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Sympathy with the Devil

~Eine Geschichte über die unsterbliche Liebe~
von

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Eine neue Stadt

Die gleiche Scheiße, Tag für Tag.

Sakura hatte es so satt. Selbst hier, in einer neuen Stadt, weit weg von Tokio und den Fratzen lästernder Menschen, würde es nicht anders werden. Das wusste sie, noch bevor sie in den Flieger gestiegen war. Sie hatte es schon gewusst, als es entschieden wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie die Vergangenheit einholte – in Naha, im entlegensten Winkel der japanischen Inseln. Irgendwann würden es auch hier alle wissen, mit ihren Fingern auf sie zeigen, urteilen und verdammen.

Natürlich würde man sie verdammen. Zum Teufel schicken, würde man sie. Wie in Tokio und in Osaka. Eigentlich war es egal, wo sie war; ihre Vergangenheit klebte an ihr wie die Scheiße unterm Schuh. Sie stank einfach überall.

Als das Taxi hielt, sie ausstieg und dem Fahrer Geld gab, überkam sie ein mulmiges Gefühl im Magen. Der Taxifahrer wusste nichts, doch er blickte in ihre Augen, als könne er dort die ganzen verteufelten Dinge lesen, die in ihrem Leben passiert waren. Sakura fühlte sich nackt; bloßgestellt im Trugschloss, dass sich Leben nannte.

Sie wandte sich um und ging eilig auf das Hochhaus zu. Ein steinerner Betonklotz inmitten einer sonst ganz hübschen Vorstadt. Er wirkte fehl am Platz, als gehöre er nicht her. Sakura fühlte sich genauso.

Außer den Dingen in ihrem Rucksack besaß sie nichts. Unter ein paar Kleidern lag das einzige Foto, dass sie von früher hatte: ihre Eltern und sie in Osaka, ihrer Heimat. Damals war die Welt noch in Ordnung gewesen, heute aber herrschte das Chaos. Es musste ihr Schicksal gewesen sein, in diesem Betonklotz zu enden.

Sakura erreichte atemlos den vierten Stock. Eine alte Frau kam ihr entgegen, die sie teilnahmslos musterte. Die junge 19-jährige zwang sich zu einem Lächeln, kramte rasch in ihrer Hosentasche und holte den Wohnungsschlüssel hervor. Oft wünschte sie sich, einfach nur unsichtbar zu sein. Sie steckte angespannt den Schlüssel ins Schloss und hielt für einen Moment den Atem an. Das Schild an der Tür zeigte ihren Namen: S. Haruno. Was hätte sie dafür gegeben, ihn ablegen zu können! Doch noch etwas anderes ließ ihren Puls schneller rasen. Hinter dieser Tür lag ihre erste, eigene Wohnung. Ihr neues zu Hause. Vielleicht konnte es auch einen Neuanfang bedeuten.

Aber nur vielleicht.

Als die junge Frau endlich den Flur betrat und das Licht einschaltete, kam ihr ein modriger Geruch entgegen. Sie ließ den Rucksack fallen und rannte zum Fenster. Schnaufend blickte sie hinaus und sog die frische Luft ein. Sie würde wahrscheinlich Tage brauchen, um den Gestank aus der kleinen Wohnung zu bekommen.

Dann nahm sich Sakura Zeit, die Räume zu begehen. Das Wohnzimmer war möbliert, und die uralte Couch hasste sie jetzt schon. Es war ein urig graukariertes Monster, das seine besten Jahre lange hinter sich hatte. Sie setzte sich kurz – aus Neugier – und stellte fest, dass jede Bewegung von einem abartigen Quietschen begleitet wurde. Eine der Federn kam durch den Stoff, und wie auch immer sie sich bewegte – irgendeine Feder stach ihr immer in den Hintern.

Was soll‘s, dachte sie. Es war besser, als die Betten während ihrer Haft.

Sakuras Knie zitterten unmerklich, als sie wieder aufstand und das Schlafzimmer betrat. Ihre Gefühle überwarfen sich stets, wenn sie an die Zeit im Gefängnis dachte. Sie musste sich am Kleiderschrank abstützten und tief durchatmen. Der widerwärtige Geruch war auch in diesem Raum, und Sakura, noch immer blass im Gesicht, öffnete das Fenster und schaute nach draußen. Der Hinterhof lag vor ihren Augen; ein ziemlich trostloser Platz, in dessen Mitte eine zerlumpte Holzbank stand. Sie war zwar gestrichen worden, doch blätterte die Farbe an den einzelnen Brettern bereits ab und hinterließ ein unschönes Mosaik aus braun-weißen Streben. Drumherum waren niedrige Beete angelegt, doch Sakura konnte nicht eine einzige Blume entdecken. Es sah vielmehr danach aus, als hätten dort Wildschweine gewütet – und das nicht nur einmal.

Im Bad hielt es Sakura nicht so lange aus, wie in den anderen Zimmern. Sie hatte das Übel gefunden, das für den abartigen Geruch verantwortlich war. Doch wenn sie an den ungepflegten Hinterhof dachte, wunderte es sie auch nicht, dass es dem Hausmeister entgangen war, die Vormieter auf den liegengelassenen Müll neben dem Klo aufmerksam zu machen. Die große Tüte mit verfaulten Lebensmitteln musste schon vor langer Zeit vergessen worden sein.

Angewidert schloss Sakura die Badezimmertür und fürchtete sich vor ihrem Gang in die Küche. Eigentlich wollte sie überhaupt nicht wissen, was sie dort erwartete. Schnell brachte sie den letzten Raum hinter sich und machte eine innerliche Notiz, einen Berg Putzmittel zu besorgen. Andernfalls würde sie die nächsten Wochen kaum überstehen.

Sakura erschrak, als das verstaubte Telefon im Wohnzimmer schrill klingelte. Sie rannte zu der kleinen Anrichtete und nahm mit steifen Fingern ab.

„Ja – bitte?“, fragte sie zögerlich. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ein eigenes Telefon besaß. Es brachte sie so durcheinander, dass sie nur zuhörte und am Ende schlicht nickte.

„Ähm, ja“, fügte sie hinzu. „In zwei Stunden. Ich bin hier.“ Dann legte sie auf, setzte sich aufs unnütze Sofa und wartete bis Herr Sakamoto, ihr zugeteilter Sozialhelfer, kam.
 

Obwohl es viel zu bereden gab, blieb Sakura beim Gespräch verschlossen wie immer. In ihren Händen hielt sie ihren neuen Studentenausweis – etwas ganz besonderes, wie Sakamoto meinte.

„Es ist dein Schlüssel zu einer besseren Zukunft“, hatte er gesagt, bevor er wieder gegangen war. „Du bist noch so jung und dir stehen alle Türen offen. Vielleicht wird dein Weg schwieriger, als bei anderen – aber vetrau mir, Sakura, es gibt ihn trotzdem.“

Sakura hatte genickt, obwohl sie nicht an diesen Weg glaubte. Doch sie wollte sich bemühen und es ernsthaft versuchen. Sie versprach es Sakamoto und sich selbst; und ihren toten Eltern, die längst im Himmel waren.

Trotz der bleiernen Müdigkeit hielt es Sakura nicht lange in ihrer neuen Bleibe aus. Sie legte ihren Studentenausweis und die Anmeldepapiere auf den Küchentisch und zog sich einen ausgeleierten Pullover über. Der Gestank brachte ihren Kopf zum Platzen, und gleich morgen, wenn sich die Läden wieder öffnen würden, musste sie sich zum Einkaufen überwinden. Die Sozialhilfe vom Staat reichte zwar kaum fürs Essen, doch Sakura war ohnehin genügsam. Allein dieser Gestank musste verschwinden. Andernfalls würde sie bald durchdrehen.

Als Sakura die vier Stockwerke nach unten lief, zog sie sich die Kapuze ihres Pullis über die kurzen, rosa Haare. Es war frisch geworden und nieselte leicht. In den letzten Tagen war das Frühlingswetter angenehm gewesen, doch die Abende wurden noch immer sehr kühl.

Sakura schlug den Weg ein, den das Taxi genommen hatte, als es sie vom Flughafen hergebracht hatte. Die Laternen brannten bereits und warfen dunkle Schatten, die Sakura geflissentlich ignorierte. In Tokio war sie grundsätzlich nur im Dunkeln unterwegs gewesen, um so wenigen Leuten wie möglich zu begegnen. Mit Schrecken dachte sie daran zurück, wie es gewesen war: wie es sich angefühlt hatte, wenn Mütter ihre Kinder auf die andere Straßenseite zogen oder ältere Herren stehen blieben und sie vernichtend ansahen. Wäre Ichigo Sakamoto nicht gewesen, der ihr mit Rat und Tat zur Seite stand, sie hätte es vermutlich niemals so lange durchgestanden.

Sakura erreichte einen Spielplatz und ließ sich für ein paar Minuten auf der Schaukel nieder. Sie genoss die Stille um sich herum, die einzig von dem Zirpen nachtaktiver Grillen durchbrochen wurde. Bisher war ihr nur ein einzelnes Auto begegnet und auch kein Anwohner der Siedlung war ihr entgegengekommen. Sakamoto hatte eine gute Wahl getroffen, als er ihr diese Vorstadt empfahl. Er selbst wohnte mit seiner Familie seit kurzen in Naha, und es war ihm wichtig gewesen, Sakura dennoch weiterhin betreuen zu können. Für seinen aufopfernden Einfall, nach Okinawa Honto zu ziehen, dafür, dass er alles in Bewegung gesetzt hatte, damit man es ihr gestattete, würde sie ihm ewig dankbar sein. Sogar, wenn es nicht funktionieren sollte – ja, sogar dann.

Als der Regen immer stärker wurde und Sakura längst durchnässt war, verließ sie den Spielplatz und versuchte sich zu erinnern, aus welcher Richtung sie gekommen war. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren – eine Nebenwirkung der starken Medikamente, die sie langsam absetzte. Einem schmalen Fußweg folgend, stand sie plötzlich auf einer vollkommen unbekannten Straße. Fröstelnd lief sie wieder zurück, bog um eine Ecke und hielt erschrocken, als zwei Lichter auf sie zurasten. Die quietschenden Reifen eines scharf bremsenden Wagens, versetzten sie in Panik. Wie ein aufgescheuchtes Reh blieb sie stocksteif stehen, und als der Wagen keinen Meter vor ihr zum Halten kam, begangen ihre Beine heftig zu zittern.

„Alles okay?“ Ein junger Mann Ende zwanzig stürzte aus seinem Auto und lief mit bleichem Gesicht auf sie zu. Er musterte sie kurz, als suche er Anhaltspunkte für Verletzungen, dann kam er langsam näher und beugte sich besorgt zu ihr hinunter. „Es tut mir furchtbar leid. Bist du in Ordnung?“

Sakura nickte steif. „Entschuldigung“, sagte sie und biss sich auf die Lippen. Rasch trat sie von der Straße und verbeugte sich höflich. „Ich hab nicht aufgepasst. Ich hätte …“

„Schon gut, aber bist du wirklich okay? Du bist ganz blass!“

Sakura nickte abermals und atmete tief durch. „Ja, nichts passiert. Ich habe mich nur erschrocken. Ich – kenne mich hier noch nicht aus. Wahrscheinlich habe ich mich verlaufen.“

„Wo wolltest du denn hin?“

Sakura nannte dem Mann ihre Straße, obwohl sie selten so vertrauensvoll antwortete. Allerdings hätte sie beinah einen Unfall verursacht, und der Fremde machte einen freundlichen Eindruck.

„Ah, das ist nicht mehr weit.“ Er deutete nach Süden. „Da vorne rechts am Spielplatz vorbei, auf der andere Straßenseite durch die kleine Gasse und dann gleich links rum. Ein hoher, alter Betonklotz, kaum zu übersehen. Aber ich fahr in die Richtung, ich nehme dich gerne mit.“

Sakura schüttelte schnell den Kopf. „Nein“; sagte sie hastig. „Nein, danke. Ich komme zurecht.“

„Sicher? Ich hätte dich fast über den Haufen gefahren. Außerdem siehst du wie ein begossener Pudel aus. Es macht mir nichts, ehrlich.“

Sakura verneinte. „Aber vielen Dank“, sagte sie und drehte sich eiligst um.

Der Fremde sah ihr irritiert nach, schüttelte sein schwarzes Haar und brauste dann davon. Er bemerkte jedoch das seltsame Gefühl, dass er plötzlich bekommen hatte. Es war ein ganz und gar schlechtes Gefühl.

Erkennst du mich nicht?

Es stellte sich im Laufe der nächsten Woche heraus, dass Sakura und der junge Mann, der sie fast angefahren hatte, Nachbarn waren. Sie sah ihn ein paar Mal, wenn sie sich zum Einkaufen nach draußen quälte, und sie hörte ihn und seinen Bruder, wenn sie in der Wohnung gegenüber lautstark stritten.

Sein Name war Itachi Uchiha. Er war der Ältere, doch wenn es ums Rumbrüllen ging, so konnte er dem jüngeren Bruder Sasuke nicht das Wasser reichen. Sakura hatte sich manches Mal ein Schmunzeln verkneifen müssen; sie konnte zwar nie genau hören, um was es in ihren Streitereien ging, doch offensichtlich taten es beide gern. Einmal begegnete ihr die alte Frau aus dem dritten Stock, und die ließ es sich nicht nehmen, Sakura vor den Uchihabrüdern zu warnen. Während dieses Gesprächs mit der Alten hörte sie auch das erste Mal die Namen der Beiden.

„Die Stiften nur Unruhe“, sagte die Alte und wedelte mit den Krückstock. „Sei bloß vorsichtig mit denen. Und die sind auch immer so laut! Nehmen keine Rücksicht. Denken, die leben hier alleine. Da lobe ich mir die Zwei, die unter mir wohnen.“

Sakura machte eine gute Miene zum bösen Spiel. Auf ihre Frage, was genau die Brüder denn Schlimmes taten, konnte ihr die Alte jedoch nichts genaues sagen.

„Mist eben“, krächzte sie. „Machen nur Mist. Und die Autos. Solch protzige Autos!“

Sakura lächelte milde und war froh, weil die Alte sie schließlich stehen ließ, als hätte sie sie einfach vergessen. Allerdings hinterließ das Gespräch einen eigenartigen Nachgeschmack; seit langem hatte Sakura das Gefühl, dass sie nur jemand unter vielen war. Es machte sie unglaublich glücklich, dass nicht sie das Ziel der Hetzreden schien, sondern ein anderer. Vielleicht klang es gemein, doch es war unvorstellbar befreiend. In Tokio oder Osaka hatte man die Köpfe zusammengetan, wenn man sie sah – hinter ihrem Rücken wurden die Schlimmsten Dinge gesagt, und wie ein Lauffeuer hatte sich jedes Gemunkel verbreitet. In Naha dagegen bemerkte sie niemand, und niemand schenkte ihr Beachtung. Man drehte sich nicht nach ihr um, man lästerte nicht. Und die Hetzreden alter Frauen galten nicht ihr …

Sakura hoffte inständig, dass es so bleiben würde. Die letzte Woche war ungemein erleichternd gewesen und mittlerweile freute sie sich sogar auf die Universität, die sie als Studentin besuchen würde. Sie hatte sich für Geschichte entschieden, und es waren nur noch zwei Tage, bis das Sommersemester begann. Sakura flehte jede Nacht, wenn sie in ihrem Bett lag und weinend an ihre Vergangenheit dachte, dass sich ihre Zukunft zum Guten wenden würde.
 

Es war noch viel zu früh zum Aufstehen, doch Sakura hielt es nicht mehr in ihrem Bett aus. Angespannt blickte sie immer wieder zur Uhr, während sie duschen ging und sich für den ersten Studientag fertig machte. Der Blick in den Spiegel stimmte sie wehmütig, doch sie wusste, dass sich ihr Äußeres nur langsam verändern würde. Noch immer war sie furchtbar dürr und ausgemergelt von dem langen Aufenthalt in der Klinik; ihre kurzen Haare waren stumpf, genau wie ihre glanzlosen Augen. Man sie ihr an, dass etwas nicht stimmte. Niemand konnte erraten, was es war – doch man sah genau, dass Sakura nicht wie andere Mädchen schien, dass sie etwas verbarg, und dass in ihrem Leben Ereignisse stattgefunden hatten, die niemand ahnen konnte.

Es würden Fragen auftauchen. Wie immer würde sie Sakura ignorieren, doch wie immer würden andere ihr Geheimnis herausfinden. Es war der Kreis des Teufels, der sie in seinem Bann hielt. Der es zu einem Déjà-vu machte. Sie hoffte, dass alles gut ausging, doch am Ende wurde sie immer eines besseren belehrt.

Als Sakura ihre Wohnung verließ, hatte sie sich unter einem weiten Pullover und Schminke versteckt. Noch immer blieb ihr viel Zeit, um auf den Bus zu warten, doch noch bevor sie die Haltestellte erreichte, entschied sie sich, die Strecke zu laufen. Sie hasste das Menschengedränge im öffentlichen Verkehr, ein langer Spaziergang dagegen machte ihr nichts. So konnte sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen, ohne sich von jemanden bedroht zu fühlen.

Sakura verließ die Vorstadt Richtung Süden und orientierte sich an den kommenden Haltestellen. Wenn sie zügig ging, brauchte sie dennoch nur eine gute dreiviertel Stunde. Noch lag ein tiefhängender Nebel über den Wiesen und Wäldern, die an die lange Hauptstraße grenzte, doch der Geruch des frischen Morgentaus, der Geruch einer aufwachenden Natur, hielt Sakura in ihrem Bann und ließ sie die Angst vergessen, die eine einsame Straße in den Menschen auslöste. Nur ihre eigenen Schritte durchbrachen die wohltuende Stille, die Sakura tief in ihre Erinnerungen gleiten ließ.

Plötzlich aber, als sie schon zwei Meilen gelaufen war, erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit.

Sakura drehte sich jäh um, als sie glaubte, ein weiteres paar Schritte zu hören. Es hatte nach lauten Absätzen geklungen, die ihre eigenen Turnschuhe kaum machen konnten. Doch da war niemand, obwohl Sakura lange auf die Straße blickte und ihre Augen schließlich in die Wälder schweiften. Hatte sie sich getäuscht?

Sakura schüttelte sich unwillkürlich und lief weiter. Erst hörte sie nichts, doch dann begann das Klappern von neuem. Sie musste schlucken, um den Kloß in ihrem Hals los zu werden. Auf den Lippen kauend sah sie zu Boden und beschleunigte ihren Schritt; ihr Puls schoss augenblicklich in die Höhe und ihr Herz raste, als wäre sie einen weiten Weg gerannt. Ein Frösteln durchfuhr ihren Körper; auf ihren Armen bekam sie Gänsehaut. Bildete sie sich das ein, oder war es auf einmal kälter geworden?

Sakura fasste sich ein Herz und drehte sich mutig um. Wieder nichts! Doch sie hatte es gehört, laut und deutlich. Wer auch immer dort gewesen war, er hatte versucht, sie einzuholen.

Oder waren es nur Halluzinationen? Wahnvorstellungen, wie damals? Es wäre nicht das erste Mal, dass Sakura etwas sah und hörte, dass es nicht gab.

Sakura holte tief Luft und füllte ihre Lungen. Sie suchte abermals jeden sichtbaren Winkel ab, schaute intensiv in den Wald und auf die andere Seite, an der das Getreidefeld eines Bauern lag. Sie zuckte erschrocken zusammen, doch beim genaueren Hinsehen erkannte sie, dass die lange Gestalt dort nur eine Vogelscheuche war. In der Ferne dagegen sah sie die Scheinwerfer eines Autos. Vielleicht war es ihr Bus, doch durch den anhaltenden Nebel konnte sie es nicht genau sagen. Es näherte sich zumindest schnell.

Sakura schüttelte die beklemmende Furcht ab und drehte sich wieder um. Sie blickte noch immer auf die Straße, doch im gleichen Moment, wie sie die schwarzen Stiefel sah, hob sie keuchend ihr Gesicht und sah direkt in die Augen einer bleichen Fratze. Rückwärts stolpernd fiel sie unsanft auf ihren Hintern, hörte aber noch im gleichen Moment die lautstarken Motorengeräusche des heranfahrenden Wagens. Räder schlitterten quer über den Asphalt und Sakura sprang auf, weil sie dachte, jeden Moment zerquetscht zu werden. Dann aber stieg der Fahrer aus, uns Sakura blieb fast das Herz stehen. Obwohl sie ihn nur einmal flüchtig gesehen hatte, erkannte sie den jüngeren Uchiha sofort.

„Steig ein!“, motzte er sie an, ohne sie eines Blickes zu würden. Stattdessen rannte er an ihr vorbei, doch als Sakura sich umdrehte und zum Wagen lief, war er auch schon wieder auf dem Fahrersitz und schlug die Tür zu. Als säße ihm der Feind im Nacken, trat er heftig aufs Gaspedal und schoss los.

Sakura saß verkrampft neben ihn und krallte sich in die Polster. Starr blickte sie geradeaus; sie war leichenblass und traute sich kaum, zu atmen. In ihrem Hirn schlugen die wildesten Fantasien ineinander, und eine war grausamer als die andere.

„Bist du in Ordnung?“, durchbrach der jüngere Uchiha die Stille. Sasuke, wenn sie sich richtig erinnerte. „Hat er was zu dir gesagt oder dir etwas getan?“

Sakura schüttelte abrupt den Kopf und musste mit den Tränen kämpfen. „Nein, aber – du hast ihn auch gesehen? Ich dachte, ich – er war so schnell weg und …“ Ihre Stimme verlor sich und hastig blickte sie aus dem Seitenfenster. „Wer war das?“, flüsterte sie.

„Ein Spinner“, sagte Sasuke trocken, doch fuhr er noch schneller als eben. „Mach dir wegen dem keine Gedanken. Er rennt öfter hier rum und erschreckt die Leute. Wolltest du zur Uni nach Naha? Warum bist du nicht mit dem Bus gefahren?“

„Ich konnte ja nicht ahnen, dass es hier Spinner gibt“, sagte Sakura, die sich langsam wieder entspannte. „Okay, du kannst – du kannst anhalten, ich laufe wieder.“

„Nein“, erwiderte Sasuke schlicht, als wäre die Sache damit vom Tisch. Sakura aber sah ihn entrüstet an.

„Lass mich bitte raus“, wiederholte sie energisch. „Du rast wie der Teufel!“

„Ich muss auch zur Universität. Es ist also Schwachsinn.“ Er drosselte sein Tempo, auch wenn er es offensichtlich nur ungern tat. „Hör auf mich anzusehen, als würde ich dich entführen. Ich habe dir grade geholfen, schon vergessen?“

Sakura rümpfte die Nase. „Ich habe nicht um deine Hilfe gebeten!“

„Tse“, kam es ruppig zurück. „Du hast sie aber gebraucht.“

Sakuras Augen funkelten Böse, doch dann riss sie sich zusammen und versuchte, die aufkommende Panik, mit einem Fremden im Auto zu sitzen, einfach zu unterdrücken.

Er hatte ja recht, dachte sie und zog ein leidendes Gesicht. Doch für einen Semesterstart war es ihr das eigentlich zu viel.

„Ist er denn gefährlich?“, fragte sie und bemühte sich, Sasuke dabei anzusehen. Es war höflicher, und er musste sie ohnehin für undankbar halten.

„Halte dich einfach von ihm fern.“ Sasuke zuckte mit den Schultern. Sakuras fragendes Gesicht ignorierte er gekonnt.

„Hm.“ Sakura ließ sich in den Sitz fallen und sah wieder nach Draußen. Durch die Spiegelung im Fenster konnte sie den jungen Uchiha jedoch genauestens sehen. Eigentlich beobachtete sie andere Leute nur selten, und schon gar nicht zeigte sie sich an Männern interessiert – doch Sasuke übte eine unvorstellbare Anziehung auf sie aus, dass ihr seltsam mulmig wurde. Sein Auftreten und seine Gestalt beeindruckten sie auf eine Weise, wie sie schon lange kein Mann mehr fasziniert hatte. Es wirkte kühl und so distanziert, wie sie es selbst war, und in seinen Augen lag etwas verborgen, dass sie nicht benennen konnte.

Sasuke erweckte den Anschein, unwirklich zu sein, als würde er überhaupt nicht existieren. Nur seine Augen, dachte sie immer wieder; auch, als sie sich zwang, nach vorne zu sehen. In seinen Augen lag die unendliche Traurigkeit, die sie auch in ihrer Seele spürte.

Und für einen kleinen Moment, für diese eine Fahrt mit Sasuke Uchiha, fühlte sie sich plötzlich nicht mehr allein auf dieser scheußlichen Welt.
 

In ihrer ersten Vorlesung hatte sich Sakura den hintersten Winkel des Hörsaals gesucht. Eigentlich hatte sie es sich wie Schule vorgestellt, doch es waren kaum zehn Minuten mit dem Dozenten vergangen, als sie sich bewusst wurde, dass es etwas ganz anderes sein würde. Schon jetzt waren ihre Aufzeichnungen nur noch Hieroglyphen, die sie nie mehr entziffern könnte. Es war auch nicht wichtig, wie viel Mühe sie sich beim Mitschreiben gab – sie schaffte es nicht einmal im Ansatz, dem Professor zu folgen. Hunderte Informationen flogen auf sie ein wie ein Schwarm Wespen, und jede einzelne hinterließ einen stechenden Schmerz und einen dicken Stachel. Sakura hatte das Gefühl, ihr Kopf würde zerplatzen, und das, obwohl sie gerade einmal zwei Stunden hinter sich hatte.

In der dritten Stunde gab sie es auf. Sie fühlte sich so erschöpft, dass sie ihre Augen durch den Hörsaal schweifen ließ und die Studenten beobachtete. Es überraschte sie, dass die wenigsten noch mitschrieben; viele lagen nur noch auf ihren Tischen, und manche schienen überhaupt nicht mehr zuzuhören.

