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[Amu x Ikuto]
von

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Die Bekanntschaft mit der Angst

Hallo~

Ich freu mich, dass jemand hier reinschaut. |D

Leider musste ich feststellen, dass es von Shugo Chara nur so wenige FF's gibt

und da habe ich plötzlich Lust bekommen, selbst eine zu schreiben. x)

Über ein Feedback freue ich mich natürlich immer, weil ich mich beim schreiben auch noch verbessern will. ^^

Und jetzt wünsche ich noch viel Spaß beim lesen!
 

Die Bekanntschaft mit der Angst
 

„Junge Dame, aufwachen. Du musst jetzt aussteigen.“
 

Amu öffnete ihre Augen, obwohl das grelle Licht sie blendete. Eigentlich hatte das rosahaarige Mädchen überhaupt gar nicht geschlafen, sondern nur etwas vor sich hin gedöst. Sie war nun einmal keiner dieser Menschen, die problemlos im Zug einschlafen konnten. Und so sah sie jetzt wohl auch aus. Bestimmt hatte sie unter ihren Augen nun schwarze Ringe. Aber um ihr Aussehen machte sich die 15 jährige gerade keine Sorgen. In ihrem Kopf spukten zur Zeit ganz andere Gedanken.

Sie hob ihren Kopf an und sah zu dem älterem Herren, der die ganze Fahrt lang neben ihr gesessen hatte. Amu kannte ihn nicht, er hatte sie während der Fahrt ganz einfach angesprochen. Besser gesagt, er hatte sie ausgefragt. Wohin wollte sie, was wollte sie dort, wie alt war sie, wieso fuhr sie alleine, und so weiter. Das 15 jährige Mädchen hatte eine ganze Weile versucht, sich aus seinen Fragen herauszureden, doch das war einfach nur unmöglich. Deswegen hatte sie ihren Kopf gegen die Fensterscheibe des Zuges gelehnt und die Augen geschlossen. Glücklicherweise hatte er dann endlich aufgehört, sie über ihr Leben auszufragen. Genau genommen ging es ihn nichts an. Doch Vorwürfe wollte sie ihm auch nicht machen. Bestimmt war er einsam oder hatte keine Familie mehr, denn sonst hätte er von seinen Enkelkindern geredet oder andere Geschichten erzählt.

Der Mann stand bereits schon und lächelte Amu freundlich an, wodurch die Falten, welche bei seinen Augen am Stärksten waren, noch mehr als so schon hervortraten. Da das rosahaarige Mädchen nicht unfreundlich war, lächelte sie kurz zurück und stand anschließend gleich auf, um ihr Gepäckstück – eine einfache Sporttasche, zu nehmen. Nachdem sie sich diese lässig umgehängt hatte, wollte sie an ihrem Sitznachbar vorbei, doch er stand im Weg. Amu hob skeptisch eine Augenbraue.

„Danke, dass Sie mich geweckt haben. Ich sollte dann mal. Schönen Tag noch.“, sagte sie und sah ihm dabei fest entschlossen in die Augen. Sie wollte ihm, ohne unhöflich zu werden, zu verstehen geben, dass sie vorbei wollte, dass er im Weg stand.
 

Als sich seine Mimik von einer freundlichen plötzlich für einen kurzen Moment in eine andere verwandelte, musste sie schlucken. Durch ihren Kopf schossen Bilder. Viele Bilder, die sie, als Leiche, eingewickelt in einer Plastikfolie und im Wald vergraben zeigten. Sein Blick durchbohrte sie auf so eine Angsteinflößende Art und Weise, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten und sie eine richtige Gänsehaut bekam. Ihr fiel in diesem Augenblick nicht ein, was dieser Blick genau bedeutete, doch darüber dachte sie nicht weiter nach, da der Mann sie wieder mit dem üblichen Lächeln ansah und einen Schritt zur Seite machte.

„Oh, tut mir Leid.“, entschuldigte er sich ein wenig verlegen. „Ich wünsche dir auch noch alles Gute auf deinem weiteren Weg.“

Als Antwort darauf nickte sie nur einmal kurz und schoss daraufhin nur schnell an ihm vorbei. Sie versuchte, nicht zu laufen, als sie den Zug verlassen hatte. Eigentlich wusste sie ja nicht einmal, wohin sie gehen sollte. Die Fahrkarte, welche sie sich gekauft hatte, war nur durch Zufall gewählt worden. Es war ganz einfach so, dass sie nur schnell weg wollte. Weg von zu Hause, weg von ihrer Familie, die sowieso bald keine mehr war. Und jetzt wollte sie erst einmal weg von diesem Bahnhof, da ihr der Mann nun doch unheimlich vorgekommen war. Unheimlich in jeder Weise. Gänsehaut hatte sie noch immer wegen seinem Blick. Wenn er sie verfolgen würde, konnte sie mit Sicherheit damit rechnen, in einem Leichensack, im Fluss, oder sogar zerstückelt, zu enden. Ja, Amu war ein bisschen Paranoid, aber ihr Bauchgefühl hatte sie schon oft gerettet, aber ebenso oft auch in Situationen geführt, in die sie lieber niemals geraten wäre.
 

Durch ihr Bauchgefühl war sie an dem Abend, der ihrem Entschluss, wegzufahren den Ausschlag gegeben hatte, nach Hause gegangen, statt noch mit ihren Freunden Karaoke singen zu gehen.

Schon als sie die Haustür geöffnet hatte, konnte sie schon ihre Mutter hören. Sie schien sehr aufgebracht zu sein. Warum, wusste sie nicht. Amu’s Eltern hatten schon seit einer Weile dauerkrach gehabt. Das ganze fing eigentlich an, als Amu eines Abends auf ihre kleine Schwester aufpassen musste. Die Rosahaarige hatte nur einen Moment lang nicht aufgepasst, da lag sie plötzlich da. Das kleine Mädchen war die Treppen runter gefallen und hatte sich eine Gehirnerschütterung geholt. Amu rief daraufhin sofort einen Krankenwagen und fuhr mit ihrer kleinen Schwester ins Krankenhaus. Schon als ihre Eltern dort eintrafen, waren sie kräftig dabei, sich zu streiten. Das damals noch 14 jährige Mädchen wusste sofort, dass alles nur ihre Schuld war. Der Unfall sowie der Krach zwischen ihren Eltern. Amu bekam zwar keinen Ärger, aber ihr schlechtes Gewissen war schon Strafe genug. Noch eine weitere Strafe war die Tatsache, dass ihre Eltern sich nur noch stritten. Die Rosahaarige musste plötzlich nie wieder auf ihre kleine Schwester aufpassen. Da konnte sie sich natürlich denken, dass die beiden wohl das Vertrauen zu Amu verloren hatten. Sie konnte ihnen das aber auch gar nicht verübeln.
 

Die 15 jährige wollte an dem Abend gerade die Treppen hochschleichen, als sie es hörte. Ihr Vater schrie völlig außer sich, dass er die Scheidung wollte. Ihre Mutter hatte ihm daraufhin nur zugestimmt. Völlig geschockt verkroch sie sich erst einmal in ihrem Zimmer. Ihre Eltern wollten sich also scheiden lassen. Und sie war schuld. Sie, nur sie. Natürlich hätten die beiden es abgestritten, wenn sie gefragt hätte, doch sie wusste es.

Amu wusste nicht, wie lange sie eigentlich nur dagesessen hatte und nachdachte, bis sie endlich wusste, was sie tun konnte. Es war bereits nach Mitternacht, als das Mädchen ihre wichtigsten Sachen in ihre alte Sporttasche stopfte. Ein paar Klamotten und Geld, damit sie überhaupt wegkonnte. Es ging ihrer Meinung nach nicht anders. Wenn sie weg war, hatten die beiden Älteren keinen Grund mehr, sich zu streiten. Die Bewunderung ihrer Eltern hatte Amu sowieso schon verloren und ihre kleine Schwester sah sie bestimmt auch mit anderen Augen. Was blieb ihr denn sonst noch übrig? Sie hoffte inständig, dass die beiden nicht nach ihr suchen würden. Zuerst überlegte sie, ob sie einen Zettel dalassen sollte, doch dann entschied sie sich dafür, es nicht zu tun. Ganz so, als hätte sie es bereits mehrmals geübt, schlich sich Amu aus dem Haus. Die eigentlich so verantwortungsvolle und außerhalb des Hauses fröhliche Persönlichkeit des Mädchens hatte sich tief in ihrem Inneren verkrochen. Übrig blieb ein Schuldbewusstes Mädchen, das sich aus Schuldgefühlen nicht mehr traute, richtig glücklich zu sein.

Irgendwie hatte Amu es geschafft, trotz dieser späten Uhrzeit heil beim Bahnhof anzukommen. Als erstes sah sie sich einmal um, welcher Zug denn als nächstes wohin fuhr, wo sie hinwollen könnte. Sie wollte so weit wie möglich weg und zum Glück sprang ihr ein Zug ins Auge, der in wenigen Minuten fuhr. Amu beeilte sich, um noch an eine Fahrkarte für diesen Zug zu kommen. Dabei hatte sie sogar riesiges Glück. Ehe sie sich versah, saß sie schon in dem Zug und wurde von einem fremden Mann angesprochen, der trotz ihrer aufgesetzten, kalten Schale und der starken Zurückhaltung ein paar Kleinigkeiten über sie herausbekam.
 

Amu stand nun direkt vor dem Bahnhof vor einem Fahrplan. Es war acht Uhr morgens. Wohin konnte sie um diese Zeit gehen? An normalen Tagen wäre nun die Schule in Frage gekommen, doch die war viel zu weit entfernt. Glücklicherweise, denn auf Schule hatte sie auch gar keine Lust. Das rosahaarige Mädchen seufzte.

„Na toll. Was nun?“, nuschelte sie sich selbst zu. Amu war müde, da sie nicht wirklich geschlafen hatte, ihr Bauch erinnerte sie mit einem lauten Brummen daran, dass sie hunger hatte und sie wusste nicht, wo sie den Tag, geschweige denn die folgende Nacht verbringen konnte. Natürlich hatte sie ihre sämtlichen Ersparnisse eingesteckt, aber selbst damit konnte sie in einem Billighotel höchstens eine Woche bleiben, wobei ihr dann kein Geld mehr blieb, um sich etwas zum Essen zu kaufen.
 

Nun war es wohl klar. Amu war aufgeschmissen. Da hatte sie wohl nicht richtig nachgedacht, bevor sie in den Zug gestiegen war. Einfacher wäre es gewesen, für eine Weile zu einer ihrer Freundinnen zu gehen. Doch nun konnte sie sowieso nichts mehr daran ändern und die Entscheidung war gefallen. Als Amu sich gerade umsehen wollte, um anschließend zu entscheiden, wo sie mit ihrer Besichtigungstour am Besten beginnen konnte, kam schon der Bus. Wenn eine ihrer frisch entdeckten Seiten jetzt die Spontanität war, dann sollte es eben so sein. Sie stieg ganz einfach in den Bus und wollte sich eben einmal überraschen lassen, wo sie landen würde. Sie setzte sich hinten in eine Ecke und schmiss ihre Tasche nachlässig auf den Sitz neben sich. Danach schenkte sie ihre Aufmerksamkeit voll und ganz dem Fenster neben sich und beobachtete die neue Umgebung, als der Bus sich in Bewegung setzte.
 

Während der Fahrt hatte sie bemerkt, dass die Stadt ihrer nicht besonders stark glich. Es war dreckiger und die Menschen sahen unfreundlich aus. Bei ihr zu Hause waren die Menschen auch nicht mit einem Grinsen auf dem Gesicht herum gelaufen, aber sie sahen nicht so unfreundlich aus, wie sie es hier taten. Als es dann allerdings grüner in der Umgebung wurde, fühlte sich Amu schlagartig wohler, schnappte ihre Tasche und stieg schließlich aus dem stinkenden Bus.

Als sie die frische Luft einatmete, zierte ein kleines Lächeln ihr Gesicht.

„In der Nähe gibt es Wasser.“, murmelte sie. Ohne wirklich zu wissen, wohin sie ging, setzte sie sich in eine bestimmte Richtung in Bewegung. Der Hunger schien vollkommen vergessen zu sein, als sie von weitem bereits das funkelnde Wasser sehen konnte. Lächelnd schritt sie über die Wiese und ließ sich anschließend direkt am Ufer nieder. Amu machte es Spaß, dem Fluss beim fließen zuzusehen. So wenig sie den Hunger gerade bemerkte, desto mehr überkam die Müdigkeit sie. Amu legte ihre Tasche so hin, dass sie ihren Kopf darauf legen konnte und beobachtete eine Weile den Himmel, bevor sie einfach ins Land der Träume sank.
 

Als sie wieder aufwachte, dämmerte es gerade. Amu bekam einen Schreck, als sie bemerkte, dass sie so ziemlich den ganzen Tag verschlafen hatte. War es ein Wunder, dass man sie liegen gelassen und nicht überfallen hatte? Sie strich sich durch die vom Schlaf verwuschelten Haare und richtete sich auf. Ihr Blick blieb einen Moment beim Sonnenuntergang hängen. So eben hatte sie ihren Lieblingsplatz in dieser Stadt gefunden. Hier. Selbst bei ihr zu Hause hatte sie niemals den Sonnenuntergang so schön beobachten können. Die schönen Farben der Sonne spiegelten sich alle im Wasser, weswegen das Gesamtbild, welches sich Amu bot, noch schöner aussah. Sie seufzte, als ihr Magen sie wieder daran erinnerte, dass sie noch nichts gegessen hatte. Das Mädchen nahm ihre Sporttasche und stand danach auf. Als sie gerade losgehen wollte, entdeckte sie einen kleinen Trinkbrunnen. Wenigstens ihren Durst konnte sie gratis löschen, glücklicherweise. Lächelnd schritt sie auf ihn zu und trank anschließend was das Zeug hielt. Dass sie solch einen Durst hatte, war bis jetzt unbemerkt geblieben. Als sie sich wieder aufrichtete, um nun nach etwas Essbarem zu suchen, überkam sie ein merkwürdiger, kalter Schauer. Plötzlich kam sich das Mädchen so beobachtet vor. Als sie sich aber umsah, konnte sie niemanden sehen. Amu redete sich eben ein, dass sie sich das nur eingebildet hatte und ging weiter. Das unangenehme Gefühl wurde aber nicht schwächer, eher im Gegenteil. Da es nun schon vollends dunkel war und nur wenige Straßenlampen den Weg erleuchteten, wurde das schlimme Gefühl stärker und das Mädchen bildete sich sogar ein, Schritte hinter sich zu hören. Sie traute sich gar nicht, sich einfach einmal umzudrehen und sich davon zu überzeugen, dass da niemand war. Amu bemerkte, dass der Weg neben dem Fluss sie direkt in einen Park geführt hatte. Einen Menschenleeren Park. Natürlich liefen hier keine Menschen mehr herum, wenn es dunkel war. Das war bei ihr zu Hause schließlich auch so gewesen.

Mit einem schlechten Gefühl und einer Schicht Gänsehaut auf anderen wollte sie allerdings auf keinen Fall hier durchlaufen. Amu drehte sich um, damit sie den Weg wieder zurücklaufen konnte. Da traf sie der Schlag. 20, vielleicht auch 30 Meter hinter ihr stand ein Mensch. Sie konnte das Gesicht der Person nicht erkennen, aber sie war sich sicher, dass es ein Mann war. Durch ihren Kopf spukten plötzlich wieder Bilder von ihr in einem Leichensack im Wald vergraben, und ihre restlichen Horrorfantasien. Amu war noch nie Fan von Geistergeschichten oder Horrorfilmen gewesen, aber das ein oder andere war auch an ihr nicht vorbei gegangen. Und dieser Augenblick erinnerte sie nur zu gut an verschiedenste Szenen aus solchen Filmen. Was noch dazu kam war, dass sie an den Mann im Zug denken musste, da sie bei ihm genauso ein unangenehmes Gefühl gehabt hatte.

Da zurücklaufen nun für sie nicht mehr zur Debatte stand, beschloss sie, so schnell es ging weiterzulaufen. Sie war jung und sportlich, also konnte sie den Mann bestimmt abhängen. Mit schnellen Schritten huschte sie den Weg entlang. Die Panik wurde noch größer, als sie bemerken musste, dass der Mann ihr wirklich nachging. Amu rannte los, immer tiefer in den dunklen Park hinein. Wieder und wieder schossen ihr Horrorfantasien durch den Kopf und sie konnte diese auch nicht abstellen. Als die Rosahaarige nach hinten blickte, um nachzusehen, ob sie den Kerl endlich abgehängt hatte, stolperte sie plötzlich über einen Ast. Ehe sie sich versah, lag sie schon auf dem Boden.
 

„Autsch…“, nuschelte das Mädchen und griff sich an die Nase. Der Schmerz war vergessen, als sie wieder die Schritte hören konnte. Amu’s Herz schlug ihr bis zum Hals. Panisch versuchte sie, ihren Schuh zwischen dem Ast herauszuziehen, doch dabei stellte sie sich tollpatschig an. Das lag aber nur daran, dass sie schreckliche Angst davor hatte, was jetzt passieren könnte. Ihr Blick schweifte in die Richtung, aus der die Schritte kamen. Sie sah, dass der Mann nun schon ganz nah war und mit jedem Schritt immer näher kam. Das wurde der Schülerin zu viel. Sie schrie einmal laut auf und flehte um Hilfe, obwohl sie bestimmt niemand hören konnte. Niemand, außer ihr Verfolger. Die Panik wurde so groß, dass sie plötzlich nur noch schwarz sah. Vor lauter Angst fiel das Mädchen einfach in Ohnmacht.
 

Ende des 1. Kapitels

Blaue Augen

Blaue Augen
 

Als Amu ihre Augen wieder öffnete, wusste sie erst einmal nicht, wo sie war. Der Raum war dunkel und nicht besonders gut eingeheizt. Denn als sie sich aufsetzte, rutschte die Decke runter und ihr wurde schlagartig Eiskalt. Sie bemerkte, dass sie auf einem recht großen Bett lag. Die Bettwäsche war schwarz, genau wie das ganze Zimmer in dieser Farbe gehalten wurde. Wobei schwarz genau genommen keine richtige Farbe war. Vor dem Fenster hingen dichte Vorhänge. Das Zimmer machte alles in allem einen sehr kalten Eindruck. Amu wickelte sich die Decke um den Körper, bevor sie aufstand. Sie sah sich noch einmal um. Wo genau war sie hier eigentlich? Und was war passiert, nachdem sie plötzlich Ohnmächtig geworden war? Die Rosahaarige hatte eigentlich nicht damit gerechnet, in einem Zimmer aufzuwachen. Ihre Fantasien, in denen sie vergraben im Wald lag hatten sie selbst im Traum eingeholt. In diesem Fall hatte man sie niemals gefunden und niemand hatte auch nur nach ihr gesucht. Wer hätte denn auch schon nach ihr suchen sollen? Ihre Eltern? Die beiden hatten wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkt, dass Amu weg war. Sie waren bestimmt zu sehr damit beschäftigt, sich zu streiten. Vielleicht war ihr Vater auch schon dabei, seine Sachen zu packen. Und selbst, wenn sie die Abwesenheit ihrer Erstgeborenen bemerkt hätten, wussten sie nicht, wo sich ihre Tochter gerade befand. Der Zug, in den sie gestiegen war, hatte in einigen Stationen halt gemacht. Amu hätte also genau genommen überall aussteigen können.
 

Doch was war, wenn ein Perverser sie mit nach Hause genommen hatte und nun schlimme Sachen mit ihr vorhatte? Dem Mädchen gefiel langsam gar nicht mehr, dass sie so eine ausgeprägte Fantasie hatte. Zuerst eine Vergewaltigung und dann kam erst der Mord? Amu bekam bei dem Gedanken daran eine Gänsehaut. Möglicherweise wartete vor der Tür schon ein fetter, alter Mann – oder noch schlimmer, der Typ, der neben ihr im Zug gesessen hatte. Der wusste leider bereits ein paar Einzelheiten über sie.
 

Amu schluckte hart und ließ die Decke fallen, die sie verkrampft festgehalten hatte. Als sie an sich heruntersah, um zu kontrollieren, ob noch alles an ihr dran war, traf sie der Schlag. Statt der Kleidung von gestern hatte sie ein weißes Männerhemd an. Und ganz klar gehörte es nicht ihr. Mit hochgezogener Augenbraue zupfte sie einen Moment lang skeptisch daran. Hatte sie sich etwa umgezogen? Oder hatte das ihr Verfolger übernommen, nachdem er sich an ihr vergriffen hatte? Sie fühlte sich nicht so, als hätte das jemand getan. Das Mädchen war sichtlich verwirrt. Es brachte ihr wohl gar nichts, wenn sie jetzt grübelte. Vor allem, weil sie eigentlich hier raus wollte.

Als sich Amu nach ihrer Sporttasche umsah, musste sie feststellen, dass diese nicht im Raum war. Das Mädchen schlich zum Fenster, um dann festzustellen, dass ihre Fluchtmöglichkeiten sehr eingeschränkt waren. Sie befand sich also im vierten Stockwerk eines Wohnhauses. Runter klettern stand nun nicht mehr zur Debatte. Amu seufzte. Ihr einziger Weg raus war also die Tür. Das Mädchen schlich zu dieser und hoffte inständig, dass sie nicht verschlossen war. Als sie die Türschnalle runter drückte, ging die Tür mit einem leisen quietschen auf. Erleichtert blies sie die angehaltene Luft aus ihrer Lunge. Amu spähte vorsichtig auf den Gang hinaus. Sie konnte nicht feststellen, dass jemand hier war, da sie keine Geräusche hörte. War das nun gut oder schlecht? Sie traute sich nun, aus dem Zimmer zu gehen und sah sich um. Der Besitzer dieser Wohnung mochte scheinbar schwarz, denn auch der Gang war in schwarz gehalten. Amu versuchte, irgendwo ihre Tasche erblicken zu können, doch leider war sie auch nicht hier. Sie erblickte eine weitere Tür und beschloss, einfach einmal überall nachzusehen. Der Besitzer der Wohnung schien sowieso nicht da zu sein, sonst hätte sie ihn bestimmt schon gehört. Hinter der ersten Tür war das Badezimmer. Komischerweise war dieses nicht schwarz. Hinter der nächsten war nur die Toilette, also nichts Besonderes. Die letzte Tür war offen und Amu konnte schon sehen, dass sich hier das Wohnzimmer befand. Sie konnte ein schwarzes Ledersofa sehen. Langsam schritt sie in den Raum und sah sich um. Sie lächelte einen Moment, als sie ihre Tasche erblickte. Nur schnell umziehen und dann raus hier, bevor der Eigentümer wieder nach Hause kam. Das war ihr Plan. Amu kniete vor ihrer Tasche und kramte nach frischer Kleidung. Dabei stellte sie glücklich fest, dass noch alles da war. Ihr Geld hatte sich also noch niemand unter den Nagel gerissen. Als sie passende Kleidung gefunden hatte, legte sie diese sorgfältig über einen Stuhl, ehe sie aufstand. Die Rosahaarige fing langsam an, sich das Hemd aufzuknöpfen.
 

„Sollten wir damit nicht noch warten? Zumindest, bis wir uns besser kennen?“, sagte plötzlich eine belustigte, männliche Stimme hinter ihr. Amu schreckte zusammen, bevor sie sich schnell umdrehte, um denjenigen, zu dem die Stimme gehörte sehen zu können. Auf dem Sofa lag ein junger Mann. Er sah für sie wie ein Junge aus der High School aus. Er hatte etwas längere Haare, welche in einer Mischung aus schwarz und blau schimmerten. Er schien zierlich gebaut zu sein, obwohl er ein Junge war. Trotzdem strahlte er auch eine gewisse Stärke aus. Die Rosahaarige konnte ihn wahrscheinlich nicht einfach so umwerfen, so sportlich sie auch war. Der fremde Junge trug ein schwarzes Hemd, kombiniert mit einer Hose in der gleichen Farbe. Nun war sich die 15 jährige 100 % sicher, dass er, der Eigentümer der Wohnung, schwarz sehr mögen musste. Was Amu am meisten an dem Jungen auffiel, waren diese faszinierenden blauen Augen, in denen man glatt versinken konnte, wenn man zu lange hineinsah. Genau das passierte Amu gerade. Sie war so beschäftigt, in seine Augen zu sehen, dass sie nicht einmal bemerkte, wie amüsiert der Junge sie gerade ansah, oder die Tatsache, dass sie mit halb offenen Hemd vor ihm stand und man demnach tiefe Einblicke hatte.

Der blauhaarige Junge war sich nun nach der langen Stille zwischen den beiden sicher, dass er wohl keine Antwort bekommen würde. Er wusste zwar, dass er nicht gerade hässlich war, aber so angetan war noch nie jemand von ihm gewesen. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie sofort fragte, wer er war und was gestern passiert war.
 

Gerade, als er wieder etwas sagen wollte, fing Amu sich wieder und starrte ihn nun in einer Mischung aus schockiert und wütend an.

„W-wer? U-und wo? Und wie?“, brachte sie stotternd hervor. Sie konnte keine ihrer Fragen beenden, wahrscheinlich, weil sie so verwirrt war. Oder weil der Junge einfach zu faszinierend auf sie wirkte. Das allerdings würde sie niemals zugeben. Der Blauhaarige schüttelte grinsend den Kopf, bevor er sich die dünne Tagesdecke schnappte, welche über dem Sofa hing und sie ihr entgegenwarf. Das Hemd, welches sie trug war doch sehr weit offen.

