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Zimmermädchen? Zimmermann?

von

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Inselträume

Kapitel 14 - Inselträume
 

Shunsuke
 

„Ich hab eine 2+ geschrieben! Keiji! Tatsuro! Ich hab eine 2+!!!!!!“

Ich rannte zu den beiden und drückte ihnen erst einmal einen Kuss auf die Lippen.

„Herzlichen Glückwunsch.“ Tatsuro drückte mich an sich und ich fühlte mich genauso geborgen, wie in den Armen meines großen Bruders. Glücklich strahlte ich ihn an.

„Teneriffa, wir kommen!“

„Was hältst du eigentlich davon, wenn wir Kyou auch mitnehmen?“, fragte in dem Moment Keiji.

„Das ist eine prima Idee. Aber Yuichi wird davon gar nicht begeistert sein. Immerhin kann er Kyou nicht leiden. Da wird er diesmal aber nicht drum herum kommen. Immerhin ist Kyou mein bester Freund.“

Für mich war die Sache sonnenklar. Kyou kam mit und damit basta! Egal, wie sehr sich Yuichi darüber aufregen würde.
 

Auf Teneriffa
 

Mir war immer noch ganz duselig vom Landeanflug, aber irgendwie hatte ich es überlebt. Wer kam auf die Idee, so eine kurze Landebahn zu entwerfen? Das war doch Wahnsinn. Erleichtert stieg ich aus dem Flugzeug aus und sah mich neugierig um. Wir waren im Süden der Insel gelandet und es war ziemlich felsig, aber trotzdem wunderschön. Ich wusste, dass der Norden Teneriffas ganz anders aussah, üppig grün mit vielen Palmen und Keiji hatte versprochen, dass wir auch dorthin fahren würden. Auch auf den riesigen Berg wollte er klettern, wovon ich noch nicht so begeistert war, aber ich würde auch das überstehen.

„Wollen wir noch lange hier rumstehen oder endlich unsere Sachen ins Hotel bringen?“, fragte mich Kyou und ich sah nur kurz zu Yuichi, der, seitdem er erfahren hatte, dass mein bester Freund mitkam, ständig eine Grimasse zog.

„Kann uns mal jemand mit der Ausrüstung helfen? Ich glaub, wir haben doch zu viel mitgenommen, aber was tut man nicht alles für ein gutes Foto?“ Die letzten Worte murmelte einer der beiden Zwillinge mehr für sich, als für uns und ich eilte hin, um beim Tragen zu helfen. Als die beiden gehört hatten, dass wir verreisen wollten, hatten sie sich nicht mehr davon abbringen lassen, auch mitzukommen. Das bedeutete zwar für mich auch Arbeit, weil ich hier ebenfalls als ihr Model arbeiten sollte, aber für mich,war das ja sowieso eher Vergnügen als schuften.

Vergnügt plappernd machten wir uns auf den Weg in unser Hotel. Keiji hatte sich um alles gekümmert und so wurden wir bereits erwartet und man nahm uns hilfreich unser Gepäck ab.

„Also ich will jetzt erst mal in den Pool“, sagte Manoru, woraufhin sich gleich Yuki zu Wort meldete.

„Aber im Meer schwimmen, ist doch viel schöner. Das Salzwasser auf der Haut und die Wellen, die dich hin und her tragen.“

„Bah, nee, da bevorzuge ich das saubere Poolwasser. Das ist wenigstens kalt.“

„Wozu bist du dann überhaupt mitgekommen?“, kam sogleich der Einwand von Yuki.

„Warum wohl? Ich werde mir bestimmt nicht unsere Freunde hier in knapper Badebekleidung entgehen lassen.“ Lasziv zwinkerte er mir und Tatsuro zu und ich ahnte schon, welche Gewitterwolke da gleich losbrechen würde.

„Untersteh dich!“, kam prompt die geknurrte Antwort von Keiji und Yuichi. Ich kicherte vor mich hin, als ob er das ernst meinen würde. Manoru spuckte zwar immer große Töne, aber ich glaubte nicht, dass er den einen für sich schon gefunden hätte. Yuki hingegen verschlang Kyou schon seit geraumer Zeit mit Blicken. Zu schade, dass dieser eine Freundin hatte. Aber da konnte man ja ein wenig nachbohren. Kyou jedenfalls schien absolut nichts zu bemerken. So ein Trottel. Yuki zog ihn schon fast aus und er bekam nichts mit. Dabei war Yuki gar nicht der Typ dafür, seine Begierde so offen zu zeigen. Mein bester Freund musste es ihm wirklich angetan haben.