Sakura blieb an einem Mädchen mit blonden Haaren hängen, die eine ungewöhnliche Frisur trug. Vier Zöpfe standen steif ab, als hätte sie in ihnen Draht geflochten. Die Blonde schien das Zuhören längst aufgegeben zu haben, denn in ihren Ohren steckten die Stöpsel eines MP3-Players. Sakura blinzelte verwirrt, stellte aber erleichtert fest, dass es auch anderen wie ihr erging.

Plötzlich hob die Blonde den Kopf. Als hätte sie Sakuras Blick bemerkt, sah sie in ihre Richtung. Beschämt senkte Sakura die Augen, doch anstatt einer wütenden Grimasse, lächelte das Mädchen mit den vier Zöpfen verschmitzt, als wolle sie sagen: langweilig, oder?

Für Sakura war es an diesem Tag schon das zweite Mal, dass sie bemerkt wurde, ohne beschimpft zu werden. Es war ein fremdes, neues Gefühl, an das sie sich so schnell nicht gewöhnen würde.
 

Als sich ihr erster Tag dem Ende neigte, hatte es Sakura eilig. Sie war erschöpft von den neuen Eindrücken und der Gelassenheit ihr gegenüber, und wollte nur noch nach Hause in die Sicherheit der eigenen vier Wände. Dennoch wartete sie nicht auf den Bus; sie hatte die Menschenmasse bemerkt, die an der Haltestelle stand. Es würde ihr Glück, unbemerkt zu bleiben, vielleicht überstrapazieren.

Lieber wollte sie sich den Spaziergang nach Hause gönnen, der ihr am hellerlichten Tage und ohne morgendlichen Nebel nur noch halb so schrecklich vorkam, wie Sasuke es ihr hatte weiß machen wollen. Trotzdem fühlte sie sich ertappt, als sie an einem Café vorbeilief, in dem der jüngere Uchiha mit zwei Freunden saß. Rasch blickte sie in die andere Richtung und hoffte, dass er sie nicht bemerkte. Doch selbst wenn – würde es ihn denn wirklich kümmern?

Sakura dachte eigentlich, in der Masse schwatzender Studenten, die sich hier rumtrieben, unterzugehen, doch kaum lief sie an dem Café vorbei, hörte sie schon ihren Namen.

„Hey, wolltest du nicht mit Bus fahren, Sakura?“

Im ersten Moment fragte sie sich, woher er ihren Namen überhaupt kannte. Dann überlegte sie, Sasuke einfach zu ignorieren. Doch als sie sich kurz zu ihm umdrehte und sein kühles Lächeln bemerkte, dass seine Lippen umspielte, reckte sie widerspenstig das Kinn nach vorne und zuckte mit den Schultern.

„Was ich mache, geht dich ja wohl nichts an, oder?“

Sasuke grinste weiterhin auf seine freche, anziehende Art. Er legte den Kopf schief und wollte ihr widersprechen, als der blonde Freund neben ihm sich neugierig umdrehte.

Sakura stockte der Herzschlag, als sie die blauen Augen sah; strahlend blaue Augen, die sie nie vergessen hatte. Augen eines Freundes aus Kindertagen …

„Sakura?“, flüsterte Naruto, dessen Name und dessen unverkennbare Stimme ihr innerstes aufwühlten, wie es keine wütende Anklage je gekonnt hätte. Sie musste sich die Hand auf den Mund drücken, um ihren erschrockenen Aufschrei zu verbergen; sie musste sich ans Atmen erinnern, um nicht ohnmächtig zu werden.

Als Naruto aufsprang und herzlich lächelte, strauchelte Sakura rückwärts und schüttelte panisch den Kopf. Sie sah Naruto an, als sehe sie einen Geist, einen Geist aus der Vergangenheit; aus einer Kindheit, die so wunderbar gewesen war, dass sie ihr ganzes restliches Leben davon hatte zehren können, um nicht zu zerbrechen.

Doch als Naruto einen Schritt auf sie zumachte, sie überrascht und verwirrt zugleich ansah, da brachen auch noch viele andere Erinnerungen in ihr aus, von denen er nichts wusste, und für die er, ihr liebster bester Freund aus Kindertagen, sie zum Teufel scheren würde.

„Sakura, was ist?“, rief er nun und streckte ihr die Arme entgegen. „Erkennst du mich etwa nicht? Ich bins, Naruto. Naruto Uzumaki aus Osaka!“

„Nein“, flüsterte Sakura, flehte gar. „Nein, ich kenne keinen Naruto!“ Sie merkte, wie man sie beobachtete; wie man sie ansah, als wäre sie eine Verrückte. Selbst Naruto musste sie nun so ansehen.

Und Sasuke – auch er sah sie an. Versteinert, als wüsste er all ihre dunklen Geheimnisse, als kenne er die Wahrheit. Wieso musste er sie so ansehen? Warum hörte er damit nicht auf?

Sakura drehte auf dem Absatz um und rannte davon. Sie weinte bittere Tränen und ignorierte die fragenden Augen, die ihr nachblickten. Sie wollte nach Hause, einfach nur noch nach Hause.
 

„Ich hätte schwören können, dass sie es ist“, seufzte Naruto, als er sich wieder zu Sasuke und Hinata, seiner Freundin, setzte. Er stocherte in seinem Eis herum und machte ein geknicktes Gesicht. „Was ist los mit dir?“, fragte er Sasuke, der noch immer schweigsam dreinblickte.

„Sie war es“, sagte er knapp und schien sich mühevoll aus seinen Gedanken zu holen. „Das war Sakura Haruno.“

„Ehrlich? Woher weißt du das?“

„Sie wohnt uns gegenüber.“ Sasuke zog ein nachdenkliches Gesicht. Er merkte, wie ihn Hinata erstaunt musterte. „Ihre Gefühle haben sich überschlagen, als Naruto aufgestanden ist. Sie wäre fast – ich glaube, es hat nicht viel gefehlt, und sie wäre zusammen gebrochen.“

„Wie?“, entfuhr es Naruto entsetzt. „Aber warum hat sie es abgestritten? Und wieso habe ich sie im Haus noch nie gesehen? Wie wohnen doch zwei Stöcke unter euch!“

„Ich erinnere mich“, sagte Hinata plötzlich. „Doch, ich glaube, ich habe jemanden mit rosa Haare gesehen. Spät abends, vor zwei Tagen.“

Sasuke nickte. „Ja, sie geht immer nur abends raus, wenn es längst dunkel ist. Sonst verlässt sie ihre Wohnung nicht, bekommt aber öfters Besuch.“

„Von wem?“, fragte Naruto perplex.

Sasuke wurde leiser. „Den einen kenne ich nicht. Der andere ist Inspektor Kurijama.“

„Vom Inspektor?“ Naruto und Hinata tauschten ahnungslose Blicke. Naruto hatte sogar sein Eis vergessen, das langsam vor sich her schmolz.

„Was spürst du bei ihr?“, fragte Hinata mit ihrer sanften, ruhigen Stimme.

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Jede Emotion hat entweder mit Angst oder Wut zu tun. Heute Morgen habe ich sie auf der Straße aufgelesen.“ Sasuke räusperte sich, dann erzählte er den anderen von dem Fremden, der dort aufgetaucht war.

„Aber das klingt doch …“ Naruto sprach es nicht aus; Hinata aber beendete seinen Satz.

„Nach einem Vampir.“ Sie blickte Sasuke an, der zustimmend nickte. Denn was niemand wusste: er und Hinata gehörten zu ihnen.

Sie waren Vampire, und das seit vielen, vielen Jahren.

Lauffeuer

Die erste Woche als Studentin powerte Sakura so aus, dass sie sich weniger Sorgen als sonst machte. Am Samstag morgen weckte sie ihr Wecker mit schrillen Tönen und zwang sie zum Aufstehen. Gähnend schlürfte sie in die Küche und wärmte sich den Kaffee vom gestrigen Abend auf. Ein Blick zur Uhr ließ sie stöhnen. In zwei Stunden würde Sakamoto kommen, um sie zu kontrollieren – eine furchtbar nervige Angelegenheit, der sich die 19-jährige jede Woche unterziehen musste. Doch er hatte ihr versprochen, dass es nicht für immer war; stellte sie sich gut an, dann wären seine Besucher gezählt. Wenigstens das heiterte Sakura etwas auf.

Die Leere im Kühlschrank nahm Sakura gelassen zur Kenntnis. Trotzdem zog sie sich an und kramte ihre letzten Yen zusammen. Sakamoto legte Wert auf einen vollen Kühlschrank und Sakura legte Wert auf Sakamotos Eindruck. Sie hatte versprochen, sich zu bemühen.

Als Sakura das Wohnhaus verließ, hörte sie eine vertraute Stimme, die ihr eine Gänsehaut überjagte. Sie blieb abrupt stehen. Ein Frösteln durchzuckte ihren Körper, doch dann stand Naruto schon neben ihr.

„Hey“, sagte er zurückhaltend. Seine Augen strahlten und er lächelte breit. „Wo gehst du hin?“

„Einkaufen“, kam es kühl von Sakuras Lippen. Sie wandte sich ab und zeigte ihm die kalte Schulter. „Ich hab es eilig. Sorry.“

„Warte doch!“, rief Naruto und lief ihr trotz Abfuhr nach. „Sakura, können wir nicht reden?“

„Es gibt nichts zu reden“, sagte Sakura trocken. Dann ließ sie ihn stehen und setzte ihren Weg fort.

Sakura erledigte ihren Einkauf im Lebensmittelgeschäft von Mr. Fu und gönnte sich zur Abwechslung ein Eis im Café. Die Sonne ließ sich schon den ganzen Morgen blicken, und die wenigen Wolken sahen wie eine verirrte Herde Schäfchen aus. Die molligen Temperaturen taten ihr Übriges dazu, um den meisten Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu treiben.

Selbst Sakura fühlte sich besser als sonst.

In Gedanken versunken, löffelte sie ihre Eiskugel und bemerkte erst gar nicht, dass sich ein Schatten über ihren Tisch gelegt hatte. Plötzlich aber spürte sie die Anwesenheit eines anderes und erschrocken fuhr sie zusammen.

„Ich bin‘s nur“, sagte Naruto traurig, als bekümmere ihn ihre Reaktion. „Ich – können wir bitte reden, Sakura? Ich weiß genau, dass ich dich kenne. Und du mich …“

Sakura starrte Naruto eine ganze Weile an, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Es tat ihr im Herzen weh, ihren einstigen Freund so unglücklich zu sehen. Am liebsten hätte sie in die Arme genommen – so wie früher – und seine blonden Haare verwuschelt; ihm gesagt, es wäre alles in Ordnung.

Damals war es oft so gewesen: wenn er zu Hause Ärger hatte oder mit anderen Kindern stritt. Aber heute – heute war nichts mehr in Ordnung.

„Hast du mich wirklich vergessen?“, hörte sie ihn unerwartet fragen, als glaube er das wirklich.

Sakura zuckte zusammen und kämpfte gegen die Tränen. Sie merkte längst, wie es in ihren Augen brannte. Hilflos sah sie ihn an, rang mit sich und schnappte unmerklich nach Luft.

„Naruto“, flüsterte sie, dass er es kaum hörte. „Mann, Naruto, ich – glaubst du denn, ich könnte jemanden wie dich je vergessen? Ich – es liegt nicht an dir, okay? Ich bin nicht mehr die Sakura von früher, und mich interessiert das Früher auch nicht mehr.“ Sie starrte auf ihren Eisbecher und stand jäh auf. „Lass es einfach bleiben, okay? Vergiss mich! Das wir uns hier begegnet sind, ist …“ Sie wusste nicht, wie sie es nennen sollte, und sie wählte das Wort, dass ihn am meisten verletzte. „Pech, Naruto. Ja, es ist Pech. Ich brauch keine Freunde mehr, und ich brauche dich nicht. Also – also bleib mir fern, klar?“

Sie drehte sich um, schnappte ihre Tasche und rannte davon. Sie wollte nicht sein entsetztes Gesicht sehen, seine fassungslosen Augen. Dass sie ihn so verletzte war furchtbar, doch es musste sein. Er musste sie einfach vergessen!

Und wenn sie ihm einen Grund gab, sie zu hassen, dann wäre es für ihn umso vieles leichter.
 

Als Sakura den Eingang zum Treppenhaus erreichte, war sie außer Atem. Für einen Moment musste sie sich gegen das Geländer lehnen und warten, bis der Schwindel verging. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und schaffte es nicht mehr, gegen die Tränen anzukommen. Ungehindert suchten sie sich einen Weg über ihr müdes Gesicht, und Sakura hatte arge Probleme, die Treppen bis in den vierten Stock zu erklimmen. Ihre Beine fühlten sich schwach an, als wollten sie nachgeben; als wollten sie sie bestrafen für ihr abartiges Verhalten, ihr sagen, wie falsch sie doch war.

Vor ihrer Wohnung suchte sie ihren Schlüssel. Als sie ihn endlich fand, zitterten ihre Hände so stark, dass sie es nicht einmal schaffte, ihn ins Schloss zu stecken.

Was hatte sie nur getan? Wäre es nicht auch anders gegangen, ohne Naruto so verletzten zu müssen? Seine Augen – würde sie je vergessen können, wie er sie angesehen hatte? Er hatte doch nur …

Sakura schluchzte und fuhr sich durch die kurzen Haare. Sie musste sich über die Augen wischen, weil ihr die Tränen die Sicht versperrten. Dieses dumme Schloss, dachte sie. Dieses verdammte Schloss!

Plötzlich griff ein Arm an ihr vorbei, nahm ihr den Schlüssel auf der Hand und steckte ihn in ihre Haustür.

Perplex drehte sich Sakura um und blickte mitten in Sasukes kaltes Gesicht. Sie musste schlucken und brachte kein einziges Wort heraus. Ihre großen, verweinten Augen sahen in seine, die so unergründlich wirkten, dass es ihr unheimlich wurde.

Was musste er nur von ihr denken …

„Danke“, flüsterte Sakura und sah beschämt zu Boden. Sie nahm ihren Rucksack auf, doch da hörte man im Erdgeschoss die Tür knallen. Entgeistert fuhr sie zusammen. Naruto …

Sakura blickte tränenreich die Treppe hinunter, doch dann wandte sie sich ab. Sie spürte Sasukes Augen auf ihr Ruhen und hatte das Gefühl, ihm eine Antwort schuldig zu sein.

„Gestritten?“, fragte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

Sakura nickte einfach. Sie war es müde, sich zu verstellen und ihre Augen brannten wie Feuer; er musste nicht schlau sein, um eins und eins zusammen zu zählen.

„Sag ihm nicht, dass ich ...“, Sie rang merklich um Fassung. „Sag ihm nicht, dass es mir leid tut. Sag ihm – nein, schon gut. Ich …“ Sie schüttelte ihren Kopf und lief mit hängenden Schultern in den Flur. Sasuke stand noch immer im Vorraum und Sakura versuchte, ihn irgendwie anzulächeln.

„Danke“, brachte sie über die Lippen, auch wenn von einem Lächeln nichts zu sehen war. Dann schloss sie die Tür und ließ ihn stehen.
 

Hinata wusste immer, was zu tun war, auch wenn es um die Belange eines Menschen ging. In diesem Fall waren es Narutos Nerven, die sie mit einem heißen Tee beruhigen wollte.

„Lass den Kopf nicht hängen“, sagte sie liebevoll und setzte sich zu ihm und Sasuke an den Tisch. Einfühlsam legte sie ihm dabei ihre Hand auf die Schultern. „Sie wird es nicht so gemeint haben.“

„Doch“, sagte Naruto stur und blickte unverwandt auf seine unruhigen Hände. „Sie hat es genau so gemeint.“

Sasuke sagte nichts. Obwohl Naruto, ein Mensch wie er im Buche stand, sein bester Freund war, konnte er Sakuras Bitte nicht ignorieren. Stattdessen versuchte er es auf seine Art: er schwieg und dachte, so wäre es am besten.

„Soll ich mal mit ihr reden?“, schlug Hinata beherzt vor. Sie stand wieder auf und holte Gebäck aus dem Schrank. „Iss doch was, hm?“

Naruto schüttelte den Kopf. Er hatte keinen Hunger.

Hinata suchte hilflos Sasukes Blick, doch der jüngere Uchiha zuckte nur mit den Schultern. Naruto war der erste Mensch, dem er näher stand, und obwohl ein unbedeutender Teil in ihm ebenfalls menschlich war, hatte er keine Ahnung, was er ihm sagen sollte. Er war sein Freund, natürlich. Aber Sasukes Erfahrung mit Freunden war noch so neu, dass es ihn deutlich überforderte. Itachi hätte vielleicht Rat gewusst – Itachi kannte sich viel besser mit Menschen aus. Und wenn selbst Hinata nicht weiter wusste, was sollte er dann schon tun können?

„Vergiss sie doch einfach?“, schlug er vor, doch Narutos steinernes Gesicht ließ ihn ahnen, dass es der falsche Vorschlag gewesen war. Auch Hinata sah ihn kopfschüttelnd an.

„Dann lass Gras drüber wachsen und rede später noch mal mit ihr. Ach, keine Ahnung, Naruto, was du hören willst. Aber ich glaube nicht, dass du dir ihre Worte so zu Herzen nehmen solltest.“

Naruto sah wütend auf. „Ach nein? Was soll ich denn dann tun?“

„Mann!“, knurrte Sasuke zerstreut, stand auf und stand schon in der nächsten Sekunde am Fenster. „Ich meine damit, dass sie es vielleicht nur aus – Mann, keine Ahnung. Vielleicht hat sie es aus Wut gesagt, oder weil sie ihre Ruhe wollte und nicht wusste, wie sie dich loswerden sollte. Verstehst du denn nicht, was ich damit sagen will?“

„Er will damit sagen“, meinte Hinata mit einem sanften Lächeln. „Dass sie es gar nicht so meinte. Und du solltest Sasuke trauen, wenn es um so etwas geht. Er merkt, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt.“

Hinata lächelte Sasuke dankbar an. „Nicht wahr?“

„Hm“, brummte Sasuke und steckte die Hände in seine Hosentaschen. „Wie du meinst.“ Seine Augen beobachteten einen Wagen, der gerade vor ihrer Haustür hielt. Der Mann, der schon öfter dagewesen war, stieg aus und kam auf das Wohnhaus zu.

„Wer ist das?“, fragte Hinata neugierig.

„Der war öfter bei ihr. Er kommt jede Woche. Vielleicht …“

Hinata nickte und sah Naruto an. „Wenn wir wissen, wer er ist, gibt uns das vielleicht ein wenig Aufschluss. Wartet hier.“

Sie verließ die Wohnung und kam drei Minuten später auch schon wieder zurück. Zuckersüß lächelnd reichte sie Sasuke die Visitenkarte.

„Ein freundlicher Mensch“, kicherte sie schüchtern.

„Ichigo Sakamoto“, las Sasuke vor. Er faltete die Karte zwischen seinen Fingern und sah zu Naruto. „Er ist Bewährungshelfer …“
 

Sakura verließ am Montagmorgen sehr früh das Haus. Es war ein herrlicher Frühlingstag und kein gruseliger Nebel hing in der Luft. Es duftete stattdessen nach den blühenden Obstbäumen, die in den Vorgärten der Siedlung standen. Den Schrecken der letzten Woche, als ihr der Spinner über den Weg gelaufen war, hatte sie längst vergessen. An einem Morgen wie diesen würde sie nichts davon abhalten, zu Fuß zur Universität zu laufen.

Sie hatte die Vorstadt kaum hinter sich, als sie ein Auto von hinten hörte. Ihr Herz pochte schneller, weil sie fürchtete, dass es Sasuke war – doch das Auto raste an ihr vorbei und fuhr eilends weiter. Erleichtert atmete sie auf.

Ein paar Minuten später hörte sie wieder einen Wagen, doch ging sie nun entspannter an die Sache heran. Der Zufall wäre zu groß, sagte sie sich.

„Du hast wohl nichts draus gelernt, oder?“, erschrak sie Sasukes Stimme. Amüsiert grinste er sie an, als sie sich ihm empört zuwandte.

„Musst du mich so erschrecken?“, keifte sie.

Sasuke fuhr im Schritttempo neben ihr und deutete auf den Beifahrersitz. „Steig ein“, sagte er kühl. Als Sakura nicht reagierte, fügte er „Bitte“ hinzu.

Sakura seufzte. Sie lief um den Wagen herum und stieg ein. Sie hätte in dem Moment nicht einmal sagen können, warum sie es tat. Es war eigentlich eine Frechheit, dass sie dieser ungehobelte Kerl so bevormundete. Warum aber tat sie ihm dann den Gefallen?

„War dir der Spinner keine Lehre?“, fragte er, als er aufs Gas trat und los brauste. „Oder legst du es drauf an?“

Sakura sah dickköpfig nach draußen, während die Bäume rasend an ihr vorbeizogen. „Verfolgst du mich?“, fragte sie stattdessen.

Sasuke grinste unerwartet. „Ich habe den gleichen Weg, schon vergessen?“

„Mit Auto brauchst du doch keine zehn Minuten. Wieso fährst du bitteschön so zeitig los, wenn du mich nicht verfolgst?“

„Ich muss eine Arbeit abgeben“, log Sasuke schlicht. Es klang aalglatt. „Du willst mir wirklich nicht versprechen, mit dem Bus zu fahren, oder?“

Sakura schüttelte ihre rosa Haare. „Ich hasse überfüllte Busse, okay? Lass es also meine Sorge sein.“

Sasuke schnaufte genervt. „Du bist unverbesserlich. Dass letzte Woche hätte auch anders ausgehen können. Mal daran gedacht?“

Sakura schwieg. Dass er recht hatte, wollte sie nicht zugeben.

„Naruto ist ziemlich geknickt“, fuhr er mit seiner Predigt fort. „Musste es wirklich die Alles-oder-nichts-Nummer sein?“

Sakura blinzelte, hin und hergerissen zwischen Wut und Scham. Schließlich senkte sie ihre Lider. „Ich weiß, dass er mich jetzt hasst.“

„Das tut er nicht“, widersprach Sasuke.

„Das sollte er aber …“

„Warum legst du es drauf an?“, wollte Sasuke wissen, als sie Naha erreichten und die Universität von weiten sehen konnten. Es war ein großes, altes Gebäude im Stil der Renaissance, mit strahlend weißer Fassade und von einem eisernen Schmiedetor umzäunt.

Sakura zuckte mit den Schultern. „So ist es am besten.“

„Ach ja?“ Seine Zweifel waren deutlich zu hören.

Er parkte seinen schwarzen Honda auf dem Unigelände und stieg aus, wartete aber, dass Sakura sich ihm anschloss. Ein Schwall erregter Gefühle drosch ihm entgegen. Verwirrt sah er sich um.

„Was ist los?“, fragte Sakura, die seinen Gesichtsausdruck bemerkt hatte. Sie lief neben ihm, als sie die gruppierten Studenten sahen.

Sakura blieb abrupt stehen. Die Ahnung traf sie unvorbereitet. Man sah sie an …

Sakura stolperte rückwärts, als sie das Geflüster hörte. Jedes Gesicht war auf sie gerichtet. Jedes Augenpaar glotzte sie an, als wäre sie das Unheil dieser Welt.

„Mörder“, hörte sie jemanden flüstern, der zu ihrer linken zwischen den Bäumen stand. Es war eine Blonde mit angewidertem Gesicht.

„Mörder.“

Sakura spürte, wie sie die Welle des Grauen übermannte. Ihre Knie gaben nach, im gleichen Moment, wie Sasuke ihren Ellbogen packte. Erschrocken blickte sie in sein ebenso fassungsloses Gesicht, dachte gar, er würde sie zu Boden schmeißen wollen.

Doch Sasuke legte unerwartet seinen Arm um ihre Schulter und zog sie mit sich. Er zerrte sie regelrecht davon und lief schneller, als Sakura selbst noch gekonnt hätte. Er brachte sie fort und half ihr in seinen Wagen.

Und er fuhr davon, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm.

Hinatas Fähigkeiten

Sasuke fuhr mit fast 130 über die Landstraße. Er wusste nicht wirklich, wohin.

Und vor allem, was er mit dem apathischen Mädchen neben sich machen sollte.

Denn Sakura hatte bisher keinen Ton gesagt, dabei waren sie schon fast eine halbe Stunde unterwegs.

Sasuke wusste jedoch nicht, wie er beginnen sollte und er musste selbst erst einmal seine Gedanken ordnen.

Weitere Minuten vergingen, ehe Sakura die Augen schloss. "Warum fährst du so schnell?", flüsterte sie kaum hörbar.

Sasuke sah auf den Tacho. Warum er so schnell fuhr? Er wusste es nicht und bremste etwas ab. "Entschuldige", sagte er völlig ruhig zurück. Doch vermutlich, weil er Sakura so schnell wie möglich wegbringen wollte.

Weg von den peitschenden Gefühlsausbrüchen der anderen, die sie allerdings nicht spüren konnte.

Doch er hatte sie gespürt, und es hatte ihn wütend gemacht.

Dabei wusste er nicht einmal, ob es vielleicht zurecht geschehen war.

Er sah kurz zu der jungen Frau, die einfach nur geradeaus starrte, und schüttelte innerlich den Kopf.

Sakura sollte ihre Familie ermordet haben?

Das war doch lächerlich!

"Sie wissen es", hauchte die 19 jährige plötzlich. "Jeder weiß es. Jeder wird es wissen. Es wird wieder geschehen."

Sasuke fuhr langsamer und hielt schließlich am Straßenrand. Sakura sah sehr blass aus, als wäre ihr schlecht.

Und keine Minute später stieg die Frau hastig aus und übergab sich.

Sasuke wartete derweil im Auto. Es war nicht sehr angenehm.

Weder für sein ausgebildetes Gehör noch für seine ausgeprägte Nase.

Nein, es war überhaupt nicht angenehm.

Er sah in den Rückspiegel, ehe er ebenfalls ausstieg, denn Sakura machte keine Anstalten, wieder ins Auto zu gehen. Sie stand am Waldrand und blickte in in die Dunkelheit.