„Tsukiyomi Ikuto, in meiner Wohnung, ich habe dich im Park gefunden und hergebracht.“, beantwortete er ihre Fragen, sichtlich amüsiert. Ikuto war eigentlich immer alleine unterwegs, also auch nachts im Park. Es gab sogar Nächte, in denen er auf einer der unbequemen Bänke einschlief. Nicht nur einmal war er auf irgendwelche Junkies gestoßen, die ihn zu überfallen versuchten und ihm erklärten, dass er sich in ihrem Revier befand. Das war Ikuto allerdings egal. Er trieb sich trotzdem immer dort herum, wo es ihm gerade gefiel. Die Räumlichkeiten, in denen er sich gerade mit dem fremden Mädchen befand, mochte er nicht besonders gerne. Hier konnte sein Vater ihm besuche abstatten und das wollte Ikuto bei Seltenheiten belassen.

Amu hielt die Decke ein wenig zittrig fest und sah den Älteren prüfend an. Sie war sich nicht sicher, ob sie diesem Jungen glauben sollte. Sie hatte zwar wirklich nicht das Gefühl, dass er ihr Verfolger war, aber dennoch fühlte sie sich unbehaglich, weil er sie so angrinste, als ob er irgendetwas gesehen hätte, das ihn nichts anging. Da fiel ihr ein, dass man sie umgezogen hatte, dass er sie umgezogen hatte. Schlagartig lief das Gesicht des Mädchens in einem gesunden rot an.
 

Ganz, als ob Ikuto ihre Gedanken lesen könnte, schüttelte er, immer noch köstlich amüsiert den Kopf.

„Keine Angst, dein rosa Spitzen BH interessiert mich nicht so sehr. Ich finde es sowieso bewundernswert, dass es schon eine Körbchen Größe für so ein Flachland wie dich gibt!“

Innerhalb von wenigen Sekunden verwandelte sich die sonst so friedliche Amu in ein Monster, innerlich zumindest. Das Mädchen hatte schon immer Komplexe wegen ihrer Oberweite gehabt. Oder die Oberweite, sie sie nicht wirklich hatte. Da fehlte es ihr gerade noch, dass so ein dahergelaufener Fremder sie deswegen aufzog. Das rot, welches ihr Gesicht gerade noch vor Scham geziert hatte, verwandelte sich nun in eines aus tiefer Wut. Ihr ganzer Körper bebte von dem Verlangen, Ikuto hier und jetzt den Kopf abzureißen. Stattdessen schnaufte sie ihn allerdings nur verächtlich an.

„Wer hat dir erlaubt, mich einfach auszuziehen!?“, quietschte sie ihn wütend an. Leider klang Amu’s Stimme immer, wenn sie wütend war wie die von einer Quietscheente. Deswegen nahm sie nie jemand ernst, wenn sie sauer war. Genau, wie Ikuto sie jetzt nicht ernst nahm.

„Um! Ich habe dich umgezogen!“, grinste er unverschämt. Bevor sie weiter in die Luft gehen konnte, sprach er schnell weiter.

„Außerdem, seit wann sind kleine zwölf jährige denn so Schamhaft?“

Amu weitete ihre Augen. Er dachte tatsächlich, dass sie erst zwölf war? Komischerweise traf sie das jetzt wie ein Schlag. Jeder schätzte sie jünger ein, als sie war, aber für so jung hatte sie noch niemand gehalten. Zumindest hatte ihr das noch nie jemand ins Gesicht gesagt. Die Rosahaarige senkte den Blick, damit er nicht sah, wie sehr sie das jetzt verletzt hatte. Ikuto legte den Kopf schief, als keine Antwort kam und stand schließlich auf. Die Schultern des Mädchens zitterten. Weinte sie etwa?

„Hör zu. Ich wollte nicht-“ Ikuto wurde unterbrochen, bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte.

„15, ich bin 15!“, quietschte sie ihm entgegen. Sie machte keine Anzeichen, als ob sie gleich weinen musste. Eher, als ob sie gleich vor Wut platzte. Amu öffnete erneut ihren Mund, als sie von einem lauten Brummen unterbrochen wurde. Ihr Magen machte sie wieder einmal darauf aufmerksam, dass sie nun seit einer Weile nichts mehr gegessen hatte. Seit einer langen Weile, wenn sie es genau nahm. Ikuto’s Blick lag einen Moment lang auf ihrem verdeckten Bauch, bevor er eine Augenbraue hob und wieder in ihr Gesicht sah.

„Du hast hunger, stimmt‘s?“, schmunzelte er. „Na gut. Wie wäre es, wenn du dir eine heiße Dusche gönnst und ich mache dir etwas zum Essen? Von mir aus kannst du mich danach umbringen. “

Einen weiteren Spaß über ihre nicht wirklich vorhandene Oberweite verkniff er sich jetzt lieber.

Amu blinzelte ein paar Mal. Eine Dusche könnte wirklich gut tun, doch konnte sich das Mädchen sicher sein, dass der Fremde sich vom Badezimmer fern hielt? Bei diesem Grinsen konnte sie wirklich meinen, er wäre so pervers. Trotzdem konnte sie zu einem Essen nicht nein sagen, da der Hunger sich nun nicht mehr verdrängen lies. Die 15 jährige suchte den Blick des Älteren, welchen sie auch sofort fand.

„Kann man die Tür absperren?“, fragte sie ihn kühl, damit er nicht bemerkte, dass sie erneut beinahe in seinen schönen Augen versank. Ikuto bemerkte es trotzdem, beschloss aber, dass er sie für diesen Moment schon genug geärgert hatte, obwohl es ihm doch sehr viel Spaß machte und nickte nur.

„Das Badezimmer ist-“ Wieder wurde er von der Rosahaarigen unterbrochen.

„Ich weiß, wo es ist. Ich habe schon herumgeschnüffelt!“, nickte sie und stampfte aus dem Raum, nur um einen Augenblick später wieder reinzukommen. Frische Kleidung wäre natürlich nicht schlecht, wenn sie nach dem Duschen nicht nackt vor ihm herumlaufen wollte. Noch mehr Scherze über ihren kindlichen Körper würde er ohne ein paar kräftige Schläge von ihr mit Sicherheit nicht machen können. Sie kramte in Windeseile durch ihre Tasche und verschwand danach sofort wieder aus dem Wohnzimmer, um sich im Bad einzuschließen. Zurück lies sie einen grinsenden jungen Mann, der mehr von ihr fasziniert war, als sie sich jemals erträumen konnte.
 

Den Kopf schüttelnd tapste er leise in die angrenzende Küche, um den Kühlschrank zu durchsuchen. Da Ikuto nicht oft hier war, befand sich demnach auch nicht viel darin. Eier, bei denen er sich nicht sicher war, ob sie das Ablaufdatum schon überschritten hatten, und ein paar andere Kleinigkeiten. Es war wenig, aber damit konnte er schon etwas zaubern. Für einen 18 jährigen Mann war er ausgesprochen selbstständig, deswegen konnte er auch kochen.

Während er so in seiner Pfanne führte, dachte er über das Mädchen, welches gerade unter seiner Dusche stand und wahrscheinlich sein Shampoo benutzte nach. Es war schon seltsam gewesen, nachts im Park ein junges Mädchen nach Hilfe schreien zu hören. Dabei war genau dieser Park einer der „bösen“ und deswegen trieb sich nach Einbruch der Dunkelheit niemand mehr hier herum.

Ikuto hatte diese Tatsache allerdings niemals abgeschreckt. An dem besagten Abend war er schon recht früh im Park gewesen. Er saß nah an einem kleinen Spielplatz auf einer Bank und starrte die kaputte Schaukel vor sich an. Neben sich stand ein kleiner Geigenkoffer, den er eigentlich immer bei sich trug. Als es schon dunkel war, konnte er kaum noch etwas sehen, da einzelne Lichter von irgendwelchen Rowdys zerstört wurden und sie niemand reparieren wollte. Der Blauhaarige schien gerade beschlossen zu haben, die Nacht hier auf dieser dreckigen Parkbank zu verbringen, da er einfach nicht aufstehen und nach Hause gehen wollte, als er das Schreien eines Mädchen hörte. Schon einmal die Tatsache, dass sich hier um die Zeit noch ein Mädchen herumtrieb, verwunderte ihn sehr. Er hatte deutlich gehört, dass sie um Hilfe geschrien hatte, womit sich in ihm ein bisher unentdeckter Beschützerinstinkt einschaltete. Ikuto stand auf und ging mit schnellen Schritten in die Richtung, aus der er den Schrei gehört hatte. Möglicherweise hatte sie sich verlaufen und war nun auf üble Typen gestoßen? In dem Fall sollte er sich wirklich beeilen. In den Zeitungen standen jeden Tag Artikel, in denen von Vergewaltigungen oder Morden berichtet wurde. Und ihm persönlich war das bis jetzt auch nicht besonders nahe gegangen. Für ihn waren Vergewaltigungsopfer meistens solche Frauen, die um die übelsten Uhrzeiten im Minirock und in aufreizenden Schuhen herumliefen. Und die wunderten sich dann immer, warum das gerade ihnen passieren musste. Doch nun, wo er möglicherweise genau im Geschehen war, war sein Standpunkt diesem Thema Gegenüber anders. Als er aus dem Gebüsch sprang, konnte er schon das Mädchen auf dem Boden liegen sehen. Ikuto kniete sich zu ihr und stellte fest, dass sie nicht bei Bewusstsein war. Er konnte auch nicht erkennen, dass außer ihm und dem Mädchen noch jemand hier war, als er sich gründlich umsah. Sein Blick schweifte erneut zu dem fremden Mädchen , wobei er die Sporttasche neben ihr bemerkte, die ziemlich vollgestopft zu sein schien. Der Inhalt war uninteressant für ihn, dafür war das entspannte Gesicht des Mädchens umso interessanter. Sie war hübsch, ohne Zweifel. Doch was machte ein junges Mädchen wie sie, vollbepackt nachts im Park? Er konnte nur vermuten, dass sie von zu Hause weggelaufen war.
 

Ihm war klar, dass er hier keine präzise Antwort bekommen würde. Vor allem, weil sie gerade nicht in der Lage war, etwas zu sagen. Also nahm er die Tasche und hing sie sich um, genau wie er es mit seinem Geigenkoffer gemacht hatte, bevor er vorsichtig das kleine Wesen vom Boden aufhob, ehe er aufstand. Sein Plan, diese Nacht nicht nach Hause zu gehen fiel damit wohl ins Wasser. Ikuto beeilte sich, das Mädchen zu sich in die Wohnung zu bringen. Er lies ihre Tasche im Wohnzimmer fallen und brachte sie anschließend gleich in sein Schlafzimmer, wo er sie vorsichtig auf das große Bett legte. Nicht weil er pervers war, sondern weil sie ein bisschen dreckig war, zog er ihr eines seiner Hemden an. Er hatte dabei nur so wenig, wie es ging auf ihren Körper gesehen, wobei sich der ein oder andere Blick eben nicht vermeiden lies. Die Haut des Mädchens war unglaublich zart und trotz der kaum vorhandenen Oberweite wirkte sie feminin. Nachdem er sie zugedeckt hatte, verließ er das Zimmer und machte es sich im Wohnzimmer auf dem unbequemen Sofa gemütlich, wobei in seinem Kopf zu viele Fragen herumschwirrten, um einzuschlafen.
 

Ikuto stellte das fertige Frühstück vom Herd und wollte gerade beginnen, den Tisch zu decken, als er plötzlich ein Handy klingeln hörte. Da er selbst keines besaß, weil er nicht viel davon hielt, wusste er gleich, dass es ihres war. Er schlich sich aus dem Wohnzimmer und folgte dem Klingelton, bis er vor ihrer Tasche stand. Die Neugierde siegte gegen jede Vernunft. Ikuto zog den Reißverschluss auf und zog das kleine Telefon heraus. Auf dem Display stand „Mama“. Ihm war klar, dass sich die Mutter der Rosahaarigen große Sorgen um sie machen musste. Gerade, als Ikuto abheben wollte, hörte er plötzlich die Stimme des Mädchens hinter sich.
 

„Hey, was machst du da?“
 

Ende des 2. Kapitels

Gegen jede Vernunft

Aloha ^^

Zu dem Kapitel muss ich sagen, dass es mir irgendwie nicht so ganz gefällt.

Vielleicht hat ja jemand Vorschläge, wie ich mich in Zukunft verbessern kann. =)

Naja, zum Schluss wünsche ich noch viel Spaß beim lesen!
 

Gegen jede Vernunft
 

Amu versicherte sich drei Mal, ob die Tür wirklich abgesperrt war, bevor sie sich auszog und schließlich in die recht große Badewanne stieg. Es war schon peinlich gewesen, als sie vergessen hatte, sich frische Sachen zum Anziehen mitzunehmen. Damit hatte sie sich ihren, für sie, dramatischen Abgang ziemlich versaut. Wahrscheinlich grinste dieser Junge noch immer wegen ihr. Amu wusste nicht wieso, aber vor ihm hatte sie einfach keine Angst, obwohl er sie so angegrinst hatte. Vor sich konnte sie wieder den älteren Herren sehen, der sie auch so angegafft hatte. Und obwohl er gar nicht hier war, lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Ein Schauer der Angst, den sie bei Ikuto einfach nicht hatte. Bei diesem verruchten Jungen hatte sie ganz andere Gefühle, die sie sich im Moment allerdings nicht erklären konnte. Wut war dabei, aber auf der anderen Seite freute sie sich auch tief in ihrem Inneren, dass sie jemand, wenn auch nur für diese eine Nacht, bei sich aufgenommen hatte, ohne sich an ihr zu vergreifen. Da Amu ihr Shampoo gerade nicht bei der Hand hatte, schnappte sie sich einfach das des blauhaarigen Jungen. Das Mädchen stockte einen Moment lang, weil es so gut roch. Sie konnte nicht genau beschreiben, wie. Es roch irgendwie männlich, aber dennoch blumig. Eine merkwürdige Mischung.

Als das Mädchen sich fertig geduscht hatte, stieg sie aus der Badewanne, ehe sie sich eins der Handtücher, welche unordentlich in ein Regal gestopft wurden, schnappte und sich abtrocknete.

Ihre Gedanken schweiften einen Moment lang zurück in ihr Elternhaus. Ob ihre Eltern sich jetzt wieder vertragen hatten? Jetzt, wo das Problem aus dem Haus war. Ami würde niemals die Erfahrung eines Scheidungskindes machen müssen. Und das war auch gut so. Das kleine Mädchen bedeutete Amu sehr viel. Sie hatte immer versucht, eine gute große Schwester und immer ein gutes Vorbild für sie zu sein. Doch das hatte sie nicht geschafft, wie man nun sah. Jetzt stand Amu nackt im Badezimmer eines fremden Jungen, der sie durch seine Kommentare mehr als wütend machte. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass er sie mehr und mehr zu durchschauen schien, und das, obwohl er sie doch nicht einmal kannte.

Die 15 jährige hing das nasse Handtuch sorgfältig auf, bevor sie sich ihre Klamotten schnappte. Nachdem sie ihre Unterwäsche angezogen hatte, schlüpfte sie in ihre einfache, blaue Jeans, bevor sie sich schließlich einen schwarz-rot gestreiften Kapuzenpullover anzog. Die nassen, rosa Haare hingen ihr lose über die Schulter, doch das störte sie nicht. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel schritt sie viel zu leise zur Tür und entriegelte sie. Als sie diese gerade öffnete, konnte sie ihren Klingelton hören. Und es war nicht irgendeiner. Amu hatte für so ziemlich jeden einen eigenen eingerichtet, weswegen sie den ihrer Mutter sofort erkannte. Mit schnellen Schritten beförderte sie sich zurück ins Wohnzimmer, wo sie gleich sah, wie Ikuto vor ihrer Tasche kniete. Soweit sie sehen konnte, war diese offen und der Blauhaarige hatte ihr Telefon in der Hand. Das erschreckte sie doch ein bisschen, wobei der Schreck in den Bruchteilen einer Sekunde in Wut umgewandelt wurde. Wie dreist konnte jemand sein, einfach in der Tasche einer Fremden zu wühlen?
 

„Hey, was machst du da?“, brachte sie aufgebracht hervor und schritt selbstsicher auf ihn zu, um ihm das Handy aus der Hand zu reißen. Ihre Mutter hatte inzwischen schon wieder aufgelegt. Ikuto sah zu ihr hinauf, bevor er aufstand.

„Dein Handy hat geklingelt.“, meinte er nur, als wäre es das normalste auf der Welt, in den Sachen eines so und so schon aufgebrachten Mädchens zu wühlen, um an ein Handy, das ebenso nicht ihm gehörte zu kommen. Amu kochte vor Wut, wobei sie innerlich sehr erschrocken über den Anruf ihrer Mutter war. Das Mädchen wollte gerade anfangen, Ikuto einen Vortrag über Privatsachen zu halten, als das kleine Telefon in ihrer Hand einen Moment lang Vibrierte. Das bedeutete, sie hatte gerade eine SMS bekommen.

Amu warf Ikuto noch einen bissigen Blick zu, bevor sie sich der Nachricht auf ihrem Handy widmete. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, als sie sah, dass sie nur darauf hingewiesen wurde, dass sich auf ihrer Mailbox nur eine neue Nachricht befand. Sicherlich war diese von ihrer Mutter, die sie nun anwies, sofort anzurufen. Doch das würde die Rosahaarige ganz bestimmt nicht tun.
 

Der Ältere sah sie die ganze Zeit an und wusste nicht, wie er aus dem Mädchen vor sich schlau werden sollte. Er war sich nun sicher, dass sie wirklich von zu Hause weggelaufen war, aber wieso? Es gab viele Fälle, in denen Kinder nur Aufmerksamkeit wollten, oder einen riesigen Streit mit den Eltern hatten. Die Mimik des Mädchens strahlte aber so viele Emotionen aus, dass er nicht nur auf einen dummen Streit schließen konnte. Da musste wohl mehr als das gewesen sein. Sie schien regelrecht verletzt worden zu sein. Er schüttelte den Kopf und verwarf somit seine Gedanken über sie. Vorerst.

„Ach ja, das Essen ist fertig.“ Mit diesen Worten schritt Ikuto zurück in die Küche, um alles für sie herzurichten. Ob sie ihm nun zugehört hatte oder nicht, wusste er allerdings nicht. Sie schien gerade sehr in Gedanken zu sein.

Ihr Blick blieb an ihrem Handy hängen. Amu wusste nicht, ob sie ihre Mailbox abhören sollte oder nicht. Sie hatte große Angst vor dem, was sie nun hören könnte. War ihre Mutter aufgebracht, war es ihr möglicherweise egal, wo ihre Tochter gerade war, oder machte sie sich nur Sorgen und wollte, dass sie wieder nach Hause kam? Sie hatte zu viele Fragen und wusste, dass nur das kleine Gerät in ihrer zittrigen Hand ihr die Antwort geben konnte. Gegen ihren Willen wurde Amu‘s Atem schneller und Panik machte sich in ihr breit. Und doch überwand sie sich und beschloss, einfach einmal die Nachricht abzuhören. Unwissend zu bleiben brachte ihr bestimmt nichts, außer innere Unruhe.

Als Amu die Stimme ihrer Mutter hörte, musste sie ungewollt zusammenzucken. Sie klang besorgt, unruhig und aufgebracht. Ganz wie erwartet wollte sie, dass Amu sofort anrief, wenn sie diese Nachricht abgehört hatte. Angeblich machten sich schon alle Sorgen um sie. Nachdem ihre Mutter noch einige Male um einen Rückruf gebettelt hatte, legte sie auf. Nun zitterten ihre Hände noch stärker als vorhin. Sie hatte wahrscheinlich erreicht, dass ihr Vater doch nicht ausgezogen war und sie war sich sicher, dass ihre Eltern schon nach ihr suchten. Das Mädchen lies das Handy fallen, welches hart auf dem Fußboden landete. Das war ihr aber egal. Sie fühlte sich gerade sehr unwohl, und sonst rein gar nichts.
 

Das schien auch Ikuto zu bemerken, der aus der Küche kam. Das Mädchen sah wirklich so aus, als könnte sie jeden Moment einfach so zusammenbrechen. Ihr Gesicht wurde Kreidebleich und ihre Augen strahlten Panik aus. Der Blauhaarige stellte den Teller hin und beeilte sich zu ihr. Sie schien ihn allerdings nicht einmal zu bemerken, da sie in einer Art Trance war. Seufzend legte er die Hände auf ihre Schultern und drückte sie auf das schwarze Sofa hinunter, welches glücklicherweise direkt hinter ihr stand. Nun schien sie endlich wieder zurück in der Realität zu sein, denn Amu blinzelte ein paar Mal verwirrt, bevor sie Ikuto ansah, der inzwischen vor ihr kniete und sie etwas besorgt ansah.

„Na, alles klar bei dir?“, sagte er in einem ruhigen Ton, mit dem er gleich viel erwachsener Klang. Den Eindruck zerstörte er allerdings sofort wieder, als er weitersprach.

„Du solltest wirklich etwas essen. Vom Hungern bekommst du auch nicht mehr Busen!“

Ganz wie erwartet wurde sie wieder etwas wütend und verpasste ihm einen Tritt. Ihm tat das überhaupt nicht weh, da sie sowieso schon viel zu geschwächt war. Schmunzelnd stand er auf, um den Teller zu holen und ihn ihr zu reichen. Amu inspizierte das Essen erst einmal skeptisch. Gesund sah das nun wirklich nicht aus. Ikuto bemerkte ihren Blick natürlich, weil er sie die ganze Zeit ansah, beinahe schon starrte.

„Es ist nicht giftig, versprochen.“, versicherte er ihr und verdrehte dabei die Augen.

„Schon klar…“, fing sie leise an, den Blick weiterhin skeptisch auf das Essen gerichtet. „Aber was genau ist das?“ Ihr Blick schweifte nun zu ihm. Ikuto grinste einen Moment lang nur.

„Ich hab es selbst erfunden, denk ich. Ich habe alles, was im Kühlschrank war in die Pfanne geworfen und…“ „Okay, so genau will ich’s gar nicht wissen.“, warf sie schnell ein, bevor er zu Ende sprechen konnte. So merkwürdig das Essen auch aussah, Amu hatte einfach großen Hunger. Nachdem sie erst einmal ein paar Mal probiert hatte, verschlang sie die Speise regelrecht, zum Vergnügen von Ikuto, der sie die ganze Zeit ansah.

„Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du eigentlich heißt.“, sagte er, um die Stille zu durchbrechen. Amu hatte gerade den letzten Bissen runter geschluckt und sah ihn an. Ikuto konnte sehen, dass sie sich wieder beruhigt hatte.

„Ich weiß.“, gab sie daraufhin nur von sich und sah ihn gleichgültig an, während sie den Teller wegstellte. „Wieso sollte dich denn mein Name interessieren?“

Der Blauhaarige verdrehte die Augen. Dass er sich noch immer köstlich amüsierte, konnte man ihm deutlich ansehen. Es war köstlich, dass sie ihm gegenüber so auf Distanz ging, obwohl er ihren Namen auch so einfach herausfinden konnte. Außerdem war doch klar, dass er, als sogenannter „Erwachsener“, eine Ausreißerin wie nicht einfach wieder gehen lassen konnte. Mit 15 brauchte sie noch für alles einen Erziehungsberechtigten. Die Rosahaarige war noch ein Kind. Ein Kind, mit dem er bestimmt klar kam. Als er einen Blick in ihre Augen erhaschte, bemerkte er deutlich, dass sie sofort darin versank und errötete. Niedlich war sie, das konnte man nun wirklich nicht abstreiten. Ohne auf ihre Frage zu antworten, wollte er erneut ihren Namen wissen.

„Also?“, flüsterte er verführerisch und kam ihrem Gesicht dabei gefährlich nahe. Sein Atem kitzelte das Gesicht der Rosahaarigen. Ikuto stellte zufrieden fest, dass ihre ohnehin schon roten Wangen einen noch dunkleren Ton annahmen. Als er sich noch ein Stück zu ihr beugte, lehnte sie sich zurück und ehe sie etwas dagegen tun konnte, lag sie schon unter dem Größeren auf dem Ledersofa. Die Blicke der beiden waren weiterhin aufeinander geheftet, wobei Amu ihn so ansah, als hätte sie noch niemals so etwas Schönes gesehen. Auch Ikuto war von ihren ungewöhnlichen Augen mehr als bezaubert, doch er konnte sich besser zurückhalten als sie und lies sich das nicht anmerken. Im Moment war er nur damit beschäftigt, endlich ihren Namen aus ihr herauszubekommen. Dass er die Kleine dabei ärgerte und auch verunsicherte, war nur der erwünschte Nebeneffekt.

„H-hinamori Amu…“, nuschelte sie verlegen, während sie beschämt den Kopf zur Seite drehte. „Und jetzt… K-könntest du?“

Ikuto war zwar nicht schwer oder sowas in der Art, aber die Nähe eines fremden Jungen verunsicherte sie doch. Amu hatte bisher noch nie richtigen körperlichen Kontakt zu einem Jungen gehabt, obwohl sie schon einmal einen Freund hatte. Leider war das nicht gut gegangen. Mit dem Jungen war normale Freundschaft einfacher für alle gewesen.

Amu legte ihre Hände auf die Schultern des Blauhaarigen und versuchte, ihn von sich zu schieben. Das stellte sich allerdings als schwieriger heraus, als sie dachte, da er sich gegen sie drückte und den Kopf auf ihre Schulter sinken lies.

„Wenn ich aufstehe, was tust du dann?“, flüsterte er in ihr Ohr. Sein warmer Atem kitzelte sie am Ohr, weswegen sich sofort ihre Nackenhaare aufstellten und sie ein warmer Schauer durchlief. Sie wusste nicht, was genau das war, aber in ihrem Bauch kitzelte es so merkwürdig.

„I-ich gehe?“, antwortete sie verunsichert. Ihre Selbstsicherheit konnte sie in dieser Nähe zu ihm vergessen.