Wir entschieden uns, dem Drängen Manorus nachzugeben und zogen unsere Bahnen vorerst im Pool. Allerdings erst, nachdem es einige heftige Diskussion gegeben hatte, wer mit wem das Zimmer teilte. Kyou wollte partout nicht alleine schlafen, aber Yuichi weigerte sich standhaft mit ihm und mir ein Zimmer zu teilen, auch mir war dabei nicht so wohl. Immerhin hockten wir jetzt drei Wochen aufeinander, das würde mit Yuichi und mir schon schwierig genug werden. Erstaunlicherweise oder vielleicht auch nicht so erstaunlich bot sich Yuki an und Kyou war glücklicherweise einverstanden. Möglicherweise sollte ich der Sache mit der Freundin nochmal auf den Zahn fühlen. Ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, dass das alles nicht mehr ganz so gut laufen würde.

„Sag mal Kyou, wie läuft es eigentlich mit deiner Freundin? Ich glaube, ich kenne nicht mal ihren Namen.“ Erstaunt wurde ich aus sturmgrauen Augen angeblickt.

„Freundin? Ach die...die is nich mehr. Hat nich so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte, war viel zu anhänglich und übermäßig eifersüchtig. Gar nich mein Typ, ich frag mich immer noch, was ich an der gefunden habe.“ Das waren doch gute Nachrichten. Dann passte es ja prima, dass die beiden in einem Zimmer untergebracht waren und ein paar einsame Situationen ließen sich bestimmt auch einrichten.

„Hm, das kann ich dir auch nicht beantworten, hab sie ja nicht kennen gelernt. Aber was hältst du denn davon, zusammen mit mir zu modeln?“

„Hältst du das echt für eine gute Idee?“, skeptisch blickte Kyou zu Boden und fing an, an seinen Fingernägeln zu knibbeln.

„Na, klar. Warum auch nicht? Du bist groß und gut aussehend. Also absolut bestes Material für die Zeitschriften, für die Manoru und Yuki photographieren.“

„Mh, vielleicht sollte ich es wirklich mal probieren. Mehr als nein sagen, können die beiden ja nicht.“ Ha! Ich hatte ihn soweit. Das würde ein Kinderspiel werden.

„Gehen wir zu den anderen? Sonst spießt mich Yuichi irgendwann noch mit seinen Blicken auf.“

„Ach, der. Du weißt doch. Hunde, die bellen, beißen nicht. Yuichi! Ich will ein Eis essen! Kommst du mit zu dem netten Restaurant, dass wir vorhin gesehen haben?“

Verwirrt wurde ich angesehen. Das war auch verständlich, denn besagtes Restaurant existierte vielleicht, aber wir hatten es vorher noch nie gesehen. Aber er stieg drauf ein und gemeinsam verließen wir das Hotel und traten in die frische Nachtluft.

„Was sollte das denn?“

„Komm, wir gehen runter zum Strand. Ich hab mir sagen lassen, dass es superromantisch sein soll, dort im Mondschein spazieren zu gehen.“ Es dauerte ein paar Minuten, da hatten wir den Strand schon erreicht. Auf dem Weg Richtung Las Americas, einer völlig überlaufenen Touristenstadt, erzählte ich Yuichi von meiner Idee Kyou und Manoru zu verkuppeln. Wirklich begeistert war er davon nicht. Schon als er erfuhr, dass Kyou wieder solo war, verzog sich sein Gesicht. Ich konnte seine Gedanken unschwer erraten. Aber eigentlich hatte er keinen Grund zur Sorge und bis auf das eine Mal hatte ich ihm auch keinen Anlass dazu gegeben.
 