Vorsichtig stellte er sich neben sie, unsicher, was er sagen sollte.

"Was wissen sie?", fragte er dann leise und gekonnt lässig, als wäre nichts passiert.

Als hätte er nichts mitbekommen ...

"Warum? Wer hat es ihnen gesagt? Und warum jetzt? Warum so schnell?", Sakura reagierte gar nicht auf den Schwarzhaarigen.

Na klasse, ein aus der Fassung geratenes Mädchen ... das war nicht gerade sein Gebiet.

"Soll ich dich nach Hause fahren?", wollte er betont desinteressiert wissen.

"Ich ...", Sakura schloss erneuert die Augen. Sie musste sich Mühe geben, überhaupt einen klaren Kopf zu bekommen. Jetzt hätte sie dringend eine dieser Pillen aus der Anstalt nötig. "Ich muss telefonieren, ich muss erst fragen ..."

Sasuke nickte. Er wusste nicht, ob sie ein Handy hatte und reichte ihr einen Augenblick später seines.

Sakura blickte auf das schwarze Telefon, zögerte aber. Dann zog sie ihre Hände an ihre Brust, als könnte sie es nicht annehmen und blickte plötzlich zu Sasuke.

Sie blickte ihn direkt in seine schwarzen Augen.

Und seit langen gab es wieder etwas, dass ihn erstarren ließ.

Ihr durchdringender, trauriger, lebloser Blick ...

"Warum ... tust du das?", fragte sie leise, aber gefasster als vorher. "Warum bist du hier ... und nicht ..."

Sasuke brauchte einen Moment, um sich aus ihren Bann zu lösen.

Menschen waren zerbrechlich. Das wusste er.

Aber Sakura wirkte in diesem Moment wie etwas vollkommen anderes, noch viel zerbrechlicheres.

Und mit einmal spürte er den Drang nach Nähe.

Nach ihrer Nähe ...

Er hielt ihr wieder das Handy hin. "Nimm es", meinte er kühl. Das war das Einzige, was er im Moment sagen konnte.

Zu fremdartig war ihm, was gerade in ihm vorging.

Und in solchen Situationen wurde er abweisend.

Seine eigene, angeeignete Schutzfunktion.

Sakura sah ihn noch einmal kurz an, ehe sie langsam das Telefon ergriff und ein paar Meter wegging, damit er sie nicht hören konnte.

Doch natürlich bekam er jedes Wort mit.

Sie rief scheinbar diesen Bewährungshelfer an, und ihre Stimme überschlug sich fast. Sie sagte ihm, was passiert war und wollte wissen, was sie jetzt machen sollte.

Wenn er sie richtig verstand, wollte sie sofort die Stadt verlassen.

Die Insel.

Doch als sie auflegte, wusste Sasuke, dass sie bleiben würde.

Man hatte es ihr nicht genehmigt.

Warum brauchte sie eine Genehmigung?

"Fährst ... fährst du mich bitte zurück in die Wohnung?", fragte Sakura zögerlich, als sie wieder bei ihm war und Sasuke sein Handy reichte.

"Wenn ich einige Antworten bekomme ...", sagte der Uchiha, in der Hoffnung, sie würde darauf eingehen.

Denn er würde sie hier bestimmt nicht stehen lassen.

Sakura sagte nichts, sondern senkte nur den Kopf und stieg in den Wagen.

Offensichtlich war sie einverstanden.

"Also was wissen sie?", wiederholte Sasuke seine Frage von vorhin, als er umdrehte und in die andere Richtung fuhr.

Doch Sakura antwortete nicht direkt darauf. "Du weißt es doch längst", stellte sie verbittert fest. "Du kannst sie kaum überhört haben."

Damit meinte sie vermutlich die jungen Frauen, die in ihrer Nähe gewesen waren.

Sasuke wusste nicht ganz, wie er reagieren sollte. "Und inwieweit entspricht es der Wahrheit?"

Sakura sah ihn kurz an. Es war komisch, dass er das fragte. Sie wusste nicht, ob irgendjemand sie überhaupt schon mal gefragt hatte, ob es eigentlich stimmte, was man redete.

"Es ist, wie sie es behauptet haben. Ich war im Gefängnis, ich war in der Psychiatrie, und ich habe meine Eltern getötet."

Sakura sagte das ganz sachlich. Sollte er es doch wissen. Sollte er doch angewidert zu ihr sehen. Sollte er doch anhalten und sie aus dem Auto schmeißen ...

Doch nichts der gleichen geschah.

Er sah sie zwar an, aber es war ein völlig anderer Blick. Was war es?

"Warum hast du das gemacht?"

Sakura rang mit sich. Das alles kam ihr so eigenartig vor.

"Welche Variante willst du den hören?", fragte sie sarkastisch.

Sasuke überlegte nicht lange. "Welche stehen denn zur Auswahl?"

Als unterhielten sie sich über ein Quiz ...

"Meine, die der Polizei, die des Augenzeugen und die der anderen Menschen ..."

"Deine. Und dann die der anderen."

Sakura seufzte. Irgendwie fühlte sie sich ruhiger, hier mit diesem seltsamen Kerl. Fernab der Realität.

"Mein Stiefvater erschoss meine Mutter, daraufhin erschoss ich ihn. Der Nachbar hat durch das Fenster gesehen, wie nur ich die Waffe in der Hand hielt und ihn erschoss. Die Polizei fand meine und seine Fingerabdrücke auf der Waffe. Die Aussagen des Zeugen waren aber sehr belastend. Nur für mich. Zuvor hatte ich recht laut mit meiner Mutter gestritten. Es gab überhaupt nur Krach bei uns zu Hause. Ich kam ins Gefängnis und zwei Jahre später wurde der Fall neu aufgeworfen, weil der Zeuge in psychiatrische Behandlung kam und man herausfand, dass er nicht ganz dicht war. Also wurde noch einmal alles bearbeitet. Man war der Meinung ich hatte von dem Ganzen einen Knacks weg und steckte mich in eine Anstalt. Vor einem halben Jahr wurde ich entlassen, aber jeder auf der Straße, ausnahmslos, war der Überzeugung, ich wäre alleine der Mörder meiner Familie gewesen. Also zog ich weg."

Sakura hatte recht schnell gesprochen und versucht, jegliche Emotion auszublenden. Es hatte wie ein Bericht geklungen.

"Wie alt warst du?", fragte Sasuke nur.

"15."

"Und warum hat dein Stiefvater deine Mutter erschossen?"

"Sie wollte ihn verlassen."

"Und warum wollte sie ihn verlassen?"

"Er ... hat sie geschlagen", sagte Sakura leise.

"Dich auch?", Sasuke sah zu Sakura, die jedoch sofort aus dem Fenster blickte.

"Möglich", war ihre unpräzise Antwort.

Doch Sasuke konnte anhand ihrer Gefühle die Wahrheit erahnen.

"Deswegen wollte deine Mutter ihn verlassen? Weil er auch dich schlug?"

Sakura nickte langsam und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Sie fühlte sich wie bei einem Verhör, doch auf einer ganz anderen Ebene. Sie wollte nicht lügen.

Irgendwie wollte sie IHN nicht anlügen.

Aber wieso?

"Hast du das der Polizei auch so gesagt?"

Mit einmal zuckte Sakura fassungslos zusammen und sie sah Sasuke schockiert an.

Was hatte er sie eben gefragt?

"Oder warst du der Meinung, für den Tod deiner Mutter verantwortlich zu sein?"

Sakura glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können.

Nie hatte jemand das zu ihr gesagt!

Nie hätte jemand geglaubt ...

Es behauptet oder überhaupt daran gedacht, dass Sakura ...

"Bist du freiwillig ins Gefängnis gegangen? Ohne jemanden zu sagen, dass ...", Sasuke sah die junge Frau nun direkt an, stoppte aber abrupt, als er sah, wie ihr die Tränen aus den Augen traten und sie ihn mit geweiteten Augen ansah.

Wenn man kein Mensch war, war es einfacher Menschen zu durchschauen. Vor allem, wenn man ihre ständig wechselnden Gefühle spüren konnte.

Und er wusste, dass er mit allem richtig lag.

Und, dass Sakura Vier Jahre inhaftiert war, ohne dass sie es verdient hatte.

Nur in ihrer eigenen, gepeinigten Welt war sie eine Mörderin gewesen, und für dieses Verbrechen hatte sie sich selbst bestraft. Weil sie sich die Schuld am Tod ihrer Mutter gab.

Was für ein dummer Mensch ...

Und wieviel dümmer waren die Anderen gewesen, die nicht das selbstzerstörende Schauspiel einer 15-jährigen durchschaut hatten.
 

Es regnete in Strömen, als Sasuke seinen Wagen in der gemieteten Garage parkte. Er stieg aus, genau wie Sakura, die ihm auf wackligen Beinen folgte. Er drehte sich zu ihr um und wartete, bis sie neben ihm war.

"Danke, dass du mich gefahren hast", sagte Sakura, als sie die ersten Treppen zu ihren Wohnungen hinaufstiegen.

Sasuke zuckte nur mit den Schultern. Er versuchte, seine Unruhe zu verstecken. In Sakuras Wohnung wartete jemand, und er wusste nicht, wer es war. Doch die Emotionen, die von der Person ausgingen, passten Sasuke überhaupt nicht.

Es war Heiterkeit. Fast Freude.

Und er konnte Sakura nicht einmal warnen, ohne dass es für sie seltsam klang.

Er würde ihr nicht einmal in ihre Wohnung folgen können, falls sie Hilfe brauchte.

Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass die fremde Person Gefahr bedeutete.

"Soll ich noch mit rein kommen?", fragte Sasuke bedächtig, als sie in der obersten Etage ankamen.

Doch Sakura schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem verzerrten Lächeln, was eher einer Grimasse glich. "Nein, ich bin okay. Ich brauch nur etwas Schlaf und eine Dusche. Außerdem denke ich, wird ... wird bald noch jemand vorbeikommen. Ich muss ... muss sehen, was ich machen werde. Und ... danke, Sasuke."

Sasuke nickte knapp, bewegte sich aber nicht. "Du solltest vielleicht noch mit zu mir und meinem Bruder kommen. Du siehst nicht gut aus."

Er musste sie aufhalten! Sobald sie über der Schwelle war, konnte er ihr nicht mehr folgen.

Ein Vampir konnte ungeladen keine Wohnungen betreten.

Und sie hatte deutlich gesagt, dass er nicht mit rein kommen sollte.

Naruto und Hinata waren nicht zu Hause. Er konnte ihre Gefühle nicht spüren.

Ihre Anwesenheit war ausgeschlossen.

Itachi war da, aber er konnte ebenso wenig in Sakuras Wohnung.

Und wer auch immer dort wartete, er freute sich.

"Nein, danke. Wir ... wir sehen uns", Sakura nickte ihm noch einmal zu, ehe sie sich umdrehte und die Tür hinter sich schloss.

Sasuke konnte ihr nur besorgt nach blicken, ehe er in seine eigene Wohnung trat, jedoch jeden Sinn geschärft und auf Sakura und ihren Besuch gerichtet.
 

"Du kommst aber spät", sagte Itachi, der im Wohnzimmer saß und Zeitung lass. "Ich hatte dich schon vor Stunden erwartet. Und du glaubst gar nicht, was in der Nachmittagsausgabe der lokalen Zeitung steht! Ein Artikel über dieses Rosahaarige Mädchen von nebenan, sie ist eine ..."

"Mörderin, ja ich habs mitbekommen", sagte Sasuke scharf und Itachi legte sofort die Zeitung bei Seite. In über 200 Jahren, die die Brüder nun zusammen verbracht hatten, waren sie so aufeinander eingestimmt, dass der eine sofort erkannte, wenn bei dem anderen etwas nicht stimmte.

Und mit Sasuke stimmte etwas überhaupt nicht.

Itachi sah ihn erwartend an.

Und es dauerte keine zwei Minuten, bis er über alles im Bilde war.

"Du musst Naruto anrufen, er muss sofort her kommen", sagte Itachi, der schon auf dem Sprung war, aber eindeutig den kühleren Kopf besaß

Sasukes Angespanntheit ging auch auf ihn über.

War es vielleicht der Fremde, der möglicherweise ein Vampir war?

Doch das hätte er riechen müssen.

Der Bewährungshelfer? Aber warum dann diese Hochstimmung?

Itachi sah zu Sasuke, der sich kaum rührte und nur zu lauschen schien.

Er lauschte nach Emotionen.

Itachi schluckte.

Was sollten sie tun, wenn das Mädchen in Gefahr geriet?

Normalerweise würde es ihnen egal sein.

Sie hatten viel Leid erlebt, mehr als jeder andere.

Und gerade Sasuke war den Menschen, bis auf Naruto, gegenüber abgeneigt, auch wenn er ihnen nichts tun würde.

Warum bildete das Mädchen bei ihm diese Ausnahme?

Doch Itachi stellte vorerst keine Fragen.

Sasuke wollte sie beschützen.

Also würde er ebenso handeln.

Dennoch war die Schwelle ein unüberwindbares Hindernis.

Er musste Naruto erreichen, bevor etwas geschah ...

Doch in dem Augenblick, als er nach dem Telefon griff, war Sasuke schon aufgesprungen, mit versteinertem Gesicht und einem gefährlichen Blick in den Augen.

"Er will ihr etwas tun", sagte er und stand bereits an der Tür. Itachi erschrak, als er den Zorn seines Bruders fast greifbar spürte. Man musste dazu kein Vampir sein.

Es dauerte keine Sekunde, da rief er Naruto an, sagte kaum einen Satz und legte auf.

Naruto würde verstehen und Hinata würde dafür sorgen, dass er schneller hier war.

Sasuke klopfte mittlerweile an der Wohnung von Sakura. Er hämmerte eher. Er konnte keine Geräusche aus dem Inneren vernehmen, wohl aber ihre Angst spüren.

Unglaubliche Angst.

Er drosch weiter auf die Tür ein, als er hörte, wie jemand durch den Flur stolperte.

Sakura öffnete ihm. Ihr Gesicht lag im Dunkeln, aber ihre Stimme zitterte leicht, als sie fragte was er wollte.

"Lass mich rein", sagte er direkt.

"Es geht nicht, ich ... hab Besuch und keine Zeit. Wir können ein andermal reden. Okay?"

"Nein, lass mich rein. Sag, das ich rein darf!"

Itachi, der hinter Sasuke stand, rührte sich keinen Zentimeter. Doch er schluckte unmerklich, als Sasuke so konkret wollte, dass sie ihn rein bitten sollte.

Er hätte auch einfach sagen können: Ich bin ein Vampir und brauche deine Erlaubnis ...

Sasuke verhielt sich sehr ungewöhnlich.

Und dennoch fühlte Itachi seit langer Zeit zum ersten mal wieder die menschliche Seite an seinem Bruder. Menschliche Besorgnis.

"Sasuke, bitte das geht nicht, ich ..."

"Sag dem Penner, er soll verschwinden und komm wieder her!", rief plötzlich eine männliche Stimme drohend aus Sakuras Wohnzimmer und die junge Frau fuhr zusammen.

Sasuke musste sich zusammen reißen, dass er jetzt nicht instinktiv die Tür auf schlug und ohne Erlaubnis hineinstürmte.

Es würde vermutlich in einem Blutbad enden, denn Vampire konnten an dieser Aktion wahrhaft verbluten.

Wo blieb Naruto?

"Geh bitte einfach", sagte Sakura nun fester, aber er spürte, wie sehr sie innerlich flehte, dass er helfen würde.

Es raubte ihm fast den Verstand!

"Sag es!", knurrte er, aber es war eigentlich nicht zu hören.

Sakura hörten wieder das Brüllen des Mannes, dass sie endlich fertig werden sollte. Sie versuchte Sasuke verabschiedend zu zulächeln und drehte sich schon um, als der für Sasuke unbekannte Mann hinter ihr stand und sie nicht gerade sanft von der Tür auf den Boden stieß.

"Mistkerl, was willst du von ihr? Sie gehört mir, kapiert!", schnauzte er nun und eine doch recht alkoholisierte Fahne drang aus seinem Mund.

Sasuke knurrte wieder, und es klang eher nach einem gefährlichen Tier, als nach einem Menschen.

"Verpiss dich endlich!", der Mann wurde noch ungehaltener, was auch an dem Schreck lag, den Sasuke ihm irgendwie einflößte.

Doch Sasuke sah an ihm vorbei zu Sakura, die sich schwach aufzurappeln versuchte, aber gegen die Wand gelehnt sitzen bleiben musste. Er blickte sie an, und plötzlich, und für ihn selbst vollkommen überraschend, flüsterte sie etwas, dass er kaum verstehen konnte.

Doch es reichte, gerade so.

Sie hatte sie rein gebeten ...

Und dann passierte alles in kaum weniger als ein paar Sekunden.

Hinata und Naruto tauchten fast zeitgleich auf, wie Sasuke über die Schwelle sprang und sich auf den Mann stürzte, mit einer kaum verhaltenen Wut.

Itachi schnellte ihm hinterher und griff nach Sakura, die vor Schreck auf geschrieen hatte, zumal der Flur nicht besondern geräumig war. Hinata nahm Sakura sofort an sich um sie in Sicherheit zu bringen, während nun Itachi und Naruto zu Sasuke rannten, der andernfalls nicht viel von dem Fremden übrig lassen würde.

Auch ein Vampir, der kein Menschenblut trank, war noch ein Vampir.

Und wenn ein solcher Vampir seine Kontrolle verlor, war auch er in jeder Weise gefährlich.

Vor allem Sasuke.

Und vor allem jetzt.

Hinata brauchte nicht lange, Sakura in die Wohnung gegenüber zu zerren, denn das Mädchen stand wahrlich unter Schock.

Ein Mensch, der nicht an die Existenz von Vampiren glaubte, was eigentlich niemand wirklich tat, dem bekam es nicht gut, wenn er einen blutrünstigen Vampir sah.

Und sie hatte unvermeidlich Sasuke sehen müssen.

Es dauerte vielleicht drei Minuten, bis der Krawall in der Nachbarwohnung plötzlich aufhörte.

Sie hatten ihn also stoppen können.

Hinata atmete erleichtert aus.

Trotzdem hoffte sie, dass Sasuke den Mann nicht getötet hatte.

Einen Mord zu vertuschen war nicht einfach.

Sie seufzte und setzte sich mit Sakura auf die Couch. "Bist du okay?", fragte sie freundlich.

Doch Sakura sagte nicht wirklich etwas. Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre Augen waren geweitet, doch trotzdem versuchte sie aufzustehen.

"Bleib sitzen, du wirst sonst umkippen. Du siehst nicht gut aus und du blutest am Kopf", bemerkte sie besorgt und versuchte Sakura zu bewegen, sich wieder auf der Couch niederzulassen.

Doch Sakura dachte nicht daran. Mit allerletzter Kraft schleppte sie sich durch das Wohnzimmer, als ihr auch schon Naruto und Sasuke entgegenkamen.

Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen, als sie dem Schwarzhaarigen gegenüberstand. Es kostete sie alles, in diesem Moment nicht in Ohnmacht zu fallen.

Sie spürte seinen grausamen Blick auf sich, den gleichen Blick, mit dem er eben Justin angesehen hatte.

"Geh in die Küche, Sasuke", hörte sie Naruto sagen. Er wusste, dass sein Freund noch immer wie im Rausch war. Er selbst hatte ihn aber erst einmal so erleben müssen. Und obwohl er damals schon die Wahrheit wusste, war es für ihn kaum erträglich gewesen, Sasuke in diesem Zustand zu sehen. Die Augen zu Schlitzen verengt, wie die einer Schlange, die ihre Beute fixierte. Das Gesicht verhärtet wie der eisernste Stahl, die Muskeln angespannt, dass die Adern hervortraten ...

Wie mochte es in diesem Moment für Sakura sein?

Was würde sie denken? Würde sie überhaupt darüber nachdenken können?

Sakura öffnete langsam ihre Augen, als sie glaubte, der Schwindelanfall sei vorbei. Dennoch wankte sie leicht und musste sich zusammen reißen. Lange würde sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können.

"Bist ... du okay?"

Sasuke riss die Augen auf und augenblicklich war sein ganzer Zorn gewichen. Er machte einen Schritt nach vorne, als Sakura zusammen sackte und fing sie mit Leichtigkeit auf.

Hinata starrte Naruto verwirrt an, und beide wussten in diesem Moment nicht, was gerade passierte.

Anstatt das Sakura vor Angst bei Sasukes Anblick kreischend davon lief, machte sie sich um ihn sorgen und ein einziges Wort ihrerseits genügte um den Uchiha wieder zur Selbstbeherrschung zu führen.

Doch auch Sasuke schluckte schwer bei dieser Frage und nickte nur.

"Justin, was ist ..."

"Itachi bringt ihn in ein Krankenhaus. Er wird sich wohl an nichts erinnern. Also auch nicht, dass er bei dir war und ...", begann Naruto, stockte aber. Er wusste nicht, was dieser Mistkerl getan hatte und er hoffte, dass er es nicht bereuen würde, Sasuke aufgehalten zu haben.

"Gut ...", sagte Sakura schwach. "Seine Anwesenheit verstößt nämlich gegen meine Bewährungsauflagen ..."

Sasuke, der Sakura noch immer stützte, sah sie skeptisch an. "Sie muss zu einem Arzt", stellte er fest. Nicht weil er ihre blutende Platzwunde sah, sondern weil er das Blut an ihr riechen konnte.

"Nein, nicht ... ich geh nicht", sagte Sakura etwas fester und befreite sich aus Sasuke Griff. Sie fühlte vorsichtig an ihren Kopf und für einen Moment verzog sich ihr Gesicht schmerzverzerrt. "Das heilt von allein."

"Ein Arzt, Naruto", sagte Sasuke ohne auf ihren Protest einzugehen. "Ich kann nicht nach draußen ... ich brauch Ruhe", bemerkte er leise.

Doch Sakura schüttelte den Kopf, was sie auch gleich bereute. Ihr wurde schwarz vor Augen, doch sie bestand weiterhin darauf, keinen Arzt aufzusuchen.

"Sie reden schon genug", meinte sie und versuchte irgendwie zu lächeln. "Und man wird eine Verbindung ..."

Doch plötzlich stand Sasuke hinter ihr und tippte ihr fast unmerklich in den Nacken. Noch im gleichen Moment fiel sie Bewusstlos in seine Arme.

"Hinata?", er wandte sich zu der Schwarzhaarigen, die schon neben ihm stand. "Jetzt kannst du es auch machen, oder?"

Hinata nickte und sie nahm sich der jungen Frau an.

So wie Sasuke die Gefühle anderer spüren konnte, so hatte auch sie eine Gabe.

Sie konnte eine Heilung beschleunigen.

Und sie war im Laufe der letzten hundert Jahre, die sie schon als Vampir existierte, eine Art Ärztin geworden. Im Selbststudium hatte sie sich alle möglichen Praktiken beigebracht, die irgendwie nützlich waren und innerhalb von Jahrzehnten perfektioniert.

Es war für sie kein Problem, Sakuras Wunde am Kopf in wenigen Minuten zu heilen.

Sasuke setzte sich der Couch, auf der Sakura lag gegenüber. Er wirkte matt und erschöpft. Naruto sah ihn besorgt an.

"Alles klar mit dir?", fragte er und setzte sich zu den dreien, wobei Hinata eher vor Sakura kniete.

Sasuke nickte müde. "Alles Bestens."

"Du siehst aber nicht danach aus. Es war ... ziemlich knapp, Sasuke. Du hättest ihn ... fast zerrissen ..."

"Halt die Klappe", knurrte Sasuke bedrohlich, aber weniger beängstigend als vorher.

Naruto seufzte. "Du musst ... uns aufklären. Itachi hat nicht viel gesagt. Und in der Stadt, da wird ..."

"Geredet?", erriet Sasuke fast belustigt und ließ seinen Kopf nach hinten fallen. "Lass mich raten. Über Sakura."

Naruto nickte. Er war nicht überrascht. Sasuke wusste oft über Dinge bescheid, von denen andere noch nichts gehört hatten. "Was ist dran? Wie ... kam das alles zu Stande?"

Auch Hinata drehte sich nun zu Sasuke um. Sie wollte es ebenfalls erfahren.

Und so erklärte der Uchiha kurz, wenn auch etwas länger als bei Itachi, was seit dem Morgen vorgefallen war. Er machte es kurz und bündig, doch Naruto besaß nicht den scharfen, lang trainierten Verstand eines Vampirs, weshalb er hier und da noch einige Erklärungen extra geben musste.

"Dann hat sie also zu Unrecht im Gefängnis gesessen?", fragte er zum wiederholten Mal, doch mehr, weil er es einfach nicht begreifen konnte. Nicht begreifen wollte!

Sasuke nickte langsam, beinah genervt. Ab und an strengten ihn die Gespräche mit Naruto an, vor allem wenn er sich so anstellte. Menschen waren langsam, in allem. Auch im Denken, im Verstehen.

Er massierte sich stöhnend die Schläfen.

"Und nun weiß jeder in der Universität und vermutlich auch bald in der Gegend, wer sie ist und was sie angeblich getan hat. Deswegen ist sie aus Tokio weggerannt, und jetzt holt es sie hier wieder ein", sagte Hinata, die eine bemerkenswerte Auffassungsgabe hatte, selbst für einen Vampir.

Wie hielt sie es nur mit Naruto aus?

"Und was war das nun für ein Kerl? Justin, oder wie sie ihn genannt hatte?", fragte Naruto und stand auf, um hinter der Couch auf und ab zu laufen.

Wenn es seinem Denken auf die Sprünge half ...

Sasuke zuckte mit den den Schultern und sah mittlerweile völlig fertig aus.

Hinata sah ihn kopfschüttelnd an, ehe sie zu ihm ging und ihre Hände an seine Schläfen drückte.

