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Hallo Tod...

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Here i am

"Wenn man stirbt, sieht man sein gesamtes Leben an einem vorbeiziehen."
 

Sehr schön, wo ist mein Popcorn, das wird ein super Film. Oscar reif.
 

Nun, in Wirklichkeit hatte ich bisher immer behauptet, so was wäre Quatsch. So von wegen, das Leben noch einmal vorbeiziehen. Wirklich, wer dachte sich so was dämliches nur aus?

Wie gesagt. Bisher.
 

Ich hätte nie gedacht, dass es stimmen könnte. Okay, ich hätte auch nie gedacht, dass ich so schnell sterben würde. Vor allem auf diese Weise. Ich glaube, ich hatte mir so heimlich immer ausgemalt, ich würde Rockstar werden, super erfolgreich sein, und mir mit 27 eine Kugel ins Hirn jagen. Wirklich!

Oder aber, ich würde spießig im hohen Alter versterben. Wenn möglich, ohne vorher das Altersheim miterleben zu müssen.

In jeden Fall etwas einfaches, normales. Und nun ist es eben so gekommen. Aus dem dritten Stock gefallen. Aus dem Fenster. Wirklich nicht das, was ich gedacht, oder gehofft hatte.
 

Aber was soll’s. Noch mal sterben kann ich nicht.

Außerdem, jetzt wo ich schon mal tot bin, was soll ich mich da beschweren? Macht irgendwie wenig Sinn. Ich kann ja nicht so einfach zu Gott rennen und ihn zurechtstutzen. Moment. Halt.

Gott? Komm ich da überhaupt hin? Oh, daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht. Gewitzelt, dass ich in die Hölle käme, ja, aber in Wirklichkeit? Ist es im Himmel nicht schöner? Wird das überhaupt entschieden? Tja, werde ich dann wohl erfahren. Aber, so wichtig erscheint mir das jetzt doch nicht.
 

Alles verschwindet so im Nichts, je länger ich so überlege. Mein Kopf wird leerer. Es ist nicht so, dass ich aufhöre zu denken. Nein, es ist eher so, dass ich nicht aufhöre damit. Andauernd mich ablenken lasse. Nur spüren, tu ich nichts. Weder Schmerzen, Kälte, Wärme, noch Wut, Angst, Freude, Trauer. Obwohl ich das doch eigentlich sollte, oder etwa nicht?

Ich mein, so jung gestorben, da sollte man sich doch ärgern? Oder wenigstens traurig sein, weil man so vieles verpassen wird.

Aber wie gesagt. Ich fühle ... Nichts.
 

Und dann fängt es an.
 

Oh, das ist jetzt wirklich kitschig. Albern. Und irgendwie berechend.

Ich glaub es zwar nicht so wirklich, aber ich sehe wirklich mein Leben an mir vorbeiziehen. Nun, daran zweifeln kann ich wohl im Moment nicht so recht. Egal, das da ist mein Leben. Gewesen. Das war mal mein Leben. Pass auf, das wird lustig. Na, vielleicht nicht ein Kracher, aber, hey, wessen leben ist das schon?
 

Ich bin geboren in irgendeinem Krankenhaus. Meine Mum hat mich dann irgendwann nach Hause gebracht, wir hatten so ein kleines Häuschen. Irgendwo am Stadtrand.

In der Nähe eines Parks, wo es Schaukeln und große Bäume gab. Die habe ich schon immer geliebt. Lustig, dass ich nie Angst vor Höhen hatte, und jetzt dadurch sterbe, dass ich wo runter falle. Egal, es geht weiter.
 

Jedenfalls waren wir die perfekte Familie. Zumindest eine Weile lang. Ich weiß nicht, wann genau, ob zu meinem 5. oder 6. Geburtstag, jedenfalls hat mein Vater uns verlassen. Nein, das ist kein Familiendrama, dass passiert den meisten heutzutage. Also weiter. Und wir zogen in eine Wohnung. Mitten in der Stadt. In einem Hochhaus. Oh, da ist wieder die Höhe.
 

Na, und ich bin dann zur Schule gegangen. Hatte Freunde. Irgendwann auch einen Freund. Nicht die große Liebe, aber hey, ich bin noch jung. War. War noch jung.

Ich muss mir mal das Präsens abgewöhnen.
 

Ach, ich hab viel erlebt. Okay, nicht sonderlich viel, aber doch einiges. Bin ein paar Mal verreist. Hab mir mal was gebrochen, hab garantiert von den meisten Süßigkeiten gegessen, die es auf der Welt gibt, hoffe ich jedenfalls.