Manoru
 

Das Poolwasser war perfekt. Genüsslich zog er seine Bahnen und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sich Yuki und dieser Große, Kyousuke, sich miteinander unterhielten. Das war ja nicht auszuhalten, wie Yuki den anschmachtete und der bekam natürlich nix mit. Das konnte ja noch interessant werden. Er ließ seine Gedanken treiben und plante schon ein wenig für die nächsten Photoprojekte. Auf dieser Insel hatte er auf jeden Fall bestes Ausgangsmaterial, was die Locations anging und Shunsuke hatte ihm gesteckt, dass er seinen besten Freund überredet hatte, ebenfalls zu modeln. Daraus konnte er bestimmt was machen. Sanft ließ er sich auf dem Rücken treiben und bekam gar nicht mit, wie sich ein kleiner Körper näherte.

„Attacke!“ mit Kriegsgebrüll wurde er unsanft untergestuckt und bekam für einen Moment keine Luft mehr. Unter Wasser öffnete er die Augen und brauchte eine Sekunde um sich an das Chlorwasser zu gewöhnen. Sein unfairer Angreifer hatte sich hinter ihm positioniert und wog sich in Sicherheit. Na den Spaß würde er ihm verderben. Blitzschnell schoss seine Hand nach hinten und zog Shunsuke zu sich unter Wasser. Dumpf hörte er noch ein gegurgeltes „Hil..mph…“ und fest zog er ihn in eine Umklammerung. Prustend tauchten beide wieder auf und fingen an sich gegenseitig mit Wasser zu bespritzen.

„Kleine Kinder beim Spielen.“, dieser intelligente Einwurf kam von einer Liege, auf der sich der Zweimeterhühne sonnte. Das würde Rache geben. Gemeinsam gingen die beiden nun auf den Blonden los und begruben ihn unter einem Schwall von Wasser.

„Hah! Wer frech ist, wird bestraft.“, Shunsuke streckte ihm noch die Zunge raus, bevor er sich – schon wieder – unter Wasser befand. Seine Bruder hatte sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt und den Kleinen einfach hochgehoben und in den Pool geworden.

„Wer im Glashaus sitzt…du bist nie etwas anderes als frech. Sogar im Schlaf wiedersprichst du. Das hat mir Yuichi verraten.“ Mit einem Zwinkern drehte er sich um, sah die durchweichte Liege und ging drei weiter, um sich dort in Ruhe seiner vorher so aprupt beendeten Beschäftigung zu widmen.

Nach Luft keuchend tauchte Shunsuke wieder auf und zog sich aus dem Wasser.

„Ok, ok, ihr habt gewonnen. Ich geb lieber auf, bevor ich noch den halben Pool trinke.“ Grinsend legte er sich auf die Liege neben Keiji und ließ von der Sonne trocknen.
 

Seines Spielzeugs beraubt, musste Manoru sich nun eine andere Beschäftigung suchen und ging wieder nach oben in sein Zimmer, um zu duschen und sich umzuziehen. Er wollte noch ein bisschen die Gegend allein erkunden, bevor er heute Abend mit den anderen umherzog. Er suchte sich ein bequemes eng anliegendes olivgrünes Shirt raus, das seine Schultern frei ließ und dazu eine helle kurze Stoffhose. Eine Sekunde überlegte er, ob er sein Cappi mitnehmen sollte, doch er entschied sich dagegen. Es war schon später Nachmittag, da brannte die Sonne nicht mehr so extrem und es wäre ihm sowieso schnell zu warm geworden. Er packte noch sein Portemonnaie ein und machte sich auf den Weg in die Stadt.

Die verwinkelten Gassen wirkten sehr romantisch und er entdeckte unzählige kleine Cafés, die zum Verweilen einluden. Er bedauerte, dass er seine Kamera nicht mitgenommen hatte, das wären ein paar tolle Schnappschüsse geworden. So langsam entfernte er sich immer mehr vom geschäftigen Treiben der Innenstadt und kam in ein ruhigeres Wohnviertel. Überall auf den Balkons hingen aus den Fenstern und über Leinen gespannt bunte Wäschestücke. Das kannte er bisher nur aus dem Fernsehen. Fasziniert blickte er nach oben und achtete überhaupt nicht auf den Weg, bis er plötzlich nicht mehr weiter kann, weil ihm etwas Großes und sehr Hartes, den Weg versperrte.