"Kümmer dich lieber um sie", sagte Sasuke ungehalten, doch Hinata kannte seine schroffe Art und konnte trotz ihrer Schüchternheit, damit ganz gut umgehen.

Der Schwarzhaarige atmete tief ein, als er ihre kalten Hände spürte und allmählich fiel langsam seine Anspannung. Hinata in solchen Situationen in der Nähe zu haben war wirklich ein Segen.

"Danke", sagte Sasuke, als sie zwei Minuten später von ihm abließ und sich wieder Sakura zu wandte. "Was ist mit ihr?", wollte er wissen, als die Hyuuga seufzend mit den Händen über Sakura entlang schwebte.

Sie konnte nicht nur die Heilung beschleunigen, sonder auch "Krisenherde" im Körper ausfindig machen, also Dinge, die nicht so waren wie sie sein sollten. Die zu einer Verschlechterung des Zustandes führten.

Hinata schloss die Augen und konzentrierte sich. "Sie wirkt kränklich, obwohl ich keine genauen Anhaltspunkte finden an. Ihr Blutspiegel ist anders, sie nimmt scheinbar Medikamente."

Hinata war ein regelrechter Detektor, was das anging.

"Was für Medikamente?", fragte Naruto besorgt und hielt in seinem Dauermarsch inne.

Hinata presste die Lippen aufeinander, sie hatte sich lange nicht mehr so anstrengen müssen. Normalerweise heilte sie auch nur die Wehwehchen ihrer Freunde.

Und sie hatte nur drei Freunde.

"Für den Geist, glaub ich. Es fühlt sich so an, als wenn sich alles auf das Hirn fixiert. Ich müsste tiefer gehen ..."

"Was meinst du mit tiefer?", wollte Naruto sofort wissen.

Eine weitere von Hinatas Fähigkeiten. "In ihre Erinnerungen schauen. Darin würde ich die Antworten finden."

"Du willst in ihr Hirn gucken?"

Hinata grinste. "Nur kurz, es geht sehr schnell. Aber ich habe es noch nicht oft gemacht und bei einem Vampir ist es qualvoll, für beide Seiten. Es gibt ... viel, an das er sich erinnert. Aber Sakura ist noch bewusstlos, für sie dürfte es sich kaum mehr wie ein Alptraum anfühlen."

"Und für dich?", fragte Naruto und setzte sich neben seine Freundin.

"Das hängt von ihren Erinnerungen ab, von ihrem ... hm naja, System, wie sie die Erinnerungen behandelt. Aber es wirft mich höchstens für ein paar Minuten außer Gefecht. Du brauchst dir also keine Gedanken machen."

"Aber ... ich will nicht, dass dir etwas dabei passiert. Außerdem ist es doch nicht fair, unerlaubt in Sakuras Gedanken einzudringen."

"Ich habe keine Gewissenbisse, Naruto", lachte Hinata leise. "Ich bin neugierig geworden, und meine Neugierde möchte ich befriedigen. Außerdem ..", Hinata zögerte kurz. "Ich glaube, sie braucht irgendwie Hilfe. Alles an ihr fühlt sich anders an, als wie an dir zum Beispiel. Und ich weiß, dass sie dir etwas bedeutet. Aber ich kann nicht helfen, wenn ich keine Antworten habe. Ich werde auch nur die wichtigsten Untersuchungen in ihren Erinnerungen machen. Versprochen."

Naruto nickte und drückte Hinata kurz an sich. Dann stand er auf und stellte sich wieder hinter die Couch.

Doch auch Sasuke erhob sich. "Ich will es auch sehen", sagte er und ging um den Tisch herum zu Hinata.

Er wusste, dass er durch sie ebenfalls einige Einblicke erhalten konnte.

Die Hyuuga zögerte. "Bist du dir sicher? Ich weiß nicht, ob es funktioniert ..."

"Es wird funktionieren", sagte Sasuke ruhig und legte seine Hand auf ihre Schulter.

Hinata nickte leicht. Sasuke hatte in allem mehr Erfahrung, er wusste es besser.

Aber war es richtig, vor ihm Sakuras ganzes Leben auszubreiten?

Doch sie fügte sich seinem Willen.

Hinata schloss erneuert die Augen und legte ihre kalten schmalen Hände auf Sakuras Stirn. Die Rosahaarige bewegte sich leicht, wachte aber nicht auf. Sie sammelte ihre Konzentration.

Dann ging alles sehr schnell. Die Gedanken und Erinnerungen übertrugen sich in Bruchteilen von Sekunden auf Hinata und weiter auf Sasuke.

Kaum zwei Sekunden später riss die Vampirin ihre Augen auf und nahm ihre Hände von Sakura.

Kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie war froh, dass Sasuke seine Hand auf ihrer Schulter hatte.

Er hatte den größten Teil auf sich genommen.

Für sie wäre es wahrscheinlich zu viel gewesen.

Hinata spürte, wie Sasuke die Verbindung löste und zu einer regelrechten Salzsäure erstarrte. Auch sie musste sich erst einmal wieder fassen.

Die Erinnerung eines anderen zu ergründen war immer eine schlimme Sache.

Doch bei einem Menschen war es einfacher.

Aber nicht bei Sakura.

Sakuras Erinnerungen waren qualvoll, ihre Gefühle dabei von so tiefer Trauer übersät, aber das Schlimmste war das Chaos gewesen.

Das Chaos in ihrem Kopf.

Kein normaler Mensch konnte solch ein Chaos haben.

"Was ist los, Hinata? Alles okay?", fragte Naruto nun und half der Hyuuga auf die Beine. Sie zitterte, was er gar nicht von ihr kannte. Es machte ihm Angst.

Sasuke hingegen bebte, aber vor Zorn. Vor Wut.

Vor Hass.

Er hatte den Kontakt zu Sakuras Erinnerungen selbst abbrechen müssen, Hinata war dazu nicht mehr in der Lage gewesen. Und wenn er sie nicht abgeschirmt hätte, wäre sie vermutlich bewusstlos geworden.

Das hatten sie nicht von einer Sterblichen erwartet.

Er sah noch immer die unendlich vielen Bilder, es war ein reinstes Wirrwarr.

Er würde vermutlich Stunden brauchen, sich zu erholen und die Puzzlesteine irgendwie zusammen zufügen.

"Das müssen die Medikamente sein", japste Hinata schwach, als es ihr etwas besser ging. "Sie verändern etwas im Gehirn."

Sasuke nickte knapp, hörte aber nicht wirklich zu.

Er kochte noch immer und versuchte mit aller Macht einen erneuerten Ausbruch aufzuhalten.

Er war geschwächt, er musste jetzt in der Wohnung bleiben.

Aber es war schwer.

Schwer, nicht Itachis Spur zu folgen.

Justins Spur.

Und das zu vollenden, was er angefangen hatte.

Doch er konnte warten. Dieser Kerl würde vermutlich eine Weile im Krankenhaus bleiben.

Dann konnte er in Ruhe und im Schutz der Dunkelheit zu ihm gehen.

Um ihn dann zu töten.

"Bist du okay, Sasuke?", fragte Naruto und sah ihn irritiert an. "Was ist los? Du ..."

"Er hat mehr gesehen als ich", sagte Hinata. "Was hast du gesehen? Ergibt es für dich einen Sinn?"

Sie selbst hatte Probleme damit, überhaupt noch ein Bild klar zu sehen. Und diese Bilder waren nur Teile von Bildern.

Sasuke holte tief Luft. "Nein", sagte er ruhig und zwang sich zur Resignation. Er musste warten. "Nein, zu viel mit einmal", log er perfekt.

"Habt ihr denn jetzt irgendwas raus gefunden?", wollte Naruto ungläubig wissen. Das alles klang ihm sehr seltsam und irgendwas stimmte mit Sasukes aalglatter Antwort nicht.

Hinata schüttelte betrübt den Kopf. "Nur, dass dieses Medikament dafür verantwortlich ist, dass in ihrem Kopf so ein Chaos herrscht. Sie muss selbst Probleme damit haben, manchmal sozusagen 'klar im Kopf zu bleiben'. Es hat etwas mit der Anstalt zu tun, in der sie die letzten zwei Jahre war. Es ist etwas von dort, denke ich. Vielleicht hatte sie Depressionen, vielleicht neigte sie dazu Stimmen zu hören, die es nicht gab. Keine Ahnung. Aber es diese Art von Medikament. Ich habe jetzt tausende von Bilder aus ihrer Vergangenheit im Kopf, zumindest der letzten Jahre, aber sie sind zerstückelt und es wird eine Weile dauern, bis ich darüber klar nachdenken kann. Vorher weiß ich gar nichts. Weißt du mehr, Sasuke? Ergibt es für dich einen Sinn?"

Doch Sasuke schüttelte den Kopf und setzte sich wieder auf den Sessel. Er musste jetzt in sich gehen und alles an seinen Platz rücken.

Einiges hatte er bereits gesehen.

Justin zum Beispiel, und was er Sakura vor langer Zeit angetan hatte.

Er war es auch gewesen, der an der Universität das Gerücht verbreitet hatte. Der sie dem Mob ausgeliefert hatte.

Er begehrte sie, er wollte sie.

Aber sie nicht ihn. Sie verabscheute ihn. Fürchtete ihn.

Und deswegen projizierte er seinen ganzen Hass gegen sie.

Aber er würde versuchen, sie sich einfach zu nehmen.

Er hatte keine Skrupel.

Genau wie Sasuke.

Justin würde noch in dieser Nacht sterben müssen.

Alternativen

Es war früher Abend und Sakura schlief noch immer auf der Couch der Uchihas.

Itachi war zurückgekehrt, mit einer für Sasuke unerfreulichen Nachricht.

Justin würde überleben.

Er knurrte leise, doch Itachi hörte es natürlich und sah von seiner Zeitung auf.

Beide saßen in der Küche um die Rosahharige nicht zu wecken, obwohl ihre Bewegungen so leise waren, dass sie davon nicht hätte wach werden können.

"Du bist noch immer sehr wütend", stellte der etwas ältere schwarzhaarige Vampir fest. "Muss ich mir sorgen machen?"

"Nein", sagte Sasuke rau. Er war hörbar schlecht gelaunt.

"Wie kommt es, dass ich dir das nicht abkaufe?"

Sasuke zuckte genervt mit Schultern. "Hinata hat vorhin versucht, in Sakuras Erinnerungen zu blicken. Aber es ist nur Chaos. Die Teile müssen erst zusammenfinden ... und ich dachte, es ginge ... schneller", gab er zu.

Denn bis jetzt war er nicht viel schlauer als vorher, was Sakuras Vergangenheit betraf.

"Du bist also verärgert."

"Nenn es, wie du willst."

Itachi lächelte leicht. "Du fühlst dich zu dem Mädchen hingezogen."

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Sasuke knurrte etwas lauter. "Red keinen Schwachsinn."

"Das tue ich nie. Ich sage nur was offensichtlich ist. Und wir müssen noch über etwas anderes offensichtliches reden ...", begann er langsam.

"Was meinst du?", fragte Sasuke, obwohl er es sich denken konnte.

"Sie hat uns rein gelassen. Und es war anders. Sie hat uns nicht als Besucher rein gelassen. Sie wusste, dass es so kommen würde. Sie ... könnte etwas ahnen."

"Unsinn", sagte Sasuke schroff. "Woher sollte sie denn etwas ahnen können?"

"Sie wusste, dass wir ihre Erlaubnis brauchten, dass wir sonst nicht hätten helfen können. Findest du das nicht seltsam?"

"Nein, sie hatte einfach Angst. Und ich hatte ihr ziemlich direkt gesagt, dass sie mich rein bitten soll."

Doch Itachi schüttelte den Kopf. "Am Anfang ja. Als du es wiederholt hast, kann sie es kaum verstanden haben. Selbst ich habe es kaum verstanden. Und außerdem ...", Itachi machte eine kurze Pause und legte die Zeitung beiseite. "Sie hat nicht gesagt, dass wir rein dürfen. Vielleicht formten ihre Lippen es, aber sie hat es nicht ausgesprochen."

"Was redest du da? Ich hab es gehört, es war eben sehr leise. Außerdem wären wir vermutlich längst verblutet, wenn dem nicht so gewesen wäre!", Sasuke wurde lauter.

"Du hast es gehört, ja ... aber nur in deinen Gedanken." Itachi stand auf und ging zur Spüle.

"Was soll das heißen?"

"Du bist nicht auf den Kopf gefallen, Sasuke! Wehr dich nicht gegen die Fakten. Das Mädchen ist nicht normal. Nicht im menschlichen Sinne. Sie hat, und wenn nur im Unterbewusstsein erkannt, das wir anders sind und ohne Erlaubnis nicht in die Wohnung konnten. Sie hat dich verstehen können, obwohl das kaum möglich war. Und sie ließ uns rein, in dem sie in unseren Gedanken sprach."

"Und was soll das jetzt heißen?"

Itachi seufzte. "Das sie eine Gefahr sein könnte."

"Red keinen Mist. Sie ist nur ein Mensch!"

"Dreh nicht gleich durch", sagte der ältere Uchiha. "Ich habe nicht vor, sie zu töten. Nicht, bevor wir das Ausmaß nicht kennen."

Sasukes Knurren wurde bedrohlicher als Itachi es erwartete. "Du rührst sie nicht an!", es schwang soviel Zorn mit, dass Itachi glaubte, Sasuke könne jeden Moment auf ihn losgehen.

"Nein, ich werde sie nicht anrühren", beschwichtigte Itachi seinen Bruder. "Beruhig dich also wieder. Aber wir müssen herausfinden, und dass so schnell wie möglich, was das zu bedeuten hat. Es wäre also nicht verkehrt, wenn du die Bilder aus ihrer Vergangenheit zusammenfügst. Vielleicht erfahren wir so etwas. Sie sieht nämlich nicht so aus, als würde sie es freiwillig sagen. Und ich möchte sie nicht zwingen müssen ..."

Sasuke sagte nichts, sah seinen Bruder aber gefährlich an.

Itachi konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. "Du magst sie wirklich ... Und behaupte jetzt nicht das Gegenteil! Ich habe dich seit Jahrzehnten nicht so erlebt. So ... menschlich."

"Tse, lass dieses dumme Gerede. In welches Krankenhaus hast du den Kerl gebracht?", wechselte Sasuke das Thema.

Itachi stöhnte leidlich. "Willst du es zu Ende bringen?", erriet er.

Sasuke sagte nichts. Doch sein Bruder kannte die Antwort.

"Du findest es auch ohne meine Hilfe. Ich möchte damit nichts zu tun haben. Er ist ein Mensch, wir sind keine Richter. Keine Vollstrecker."

Sasuke schnaubte abfällig. "Es wird ihn aber sonst niemand zur Rechenschaft ziehen."

"Du kannst nicht töten wie es dir gefällt."

"Es gefällt mir nicht, aber töten werde ich trotzdem. Denn es gefällt mir noch weniger, was er mit dem Mädchen gemacht hat."

"Ich kann dich kaum aufhalten. In der Beziehung sind wir leider sehr verschieden", sagte Itachi traurig.

Und da hatte er recht.

Er hatte nie das Bedürfnis zu Morden. Er fiel nie in einen Rausch. Er konnte sich bisweilen immer Beherrschen. Seine menschliche Seite war viel ausgeprägter als die seines Bruders. Seine Gefühle waren denen der Menschen sehr ähnlich. Er handelte nur wenn es darum ging, dass Gehemnis zu hüten.

Sasuke hingegen besaß nicht diese Selbstbeherrschung. Es war nicht oft passiert, aber es war passiert. In ihm schlummerte ein blutrünstiges Monster, ohne Gewissen und Mitleid.

Ein Monster mit ungeahnter Kraft, das Stärke kaum aufzuhalten vermochte.

Nur durch Naruto und sein immenses Einreden hatten sie Sasuke vorhin beruhigen können. Ihn von einem Massaker abhalten können.

Sasuke war eine tickende Zeitbombe, die sich nach jeder Explosion neu auflud.

Und im Moment hörte man das Ticken laut und deutlich.

"Sie wacht auf", sagte der jüngere Vampir trocken und sah seinen Bruder warnend an.

Itachi nickte. "Ich muss noch ins Büro. Lass sie nicht aus den Augen, oder zumindest nicht aus unserer Reichweite. Wir müssen erst mehr erfahren. Wir müssen sicher sein, dass sie uns nicht gefährlich werden kann."

Sasuke seufzte kopfschüttelnd. Der Gedanke war zu lächerlich.

Ein schwaches Mädchen wie sie sollte eine Gefahr sein?

Sie war sich höchstens selbst eine Gefahr.

Itachi verließ die Wohnung und keine fünf Minuten später öffnete Sakura ihre glanzlosen Augen.

Ohne sich zu rühren durchsuchte sie den Raum nach Anhaltspunkten, wo sie sich befand, denn nur schwer erinnerte sie sich daran, was geschehen war. Sie hörte Schritte und zu schnell schoss ihr Oberkörper nach oben, der Schwindel folgte auf dem Fuss.

"Verdammt", keuchte sie und drückte ihre Handfläche gegen die Stirn. Es wurde dunkel um sie und mit der anderen Hand krallte sie sich an die Sofalehne, um nicht nach hinten zu kippen.

Sekunden vergingen und allmählich ging der Schwindel und die Dunkelheit zurück.

Sakura atmete auf und sah nun zu der Lärmquelle.

Sasuke stand im Türrahmen und seine schwarzen Augen beobachten sie. Sakura hatte das Gefühl, als wäre er ein Fuchs auf der Lauer und sie das Kaninchen.

Obwohl der Vergleich mit einem Fuchs etwas hinkte.

Eher ein Wolf, oder ein Tiger.

Vielleicht ein Gepard?

Puma? So dunkel, ja ...

"Was glotzt du so?", murrte sie und stellte ihre Beine vorsichtig auf den Boden. Den Mut aufzustehen hatte sie jedoch nicht. Es wäre zu peinlich, wenn sie vor ihm auf den Boden knallen würde.

Wie ein Schwächling.

Sasuke stieß sich von der Tür ab, die Hände lässig in den Hosentaschen. Sakura kam nicht umhin ihn verstohlen zu mustern.

Wie er auf sie zu kam, stolz wie ein König und zugleich so kühl und graziös. Mit seiner dunklen Jeans und dem dunkelblauem Hemd sah er einfach unwiderstehlich aus. Es stand im Kontrast zu seiner hellen Haut.

Ein gelungenes Bild.

Sakura musste schmunzeln. Ihr eigenes Verhalten amüsierte sie.

Sie fühlte sich fast ein Stück unbeschwert, als gäbe es in diesem Moment nur ihn.

Doch das Bild verblasste und wich der Erinnerung an die vergangen Stunden.

Justin hatte in ihrer Wohnung auf sie gewartet.

Er war nach Okinawa Honto geflogen, weil er sie zurückhaben wollte. Er war es auch, der auf dem Campus von ihr erzählt hatte.

Er wollte, dass sie mit ihm zurück kam und ihm ganz alleine gehörte.

Doch Sakura schüttelte innerlich den Kopf. Sie hatte ihm nie gehört und das würde sie auch nie.

Gab es noch einen Menschen auf der Welt, denn sie so verabscheute?

Sicher nicht ...

Bis auf sich selbst natürlich.

Er war handgreiflich geworden und hatte weiß Gott was vor, als es jedoch an der Tür klopfte.

War es wirklich ein Zufall gewesen, der sie vor Justin gerettet hat?

Es war eher Sasuke gewesen, der sich auf ihn gestürzt hatte. Er hatte sie vor dem Schlimmsten bewahrt.

Und nun saß er auf dem Sessel ihr gegenüber und blickte sie weiterhin unverwand an.

Sakura schaute zurück, sie verfing sich beinah in seinem ausgesprochen mysteriösen Blick.

"Danke, für deine Hilfe", sagte sie schließlich und schloss die Augen. "Du hast mir heute schon zum zweiten Mal geholfen. Ich bin dir wohl etwas schuldig."

Sasuke lehnte sich in die Polster zurück. "Geht es dir besser?", fragte er ohne auf sie einzugehen.

Sakura sah ihn verwirrt an, nickte aber. "Es tut mir ... leid, Sasuke."

"Was tut dir leid?"

"Das ich ... dich damit reingezogen habe. Er hätte dich ... verletzen können. Das wollte ich nicht."

Sasuke grinste leicht. In ihrer Gegenwart fiel es ihm leichter die Kontrolle über sich zu behalten und nicht ständig zu überlegen, wie er Justin auslöschen könnte. "Das hätte er sicher nicht gekonnt. Mach dir darüber keine Gedanken."

Sakura runzelte die Stirn, widersprach aber nicht. Stattdessen erhob sie sich langsam.

"Wo willst du hin?", fragte Sasuke und ließ sie dabei nicht aus den Augen.

"In meine Wohnung natürlich. Es ist bestimmt spät. Ich muss telefonieren."

"Fährst du morgen mit dem Bus?"

"Nein", sagte Sakura und ging Richtung Flur.

"Mit mir?"

"Nein."

"Du wirst nicht laufen!"

Sakura schüttelte fast lächelnd den Kopf. "Ich werde nicht zur Uni gehen. Sie ... zerreißen sich sicher schon ohne meine Anwesenheit die Mäuler."

"Dann stell es klar. Sag die Wahrheit."

"Warum sollte man mir glauben?", sie schwieg einen Moment. "Nein, es hat keinen Sinn. Es wäre ... dumm zu hoffen. Gute Nacht."

"Willst du dich ewig verstecken?", Sasuke stand auf und versperrte ihr den Weg.

Sakura sah ihn traurig an. "Nein, nicht ewig. Nur so lange, wie es mich gibt."

"Das ist eine dumme Antwort."

Sakura nickte. "Vielleicht. Aber es ist meine einzige."

"Du wirst dir dein Studium versauen", warf Sasuke ein, obwohl er nicht wusste, was ihn das anging.

Oder warum es ihn überhaupt interessierte.

"Das ist mir reichlich egal."

"Dir ist ziemlich viel egal, oder?", jetzt klang er vorwurfsvoll.

Sakura zuckte mit den Schultern. Es war eine ermüdende Diskussion. So sinnlos. "Ich bin wie ich bin. Und ich habe nicht ... ich werde mich nicht mehr ändern", sie seufzte gequält.

"Du bist ein Feigling."

Sakura stöhnte. Musste er so direkt sein? "Ja, das ist wahrscheinlich", gab sie aber zu. "Feige und schwach. Und so wird es bleiben, denn ich habe nicht vor einen anderen Weg zu wählen. Es wäre nur unnötig schmerzhaft."

"Was willst du dann machen?"

"Danach ... wird es nicht gehen. Man wird mir Alternativen nennen und ich werde die einfachste wählen. Jetzt lass mich bitte durch ..."

Sasuke trat einen Schritt zur Seite, wenn auch wiederwillig. "Wirst du diesen Bewährungshelfer anrufen?", fragte er unvermittelt.

Die junge Frau, mehr noch ein Teenager, sah ihn skeptisch an. "Warum willst du das wissen?"

"Ich möchte dabei sein, wenn er zu dir kommt ..."

Sakura glaubte sich verhört zu haben. "Wozu?"

"Ich will dabei sein."

"Nein, das geht nicht!", sagte Sakura fest, aber völlig verwirrt. Was sollte das? Was hatte dieser Kerl vor?

"Dann fange ich den Mann auf der Straße ab. Wie es dir lieber ist ..."

Sakura schnaubte verächtlich. "Das ist Erpressung!"

"Nenn es wie du willst", Sasuke kam nicht umhin, leicht zu grinsen.

"Nein, vergiss es!", Sakura blieb dabei. Es war vollkommen ausgeschlossen. Nie war jemand anwesend gewesen, wenn sie mit diesen Leuten vom Amt oder der Behörde redete.

Aber wie auch?

Es hatte nie jemanden gegeben ...

"Du hast gesagt, du bist mir etwas schuldig", erinnerte Sasuke nun und Sakura wurde bald rot vor Wut.

Aber er hatte recht. Das hatte sie gesagt. Wie dumm!

"Ich weiß nicht, ob Herr Sakamoto das genehmigen würde", presste sie aus ihren Lippen hervor.

Sie wusste es wirklich nicht, aber hoffte inständig, dass er es nicht gestattete.

Doch ihre Hoffnungen waren umsonst ...
 

Am nächsten Morgen saßen eine vollkommen aufgebrachte Sakura, ein völlig entspannter Sasuke und ein auf höchste Weise überraschter Bewährungshelfer am Wohnzimmertisch von Sakuras kleiner Wohnung.

Sakura war wütend, weil Sasuke dabei war.

Sasuke hingegen grinste innerlich bei ihrem Anblick.

Und Herr Sakamoto konnte noch immer nicht fassen, dass in Sakuras Leben ein anderer Mensch getreten war, der darum bat, bei einem Termin dabei zu sein.

Denn er war einer der wenigen, der dachte, ihr Leben im Ansatz zu kennen. Er hatte sie von Anfang an begleitet. Damals als Sozialbeamter, und nun als ihr Betreuer, seit sie entlassen war. Er lebte selbst in Naha und war während der Zeit des Prozesses und des Ermittlungsverfahrens in Tokio gewesen, weshalb er den Fall bekommen hatte und nun weiterführen konnte.

Und er mochte das Mädchen. Er hatte dafür gekämpft, dass man sie entließ und aufgrund der verwirrenden Umstände kam alles so, wie es es kam. Und natürlich durch Sakuras guter Führung.

Damals waren die Beweise erdrückend gewesen, aber nach und nach waren Dinge ans Licht gekommen, die alles umgeworfen hatten.

Man hatte Sakura nicht von der Schuld freigesprochen. Das wäre ein zu tiefer Schlag für das Gericht gewesen ...

Aber man hatte ihr eine zweite Chance gewährt, und sie hatte alles hingenommen, wie man es ihr vor die Füße geworfen hätte.

Herr Sakamoto seufzte bei dem Gedanken an den schweren Prozess.