„Ach? Wohin denn?“, hackte er nach. Bestimmt wollte sie nicht nach Hause gehen. Außerdem kam sie wahrscheinlich nicht einmal aus der Gegend.

„Das geht dich nichts an! Geh runter!“, quietschte sie plötzlich und wand sich unter ihm, wie ein Fisch, der so schnell wie nur möglich wieder ins kühle Nass wollte. Ikuto tat einen Moment lang so, als würde er nachdenken, was er natürlich nicht tat.

„Hm. Nein. Wir wissen beide, dass du nirgends hinkannst. Wärst du von hier, dann wüsstest du nämlich, dass der Park, in dem du dich gestern herumgetrieben hast, nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr betreten wird.“

Obwohl er beschlossen hatte, sie vorerst nicht weggehen zu lassen, setzte er sich auf. Amu war seine Nähe unangenehm, das konnte er spüren. Das Mädchen war in seine Falle getappt und senkte betroffen den Blick. So einfach konnte er also herausfinden, ob sie aus der Gegend war oder nicht.

„Ich wusste, dass du nicht von hier bist.“, seufzte er. „Wäre auch zu komisch gewesen, wenn ein Mädchen von hier ausgerechnet in diesen Park läuft. Du hattest wirklich Glück, dass dir nichts passiert ist.“

Als sein Blick sich wieder auf sie legte, versetzte es ihm einen Stich. Ganz plötzlich sah sie so zerbrechlich aus, so verletzt. Ehe er sich versah, hatte er sich schon ihre Hand geschnappt und streichelte diese vorsichtig.

„Was ist denn eigentlich passiert?“, fragte er in einem ruhigen Ton. Ikuto war bisher noch nie mitfühlend gewesen, da Mitleid sowieso unnütz war und nur zeigte, wie schwach die Menschen doch waren. Obwohl er das Mädchen namens Hinamori Amu nicht kannte, hatte er vom ersten Moment an schon angefangen, einen starken Beschützerinstinkt zu ihr aufzubauen. Ikuto glaubte nicht an Schicksal, obwohl die Begegnung mit ihr verdammt danach aussah. Als Amu tief Luft holte, schob er seine Gedanken zur Seite und sah das kleine Wesen neben sich aufmerksam an. Wenn sie jetzt sprechen wollte, würde er ihr auf jeden Fall einmal zuhören und versuchen, ihre Situation zu verstehen. Wieso er das tat, verstand er selbst nicht. Eigentlich konnte es ihm egal sein. Faszinierende Menschen hatte er schon mehrere gesehen und für die hatte er sich auch nicht so sehr interessiert. Die Fremde stellte sein Leben ganz schön auf den Kopf.
 

Wie erwartet fing Amu an, ihm alles zu erzählen. Dass sie von zu Hause weggelaufen war, warum sie das getan hatte, was sie im Park zu suchen hatte und wieso sie geschrien hatte. Eben alles. Unkontrolliert liefen ihr dabei Tränen über die Wangen, was man ihr aber auch nicht verübeln konnte. Schließlich hatte die Rosahaarige noch mit keinem wirklich darüber gesprochen. Das lag aber auch daran, dass es keinen etwas anging. Genau, wie es Ikuto nichts anging und trotzdem sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. Als sie fertig erzählt hatte, bemerkte der Ältere, dass sie sich krampfhaft an seine Hand gekrallt hatte. Irgendwie tat sie ihm schon Leid. Sie dachte also wirklich, sie wäre Schuld an den Eheproblemen ihrer Eltern? Wieso dachten Kinder das nur immer? Anstatt ihr nun einzutrichtern, dass sie bestimmt nicht Schuld war, streichelte er nur weiter ihre Hand und nickte verständnisvoll.

„Du kannst hier bleiben. Aber ich verlange von dir, dass du deinen Eltern sagst, dass es dir gut geht und du bald wieder nach Hause kommst.“

Amu hob ihren Kopf an und sah ihm verweint in die Augen. Es tat selbst ihm weh, sie so verletzt zu sehen.

„A-aber…“ Bevor sie ihre Einsprüche äußern konnte, wurde plötzlich eine Tür aufgeschlagen und knallte gegen die Wand, welche sich dahinter befand.

„Ikuto!“, schrie eine wütende Stimme, die immer näher zu kommen schien. Einen Moment später stand er auch schon da. Ein großer Mann, im Anzug, der trotz Verwunderung, dass neben ihm ein fremdes Mädchen saß, wütend auf Ikuto hinabsah. Seine Haare hatten dieselbe Farbe wie Ikuto, aber seine Gesichtszüge waren härter und seine Schultern breiter.

„Das tut mir jetzt so Leid.“, nuschelte Ikuto zu Amu, bevor er aufstand und den Mann vor sich verachtend ansah.
 

„Hallo, Vater.“
 

Ende des 3. Kapitels

Wer die Welt regiert

Hello~

Auf Wunsch von abgemeldet hab ich mal versucht, mehr Absätze zu machen. Vielleicht hat's ja geklappt. |D~

Kommentare und Kritik sind wie immer erwünscht. Und noch viel mehr erwünscht ist ganz viel Spaß beim lesen! ^^
 

Wer die Welt regiert
 

Irgendwie tat es doch gut, endlich einmal alles raus zulassen. Einfach zu sagen, wie es ihr ging und ihren Standpunkt klarzumachen, auch, wenn dem Fremden neben ihr das alles egal sein konnte. Dieser Ikuto hatte auf sie sowieso nicht den Eindruck gemacht, dass er sich für andere Menschen interessierte. Und trotzdem gab er ihr plötzlich das Gefühl, dass jemand für sie da war. Möglicherweise lag das auch daran, dass er ihre Hand hielt. Diese kleine Berührung gab ihr das Gefühl, so sicher zu sein, wie sie es auch zu Hause war. Der Vergleich war eigentlich zu lächerlich, da gerade der junge Mann, der sie zur Weißglut trieb, ihr die Sicherheit schenkte, obwohl er bisher nicht besonders nett zu ihr gewesen war. Am liebsten hätte sie ihre Hand wieder aus seiner entrissen, doch das konnte sie nicht. Stattdessen krallte sie sich immer mehr daran, als ob sie in eine tiefe Schlucht zu fallen drohte, wenn sie losließ. Doch vielleicht stimmte das auch. Vielleicht stürzte sie ja wirklich immer weiter ab. Und möglicherweise war es in diesem Moment nur noch seine Hand, die ihr Halt gab. Als Amu zu Ende gesprochen hatte, bemerkte sie, dass sie schon wieder weinte. Und das auch noch vor ihm. Bestimmt machte er sich irgendwann darüber lustig. Nach einigen Sekunden, die Amu viel länger vorkamen, machte der Blauhaarige bemerkbar, dass er ihr zugehört hatte.

„Du kannst hier bleiben. Aber ich verlange von dir, dass du deinen Eltern sagst, dass es dir gut geht und du bald wieder nach Hause kommst.“, teilte er ihr entschlossen mit. Er war also bereit, sie bei sich wohnen zu lassen. Allerdings nur, bis sie sich beruhigt hatte. Natürlich konnte sie ihm nicht verübeln, dass sie dafür aber ihre Eltern anrufen sollte, doch das wollte sie nicht. Die Rosahaarige kannte ihre Eltern. Wenn sie anrief, würden die beiden bestimmt am nächsten Tag vor der Tür stehen und Amu zwingen, mit ihnen nach Hause zu fahren. Sie hob ihren Kopf an und sah Ikuto verweint an. Sie wollte nicht nach Hause und das würde sie ihm auch klar machen.

„A-aber…“, fing sie leise an, bevor sie plötzlich von einem Knallen unterbrochen wurde. Sie konnte hören, wie eine Männerstimme wütend nach Ikuto rief. Wieder kam die stark ausgeprägte Fantasie in ihr hoch. Sie sah vor sich, wie ein ganzes Polizeiteam ins Wohnzimmer stürmte und Ikuto festgenommen wurde, weil er ein Schwerverbrecher war. Wie sie auf so einen Blödsinn kommen konnte, wusste sie selbst nicht. Natürlich war er kein Verbrecher, so sah er einfach nicht aus. Er wirkte lediglich wie ein junger Bursche, der vor dem Erwachsen sein weglief.
 

Plötzlich stand er auch schon da. Ein großer Mann, der durchaus Ähnlichkeiten mit Ikuto hatte. Obwohl er sie nur für den Bruchteil einer Sekunde angesehen hatte, bekam Amu es mit der Angst zu tun. Noch nie hatte sie einen Menschen so wütend gesehen. Die Augen des Mannes strahlten solch einen Hass aus, dass sie es nicht weiter wagte, ihn direkt anzusehen. Amu spürte, wie Ikuto einen Moment lang ihre Hand drückte und sie schließlich losließ.

„Das tut mir jetzt so Leid.“, nuschelte er in ihre Richtung, bevor er aufstand und den Mann vor sich genauso verachtend ansah, wie auch er Ikuto betrachtete.

„Hallo, Vater.“, kam es zischend vom Kleineren. Ikuto ließ seinem Vater gar nicht die Möglichkeit, etwas zu sagen, da er ihn gleich weiter anfuhr. „Was willst du hier? Ich habe gar nicht gehört, dass du angeklopft hast!“

Der Blick seines Vaters lag noch einen Moment lang auf ihm, ehe er zu dem fremden, rosahaarigen Mädchen sah und skeptisch eine Augenbraue hob. Amu fühlte sich sichtlich unwohl, denn obwohl sie so oder so schon klein war, machte sie sich noch winziger, indem sie den Kopf hängen ließ und die Schulter anspannte. Immer wieder wagte sie einen kurzen, schüchternen Blick in seine Richtung, doch als sie dem des angsteinflößenden Mannes begegnete, sah sie schnell wieder weg.

„Ich habe doch wohl noch das Recht, meinen Sohn zu besuchen. Aber wenn ich mir das recht überlege, hätte ich es auch sein lassen können. Verführst du jetzt auch schon Kinder?“, grinste der Ältere. Dieses Grinsen war nicht wie das von Ikuto. Es war kein amüsiertes Grinsen, sondern ein verachtendes, kaltes, ohne jeglicher Spür von Wärme. Allein dadurch fühlte Amu sich noch kleiner. Man konnte Amu mit einer Ameise vergleichen, und den dunkelhaarigen Mann mit einem riesigen Elefanten. Offensichtlich hassten die beiden sich. Doch warum war das so? Sie waren schließlich Vater und Sohn.

Ikuto konnte man ansehen, dass er vor Wut nur so kochte und seinen Vater am liebsten sofort wieder vor die Tür gesetzt hätte.

„Das geht dich nichts an, alter Mann.“, knurrte er bedrohlich. Sein Gegenüber ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern und ließ sich lässig neben Amu auf dem Sofa nieder, welche daraufhin bloß zusammenschreckte.
 

„Ich wollte dich eigentlich nur daran erinnern, dass viel Arbeit auf dich wartet. Ich habe schon befürchtet, dass mal wieder den Weg in die Firma vergessen hast. Aber wenn ich mir das hier so ansehe…“ Er beendete seinen Satz nicht, sondern warf dem Rosahaarigen Mädchen, welches eingeschüchtert neben ihm saß einen richtig arroganten Blick zu. Amu sah zwar auf ihre Hände, konnte seinen Blick aber deutlich auf sich spüren. Daraufhin zuckte sie erneut zusammen und bemühte sich, nicht sofort wieder loszuheulen. Die Bei den beiden konnte man wahrscheinlich Angst haben, dass einer den anderem gleich an die Gurgel sprang. Trotz der äußerlichen Ähnlichkeiten waren die beiden doch von Grund auf verschieden. Amu hing in ihren Gedanken fest und schreckte erst wieder hoch, als sie bemerkte, wie Ikuto lauter wurde. Hatte sie jetzt etwas verpasst? Vorsichtig hob sie ihren Kopf an, um ihn neugierig anzusehen.

„Wie oft soll ich’s dir noch sagen!?“, schrie Ikuto aufgebracht. „Ich werde dort nicht arbeiten! Das ist nicht das, was ich will!“

„Was du willst spielt hier keine Rolle.“, erwiderte sein Vater daraufhin nur, bevor er eine kleine Packung aus seiner Jackentasche zog. Am liebsten hätte Amu ihre Augen verdreht und gestöhnt. Ikuto’s Vater war also Raucher. Die Rosahaarige rutschte unauffällig weiter weg, bis sie an die Lehne des Sofas stieß. Was Amu überhaupt nicht ausstehen konnte, war der stinkende Geruch einer Zigarette.

Ein paar Minuten waren Vater und Sohn still. Die Spannung zwischen den beiden war beinahe sichtbar. Ikuto’s Atem ging unregelmäßig, während sein Vater in Ruhe die Zigarette genoss.

„ Aruto, verlass sofort meine Wohnung.“ So schnell konnte Amu nicht schauen, da stand der Ältere schon bei Ikuto, mit erhobener Hand. Im nächsten Moment hörte sie ein Klatschen. Da die 15 jährige die Augen vor Schreck zugekniffen hatte, wusste sie nicht, was nun passiert war. Langsam öffnete sie wieder ihre Augen.

„Wenn ich das nächste Mal herkomme, benimmst du dich wie ein Erwachsener. Du bist mein Sohn, also benimm dich auch so und hör auf, dieser ekelhafte Schandfleck zu sein. Und deine kleine Freundin will ich hier auch nicht nochmal vorfinden.“, murmelte Aruto streng, bevor er sich schließlich umdrehte um den Raum zu verlassen. Als Amu eine Tür zufallen hörte, atmete sie erleichtert aus. Sie hatte Ikuto schon für einen Irren gehalten, aber sein Vater schlug dem Fass den Boden aus. Mit einem Mal erschien ihr der Mann aus dem Zug harmlos. Zumindest, wenn man ihn mit Ikuto’s Vater verglich. Amu wagte einen Blick zum Blauhaarigen, der sich noch keinen Zentimeter gerührt hatte und erschrak. Das war also passiert, als sie das Klatschen gehört hatte. Ikuto hielt sich die Wange und sah schmerzverzerrt auf den Boden. Zwar kannte Amu Ikuto noch nicht besonders gut, aber so einen Ausdruck hätte sie sich bei ihm nicht einmal vorstellen können. In ihr kamen Schuldgefühle hoch. Langsam aber sicher konnte diese Art von Gefühlen in ihr eine kleine Party feiern, da es inzwischen schon so viele waren. Wenn Amu es genau nahm, war sie doch auch mit schuld, dass sein Vater so ausgerastet war. Nicht nur einmal hatte er gezeigt, dass sie nicht willkommen war. So langsam fragte sich die Rosahaarige, ob es auf dieser Welt überhaupt einen Platz gab, an dem man sie wirklich haben wollte. Ikuto konnte sie es nicht übel nehmen, wenn er sie nun bat, zu verschwinden. Sie wusste selbst nicht, ob sie nach dieser Vorstellung noch bei ihm bleiben wollte.
 

„Tut mir Leid, dass du das mit anhören musstest.“, murmelte der Blauhaarige plötzlich und linste in ihre Richtung. Langsam nahm er die Hand von seiner Wange, woraufhin Amu sich leicht erschrak. Sie war komplett rot und schien auch anzuschwellen.

„Hast du Eis?“, fragte Amu, ohne auf seine Entschuldigung einzugehen. Sie fragte sich sowieso, wieso er sich denn entschuldigte, schließlich hatte er doch nichts getan. Ikuto blinzelte erst einmal verwirrt, bevor er nickte.

„Ja, in der Küche. Wieso?“ Ohne auf seine Frage zu antworten, stand sie auf und gab ihm bloß zu verstehen, dass er sich hinsetzten sollte. Dann verschwand sie in der Küche, um nach dem Eis zu suchen. Als sie in das Gefrierfach des Kühlschrankes sah, fand sie allerdings kein Eis. Es war schon witzig, wie wenig Ikuto sich in seiner eigenen Wohnung auszukennen schien. Seufzend nahm sie eine Packung Tiefkühlerbsen heraus, da sich sonst nichts darin befand und schlenderte wieder zurück in das angrenzende Wohnzimmer. Zufrieden konnte sie feststellen, dass der Junge sich hingesetzt hatte, wie sie es wollte. Glücklich sah er nicht aus, denn er hatte den Blick gesenkt. Ihm fielen einige Haarsträhnen ins Gesicht, sodass Amu es nicht richtig sehen konnte.
 

„Du solltest wirklich mal einkaufen gehen. Dein Kühlschrank ist ja mehr als nur leer.“, sagte sie beiläufig, während sie auf ihn zuschritt. Als sie sich neben ihm auf dem Sofa niederließ, hob er den Kopf. Er sah so aus, als ob er etwas zu sagen hatte, doch das verkniff er sich, als die Rosahaarige ihm die kalten Erbsen auf die stark gerötete Wange drückte. Einen Moment lang sah er sie wie ein geblitzter Elch an, bevor er verstand, warum sie ihm gefrorenes Gemüse an die Wange drückte. Ein bisschen erschüttert über die Tatsache, dass sie sich nun um Ikuto kümmerte war sie schon, jedoch konnte sie dieses Handeln mit Sicherheit auf ihre starken Schuldgefühle zurückführen. Und ganz offensichtlich hatte Ikuto sie schon durchschaut.

„Wenn du so weitermachst, bekommst du irgendwann ein Magengeschwür und ich muss dich ins Krankenhaus bringen.“, murmelte er. In seiner leisen Stimme konnte Amu hören, dass er mal wieder über sie amüsiert war. Langsam kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht bloß den kindischen, perversen Idioten spielte, damit er seine wahren Gefühle nicht zeigen musste. Amu fand dieses Verhalten eigentlich lächerlich, doch sagen konnte sie ihm das nicht. Sie benahm sich schließlich auch so dumm wie er. Nur eben auf eine andere Art. Sie war hier auf einen jungen Mann gestoßen, dessen Familie genauso kaputt zu sein schien, wie es ihre eigene auch war. Und mit dem Magengeschwür hatte er möglicherweise auch irgendwie recht. Doch wenn das für sie galt, dann wohl auch für ihn.

„Pass mal lieber auf, dass du kein Magengeschwür bekommst.“, erwiderte sie abwesend.
 

„Ich weiß, es geht mich eigentlich nichts an, aber…“ „Mein Vater will, dass ich irgendwann die Firma übernehme. Aber ich will nicht so ein gefühlskaltes Arschloch wie er werden. Das habe ich ihm gesagt und deswegen geraten wir hin und wieder aneinander. Das wolltest du doch wissen, oder?“, murmelte er, während er sie mit seinen blauen Augen genau beobachtete. Amu hatte ihren Blick auf ihm und nickte verständnisvoll. Das hier war wohl der Beweis dafür, dass diese Geschäftsleute mit ihrem Job schon sowas wie verheiratet waren. Ikuto konnte in ihrem Blick sehen, dass sie neugierig war und scheinbar alles wissen wollte. Das Resultat darauf war bestimmt Mitleid und er hasste es, wenn die Leute ihn bemitleideten. Und obwohl es sie eigentlich gar nichts anging, sprach er weiter.

„Vor ein paar Jahren war er noch der Meinung, dass ich das tun soll, was ich will. Aber dann ist meine Mutter gestorben und er hatte nichts Besseres zu tun, als die nächstbeste Frau zu heiraten. Hauptsache große Oberweite, lange Beine und still, solange sie genug Geld zum ausgeben hat. Eine Vorzeigefrau eben. Ich denke, er kann nur nicht alleine sein. Du musst wissen, er ist nicht einmal in der Lage, sich eine Krawatte selbst zu binden. Wie auch immer, seine neue Frau hat ihm in den Kopf gesetzt, dass ich unbedingt in seine Fußstapfen treten muss.“ Ikuto zuckte gleichgültig mit den Schultern. Auf den ersten Blick sah er wirklich so aus, als wäre es ihm egal, doch seine Augen verrieten, dass es nicht so war. Er schien richtig verletzt zu sein. Traurig. Enttäuscht. Und noch eine ganze Palette voll mit solchen Gefühlen.

Amu konnte nicht verstecken, dass sie schockiert war. Schockiert von dem Verhalten, welches Ikuto’s Vater an den Tag legte. Der Drang, den Größeren einfach in den Arm zu nehmen wurde immer größer, obwohl ihr Unterbewusstsein sagte, dass sie es lieber sein lassen sollte.

„Aber wieso sollte sie das denn wollen?“, fragte sie ihn anteilnehmend.

„Geld, Kleine. Geld. Wenn die Firma in der Familie bleibt, bekommt das Miststück mehr Geld. Und darum dreht sich doch alles, oder?“, schmunzelte er. „Aber mir kann es egal sein. Ich will und werde keinen Fuß in das Gebäude setzen.“

Amu seufzte. Sie verstand ihn und sein Verhalten. „Wegen deiner Mutter?“, fragte sie vorsichtig nach, woraufhin Ikuto nur nickte. Ihr wurde klar, dass der Junge neben ihr im Grunde genommen nichts anderes war, als ein Kind. Ein Kind, welches alleine gelassen wurde, oder sich zumindest so fühlte. Und wenn er das tat, was sein Vater, oder seine Stiefmutter von ihm wollte, würde er sie hintergehen. So tickte er also. Er fühlte sich einfach nur alleine gelassen. Genau wie sie. Bevor Amu ihren Verstand einschalten konnte, hatte sie schon seine Hand genkommen. Sie hatten sich gegenseitig von ihren Problemen erzählt, also konnte sie ihn doch schon als Freund bezeichnen, oder? Ganz vorsichtig strich sie immer wieder über seine Hand. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, dass er für sie da war, also wollte sie das auch für ihn tun. Wenn auch nur für einen Moment.
 

„Dein Vater ist nicht begeistert, dass ich hier bin. Soll ich lieber wieder gehen?“, fragte sie vorsichtig. Ikuto schüttelte sofort den Kopf und drückte ihre kleine Hand.

„Nein..“, teilte er ihr entschlossen mit.

„Nein?“, hackte sie noch einmal nach. Wahrscheinlich wollte er nur, dass sie blieb, eben weil sein Vater davon nicht sehr angetan war.

„Nein.“ „Ganz sicher? Nein?“ „Reden wir hier aneinander vorbei, oder bist du wirklich so bescheuert?“

Nachdem er das gesagt hatte, zog Amu ihre Hand aus seiner, um ihm einen Klaps auf den Kopf zu geben. Im ersten Moment verfluchte sie sich dafür, dass sie ihm gerade Trost spenden wollte, aber als sie das kleine, aber deutlich sichtbare Lächeln auf seinem Gesicht sah, verzieh sie ihm die Beleidigung automatisch. Zumindest diese eine wollte sie ihm nicht allzu übel nehmen, was sie ihm aber nicht so zeigen wollte. Amu hatte das Gefühl, dass es ihm automatisch besser ging, wenn er sie beleidigen konnte und sie daraufhin wütend wurde. Schmollend lehnte sich die Rosahaarige gegen das Sofa und schloss die Augen. Den amüsierten Blick ihres Gastgebers konnte sie so richtig auf sich spüren. Es war fast so, als bohrten seine blauen Augen sich direkt in sie hinein. Genervt öffnete sie ihre Augen und sah Ikuto an.

„Was gaffst du so blöd?“, murrte sie ihn an. Amu weitete ihre Augen, als der Blauhaarige sich die Erbsen, welche inzwischen wohl nicht mehr ganz eingefroren waren, von der Wange nahm und weglegte, um sich zu ihr zu lehnen.

„Ich hätte Lust, mit dir…“, nuschelte er in ihr Ohr. Sein Grinsen wurde breiter, als Amu schwer schluckte und sich komplett versteifte. Sie war eben doch ein kleines Mädchen. Um sie weiter zu ärgern, blies er ihr ins Ohr, um es anschließend mit den Lippen zu streifen.

„W-was?“, stotterte das Mädchen. Ihre Wangen verfärbten sich in ein gesundes Rot und ihr Herz klopfte wie verrückt. Lag das daran, dass Ikuto ihr gerade sehr große Angst machte?

Im nächsten Moment stand der Junge auch schon und die eben noch so bedrohliche Nähe war verschwunden.

„Lass uns nach draußen gehen. Ich bin nicht so gerne hier.“
 

Ikuto hatte Amu gar nicht die Möglichkeit gelassen, nein zu sagen. Dafür hatte er zu schnell seinen Geigenkoffer geschnappt und sie, wenn auch nicht sehr sanft, aus der Wohnung gezogen. Nun gingen sie also nebeneinander her und Amu sah sich erst einmal die Gegend an. Das Wohnhaus, in dem Ikuto wohnte, befand sich in einer eher ländlichen Gegend und hatte nicht mehr als fünf Stöcke. Außer diesem einem schien hier aber kein anderes mehr zu stehen. Sie konnte nur viele Einfamilienhäuser mit Gärten sehen. Amu hatte sich recht schnell an der Umgebung satt gesehen und wagte einen Blick zu dem Jungen neben sich. Wie es aussah, hatte er die Begegnung mit seinem Vater gänzlich verdaut, das verriet der Ausdruck in seinen Augen. Amu wollte nicht, dass der Blauhaarige sich noch beobachtet fühlte und sah auf den Weg vor sich.

„Sprich nicht so viel, ich komme ja gar nicht mehr mit.“, grinste er plötzlich und linste zur Rosahaarigen hinunter. War Amu vorher schon aufgefallen, wie groß er eigentlich war? Oder war sie einfach nur zu klein?

„Schönes Wetter heute?“, erwiderte sie darauf. Dass sie damit auf sein dummes Spielchen einging, war ihr in dem Moment nicht klar.

„War irgendwie klar, dass Smalltalk nicht so deins ist. Wir sind da.“

Amu blinzelte, bevor sie sich umsah. Ein Park? Was um Gottes Namen wollte er denn in einem Park. Nein, was wollte er in diesem Park? Obwohl es hell war und sich die Menschen hier nur so tummelten, erkannte sie ihn, was wahrscheinlich daran lag, dass ein unangenehmes Kribbeln sich in ihrem Bauch bemerkbar machte.