Verwirrt schaute er vor sich und dann an der Person, die er gerammt hatte hinauf. Da er ein ganzes Stück nach oben gucken musste, legte er den Kopf in den Nacken.

„Ähm, tut mir Leid. Ich wollte sie nicht umrennen, ich hab nicht auf den Weg geachtet.“ Der andere stand immer noch stocksteif und Manoru kam der rettende Einfall, dass der brünette Mann, ihn vielleicht gar nicht verstehen konnte. „Sprechen Sie meine Sprache? English, Français, Deutsch, vielleicht Español?“ Der Mann reagierte immer noch nicht auf seine Versuche und dann ganz plötzlich, drehte er sich um und ging. Er ging einfach! Und zwar in den nächsten Pub.

Manoru hatte es dermaßen die Sprache verschlagen, dass er wie angewurzelt stehen blieb. So war er noch nie behandelt worden! Auch wenn er die Sprache nicht sprach, war es doch offensichtlich gewesen, dass er sich entschuldigt hatte und dann der Ausdruck in den bernsteinfarbenen Augen. Als ob er seinen schlimmsten Alptraum vor sich hätte. Nachdem er sich wieder gefangen hatte, stieg Wut in ihm hoch. Das ließ er nicht auf sich sitzen! Mit einem roten Nebel vor den Augen, stürmte er hinterher. Als er den Raum betrat, merkte er nicht, dass er vor lauter Qualm kaum etwas sehen konnte. Ihn beherrschte das brennende Gefühl, missachtet worden zu sein und das konnte er nicht ausstehen. Man übersah ihn nicht! Und man rannte erst recht nicht einfach vor ihm weg, nicht ohne einen triftigen Grund. Er bekam nur am Rande mit, dass sich einige Augen auf ihn gerichtete hatten, aber er suchte nach einem kastanienbraunen Haarschopf, den er dann auch in der hintersten Ecke an der Bar entdeckte. Er kippte gerade ein Glas mit einer Flüssigkeit in einer fließenden Bewegung in seinen Mund, die genau die gleiche Farbe hatte, wie seine Augen. Für einen Moment war Manoru fasziniert von der anmutigen Führung seiner Hand, bis ihm wieder einfiel, warum er eigentlich hier war. Wie eine Schlange pirschte er sich an sein Opfer ran und zischte ihn an.

„Was sollte das eben? Du kannst mich nicht einfach so in der Gasse stehen lassen, ohne ein Wort der Erklärung. Ich wette, du sprichst meine Sprache, sonst hättest du mich vorhin nicht so angesehen. Was hast du für ein Problem mit mir?“ Stur blickte der andere weiter geradeaus, als ob er ihn nicht gehört hätte. Rasend fing Manoru nun an, ihm mit einem Finger in den Oberarm zu pieken. Mit jedem Wort stach er ein bisschen stärker zu, egal, wie sehr er sich dabei verletzte, denn die Muskeln des Mannes waren stahlhart.

„Das-lasse-ich-mir-nicht-gefallen!“ Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, packte der andere ihn grob an der Hand und zog, oder vielmehr schleifte ihn in eine Seitennische. Hart pressten sich weiche Lippen gegen die Manorus, der vor Schock still stand und sich keinen Zentimeter bewegen konnte. Wie war er nur wieder in so eine verzwickte Situation geraten? Ach ja, sein unberechenbares Temperament war schuld. Der Kuss wurde immer härter und er spürte, dass er kurz davor war nachzugeben, wenn er jetzt noch…er seufzte wohlig auf. Der Dunkelhaarige hatte aufgehört, seinen Mund nur wild auf seinen zu pressen und damit angefangen ihn zu necken. Er zog fordernd an der Unterlippe Manorus, der sich selbst überraschend, bereitwillig den Mund öffnete. Die Zunge drang in seine Mundhöhle und erforschte sie hingebungsvoll und er konnte nicht anders, als diesen Kuss zu erwidern. Immer drängender presste er seine Lippen auf die des anderen und er heute ihn leise aufkeuchen. Fahrig wanderten seine Hände die Brust des Größeren hinauf und erkundeten unter dem weichen schwarzen Hemd klar definierte Muskeln, die ihm wieder einmal vor Augen führten, wie schmächtig er selbst war. Seine Hand glitt in den Nacken und er vergrub seine Finger in dem seidigen Haar, um ihn noch näher an sich heranzuziehen. Seine Selbstbeherrschung war noch nie besonders gut gewesen und er war kurz davor sich ganz und gar gehen zu lassen, als der andere sich von ihm löste.