Und bis heute wurde er aus Sakuras Verhalten nicht schlau. Sie verheimlichte etwas, ohne Frage. Aber wenn es etwas war, dass sie vollkommen entlastete, warum sagte sie dann nichts?

Aus Angst, die Presse würde sie verfolgen? Aber sie hätte die einmalige Chance alles richtig zu stellen! Endlich frei leben zu können!

Sie hatte eher immer das Gegenteil getan. Sie hatte sich belastet.

Sie hatte geschwiegen, wenn sie gefragt wurde, hatte wirr geredet, wenn Dinge eigentlich auf der Hand lagen.

Ja, alles was damals passiert war, blieb seltsam.

Und das Urteil, dass damals gefällt worden war, schien ihr nicht einmal ausgereicht zu haben. Jugendhaft, dann Umsiedlung in ein normales Gefängnis, wenn sie alt genug gewesen wäre.

Denn sie hätte viele Jahre im Gefängnis bleiben müssen, obwohl die Staatsanwaltschaft damals schon zu wenig Beweise hatte und ihr Verhalten abnorm war.

Fast ihr ganzes Leben.

Aber alles war anders gekommen.

Der einzige Augenzeuge, den es gegeben hatte, wurde rückwirkend als psyschich Krank eingestuft. Und das im hohen, sehr hohem Maße.

Damit wurde eine riesige Beweislast von der damals 17 jährigen genommen.

Hätte sie sich nicht freuen müssen?

Herr Sakamoto hatte es geglaubt, aber Sakura hatte es gleichgültig hingenommen. Zudem Zeitpunkt war ihr bereits alles egal gewesen.

Und so wurde auch sie getestet und als geistig labil befunden.

Man ließ sie nicht frei, sondern steckte sie in eine Anstalt. Eine Nervenklinik.

Und von da an ging es noch rapider Abwärts mit dem Mädchen.

Anstatt mit Freundlichkeit, Menschlichkeit und einfacher Zuversicht wurde sie mit Medikamenten behandelt, die aus ihr eine leblose Hülle machten.

Bis er es schaffte, sie raus zu holen ...

Ja, er musste sich eingestehen, dass es sein Verdient war.

Er hatte etwas gutes getan, es zumindest gehofft.

Aber Tokio erinnerte sich.

Erinnerte sich und wurde erinnert, dass dieses Mädchen ihre Familie umbrachte und in psychiatrischer Behandlung war.

Sie hätte dort nie Ruhe gefunden, die sie so dringend brauchte, um sich wieder zu erholen.

Also hatte er dafür gesorgt, dass sie so weit weg konnte, wie möglich.

Und er selbst lebte in Naha.

Ging es noch weiter?

Es war eine gute Lösung gewesen. Sie sollte eine Universität besuchen und den Altag zurückgewinnen, den sie seit Jahren nicht mehr hatte.

Noch im Gefängnis hatte sie einen Abschluss gemacht, der sie für ein Studium qualifizierte.

Keiner hatte dort so viel gelernt wie sie.

Und es hätte funktionieren müssen, wenigstens für eine Weile ...

Aber als Sakura gestern aufgewühlt anrief und erzählte, dass es alle wüssten, da hatte auch er keine Lösung gewusst.

Wenigstens für eine absehbare Zeit hätte er sich Ruhe und ein normales Leben für die 19-jährige gewünscht.

Solange, bis sie wieder einigermaßen sie selbst war.

Doch es musste anders kommen ...

Sogar er hatte es schon gestern Nachmittag in der Zeitung gelesen.

"Sakura", begann Herr Sakamoto nun, nachdem eine Weile Schweigen geherrscht hatte. "Wie geht es ihnen?"

"Gut", log Sakura und ignorierte dabei Sasukes skeptischen Blick.

"Wissen sie, woher es ihre Kommilitonen erfahren haben? Haben sie selbst vielleicht ..."

"Nein", sagte Sakura sofort. "Ich hab es bestimmt nicht erzählt."

"Gibt es jemanden, der es irgendwie herausfinden hätte können? Der etwas ahnte? Hat jemand etwas angedeutet?"

Sakura rang mit sich. Sollte sie von Justin erzählen? Das er hier war und jetzt im Krankenhaus lag?

Sie hätte sich vielleicht erkundigen sollen, wie es ihm ging.

Aber wenn er sich an nichts erinnerte ...

"Es war ein Mann", sagte Sasuke einfach und Sakura zuckte zusammen. Fassungslos starrte sie den Uchiha an.

Was tat er da?

"Ein Mann?", Herr Sakamoto wurde hellhörig.

"Ja, Justin oder wie er hieß. Ich habe Sakura gestern nach Hause gefahren, da hat er schon auf sie gewartet und gesagt, dass er es war. Aber er geriet in Panik, als er mich sah. Er dachte erst, sie sei allein. Er rannte weg und wurde von einem Auto erfasst. Er ist gestern Nacht an seinen Inneren Verletzungen gestorben."

Sakuras Augen waren weit aufgerissen. Justin war tot? Aber ... hatte Itachi nicht gesagt ...

Herr Sakamoto glaubte kaum, was er hörte. "Das hätten sie mir sofort sagen müssen, Sakura!"

Sakura jedoch war wie erstarrt.

Justin war tot?

"Sie wusste es nicht, sie hört jetzt das erste mal davon. Er wurde vor ihren Augen angefahren und sie stand danach unter Schock. Mein Bruder brachte den Mann ins Krankenhaus und erst vorhin erfuhren wir, dass er die Nacht nicht überlebt hat."

Natürlich hatte er die Nacht nicht überlebt ...

Herr Sakamoto blickte zu Sakura, die schneeweiß geworden war.

"Sollen wir einen Arzt rufen?", fragte er sie. "Oder soll ich ihnen ihre Medikamente holen?"

Doch Sakura schüttelte nur den Kopf, unfähig etwas zu sagen.

Hatte sie sich das gestern alles nur eingebildet? War es wirklich so gewesen, wie Sasuke es sagte? Oder log er um sie zu schützen? Sie hatte erwähnt, dass Justin nicht in ihre Nähe durfte ... aber warum war er tot? Wie konnte das sein? Hatte Sasuke so sehr auf ihn eingeschlagen, dass er ...

Sakura musste die Augen schließen, als sie spürte, wie ihr die Galle hochkam. "Ich muss kurz ...", begann sie und ging ins Bad, ohne sich um die fragenden Blicke der anderen beiden zu kümmern.

"Das ist ...", Herr Sakamoto fand nicht die richtigen Worte.

Justin war eine Gefahr für Sakura gewesen, jetzt war er tot. Durch einen Autounfall ... Sollte es ein Zufall sein, oder gab es eine Verbindung?

Aber Sakuras Erschrockenheit war nicht gespielt. Sie war entsetzt über diese Nachricht.

Es musste also stimmen.

Aber damit konnte er sich später immer noch beschäftigen.

Sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an Sasuke hängen, der ausdruckslos aus dem Fenster sah. Er war mit Sicherheit ein interessanter Mensch, aber seine Verbindung zu Sakura war ihm unklar.

"Sie studieren also mit ihr?", tat er ganz ungezwungen.

Sasuke nickte. "Ich bin an der gleichen Universität eingeschrieben."

"Welches Fach, wenn ich fragen darf?"

"Wirtschaft."

"Leben sie schon länger hier?"

"Drei Jahre."

"Woher kommen sie?"

"Ich reise viel, zusammen mit meinem Bruder", entgegnete Sasuke distanziert, aber so höflich wie möglich.

Herr Sakamoto nickte. "Sind sie ... mit Sakura befreundet?", es sollte so alltäglich wie möglich klingen.

Sasuke lächelte leicht. "Ich glaube, Sakura würde mich verfluchen, wenn ich ihr eine Freundschaft mit mir unterstellen würde."

Herr Sakamoto nickte, doch auch er schmunzelte. Er fühlte sich augenblicklich nicht mehr so befangen. Er mochte diesen jungen Mann durchaus.

"Mein bester Freund, der eine Etage tiefer wohnt, war früher mit ihr gut befreundet. Ihm liegt noch immer sehr viel an ihr, auch wenn sie so tun wollte, als könne sie sich nicht an ihn erinnern."

"Wann früher?"

"Grundschule."

Herr Sakamoto nickte. "Ich muss vorsichtig sein mit Sakuras Freunden. Justin gehört ... gehörte damals auch dazu. Ein falscher Freund, wenn sie verstehen. Aber ich denke nicht, dass ich mir sorgen machen muss. In der Grundschule war ihr Leben noch geordnet."

"Seit wann ist es das nicht mehr?", fragte Sasuke. Er wusste zwar schon etwas mehr durch die Puzzle, aber immer noch viel zu wenig. Ein bisschen Hilfe durch diesen Mann konnte nicht schaden, auch wenn es seinen Stolz verletzte.

Normalerweise brauchte er keine Hilfe.

"Nun, vermutlich seit Sakura 13 war. Ihre Mutter heirate wieder und sie zogen um. Sie hasste ihren Stiefvater. Sie trieb sich mit den falschen Freunden rum und ihr Leben nahm eine negative Wendung. Justin ist ... war einer davon."

"Was hat er getan? Sie hatte Angst vor ihm."

Herr Sakamoto überlegte, wieviel er sagen durfte. Aber der junge Mann ihm gegenüber schien vertrauenswürdig und ihm schien viel an Sakura gelegen. Es war komisch, aber er hatte keine Zweifel, dass er mit ihm reden musste, um Sakura zu helfen.

Hätte er vermutet, dass Sasuke ein Vampir war, wäre es ihm wohl nicht seltsam vorgekommen, so unbeschwert darüber zu sprechen.

Dass Sasuke ihn auf eine gewisse Weise manipulierte, kam ihm aber nicht in den Sinn.

Auch nicht, dass er gegen sämtliche Vorschriften verstieß, so offen zu sein.

"Justin war ein Kleinkrimineller, der viel mit Drogen und illegalen Geschäften zu tun hatte. Sakura ahnte nichts davon, aber sie mochte ihn wohl zu Anfang. Er war ... nun ... nett zu ihr, und sie fühlte sich bei ihm wohler als bei ihrer Familie. Aber nicht lange und sie kam dahinter, was er tat und wer er war. Es kam zu einem Bruch. Vor ein paar Wochen, als sie noch in Tokio war, sah sie ihn wohl wieder. Er gehört auch zu den Gründen, warum sie wegziehen wollte."

"Sie wissen nicht mehr?"

Herr Sakamoto schüttelte den Kopf. "Leider nicht, nein. Sie ... nun redet nicht viel, und nicht gern."

"Stimmt", gab Sasuke zu.

"Naja, es ist ihr auch nicht zu verdenken. Aber mit etwas mehr Ehrlichkeit und Vertrauen wären wir vielleicht schon weiter. Ich glaube, diese Klinik hat sie sehr mitgenommen."

"Was war das für eine Klinik?"

Der Bewährungshelfer überlegte. "Sie gehörte zu dem Jugendgefängnis, in dem Sakura saß. Als der ganze Prozess neu aufgewühlt wurde war sie dem ganzen sehr Gleichgültig gegenüber und ein Arzt stellte bei ihr schwere Depressionen fest. Es war eine harte Zeit dort. Anfangs waren es nur die Depressionen, dann kamen andere Dinge hinzu und sie musste viele Tabletten nehmen. Aber ich hatte dass Gefühl, dass es ihr nur immer schlechter ging und da ich die Verantwortung im weitesten Sinne trug ließ ich sie entlassen."

"Was für andere Dinge?", Sasuke unterdrückte seine Ungeduld. Er kam der Sache näher, aber wenn Sakura zurück käme, würde sie diesen Mann wohl kaum weiter reden lassen. Es musste schnell gehen.

"Nun, es lag an den ersten Medikamenten. Sie vertrug sie nicht besonders und es gab Nebenwirkungen. Sie bildete sich Dinge ein, Stimmen zum Beispiel. Jetzt setzt sie sie ab und es gab keine Probleme weiter, deswegen durfte sie auch raus. Man hofft, dass ihr ein normales Leben gut tut und sie wieder zu sich selbst findet."

"Glauben sie, dass es klappt?"

Herr Sakamoto schüttelte betrübt den Kopf. "Wenn sie es wollen würde, dann hätte sie eine Chance. Aber sie will es nicht. Sie lebt nur noch vor sich her, sagt ja und ahmen und das wars. Ich gestehe, ich weiß nicht weiter. Jetzt der Vorfall mit Justin. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie sehr sie das aus der Bahn wirft. Ich müsste sie eigentlich zurück in die Klinik schicken. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubt. Aber sie wird es ohne Hilfe nicht packen, und freiwillig nimmt sie keine Hilfe an, nicht einmal von mir."

Sasuke schwieg, zumal auch Sakura gerade zurück kam. Sie war noch blasser als vorher, aber wirkte um einiges gefasster.

Eine Weile herrschte Ruhe und jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen.

"Wie geht es jetzt weiter?", fragte Sakura schließlich. "Was soll ich tun?"

"Was möchten sie denn tun, Sakura?", Herr Sakamoto seufzte, denn er kannte die Antwort.

"Ich möchte weg ..."

"Es wird das Gleiche geschehen. Sie können nicht ewig davor weg laufen. Und sie müssten die Universität abbrechen."

"Das ist mir egal."

"Das sollte es aber nicht sein."

Sakura sagte nichts darauf.

"Wenn wir hier abbrechen, müssten sie vermutlich zuerst wieder zurück in die Klinik", bemerkte Herr Sakamoto und Sakura sah ihn erschrocken an.

"Nein ...", es klang wie ein Flehen.

"Das ist die Alternative."

"Ich kann nicht zurück", Sakura wurde lauter und Sasuke spürte, dass ihre Gefühle wieder einmal übereinander einschlugen.

"Sie sollten hier bleiben, versuchen sie es. Melden sie sich für eine Woche krank und dann gehen sie wieder zur Universität."

Sakura bebte nun vor Anspannung. Was tun? Es gab keine Alternative, es gab nur ein Ende.

Und das Ende war ein erneuerter Aufenhalt in der Klinik, in der sie gewesen war.

Und in der ER gewesen war ...

Sakura, die neben Sasuke saß, stand abrupt auf, dann stürzte sie aus der Wohnung.

"Sakura, was ...", Herr Sakamoto wollte hinterher, doch Sasuke hielt ihn auf.

Er lächelte beruhigend. "Lassen sie sie gehen, sie kommt zurück."

"Da bin ich mir nicht so sicher", gestand Herr Sakamoto, aber nun stand auch Sasuke auf.

"Das können sie aber, ich werde sie überzeugen ..."

Hab vertrauen

Sakura hasste ihr Leben.

Sie hasste alles was sie war und alles was sie tat.

Schon eine Weile hatte sie sich nicht mehr den Gedanken hingegeben, warum gerade sie so ein Leben haben musste.

Nun saß sie auf einer Bank inmitten eines kleinen Parks, wurde von Minute zu Minute nasser und sah starr vor sich her.

Und das einzige, was sie im Moment beschäftigte war: Warum sie?

Als ihr Vater noch lebte, war alles so schön gewesen.

Ein perfektes Leben, eine perfekte glückliche Familie ...

Es stand ihr eine perfekte Zukunft bevor.

Und dann änderte sich alles auf einen Schlag.

Ihr Vater verunglückte tödlich, ihre Mutter heiratete wieder, ihr Stiefvater war gewalttätig.

Kein perfektes Leben mehr, keine perfekte Familie ...

Keine perfekte Zukunft, die ihr bevorstand.

Es existierte überhaupt keine Zukunft mehr für Sakura.

Und damit fand sie sich ab.

Verschwendete keinen Gedanken mehr an Dinge, die sie nicht haben konnte.

Was man nicht besaß, konnte man nicht vermissen.

Ein sehr altkluger Spruch.

Doch im tiefsten Inneren wusste Sakura noch, was Liebe, Glück und Zuneigung war.

Und dafür hasste sie sich.

Könnte sie diese Gefühle endlich vergessen, wäre der Schmerz einfacher zu ertragen.

Sie würde sich nicht mehr danach sehnen.

Würde endlich auch ihre letzten Hoffnungen begraben können.

Denn das musste Sakura sich eingestehen, sie hatte immer noch Hoffnung.

Sie würde es nicht laut aussprechen, aber sie lagen verborgen und warten noch immer darauf, dass es eines Tages besser werden könnte.

Sie war so dumm, so naiv.

Wie könnte etwas besser werden? Wo sie sich doch gegen jede Besserung sträubte.

Es war alles so paradox, und doch verständlich.

Sakura wurde von Schuldgefühlen aufgefressen.

Ihre Mutter starb, um sie zu beschützen.

Wäre Sakura nur stärker gewesen, mutiger oder einfach eine bessere Tochter, dann wäre alles womöglich ganz anders gekommen.

Vielleicht hätte es dann eine perfekte Zukunft geben können.

Die Rosahaarige seufzte gequält und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Der Regen tropfte von ihren Haaren und vermischte sich mit ihren Tränen. Sie hatte gehofft, hier auf Okinawa Honto in Ruhe ein normales Leben leben zu können, es wenigstens zu versuchen.

Aber alles war so schnell passiert. Das Schicksal hatte ihr keine Ruhe gegönnt.

Warum machte sie immer alles falsch?

Warum hoffte sie immer wieder aufs Neue?

Sakura fröstelte und schlang die Arme um sich. Sie war so übereilt davon gestürzt, dass sie nicht an eine Jacke gedacht hatte.

Sie sollte also zurück in diese verfluchte Klinik ...

Entweder dass, oder sie musste sich hier den Menschen stellen.

Beides kam einem Todesurteil gleich, doch Sakura wusste nicht, was sie tun sollte.

Bliebe sie hier, würde es genauso werden wie in Tokio. Man würde über sie reden, es würden immer mehr Gerüchte aufkommen, verachtende Blicke die ihr entgegenkamen.

Furcht, Hass, Abscheu.

Man behandelte sie wie ein Monster.

Und wenn sie wieder in die Klinik ginge? Sich der Gefahr aussetzen, den Verstand vollkommen zu verlieren? Mit Medikamenten zugestopft werden, die einen benebeln und nicht mehr klar denken lassen?

Die einen Dinge einreden, die nicht existieren?

Die nicht existieren können, weil sie unrealistisch sind?

Noch heute, Wochen nach ihrem Klinikaufenthalt, hatte sie das unbestimmte Gefühl, dass es stimmen konnte.

Das es Menschen gab, die keine waren.

Die anders waren.

Doch es war absurd!

Sie hatte sich diesen Mann damals eingebildet, es gab keine andere Möglichkeit.

Sie war kein Kind, dass noch an Märchen glaubte.

Und trotzdem verdankte sie dieser unwirklichen Gestalt ihr Leben.

Wäre er ihr nicht Nacht für Nacht in ihrem Zimmer erschienen, sie wäre an sich selbst zerbrochen.

Aber es war schier unmöglich, dass es diesen Mann gab.

Er hätte nicht in den Raum kommen können.

Und niemand kannte ihn.

Man hatte sie für verrückt erklärt und nur die Dosis erhöht, aber wieder kam er.

Und durch ihn hatte sie es überstehen können.

Eine Einbildung, entstanden durch ihren verzerrten Verstand, der sie vor dem Schlimmsten bewahrte.

Ironie des Schicksal?

Er bewahrte sie vor dem, was nur durch ihn geschah.

Hätte sie ihn nicht erwähnt, hätte man sie nicht für geistig labil gehalten. Zumindest nicht in diesem Maße ...

Sakura zitterte, ihre Sachen klebten mittlerweile an ihrem Körper.

Dieser Ort passte zu ihr und ihren Gefühlen.

Das Wetter war ständig schlecht, verregnet und neblig. Allerdings nur im Herbst.

Gab es für sie auch einen Frühling?

Sakura schüttelte es regelrecht, doch sie erschrak, als sie plötzlich spürte, wie sich etwas warmes um ihre Schultern legte. Sie sah zu ihrer rechten, direkt in Sasukes blasses Gesicht.

Er sagte nichts, sondern setzte sich nur schweigend neben sie. Seine Jacke hielt nun die gröbste Nässe von ihr fern.

Sakura stießen neue Tränen in die Augen.

Okinawa Honto hatte seine Überraschungen für sie parat gehabt.

Sie war Naruto begegnet, ihren alten besten Freund aus glücklichen Kindertagen.

Und Sasuke, der immer dann da war, wenn sie Hilfe brauchte.

Sie mochte ihn, auch wenn sie das nicht zugeben wollte.

Und er hatte etwas geheimnisvolles an sich, dass sie verzauberte.

Verzauberte und erinnerte.

An den Menschen, den sie in der Klinik sooft begegnet war.

Auch wenn es nur eine Fantasie ihres gepeinigten Verstandes war.

Mehrere Minuten saßen die beiden einfach nur schweigend nebeneinander. Es war, als wären sie Statuen dieses Parks.

"Was ...", Sakura schluckte und suchte nach den richtigen Worten. "Was würdest ... du tun?", fragte sie leise, ohne ihn anzusehen.

Der Schwarzhaarige schloss die Augen. "Das weißt du. Die Wahrheit sagen ... und nicht mehr wegrennen", gab er ebenso still zurück.

Doch so ganz stimmte das nicht.

Er würde vermutlich eher mit todbringender Gewalt reagieren.

Das konnte er ihr nur nicht sagen.

Sie war ein Mensch.

Er würde es zwar für sie machen, aber damit brächte er das Mädchen nur noch in mehr Schwierigkeiten.

Und Itachi würde es nicht gut heißen.

"Aber ...", Sakura schüttelte angespannt den Kopf. "Das schaff ich nicht ..."

Sasuke lachte leise. "Natürlich schaffst du das. Und wenn du deinen Hitzkopf mal vergessen könntest, dann wüsstest du auch, dass du Freunde hast, die dir helfen werden."

"Naruto müsste mich hassen, so gemein wie ich zu ihm war!", sagte Sakura bitter.

"Naruto ist ein guter Kerl. Er ist dir nicht böse. Für ihn wäre es viel schlimmer, wenn du jetzt einfach wieder verschwindest."

Sakura zog scharf die Luft ein. "Glaubst du, sie würden mir glauben?"

Sasuke seufzte. "Es wird vermutlich eine Weile dauern. Aber ich glaube dir, und Naruto und Hinata auch. Du bist hier nicht allein."

Sakura zwang sich zu einem Lächeln.

Verdammte, unzerstörbare Hoffnung ...

"Jetzt lass uns zurück gehen, du wirst nur krank", sagte Sasuke und erhob sich.

Sakura nickte. "Ich hab dir wieder Ärger gemacht. Du bist nass geworden ..."

Der Uchiha grinste. "Das macht mir nichts. Und im Gegensatz zu dir bin ich noch trocken."

"Hm", Sakura überlegte. "Ist ... Herr Sakamoto wütend gewesen?"

Sasuke schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf. "Aber er macht sich Sorgen."

"Hm."

"Jetzt mach dir nicht tausend Gedanken mit einmal. Zuerst sollten wir aus dem Regen raus. Dann solltest du dir eine Woche Urlaub nehmen. Und Sakamoto deine Entscheidung mitteilen."

"Meine Entscheidung?"

"Dass du hier bleiben wirst."

"Wann habe ich das denn entschieden?"

Sasuke grinste Sakura vielsagend an. "Wirst du bleiben?"

Die 19-jährige blickte den gut aussehenden jungen Mann an. Sie hatte Mühe, sich nicht in seinen einnehmenden Augen zu verlieren.

Langsam senkte sie ihren Kopf. "Ja", gestand sie und seufzte erschöpft. "Vorerst", fügte sie aber noch hinzu.
 

Genervt saß Sakura am Küchentisch und würgte sich ihren Toast hinter. Ihr gegenüber saß, wie schon am Tage zuvor, Sasuke und wartete geduldig, dass sie fertig wurde.

Sakura schnaubte innerlich. Scheinbar hatte es sich dieser Kerl zur Aufgabe gemacht, ihr nicht mehr von der Seite zu weichen und auf die Nerven zu gehen.

Womit hatte sie das verdient?

Sie frühstückte normalerweise nicht, aber Sasuke bestand darauf.

Genauso wie er darauf bestand, ebenfalls die Vorlesungen zu schwänzen, und ihr somit stundenlang Gesellschaft zu leisten.

Und nach draußen zu gehen, was Sakura am meisten störte.

Gestern hatte er sie dazu genötigt, durch den Park zu spazieren und einzukaufen, denn er hatte ihren leeren Kühlschrank missbilligend bemerkt.

Was er heute vor hatte, wollte er ihr nicht verraten.

Doch Sakura würde dazu keine Lust haben, das konnte sie jetzt schon sagen.

Mittlerweile wussten scheinbar alle Einwohner des Vorortes über ihre Geschichte bescheid und dementsprechend waren die Reaktionen, wenn sie jemanden auf der Straße begegneten.

Böse, vernichtende Blicke.

Entsetzte Blicke.

Und doch sprach sie niemand an, wurde ihr gegenüber ausfällig oder agressiv, wie sie es in Tokio erlebt hatte.

Innerlich wusste sie, dass sie das Sasuke verdankte.

Nur sein Blick übertraf den der vorbeigehenden Passanten an Tödlichkeit, wenn sie Sakura wütend ansahen.

Solange er neben ihr herlief, würde es sich kaum jemand wagen, in ihre Nähe zu kommen.

Und auch wenn sie sein umsorgendes Verhalten nicht verstehen konnte, empfand sie Dankbarkeit, ja sogar Geborgenheit.

Alles schien erträglicher in seiner Anwesenheit.

Und genau das machte ihr Angst.

Angst, wieder eine Bindung einzugehen, die am Ende schmerzhaft endete.

Und am Schluss endete alles schmerzhaft.

Sakura schluckte den letzten Bissen ihres Toasts hinunter und sah Sasuke nun mürrisch an. "Können wir es jetzt hinter uns bringen?"

Der Uchiha lachte. "Du hast wirklich zu nichts Lust, oder?"

"Nein", war die ehrliche Antwort.