„Keine Angst, unter Tags kann dir hier nichts passieren. Ich weiß das. Ich bin fast jeden Tag hier. Außerdem bin ich ja auch bei dir.“, beruhigte er sie, bevor er wie ferngesteuert auf einen großen Springbrunnen zuging. Der Brunnen schien schon älter zu sein, was ihm allerdings nicht seine Schönheit nahm. Er bestand wahrscheinlich aus Marmor und in der Mitte standen vier Engel, welche Wasser spuckten. Amu folgte Ikuto wie ein gut abgerichteter Hund. Obwohl er versucht hatte, sie zu beruhigen, war ihr die Umgebung einfach nicht geheuer. Als der Junge seinen Geigenkasten auf eine Bank vor dem Brunnen legte, hob Amu skeptisch eine Augenbraue.
 

„Und was genau tun wir hier?“, fragte sie ihn einfach einmal. Er wollte doch wohl nicht den ganzen Tag auf einer Parkbank sitzen und die Sonne anstarren, oder? Ikuto grinste sie einen Moment lang an.

„Du hast gesagt, ich muss einkaufen gehen. Und dazu braucht man Geld, Liebes.“ Als er fertig gesprochen hatte, holte er die Violine aus dem Kasten. Amu wollte das nicht glauben. Wollte Ikuto jetzt wirklich Violine spielen, damit ein paar gnädige Bürger ihm vielleicht Kleingeld zuwarfen? Hatte dieser Junge etwa kein Schamgefühl? Fühlte er sich dabei nicht erniedrigt? Vor allem, wenn man miteinbezog, dass sein Vater eine ganze Firma besaß und er Ikuto anscheinend den Geldhahn zugedreht hatte. Sonst konnte sie sich nicht vorstellen, dass er freiwillig in einem Park Violine spielte. Wie so ein Penner. Bevor Amu ihn abhalten konnte, hörte sie auch schon die Klänge des Instrumentes.

Schön. Nein, Wunderschön. Das war alles, was sie plötzlich noch denken konnte. Wie im Trance starrte sie den Blauhaarigen an. Er hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich voll und ganz auf sein Spiel. Dass er dabei mehr als nur unwiderstehlich aussah, war ihm wahrscheinlich nicht klar. Oder vielleicht doch. Bei Ikuto konnte man das leider nicht wissen. Er hatte so eine zierliche Gestalt. Die Rosahaarige schloss schnell die Augen, bevor sie rot anlaufen konnte. Ihr fiel auf, dass sich die Klänge blind noch schöner anhörten. Bevor sie genau wusste, was sie da eigentlich tat, summte sie leise los. Aber anscheinend nicht so leise, oder Ikuto hatte einfach nur so gute Ohren.
 

„Süße Stimme. Wenn du dich nützlich machen willst, sing etwas.“
 

Ende des 4. Kapitels

Ein Schuss ins Herz

Ein Schuss ins Herz
 

Ikuto wusste eigentlich, dass er perfekt Violine spielen konnte. Schließlich übte er schon, seit er ein kleiner Junge war. Damals hatte seine verstorbene Mutter ihm das Instrument geschenkt. Anfangs musste er gezwungen werden, darauf zu üben, aber nach und nach machte es ihm doch immer mehr Spaß. Nachdem seine Mutter verstorben war, wurde das Instrument sein ständiger Begleiter. Wie besessen übte er darauf, nur um endlich perfekt spielen zu können. Das hatte sich seine Mutter doch gewünscht. Oder? Durch seine, durch den Tod seiner Mutter ausgelöste, krankhafte Besessenheit auf dieses Instrument vergaß er wohl oder übel, dass sie niemals gewollt hätte, dass ihr geliebter Sohn den Spaß an der Sache vergaß. Im Gegenteil, sie wollte, dass Ikuto immer ein glücklicher und zufriedener Junge war.
 

Als Ikuto während seines Spiels ein leises, aber deutliches Summen hinter sich wahrnahm, erinnerte er sich plötzlich wieder daran, wie seine Mutter ihm immer vorgesungen hatte, als er noch klein war. Doch diese Erinnerungen hatte er bisher versucht zu verdrängen. Nicht, weil er seine Mutter nicht liebte und sich nicht an sie erinnern wollte, sondern eher deswegen, weil es einfach viel zu sehr weh tat, an sie zu denken. Mit ihrem Tod war auch die Person verschwunden, die sich seine Sorgen anhörte und mit der Ikuto herzlich lachen konnte. Er hatte zwar realisiert, dass sie ihn nie wieder anlächeln würde, aber akzeptiert hatte er es tief in seinem Inneren noch nicht. Das war wohl ein bedeutender Grund, dass Ikuto niemanden seine wahren Gefühle zeigen konnte. Vielleicht wollte er es ja, aber es fiel ihm einfach zu schwer? Wer wusste das schon. Seit allerdings das rosahaarige Mädchen bei ihm war, hatte er immer mehr das Gefühl, einen Menschen gefunden zu haben, der ihn verstand. Zwar hatten sie nicht das Selbe durchgemacht, aber Ikuto mochte Amu irgendwie. Und es lag nicht daran, dass sie sich immer wieder von ihm necken lies. Es war wahrscheinlich einfach ihre Art, die ihm so gefiel. Auf der einen Seite war ein Kind, aber im nächsten Moment erschien sie ihm fast erwachsen. Es gefiel ihm, wie sie ununterbrochen versuchte, aus ihrer Verzweiflung Stärke zu gewinnen. Bewundernswert. Obwohl sie auch dumm war, weil sie dachte, dass weglaufen ihr etwas brachte. Ikuto war davon überzeugt, dass Amu nicht der wirkliche Grund war, dass ihre Eltern gerade ein bisschen Krach miteinander hatten. Der Unfall ihrer kleinen Schwester hätte auch passieren können, wenn nicht Amu diejenige gewesen wäre, die aufgepasst hatte. Wie auch immer. Irgendwie wollte er gar nicht daran denken, dass sie schon bald wieder nach Hause fahren würde.
 

Als Ikuto keine Antwort auf das, was er gesagt hatte bekam, unterbrach er sein Spiel und drehte sich zu Amu, welche ihn ein bisschen schockiert ansah. Das belustigte den Blauhaarigen bloß zunehmend, während er eine Augenbraue hochzog und sie fragend ansah. Was war denn so schlimm daran, ein bisschen zu singen? Ihr summen hatte sich doch ganz gut angehört.

„Komm schon, bei kleinen, flachen Mädchen haben die Leute Mitleid.“, sagte er grinsend. Sehr überzeugend klang er allerdings nicht.

Amu’s Mine verfinsterte sich. Ihre Augenbraue zuckte leicht, da sie so genervt war und sie musste ihre Hand zur Faust ballen, um ihm nicht sofort an den Hals zu springen. Jetzt hatte er schon wieder eine Andeutung auf ihren kleinen Busen gemacht. Wieso wurde ihm das denn nicht zu langweilig?

„Und?“, gab sie genervt von sich. Ob sie nun sang oder nicht, machte doch sowieso keinen Unterschied. Sie konnte sich eben nicht vorstellen, dass sie für einen richtigen Einkauf genug Geld zusammenkratzen konnten, wenn sie hier den ganzen Tag lang Zirkus für Passanten spielten.

Anstatt ihr eine seiner frechen Antworten an den Kopf zu werfen, rollte er bloß die Augen und machte sich daran, wieder weiterzuspielen. Das konnte er allerdings nicht sehr lange, da plötzlich das rosahaarige Mädchen sichtlich schlecht gelaunt vor ihm stand und ihn anstarrte.

„Ich gebe ja zu, du spielst gut. Nein, fantastisch. Aber ich habe keine Lust, den ganzen Tag hier zu sitzen, oder gar zu singen! Ob du es glaubst oder nicht, ich habe Geld in meiner Tasche. Lass uns bitte nach Hause gehen und es holen, ja?“ Amu hatte verzweifelt versucht, nicht wie ein kleines Kind, das um ein Eis bettelte zu klingen. Dass ihr das auch wirklich gelungen war, bezweifelte sie stark.

Das lag wahrscheinlich daran, dass Ikuto von einem Moment zum anderen wie ein Honigkuchenpferd grinste. Jedoch tat er das aus einem ganz anderen Grund.

„Nach Hause?“ Ikuto konnte absolut nicht abstreiten, dass ihn diese Aussage nur zu sehr amüsierte. So wie eben fast alles, was das Mädchen von sich gab. Amu schaltete sofort und kapierte, warum ihm ihr Betteln so gefallen hatte. Sofort schoss ihr eine gesunde Röte ins Gesicht.

„A-also… du weißt schon, wie ich das meine.“, murmelte sie verlegen und senkte den Blick. Wieso machte sie sich vor ihm eigentlich immer wieder so zum Affen? Sie hatten sich beide von ihren Problemen erzählt, und trotzdem kam es ihr im Moment so vor, als hätte es diesen vertrauten Moment zwischen ihnen niemals gegeben. Es war zum verzweifeln mit ihm. Ihr entwich ein geplagter Seufzer.
 

Als Amu im nächsten Moment spürte, wie ihr jemand eine Hand auf den Kopf legte, musste sie erst einmal zusammen zucken. Dafür, dass sie so schreckhaft sein konnte, hatte die Rosahaarige sich sowieso schon mehrmals verflucht. Genau, wie bei ihrer oft viel zu übertriebenen Fantasie. Natürlich konnte sie sich denken, wessen Hand das war. Aber trotzdem wagte sie einen Blick zu ihrem Gegenüber. Ganz wie erwartet sah er auf sie herab. Was sie allerdings nicht erwartet hatte, war dieses Lächeln auf seinem Gesicht. Dieses bezaubernde, freundliche, sanfte Lächeln, das ihre Knie beinahe zu Butter machte. Aber nur beinahe.

„Na dann ab nach Hause.“, sagte er außergewöhnlich freundlich, ehe er ihr auf den Kopf tätschelte, um sich anschließend zum gehen umzudrehen. Amu fiel mehr als nur ein Stein vom Herzen, als sie sein Gesicht nicht mehr ansehen musste. Auch, wenn sie es niemals zugeben würde, aber irgendwann hätte sie garantiert losgesabbert, oder etwas sehr dummes gesagt. Amu freute sich innerlich darüber, dass er sie nicht weiter aufgezogen hatte, weil sie seine Wohnung als zu Hause bezeichnet hatte. Zwar sprach sein Grinsen alleine schon Bände, aber dass er sich einen seiner Kommentare verkniffen hatte, fand sie sehr gnädig von ihm. Obwohl er möglicherweise auch bloß begriffen hatte, dass sie ihm irgendwann den Kopf abreißen würde. Was auch immer.
 

Während die beiden zusammen zurück zu Ikuto’s Wohnung gingen, hatte Amu sich durchgerungen, ein bisschen Smalltalk zu starten. Dabei hatte sich heraus gestellt, dass der Ältere doch nicht ganz so gesprächig war. Zwar antwortete er auf alles, was sie ihm erzählte, aber von selbst schien er kein Gespräch zu starten. Konnte er also nur den Mund aufmachen, wenn er Mädchen, also sie, beleidigte?

Als sie vor seiner Wohnungstür standen und Ikuto sie einfach aufmachte, ohne den Schlüssel auch nur in die Nähe des Schlüsselloches zu befördern, wunderte Amu sich sehr. Wie verantwortungslos konnte ein Mensch sein? Die Gegend konnte noch so sicher sein, aber trotzdem sperrte man doch die Eingangstür zu seinem zu Hause zu. Als die beiden sich in der Wohnung befanden und die Tür wieder zu war, ließ sie ihren Ärger darüber zwanglos raus.

„Du lässt einfach alles offen? Bist du bescheuert? Was tust du, wenn man dir hier alles ausräumt?“, quietschte sie verärgert und starrte ihn an, wie ein wütender Stier. Ein wütender Stier, der sein Gegenüber gleich in der Luft zerfetzte. Wie es schien, ließ Ikuto ihr Gemecker allerdings kalt.

„Das wäre nicht so schlimm für mich.“, antwortete er gelassen und ging durch die Tür, ins Wohnzimmer. Dort angekommen sank er sofort auf dem Sofa nieder. Amu folgte ihm dort hin, wie ein gut abgerichteter Hund, wobei sie sich nicht neben ihn setzte, sondern vor ihm stehen blieb. Es ärgerte sie unglaublich, wie wenig er seine Sachen zu schätzen wusste. Die ganzen Sachen, die er besaß hatten auch ihren Wert und er redete so, als wäre das nicht so.

„Nicht so schlimm? Bist du ein bisschen verrückt?“ Dass sie sich die zweite Frage genauso gut auch hätte sparen können, fiel ihr leider erst zu spät ein. Außerdem war „ein bisschen verrückt“ die Untertreibung des Jahres.

„Nein, wieso?“, grinste er gelassen. „Mir kann es doch egal sein, ob hier alles ausgeräumt wird oder nicht. Die Wohnung finanziert mir mein Vater und die Möbel hat auch er hier rein geschafft. Er denkt, so hat er mich in der Hand. Vielleicht kannst du dir jetzt denken, warum ich nicht so gerne hier bin.“

Mit dieser Aussage hatte Amu ihre wütende Mimik verloren und starrte ihn nun vollkommen verwundert an. Verwundert, obwohl sie jetzt vieles zu verstehen schien. Es machte wirklich Sinn, dass er nicht gerne hier war und deswegen den ganzen Tag draußen war. Sie wunderte sich nicht einmal mehr darüber, dass Ikuto sich damals so spät im Park herumgetrieben hatte. Er wollte nur nicht seinem Vater in die Arme laufen. Trotzdem wunderte sie sich.

„Schön und gut, dass dir die Möbel egal sind. Aber du hast doch auch Sachen hier herumliegen. Sind die dir ebenso egal?“, seufzte sie und verschränkte die Arme. Ihr Blick traf auf den des Blauhaarigen. Seine blauen Augen durchzuckten sie, wie schon mehrmals zuvor, wie ein Blitz.
 

„Mehr als egal. Das Wertvollste hab‘ ich sowieso bei mir.“

Amu wusste nicht wieso, aber ganz plötzlich konnte sie genau spüren, wie ihr Herz mit doppelter Geschwindigkeit in ihrer Brust schlug. Und dabei musste sie sich nicht einmal auf die Brust fassen, um das zu spüren. Lag es etwa daran, dass Ikuto sie so ansah, als ob er mit dem „Wertvollsten“ sie meinte? Musste sie Angst haben, dass er hörte, wie schnell ihr Herz deswegen jetzt schlug?

„Ach ja?“, nuschelte sie leise. Amu selbst konnte gerade nicht einschätzen, wie laut ihr Herzschlag war. Es rauschte geradezu in ihren Ohren. Und obwohl die Rosahaarige sich sicher war, dass sie sich niemals in ihn verlieben würde, driftete sie mit den Gedanken in ihre Traumwelt ab. Ihrer Fantasie verdankte sie nun das Bild, welches sich ihr bot. Sie sah sich, in einem Hochzeitskleid, das normalerweise nur Märchenprinzessinnen trugen, mit einer Körbchen Größe, von der sie sich bisher nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Die großen Türen der Kirche öffneten sich. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. Ein Schmunzeln ließ sich nicht vermeiden, da Gäste beeindruckt von ihrer Schönheit waren. Selbstsicher schritt die junge Frau den langen Weg zum Altar nach vorne. Dort angekommen nahm ein gutaussehender, schwarzblauhaariger Mann ihre Hand und lächelte sie verführerisch an. Wenige Augenblicke danach ging die Zeremonie schon los. Ein etwas älterer Pfarrer plapperte den üblichen Text, der bei einer Hochzeit gesprochen wurde, wobei sie nur so darauf wartete, endlich „Ja, ich will“ sagen zu können. Dass es ihrem Verlobten genau so ging wie ihr, wusste sie auch, wenn sie ihn gar nicht ansah. Nach wenigen Minuten, die ihr allerdings viel länger vorkamen, erklärte der Pfarrer sie endlich zu Mann und Frau und verkündete, dass die Braut nun geküsst werden durfte. Amu schloss langsam die Augen, als ihr frisch gebackener Ehemann sich zu ihr beugte und erwartete freudig das zusammenstoßen ihrer Lippen, als sie plötzlich aus ihren Gedanken gerissen wurde.
 

„Klar. Meine Violine hier ist immer dabei.“, gab er fröhlich von sich und klopfte dabei gut gelaunt auf den Geigenkasten, bevor er ihn neben das Sofa stellte. Amu spürte geradezu, wie ihr Gesicht rot anlief und heißer Dampf aus ihren Ohren schoss. Peinlich, peinlich und peinlich. Wie konnte sie auch nur denken, sie wäre in irgendeiner Weise wertvoll für ihn? Schließlich war sie genau genommen nur eine Last, die ihn dazu zwang, genau dort zu sein, wo er nicht hinwollte. Diese Wohnung hier. Damit Ikuto nicht sah, dass ihr Gesicht einer überreifen Tomate glich, flitzte sie schnell zu ihrer Tasche, um das Geld zu holen.
 

Natürlich hatte Ikuto bemerkt, wie Amu gedanklich in ihrer Traumwelt verschwunden war. Es war schon witzig zuzusehen, wie sie verträumt vor sich hin lächelte und dabei den Kopf leicht zur Seite neigte. Was sie sich in dem Moment gerade vorgestellt hatte, wusste er nur zu gerne. Bestimmt irgendetwas Lustiges. Ikuto sah dem Mädchen zu, wie sie in ihrer Tasche herumkramte und versuchte, dabei kein allzu großes Chaos zu hinterlassen. Jetzt musste er schon ein kleines Mädchen die Einkäufe bezahlen lassen. Konnte ein Mann noch tiefer sinken? Wie er sehen konnte, hatte sie ihren Geldbeutel, worin sich offensichtlich das besagte Geld befand schnell gefunden und hielt es nun in die Luft, wobei sie mit zittriger Stimme „gefunden“ schrie. Komischerweise hatte sie ihm immer noch den Rücken zugedreht. Ganz so als ob sie etwas vor ihm verstecken wollte. Etwa ihre roten Wangen? Dachte sie etwa, er war blind oder sowas? Mit ihren Wangen konnte sie sich auf eine Straße stellen und genauso gut als Ampel dienen. Und eine Ampel übersahen nur die wenigsten. Der Blauhaarige schüttelte grinsend den Kopf, bevor er aufstand und mit wenigen Schritten bei ihr stand, um den Geldbeutel aus ihrer Hand zu entwenden.

„Ich schlage vor, dass ich schnell alleine einkaufen gehe.“, nickte er. Amu drehte sich zu ihm und hob skeptisch eine Augenbraue.

„Wieso willst du denn alleine einkaufen gehen?“, fragte sie ihn misstrauisch. Es war nicht so, dass sie ihm vollkommen misstraute und ihn nicht mit ihrem Geld herumlaufen lassen wollte, sondern eher, dass sie nicht verstand, wieso er auf einmal alleine einkaufen gehen wollte.

„Ich habe etwas zu erledigen und das geht schneller, wenn ich es alleine mache. Schreib halt auf, was ich dann kaufen soll. Die Rechnung bring ich dir mit, damit du nicht glaubst, dass ich dir irgendwie Geld klaue oder sowas in der Art.“
 

Grummelnd saß Amu nun schon seit fast drei Stunden auf dem Sofa und wartete auf die Rückkehr ihres Retters. Wieso hatte sie sich überreden lassen, hier auf ihn zu warten? Er hatte für sie keine guten Argumente gehabt. Dazu kam noch, dass er mit ihren gesamten Ersparnissen durch die Stadt lief. Was war, wenn er gerade dabei war, alles auszugeben? Konnte sie ihn wirklich für so bescheuert halten? Er hatte gesagt, dass es nicht lange dauern würde. Also war Ikuto auch noch ein Lügner. Genervt über ihre eigene Blödheit raufte sie sich die Haare, als sie plötzlich das leise Klicken der Wohnungstür wahrnahm.

„Endlich.“, murmelte Amu leise und stand auf. Als sie zur Tür schaute, stand Ikuto schon da, mit drei Einkaufstaschen und wie üblich seinem Geigenkoffer bepackt. Hatte sie etwa so eine lange Liste geschrieben?

„Entschuldige, hat länger gedauert. Ich räume mal alles aus.“, gab er schnell von sich, bevor er ihr den Geldbeutel zuwarf und anschließend in der Küche verschwand. Amu starrte ihm in einer Mischung aus verwirrt und misstrauisch hinterher. Nach einem kurzen Blick in ihren Geldbeutel stellte sie fest, dass nur wenig Geld fehlte. Wie ging das, wo er doch offensichtlich recht viel eingekauft hatte? Ikuto hatte die Tür, welche in die Küche führte geschlossen. Das hieß doch, dass er etwas vor ihr verheimlichte. Schmollend sank Amu wieder in das schwarze Sofa und schloss einen Moment die Augen.
 

„Hey, nicht einschlafen.“, hörte sie plötzlich Ikuto’s Stimme ziemlich nah an ihrem Gesicht sagen. Etwas müde öffnete sie langsam die Augen und sah sofort in blaue Augen. War sie etwa eingedöst, oder wieso hatte sie ihn nicht reinkommen gehört? In weniger als einer Sekunde war die aus Langeweile entstandene Müdigkeit verschwunden. Ikuto, der gerade noch über sie gebeugt dastand, stellte sich nun wieder normal auf und grinste sie an. Für einen Augenblick starrte sie ihn an, bis etwas anderes plötzlich ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Auf dem Tisch stand eine Torte.
 

„Alles Gute zum Geburtstag!“
 

Ende des 5. Kapitels

Peinlichkeiten und Blamagen

Hallöchen, liebe Leser~ ;D

Zu allererst möchte ich mich bedanken - für 31 Favorisierungen! Ich freu mich total darüber, dass der Mist hier gelesen wird. <3

Außerdem wollte ich hier kurz Werbung machen. Kiria macht einen Dojinshi aus der Story hier. Schaut doch mal rein. ^^

Zu diesem Kapitel muss ich sagen, dass ich irgendwie unzufrieden bin. Vielleicht geht es ja noch jemanden so. Mein Schreibstil hat irgendwas komisches an sich, finde ich. xO

Ich hab mir das Kapitel jetzt nur einmal durchgelesen, also sry, wenn Fehler drinnen sind!

Wer von meinem Geplapper nicht abgeschreckt wurde, dem wünsche ich viel Spaß beim lesen. xD

Kommentare, Kritik usw sind wie immer sehr gerne gesehen. ;)
 

Peinlichkeiten und Blamagen
 

Alles Gute zum Geburtstag? Amu verstand die Welt nicht mehr. Wieso wünschte er ihr so etwas? Ihr Geburtstag war doch schon vor ein paar Monaten gewesen! Sie starrte ungläubig auf ihr Gegenüber, bevor ihr Blick wieder zu der Torte auf dem Tisch wanderte.

„Ähm. Also…“ Ikuto hatte sie sichtlich verwirrt. Nicht einmal einen vollständigen Satz bekam die Rosahaarige aus sich heraus. Was wollte er mit dieser Aktion schon wieder bezwecken?
 

Der Ältere musste schon sehr dumm, oder blind sein, um das nicht mit zu bekommen. Natürlich wusste er, dass sie heute nicht Geburtstag hatte. Es war bloß so, dass er, als sie vom Park nach Hause gegangen waren, ihrem Geplapper aufmerksam gelauscht hatte. Amu erwähnte kurz, dass sie ihren 15. Geburtstag damals nicht gefeiert hatte. Sie hatte sich nach der Schule in ihrem Zimmer eingeschlossen und kam einfach nicht mehr heraus. Grund dafür war mal wieder ein Streit zwischen ihren Eltern. Amu wollte nicht, dass die beiden möglicherweise heile Welt spielten, nur weil sie Geburtstag hatte. Natürlich fand sie die Vorstellung, dass die beiden statt sich zusammen zu reißen, weiterstritten noch weitaus schlimmer. Aber egal. Beides war für sie unvorstellbar schrecklich. Genau aus diesem Grund war sie nicht mehr aus ihrem Zimmer gekommen. Für die Rosahaarige waren Geburtstage sowieso sinnlos. Zwar freute sie sich, wenn man ihr gratulierte, oder sie etwas geschenkt bekam, aber eigentlich hatte sie doch alles, was sie brauchte. Bis jetzt zumindest. Jetzt hatte sie nichts mehr. Auf ihren Geburtstag hatte sie sich immer gefreut, weil die Familie und Freunde zusammen kamen. Doch das würde nie wieder so sein.
 

„Ich sollte mich genauer ausdrücken, hm? Alles Gute zum Geburtstag. Nachträglich.“
 

Auf einmal machte es in ihrem Kopf klick. Deswegen fehlte kaum Geld. Deswegen hatte er so lange gebraucht. Ikuto war bestimmt im Park gewesen, damit er die Überraschung für sie nicht von ihrem Geld kaufen musste. Das wäre aber auch unangebracht gewesen. Und er hatte ihr also wirklich zugehört. Das freute sie irgendwie doch sehr viel mehr, als sie sich jemals erträumt hätte. Der jetzt inzwischen nicht mehr so fremde Junge, der die Großzügigkeit besaß, sie bei sich wohnen zu lassen, machte sich auch noch die Mühe, ihr – zwar viel zu spät, aber immerhin – zum Geburtstag zu gratulieren. Amu beäugte die Torte zum ersten Mal richtig. Es war eine Schokoladentorte, mit Sahne verziert und auch Erdbeeren fanden ihren Platz darauf. Natürlich befanden sich auch Kerzen darauf. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie sich gerne sofort darauf gestürzt hätte. Aber sie tat es nicht.
 

