, Iry?“, fragt er.
 

Doch statt zu antworte, versuchte ich, mich hochzustemmen, was jedoch kläglich misslang, weil meine Arme zitterten. So fiel ich zurück auf mein Lager.

Malfari blickte mic hzornig an: „So geht das aber nicht. Du bleibst liegen, bis du dich erholt hast! Nein, nein. Diese Kerle!“

Sie wandte sich ab und fuhr fort den Lappen auszuwaschen.

Doch ein kleiner Protest war noch in mir: „Aber ich muss doch zu Lord Axis!“

„Nein, musst du nicht. Der Lord soll zwar äußerst ungehalten darüber sein, dass du nicht kommen konntest, aber als ich ihn über das Geschehene in Kenntnis setzen ließ, hat er sich zur Abwechslung mal von seiner gütigen Seite gezeigt und dir einen Aufschub bis morgen gewährt.“
 

Ich seufzte erleichtert und schloss kurz die Augen, doch dann öffnete ich sie voller Entsetzen wieder: „Du hast ihm doch nicht etwa berichten lassen, was genau mir widerfahren ist, oder?“

Sie lächelte traurig: „Nein, hab ich nicht. Aber ich weiß immer noch nicht, warum du nicht willst, dass jemand erfährt, dass es Rivkoh ist, der dich immer so übel zurichtet. Du bist ja auch der einzige, bei dem er das tut.“

„Willst du etwa damit sagen, dass das öfter passiert?“, wollte Jayme nun wissen. Er hatte einen völlig entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht.
 

„Ja, natürlich. Ich sitze mindestens zwei Mal im Monat hier und hole Iry aus der Bewusstlosigkeit zurück... Aber er will nicht, dass wir jemandem erzählen ist, dass der ach so vorbildliche Rivkoh derjenige ist, der dafür verantwortlich ist.“

Ich schüttelte den Kopf, hörte aber sofort damit auf, als ich bemerkte, dasss die Kopfschmerzen dadurch nur noch stärker wurden.

„Nein... Ich will erst herausfinden, warum er so handelt. Er muss doch einen Grund dafür haben, denn kein Mensch würde solche Dinge grundlos tun.“

„Da kennst du aber Rivkoh schlecht“, protestierte Malfari. „Der fühlt sich hier in Tencendora so heimisch, dass er so etwas als reiner Freude an seiner Überlegenheit und Kraft tut.“

Doch dann ließ sie die Sache auf sich beruhen und fuhr fort, meine immer noch blutverkrustete Nase zu versorgen.
 

„Du solltest doch eigentlich Jayme herumführen. Warum bist du nun hier?“, wandte ich mich nun an Malfari, auch um vom Thema abzulenken.

„Ich wollte ihm gerade die Küchen zeigen, als wir sozusagen über dich stolperten. Wir konnten dich doch nicht einfach so liegen lassen.“

Sie lächelte und ich schüttelte leicht den Kopf. Dann wandte ich mich an Jayme: „Wenn es mir nachher besser geht, führe ich dich zu En...“

Doch bevor ich auch nur zu Ende sprechen konnte, hatte mic hMalfari unterbrochen und sagte in freundlichem, aber bestimmtem Tonfall: „Nichts da! Wenn ihn jemand herumführt, dann bin ich das. Du ruhst dich bis morgen aus.“
 

Als ich protestieren wollte, legte sie mir einen ihrer schlanken Finger auf die Lippen: „Shhh... Wie ich gehört habe, ist Lord Axis sehr 'anstrengend'. Du wirst deine ganze Kraft brauchen.“

Erneut wusch sie den Lappen aus und legte ihn dann über den Eimer. Sie war fertig mit dem Auswaschen der Wunden. Wie ich bemerkte, als ich über meine nackte Brust fuhr, hatte sie die blauen Flecke mit der speziellen Sharandasalbe behandelt, die schnelle Heilung und Verschwinden der Verfärbungen versprach. Ich nickte ihr dankbar zu und sie griff nach einer dünnen Decke, die neben meinem Lager lag. Schnell deckte sie mich zu und deutete dann Jayme an, mit ihr zusammen zu gehen.
 