"Und du bist von so einer kleinen Scheibe satt?", fragte er ungläubig. Er erinnerte sich nur noch schwach an sein Menschendasein, aber trotzdem wusste er von Naruto, was ein "normaler" Mensch verdrücken konnte.

"Lass uns bitte einfach gehen, ja?", stöhnte Sakura entnervt.

"Gut, aber dann will ich keine Beschwerden hören, wenn wir zum Mittag Essen gehen."

"Essen gehen?"

Sasuke nickte, als wäre damit alles gesagt.

"Ich gehe nicht essen!", protestierte Sakura, der bei dem Gedanken fast Übel wurde.

Zum einen war Essen für sie eine Nebensächlichkeit, mit der sie nicht unnötig Zeit vergeuden wollte, zum anderen würden nicht nur sie und Sasuke essen gehen ... genug Leute, die sie feindselig anglotzen konnten!

"Sei nicht albern. In Naha soll es ein sehr gutes Restaurant geben."

Naha??

"Ich gehe nicht nach Naha!", fassungslos sah Sakura ihr Gegenüber an.

"Du sollst nicht gehen, wir werden fahren."

"Sasuke, bitte! Naha ist der letzte Ort, wo ich jetzt hin will!"

Doch Sasuke erhob sich bereits. "Es wird dir niemand zu Nahe kommen, das verspreche ich dir."

Sakura zögerte. Sie wollte protestieren, aber Sasuke hatte so etwas beschützendes an sich, dass ihr die Worte im Halse stecken blieben.

Sie kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass sie sich wohl bei ihm fühlte.

Und das durfte sie nicht zu lassen!

Trotzdem gab sie Kleinbei, zog sich ihre Jacke an und folgte dem Schwarzhaarigen nach draußen.

"Hast du ein neues Auto?", fragte sie verblüfft, als sie vor einem schwarzen Honda stand, der schon fast verboten teuer und schnell aussah.

Und natürlich bis aufs Letzte poliert ...

Sasuke schüttelte den Kopf, als er ihr die Tür aufhielt. "Das ist meiner, der andere gehört Itachi. Er ist damit heute zur Arbeit."

"Was arbeitet dein Bruder denn?", fragte Sakura, als sie sich auf den ledernen Sitz fallen ließ, darauf bedacht nichts schmutzig zu machen.

"Ingenieur", erwiderte Sasuke und stieg selbst ein, startete den Motor und fuhr los.

"Und was machen wir in Naha?", wechselte Sakura sprunghaft das Thema.

"Essen gehen."

"Und davor? Ich hab doch eben erst gegessen."

"Auch essen."

Sakura zog die Braue nach oben. "Deswegen fahren wir extra nach Naha?"

"Du isst zu wenig. Vielleicht liegt das an dem Essen hier und in Naha schmeckt es dir besser."

Die Rosahaarige runzelte die Stirn. Sasuke hatte das mit einer Ernsthaftigkeit gesagt, dass sie fast glaubte, es könnte der Grund sein.

Aber nur fast ...

"Was ist in Naha, Sasuke?"

Nun lächelte der Uchiha leicht und sah Sakura amüsiert an. "Das wirst du doch bald sehen. Sei nicht so neugierig."

"Ich mag keine Überraschungen!", maulte Sakura beleidigt. "Und außerdem ist Neugierde keine Sünde!"

"Oh, wollen wir jetzt über Sünden reden?", witzelte Sasuke.

Sakura schnaubte. "Ja, über deine Sünde, viel zu schnell zu fahren!"

"Entschuldige, aber auf einer verlassenen Straße wie dieser bietet es sich an."

"Und wenn dich die Polizei anhält?", wollte Sakura überlegen wissen.

"Die würden mich kaum einholen ..."

"Du bist unmöglich!"

"Und du nur am Nörgeln! Vertrau mir einfach, ich hab alles unter Kontrolle. Ich hatte bisher noch nie einen Unfall, und ich fahre schon verhältnismäßig lange ..."

"Tse, wie alt bist du denn? 20? 21?"

"20", war die knappe Antwort des Uchihas. Ja, 20 und Zweihundert Jahre ...

"Wie lange kannst du da schon fahren, hä?"

So lange, wie es Autos gibt ...

"Kannst du fahren?", wollte Sasuke nun wissen. Er warf Sakura einen interessierten Blick zu.

Die junge Frau schüttelte den Kopf, als Sasuke abrupt abbremste. Sakura fiel unsanft nach vorne, aber der Gurt verhinderte das Gröbste. "Was zum Kuckuck machst du denn?", keifte sie los, als das Auto zum stehen kam.

Sasuke warf ihr einen grinsenden Blick zu und stieg keine Sekunde später aus. Er lief um den Wagen herum und öffnete Sakuras Tür. "Na los, dann bring ich es dir bei!"

Sakuras Augen starrten den Schwarzhaarigen panisch an. Hatte sie gerade richtig gehört?

War das sein Ernst?

Konnte das irgendjemandes Ernst sein?

"Oh nein!", energisch schüttelte sie den Kopf, doch Sasuke drängte sich bereits auf ihren Sitz.

"Lass das, bitte Sasuke, mach nicht solche Scherze!", Sakura saß nun am Lenker, rührte sich aber sonst kein Stück. "Ich werde ganz bestimmt nicht fahren!"

"Wieso nicht? Du bist alt genug, du solltest es können", meinte Sasuke.

"Ich kann es aber nicht, und ich will es nicht!"

"Es wird dir Spaß machen, du wirst sehen. Nur ein kleines Stück, versuch schon!"

"Nie im Leben!"

"Sei keine Memme!"

Memme??

"Du hast ja gar keine Ahnung!", Sakura kochte nun. Sie als Memme zu bezeichnen war unerhört! "Aber es ist doch gefährlich, ich könnte uns gegen einen Baum fahren, oder wenn ein anderes Auto kommt ..."

"Du sollst ja auch nicht Fluchtwagen spielen", Sasuke seufzte. "Nur anfahren, das reicht für den Anfang."

"Anfang?"

Sasuke grinste vielsagend, beließ es aber dabei. "Und es passiert schon nichts. Der Wagen hält einiges aus."

"Und wenn ich nun eine Schramme reinfahre? Wie soll ich das bezahlen? Ich bin nciht versichert, ich habe keinen Führerschein und ..."

"Jetzt mach mal halblang", fuhr Sasuke dazwischen. "Na los, Kupplung treten, Gang rein und ganz langsam kommen lassen ..."

Sakura schluckte schwer. Ihre Hände zitterten vor Aufregung, als sie den ersten Gang einlegen wollte. Doch das war schwerer, als gedacht.

"Wo soll der erste Gang sein?", fragte sie entsetzt, denn mysteriöserweise fand sie ihn nicht.

Sakura sah sich und Sasuke schon auf den Abschleppdienst warten ...

"Du stellst dich aber wirklich an", lachte der Schwarzhaarige nur, legte seine Hand auf ihre und half ihr, den ersten Gang zu finden.

Sofort schoss Sakura das Blut in den Kopf, und wäre Sasukes Hand nicht stärker gewesen, hätte sie ihre sofort weggezogen. Mit hochroten Gesicht blickte die junge Frau starr auf die Straße und spürte, wie trocken ihre Kehle wurde.

'Du musst schlucken', erinnerte sie sich in Gedanken, doch alles in ihr war wie versteinert.

Was bildete sich sich dieser verdammte Kerl ein, sie zu berühren?

Seine Hand auf ihre zu legen.

Und wann hatte er vor, sie zurückzunehmen?

"Ich ... brauch meine Hand ... fürs Lenken", stotterte Sakura einige qualvolle Sekunden später und amüsiert ließ Sasuke sie gehen.

Belustigt schüttelte er den Kopf. Ihn hatte es natürlich vollkommen kalt gelassen ...

Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit, denn auch wenn er nach außen hin lässig wirkte, hatte ihn seine eigene Geste eben verwirrt.

Genauso gut hätte sie den Gang irgendwann alleine gefunden.

Er hätte es nicht tun müssen.

Aber er hatte es getan.

Warum?

Und noch seltsamer war, was es in ihm bewirkte.

Wie es sich angefühlt hatte.

Irgendwie richtig ...

"Sasuke? Sasuke??", riss Sakura ihn plötzlich aus seinen Gedanken und als der junge Mann aufsah, konnte er nur noch schnell ins Lenkread greifen, damit sie nicht im Graben landen würden.

Als der Wagen wieder sicher geradeaus rollte, ließ er das Lenkrad los und setzte sich wieder in seinen Sitz.

"Du machst es doch wunderbar", grinste er Sakura an, die leichenblass wirkte.

Der Graben war nicht gerade flach gewesen ...

"Ich will hier raus", wisperte die Rosahaarige, währenddessen ihr Blick weiterhin starr die Straße fixierte.

"Du fährst gerad mal 15 Kmh, langsam solltest du etwas beschleunigen", schlug Sasuke unbeeindruckt vor.

Beschleunigen??

Sakura wurde noch blasser, falls das möglich war, und Schweißperlen traten ihr auf die Stirn. "Können wir nicht lieber anhalten?", ihre Stimme klang beinah piepsig und der Uchiha musste wirklich an sich halten, nicht zu lachen.

Er wusste, was das Sakura gerade abverlangte.

Es lag nicht nur daran, dass sie noch nie gefahren war, sondern auch weil sie kein bisschen Selbstvertrauen besaß. Weil sie innerlich ein kleines, eingeschüchtertes Mädchen war, dass weder sich noch anderen vertraute.

Sie hatte es vollkommen verlernt, sich auf Neues einzulassen.

Sich selbst etwas beweisen zu wollen.

Zu zeigen, dass sie etwas schaffen konnte, wenn sie nur wollte.

"Jetzt drück mal aufs Gas, der Wagen säuft ja gleich ab", bemerkte Sasuke, als die Nadel sich gen 10 bewegte.

Das musste auch für seinen Honda Neuland sein ...

Sakura jedoch schüttelte trotzig den Kopf. "Sag mir bitte, wie man anhält", es sollte herrisch klingen, doch ihre zitternde Stimme war kaum mehr als ein angstvolles Flüstern.

Sasuke seufzte, doch anstatt Sakura den ersehnten Wunsch zu erfüllen, drückte er seine Hand nun gegen ihr rechtes Bein ...

"Oh Gott, was tust du?", Sakuras eben noch so zarte Stimme erwachte in Todesangst zu einem kreischenden Fluchen, als der Wagen immer schneller wurde und Sasuke nicht einmal mehr aus der Scheibe nach vorne sah, sondern weiterhin ihr Bein festhielt.

"Lass los, bist du verrückt? Willst du, dass ich uns umbringe?!", der Panik folgte die Wut, denn mittlerweile zeigte der Tacho ganze 70 Kmh an, und lief immer mehr auf die rechte Seite zu.

"Ich will dich ja nur animieren ...", Sasuke kam nicht umhin, zu schmunzeln.

"Animieren?", keuchte Sakura. "Gott ...", entfuhr es ihr plötzlich und hektisch versuchte sie, ihr Bein zurückzunehmen, doch nichts rührte sich. "Gott, Sasuke lass sofort los! Da kommt eine Kurve, hörst du!"

"Die schaffst du schon", grinste der Uchiha, obwohl er innerlich mit sich zu kämpfen hatte.

Sollte etwas passieren, würde er mit Sicherheit heil aus dem Wagen steigen, aber Sakura nicht.

"Oh nein", Sakura verkrampfte sich. "Sasuke, bitte, da kommt noch ein Auto auf der anderen Seite ..."

"Dann bleib auf deiner Spur."

Sakura bebte mittlerweile vor Angst. Das war einfach zuviel für ihre Nerven. "Ich ..."

"Ich vertraue dir, Sakura", sagte Sasuke leise.

Und er meinte es auch so.

Er vertraute ihr wirklich.

Jetzt musste nur noch sie selbst vertrauen in sich haben ...

Sasuke spürte, wie das Auto langsam in die Kurve ging.

Sakura sagte kein Ton und er sah sie nicht an.

Dann hörte er das erlösende Geräusch des vorbeisausenden Wagens.

Sie waren nicht kollidiert.

Langsam nahm er seine Hand von Sakuras Oberschenkel und richtete sich wieder auf.

Der Wagen wurde immer langsamer und schließlich nahm Sasuke den Gang raus und das Auto hielt an.

Sakura sagte kein Ton, obwohl Sasuke mit einem Donnerwetter gerechnet hatte.

Das blanke Entsetzen stand dem Mädchen ins Gesicht geschrieben. Sie ließ den Kopf auf den Lenker fallen und atmete sichtbar tief ein.

Sasuke musste schlucken.

Er hatte es wohl übertrieben ...

"Sakura?"

Doch die Angesprochene rührte sich nicht.

Er streckte langsam die Hand nach ihr aus, nicht das sie ihn Ohnmacht gefallen war ...

Doch mit einmal drehte sie den Kopf in seine Richtung, und hätte Sasuke ein schlagendes Herz gehabt, es wäre ihm just in diesem Moment stehen geblieben ...

Sakura lächelte.

Sie lächelte und zum ersten mal war es kein trauriges verziehen der Mundwinkel.

Sogar ihre Augen glänzten etwas und ließen erahnen, welch beeindruckenden Glanz sie einst gehabt haben mussten.

Sasuke kam nicht drumrum, sich von ihr in den Bann ziehen zu lassen.

Ihr Lächeln fesselte ihn regelrecht und ließen einiges in ihn erwachen.

Menschliche Gefühle.

Sehnsucht nach Nähe.

Ihre Nähe.

Er konnte es kaum beschreiben, aber dieses Mädchen schien etwas in ihn zu wecken, was längst vergraben gewesen war.

"Ich bring dich dafür noch um", sagte Sakura mit liebreizender Stimme und lachte leicht. "Aber erst einmal Leben wir, ich fass es nicht ..."

Sasuke konnte sie nur ansehen.

Hatte er sie überhaupt einmal lachen hören?

"Was ist? Warum starrst du mich so an?", fragte die Rosahaarige verdutzt. "Wir haben es doch wirklich überlebt, oder sind wir tot? Hab ich was verpasst?"

Sasuke schüttelte grinsend den Kopf und schloss die Augen, um sich von ihr zu lösen. "Nein, aber ich habe eben festgestellt, dass du Lachen kannst."

Sakura sah ihn perplex an, dann bemerkte sie es selbst.

Es war aus ihren Mund gekommen.

Es waren ihre Töne gewesen.

Ein ehrliches, erfreutes Lachen.

Konnte es möglich sein?

Noch bevor ihre Mutter starb, hatte sie keinen Grund mehr zum Lachen gehabt. Und jetzt, über vier Jahre später lachte sie, weil sie eine Autofahrt überlebt hatte?

Das musste sie erst einmal verarbeiten ...

Das, und das Gefühl, als Sasuke sie berührt hatte.

Ihr war heiß und kalt gleichzeitig gewesen.

Sie hatte sogar die Panik vergessen.

Und er hatte gesagt, dass er ihr vertraute.

Nur ein einziger Mensch hatte jemals gesagt, dass er ihr vertraute.

Ihr Vater, vor vielen Jahren.

"Ich ...", begann sie stammelnd und nach Worten suchend. Irgendwie wollte sie es ihm erklären, aber sie wusste nicht wie.

Doch Sasuke schüttelte nur sanft den Kopf. "Ich weiß, was du sagen willst ..."

Sakura nickte dankend.

Sie fühlte sich verstanden.

Ernst genommen.

Und sie war seit langem wieder über ihren Schatten gesprungen.

Erneuert bildete sich ein Lächeln in ihrem Gesicht, als sie ausstieg und mit Sasuke die Plätze wechselte.

Das würde sie ihm so schnell nicht vergessen.

Abgesehen davon, dass er sie in eine todbringende Situation gezwungen hatte, hatte er ihr aber auch gezeigt, dass sie sich selbst vertrauen konnte.

Das sie etwas schaffen konnte.

Und das andere an sie glaubten.

Die Anderen

Sakura stand vor dem Spiegel einer Toilette und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Sie befand sich in einem Eiscafé, zusammen mit hundert anderen Menschen, und ... Naruto.

Das war Sasukes Plan gewesen.

Sie sollte sich mit Naruto treffen, aussprechen und sich entschuldigen.

Doch als sie das Cafe betreten hatten, als sie den blonden Chaoten mit Hinata an dem Tisch sitzen sah ...

Sie hatte die Flucht auf eine Damentoilette ergriffen, wohl wissend, dass Sasuke ihr nicht folgen konnte. Zuerst musste sie durchatmen. Luft bekommen. Ihren Puls senken.

Sie war so gemein zu ihm gewesen, hatte ihn mit Absicht verletzt.

Warum sollte er ihr verzeihen? Und hatte sie es überhaupt verdient, dass er ihr verzieh?

Und wenn er es tat, was dann?

Würden sie so tun, als wäre nichts gewesen? Oder würden sie sich an alte Tage erinnern? An früher?

Sakura erschrak bei dem Gedanken.

Naruto kannte ihre Familie.

Hatte sie gekannt ...

Er würde nicht wissen, dass ihr Vater schon so lange tot war. Das er ersetzt wurde.

Dachte er womöglich, sie hätte ihren eigenen Vater erschossen?

Er musste es denken, denn in den Zeitungen war meistens die Rede von den Eltern ...

Sakura schüttelte fassungslos den Kopf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass Naruto einer der wenigen war, der etwas von ihrer glücklichen Vergangenheit wusste.

Und umso mehr würde er nicht verstehen, dass sie ihren guten, liebevollen Daddy ermordet hatte.

Er musste sie doch zutiefst verachten!

Wie konnte sie ihm mit diesem Bewusstsein unter die Augen treten?

Würde er ihr glauben schenken? Oder würde er aufstehen, sie verabscheuen und gehen?

Mit ihm würden auch die letzten Erinnerungen vergangener Tage verschwinden ...

Glücklicher, zufriedener Tage.

"Sakura?"

Sakura zuckte zusammen, als sie ihren Namen hörte und drehte sich überrascht um. Es war Hinatas sanfte, ruhige Stimme, die sie aus ihren Gedanken gerissen hatte.

"Alles okay? Wir machen uns sorgen", meinte die Schwarzhaarige und lächelte ihr Gegenüber aufmunternd an.

"Ähm", Sakura musste sich räuspern, damit ihre Stimme nicht versagte. "Ja, natürlich, ich wollte ..."

Aber was wollte sie?

Warten, bis das Cafe schließen würde? Durch den Hinterausgang verschwinden?

Hinata bemerkte das Zögern der jungen Frau. "Hast du Angst vor uns?", fragte sie direkt, aber leise und mit einer Art, dass Sakura kaum glauben konnte, Angst haben zu können.

Trotzdem nickte sie ehrlich. "Ich ... ich wollte nicht ... Naruto, er ..."

"Er ist nicht böse auf dich", sagte Hinata beruhigend. "Im Gegenteil, er freut sich sehr auf dich. Und er weiß, warum du das gesagt hast. Er weiß auch alles andere. Er wird dich nicht zwingen, über etwas zu reden, was du nicht willst. Er möchte dich einfach nur gerne wiedersehen."

Sakura starrte Hinata wehleidig an. Tränen sammelten sich in ihren Augen und ihr Schuldgefühl wuchs immer mehr.

Einen Freund wie Naruto verdiente sie nicht!

"Komm her, hm?", Hinata nahm Sakura tröstend in die Arme.

"Tut mir leid", wimmerte Sakura beschämt.

"Ach was, das musst dir nicht unangenehm sein. Allerdings ...", sie grinste kopfschüttelnd. "Sasuke wollte zuerst nach dir sehen, aber ich konnte ihn überzeugen, dass er auf einer Damentoilette nichts zu suchen hat. Trotzdem wird er wohl jeden Moment hereingestürzt kommen. Wir würden sicher unnötig auffallen."

Sakura lächelte leicht zurück. "Das wär echt peinich", sagte sie leise und wischte sich sich die Tränen aus den Augenwinkeln.

Hinata nickte erfreut. "Dann komm, gehen wir zu den Jungs."

Sakura folgte Narutos Freundin, blieb aber noch einmal stehen. "Hat ... hat es euch Sasuke gesagt?", fragte sie nachdenklich.

Hinata lachte. "Natürlich. Er wollte verhindern, dass wir durch die Presse einen falschen Eindruck gewinnen könnten. Aber das war unnötig, NAruto hat sowieso kein Wort geglaubt und jeden angeschnauzt, der in seiner Gegenwart schlecht über dich reden wollte."

"So?"

"Ja. Du bedeutest ihm immer noch sehr viel, auch wenn ihr euch Jahre nicht gesehen habt. Ich glaube fast, ich müsste eifersüchtig sein", Hinata lachte belustigt.

Auch Sakura musste schmunzeln. "Er ist ein guter Mensch. Der Beste, den ich kenne."

"Das stimmt", gab Hinata zu. "Aber nun lass uns gehen, bevor ein Unglück passiert ..."
 

Hinata hatte nicht zuviel versprochen. Naruto begrüßte Sakura mit einer Herzlichkeit, dass sie nur schwer neue Tränen unterdrücken konnte. Er schien einfach nur froh und erleichtert, von Vorwürfen war keine Spur.

Und er redete.

Er erzählte Sakura alles, was bei ihm in den letzten Jahren passiert war, ohne von ihr zu verlangen, über sich zu reden. Nebenbei verputzte er zwei große Eisbecher, während Sakura und die anderen einfach nur zuhörten.

Und vor allem für Sakura war es einfach nur schön, hier mit ihren alten und neuen Freunden zu sitzen. Sie schaffte es sogar, die meisten der unangenehmen Blicke zu ignorieren.

Und diesmal war es nicht nur Sasuke, der andere von ihrem Tisch fernhielt. Naruto blickte in solchen Moment genauso schmetternd drein, dass Sakura sich vom ganzen Herzen geborgen fühlen konnte.

Und so sehr sie es doch genoss, so sehr sehnte sie sich zurück in ihre Wohnung. Nicht, weil sie Naruto nicht noch länger zu hören konnte, aber sie spürte eine gewisse seelische Erschöpfung.

Die Situation an sich strengte sie ungemein an.

Das Ignorieren der Menschen, dessen Stimmen ihr immer lauter vorkamen. Konzentriert zuzuhören und nicht mit den Gedanken woanders zu sein. Unentwegt zu lächeln und sich nicht der aufkommenden Schwermut hinzugeben.

Das Gefühl der Freude verblasste mit jeder weiteren Minute und machte den alten, vertrauten Stimmungen platz.

Es wurde ihr einfach zu viel.

Am Ende war es wiedereinmal Sasuke, der ihr zu Hilfe kam, in dem er Naruto daran erinnere, dass er bald eine Vorlesung haben würde.

In Wahrheit war ihm natürlich Sakuras Gemütszustand aufgefallen, der sich zunehmend verschlechterte.

"Dann können wir uns ja heute Abend bei dir treffen und weiterreden, was hälst du davon?", schlug Naruto begeistert vor. Er hatte noch die letzten drei Jahre zu erzählen ...

Sakura machte gute Miene zum bösen Spiel, doch ehe sie ihm widerwillig zusagen konnte, mischte sich Sasuke dazwischen.

"Daraus wird nichts, Naruto. Heute Abend muss ich Sakura für mich beanspruchen. Du kannst sie morgen zwischen zwei und vier haben", er grinste amüsiert, vor allem da Sakura ihm einen beleidigten Blick zu warf, der Bände sprach und vermutlich sogar einen Vampir auslöschen konnte.

Naruto zog eine Schnute, gab aber schließlich nach. "Na gut, dann sehen wir uns morgen, ja Sakura?", wandte er sich noch einmal direkt an die Rosahaarige.

"Sicher", lächelte diese und ließ sich von Naruto in eine Umarmung zwingen. Er war mehr als einen Kopf größer als sie und sie erinnerte sich, früher immer die Größere gewesen zu sein. "Ich habe mich ... sehr gefreut", sagte sie ehrlich mit gerührter Stimme.

"Ja, ich mich auch. Ich bin einfach nur froh", gab Naruto auf seine liebevolle Art von sich. "Und ab jetzt werden wir uns nie wieder aus den Augen verlieren, versprochen?!"

Sakura schmunzelte. "Nein, das werden wir nicht."

"Du machst es schon wieder!", empörte sich Naruto halbherzig.

"Was meinst du?", fragte Sakura regelrecht erschrocken.

"Damals hast du auch nie 'Versprochen' gesagt, sondern immer nur irgendwas bestätigt!"

Sakura grinste nun etwas mehr. "Ja, das stimmt. Ich erinnere mich ..."

Naruto nickte zufrieden, dann wandte er sich zum Gehen.

"Pass ja gut auf Sakura auf, wenn ich nicht da bin!", knurrte er Sasuke freundschaftlich an.

Dieser lachte jedoch nur und schüttelte den Kopf.

"Bis dann, Sakura", sagte nun auch Hinata, dann ging sie mit ihrem Freund zur Tür.

Wehmütig blickte Sakura ihnen nach. Die Zeit, die sie mit Naruto verbringen durfte, war die schönste aller Zeiten gewesen. Eine Kindheit, die sie sooft aufrecht gehalten hat.

"Naruto?", rief sie plötzlich, wohl wissend, dass zig Augen auf ihr ruhten.

Doch in diesem Moment sah sie nur das grinsende Gesicht eines 8-jährigen, der ihr auf immer Freundschaft schwor.

Naruto drehte sich um und sah Sakura fragend an.

"Ich ... ich verspreche es", sagte sie leise, doch er konnte es hören. Wort für Wort.

Ein glücklicher Ausdruck legte sich auf sein Gesicht und er nickte ihr mit seinem immerwährenden Lächeln zu, ehe er das Cafe verließ.
 

Sakura war erleichtert, als sie endlich wieder ihre Wohnung betrat. Sie schaltete im Wohnzimmer das Licht an und schmiss sich erschöpft auf die Couch.