Amu riss sich von ihrer Torte los und sah zu Ikuto, der es sich inzwischen neben ihr auf dem Sofa bequem gemacht hatte. In seinen Augen schien so etwas wie Gleichgültigkeit aufzustrahlen, als sie gerade den Mund aufmachen wollte, um ihn dafür zu danken. Durch diesen kalten, vielsagenden Blick seinerseits verging ihr das aber sofort wieder. Stattdessen lächelte sie ihn kurz an. Anscheinend wollte er nicht, dass sie ihm dankte…

„Die Kerzen brennen auch nicht ewig, Amu.“, meinte er bloß. Seine Mundwinkel zuckten kurz, bevor sich seine Lippen zu einem Grinsen verzogen. „Jetzt mach es nicht so spannend. Auspusten!“

Auf ihre Wangen legte sich ein rosiger Schleier, als sie sich nach vorne beugte. Amu schloss die Augen, ehe sie mit einem Mal die kleinen Flammen ausblies. Was sie sich dabei wünschte, konnte man sich bestimmt denken.
 

„Gut, blasen kannst du also.“ Ikuto war klar, dass dieser Satz vor Zweideutigkeit nur so strotzte, aber wieso sollte er sich den Spaß denn nicht erlauben? Ihm gefiel es eben, wenn sie rot anlief. Genau so, wie sie es gerade tat. Jedoch gefiel ihm eine Sache an ihr so gar nicht.

„Freust du dich?“, sprach er schnell weiter, bevor das Mädchen ihm möglicherweise noch eine runterhaute. Irgendwann würde sie das tun, das war sowieso schon klar. Dass Ikuto davon abgeneigt war, konnte er aber auch nicht abstreiten.
 

Mit dieser Frage warf Ikuto die Rosahaarige komplett aus dem Konzept. Freute sie sich? Das war eine sehr gute Frage. Natürlich freute sie sich. Schon allein, weil er, der größte Idiot überhaupt, so etwas Liebes für sie tat. Ihm konnte es schließlich auch egal sein, wann sie Geburtstag hatte, oder ob sie diesen feierte. Aber es war ihm offensichtlich nicht egal. Er bemühte sich um sie, damit sie sich wohl fühlte. Wenn auch mit kleinen Unterbrechungen, in denen er sich wie ein Kind benahm und sie aufzog. Wie konnte sie sich da also nicht freuen? Vielleicht, weil es falsch war? Amu hatte sich doch verboten, einfach glücklich zu sein. Ihre kleine Schwester freute sich doch auch nicht darüber, dass sie damals im Krankenhaus liegen musste. Und ihre Eltern freuten sich nicht darüber, dass sie nur noch stritten. Also war es nur zu logisch, dass ‚glücklich sein‘ für sie auf jeden Fall tabu war. Doch das musste Ikuto auch nicht wissen.

„K-klar. Ich weiß gar nicht, wie ich mich dafür revanchieren kann.“ Amu lächelte ihn an und probierte, ihre Selbstzweifel damit zu überspielen. Das sollte sie doch eigentlich schon besser können.
 

„Ich weiß, dass du nicht ganz ehrlich bist.“, seufzte der Blauhaarige, der ihr die Lüge nicht abkaufte. „Dein Lächeln lügt und deine Augen verraten dich.“

Ikuto sah Amu direkt in die Augen, wobei keiner der beiden plötzlich auch nur in der Lage war, wieder weg zu sehen. Er war gefesselt von der Traurigkeit, die ihre sonst noch so kindlichen Augen ausstrahlten. Wie sagte man noch gleich? Die Augen sind der Spiegel deiner Seele? Wie wahr.

Amu hingegen konnte nicht wegsehen, weil sie sich so ertappt fühlte. Ertappt von ihm. Schon wieder. Es fühlte sich nun einmal nicht gut an, wenn ihr schon beinahe in die Seele geschaut wurde, obwohl sie noch nicht bereit war, sich soweit zu öffnen. Aber dabei stellte sich ihr eine andere Frage. Würde sie das jemals sein? Sie konnte den Schmerz doch genauso gut einfach verdrängen, bis er komplett verschwand.

„Erstaunlich, wie verloren ein Mensch eigentlich sein kann…“, nuschelte er leise, aber laut genug, damit Amu es hörte. Und es traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur, weil sie sich angesprochen fühlte, sondern eher, weil er genauso gut sich selbst damit meinen konnte. Wieder einmal war Amu dabei, in ihre Gedankenwelt zu sinken, als ihr Gegenüber ihr plötzlich gegen die Stirn schnippte.

„Willst du nicht die Torte anschneiden? Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.“

Amu schüttelte ihren Kopf kurz, was allerdings nicht ‚nein‘ heißen sollte. Sie wollte bloß aufhören, zu viel nachzudenken. Ihr entwich ein leises Kichern und im nächsten Moment hielt sie schon das Messer in der Hand, um Ikuto ein Stück abzuschneiden und es auf einem kleinen Teller zu platzieren. Dass er sich so darauf freute, konnte sie sich schon vorstellen. Von was ernährte er sich denn schon? Bestimmt nichts, dass sie persönlich auf Dauer ertragen konnte.
 

Es vergingen nur wenige Minuten, da saßen sie schon beide da und aßen genüsslich ihre Torte. Amu war mehr als nur begeistert davon. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so etwas Gutes gegessen zu haben. Oder sie war in der Hinsicht nur zu vergesslich. Sollte sie sich deswegen dumm vorkommen? Gedankenverloren starrte das Rosahaarige Mädchen auf einen Punkt. Sie hatte nicht einmal bemerkt, wie sich zwischen Ikuto und ihr eine unangenehme Stille ausgebreitet hatte. Doch plötzlich fühlte sie sich ziemlich beobachtet.

„Bin ich so hübsch, oder warum starrst du mich denn so an?“, hörte sie plötzlich eine ihr nur zu bekannte Stimme sagen. Wie sich herausstellte, war der Punkt, den sie so angestarrt hatte, kein anderer, als Ikuto. Oder besser gesagt, sein Oberkörper. Schnell sah sie zu seinem Gesicht. Er grinste. Das war aber auch nichts Neues mehr. Amu versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie peinlich ihr das war. Und natürlich gelang ihr das nicht ganz. Wie konnte sie denn nicht erröten, wenn er sie mit diesen bezaubernden Augen ansah, und dabei auch noch so blöd, aber dennoch süß grinste? Süß. Jetzt war sein bescheuertes Grinsen, welches sie ihm am liebsten aus dem Gesicht schlagen würde, auch schon süß. Das durfte der Junge niemals erfahren.
 

„Nein, bist du nicht!“, erwiderte sie schnell. Vielleicht zu schnell. So, wie die Worte aus ihr herausgeschossen waren, mussten sie doch gelogen sein. Ikuto grinste sie noch immer an. Nun war er derjenige, der starrte. Und das beunruhigte Amu irgendwie. Dieser Junge hatte einfach sowas an sich. Im ersten Moment fühlte sie sich pudelwohl und vor allem sicher, und im nächsten bangte sie um ihre heiß geliebte Selbstbeherrschung. Amu beschloss, seinem provozierenden Blick auszuweichen und stattdessen lieber auf ihre Finger zu sehen. Das stellte sich aber doch als schwierig heraus, da Ikuto seine Hand unter ihr Kinn geschoben hatte und sie somit zwang, ihn weiter anzusehen. Nannte man diese Art von Menschen, die andere quälten nicht Sadisten, oder so etwas in der Art?

„W-was soll den das schon wieder“, stotterte sie leise. Es verunsicherte sie ziemlich, dass der Blauhaarige sich immer näher zu ihr zu lehnen schien. Als sie sogar seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte, verkrampften sich ihre sämtlichen Muskeln und sie war nicht mehr in der Lage, sich auch nur irgendwie zu bewegen. Amu war sich nicht einmal sicher, ob sie noch atmete. Würde er sie nun küssen? Sie war erst 15 und noch nie so richtig geküsst worden. Was war also, wenn sie es nicht konnte und sich vor ihm – und das nicht zum ersten Mal – vollkommen blamierte? Ihre Augen kniffen sich automatisch zusammen.
 

Sie wartete. Gleich würden ihre Lippen auf die von Ikuto treffen. Vielleicht bestand noch Hoffnung, dass sie sich als Naturtalent im Küssen herausstellte? Konnte man in sowas überhaupt als Talent anerkennen? Amu war gedanklich so sehr mit dem Küssen beschäftigt, sodass sie nicht einmal bemerkte, wie Ikuto sich wieder von ihr entfernte. Zwar nur ein kleines Stück, aber doch. Er hob seine freie Hand, um sie langsam zu ihrem Gesicht wandern zu lassen. Mit dem Zeigefinger strich er sanft über die gerötete Wange.

„Du hattest da Sahne. Hab’s weggewischt!“
 

Amu riss ihre Augen auf. Schockiert und peinlich berührt. So fühlte sie sich. Wer konnte nicht nachvollziehen, wenn sie nun am liebsten im Erdboden versinken würde, oder einfach aufwachte und feststellte, dass das alles nur ein dummer, dummer Traum gewesen war? Nur zu sehr wünschte sie sich das. In dem Fall würde sie sich erst einmal vor Lachen ausschütten.

Aber wie das Schicksal nun einmal mit ihr Spielte, musste sie natürlich wieder die schlechten Karten haben. Vor sich hatte sie noch immer Ikuto sitzen, der gerade dabei war, sich genüsslich über den Zeigefinger zu lecken. Der Anblick erinnerte sie irgendwie an eine Katze, die sich ihre Pfoten sauber leckte. Ikuto erinnerte im Gesamten sowieso schon sehr an einen Streuner. Und genau genommen war er doch auch nichts anderes, als das. Aber was sie gerade sehr schockierte war mehr der Grund, warum er das so genüsslich tat. Mit diesem Finger hatte er ihr über die Wange gestrichen, oder? Und nun sah er fast so aus, als könnte er nicht genug davon bekommen.
 

Einbildung? Auf jeden Fall.
 

Wieso sollte es auch so sein? Amu fand keinen Grund, der ihm den Anlass zu solch einem Genuss geben würde. Außerdem war es sowieso immer so, dass sie viel zu viel fantasierte. Bestimmt war das auch jetzt der Fall. Seufzend wandte sie den Blick von ihm ab und legte sich die Hände auf ihre stark geröteten Wangen. Vielleicht wurde es an der Zeit, erwachsen zu werden und diese Kindereien endlich sein zu lassen. Sie war 15 und allein. Da konnte sie es sich nicht leisten, kindisch zu sein. Wenn sie so darüber nachdachte, hätte sie ihr Verhalten schon ihr Leben kosten können. Doch zum Glück hatte Ikuto sie damals gefunden.
 

Ikuto. Der Junge, dessen Lebensstil sie immer wieder überraschte.

Ikuto. Ein Erwachsener, der sich selbst wie ein Kind benahm, das ebenso alleine war, wie sie selbst auch.

Ikuto. Die Person, welche sie viel zu oft ärgerte. Und doch – und das überraschte Amu selbst – mochte sie ihn mit jeder Sekunde lieber.

Ikuto, der sich so herzlich um sie kümmerte und bei dem sie viel zu oft die Fassung zu verlieren schien.
 

Wieder breitete sich zwischen ihnen Stille aus. Und dabei gab es im Moment so viel, dass sie Ikuto sagen wollte. Sie wollte, aber sie konnte nicht. Wie sollte sie ihm denn sagen, dass in ihr gerade eine Achterbahn in einem viel zu schnellem Tempo ihre Runden drehte? Und das alles nur wegen ihm. Oder vielleicht war auch die Torte nur zu kalt gewesen? Amu konnte nicht mehr klar denken und ganz plötzlich kam etwas in ihr hoch.

Ein herzhaftes Gähnen, welches entweder Langeweile, oder Müdigkeit signalisierte. In diesem Fall war es das Zweite. Für Amu war dieser Tag einfach viel zu lange gewesen.
 

„Ab ins Bett. Wo das Schlafzimmer ist, weißt du ja.“, hörte sie ihn plötzlich sagen. Amu starrte ihn ungläubig an. Sie sollte in seinem Bett schlafen? Zwar hatte sie das schon, doch nun wurde ihr erst richtig klar, dass es sein Bett war.

„Ich schlaf gerne auf dem Sofa!“, lächelte sie verlegen. Sie hatte im Bett eines fremden Mannes geschlafen! Jetzt würde sie mit einer Sicherheit von 100% niemand mehr heiraten wollen!

„Stell dich nicht dümmer an, als du bist.“, seufzte der Blauhaarige daraufhin nur. Dass er ihre Verklemmtheit nicht verstand, war sowieso klar. Für sie zumindest. Ikuto sah einfach kein Problem darin, wenn sie ins Bett ging. Sein Bett hin oder her. Es war schließlich nicht so, als hätte er ‚schlimme‘ Dinge darin getan. Und selbst wenn, Bettwäsche konnte man waschen. Das war also wirklich kein Problem.

„Aber…“ Amu suchte verzweifelt nach einer Ausrede, damit sie nicht ins Bett musste. War das kindisch? Ja, auf jeden Fall war es das. Wo war nur ihr Plan, erwachsen zu sein, hin? „… du bist viel größer als ich!“ „Und?“ Ikuto zog eine Augenbraue hoch. Was hatte denn bitteschön seine Größe mit der Schlafaufteilung zu tun? Er wollte nur freundlich sein und ihr das Bett überlassen, da das Sofa auf Dauer nicht so bequem war. Ikuto selbst war es schon gewohnt, auf härteren Untergrund zu schlafen und konnte dies demnach auch überall. War das jetzt wirklich so schlimm?
 

„Im Schlafzimmer liegen noch Sachen von dir, die zu zum schlafen anziehen kannst. Du könntest dich in Ruhe umziehen, so richtig ungestört, und dann noch ungestörter einschlafen. Ach ja, das Zimmer kann man auch abschließen… Aber wenn du so darauf bestehst, können wir beide ja zusammen in…“ „Gute Nacht!“, unterbrach ihn die Rosahaarige, bevor sie aufsprang und in Windeseile aus dem Wohnzimmer verschwand. Bevor sie komplett aus seiner Sichtweite rannte, rief sie ihm noch ein ‚Danke‘ zu. Bedankte sie sich dafür, dass sie ins Bett durfte? Für die Torte? Für etwas ganz anderes? Bei Amu konnte man leider nur raten. Ein Schmunzeln schlich sich für einen Moment auf seine Lippen.
 

Ikuto wurde immer mehr besessen von ihr. Auf der einen Seite schien sie sich wirklich darüber gefreut zu haben, dass er ihr eine Torte gebracht hatte. Aber auf der anderen stellte sie sich dagegen, soweit aus sich heraus zu kommen, um ihre Freude zu zeigen. Nannte man so ein Verhalten nicht ‚verklemmt‘? Normalerweise schon. Doch bei Amu schien das schon weitaus schlimmer zu sein. Er hatte schon mitbekommen, dass sie innerlich sehr mit sich zu kämpfen hatte. Für so ein junges Mädchen viel zu viel. Sie versank oft in ihren Gedanken und bekam danach nichts mehr mit. Außerdem hatte sie ein riesiges Talent darin, sich selbst in peinliche Situationen zu bringen. Er musste dabei oft nicht einmal nachhelfen. Irgendwie war es ja süß, dass sie dachte, er würde sie küssen und Ikuto musste auch zugeben, dass er, wenn auch nur für einen Moment, wirklich den Drang verspürt hatte, es einfach zu tun. Sie hatte es erwartet, also hätte sie ihm danach wohl nicht den Kopf abgeschlagen. Doch eigentlich war sie noch ein Kind. Ein Kind, das unbedingt wieder nach Hause fahren sollte. So sehr Ikuto sie auch bei sich behalten wollte, es war nun einmal so. Er studierte Amu in jeder Sekunde, in der sie ihre Traurigkeit, ihre Enttäuschung, und die vielen Emotionen, die sie zu verstecken versuchte, nicht mehr verbergen konnte. Er konnte ihr ansehen, dass sie auf keinen Fall, aber doch um jeden Preis wieder nach Hause wollte. Ein Wiederspruch in sich selbst. Sie erinnerte ihn sehr an sich selbst.
 

Er hatte Amu nicht ohne Hintergedanken ins Bett geschickt. Jetzt, wo das Mädchen aus dem Zimmer war und bestimmt nicht mehr zurückkommen würde, konnte er das tun, was sie verweigert hatte. Leise erhob der Blauhaarige sich und schlich zu der Tasche, die noch immer an der Selben Stelle stand. Warum er so schlich, wusste er selbst nicht. Vielleicht lag es auch daran, dass er hier sozusagen etwas ‚verbotenes‘ tat. Leise zog er den Reißverschluss auf. Ikuto musste nicht lange herumkramen, um an das gesuchte Gerät zu kommen. Ihr Handy. Noch an Ort und Stelle fand er heraus, wie er es schaffte, eine gewisse Nummer anzurufen. Bereits nachdem es auf der anderen Leitung nur wenige Male geklingelt hatte, ging eine weibliche Person ran.
 

„Guten Abend, spreche ich mit Amu’s Mutter?“
 

Ende des 6. Kapitels

Von Streit und Herzschmerz

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Danke Leute, das freut mich total. :DDD

Und noch ein herzliches Danke für 54 Kommentare! Bei euch verliert man echt niemals die Motivation. ^^

Ich würde mich natürlich freuen, wenn ihr weiterhin so brav Kommentare mit euren Meinungen schreibt.

Das motiviert wirklich. xD
 

Ich habe mir mit dem Kapitel wie immer Mühe gegeben und hoffe, dass es euch gefällt. ;)

Viel Spaß beim lesen!
 

Von Streit und Herzschmerz
 

Amu schlug ihre Augen auf. Gerade hatte sie noch so gut geschlafen, als draußen auf der Straße irgendetwas geknallt hatte. Wieso konnte sie sich nicht angewöhnen, das Fenster vor dem schlafen gehen zu schließen? Klar, das war, weil sie eben gerne bei frischer Luft schlief. Die Rosahaarige gähnte erst einmal herzhaft, bevor sie sich auf die linke Seite rollte. Ihr Blick wanderte zu dem Wecker, der auf dem kleinen Beistelltisch stand. Halb zehn war es also schon. Trotz der Tatsache, dass sie nun schon das vierte Mal hier in diesem Zimmer aufwachte, war es für sie noch immer merkwürdig. Doch noch merkwürdiger war Ikuto. Den hatte sie in den letzten Tagen nämlich gar nicht oft gesehen. Wenn sie wie heute erst so spät munter wurde, war er oft schon weg, oder gerade im weggehen. Und dann kam er auch erst abends wieder nach Hause. Nach Hause. Wie das klang. Amu kam es fast so vor, als würde er ihr ausweichen. Doch wieso sollte gerade er das denn tun? Eigentlich hatte er keinen Grund dazu. Vor allem, weil der Kerl doch davon zu leben schien, kleine Mädchen, sprich sie, zu ärgern. Sie wunderte sich sehr, dass er ihr keine dummen Streiche gespielt hatte, während sie schlief. Zugesperrt hatte Amu schließlich auch nur in der ersten Nacht. Nach der süßen Sache mit der Torte hatte er nur wenige fiese Bemerkungen abgeladen, was wohl auch daran lag, dass er ja nur wenig da war. Wie konnte Amu da also nicht misstrauisch werden?
 

Auf der anderen Seite konnte es doch auch sein, dass Ikuto wieder im Park war und spielte. Die Rosahaarige bekam des Öfteren Horrorvisionen, in denen der Ältere den ganzen Tag sozusagen schuftete, damit sie etwas zu essen hatte. Zwei mal traute sie sich in den Park, allerdings hatte sie ihn da nicht gefunden. Das war wohl auch der Grund, warum Amu sich die Tage mit Putzen vertrieb. Dabei hatte sie auch fest gestellt, dass er kaum persönliche Sachen in den Schubladen und Schränken im Wohnzimmer hatte. Seine ganzen Besitztümer schienen sich im Schlafzimmer zu befinden. Ja, Amu hatte seine Sachen durchwühlt. Und das nicht nur einmal. Und nicht nur einmal landete sie dann auf dem Boden vor dem Kleiderschrank, mit einem Shirt von ihm auf dem Arm. Sie musste zugeben, dass seine Kleidung verdammt gut roch.
 

Es war nicht so, dass ihr Verhalten bedeutete, dass sie Ikuto irgendwie mochte. Nein, nein. Auf keinen Fall. Doch, ein bisschen schon. Oder vielleicht doch sehr? Der einzige Grund, warum sie ein bisschen erleichtert über seine häufige Abwesenheit war, war ihre Verwirrtheit. Wieso konnte sie sich nicht einfach eingestehen, dass sie Ikuto zwar sehr dankbar für alles war, aber sie ihn trotzdem nicht so bald zu ihrem engen Freundeskreis zählen konnte? Klar, weil es nicht stimmte. Wenn sie ihn nicht mochte, wieso bekam sie dann plötzlich ständig Herzrasen, wenn er sie nur anschaute, und sei es nun bloß für einen kurzen Moment? Eine Ausrede waren seine schönen Augen, aber die allein konnten wohl kaum solche Schmetterlinge in ihrem Bauch auslösen. Aber genau genommen konnte sie das nicht so genau wissen. So verwirrt war sie noch nie wegen eines Jungen gewesen.
 

Es war zum Verzweifeln. Amu schwang sich aus dem großen Bett und strich sich ihren rosa Häschenpyjama glatt. Sie wollte gerade zur Tür schreiten, als sie eine laute Stimme vernahm, die offensichtlich nicht Ikuto gehörte. Aber sie kannte diese Stimme. Sie gehörte dem großen Mann, mit dem der Blauhaarige äußerlich zwar Ähnlichkeit hatte, obwohl sie doch von Grund auf verschieden waren. Sein Vater. Nun bekam die Rosahaarige wieder Herzrasen, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Aber bei solch einer Person wie Tsukiyomi Aruto war das auch kein Wunder.
 

Vollkommen darauf bedacht, auf keinen Fall die Aufmerksamkeit von einem der Männer auf sich zu lenken, öffnete sie leise die Tür und lugte vorsichtig heraus. Zwar konnte sie nichts sehen, aber dafür hörte sie jetzt besser. Belauschen war ja eigentlich nicht so die feine Art, aber was hatte Amu denn noch zu verlieren? Ihre Würde? Die hatte sich doch sowieso schon längst irgendwo verkrümelt.

„Du bist eine Schande für die ganze Familie! Du bist nicht mehr mein Sohn!“

Amu blinzelte auf, als sie Ikuto’s Vater schreien hörte. Das musste jetzt aber gesessen haben. Nur zu gerne wäre die Rosahaarige zu ihrem Freund gelaufen und hätte sich jetzt um ihn gekümmert. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie es ihm nach so einem Vorwurf gehen musste.

„Und du bist schon lange nicht mehr mein Vater!“, hörte sie Ikuto plötzlich erwidern. Ja, natürlich musste er so etwas sagen. Aber das meinte er bestimmt nicht ernst. Auf keinen Fall. Oder etwa doch?
 

Amu hatte nicht die Gelegenheit, noch weiter darüber nachzudenken, denn ein lautes Geräusch riss sie aus ihren Gedanken. Es hörte sich ganz so an, als hätte jemand etwas zerbrochen. Etwas Hölzernes? Es war auf jeden Fall ein recht merkwürdiges Geräusch, das Amu nicht richtig einordnen konnte.

„Du bist kein Sozialarbeiter, merk dir das endlich.“, verstand Amu noch, bevor sie eine Tür knallen hörte. Die Haustür? War der ältere Mann jetzt gegangen? Das hoffte die Rosahaarige sehr, da sie nicht vorhatte, den ganzen Tag lang hier in Ikuto’s Schlafzimmer zu verbringen.
 

Auf Zehenspitzen und steht’s bemüht, keine unnötigen Geräusche zu verursachen, schlich Amu aus dem Zimmer. Als sie bei der Wohnzimmertür, welche offen stand, ankam, lugte sie vorsichtig hinein und blinzelte. Wo war Ikuto? Auf dem Sofa jedenfalls nicht. Langsam schlich sie hinein und sah sich abermals um, als ihr Blick plötzlich an etwas speziellen hängen blieb. Vor lauter Schreck weiteten sich ihre Augen. Auf dem Boden lag Ikuto’s Violine. Sein ihm heiliges Instrument. Und das schockierende daran war, dass sie in der Mitte auseinander gebrochen war. Das war also dieses merkwürdige Geräusch gewesen. Amu hockte sich vor dem Instrument hin, um es genauer zu inspizieren, als sie plötzlich eine Stimme hinter sich vernahm.

„Lass sie liegen, Amu.“ Ein unangenehmer Schauer jagte über ihren Rücken, als sie sich zu ihm umdrehte. Der nächste Schock folgte. Ikuto sah total fertig aus. Seine schwarze Kleidung untermalte den Eindruck auch noch. Sie konnte zwar nicht erkennen, dass er geweint hatte, aber der Ausdruck in seinen sonst so schönen Augen gefiel ihr überhaupt gar nicht. In ihnen spiegelte sich eine traurige Leere, welche Amu bloß zum schlucken brachte. Sie würde es ihm nicht einfach sagen, aber Ikuto tat ihr leid. Die Violine hatte ihm sehr viel bedeutet, das wusste sie ja.
 

„Was… was ist passiert?“, fragte die Rosahaarige vorsichtig nach. Ihr Blick senkte sich schnell, da sie den Anblick vor sich kaum ertragen konnte. Ikuto würde sich bestimmt nicht einfach umarmen lassen, oder?