„Es tut mir leid.“ Mit diesen Worten zog er sich von ihm zurück und Manoru musste einen enttäuschten Seufzer unterdrücken. Um nichts in der Welt würde er sich soweit vor dem anderen erniedrigen und ihn anflehen, weiter zu machen. Ohne ein Wort des Abschieds ließ er ihn heute schon zum zweiten Mal stehen. Bevor Manoru auch nur begriff, was da eigentlich geschah, war er schon verschwunden und ließ ihn, erregt und aufgewühlt zurück. Er schüttelte den Kopf um diesen wieder ein bisschen frei zu bekommen und ging an die Bar. Auf diesen Schock brauchte er erst mal was Starkes.
 

Kyousuke
 

Wo waren die denn alle? Von einer Sekunde auf die andere, hatten ihn alle allein gelassen. Irgendwie kam er sich ein bisschen verarscht vor. Das sollte doch eigentlich ein Urlaub sein und nicht Jeder-kann-machen-was-er-will. Er wusste ja selbst, dass das Einzige, das ihm gegen den Strich ging, seine Einsamkeit war. Er konnte nicht gut allein sein und da wurde er immer ein wenig ungehalten. Keiji und Tatsu hatten sich bereits zurückgezogen, um sich für den Abend frisch zu machen, soviel wusste er. Yuichi und Shunsuke waren spazieren. Das war auch klar. Manoru, der eine der Zwillinge war vorhin schon davon gerauscht, ohne irgendeinem Bescheid zu sagen, wohin er eigentlich ging. Und der andere Zwilling? Verschwunden. Spurlos. Und wer durfte ihn suchen? Auch wieder klar, war ja kein anderer mehr da, den es kümmern würde. Wo fing er bloß an? Auf dem Weg zu seinem Zimmer kam er ins Grübeln. Was war, wenn der Kleine nicht gefunden werden wollte? Er wusste, dass manche Menschen das Bedürfnis hatten manchmal allein zu sein, auch wenn er das nicht nachvollziehen konnte. Das war doch langweilig. Am liebsten hatte er den kleinen Shunsuke um sich, der war so ein Wirbelwind, dass er jeden in seiner Umgebung mit seiner Aufgewecktheit ansteckte. Auch wenn er ab und zu aufbrausend und launisch war, hatte ihn Kyou wirklich gern. Aber nicht so, wie Yuichi es immer noch zu vermuten schien. Er ließ seinen Kleinen nicht aus den Augen, so wie ein Drache seinen Goldschatz bewachte. Bei der Vorstellung musste er grinsen und stellte fest, dass er vor Zimmer, das er und die Zwillinge bewohnten, angekommen war. Nach einem Blick in jedes Zimmer, bestätigte sich seine Vermutung, hier war Yuki definitiv nicht. Könnte er wohlmöglich an den Strand gelaufen sein? Er meinte sich erinnern zu können, dass dieser gesagt hätte, er mochte das Meer. Rasch kehrte er um. Der Strand war nicht gerade um die Ecke und die anderen würden sicherlich bald zurück sein. Mit den Augen suchte er den weißen Strand ab. Es war der einzige hier in der Gegend, der Rest der Insel bestand aus schwarzen Sandstränden, der Zugang zum Meer gespickt mit scharfen Steinen und Felsbrocken aus Lavagestein. Trotzdem war es wunderschön und auch jetzt konnte man noch die sanfte grün-blau Tönung des Meeres erkennen, mit gelegentlichen kleinen weißen Schaumkrönchen. An einem Ende entdeckte er eine Lagune, die von hohen Felsen umgeben war. Dort wurde er seine Suche beginnen, dieser Ort war ideal, um alle anderen von sich fern zu halten. Es war gar nicht so einfach die Lagune zu erreichen. Er balancierte auf einem schmalen Felsplateau entlang und dachte mehrmals, er würde abstürzen. Ein Glück war momentan kein hoher Besucherandrang, sonst wären sicherlich ein paar Strandwächter zur Stelle gewesen, die ihn von seinem gefährlichen Tun, abzuhalten versuchten. Als er den Fels umrundet hatte, atmete er erleichtert auf. Dort saß in dem jetzt wieder schwarzen Sand Yuki und zeichnete Muster auf den Boden. Sein schwarzes Haar war ihm tief in die Stirn gefallen, er müsste es mal wieder schneiden lassen, aber wenn er nur halb so faul war, wie er selbst, dann könnte der Friseur lange auf einen Besuch warten. Lieber säbelte er selbst mit einer Schere an sich rum und war mit dem Ergebnis meistens ganz zufrieden. Yuki war so vertieft in seine Arbeit, dass er nicht mitbekam, dass Kyou sich hinter ihn schlich und beim zeichnen beobachtete. Er musste an sich halten vor Lachen, hatte er nicht eben noch an Yuichi als Drache gedacht? Und nun zeichnete der vor ihm Sitzende genau das, einen Drachen. Einen beeindruckenden. Es schien, als sei er lebendig und würde jederzeit aus dem Sand emporsteigen und sein Feuer versprühen, um seinen Schatz zu beschützen.