Sasuke war in seine eigene Wohnung gegangen, aber nicht ohne ihr zu sagen, dass er am Abend wiederkommen würde, um mit ihr Essen zu gehen.

Nach dem Treffen mit Naurto und Hinata hatte sie darauf nämlich absolut keine Lust mehr gehabt und Sasuke hatte nachgegeben, wenigstens für ein paar Stunden.

Doch würde ihre Lust dann kaum größer sein.

Ein Seufzen entfuhr der jungen Frau und gähnend schloss sie die Augen. Ein kleines Nickerchen würde ihr wohl nicht schaden ...

Währenddessen saß Sasuke bei sich in der Küche und genehmigte sich selbst eine weniger menschliche Vorliebe.

Blut.

Um genauer zu sein Schweineblut.

Denn wie sein Bruder und der ganze Clan der Uchiha früher hatte er dem Menschenblut abgesagt.

Er hatte es nie probiert, und das war vermutlich auch der Grund, warum er es ertragen konnte.

Er spürte nicht den Durst, das Verlangen nach Menschenblut, wie es ein normaler Vampir normalerweise hatte.

Aber er war auch in keinster Weise ein normaler Vampir.

Er lebte nicht unter seines Gleichen, von Hinata und Itachi abgesehen, und er zog auch nicht das Leben als Einzelgänger vor. Er lebte seit über Zweihundert Jahren unter Menschen.

Und er fühlte sich zu einem Menschen hingezogen.

Ein großer Fehler, wie es ihm die Geschichte zeigte.

Sein gesamter Clan war durch eine Bindung zwischen Mensch und Vampir zerstört worden. Ein gravierender Fehler, den sein Vater begangen hatte, aus Liebe zu seiner Mutter.

Und er war das Resultat. Eine Kreuzung, ein Bastard. Weder das Eine noch das andere. Nicht Ganz und nicht Vollständig.

Die Unsterblichkeit eines Vampirs mit der Seele eines Menschen.

Eine Laune der Natur, denn nie zuvor hatte es dergleichen gegeben.

Und niemals danach.

Itachi und er waren die Einzigen.

Es war das Werk Gottes und der Teufel hatte seinen Beitrag geleistet ...

"Schon zurück", fragte Itachi, der in die Küche kam und sich aus dem Kühlschrank ebenfalls ein Glas Blut nahm. "Wolltet ihr nicht länger bleiben?"

Sasuke schüttelte den Kopf. "Nein, nach dem Treffen war sie fertig und braucht erst einmal eine Pause. Wir gehen später Essen."

"Essen?", Itachi lachte. "Du gehst Essen?"

Sasuke sah seinen Bruder entnervt an. "Was dagegen?"

Itachi schüttelte den Kopf. "Nein, gar nicht. Ich finde die Vorstellung nur sehr erheiternd, dass du Kartoffeln isst, oder ..."

"Nerv nicht!", sagte Sasuke unwirsch. "Ich weiß auch, dass es ihr komisch vorkommen wird, wenn ich nichts esse. Aber sie selbst nimmt ja kaum etwas zu sich."

Der ältere Uchiha setzte sich an den Tisch. "Du meinst, sie isst zu wenig?", fragte er nun etwas ernster.

Sasuke nickte.

"Vielleicht ist sie krank?"

"Quatsch, dann hätte Hinata es doch bemerkt."

"Hm ... im Übrigen sind Andere in der Stadt", fiel es Itachi ein.

"Andere? Hier? Seit wann?", Sasuke wurde sofort hellhörig. Mit Anderen waren andere Vampire gemeint. Und in Naha und den angrenzenden Vororten gab es selten Vampire.

Eigentlich gab es auf ganz Okinawa Honto kaum einen. Die meisten lebten auf dem Kontinent, vorwiegend in Europa oder Amerika. Einige wenige um Tokio. Doch hier?

Itachi nickte langsam. "Als ich vorhin von der Arbeit kam habe ich sie bemerkt."

"Sie?"

"Ja, es müssten zwei gewesen sein, vielleicht drei. Mehr denke ich nicht."

"Und wo?"

"Nördlich, fast schon hinter den Wäldern von Kirima. Jetzt spüre ich sie nicht, also haben sie sich noch nicht in unsere Richtung bewegt."

"Dann könnte der Kerl von neulich einer gewesen sein", überlegte Sasuke nachdenklich.

"Keine Ahnung, aber hätte ich ihn nicht bemerken müssen?"

Itachi verstand sich im allgemeinen sehr gut darauf, Vampire im Umkreis von etlichen Kilometern aufzuspüren. Normalerweise hatte er perfekt trainierte Sinne. Es war sehr selten, dass er sich irrte. Es war im Prinzip ausgeschlossen.

Sasuke zuckte mit den Schultern. "Dann lassen wir den erst einmal vorneweg. Die anderen sind wichtiger. Was könnten sie hier wollen?"

Sein Bruder leerte das Glas und brachte es in die Spüle. "Ich hoffe nicht, dass sie immer noch hinter Hinata her sind."

"Und doch könnte es ein Grund sein. Sie werden sich wohl kaum aus Interesse an der Natur hier aufhalten."

Itachi nickte. "Wir müssen ab jetzt aufpassen. Ich habe Hinata schon angerufen und ihr gesagt, dass sie vorsichtig sein soll. Allerdings hat sie mehr Sorge wegen Naruto."

Sasuke seufzte. "Das ist typisch Hinata. Ich werde ab morgen wieder zur Universität gehen. Dann bin ich in der Nähe und kann ein Auge auf sie werfen."

"Das wird ihr nicht gefallen. Du kennst sie ..."

Oh ja, Sasuke kannte die junge Vampirin nur zu gut. Seit nun mehr als 50 Jahren.

Vorher war sie eine Einzelgängerin gewesen, auf der eine schwere Last lag.

Die Last, eine Hyuuga zu sein.

Als Mensch geboren, war es Hinata vorherbestimmt, zu ihrem 19. Geburtstag gebissen und verwandelt zu werden, um einmal eine führende Rolle im Clan der Hyuuga anzunehmen.

Doch Hinata war schon immer sanftmütig, gar edel gewesen.

Dennoch hatte sie sich ihrem Schicksal gefügt. Aber als sie ihren ersten, lebenden Mensch serviert bekam, den sie aussaugen sollte, da war sie zusammengebrochen.

Dieses Erlebnis hatte sie für immer geprägt. Nie hatte sie einen Menschen leid zugefügt, ja sogar, wie Sasuke und Itachi, angefangen unter ihnen zu leben.

Immer in Einsamkeit, mit dem Gefühl, Abschaum zu sein.

Dann war sie den beiden begegnet, von denen sie soviel gehört hatte. Ihr einstiger Clan und der Clan der Uchiha waren seit Anbeginn der Zeit Feinde. Mal hatte es kriegerische Auseinandersetzungen gegeben, mal hatte man schweigend nebeneinander hergelebt.

Doch der Hass war immer greifbar gewesen.

Hinata jedoch spürte diesen Hass nicht, dafür aber, dass Sasuke und Itachi wie sie waren. Vampire, die es vorzogen, den Menschen das zu lassen, was sie nicht besaßen.

Ein sterbliches Leben.

Und so lebten sie fortan zusammen, ihren Durst löschend mit dem Blut von Tieren.

Und der Gefahr durch die Anderen, denn als Hinata sich ihnen anschloss, verstieß man sie verachtend aus der Familie der Hyuuga.

Und es gab nicht wenige Anhänger, die ihren Tod forderten.

Bis heute ...

Gefährliche Dummheit

Es war Freitag Abend, als Sakura vom Einkauf nach Hause kam. Mürrisch öffnete sie die Tür zu ihrer Wohnung, als der Boden ihrer Einkaufstüte riss und sich alles im Flur verstreute.

"Verdammter Mist!", fluchte die Rosahaarige und ging in die Hocke, um sämtliche Zeitschriften, Lebensmittel und Getränke wieder einzusammeln. Warum musste auch immer ihr so etwas passieren? Als wenn sie nicht schon gestresst genug war!

"Was suchst du denn da unten?", fragte plötzlich eine ihr nur allzu bekannte Stimme im belustigten Ton.

Eine Stimme, auf die sie sauer war.

"Was willst du? Hast du nichts besseres zu tun?", giftete Sakura, kehrte ihren Einkauf zusammen und ging ohne Sasuke jegliche Beachtung zu schenken in ihre schmale Küche.

"Du bist wütend auf mich, stimmts?", Sasuke folgte ihr ohne Zögern und schloss hinter sich die Tür. "Ich kanns ja verstehen, ich ...", er stockte, als Sakura ihn zornfunkelnd anstarrte.

"Lass mich einfach in Ruhe. Ich will keine Entschuldigung hören! Du kannst tun was du willst, und wenn du mich versetzen willst, dann ist das dein Gutes recht!"

Sakura schnaubte. Das war nicht ihre wirkliche Meinung zu dem, was Sasuke sich geleistet hatte.

Am Dienstag hatte Sasuke sie zu einem Treffen mit Naruto gezwungen. Am Abend hatte er mit ihr Essen gehen wollen.

Und kurz vorher hatte er ihr abgesagt, weil ihm etwas wichtiges dazwischen kam.

Mittwoch hatte er sich gar nicht bei ihr blicken lassen und gestern, als sie ihm auf der Treppe begegnet war, hatte er kaum Zeit gehabt ihr Hallo zusagen.

Wie hatte sie sich nur so täuschen können? Warum war sie so geblendet gewesen? Er war wie jeder andere Kerl auch.

Wenn er sie nicht brauchte, ließ er sie sitzen.

Aber noch schlimmer war es für Sakura, dass selbst Naruto sich nicht gemeldet hatte. Dabei hatte er sie doch am Mittwoch besuchen wollen.

Warum aber hatte er es nicht getan?

Es sollte wohl nicht sein.

"Sakura ...", begann Sasuke und wirkte ernster denn je. "Ich wollte dich nicht versetzen, aber ich stand in den letzten Tagen sehr unter Stress. Es tut mir leid, ehrlich. Und ich möchte es wieder gut machen ..."

"Ich verzichte auf jegliche Wiedergutmachungsversuche! Ich will meine Ruhe, mehr nicht! Und jetzt geh bitte. Sicher hast du besseres zu tun, als hier bei mir deine Zeit zu vergeuden!", Sakura war zum Ende hin immer lauter geworden und sie musste mich sich ringen, die Tränen nicht freien Lauf zu lassen.

Sein Verhalten hatte sie verletzt und sie war so oft in ihrem Leben verletzt worden, dass sie es hätte besser wissen müssen. Jetzt wollte sie diesen Fehler nicht wiederholen und ihm erneuert ihr Vertrauen schenken.

Denn genau das hatte sie gemacht.

Sie hatte wieder jemanden vertraut.

Ihm.

Und er hatte ihr Vertrauen missbraucht.

"Bitte Sakura, lass uns was Essen gehen, oder ins Cafe ..."

"Ich sagte, du sollst gehen!", Sakura schrie ihn jetzt fast an, rot vor Wut und mit Tränen in den Augen. "Ich ... ich dachte du wärst ... anders", sagte sie plötzlich fast im Flüsterton und mit gesenkten Blick. Sie schüttelte heftig den Kopf. "Aber du bist wie jeder andere!", sie wischte sich die Tränen weg. "Also geh einfach, ja?", es klang beinahe flehend.

Sasuke sah Sakura betroffen an. Er hatte ihr nie wehtun wollen. Im Gegenteil, er hatte sich von ihr ferngehalten, um sie zu schützen. Vor den Anderen zu schützen, denn Itachi hatte noch am selben Abend gespürt, dass sie sich in der Nähe befanden.

Mehr war nicht passiert, aber ihre Anwesenheit war Grund genug zur Vorsicht.

Naruto war mit Hinata ein paar Tage nach Tokio geflogen. Zur Sicherheit. Bis Sasuke und Itachi mehr wussten.

Und er hatte Sakura verletzt, ohne es zu wollen. Er hatte gespürt, wie sehr sie litt, wie sehr sie jetzt litt. Wie weh ihr sein Verhalten tat. Und das sie drohte sich wieder in das Schneckenhäuschen zu verkriechen, in dem sie vorher gewesen war.

Alles war seine Schuld.

Aber die Wahrheit konnte er ihr unmöglich sagen. Sie würde es nicht vertragen. Nicht glauben. Sie könnte daran zerbrechen.

Und deswegen musste er alles von ihr abhalten, was er abhalten konnte.

Dazu gehörte auch, sie nicht der Gefahr auszusetzen, die seine Anwesenheit für sie darstellte.

Trotzdem hatte er eben nicht vorbeigehen können, als sie im Flur ihre Sachen zusammen gesucht hatte. Ihr trauriger Anblick, für den er sich die Schuld gab, machte ihn wütend. Auf die Anderen. Auf sich.

Und er hatte ihre Stimme hören wollen. Ihr Gesicht sehen.

Er hatte ihr nicht fernbleiben können ...

Langsam nahm Sasuke seinen Blick von Sakuras Gesicht und ihren verweinten Augen, in denen kein Glanz strahlte. Er drehte sich langsam um und ging aus der Wohnung.

Er musste es tun. So war es richtig.

Nur so und nicht anders.
 

Es regnete. Was sollte es im Herbst auf Okinawa Honto auch sonst machen, außer in Strömen zu regnen? Und als wäre das nicht genug, tobte noch ein Sturm gleich einem Orkan, der durch die Straßen fegte und Bäume krümmte.

Und mittendrin lief eine junge Frau, in Gedanken versunken und ohne sichtbares Ziel. Einfach nur um nicht in ihrer Wohnung zu sitzen und sich der Traurigkeit hingeben zu müssen, die sie zu überwältigen drohte.

Doch das war eine Illusion. Eine dumme Idee, wahnwitzig und idiotisch.

Das wusste Sakura, jetzt wo sie sich mal wieder verlaufen hatte. Warum musste sie nur immer so überhitzt reagieren? Warum konnte sie nie einen kühlen Kopf bewahren?

Weil sie ihre Gefühle immer noch nicht ausschalten konnte.

Und im Moment konnte sie mit ihren Gefühlen nichts anfangen.

Sie hatte Sasuke aus der Wohnung vertrieben, und es im selben Augenblick bereut. Doch ihr Stolz hatte es nicht zugelassen, ihn aufzuhalten. Ihr Stolz, und das Gefühl, dass er nicht bleiben wollte.

Aber warum wollte sie überhaupt, dass er blieb? Warum verletzte es sie so, dass er sie ignoriert hatte? Warum nahm sie sich das so zu Herzen? Und warum schlug es wie wild, wenn er in ihrer Nähe war?

Es war so einfach, so logisch, so normal ...

Und doch war es vollkommen inakzeptabel!

Sie durfte sich nicht in ihn verlieben! Sich ihm anvertrauen, sich ihm öffnen.

Die Gefahr, wieder verletzt zu werden war groß, und sie wusste, wie es enden würden.

Nicht angenehm ...

Sakura stöhnte missmutig, als sie an eine Kreuzung kam und wieder keinen der Straßennamen erkannte. Warum war sie auch so eine Niete, wenn es um Ortskenntnis ging?

Und warum musste sie sich immer dann verirren, wenn das Wetter so übel drauf war? Wenn es stockfinster war und nur das mickrige Licht der Laternen schien, wenn es aus Kübeln goss und der Wind ihr fast die Beine wegfegte?

Sie benahm sich wirklich wie ein kleines, naives Kind. Und noch dazu völlig durchgenässt und frierend. Vermutlich würde eine heftige Erkältung die Konsequenz sein.

Aber das hatte sie wohl verdient bei soviel Dummheit.

"Aber, aber, wer denkt denn gleich, dass er deswegen dumm ist?", fragte plötzlich eine düstere Stimme durch die noch düstere Gegend.

Sakura blieb abrupt stehen und sah sich um. Das Herz war ihr in die Hose gerutscht, doch sie konnte nirgends jemanden sehen. Spielte ihr Verstand ihr gerade einen Streich? Wie konnte die Stimme wissen, dass sie gerade an ihre Dummheit gedacht hatte?

"Nein, dein Verstand ist vollkommen in Ordnung", sagte jemand hinter ihr, doch als Sakura sich entsetzt umdrehte, war dort niemand.

"Wer ist ... da?", es war kaum mehr ein Hauchen. Sakura bebte vor Angst. Was geschah hier? Lass jemand ihre Gedanken? Wie konnte das ein?

Die Stimme lachte. "Ja, ich lese tatsächlich deine Gedanken. Für einen Menschen sind sie sehr interessant, sie bereiten mir vergnügen. Sie sind ... hm, sie sind sehr bitter. Wirklich schade ..."

"Was ...", Sakura schluckte schwer. "Was ist schade?"

Auf einmal stand direkt vor ihr ein hochgewachsener, braunhaariger Mann mitte Zwanzig, mit grausamen Augen und einem enstelltem Lächeln.

Sakura schrie panisch auf und wollte sofort in die andere Richtung rennen, doch der Fremde ergriff ihren Arm und schleuderte sie vor sich auf den Boden, ehe er sie wieder zu sich hoch zog und hart gegen die Mauerwand stieß.

Sakura spürte, wie sie für einen Moment keine Luft bekam und riss schmerzvoll die Augen auf.

"Schade ist, dass er dich kleines zerbrechliche Mädchen alleine gelassen hat!", die stechenden roten Augen des Mannes sahen sie voller Zorn an. "Das war ein Fehler. Weil er uns noch immer unterschätzt! Es ist beleidigend! Er lernt nicht dazu!"

"Von ... wem redest .. du?", stöhnte Sakura, da sie keine Ahnung hatte, um was es ging.

"Du weißt nicht, was ich meine? Er hat dir nichts gesagt? Das hätte ich eigentlich vermutet ... er benimmt sich manchmal wirklich sehr menschlich, einfach furchtbar!"

"Verdammt ...", keuchte die Rosahaarige nun, da der Mann sie immer noch fest gegen die Wand presste und mit seinem ganzen Gewicht auf ihr lehnte.

"Tu ich dir weh?", er lachte amüsiert und drückte etwas fester, bis ein Knacksen die Stille der Nacht durchbrach, gefolgt von Sakuras qualvollem Schrei.

Er hatte ihr das Handgelenk gebrochen ...

"Möchtest du mehr haben? Vielleicht die andere Seite? Oder eines deiner Beine? Diese zarten Finger sind sehr einladend ...", er nahm die Hand der Rosahaarigen und strich über ihren Daumen, ihren Zeigefinger und ...

Wieder schrie Sakura, als er ihren Finger mit einer regelrecht unsichtbaren Geste brach.

"Gefällt dir das? Du siehst nicht gut aus, so blass ...", er grinste breit und kam Sakuras Gesicht gefährlich nah. "Du musst nicht weinen, ich werde dich noch nicht töten. Obwohl ich mir gerade nicht sicher bin ... es ist so ... verlockend ... ich kann mich vielleicht nicht beherrschen."

"Das solltest du aber ...", sagte plötzlich eine andere Stimme und unter ihren Tränen erkannte Sakura, dass der Mann, der sie festhielt überrascht war. Unangenehm überrascht.

Er drehte sich mit Sakura um und blickte nun in drei äußerst konzentrierte Gesichter. Das eine, dass auch gesprochen hatte, gehörte einer blonden, schlanken, wohlgeformten jungen Frau, die Sakura bekannt vorkam.

Blond, die Haare zu vier Zöpfen gebunden. War sie nicht in ihrem Geschichtskurs gewesen?

Die anderen beiden waren ihr nicht aufgefallen, obwohl sie sehr auffallend waren. Zwei Männer, der eine mit kurzen roten Haaren und einem tödlichen Blick, der andere mit einer seltsamen Bemalung im Gesicht.

"Ihr seid auch hier? Müsst ihr euch immer einmischen? Ihr geht mir ziemlich auf den Geist!", sagte Sakuras Festhalter ungehalten. Er war wahrlich wütend über das Erscheinen der drei Ankömmlinge.

"Sorry Peji, aber was du da machst ist nicht akzeptabel. Lass das Mädchen los, sofort!", es war wieder die Frau, die die Stimme erhob. Sie klang dabei ruhig, aber bestimmt. Und es schwang leichte Ungeduld mit.

"Nein, ich denke nicht, dass ich das tun werde. Ich hatte noch einige kleine Spielchen mit ihr vor. Sie bereitet mir Freude, weißt du ... ihre Kncohen brechen so einfach. Und es macht ihn wütend, glaubst du nicht? Er wird uns nicht mehr für belanglos erachten. Er wird uns seine Aufmerksamkeit schenken müssen."

Während Peji sprach trat er mit Sakura einige Schritte rückwärts.

Hatte er er angst?

Sakura wimmerte, als er über ihr gebrochenes Handgelenk strich. Doch sie würde ihm nicht den Gefallen tun, noch einmal zu schreien.

Er lachte ... und dann drückte er zu.

Sakuras Schrei halte erneuert durch die Nacht, und hätte der Mann sie nicht gehalten, währe sie zusammen gesackt.

"Verdammter Scheißkerl, lass sie los!", Temari machte einen Schritt auf ihn zu, blieb aber wieder stehen. "Wir regeln das unter uns, lass die Kleine daraus!"

"Sie wollte nicht mehr schreien, ich musste ihr nur zeigen, dass sie darauf kaum Einfluss hat", er grinste hämisch.

"Peji, es wird langsam gefährlich für dich. Er wird kommen, hörst du? Und wenn er sieht, was du ihr antust, dann wird er wütend werden. Du wirst es nicht überleben."

"Als wenn ihr mich einfach so gehen lasst", er sah die drei abwechselnd an. Seine Augen blitzten gefährlich.

"Ich glaube, dass du den Tod durch uns genießen kannst, im Vergleich zu dem was dir bevorsteht, wenn er kommt!"

"Verdammt, haltet euer Maul!", nun wurde Peji wütend und begann hastig zu werden. Er ging langsam mit Sakura rückwärts, Schritt für Schritt. Es lief nicht nach Plan. Mit ihnen hatte er nicht gerechnet. Die Zeit wurde knapp und sie hielten ihn unnötig auf.

Sakura hatte unterdessen die Augen geschlossen. Sie versuchte angestrengt, nicht zu denken, aber alles kam ihr so unwirklich vor. Nur der unerträgliche Schmerz erinnerte sie daran, dass es wirklich passieren musste.

Doch wie konnte das sein? Und von wem wurde die ganze Zeit gesprochen? Was hatte dieses Mädchen aus der Universität hier zu suchen, warum half sie ihr?

Und warum tat er ihr so weh?

Sie hörte ihn wieder lachen.

Sie hatte zuviel gedacht ...

Ihr Handgelenk schmerzte erneuert und wieder entrann ihrer Kehle ein qualvoller Ton, doch war es diesmal kein lauter Schrei.

"Oh, wir nehmen uns zusammen", er schüttelte belustigt den Kopf. "Warum so tapfer? Wir sind noch lange nicht fertig ..."

"Ich denke doch", sagte nun eine eiskalte Stimme, die wie aus dem Nichts hinter Peji aufgetaucht.

Sakura war sich nicht sicher, glaubte aber, dass es Itachi war. Was machte Itachi hier?

Peji zuckte heftig zusammen und im selben Moment ließ er sie los, um selbst das Weite zu suchen.

Er hatte zu lange gewartet ...

Noch bevor Sakura auf dem Boden aufkommen konnte, fing Itachi sie ab und hielt sie vorsichtig fest. Peji stürzte derweil davon, doch er kam nicht weit. Temari und ihre beiden Begleiter versperrten ihm den Weg und zingelten ihn ein.

"Jetzt wirst du sterben", sagte der Rothaarige mit einem bösartigen Lächeln, doch bevor noch einer von ihnen angreifen konnte stand Sasuke vor Peji. Allein sein Blick genügte, dass sich niemand mehr rührte.

Und dann geschah es innerhalb einer Sekunde. Niemand konnte sagen wie, aber Peji fiel leblos zu Boden. Keine Spur einer Verletzung oder Blut. Er lag einfach da, mit vor Schreck geweiteten Augen.

"Sasuke?", es war Temari, die als erstes sprach. Sie ging nicht auf den Vampir zu, zu groß war ihre Furcht, zu unberechenbar war der jüngere Uchiha.

"Ihr solltet ... abhauen ...", flüsterte er mit vor Wut bebender Stimme. Er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Er war für Freund wie Feind gefährlich. Die letzten Minuten, in denen er Sakuras Todesangst und ihren Schmerz gespürt hatte, ihr aber nicht helfen konnte, waren eines der Grausamsten Dinge gewesen, die er je gefühlt hatte.

Und nun hatte sich alles in die Vernichtung des Vampirs gelegt, die viel zu schnell ging.

Er hätte sich Zeit lassen sollen.

Er hätte ihn quälen müssen, wie er Sakura gequält hat. Und er hätte es noch viel grausamer machen können, so dass er am Ende um seinen Tod gebettelt hätte.

Sasuke zog die Luft scharf ein, als ihn diese berauschenden Gedanken von Folter kamen. Es steckte noch zuviel Wut in ihm.

"Sasuke?", diesmal war es Sakuras sanfte Stimme, die in seine todbringenden Gedanken eindrang. Er drehte den Kopf und sah, dass sie auf ihn zu kam.

"Halt sie auf, Itachi!", rief er seinem Bruder drohend zu. In diesem Zustand würde er vermutlich sogar Sakura verletzen können. Nichts war vor ihm sicher.

Doch Itachi kam nicht rechtzeitig. Sakura schüttelte nur den Kopf, mit Tränen in den Augen und sah Sasuke bestürzt an. Sie stand keinen Meter von ihm entfernt.

Selbst Itachi würde jetzt nicht so nah an ihn heran wollen.

Aber Sakura wusste nichts von dieser Gefahr. Sie streckte ihre gesunde Hand nach ihm aus, während ihr anderer Arm kraftlos an ihr herunter hing.