Ich war Klassensprecherin, war Julia im Theaterstück von Shakespeare, habe einen Lesewettbewerb gewonnen, kannte einen Lottogewinner persönlich, war Bruce Willis-Fan, bin mal aus dem Kino geflogen, habe Handball gespielt, habe einen Delfin gestreichelt, war in Disneyland, hatte Stress mit Freundinnen, bin mal für 4 Stunden von zu Hause abgehauen, habe mit meiner Mutter einmal eine Ausstellung gemacht, hab mich mal geprügelt, habe einmal an einer Kippe gezogen, war stockbesoffen, hab in Folge dessen ein Fenster eingeschlagen, bin von der Polizei nach Hause gebracht worden. Ja, eigentlich war mein Leben schön. Zumindest aufregender als das manch anderer. Denke ich. Ich hab einiges erlebt, sicherlich mehr, als die meisten meiner Klassenkameraden. Aber die werden noch einges erleben. Ich hoff für sie mal, dass sie irgendwann auch Kirschkernweitspucken machen, so was sollte man im Leben nicht verpassen.

Trotzdem, es ist irgendwie Schade, dass es jetzt schon vorbei sein soll.
 

Ich mein, ich hätte gerne noch viel mehr gemacht.

Erst Mal, wäre ich gerne 18 geworden. Und hätte so Dinge gemacht, die man nur ab diesem Alter machen darf. Offiziell.

Und dann wäre ich gerne viel mehr verreist. Nach Australien. China. England. Oh, und Indien. Ich liebe Bollywood. Liebte.

Wollte den Rekord im Kirschkernweitspucken schlagen.

Ob man das alles noch machen kann, wenn man längst tot ist? Wie geht es jetzt weiter mit mir?

Ich weiß es nicht. Oh, aber ich habe keine Angst.
 

Ich hatte mal ne Weile lang Angst, vor dem Sterben. Weil ich immer gedacht hatte, danach ist nichts mehr. Ich kann nicht Denken, nicht Sein, und so.

Aber jetzt, wo ich gestorben bin, habe ich keine Angst mehr. Wovor auch?

Was kann mir noch geschehen?

Noch mal sterben kann ich nicht. Wäre ja lachhaft. Oh, aber was ich mich frage ist, wie es den anderen geht.

Okay, ich sollte eigentlich garantiert andere Gedanken haben, aber es würde mich echt mal interessieren, wer alles zu meiner Beerdigung kommt.

Und meine arme Freundin. Sie musste mit ansehen, wie ich aus dem Fenster stürzte. Shit, das wollte ich nicht. Wie ich sie kenne, wird sie sich auf ewig damit rumplagen.

Meine Mum wird das auch schocken. Dabei war heute morgen noch alles super, beim Frühstück. Heute? Hm, mein Zeitgefühl hat mich wohl auch verlassen. Ob die Zeit hier schneller, oder langsamer vergeht?

Jedenfalls hoffe ich meine Beerdigung wird schön. Ich hab dummerweise keine Instruktionen hinterlassen. Wer hätte auch mit meinem Tod so schnell rechnen können?

Obwohl, wir hatten mal so ne Aufgabe, in Religion. Da konnten wir schreiben, was wir uns nach dem Tod vorstellen, und was wir uns wünschen würden, für unsere Hinterbliebenen. Aber ich war schon immer von der faulen Sorte gewesen, und hatte auch diese Hausaufgabe nicht gemacht. Mist.

Aber was kann man schon machen? Mir bringt das sowieso nichts mehr. Macht mir nichts aus. Und wenn die mich Beerdigen, und mich irgendwann die Würmer fressen, was solls? Wenn sie mich verbrennen, und meine Asche sonstwo landen, egal. Ich erfahr es ja sowieso nie. Also, Shit happens. Wie gesagt, keine Gefühle. Nur Gedanken.

Was gar nicht mal so schlecht ist.

Ich wüsste nur eine Sache gern.

Werde ich die anderen jemals wieder sehen?

Vielleicht. Im Himmel. Wenn ich da hin komme.

Seid gespannt auf mich, kleine grüne Männchen! Ich kooooomme!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Monsterseifenblase
2009-11-06T11:31:17+00:00 06.11.2009 12:31
OK, das ist cool:)
Da kann man gar nicht viel an konstruktiver Kritik zu schreiben, weil es wirklich allein von dieser Ironie lebt, die darin liegt:P
Schön zu lesen und ganz amüsant^-^
Lg
Monsterseifenblase:)
Von: abgemeldet
2009-08-03T10:13:21+00:00 03.08.2009 12:13
*lachflash* ok, verdienter sieger! Glückwunsch ... ich liebe diesen Humor *weiterlach*


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