„Darf ich dich stören?“ Langsam blickte Yuki auf.

„Natürlich, setz dich. Was hältst du davon?“ Er zeigte auf das Bild im Sand und sah ihn fragend an.

„Er sieht so echt aus.“

„Was denkst du, welche Farbe soll er bekommen?“ War das ein Frage-Antwort-Spiel?

„Schwarz mit einem Hauch rot.“ Antwortete er. Der Drache machte auf ihn einen einschüchternden Eindruck und genau das sollte er auch schon mit seiner Schuppenfarbe ausstrahlen. Doch Yuki verzog nachdenklich das Gesicht.

„Meinst du? Ich hatte an ein sehr dunkles Blau gedacht, mit Silberakzenten. Schwarz ist so düster.“ Kyou versuchte sich den Drachen in blau vorzustellen und sah den Reiz dieser Farbkombination. Durch das dunkle Blau würde er nichts von seiner Arroganz und Stärke verlieren. Doch das Silber würde ihm Erhabenheit geben und ihn zu etwas Besonderen machen.

„Du hast Recht. Blau und Silber sind eindeutig die bessere Wahl.“ Er grinste ihn an, doch Yuki hatte schon den Kopf abgewandt und zog weiter feine Linien in den Sand.

„Ein Raubtier oder doch lieber ein Hüter?“, murmelte er zu sich selbst. Er hatte in eine Klaue einen Falken gezeichnet, der sich sträubend, versuchte zu entkommen. Doch das war sichtlich vergebens. In die andere hatte er einen Kelch eingefügt, der so zerbrechlich aussah und wertvoll, dass es klar war, warum der Drache ihn beschützen und für sich behalten wollte.

„Definitiv beides!“ hauchte Kyou, den die Schönheit des Bildes überwältigte.

„Es gefällt dir also?“ Als ein sich ein Freudestrahlen über Yukis Gesicht zog, war es Kyou, als würde sich tief in seinem Inneren etwas zusammenziehen. Er verstand nicht, warum er solch eine Sehnsucht verspürte, aber er wusste, dass er den Kleineren öfter so lächeln sehen wollte. Es war ein anderes Gefühl, als bei Shunsuke. Dessen Lächeln war für ihn immer ein Gefühl brüderlicher Zuneigung. Aber dieses Strahlen ging ihm durch und durch.

„Natürlich gefällt es mir. Gefallen ist gar kein Ausdruck. Wenn ich so toll zeichnen könnte, wär ich berühmt.“

„Ach, übertreib nicht. Es freut mich wirklich, dass dir das Motiv gefällt, denn es ist deins.“

„Wie meins?“ Jetzt war er verwirrt. Der sprach in Rätseln.

„Na, deins.“ Ungeduldig sah er ihn an.

„Ich versteh nur Bahnhof.“

„Ja, genau so guckst du auch.“ Er kicherte und normalerweise fände Kyou das nur peinlich, aber bei ihm hörte es sich … niedlich an. Empört zog er eine Augenbraue hoch.