„Du hast uns doch belauscht, also wirst du das wohl selbst wissen.“, erwiderte der Blauhaarige völlig unterkühlt. Wenn Ikuto gerade wirklich Ikuto war, wo blieb dann sein belustigtes Grinsen? Er hatte sie mal wieder komplett durchschaut und zog daraus trotzdem keinen Triumph? Dem Jungen musste es wohl noch schlechter gehen, als sie im ersten Moment gedacht hatte. Was aber auf der anderen Seite auch verständlich war. Jeder Mensch hatte einen schwachen Punkt und bei Ikuto war es nun einmal die Violine. Amu stand vom Boden auf und stellte sich genau Ikuto gegenüber hin. Sie wagte es, wieder in seine Augen zu sehen und hielt den Blick eisern fest. Sie wusste nicht, was sie ihm nun sagen sollte. Vielleicht doch, dass es ihr leid tat? Ikuto konnte auf Mitleid verzichten, ganz bestimmt sogar.
 

Statt etwas zu sagen, nahm Amu den Blauhaarigen an der Hand und führte, oder besser ausgedrückt zerrte ihn zum Sofa, auf welches er schließlich runter gedrückt wurde. Danach setzte sie sich neben ihn und ließ seine Hand los. Das tat sie allerdings nur, um seinen Kopf auf ihre Schulter zu drücken. Amu ignorierte ihren lauten Herzschlag. Sie tat das nur, um ihn ein wenig Trost zu spenden! Nur deswegen! Er sollte wissen, dass sie für ihn da war. Ganz vorsichtig legte sie ihre Arme so gut es ging um den Größeren, um ihm sanft über den Rücken zu streicheln. Amu wusste nicht, ob sie sich das nur einbildete, aber im ersten Moment war Ikuto ganz steif. Im nächsten Augenblick allerdings entspannte er sich und lehnte sich gegen sie.
 

Trost spenden, mehr nicht. Dass seine Nähe sich so angenehm anfühlte, bedeutete nichts weiter.

Lüge oder Wahrheit?

Doch wenn es nichts weiter bedeutete, wieso machte sein Atem in ihrem Nacken sie dann fast wahnsinnig? Wieso war er ihr noch nicht nah genug, obwohl er doch schon an ihr klebte? Wieso konnte sie nicht aufhören, mit den Haaren in seinem Nacken zu spielen? Wieso hatte sie noch nie so einen süßen und betörenden Duft gerochen? Und wieso hatte sie diesen Idioten in der letzten Zeit immer so vermisst? Fragen über Fragen, die sich doch normalerweise ganz einfach beantworten ließen. Und trotzdem konnte sie es sich nicht eingestehen.
 

Während Amu in ihren verwirrenden Gedanken hing, dachte auch Ikuto über eine Menge nach. Er war wütend, aber auch traurig zugleich. Sein eigener Vater hatte das zerstört, was Ikuto am meisten bedeutete. Den Gegenstand, der ihn am meisten an seine Mutter erinnerte. Nur mit seiner Violine hatte er sich dieser Frau in gewisser Hinsicht nahe gefühlt. Und jetzt war sie kaputt, einfach zerbrochen, genau wie sein Herz in diesem Moment. Es zerriss ihn förmlich, wenn er daran dachte, dass er von nun an nicht mehr im Park stehen und spielen konnte. Genau genommen verlor er alles, was ihm wichtig war. Und das war jetzt nicht nur das Instrument, welches unberührt auf dem Boden lag. Auch das Mädchen, das ihn tatsächlich in den Arm genommen hatte, war ihm sehr wichtig geworden. Es bereitete ihm ein schönes Gefühl, wenn sie so offensichtlich für ihn da war. Umso mehr tat es ihm also leid, dass er vor wenigen Tagen ihre Mutter angerufen hatte und sie sozusagen verpetzt hatte. Ihm war klar, dass sie ihm das bestimmt niemals verzeihen würde, aber vielleicht verstand sie sein Handeln wenigstens irgendwann. Er wollte schließlich bloß das Beste für sie. Und das Beste war auf jeden Fall, dass sie sich mit ihren Eltern aussprach und wieder nach Hause fuhr.
 

„Guten Abend, spreche ich mit Amu’s Mutter?“

„Ähm, ja. Aber wer ist da? Wo ist Amu?“ Die Stimme der Frau klang besorgt und ziemlich panisch. Verständlicherweise.

„Es geht ihr gut. Ich habe sie gefunden und mit zu mir genommen, aber sie hat sich geweigert, bei Ihnen anzurufen.“, sprach Ikuto ruhig, um sie nicht aufzuregen, oder sie noch mehr zu beunruhigen. Dass es doch recht merkwürdig war, wenn ein fremder Mann mit dem Telefon eines blutjungen Mädchens dessen Mutter anrief, war ihm sehr wohl klar.

„Kann… kann ich mit ihr sprechen?“, flehte sie völlig unruhig.

„Sie schläft schon. Aber ich möchte Sie darum bitten, herzukommen. Ich denke, da gibt es ein paar Missverständnisse, die geklärt werden sollten. Davor wird sie nicht nach Hause fahren wollen.“
 

Nach diesem Gespräch mit Amu’s Mutter fühlte er sich unbehaglich in ihrer Nähe. Er wusste, dass er sie hintergangen hatte, obwohl er doch eigentlich das richtige getan hatte. Die Eltern von Amu nahmen sich so schnell es nur ging frei und schickten Ami zu ihrer Großmutter, bevor sie sofort in die von Ikuto genannte Stadt fuhren. Dort angekommen traf Ikuto sich mit ihnen. Glücklicherweise ließen sie sich ein wenig zurückhalten, damit sie ihm nicht sofort die Wohnung einrannten. Ikuto fand, Amu sollte sich noch ein paar Tage beruhigen, bevor sie seinem Hinterhalt zum Opfer fiel. In diesen Tagen passte der Blauhaarige allerdings auf, dass er so oft es nur ging nicht zu Hause war. Das passierte nicht oft, aber er hatte ein schlechtes Gewissen. Außerdem wusste er, dass ihm, wenn Amu erst einmal wieder fort war, etwas sehr fehlen würde. Leider war heute der Tag, an dem ihre Eltern herkommen wollten. Und, wie konnte es nur anders sein, fing der morgen ganz anders an, als geplant. Schon sehr früh tauchte plötzlich wieder sein dummer Vater auf, der ihm gleich wieder ein paar tolle Vorhaltungen über sein Leben machte. Wie schon einige Male zuvor lief es auf einen Streit hinaus, der dieses Mal allerdings jeden anderen übertraf. Der ältere Mann hatte etwas dagegen, dass Amu noch immer hier war und meinte deswegen mehrmals, dass er kein Sozialarbeiter war und das Mädchen wieder nach Hause musste. Ikuto kam nicht einmal dazu, ihm zu erklären, dass er sich bereits darum kümmerte. Wie es aussah, hatten die beiden Tsukiyomi‘s ein größeres Verständigungsproblem, als gedacht. Ikuto’s Blick wanderte einen Moment zu der zerstörten Violine. Dieser Streit heute war definitiv der Schlimmste gewesen. Diesen zu übertreffen war beinahe unmöglich, falls Ikuto überhaupt jemals wieder mit seinem Vater sprechen würde. Die Chancen dafür waren jedenfalls minimalst. Seufzend lehnte er sich etwas mehr gegen Amu und schloss die Augen. Die kurze Zeit, bis sie ihn hasste wollte er noch genießen.
 

Obwohl der Blauhaarige jede Minute damit gerechnet hatte, so erschreckte er sich doch, als es plötzlich an der Tür klopfte. Ikuto war sich sicher, dass das nun die Eltern des rosahaarigen Mädchens waren. Wer würde denn sonst herkommen? Sein Vater klopfte sowieso nie an. Amu löste die Umarmung und sah Ikuto fragend an.

„Erwartest du Besuch?“, fragte sie leise nach. Ihre Wangen schimmerten in einem rosa Ton.

Der Blauhaarige nickte leicht, ehe er aufstand. Mit jedem Schritt Richtung Tür klopfte sein Herz lauter. Er wusste, was gleich passieren würde. Amu würde ihn hassen und sicher bereuen, ihm Trost gespendet zu haben. Nach ihrer Umarmung ging es ihm sogar besser, wenn auch nur wenig. Sie war jemand, mit dem man reden und auch zusammen schweigen konnte. Und das wünschten sich doch bestimmt viele. Doch das alles war gleich vorbei.
 

Quietschend öffnete sich die Haustür, hinter der, wie erwartet, die Eltern von Amu standen. Die beiden machten eigentlich einen sehr netten Eindruck, wenn man sie nur vom Äußerlichen beurteilte. Den Abstand, den die beiden zum anderen eingelegt hatten, konnte man aber nur schwer übersehen. Mit einem Nicken deutete er an, dass die beiden reinkommen sollten, was sie auch gleich taten. Ikuto schritt noch einmal zurück zum Wohnzimmer.

„Amu…“, fing er seufzend an. Das Mädchen sah ihn verwirrt an. „Ich habe deine Eltern angerufen und die beiden sind jetzt hier. Es tut mir leid.“, sagte er schuldbewusst.
 

Nur einen Augenblick später weiteten sich ihre Augen. Sie hoffte, sich nur verhört zu haben. Was meinte er damit? Ihre Eltern waren hier? Hier in der Stadt, hier in der Wohnung? Ihre Frage wurde von selbst geklärt, als die beiden plötzlich im Zimmer standen. In Amu machte sich die Panik breit.

„M-Mama… Papa…“, nuschelte sie leise, während sie die beiden weiter so anstarrte, als wären sie nicht echt. Ihrer Mutter konnte sie die Besorgnis sehr wohl ansehen, wie ihrem Vater auch. Aber ihre Enttäuschung über sie konnten die beiden auch nicht verbergen.
 

„Amu.“, fing ihre Mutter an. Jedoch wurde sie von der 15 Jährigen unterbrochen. „Nein!“, schrie sie Panisch und stand auf. „Ich will es nicht hören!“

Noch bevor irgendjemand reagieren konnte, rannte Amu aus dem Wohnzimmer. Im nächsten Moment konnten die übrig gebliebenen nur noch hören, wie eine Tür abgeschlossen wurde. Amu hatte sich im Badezimmer eingesperrt und lehnte sich nun gegen die Tür. Ihre Augen waren weiterhin vor Schreck geweitet und ihr Herz klopfte wild. Wieso hatte Ikuto das getan? Er war ihr einfach in den Rücken gefallen. Ja, sie hatte ihm zwar versprochen, ihre Eltern anzurufen, aber sie war einfach noch nicht so weit. Was gab ihm das Recht, einfach ihr Handy zu nehmen und jemanden anzurufen?

Es tat weh. Sie hatte ihm vertraut. Sie hatte ihn gemocht. Nein, sogar mehr als nur das. Niemals würde sie ihm das verzeihen. Eine einsame Träne bahnte sich ihren Weg über die Wange des Mädchens. Plötzlich fühlte sie sich wieder so allein gelassen, so verletzlich.
 

„Amu, mach doch die Tür auf.“, sagte jemand auf der anderen Seite der Tür. Es war wieder ihre Mutter, die doch sehr besorgt klang. Amu öffnete ihren Mund und wollte etwas sagen, jedoch kam nur heiße Luft statt der Wörter heraus.

„Bitte, Amu.“, sprach die Frau weiter. Amu atmete tief durch. Das Mädchen musste wirklich Angst haben, dass ihr Herz bald aus ihrer Brust springen könnte, so hart klopfte es gegen ihren Brustkorb.

„W-wollt ihr euch noch immer scheiden lassen?“, kam es schließlich aus ihrem Mund. Eine Weile war es still, als ob die beiden plötzlich wieder verschwunden waren. Jedoch war dem nicht so.
 

„Hast du ihr das gesagt?“, hörte sie plötzlich ihre Mutter ärgerlich fragen.

„Spinnst du? Wieso sollte ich?“, giftete die Stimme ihres Vaters zurück. „Wie kommst du darauf, dass ich das war? Dir hätte es genau so rausrutschen können!“

„Ich kann mich kontrollieren!“, entgegnete sie in einem etwas lauterem Ton.

„Ach, und ich nicht?!“, knurrte er verächtlich.

„Scheint nicht so, sonst würdest du nicht so schreien!“

„Ich schreie nicht! Du schreist doch!“

„Du schiebst immer anderen die Schuld zu! Es ist genau wie bei-“

„Jetzt fängst du schon wieder damit an! Kannst du nicht einmal-“

„Sag mir nicht, was ich zu tun habe! Dir steigen deine verdammten Vögel wohl zu Kopf!“

„Du bist nur eifersüchtig, weil ich meinen Beruf liebe!“

„Dann heirate ihn doch! Wenn du auf deine Kinder aufpassen könntest, hätten wir jetzt nicht so viele Probleme!“

„Jetzt bin ich also Schuld, dass Ami…“
 

Amu, die das ganze mit anhören musste, hielt sich die Ohren zu. Sie wollte das nicht mehr hören. Genau deswegen war sie doch weggelaufen. Weil sie nicht noch einmal hören wollte, wie ihre Eltern sich anschien. Ihre Eltern, die sich früher doch so sehr geliebt hatten, wie es nur in den Geschichten in Kinderbüchern vorkam. Und der ganze Streit schien sich wieder nur darum zu drehen, dass Ami einen Unfall hatte. Ein Unfall, den Amu verhindern hätte können, wenn sie doch nur besser aufgepasst hätte. Das Mädchen krallte sich leicht an ihre Haare. Sie wollte nur, dass das aufhörte. Über ihre Wangen rannen Tränen der Verzweiflung.

„A-Aufhören… Bitte aufhören…“, nuschelte sie in sich hinein. Selbst, wenn die beiden sie gehört hätten, wer konnte ihr denn schon die Garantie darauf geben, dass sie auch wirklich mit der Streiterei aufhörten? Ob sie es nun wollte oder nicht, die beiden würden sich bestimmt scheiden lassen, weil sie sich nicht zuhörten. Sie redeten aneinander vorbei. Doch das wiederum taten sie gerade nur, weil Amu sich hier eingesperrt hatte. Schon wieder war sie Schuld. Nur zu gerne hätte sie jetzt jemanden bei sich gehabt, an den sie sich lehnen konnte.

Doch da war niemand. Nicht mehr.
 

Ende des 7. Kapitels

Das innere Dilemma

Buh, Leute! :D

Ich melde mich wieder mit einem neuen Kapitel zurück, bedanke mich herzlich für die Kommentare und gebe offen zu, dass ich das Kapitel jetzt nur einmal durchgelesen habe. x/D

Also Entschuldigung, falls ich ein paar Fehler übersehen habe. Ihr könnt mich ruhig drauf aufmerksam machen. ;D

Es folgen noch etwa 2 Kapiteln!
 

Ich wünsche viel Spaß beim lesen und hoffe, das Kapitel gefällt. :D
 

Das innere Dilemma
 

Autsch. Das war das Erste, was Amu dachte, als sie zu sich kam. Sie musste nicht nachdenken, um zu wissen, dass sie auf etwas Hartem lag. Dem kalten Fußboden des Badezimmers. Die Rosahaarige öffnete langsam ihre Augen und setzte sich verschlafen auf. Ihr Nacken schmerzte Teilweise etwas, da sie doch recht blöd gelegen hatte. Ihr zweiter Gedanke war wohl, wieso sie hier geschlafen hatte. Allerdings klärte sich diese Frage in ihrem Kopf ganz von selbst, als ihr die Erinnerungen an den Vortag durch den Kopf schossen. Ihre Eltern waren in der Stadt. Sie waren hier gewesen, in dieser Wohnung. Und Ikuto… er war ein Verräter. Wie hatte er ihr das nur antun können? Es tat weh und Amu wusste nicht einmal, wieso genau das so war. Blödsinn. Natürlich wusste sie es tief in ihrem Inneren. Ikuto war der einzige Mensch gewesen, dem sie Vertraut hatte. Er wusste alles über sie und dazu kam auch noch, dass sie sich irgendwie zu ihm hingezogen fühlte. Irgendwie. Er zog sie so an, als wäre er die Schwerkraft. Ihre persönliche Schwerkraft.
 

Amu rappelte sich stöhnend auf, gähnte erst einmal leise und griff sich anschließend vorsichtig in den schmerzenden Nacken.

„Der Tag fängt ja sehr toll an.“, nuschelte sie sich selbst sarkastisch zu. Als ihr Blick zu der verschlossenen Badezimmertür wanderte, wich all ihre Müdigkeit mit einem Mal von ihr. Gestern Abend hatten ihre Eltern auf der anderen Seite der Tür gestanden. Und sie hatten gestritten, wegen ihr. Amu biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hatte sie mit dieser Badezimmer Aktion übertrieben, das wusste sie. Aber im ersten Moment, als sie ihren Eltern gegenüberstand, hatte sie ganz einfach die Panik gepackt. Panik darüber, was die beiden sagen würden, was sie tun würden. In ihrem Kopf tauchte plötzlich eine sehr wichtige Frage auf. Waren die beiden noch immer hier? Die Rosahaarige hoffte inständig, dass das nicht so war. Sie war nun einmal ein kindischer Sturkopf und wollte nicht mit den beiden reden. Nicht, nachdem sie sich am Vorabend so gestritten hatten, dass sie sich in den Schlaf geweint hatte. Und das war noch nicht einmal das erste Mal gewesen.
 

Prüfend legte sie ihr Ohr an die Tür, um zu horchen, ob jemand auf dem Gang war. Erleichtert konnte sie feststellen, dass sie bloß Stille vernahm und demnach wohl keiner da zu sein schien. Wobei sie sich sicher war, dass Ikuto, nachdem er ihr nun nicht mehr verheimlichen musste, dass er sie hintergangen hatte, hier war. Wahrscheinlich schlief er bloß noch. Leider wusste Amu nicht, wie spät es war, aber sie selbst war trotzdem der Meinung, dass es noch recht früh sein musste. Langsam und geräuschlos schloss sie die Tür auf. Amu atmete tief ein, ehe sie langsam die Türklinke runter drückte, um die Tür einen kleinen Spalt zu öffnen. Soweit sie in den Flur sehen konnte, war wirklich niemand hier. Also konnte sie versuchen, sich nach draußen zu schleichen. Ikuto wollte sie auf keinen Fall begegnen, nicht jetzt und auch nicht später. Vertrauensbruch war für die Rosahaarige das schlimmste Vergehen, das man bei ihr anrichten konnte.
 

Wenn sie ihm gegenüber stehen würde, wusste sie bestimmt nicht, was sie zu ihm sagen sollte, wie sie sich verhalten sollte. Wenn er sich entschuldigte, war es schwer, wenn nicht sogar unmöglich für sie, ihm diese Tat zu verzeihen, aber noch schwieriger war es, das nicht zu tun. Aber dabei spielten auch noch ihr Stolz und ihr Verstand, den sie trotz der vielen Ereignissen noch immer nicht komplett verloren hatte eine größere Rolle. Und die beiden waren strikt dagegen, dem Blauhaarigen einfach zu verzeihen, dass er ihr so weh getan hatte. Wie lange sie sich noch ihres eigenen Verstandes bemächtigen konnte, war allerdings nur eine Frage der Zeit. Außerdem war da auch noch ihr Herz, welches darum flehte, endlich wieder Zuneigung zu erfahren. Nicht zu vergessen das schlechte Gewissen ihren Eltern gegenüber, da sie mit ihrem gestrigen Verhalten nicht besonders viel zu der Versöhnung der beiden beigetragen hatte. Das ganze konnte Amu wohl „Ihr inneres Dilemma“ nennen.
 

Vorsichtig schob Amu die Tür weiter auf und schlüpfte schnell hindurch, als sie weit genug offen war. Ihrer Erziehung verdankte sie, dass sie zwanghaft jede Tür hinter sich wieder schloss, weswegen sie sich noch einmal umdrehte, um genau das zu tun. Dabei entdeckte sie allerdings etwas, dass sie vor Schreck auf quietschen ließ, wenn auch nur leise. An der Wand, direkt dem Badezimmer gegenüber, lehnte Ikuto, der zu schlafen schien. Der Blauhaarige saß im Schneidersitz auf dem Boden und sein Kopf hing schlaff nach vorne. Es sah nicht so aus, als wäre das für ihn eine angenehme Nacht gewesen. Doch das war auch seine eigene Schuld, schließlich hatte ihn niemand gezwungen, hier Wache zu spielen und aufzupassen, falls sie aus dem Bad kam. Ein schlechtes Gewissen ließ sie erst gar nicht zu, da bei dem Anblick Ikuto’s plötzlich Wut in ihr hochkam. Und nicht nur Wut. Es war Verzweiflung, Verachtung, ihre verdammte Verwundbarkeit und da sie das leider nicht abstellen konnte, auch ein bisschen Zuneigung. Amu krallte ihre Fingernägel in ihre Handballen, den darauffolgenden Schmerz ignorierend. Eins war klar: Sie musste weg von ihm, aber sofort. So sehr sie ihn auch zu mögen, oder vielleicht sogar Lieben schien, sie musste weg. Ihn zu sehen tat weh und zerriss ihr schmerzlich das Herz, wie es schon der ewige Streit ihrer Eltern tat. Sie wollte nicht, dass er am Ende der Grund war, wenn ihr Herz komplett kaputt ging. Amu hatte schon immer das Problem, dass sie oft und gerne übertrieb, aber das war ihr egal.
 

Auf Zehenspitzen schlich die Rosahaarige nahezu geräuschlos an Ikuto vorbei, nur um ihn bloß nicht zu wecken. Doch wieso sollte das Glück denn ausgerechnet heute auf ihrer Seite sein? Amu spürte nur noch, dass sie am Fuß gepackt wurde und im nächsten Moment bloß den harten Boden unter ihrem Gesicht.

„Ow.“, nuschelte sie in sich hinein, bevor sie sich aufrichtete, um ihren Blick zum Täter alles Übels schweifen zu lassen. Und da saß er. Ikuto. Natürlich hellwach. Doch dieses Mal hatte er nicht dieses nervenaufreibende Grinsen auf dem Gesicht, sondern sah sie richtig ernst an, die Mundwinkel nach unten gezogen. Amu zog ihre Augenbrauen nach unten und starrte ihn wütend an. Sie wollte ihm nicht zeigen, wie verletzt sie eigentlich war.

„Du willst also abhauen, hm?“, sagte der Blauhaarige in einem kühlen Ton, wobei er sie in keiner Sekunde aus den Augen ließ. Ihren Fuß hielt er eisern fest. Er wusste die Antwort bereits, aber dennoch konnte er es sich nicht verkneifen, trotzdem nachzufragen. Das Mädchen versteckte ihre Emotionen schon viel zu lange, wie Ikuto fand.

„Das… Das geht dich nichts an, du dreckiger Verräter!“, schrie sie ihm entgegen. Ihre Gesichtsfarbe hatte sich in ein dunkles Rot verwandelt. Und das nur, weil sie so schrecklich wütend war. Wütend auf Ikuto. Und wütend auf sich selbst und ihre Dummheit.
 

Was als nächstes geschah, hätte der Ältere eigentlich voraussehen müssen. Ehe er sich versah, trat Amu mit ihrem freien Fuß aus und traf ihn mitten im Gesicht. Wenn man das mal so betrachtete, dass das sehr gut eine Rache dafür, dass sie wegen ihm auch auf die Nase gefallen war, sein konnte, so war dieser kräftige Tritt wohl oder übel gerechtfertigt. Durch den großen Schock darüber hatte er ganz vergessen, ihren Fuß weiter festzuhalten, sodass das Mädchen mühelos aufstehen und loslaufen konnte, während Ikuto noch einen Moment auf dem Boden lag und sich die Nase hielt, da diese doch sehr schmerzte. Tja, zutreten konnte Amu also gut. Als der Schmerz schließlich nachließ und er sich sicher war, dass seine Nase nicht blutete, oder gar gebrochen war, sprang er auf. Amu war inzwischen schon über alle Berge. Gut, eigentlich hatte sie bloß die Wohnung mit einem lauten Türknallen verlassen, und das auch noch im Pyjama, nebenbei bemerkt. In Anbetracht der Situation sollte Ikuto sich allerdings nicht darüber lustig machen, wenn sie das peinlich berührt feststellen würde. Falls er sie bis dahin überhaupt gefunden hatte. Die Zeiten, in denen er sie aus Spaß ärgern konnte, waren mit größter Wahrscheinlichkeit sowieso schon vorbei. Wenn er sie eingefangen hatte, würde sie nach Hause fahren und er war wieder allein. Ikuto legte keinen großen Wert auf das allein sein, aber er war bisher auch nichts anderes gewohnt gewesen. Der Blauhaarige rannte in Höchstgeschwindigkeit aus seiner Wohnung, und anschließend aus dem Wohnhaus. Er war sich nicht einmal sicher, ob er die Haustüre zugeschlagen hatte, aber das war im Moment sowieso unwichtig. Wichtig war nur, das rosahaarige Mädchen zu finden. Seine Beine trugen ihn schon beinahe automatisch in eine bestimmte Richtung.
 

Keuchend lehnte Amu sich gegen einen Baumstamm und sank diesen erschöpft runter. Konditionstraining würde ihr wohl wirklich nicht schaden, denn eigentlich war sie höchstens 15 Minuten herum gelaufen und trotzdem war sie jetzt völlig ausgelaugt davon. Natürlich konnte das auch daher kommen, dass ihr die ganze Zeit Tränen über die Wangen geronnen waren und sie durch das Schluchzen schlechter Luft bekommen hatte. Amu lehnte mit dem Rücken an dem Baum und schloss die Augen. Sie wusste, dass ihre Wangen von den Tränen inzwischen schon klebrig sein mussten, ohne, dass sie hin gefasst hatte. Irgendwie war es schon komisch, dass ihre Beine sich ausgerechnet hierher getragen hatten. Und nun saß sie hier, in ihrem Pyjama und ganz ohne jegliche Würde.
 