Sie war schon aus dem Raum, als ich noch zu Jayme sagte: „Verzeih, dass du das mitansehen musstest. Ich sollte ja eigentlich auf dich Acht geben und nicht umgekehrt. Und es tut mir auch Leid, dass du nun hier an diesem furchtbaren Ort sein musst. Du bist so jung, wie wir alle hier. Wir alle verdienen ein Leben an einem Ort, von dem du kommst, der Erde. Wir alle wünschen uns, unseren Alltag wieder aufzunehmen, statt hier tagein tagaus im ewigen Dämmerlicht der Höllensonne schmoren zu müssen. Aber lasse dich nicht unterkriegen, weder von Rivkoh noch von einem der anderen hier.“

Er nickte leicht, dann folgte er Malfari aus dem Raum. Erleichtert schloss ich die Augen und war wenige Minuten später schon in das Reich meiner unruhigen und düsteren Träume geglitten.
 

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Eine Hand gleitet gierig über meinen unberührten Körper, liebkost meine warme, weiche Haut und streichelt über meine schmale Brust.

Ich keuche leise und schließe die Augen vor Erregung und Verlangen.

Meine eigenen Hände schnellen nach oben, zerren an dem engen Hemd, das den muskulösen Körper über mir bedeckt. Doch im nächsten Moment schließen sich dieselben Hände, die mich eben noch so liebevoll berührten, klammernd und fast schmerzend fest um mich, drücken mich nach hinten auf das Lager.

„Halt still! Nichts tun, wozu du nicht aufgefordert wurdest!“

Mit immer noch geschlossenen Augen nicke ich und kralle meine Finger fest in das weiße Laken.

Die harten Hände lösen sich wieder von meinen Schultern beginnen wieder, mich zu streicheln.

„Augen auf! Ich will dich sehen!“

Gehorsam und erwartungsvoll öffne ich die Augen. Ich blicke in die lustverschleierten hellblauen Augen, kann mich nicht mehr zurückhalten und kralle meine linke Hand in die kurzgeschorenen, tiefschwarzen Haare.
 

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Ich schreckte aus meinem Traum hoch, fuhr in die Höhe und blieb keuchend auf meinem Lager sitzen. Ich registrierte erst langsam, wo ich mich befand.

Einen Moment lang durchflutete mich die Erinnerung, dann gelang es mir endlich, sie wieder in die hintersten Ecken meines Denkens zu verbannen, wo sie für gewöhnlich war. Ich keuchte leise und fasste mir an den Kopf. Die Kopfschmerzen waren bis eben fast verschwunden, doch nun waren sie wiedergekehrt und plagten mich in einem schweren Anfall.
 

Ja, dieses Ereignis war kurz nach meiner Ankunft hier geschehen, auch wenn ich es am liebsten ungeschehen machen wollte. Es war passiert und es würde niemals wieder passieren. Dafür würde ich schon sorgen, ich würde nicht zulassen, dass jemand, der mir seit mehr als einem Jahr seelische und körperliche Verletzungen zufügte, mir jemals wieder... so nahe kam.

Bevor ich den Gedanken weiterspinnen konnte, legte ich mich wieder zu Bett. Ich wusste, wohin diese Gedankengänge führen würden und verspürte kein Bedürfnis, mehr als nötig darüber nachzudenken. Ich schloss die Augen und sofort ließen die Schmerzen nach. Schnell glitt ich in meinen Schlaf zurück, doch diesmal verlief er zu meiner Erleichterung traumlos.
 


 

Das war Kapitel 2. Ich hoffe, ihr hattet Spaß daran. Ich werde von Irys Traum auch noch einmal eine unzensierte Form, die nur um weniges länger ist hochladen, in einem seperaten Kapitel, das ich unter Adult stellen werde, da ich mir nicht sicher bin, inwiefern das schon unter Adult fällt.
 

Greetings

Lei



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