„Hahaha….hör auf damit!“, der Kleine lachte ihn aus.

„Womit denn?“

„Damit!“ Mittlerweile hielt er sich den Bauch vor Lachen.

„Mit…mit…den Grimassen.“

„Das sind keine Grimassen…das ist mein Gesicht!“ versuchte er so würdevoll wie möglich zu sagen, doch er konnte es sich nun nicht verkneifen, abwechselnd die Stirn zu runzeln, zu zwinkern und die Augenbrauen wippen zu lassen.

„Oh Gott, ich sterbe vor Lachen.“ So langsam machte sich Kyou doch Sorgen. Der Kleine keuchte schon, weil er keine Luft mehr bekam, also versuchte er das Thema zu wechseln.

„Wieso ist das Bild meins?“

„Ach so, ja, weißt du nicht mehr? Shunsuke und du, ihr modelt doch für uns und das da ist dein Bodypaintmotiv. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“

„Echt jetzt? Wahnsinn. Ich bekomm so ein tolles Motiv? Aber warte mal, Bodypainting? Davon war nie die Rede, da bin ich ja halb nackt.“ Doch als er den enttäuschten Ausdruck in Yukis Augen sah, da dachte er, dass er ihm sowieso nichts abschlagen könnte, wenn er ihn so ansah. Den Dackelblick hatte er sich von Shun abgeguckt, da ging er jede Wette ein.

„Du musst natürlich nichts machen, was du nicht möchtest.“ Traurig sah er ihn an und Kyou wurde sofort weich.

„Nein, nein, schon gut. Ich mach es. Bei dem tollen Motiv kann ich nicht nein sagen. Ich werde immerhin ein lebendes Kunstwerk sein, um nicht zu sagen, ein Meisterwerk.“

„Schleimer.“, frech guckte Yuki ihn an und streckte ihm ganz unerwachsen die Zunge heraus. Und der sollte älter als er sein? Daran zweifelte er aber gewaltig. Trotzdem konnte ihn nichts davon abhalten, ebenfalls die Zunge rauszustrecken und daraufhin brachen beide in unkontrolliertes Gelächter aus.

„Wir sollten uns langsam auf den Weg machen.“

„Du hast Recht, die anderen vermissen uns bestimmt schon.“

„Das bezweifle ich, die sind so mit sich selbst beschäftigt, die bekommen nicht mit, wenn einer fehlt.“, murmelte Kyousuke.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mystik1009
2012-04-01T06:52:39+00:00 01.04.2012 08:52
Hey.
Ich habe Deine Geschichte jetzt in einem Rutsch gelesen, und finde sie echt klasse. Obwohl die Namen mich immer noch etwas verwieren. Was aber ach daran liegen könnte, das ich dringend schlafen muß.
Ich hoffe Du schreibst bald weiter.
V.L.G. Mystik 1009
Von:  Maldoran
2011-04-25T19:33:09+00:00 25.04.2011 21:33
Hey!

Also, ich hab nun jedes einzelne Kapitel gierig verschlungen, und ich muss sagen, Deine Story gefällt mir total gut. Deine Charas sind allesamt interessant und jeder auf seine Weise speziell. Deine Wortwahl ist ausgesprochen ideen- und abwechslungsreich, sowas mag ich!

Hast Du Dir echt zwischendurch mal Gedanken darüber gemacht, dass Du zuviel Sex einbaust? Tz! *Kopf schüttel* Also, ich pers. kann da gar nicht genug davon lesen *hust*, aber auch ohne... Deine Kuschel- und "sich annähern" - Szenen sind einfach nur - lecker! *schmelz* Hm, wenn ich nun sagen müssten, welcher Deiner Charas mir am besten gefällt... also, sorry! Ich könnte mich nicht entscheiden.

Schade find ich nur, dass ich nun vermutlich wieder länger auf das nächste Kapitel warten muss... *jammer* Denn ich würde jetzt am liebsten sofort und auf der Stelle wissen, wie es mit allen weitergeht... vor allem natürlich mit den neuen Beziehungen, die sich da anbahnen! *hibbel*

Naja, ich hab also Abo. gesetzt und warte sehnsuchtsvoll... *Dich heftigst anplinker*

GLG
Vala


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