Im Park. Der Park, in dem Ikuto sie damals gerettet hatte. Der Park, in dem sie ihn besser kennen gelernt hatte. Der Park, vor dem sie sich eigentlich fürchtete und in dem sie sich nun vor ihm versteckte.
 

Amu seufzte. Eigentlich war sie schon sehr dumm. Ikuto hatte doch Recht, sie konnte nicht immer davon laufen. Und trotzdem tat sie es wieder und wieder. Wieso konnte sie nicht endlich erwachsen werden und es einfach akzeptieren, wenn ihre Eltern sich nicht mehr verstanden? Wieso konnte sie nicht damit abschließen und einfach damit leben, dass sie ein paar gravierende Fehler gemacht hatte? Schließlich war kein Mensch perfekt, jeder machte hin und wieder mal Fehler, oder? Durch ihre sture Art konnte es nicht besser werden, eher im Gegenteil. Sie hatte gestern doch bemerkt, dass sie alles nur schlimmer machte. Und fast hätte es jemand geschafft, sie etwas mehr aus ihrem tiefen Loch der Verzweiflung zu ziehen, doch dann verschwand die helfende Hand wieder und nun war sie wieder hier. Das schlimme daran war jedoch, dass nicht er es war, der sie losgelassen hatte. Nein, sie war es selbst. So ungerecht sie sich auch von Ikuto behandelt fühlte, auf irgendeine verdrehte Weise war sein Handeln doch nachvollziehbar. Es brach ihr zwar das Herz, dass er sie hintergangen hatte, aber vielleicht wollte er ja wirklich nur ihr Bestes? Oder vielleicht… vielleicht wollte er sie auch nur loswerden? Nach dem Tritt in sein Gesicht, konnte sie sich nur vorstellen, dass es so war. Amu zog ihre Knie an und bettete ihren Kopf darauf nieder, sodass niemand ihr Gesicht sehen konnte. Niemand durfte das riesige Schild auf ihrer Stirn sehen, auf dem „Versager“ stand.
 

„Wusste ich doch, dass du hier bist.“, sagte plötzlich eine, ihr nur zu bekannte Stimme. Leicht erschrocken hob sie ihren Kopf an und sah in das Gesicht Ikuto’s. Er schien nicht wütend darüber zu sein, dass sie ihn tatsächlich getreten hatte. Aber dennoch schaffte sie es nicht, dem Blick standzuhalten. Sie legte ihren Kopf wieder auf ihre Knie und schnaufte leise. Egal, wohin sie ging, er würde sie wahrscheinlich immer finden. Wenn er es wollte, zumindest.

„Was willst du?“, murmelte sie recht unverständlich gegen ihre Knie. Aber Ikuto verstand sehr wohl, was sie sagte. Er setzte sich Amu gegenüber hin und schaute sie an.

„Du läufst im rosa Pyjama durch die Gegend, Kleine. Es wäre sehr verantwortungslos, dir nicht nachzulaufen.“, sagte er bloß kühl. „Wieso tust du das immer?“

Amu hob ihren Kopf an und sah Ikuto aus verweinten Augen an. „Was tu ich?“, fragte sie leise nach. „Immer weglaufen. Sogar vor mir.“ In seinen Augen spiegelten sich die verschiedensten Emotionen, allem voran Sorge und diese ständige Traurigkeit, welche sowieso immer irgendwie vorhanden war.
 

Ikuto merkte, dass Amu nicht vorhatte, ihm zu antworten, weswegen er ganz einfach weitersprach. „Ich kann mir vorstellen, wie sehr du mich jetzt hasst, aber ich habe es nicht böse gemeint. Ehrlich nicht.“, nickte er und seufzte. „Ich wollte dir nur helfen, schließlich sind wir Freunde.“

„Freunde?“, wiederholte sie leise, bevor sie ihre Lippen für einen Moment zusammen presste, als müsste sie sich schrecklich beherrschen, nicht auszurasten. „Wenn du mein Freund wärst, hättest du nicht hinter meinem Rücken meine Eltern angerufen. Freunde sagen sich doch alles.“, nuschelte sie. Ikuto konnte ihr ansehen, wie enttäuscht sie war. Und dass ihm das irgendwie auch weh tat, konnte er nicht verbergen. Ihr Anblick schnürte ihm schmerzlich die Brust zusammen und erschwerte ihm das Atmen.

„Ja, da hast du wohl recht. Aber was ist mit dir? Du versteckst auch etwas vor mir.“

Die Rosahaarige blinzelte verwirrt auf und hob abschließend eine Augenbraue. Verstecken? Was sollte Amu denn schon vor ihm verstecken? Da er ihr Handy aus ihrer Tasche genommen hatte, konnte sie sich durchaus vorstellen, dass er auch gleich ihre anderen Sachen inspiziert hatte. Außerdem, wie kam er auf die Idee, ihr nach so einem Verrat auch noch Vorwürfe zu machen?
 

„Was soll ich denn bitteschön vor dir verstecken?“, fragte sie offensichtlich genervt nach.

„Deine Gefühle, Amu.“ Ihren Namen betonte er extra ernst, sodass der Rosahaarigen sofort ein kalter Schauer über den Rücken lief. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie schlugen seine Worte genau in ihr Herz ein, wie ein Blitz. Unaufhaltsam und zerstörend. „Sag doch einfach, wie du dich fühlst, lass es raus! Los, schrei, weine, zeig Emotionen!“
 

Als nächstes spürte Ikuto, wie das Mädchen sich in seine Arme warf und laut losschluchzte. Er wusste genauso wenig wie sie, warum sie das tat. Sie wusste nicht, wieso sie sich so fest an ihm festklammerte und sein Hemd mit ihren Tränen völlig durchnässte. Sie wusste nur, dass es sich unheimlich gut anfühlte, als er seine Arme um sie legte und ihr sogar über den Rücken strich. Eine sanfte Berührung, die eigentlich kaum wahrzunehmen war. Obwohl sie wütend auf ihn war, schaffte er es, tief in ihre Seele zu blicken und sie dazu zu bringen, ihren Ärger über sich selbst und diese endlose Verzweiflung nach draußen zu lassen. Kein einziges Wort brachte sie über die Lippen. Es waren nur unregelmäßige Schluchzer, die über ihre Lippen kamen. Und die Tränen, die immer wieder in Ikuto’s Hemd erstickt wurden. Der Blauhaarige ließ auch keinen einzigen Kommentar mehr los, sondern hielt sie nur an sich gedrückt fest. Er erwartete jetzt nicht, dass sie sprach, er war schon froh darüber, dass sie endlich loszulassen schien und alles, was sich inzwischen an Emotionen aufgestaut hatte, nach draußen ließ. Ein kleiner, oder auch großer Heulkrampf hin und wieder schadete schließlich auch nicht, eher im Gegenteil. Das konnte beinahe schon Wunder bewirken.
 

Eine ganze Weile saßen die beiden so da und Ikuto bemerkte, dass sie sich langsam wieder beruhigte und ihr Atem wieder regelmäßiger wurde. Ihr Griff um ihn wurde allerdings nicht lockerer, was ihn allerdings nicht einmal ein bisschen störte. Ganz vorsichtig hob er seine Hand, um über ihren Kopf zu streichen, wobei einige ihrer rosa Haarsträhnen seidig zwischen seinen Fingern hindurch glitten. Jetzt bemerkte er auch, wie schnell sein Herz eigentlich schlug. Bekam er jetzt etwa einen Herzinfarkt, oder wie? Natürlich war dem nicht so, aber Ikuto kannte sich damit eben auch nicht aus.

„Danke.“, nuschelte sie plötzlich gegen seinen Oberkörper. Dieses Wort zauberte ein Lächeln auf das Gesicht des Blauhaarigen. Ein ehrliches Lächeln, doch Amu konnte es nicht sehen, da sie sich nach wie vor an seine Brust drückte. Nicht, dass es unangenehm war, das war es ganz und gar nicht.

„Du hast das Recht dazu, glücklich zu sein. Vergiss das nicht.“, erwiderte er darauf leise. Bevor er wusste, was er da eigentlich tat, drückte er ihr einen Kuss auf den Haarschopf. In diesem Moment war Amu wohl glücklich darüber, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte, da ihr mit einem Mal schrecklich warm in der Gesichtsgegend wurde. Doch die Rosahaarige hob trotzdem den Kopf an und sah ihm in die Augen, welche sie still und heimlich vergötterte.

„Wegen dir hab ich jetzt Kopfschmerzen.“, murmelte sie gespielt schmollend und schlug ihm leicht gegen die Brust. Vergeblich versuchte sie, ein Lächeln zu unterdrücken, aber das gelang ihr nicht so wirklich. Immer wieder zuckten ihre Mundwinkel, bis sie endlich aufgab und es zuließ.
 

„Du hast gewonnen, ich rede mit ihnen.“

„Kleines, ich habe nicht gewonnen, dich hat bloß die Vernunft wieder.“ Wieder spürte er einen Schlag, dieses Mal auf seinem Rücken. Doch es tat nicht weh, irgendwie machte ihn das sogar glücklich. Das lag aber möglicherweise nur an seiner sadistischen Veranlagung, wobei er zugeben musste, dass ihm ein Stein vom Herzen fiel, dass sie sich ihm gegenüber wieder wie das verklemmte Mädchen mit dem Minibusen benahm.

„Ich will das aber nicht alleine tun.“, fuhr sie fort und sah ihm wieder in die Augen. Ikuto’s Lächeln verschwand wieder.

„Du möchtest, dass ich mitkomme?“ Als Amu ihren Kopf schüttelte, zog er verwirrt eine Augenbraue nach oben. Wieso sagte sie das, wenn sie gar nicht wollte, dass er ihr beistand? Dieses Mädchen konnte so verwirrend sein, das grenzte fast schon an Folter.
 

„Nein, wir schließen einen Pakt. Ich gehe zu meinen Eltern, wenn du es auch tust. Entweder versuchen wir es zusammen, oder gar nicht.“
 

Ende des 8. Kapitels

Ein Schritt nach vorne

Trotz totaler Schreibflaute habe ich es jetzt geschafft, das Kapitel heute auf einmal zu schreiben. Und ich finde es ehrlich gesagt auch nicht besonders gut. Dx Vielleicht schreibe ich es irgendwann neu, kommt drauf an, wie es bei euch ankommt. ;)

Und nur zur Info: Wir sind jetzt schon im Endspurt. Mit dem nächsten Kapitel beende ich (wahrscheinlich) diese FF. ^^
 

Na egal. Viel Vergnügen beim lesen!
 

Ein Schritt nach vorne
 

Ikuto starrte ungläubig auf sein Gegenüber und war der festen Überzeugung, sich verhört zu haben. Wie schaffte sie es bloß immer, die Situation so zu drehen, dass sie in der Position stand, Forderungen zu stellen. Der Blauhaarige starrte das jüngere Mädchen vor sich weiter an und hoffe nur zu sehr, dass sie das nicht ernst gemeint hatte. Hatte seine Sadistische Ader etwa auf sie abgefärbt, oder warum tat sie ihm das nun an? War das vielleicht die Rache dafür, dass er gepetzt hatte?

„Du weißt aber, dass das bei mir eine ganz andere Sache ist, oder?“, murmelte er in einem recht ungewöhnlichen, unsicheren Ton. Amu ließ sich erst gar nicht darauf ein und sah ihm entschlossen in die Augen, welche für einen Moment denen eines kleinen Jungen glichen. Sie würde nicht nachgeben, denn sie meinte es auch nur gut mit ihm.

„Versuch erst gar nicht, dich rauszureden. Du sagtest, ich hätte das Recht dazu, glücklich zu sein. Und das Selbe gilt auch für dich!“, nickte sie, völlig von ihrer Aussage überzeugt.

Sowohl für Amu, als auch für Ikuto fühlte es sich komisch an, als die Rosahaarige seine Hand nahm und diese fest drückte. Wieder kam in ihm dieses Gefühl der Geborgenheit hoch, so wie jedes Mal, wenn sie ihn berührte. Der Drang danach, den Griff um ihre Hand zu verstärken, stieg immer mehr in ihm hoch. Es fühlte sich fremd, aber zugleich auch sehr vertraut an. Dass es ihr dabei so ziemlich gleich ging, erahnte er nicht einmal. Aber trotzdem war da noch dieses unangenehme Ziehen in seinem Bauch, wenn er daran dachte, was dieses Zuckersüße Mädchen eigentlich von ihm verlangte. Sie hatte schließlich schon mitbekommen, was für eine Person sein Erzeuger eigentlich war. Ein durch und durch mieser Mann, der jeglichen Draht zu seiner Familie verloren hatte. Wenn man es genau nahm, konnte er einem schon leidtun. Doch in gewisser Hinsicht hatte Amu auch Recht. Wenn er es nicht ein letztes Mal versuchte, würde ihm das in 10 Jahren möglicherweise leidtun. Doch das eigentliche Problem war nicht einmal sein Vater. Das Problem war diese schreckliche Frau an seiner Seite. Unbewusst drückte er die kleine Hand des Mädchens, während er gedankenverloren in dessen Augen starrte.

„Einverstanden.“
 

*~
 

Unsicher fühlte Amu sich schon, als Ikuto sie vor dem Hotel, in dem ihre Eltern zurzeit hausten alleine gelassen hatte, aber er musste auch seinen Teil der Abmachung einhalten. Dennoch konnte sie nichts dagegen tun. In ihrem Inneren verriet ein Gefühl, dass sie den Blauhaarigen sehr gerne als Unterstützung bei sich gehabt hätte. Alleine seine Präsenz hatte sie den ganzen Weg lang ungemein beruhigt. Doch nun, wo er über alle Berge, und sie auf sich alleine gestellt war, kam schreckliche Nervosität in ihr hoch und die ein oder andere Frage. Wie würden die beiden Reagieren? Was passierte als nächstes? Würde nach einem klärenden Gespräch alles wieder wie früher sein? Amu konnte gar nicht beschreiben, wie sehr sie es hasste, unwissend zu sein. Und doch fasste sie sich ein Herz und schritt, wenn auch auf unsicheren Beinen, durch die große Glastür, welche in das Hotel führte. Als sie drinnen freundlich von einer Dame, welche an der Rezeption saß begrüßt wurde, bemerkte sie dies erstmals nicht einmal und schreckte demnach auch hoch, als die Dame plötzlich in einer lauteren Stimmlage fragte, wie sie ihr denn helfen konnte. Amu schluckte schwer und ging auf die nette Dame zu, welche innerlich den Drang danach unterdrückte, das Mädchen zu fragen, wieso sie im Pyjama durch die Gegend lief. „I-ich… Meine Eltern sind hier, aber ich weiß die Zimmernummer nicht. Hinamori ist der Name.“, murmelte sie nervös los. Ihr Gegenüber reagierte darauf allerdings nicht weiter, sondern tippte irgendetwas in ihren Computer, ehe sie wieder aufsah und Amu freundlich, beinahe zu freundlich anlächelte.

„Hinamori, ja? Das nette Paar ist in der 8.“
 

Ehe sie sich versah, stand sie auch schon im ersten Stock, direkt vor der besagten Türnummer und fragte sich noch immer, ob die Empfangsdame den Spruch, von wegen ‚nettes Paar‘ ernst gemeint hatte. Sie selbst wunderte sich ja schon darüber, dass sie zusammen in einem Zimmer waren und es anscheinend auch halbwegs friedlich zuzugehen schien. Zumindest konnte sie außer Totenstille nichts hören, was ihr aber auch nicht mehr Mut einbrachte. Für einen kurzen Moment schloss sie ihre Augen. Sie musste das hinter sich bringen. Es konnte nur noch besser werden, ganz bestimmt. Wenn sie sich einredete, alles würde gut werden, vielleicht war das dann auch so. In der letzten Zeit hatte sie schon genug negativ gedacht. Und weiter gebracht hatte sie das trotzdem nicht. Außerdem teilte Ikuto ihr Schicksal, und geteiltes Leid war ja bekanntlich halbes Leid. Amu wusste nicht, was nun passierte und sie wollte sich auch nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen. Fest stand nur, sie durfte auf keinen Fall wieder so dumm sein und einfach vor ihren Problemen davon laufen. So ein Mensch wollte sie nicht länger sein. Auf keinen Fall. Selbst, wenn ihre Eltern sich nun scheiden lassen wollten. Die Rosahaarige atmete noch einmal tief durch, ehe sie die Hand hob, um an die hölzerne Türe zu klopfen. Doch ihr Vorhaben wurde unterbrochen, als besagte Tür plötzlich aufgerissen wurde und ihre Mutter vor ihr stand. Wie ein Stein sank ihr das ohnehin schon schwere Herz in die Hose, während sie mit geweiteten Augen auf die Frau vor sich starrte.

„Du bist gekommen…“, murmelte sie und Amu bildete sich ein, so etwas wie Erleichterung in ihrer Stimme hören zu können. Und trotz der Tatsache, dass ihre Mutter sie so sehnsüchtig erwartet zu haben schien, löste der Kloß in ihrem Hals sich nicht, weswegen sie einfach nur nickte und ihren Blick senkte, als sie in das Hotelzimmer gezogen wurde.
 

*~
 

Zur selben Zeit stand ein gewisser blauhaariger Junge vor einem recht großen Gebäude, der Tsukiyomi Firma. Ikuto stand hier nun schon seit einer Weile und musste offen zugeben, dass er sich sehr schwer tat, genug Überwindung zu sammeln, um durch den protzig wirkenden Eingang zu gehen. Wie ein verlorenes Kind stand er mitten auf dem Gehweg und registrierte nicht einmal, wie ihn hin und wieder Menschen anrempelten und fluchten, er solle nicht den Weg blockieren. Die Menschen von heute hatten es einfach immer viel zu eilig. Das mulmige Gefühl in seinem Bauch verriet ihm schon, dass es nicht gut ablaufen konnte, aber er hatte es versprochen. Er hatte versprochen, es zumindest zu versuchen. Mehr aber auch nicht. Für Amu würde es aber nicht zählen, wenn er einfach nur vor dem Gebäude stand, oder? Nein, bestimmt nicht. Das würde nicht nur sie, sondern auch ihn selbst enttäuschen. Wenn sie die Stärke aufbrachte, dann konnte er das auch.
 

Selbstbewusster, als er eigentlich war, schritt er hinein und lief geradewegs zu einem der Aufzüge und drückte auf einen Knopf. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte sich das Büro seines Vaters noch ganz oben befunden und seine Mutter hatte ganz fest seine Hand fest gehalten. Wenn Ikuto die Augen schloss und sich konzentrierte, bildete er sich ein, den sanften Druck auf seiner Hand immer noch spüren zu können. So übermäßig groß, beinahe schon verschwenderisch wie das besagte Büro war, hatte er es bestimmt nicht gewechselt und deswegen war er sich sicher, ohne Probleme hinzufinden. Mit einem nervigen, hohen Ton signalisierte der Fahrstuhl seine Ankunft und die beiden Metalltüren zogen sich auseinander. Ikuto schritt hinein und drückte auf den Knopf, auf dem die Nummer 9 stand. Als die Fahrstuhltüren sich wieder schlossen kam es dem Jungen fast so vor, als würde er nun zur Hölle fahren. Zwar das das eigentlich ziemlicher Blödsinn, schließlich fuhr er nach oben, aber das bevorstehende war sowieso schlimmer als die Hölle. Im neunten Stockwerk angekommen atmete er noch einmal tief durch, bevor er mit ernster Miene aus dem Aufzug trat, um sich auf den Weg zum schlechtesten Vater der Welt zu machen. Auf sein dämliches Gesicht war er, wenn er ehrlich war, schon recht gespannt. Bisher hatte Ikuto sich schließlich immer geweigert, hierher zu kommen. Und als er eine nervende Stimme hinter sich hörte, wusste er auch wieder, warum das so war.
 

„Na wenn das nicht der kleine Nichtsnutz ist.“
 

*~
 

Amu saß auf dem großen Doppelbett und starrte auf ihre Hände, welche zittrig auf ihrem Schoß lagen. Seit ihre Mutter sie in das Zimmer befördert hatte und sie hier saß, hatte keiner ein Wort gesagt. Nicht ihre Mutter, welche ebenfalls auf dem Bett saß, oder ihr Vater, der am Fenster stand und sie spürbar mit seinen Blicken durchbohrte und auch nicht sie, das ausgelieferte, kleine Mädchen, welches im Moment Angst hatte, sie könnte jeden Moment einfach ersticken. Ganz deutlich spürte sie, wie ihr Magen sich mit jedem Atemzug immer mehr zusammen zog und sie fragte sich immer wieder, ob sie es ganz schnell ins Badezimmer schaffen konnte, um sich wieder mal einzusperren. Es war dieses strafende Schweigen, welches sie im Moment so fertig machte. Wieso sagten die beiden denn nichts? Amu wagte einen kurzen Blick zu ihrem Vater, der sie scheinbar ausdruckslos anstarrte, woraufhin sie schnell wieder wegsah.

„Bitte… straft mich nicht mit Schweigen.“, nuschelte das rosahaarige Mädchen kraftlos. Doch die darauf folgende Stille verriet ihr, dass die beiden nicht vorhatten, zu antworten.
 

„Wieso?“, fragte eine männliche Stimme plötzlich. Amu hob ihren Kopf an und sah zu ihrem Vater auf, der mit einem Mal noch größer wirkte. Fast wie ein Turm, der sich vor ihr aufbaute und ihr jegliches Selbstbewusstsein aussaugte. Es war nur eine Frage. Ein Wort. Wieso? Ja, wieso das alles eigentlich?

„Weil ich schuld bin.“, murmelte sie automatisch, während sie sich mit aller Kraft gegen die aufkommenden Tränen wehrte. Nein, sie durfte jetzt nicht weinen. Sie wollte doch stark sein. Doch eigentlich war sie das nicht, denn bisher hatte sie doch absolut nichts alleine geschafft. Selbst als sie davon gelaufen war, hatte sie Hilfe bekommen. Und zwar von Ikuto. Er hatte darauf aufgepasst, dass sie nicht umgebracht und in einem Müllsack verschnürt im Wald vergraben wurde und sie soweit gebracht, dass sie nun hier saß. Eine Hand auf ihrer Schulter riss sie aus ihren Gedanken.

„Aber Amu, was meinst du damit?“, fragte ihre Mutter besorgt. Amu bildete sich ein, dass die Hand, welche sich auf ihrer Schulter befand immer kälter und kälter wurde. Vor ihren Augen spielte sich wieder alles ab. Das kleine Mädchen, das die Treppen herunter gefallen war und so leblos wirkte. Die Rosahaarige biss sich auf die Lippen und ignorierte den aufkommenden Schmerz.

„Ami.“, war das einzige, was sie aus sich heraus bekam. Und so schnell wie sie gekommen war, verschwand die Hand auch wieder und die erwachsene Frau stand auf, wobei Amu deutlich ein Seufzen ihrerseits hören konnte. Ihre Eltern wussten sowieso, was sie meinte, also sah sie auch keinen Grund, ihre Beweggründe ausführlich zu erklären. Als ihre Mutter sich vor dem Mädchen hinkniete, begegneten sich zum ersten Mal ihre Blicke. Sorge und Enttäuschung trafen auf Verängstigung und Schuldgefühl.
 

„Amu“, seufzte sie sichtlich ausgelaugt. „der Unfall, also daran warst du nicht schuld. Das wäre vielleicht auch passiert, wenn dein Vater und ich zu Hause gewesen wären. Außerdem ist ja weiter nichts passiert.“

„Lüge.“, schoss aus ihr heraus, während sie den Blick ihres Gegenübers nicht losließ, welcher nach und nach immer mehr fragend wurde. Amu konnte sich noch genau daran erinnern, wie die beiden sie damals angesehen hatten. Das Vertrauen war verschwunden.

„Was meinst du?“, fragte nun ihr Vater interessiert und kam näher, weswegen Amu sich langsam aber sicher ein wenig eingeengt fühlte. „Deine Mutter und ich haben dir niemals daran die Schuld gegeben, wenn du das denkst.“

Die Rosahaarige krallte sich an ihre Hose und schüttelte den Kopf. Wieso logen die beiden sie denn so an? Sie hätte es ihrer Meinung nach verdient, wenn die beiden sie anschrien und ihr ohne Zurückhaltung die Wahrheit sagten. Dass sie so bestimmt noch weiter in dieses schwarze Loch, welches immer größer wurde absackte, war ihr im Augenblick herzlich egal. Sie wollte die Wahrheit wissen, sonst nichts.

„Ihr beiden streitet nur noch, weil ich euch so viele Probleme mache und wollt euch jetzt sogar scheiden lassen. Ich dachte, wenn ich weg bin, wird alles gut.“ Amu kämpfte mit den Tränen. Das war doch die Wahrheit, und verdammt, warum tat sie nur immer so furchtbar weh? Eine Träne nach der anderen bahnte sich ihren Weg über die Wange des Mädchens, welches nun anfing, ohne Zurückhaltung los zu zittern und zu weinen. Sie schaffte es nicht einmal, ihre Mutter wegzudrücken, als diese sie in den Arm nahm. Vielleicht wollte sie auch einfach nicht, dass sie losließ.

„Schätzchen, das ist nicht wahr. Deswegen streiten wir nicht.“, murmelte sie beruhigend. „Wir sind nur der Meinung, dass du dich plötzlich so verändert hast und machen uns Sorgen. Dein Papa und ich haben uns gegenseitig die Schuld gegeben, also bitte gib du dir nicht die Schuld. Ich weiß, damit hätten wir zu dir gehen müssen. Es tut uns wirklich leid, Schatz. Wir arbeiten ab jetzt zusammen, dann wird alles gut.“
 

Als Amu die Arme um ihre Mutter schlang und hemmungslos weiterweinte, fühlte sie sich plötzlich so merkwürdig leicht. Zwar verstand sie nun ein bisschen besser, aber trotzdem traf sie in einer Weise die Schuld. Dennoch aber war es so erleichternd für sie, dass ihre Mutter sie im Arm hielt und ihr das Gefühl gab, dass alles wieder gut werden würde. Zusammenarbeit, das zählte. Während sie sich nun erleichtert fühlen konnte, glitten ihre Gedanken ganz wo anders hin. Zu Ikuto. Amu hoffte so sehr, dass sie ihm mit ihrem Ultimatum keine zusätzlichen Probleme eingehandelt hatte.

„Wieso läufst du eigentlich im Pyjama herum?“, fragte Amu’s Vater, woraufhin das Mädchen nur kurz auflachte.
 

*~
 

„Schade, dass wir nicht im Mittelalter leben, du alte Hexe.“, knurrte Ikuto seiner Stiefmutter entgegen. Diese fühlte sich von seiner Beleidigung nicht wirklich angegriffen und grinste ihm nur weiter schleimig entgegen. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal verstanden, was er ihr damit sagen wollte. Aber anders konnte er es sich bei dieser Person auch nicht vorstellen. Wie sie so dastand, in ihrem dunkelroten Minikleid und mit einer ihrer ekelhaften, offensichtlich gefärbten, blonden Locken spielte, brach bei Ikuto beinahe Brechreiz aus. Diese Frau war nicht nur blond, sie war auch noch bescheuert und falsch.

„Ich freue mich natürlich sehr über deinen Besuch“, beteuerte sie, wobei der Sarkasmus bei ihr nur so stank. „Aber Aruto ist in einem Meeting, falls du zu ihm möchtest. Also verzieh dich wieder.“
 

Dass der Blauhaarige kurz davor war, der Frau einfach eine zu scheuern, konnte in diesem Fall wohl jeder verstehen. Er hasste es, wenn sie ihn auch nur anschaute. Jedes Mal, wenn sie ihren Mund öffnete und diese nervigen Geräusche, die man eigentlich Worte nannte, herausquollen, wurde ihm Regelrecht schlecht. Und das konnte er sagen, obwohl er sie bisher nicht besonders oft ertragen musste, weil er sich gegen alles Mögliche, was mit seiner Familie zu tun hatte, stellte. Allein der Gedanke an sie und ihren Vater brachte ihn dazu, los zu würgen. Und dennoch ignorierte er den Drang, sie anzuzünden einfach und ging an ihr vorbei, wobei er sie blöd dastehen ließ. Dass sie ihm nachlief und dabei dumm herumschrie, war ihm egal. Ebenso egal war ihm auch, dass er ein scheinbar wichtiges Meeting störte, als er durch eine teuer aussehende Tür gestürmt kam. Suchend blickte er sich im Raum um und entdeckte auch sofort den Mann, zu dem er wollte. Sein Vater.
 

Eins konnte Ikuto seiner hässlichen Stiefmutter nicht verübeln. Sie hatte seine Unsicherheit so schnell in Wut verwandelt, dass er jetzt, wo sein Vater und seine Kollegen ihn anstarrten, keineswegs die Überzeugung verlor. Nein, im Gegenteil. Es war ihm einfach egal. Es war dieses selbstgefällige Grinsen, das ihn aufregte. Die Tatsache, dass das auf keinen Fall gut gehen würde, war ihm allerdings ziemlich egal. Als sein Vater aufstand, sich bei seinen Kollegen entschuldigte, um anschließend an Ikuto vorbei durch die Tür zu gehen, und dieser ihm auch noch folgte, wusste er, dass er hiermit durch das Tor in seine persönliche Hölle gegangen war. Und das fast freiwillig.
 

„Du bist also zur Vernunft gekommen, Ikuto?“, sagte Aruto arrogant, als sie in dessen Büro angekommen waren. Sein Blick strahlte eine kalte Gleichgültigkeit aus. Glücklicherweise war diese Hexe ihnen nicht gefolgt, das war wenigstens ein kleiner Lichtblick für ihn. Wenn sie ihm auch noch im Nacken sitzen würde, wäre er bestimmt ausgeflippt. Diese Frau strapazierte schließlich auch die Nerven von jedem.

„Nein, aber ich will, dass du mir endlich einmal zuhörst.“, fing Ikuto merkwürdig ruhig an, da er wusste, dass explodieren in dieser Familie nur eine Kettenreaktion hervorrief und das im Endeffekt dann alles nur wieder verschlimmerte. Komischerweise unterbrach der Ältere seinen Sohn nicht. Einmal im Leben hielt er also die Klappe. „Ich bin kein Mensch, der im Büro arbeitet. Das war ich nie und werde ich auch nie sein. Ich bin kein Menschenfreundlicher Typ. Mein Herz gehört der Musik, und deswegen werde ich auch niemals-“

Nicht einmal zu Ende sprechen hatte Aruto seinen Sohn gelassen, sondern stattdessen einfach ausgeholt und seinem Sohn eine kräftige Ohrfeige verpasst, die gesessen hatte. Ikuto fasste sich auf die schmerzende Wange, welche sich gerade rot verfärbte. Den verhassten Blick seines Vaters sah er nicht, da er zu Boden schaute. Den alles verschlingenden Hass zu spüren reichte Ikuto allerdings auch schon. So endete es nun also?
 

„Langsam reicht es mir. Entweder du tust, was ich sage, oder du verschwindest einfach für immer.“
 

Ende des 9. Kapitels

Leben für den Augenblick

Wir sind am letzten Kapitel angekommen. Juchui. :D

Geplapper gibt es dieses Mal erst am Ende, also viel Spaß beim lesen.
 

Leben für den Augenblick
 

Mittlerweile hatte sich die gesamte Hinamori Familie wieder beruhigt und alles schien wieder recht normal zu sein. Zwar konnte Amu nicht sagen, dass sie das Geschehene nun nicht mehr belastete, allerdings hatten ihre Eltern ihr einen großen Teil des Ganzen abgenommen. Eigentlich belastete sie nur die Tatsache, dass sie wohl bald wieder nach Hause fahren musste und Ikuto demnach wieder verlassen würde. So sehr sie sich auch darüber freute, wieder mit ihrer Familie im Reinen zu sein, so sehr fürchtete sie sich auch vor dem Moment, in dem sie ihrem Freund Auf Wiedersehen sagen musste. Und dieser Moment eilte in einem riesigen Tempo heran.

„Amu, Schätzchen. Wir sollten bald deine Sachen abholen und nach Hause fahren. Du weißt doch, die Schule beginnt demnächst wieder.“, lächelte ihre Mutter freundlich und versuchte, nicht zu vorsichtig zu klingen. Klar, das Vertrauen war jetzt wohl weg und die Rosahaarige musste es sich hart zurück erkämpfen. Natürlich wusste sie, dass ihre Mutter Recht hatte. Sicher mussten sie wieder nach Hause. Doch Ikuto war der Grund, warum sie nicht vollkommen von sich überzeugt sagen konnte, dass sie sich schon darauf freute, wieder in ihrem eigenen Bett zu schlafen. Nicht, nachdem sie Nacht für Nacht der liebliche Duft von Ikuto in den Schlaf begleitet hatte. Mit einem Nicken bestätigte sie allerdings die Aufforderung ihrer Mutter.
 

Die Rosahaarige konnte nicht sagen, wann sie zuletzt solch ein ungutes Gefühl im Magen gehabt hatte und es war lächerlich, dass es sich jetzt gerade so anfühlte, als ob sie Steine in ihrem Bauch herumtrug, obwohl sie nur in der stillen Wohnung ihres Freundes stand und sich steifer als eine Statue fühlte. Doch so lächerlich war es eigentlich nicht. Wenn sie Ikuto’s Räumlichkeiten dieses Mal verließ, würde das auch das letzte Mal sein, dass sie dies tat. Leider. Und Ikuto war nicht da. Amu musste sich eingestehen, dass sie nicht wusste, ob das nun gut war oder nicht. Einerseits wollte sie sich unbedingt von ihm verabschieden und vor allem noch einmal in seine Augen sehen, aber andererseits hatte sie sowieso Angst davor, sich von ihm zu verabschieden. Und das lag daran, weil sie nicht wusste, ob es ein Auf Wiedersehen, oder doch ein Leb wohl sein würde.
 

„Amu… wir warten jetzt schon seit einer Stunde. Dein Papa wartet unten im Auto auf uns.“, hörte sie plötzlich die Stimme ihrer Mutter hinter sich sprechen. Langsam drehte die Rosahaarige sich in ihre Richtung, wobei sie ihr einen recht traurigen Blick zuwarf. Die Frau seufzte verständnisvoll.

„Ich kann mir vorstellen, wie es dir geht. Aber er hat seine Gründe, warum er noch nicht da ist und er wird dich verstehen.“

Gründe? Aber welche waren das dann bitte? Zum tausendsten Mal verfluchte Amu die Tatsache, dass Ikuto kein Handy besaß. Es machte sie verrückt, nicht zu wissen, wie es ihm gerade ging und die Angst um ihn wurde auch immer größer. Was war, wenn Aruto seinen Sohn so fertig gemacht hatte, dass dieser sich nun nicht mehr zu wehren traute? Das war dann wohl ihre Schuld, da sie ihn schließlich hingeschickt hatte. Aber Ikuto war doch Ikuto, und so wie sie ihn nun kannte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er sich noch mehr von seinem Vater gefallen ließ. Aber vielleicht, und dieser Gedanke war so gesehen einfach nur absurd, hatte der 18 jährige sich um entschieden und richtete gerade eben sein Büro ein? Seufzend hob die Rosahaarige ihre Tasche hoch, um anzudeuten, dass sie nun bereit war, wieder nach Hause zu fahren. Und das, obwohl sie es eigentlich nicht war. Doch bevor sie ihrer Mutter aus der Wohnung folgte, griff sie noch ein Mal in die Sporttasche, um einen Gegenstand herauszufischen und diesen auf eines der Regale zu legen. Ikuto würde es schon entdecken. Ihr Handy.
 

*~
 

Zwei Monate waren vergangen und inzwischen war bei den Hinamoris soweit wieder alles okay. Ihre Eltern hatten beschlossen, eine Partnertherapie zu besuchen, da doch viele hässliche Worte gesagt wurden. Doch diese Therapie war eigentlich unnötig, da man sich vor ihrem Herumgeflirte kaum retten konnte. Ami war wie immer und schien sowieso vom Geschehenen bloß das Wenigste zu verstehen. Und Amu selbst war auch wieder die Alte. Fast zumindest. Ein Mädchen mitten in der Pubertät, aber soweit wie möglich wieder sie selbst. Doch ein Problem hatte sie. Eine einzige Sache ließ sie nächtelang wach daliegen und brachte sie immer wieder fast zum weinen. Obwohl sie ihr Handy in der Wohnung des Blauhaarigen gelassen hatte, wurde sie bisher noch kein einziges Mal kontaktiert. Nicht, dass sie selbst noch nie angerufen hatte, aber in dem Fall hob keiner ab. Sie konnte es verstehen, wenn der Akku leer war und er nicht wusste, was zu tun war, da er ihren Pin Code nicht kannte, aber trotzdem. Amu hatte eigentlich gedacht, sie bedeutete ihm so viel, dass er sich sofort meldete, wenn er zu Hause war. Irgendeinen Weg gab es doch immer, oder? Und so grübelte sie die meiste Zeit nur herum, ob und was passiert war. Vielleicht hatte sein Vater die Mafia auf ihn gehetzt? Oder noch schlimmeres? Selbst die Schule konnte kaum Ablenkung bieten. Ihre Gedanken blieben immer nur bei Ikuto hängen und so langsam kam sie sich wie eines dieser verliebten Schulmädchen vor. Und obwohl sie diese Mädchen bisher nicht verstanden hatte und auch immer recht genervt von ihnen war, so war sie im Grunde genommen nichts anderes, als eine von denen. Sie hatte Sehnsucht nach Ikuto.
 

Die Rosahaarige war sehr froh, als sie die Schulglocke hörte. Endlich war der Unterricht vorbei und sie konnte in ihr wohl verdientes Wochenende starten. Wenn man mal von den ganzen Hausaufgaben absah, natürlich. Langsamer als die anderen Schüler ihrer Klasse stopfte sie ihre Bücher in ihre Tasche und hing sich diese anschließend um. Amu war ziemlich beliebt bei den anderen Schülern, weswegen ihr von allen Seiten ein schönes Wochenende gewünscht wurde. Eine nette Geste war das natürlich, beliebt zu sein war an sich schließlich keine schlechte Sache, allerdings hatte die Rosahaarige das niemals gewollt. Die Hälfte der Kinder kannte sie nicht, und noch viel weniger davon waren wirklich ihre Freunde. Dazu kam jetzt auch noch dieser verdammte Liebeskummer, der einfach nicht enden wollte.
 

Mit ernster Miene schritt die Hinamori den gewöhnten Weg nach Hause, allein. Es gab natürlich Tage, da begleitete sie ein Freund ein Stück, da sie in dieselbe Richtung mussten, aber heute war da niemand. Aber das machte ihr auch nicht so viel aus, wenn sie ehrlich war. Irgendwie musste sie es schaffen, Ikuto aus ihren Gedanken zu streichen und ihn aus ihrem Herzen zu verbannen. Amu wollte nicht, dass jemand sämtlichen Platz in ihrem Herzen einnahm, obwohl derjenige sich tot stellte. So hatte sie den Jungen eigentlich niemals eingeschätzt, aber da sie nicht unbedingt viel Zeit zusammen verbracht hatten, konnte sie sich auch genauso gut in ihm geirrt haben. Das ging doch nicht, dass er hier einfach ihr Leben veränderte und dann verschwand. Ganz so, als hätte er niemals existiert. Als hätte sie sich völlig selbstverständlich in irgendein Hirngespinst verliebt. Seufzend tapste sie auf ihre Haustür zu und fischte ihren Schlüssel aus der vollbepackten Tasche, nur um anschließend festzustellen, dass die Tür einen Spalt offen stand. Normalerweise war freitags um diese Zeit doch noch niemand zu Hause. Ihre Eltern kamen erst später Heim und Ami war länger in der Schule. Amu hob misstrauisch eine Augenbraue, ehe sie leise in das Haus trat, und die Tür hinter sich schloss. Innerlich hoffe sie bloß, dass irgendjemand heute Morgen vergessen hatte, die Tür ordentlich zuzuziehen, doch als sie ein merkwürdiges Klappern hörte, wurde ihr plötzlich ganz anders. Das war doch nicht etwa ein Einbrecher? Da sie im Vorzimmer keine bekannten Schuhe sehen konnte, musste es wohl so sein.
 

Wenn die Rosahaarige sich nicht verhört hatte, kam das Geräusch aus dem oberen Stockwerk. Und obwohl Amu eigentlich Angst hätte haben sollen und es die beste Lösung gewesen wäre, die Polizei anzurufen, schließlich befand das Telefon sich unten im Wohnzimmer, schnappte sie sich den ersten Gegenstand, welcher in Griffnähe war und schlich sich zu den Treppen. Mit Golfschläger bewaffnet machte sie sich nun also daran, langsam die Treppen hinauf zu schlürfen. Natürlich war ihr mulmig zumute und ihr Herz klopfe so stark gegen ihren Brustkorb, wie schon lange nicht mehr, aber sich in Gefahr zu begeben war nun eine Trotzaktion. Zwar eine waghalsige und äußerst dämliche, aber es war eine. Und irgendetwas in ihr sagte auch immer wieder, dass sie überlegen war, wer da auch immer versuchte, ihre Familie zu bestehlen. Wieso plapperte ihre innere Stimme eigentlich immer nur Schwachsinn? Vorsichtig spähte sie in den Gang und sah nichts. Die Türen waren geschlossen und alles wirkte menschenleer. Wie immer eigentlich. Kein Licht war eingeschaltet und so wurde alles nur spärlich durch ein kleines Fenster beleuchtet. Vielleicht war auch einfach nur irgendetwas umgefallen und sie hatte wieder einmal kräftig überreagiert. Das wäre ja auch nicht das erste Mal gewesen.
 

Schwungvoll wurde die Tür ihres Zimmers aufgeschlagen und Amu betrat seufzend den Raum, um sofort die viel zu schwere Tasche achtlos auf den Boden fallen zu lassen. Den Golfschläger hielt sie aber nach wie vor fest, bis sie es endlich schaffte, den Griff zu lockern. Auch der Schläger fiel einfach abwärts und berührte mit einem unangenehmen Knallen den Boden, doch Amu störte das nicht weiter. Sie ging einfach zu ihrem Kleiderschrank, da sie zu Hause nicht in ihrer Schuluniform herumlaufen wollte. Ihr Lieblingsshirt und eine farblich nicht dazu passende Sporthose, doch wen interessierte das schon? Völlig gelangweilt zog sie die Jacke, welche zu der Uniform gehörte aus und wollte sich anschließend daran machen, die Bluse dazu aufzuknöpfen, als sie plötzlich ein belustigtes Räuspern hörte, das ihr eigentlich sehr bekannt vorkommen sollte.
 

„Ich bin ja der Meinung, dass es nach wie vor zu früh für sowas ist…“
 

Vor Amu’s Augen spielte sich alles wie in Zeitlupe ab, als sie ihren Kopf in die Richtung des Bettes neigte und darauf den Jungen entdeckte, den sie seit so vielen Wochen vermisst hatte. Ikuto war hier. Und verdammt noch mal, er sah so gut aus wie eh und je. Einzig und allein ihr laut klopfendes Herz hielt sie davon ab, nicht sofort auf ihn zuzulaufen und ihn zu berühren, nur um herauszufinden, ob er wirklich da war, oder sie sich seine so vermisste Anwesenheit nur einbildete. Mit geweiteten Augen starrte sie ihr Gegenüber an.

„Amu, atmen!“, sagte er schnell, als er bemerkte, dass sich das Gesicht des Mädchens langsam aber sicher lilaartig verfärbte. Als die Rosahaarige augenblicklich nach Luft japste, musste er sofort grinsen. Viel schien sich nicht verändert zu haben. Mit Sicherheit war sie noch immer viel zu leicht zu verärgern.

„Du… du bist hier“, murmelte Amu geschockt. „Hier. In meinem Zimmer. Und du… du liegst auf meiner Unterwäsche!“

Quietschend sprang sie auf das Bett, um den Blauhaarigen irgendwie aus dem Bett zu befördern. In dieser Situation verfluchte das Mädchen die Tatsache, dass ihre Mutter niemals ihre Wäsche wegräumte und diese immer nur irgendwohin legte.
 

So sehr sie herum schob, Ikuto bewegte sich einfach nicht vom Fleck und schien auch noch köstlich amüsiert über die peinlich berührte Amu zu sein. Und als er mit einem Ruck ihren Arm packte und sie nach unten zog, setzte er auch noch eins drauf, indem er ihren kleinen Körper gegen seinen drückte.

„Deine Höschen interessieren mich genauso wenig wie dein BH. Keine Angst.“, murmelte er beruhigend und Amu konnte irgendwie nicht aufgebracht herumschreien. Nun, vielleicht lag es daran, dass sie hier fest an Ikuto gedrückt lag und vollkommen betäubt von ihren Gefühlen war. Und dann war da auch noch dieser Duft, an den sie sich nur noch wage erinnern konnte. Die Unterwäsche war vergessen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, bevor sie eine Hand auf seine Seite legte. Das tat sie allerdings nur, um nach einer Stelle zu suchen, in die sie problemlos hinein kneifen konnte. Wie erwartet entfernte der Blauhaarige sich sofort von ihr, mit einem brummenden Geräusch.
 

„Weißt du, ich freue mich, dass du noch lebst, aber warum…“ „Ich habe versucht, mit meinem Vater zu sprechen, aber er blieb stur. Anscheinend soll es nicht für jeden ein Happy End geben.“, unterbrach er sie. Eigentlich wollte sie weitersprechen, doch ein Blick in seine Augen verriet ihr, dass er nicht mehr über dieses Thema sprechen wollte. Aber irgendwas in seinen Augen gab ihr die Sicherheit, dass es ihm nun nicht mehr so viel ausmachte. Natürlich war es schade, aber er hatte es versucht und irgendwann würde Aruto sich auch in den Hintern beißen. Irgendwann würde er seinen Sohn vermissen, aber der war dann nicht mehr da. Verständnisvoll nickte die Rosahaarige kurz. Wenn er irgendwann doch mit jemanden sprechen wollte, dann würde sie diejenige sein, die für ihn da war. So, wie er für sie da gewesen war.
 

Im nächsten Moment starrte sie ihn allerdings wieder wütend an.

„Gut, okay. Aber wieso hast du dich nicht ein einziges Mal gemeldet? Und wieso brichst du hier einfach ein und was hast du jetzt vor und wah-“ Ikuto hielt wohl viel von Überraschungsmomenten, denn genauso plötzlich, wie er hier aufgetaucht war, hatte er sie wieder auf das Bett gezogen und sich einfach mit vollen Körpereinsatz auf sie gelegt. Wenn er wollte, dass sie den Mund hielt, wieso konnte er nicht wie jeder normale Mensch den Mund aufmachen und es einfach sagen? Blöde Frage, natürlich, weil sie so einfach nicht stillzulegen war und Ikuto nebenbei alles andere, nur kein normaler Mensch war. In Sekundenschnelle schoss ihr eine gesunde Röte in die Wangen und der kleine Körper versteifte sich. Dass sie schwerer Luft bekam, war aber bloß nebensächlich.

„Ich habe mit deiner Mutter gesprochen und ihr gesagt, sie darf dir nichts sagen. Ich musste noch einiges regeln und will nun hier in der Stadt studieren. Und jetzt halt bitte einen Moment lang die Klappe.“, nuschelte er zart direkt in ihr Ohr, ehe er den Kopf auf ihre Schulter sinken ließ und die Augen schloss. Wieder hatte er sie beleidigt. Und wieder war es ihr egal. So gut, wie es nur ging, atmete sie ein paar Mal tief durch, bevor sie ihre dünnen Arme unter Ikuto’s Körper vorzog, um sie auf seinen Rücken zu legen. Im Moment störte es die Rosahaarige nicht einmal, dass sie in dieser Stille ihr eigenes Herz vor Aufregung und Freude total laut schlagen hören konnte und schloss ebenfalls die Augen.
 

Erst, als der recht schwere Männerkörper sich aufzurichten schien, öffnete sie langsam wieder ihre Augen und blickte direkt in seine. Und sofort nahm sie dieses Blau gefangen. Amu wusste nicht, was als nächstes passieren würde und dachte eigentlich auch nicht daran. Nur das hier und jetzt zählte, alles andere war egal. Wenn die Rosahaarige in diese Augen sah, war sowieso alles egal. Dieser warme Blick, den er ihr bisher noch nie geschenkt hatte, brachte sie dazu, ihn ebenso warm anzulächeln. Dieser Moment brauchte keine Worte. Nur ein Blick in die Augen des anderen reichte und schon wusste der andere, dass es Liebe war, was die beiden verband. Als Ikuto sich nach einigen Minuten zu Amu hinunter beugte, wurde mit einem sanften Kuss besiegelt, dass es in Zukunft ausschließlich ein wir geben würde.
 

Ein Happy End war doch ziemlich nebensächlich, solange nur der Moment perfekt war.
 

Ende
 

Geschafft. Höhö.

Falls nun Fragen nach einer Fortsetzung aufkommen sollten, so beantworte ich die lieber gleich. Ich halte eigentlich nicht so viel von sowas und für mich ist die FF abgeschlossen. Vielleicht kommt aber noch ein kleiner One Shot als Spezial, mal sehen. ;)

Ich hoffe, das Ende gefällt euch so. Ausschlaggebend für das 'Happy End' war kiks, also ein fettes Danke an sie dafür, sonst wäre Ikuto möglicherweise nie wieder aufgetaucht. x/D
 

Außerdem wollte ich kurz noch Werbung für den tollen SC! One Shot von kiks machen. Der ist wirklich zuckersüß, also schaut doch mal hier rein:

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/481199/234431/
 

Zum Schluss bedanke ich mich herzlichst für die tollen Kommentare und die vielen Favorisierungen. <3



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Kommentare zu dieser Fanfic (104)
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Von:  Luna_Luu
2014-11-04T18:03:44+00:00 04.11.2014 19:03
Wo er zu ende war musste ich erstmal schlucken. Er war wirklich toll nein super
Von:  verex3
2011-08-25T21:03:14+00:00 25.08.2011 23:03
Das Ende ist richtig geil spannend *___*
x3
Von: abgemeldet
2009-12-13T14:45:34+00:00 13.12.2009 15:45
omg ich liebe deine ff
sie ist soooooo toll!
hoffentlich kommt noch ein OS^^
ich find sooo toll, dass es ein happy end ist =)

manga-sama
Von:  kiks
2009-11-03T16:27:14+00:00 03.11.2009 17:27
schreibst so gut *_* total begeistert!
Von: abgemeldet
2009-11-03T16:27:14+00:00 03.11.2009 17:27
wah schon vorbei ^^
Von: abgemeldet
2009-11-03T16:26:32+00:00 03.11.2009 17:26
trauriges ende :(
Von: abgemeldet
2009-11-03T16:25:39+00:00 03.11.2009 17:25
wunderschön ^^
Von: abgemeldet
2009-11-03T16:23:29+00:00 03.11.2009 17:23
schöööön ^^
Von:  AleaRose
2009-10-28T21:35:55+00:00 28.10.2009 22:35
Yaaay Yaaay Yaaay
Das war so schön ^__^
Eine der besten FFs die ich je gelesen hab ^^ (<--- erlich o.O)
xDDD
schönes Ende^^
x333
Von:  AleaRose
2009-10-28T21:15:28+00:00 28.10.2009 22:15
Dank deiner tollen Beschreibung ist amu nihct mehr die einzige die Ikutos Augen vergöttert *schwärm* <33
Außerdem fand ich es gut, dass sie erstmal 'nur' auf die Haare geküsst wurde .. das lässt mihc spielraum xDDD
x33


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