Sasuke riss die Augen auf, unfähig sich zu bewegen. Er spürte den Drang, ihren Arm wegzuschleudern, doch er tat es nicht. Stattdessen machte er einen Schritt auf sie zu, und jeder hielt in diesem Moment die Luft an.

Als Sakura ihn endlich erreichte gaben ihre Beine nach und sie musste sich an Sasuke festkrallen, um nicht zu Boden zu gehen.

Vorsichtig legte der Uchiha einen Arm um sie, damit er sie nicht verletzte. Er spürte, wie seine Kontrolle zu ihm zurückkehrte und konnte sie schließlich vollends in den Arm nehmen.

"Es tut mir so leid, Sakura! Es ist alles meine Schuld!", flüsterte er ihr ins Ohr und drückte sie sachte an sich. "Ich hätte besser aufpassen müssen."

Sakura schüttelte ihren Kopf und versuchte, Sasuke ein Lächeln zu schenken. Sie war in diesem Moment einfach nur froh, dass er da war. Alles andere war ihr egal. Nur seine Anwesenheit war wichtig. Es gab soviel, dass sie nicht verstand, dass sie verwirrte und ihr Angst machte, aber im Augenblick zählte für sie nur, dass er hier war.

"Mir tut ... es auch leid", gab sie leise zurück und vergrub ihr Gesicht in seinem Shirt. "Ich wollte nicht so gemein sein."

Sasuke lächelte leicht und legte seine Hand auf ihren Kopf. "Du warst nicht gemein. Aber das ist jetzt egal. Du bist in Sicherheit, das zählt."

"Sie muss in ein Krankenhaus", sagte plötzlich die Stimme der Blonden und Temari kam etwas näher an die beiden heran. Sasuke hatte sich offensichtlich beruhigt und war wieder er selbst.

Sakura sah Sasuke flehenden an. "Nicht ins Krankenhaus!", sagte sie schnell.

"Du musst aber!", bestätigte Sasuke. "Na los, ich bring dich hin. Und ich bleib bei dir."

Widerwillig ließ sich Sakura von Sasuke mit ziehen und schließlich verschwanden sie in der Dunkelheit.

"Seit ihr also auch hier! Wer hätte das erwartet?", Itachi lachte, als er zu Temari und ihren Begleitern ging. "Das Ganze nimmt eine sehr seltsame Wendung. Wisst ihr vielleicht, was hier vor sich geht?"

Diesmal war es Temaris Begleiter mit den Bemalungen im Gesicht, der sprach. "Nein, aber Kakashi hatte eine Vorahnung. Einige von den Anderen versammeln sich im Norden. Sie planen eventuell etwas. Ihr wisst gar nichts?"

Itachi schüttelte ehrlich den Kopf. "Nein. Wir wissen erst seit Dienstag, dass sie sich hier aufhalten. Hinata ist weggegangen, solange sie so Präsent sind. Für sie ist es am gefährlichsten. Zumindest bis wir nicht wissen, was sie wollen."

Temari nickte. Genau wie ihre Begleiter, die auch gleichzeitig ihre Brüder waren, kannte sie die Geschichte dieser drei Vampire.

Und das war auch der Grund, warum sie sie in Ruhe ließen, denn Temari, Kankuro und Gaara waren Vampirjäger ...

"Wer ist das Mädchen?", fragte die Blonde nun. "Sie schien keine Ahnung zu haben."

"Hat sie nicht", gab Itachi zu. "Aber Sasuke wird es ihr nun erklären müssen. Es ist sonst für alle zu gefährlich. Wir wissen nur nicht, wie sie reagieren wird."

"Hm."

"Gut, dann werde ich jetzt verschwinden. Hier ist alles erledigt. Ich danke euch, dass ihr Sakura geholfen habt."

"Warte", hielt Temari Itachi auf. "Was spielt sie für eine Rolle? Der Vampir meinte, er würde Sasuke dadurch wütend machen, wenn er sie verletzt."

"Du hast es gesehen", sagte Itachi bitter. "Er hat es geschafft. Sasuke war wütend. Und innerhalb von drei Wochen hat er schon zum Zweitenmal die Kontrolle über sich verloren. Beim letzten mal war es auch wegen ihr. Aber es ist anders als früher. Er lässt sich beruhigen, von ihr. Ich kann dir im Moment noch nicht sagen, was das zu bedeuten hat. Aber der Kleinen darf nichts passieren. Wir müssen auf der Hut sein. Wenn er ihre Verbindung zu Sasuke kannte, könnten auch die anderen bescheid wissen."

Temari nickte. "Wir bleiben in der Nähe."

"Dann sieht man sich vielleicht wieder. Auch wenn mir eure Anwesenheit nicht behagt", er lachte kopfschüttelnd.

Temari grinste zurück, ehe sie mit ihren Brüdern in der Dunkelheit verschwand.
 

Der Morgen graute bereits, als Sakura das Krankenhaus verlassen konnte. Sie hatte gedrängt und dem Arzt keine Ruhe gelassen, bis er sie gegen seinen Willen gehen ließ, obwohl er für eine stationäre Aufnahme gewesen war.

Nun saß sie in Sasukes Honda und sah auf die vorbeiziehenden Häuser Nahas.

"Tut es sehr weh?", fragte Sasuke um die Stille zu durchbrechen, und weil er sich sorgen machte.

Er hätte es lieber gehabt, wenn sie im Krankenhaus geblieben wäre, unter ärztlicher Aufsicht.

Doch Sakura musste ja so ein Dickschädel sein.

"Nein, geht schon", sagte diese nun.

Sasuke seufzte, wohl wissend, dass sie log. Er sah zu ihrem eingegibsten Arm und dem geschienten Finger, und musste mit aller Gewalt seine aufkommenden Wut unterdrücken, die er bis eben durch die Sorge nicht bemerkt hatte. Wären die Bräuche anders verlaufen, hätte Sakura operiert werden müssen. Doch auch so würde sie für Wochen beeinträchtigt bleiben.

Und noch immer stand das Ungesagte im Raum. Das Sakura noch keine Antworten wollte, wunderte ihn. Und es verunsicherte ihn.

"Ich bin kein normaler Mensch, Sakura", entfuhr es Sasuke plötzlich und er hätte sich dafür selbst Ohrfeigen können.

Was war in ihn gefahren, so direkt zu sein? Ihr so einen Satz entgegen zuschleudern? Was mochte sie jetzt denken? Was würde sie sagen? Ihn auslachen, nicht glauben? Oder Angst bekommen und flüchten wollen?

"Ich weiß", war Sakuras ruhige Antwort und Sasuke erschrak darüber fast mehr, als hätte sie einen Panikanfall bekommen.

Er sah sie vorsichtig an, doch Sakura blickte auf die Straße, mit trüben Blick. "Ich konnte ... es dir nicht sagen ...", meinte er ehrlich.

Sakura nickte langsam. "Ich weiß. Es ist nicht schlimm."

"Nicht schlimm?", Sasuke sah sie fassungslos an. "Du hättest heute Nacht sterben können! Und das nur, weil ich bin, was ich bin!"

"Ich wäre gestorben, wenn du nicht das bist, was du bist", war die einfache Antwort.

Warum war sie so ruhig? Stand sie unter Schock? Doch auch ihre Gefühle waren nicht überhitzt oder am durchdrehen. Sie schien gelassen zu sein. Warum?

"Dann weißt du, was ich bin?", er war überrascht. War es so offensichtlich?

Sakura nickte wieder. "Du bist wie er."

"Wie er?"

Meinte sie Peji?

Ein etwas hinkender Vergleich ...

"Als ich ...", Sakura schluckte, denn scheinbar viel es ihr nicht leicht, darüber zu reden. "Als ich in der Klinik war, da sah ich Nacht für Nacht jemanden in meinem Zimmer. Es war unmöglich, dass er dort war, aber er war da ... er redete mit mir. Oft und manchmal die ganze NAcht durch. Deswegen hielt man mich für verrückt, weil niemand in mein Zimmer kommen konnte. Man sagte mir, dass ich ihn mir einbilde ... und irgendwann glaubte ich es. Aber es war eine schöne Einbildung, die mich am Leben hielt. Und er erzählte mir Geschichten. Vieles habe ich vergessen. Aber ... als ich entlassen wurde, da sah ich ihn nicht mehr. Also glaubte ich wirklich, alles sei nur meiner Fantasie entsprungen. Und doch ... du", Sakura sah Sasuke leicht lächelnd an. "Du bist ihm so ähnlich. In eurem Verhalten, im Aussehen ... und das er kein Mensch war, dass hatte er mir gesagt ..."

"Er war ein ...", Sasuke stoppte instinktiv, doch ungläubig schüttelte er den Kopf.

"Ein Vampir, ja ...", sagte Sakura. "Es ist auf eine Gewisse weise beruhigend, verstehst du? Zu wissen, dass es Vampire gibt, selbst wenn man es vorher schon irgendwie wusste. Aber vielleicht träume ich auch nur ..."

Sasuke sah wieder zu Sakura. Deswegen blieb sie so ruhig. Zu erfahren, dass er ein Vampir war, bedeutete auch, dass sie nie verrückt gewesen war. Hatte sie an ihrem eigenen Verstand gezweifelt? Wahrscheinlich.

Es war für sie einfacher die Wahrheit anzunehmen, weil sie die Wahrheit im Unterbewusstsein schon immer gewusst hatte.

"Hast du ... keine Angst?", fragte er, obwohl er in ihr keine Angst spürte. Trotzdem konnte er es kaum glauben. Sogar Naruto war damals aus Angst bewusstlos geworden. Oder Schock, als er erfuhr, dass seine Freundin ein Vampir war.

Sakura schloss die Augen. "Nicht vor dir. Und nicht, wenn du bei mir bist ..."

Der Uchiha lächelte kopfschüttelnd. "Du bist doch verrückt. Keine Angst zu haben!", er sah Sakura wieder an. "Hast du nicht gesehen, was ich getan habe?", fügte er ernst hinzu.

Sakura nickte. "Natürlich. Du hast ihn getötet. Aber er war ... er war so böse, und seine Augen waren so voller Hass ... er hätte auch andere verletzt."

Sasuke seufzte. "Ich verlieren die Kontrolle, Sakura. Ich könnte auch dir gefährlich werden! Ich könnte dich töten!", er war aufgebracht.

Doch Sakura sah ihn sanft an. "Nein", sagte sie einfach. "Das könntest du nicht."

Sasuke war sprachlos. Sie sagte das mit einer Überzeugung, als wäre es die absolute und unumgehbare Wahrheit. Als gäbe es keine andere Möglichkeit. Keine Zweifel.

Und er glaubte es beinah. Aus ihrem Mund war es logisch.

Er würde Morden ohne Skrupel, nur sie würde er verschonen.

Und so unnormal es klang, aber in diesem Moment wusste er, dass es so sein würde.

So und nicht anders.

Er könnte sie nie verletzen.

"Warum bist du dir so sicher?", fragte er dennoch. Er war verwirrt. Verwirrt durch seine eigenen Gefühle.

Sakura lächelte matt. "Irgendwann wirst du es wissen." Mehr sagte sie nicht. Sie war hundemüde und erschöpft. Und trotz der Schmerzmittel pochte es in ihren Gliedern.

Sasuke musste sich vorerst mit dieser Antwort begnügen. Er sah Sakura an, die die Augen geschlossen hatte und den Kopf gegen die Stützte lehnte. Sie sah so friedlich aus, jetzt.

Er würde nicht zulassen, dass ihr die Anderen wieder zu nahe kamen. Er würde besser aufpassen. Es durfte nicht wieder passieren.

Von Alpträumen und Versprechen

Der Samstag war einem normalen Studenten oft heilig. Er unternahm etwas mit seinen Freunden und Kommilitonen, ging zu Partys oder traf sich zum gemeinsamen Abhängen.

Samstag Abend wurde nicht gelernt und gebüffelt.

Samstag Abend hatte man Spaß.

Aber Sakura Haruno war keine normale Studentin. Und ihr Kommilitone schon gar nicht.

Er war ein Vampir.

Ein Vampir, der Sakura einen normalen Samstag Abend bereiten wollte.

Und der kochte ...

Sakura saß an ihrem Küchentisch und konnte es noch immer nicht fassen, was Sasuke da tat. Er rührte im Kochtopf, rümpfte permanent angewidert die Nase und schmiss alles hinein, was in dem Buch stand, das vor ihm lag.

"Ich hätte mir wirklich auch etwas alleine machen können", sagte Sakura nun schon zum zehnten mal. Doch mit dem rechten Arm in der Schlinge war sie nicht sehr überzeugend. Und so grinste Sasuke sie einfach nur kopfschüttelnd an.

"Du brauchst nicht meine Mutter spielen", murrte Sakura. "Ich muss auch alleine klar kommen! Immerhin bin ich die nächsten Tage krank geschrieben und du in der Uni. Irgendwas kochen kann ich mir selbst. Das geht auch mit links", sagte sie überzeugt.

Überzeugt war aber nicht Sasuke. Er schmiss die letzten Zutaten in den Topf, ehe er ihn eiligst abdeckte, damit nicht all zuviele der widerlichen Gerüche in seine Nase drangen. "Das dauert jetzt eine Weile", sagte er mit einem Blick ins Buch.

"Hörst du mir überhaupt zu?", empörte sich Sakura und folgte dem Schwarzhaarigen ins Wohnzimmer, wo er sich erholend auf die Couch schmiss.

"Natürlich. Komm her", er streckte ihr seine Hand entgegen.

Sakura schluckte. Was sollte das jetzt? Was hatte er nun wieder vor?

"Nun los, ich beiße nicht", sagte er grinsend und entblößte dabei leicht seine weißen, recht scharf wirkenden Zähne. Den Satz hatte er sich nicht verkneifen können.

Sakura ging widerwillig auf ihn zu, als er sie an der Taille packte und zu sich zog.

"Was ...", sie wollte sofort aufspringen, doch Sasuke hielt sie mit sanfter Gewalt fest.

"Hast du jetzt Angst vor mir?", wollte er amüsiert wissen. Er hatte sein Gespür für Gefühle gedämpft. Benutzte er es permanent, nahm seine Intensität ab.

Sakuras Herz schlug wie verrückt. Hätte sie zwei gesunde Arme gehabt, hätte sie sich eher zur Wehr setzen können, aber so war sie ihm ausgeliefert.

"Bitte lass mich los, Sasuke", keuchte sie und auch ohne seine Gabe konnte er ihre Angst spüren. Doch war es weniger die Angst vor ihm als Vampir. Es lag eher an der Nähe, wie er kopfschüttelnd feststellte.

"Gestern hat es dich auch nicht gestört, mir nahe zu sein", meinte er nun etwas ernster. "Und da war ich wirklich gefährlich. Jetzt bin ich harmlos wie eine samtpfötige Katze und du kriegst fast einen Anfall. Ich werde daraus nich schlau", gab er ehrlich zu.

Sakura hörte auf zu zappeln. Sie schluckte schwer und war diesmal um eine Antwort verlegen. "Samtptfötig wie eine Katze?", fragte sie statt auf seine Behauptung einzugehen und runzelte dabei die Stirn.

Sasuke grinste und zog Sakura noch etwas näher zu sich, so dass sie nun ganz auf seinem Schoss saß.

Die Röte schoss ihr ins Gesicht und beinah vergass sie zu atmen. Ihr Herz überschlug sich fast und es war ein Wunder, dass es nicht seinen Dienst aufgab. Lange würde es das nicht aushalten!

Doch es ging noch schlimmer, als Sakura spürte, wie Sasuke seinen Kopf gegen ihren Rücken lehnte, seine Arme aber immer noch um ihre Taille hatte. Es gab keine Möglichkeit des Entkommen ...

"Wie geht es deinem Arm?", fragte Sasuke ruhig, als wäre er kurz vorm einschlafen.

Für Sakura eine grausame Vorstellung, denn sie würde die ganze Zeit nicht von ihm loskommen. "Ganz gut", meinte sie schlapp. Im Moment merkte sie die Schmerzen wirklich kaum, denn all ihre Aufmerksamkeit war auf die Person hinter ihr gerichtet.

"Du solltest wirklich mehr essen, du bist sehr knochig", bemerkte Sasuke als nächstes und Sakura blieb die Luft weg, als er mit seiner Hand langsam über ihren Rücken fuhr. "Man sieht es, auch wenn du immer weite Pullover trägst", er sagte es leise und gegen ihren Rücken, doch Sakura verstand jedes Wort und zog die Luft scharf ein damit sich wieder ihre Lungen füllten.

"Hm", war das einzige, was die Rosahaarige in diesem Moment herausbringen konnte. Warum konnte er sie nicht endlich loslassen? Eine Tomate müsste blass gegen sie wirken!

"Warum isst du nicht mehr?", Sasuke schien es wirklich zu beschäftigen, obwohl er bei diesem Thema nicht gerade der beste Berater war. "Naruto kann ganze Berge verdrücken."

"Ich weiß nicht ...", stotterte Sakura. "Ich habe nie Hunger. Es ist nur lästig", gab sie zu.

"Seltsam", meinte Sasuke. "Du solltest zu einem Arzt."

"Ich mag keine Ärzte", sagte Sakura etwas lauter. Ihre ganze Unterhaltung bisher war kaum mehr als ein Flüstern gewesen.

Sasuke nickte. "Das glaube ich dir. Du könntest mit Hinata reden, vielleicht kann sie dir helfen."

"Hinata?", Sakura drehte sich nun etwas zu Sasuke um und sah ihn verwirrt an. Sie wusste, dass die Hyuuga eine Vampirin war und auch warum sie und Naruto in Tokio waren, aber gerade das überraschte sie.

"Ja, sie hat sich lange mit Medizin beschäftigt. Vielleicht sollten wir zu ihr fliegen. Sie könnte die Heilung deiner Brüche beschleunigen."

"Das kann sie?", Sakura vergass für einen Moment ihre prekäre Lage und wurde neugierig. Dass Sasuke Gefühle von anderen spürte, hatte er ihr erzählt. Auch das Itachi die Anwesenheit von Vampiren regelrecht riechen konnte. Und dieser Peji konnte Gedanken lesen. Aber heilen? "Kann denn jeder etwas anderes?", wollte sie interessiert wissen.

Sasuke schüttelte den Kopf, der nun nicht mehr gegen Sakura lehnte. "Nein, nicht jeder. Manche haben gar keine ... nun Talente, andere mehrere. Aber es gibt nicht unendlich viele Arten", erklärte er ihr.

"Aber Gedanken lesen kannst du nicht auch noch, oder?"

Sasuke lachte leise. "Nein, auch wenn ich deine gerne kennen würde!"

Sakura wurde wieder rot. "Wozu?"

Sasuke zuckte mit den Schultern. "Weil es mich interessiert, wie dein Leben war, bevor ich dich getroffen hab."

"Das weißt du doch."

"Was ich weiß ist viel zu wenig. Ich will mehr über dich wissen."

Sakura wurde heiß, noch heißer als ihr ohnehin schon war. Warum wollte er soviel über sie wissen? Sie hatte versucht, sich keine Gedanken darüber zu machen, wie sie zu ihm stand.

Und noch weniger, was er über sie dachte.

Sasuke grinste wieder und Sakura glaubte schon, er könne doch Gedanken lesen. Doch er schüttelte nur belustigt den Kopf und erklärte ihr, dass sie manchmal dreinblickte wie ein Fisch über Wasser.

"Ein Fisch?", Sakura glaubte sich verhört zu haben und drehte sich abrupt von Sasuke weg. Eigentlich wollte sie empört von ihm aufspringen, aber seine Umklammerung hielt noch immer an. "Und wann lässt du mich endlich los?", zischte sie beleidigt.

Sasuke lachte nur. "Willst du auch noch wissen, wie du dich verhältst?"

Die Rosahaarige schnaubte. "Nein, darauf verzichte ich dankend!"

Plötzlich klingelte es an Sakuras Wohnungstür und mit einmal stand die junge Frau wieder auf ihren Füßen. An diese unmenschliche Schnelligkeit musste sie sich erst einmal gewöhnen! Sie sah zu Sasuke, dessen Blick eben noch einen gefährlichen Ausdruck angenommen hatte, jetzt aber überrascht wirkte.

"Wer ist da?", fragte Sakura, da er es offensichtlich wusste. Er konnte schon sehr praktisch sein. Uneingeladene Gäste hatten kaum eine Chance ...

"Sie hätten nicht zurückkommen dürfen", sagte Sasuke kopfschüttelnd und ging zur Tür. Kaum hatte er sie geöffnet, stürzte schon ein aufgebrachter blonder Chaot in die Wohnung.

"Wo ist sie? Hä? Du Idiot, dass du nicht aufpassen kannst!", rief er durcheinander.

"Naruto?", Sakura kam ihm entgegen, als er ihr auch schon um den Hals fallen wollte. Doch kurz bevor er sie mit seiner Überschwänglichkeit zu Boden gerissen hätte, wurde er von Sasuke gepackt und aufgehalten.

"Schalt ein Gang runter", sagte dieser und erst jetzt bemerkte Naruto Sakuras dicke Schlinge, die ihren Arm hielt.

Erschrocken fuhr er sich über den Mund und machte einen vorsichtigen Schritt auf seine beste Freundin zu. "Oh Sakura, es tut mir so leid. Dass du da mit rein gezogen wurdest, ich ..."

"Schon gut Naruto. Ich bin noch heil."

"Das sieht aber nicht heil aus", bemerkte der Uzumaki und Sakura glaubte, Tränen in seinen Augen zu sehen. "Es tut mir alles so leid, auch dass wir dir nicht gesagt haben, dass wir gegangen sind. Und dabei wollte ich dir noch soviel erzählen."

"Das kannst du später immer noch", Sakura lächelte Naruto aufmunternd an. "Jetzt mach dir keine Gedanken, mir geht es gut."

Sasuke räusperte sich kurz und nickte in Hinatas Richtung, die nicht unerlaubt die Wohnung betreten konnte und lächelnd vor der Tür stand.

"Oh, Hinata entschuldige, komm bitte rein!", sagte Sakura sofort.

Im Gegensatz zu Naruto hatte Hinata keine übertriebene Ader, doch schloss sie Sakura freundschaftlich in die Arme und schien selbst den Tränen nahe. "Es ist schrecklich, was passiert ist, Sakura! Wären wir nur hier geblieben!"

"Nein, bitte, ihr könnt nichts dafür. Es war meine eigene Schuld. Ich hätte mich nicht rum treiben sollen, und das bei meinem Orientierungssinn", Sakura grinste leicht über ihre eigene Unfähigkeit. "Aber warum seid ihr hier? Ihr solltet in Tokio sein, in Sicherheit!"

Naruto lächelte und legte seinen Arm um Sakuras Schulter. "Das kommt gar nicht in die Tüte. Wir hätten keine ruhige Sekunde, dich hier mit so einem unfähigen Idioten alleine zu lassen!"

Sasuke knurrte beleidigt, riss sich aber zusammen. Er wusste, dass Naruto nur Scherzte, so war er nun mal. Und zudem war er wirklich unfähig gewesen.

"Und außerdem hat sich Hinata die ganze Zeit abfällig über die Ärzte hier geäußert, die viel zu dumpfbackig seien. Also haben wir den nächsten Flug genommen", schloss Naruto.

Sakura musste sich eine Träne der Rührung aus den Augen wischen. Wie hatte sie je an ihren Freunden zweifeln können? Und trotzdem, sie durfte nicht der Grund sein, warum Naruto und Hinata in Gefahr waren.

"Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, hier zu sein", bedachte auch Sasuke. Hinata war ein mögliches Ziel, demzufolge auch Naruto. Und NAruto konnte sich nicht gegen einen Vampir zur Wehr setzen, egal wie stark und mutig er war.

Sakura nickte. "Mir geht es gut. Aber wenn ihr wegen mir ..."

"Jetzt ist aber Schluss", sagte Naruto gut gelaunt. "Wir passen einfach doppelt auf und bleiben zusammen. Was sollte da schon passieren?"

Sasuke seufzte, nickte aber. "Vielleicht hat er recht."

"Sicher habe ich recht!"

Hinata lächelte. "Hör auf zu Streiten, Naruto. Was riecht hier so verbrannt?", fragte sie Naserümpfend.

"Das Essen", entfuhr es Sakura, und sofort wurde Naruto hellhörig.

"Essen wo?"

"In der Küche?!"

Keine Sekunde später war der Blonde davon, es raschelte und krachte.

"Gehen wir lieber nachsehen", seufzte Sakura, die Angst um ihre Einrichtung hatte.

Sasuke nickte, blieb aber zurück. Sowie Hinata.

"Es war also Peji?", fragte ihre sanfte Stimme, während sie Sakura mitfühlend hinterher blickte.

Sasuke nickte. "Tut mir leid, dass ich ..."

"Entschuldige dich nicht. Er hat den Tod verdient!", meinte Hinata wütend. Peji war ihr Cousin gewesen.

Sasuke nickte wieder. "Kannst du die Heilung beschleunigen?"

"Ich hoffe. Trotzdem wird es nicht von heute auf morgen heilen. Wie hat sie es verkraftet? Sie wirkt sehr ... gefasst."

"Das ist sie auch. Sie ist schon einmal einem Vampir begegnet. Aber glaubte, es sei nur eine Einbildung. Der Grund, warum sie in dieser Klink war und diese Tabletten genommen hat."

Hinata war überrascht. "Sie ist jemanden von uns begegnet? Weiß sie wem?"

Sasuke schüttelte den Kopf. "Er hat ihr nie einen Namen genannt."

"War er öfter bei ihr?"

"Ja, sehr oft. Aber sie erinnert sich nur wenig. Sie sagt, es liegt an den Medikamenten. Man hat sie damals damit zugedröhnt."

"Verfluchte Menschen!", Hinata schüttelte angewidert den Kopf. "Aber warum war er bei dir? Er hat ihr ja offensichtlich nichts getan?"

"Ich weiß es nicht. Aber nein, getan hat er ihr nichts. Im Gegenteil. Es schien ihm wichtig, dass sie die Zeit dort übersteht. Sie scheint ihm dankbar zu sein."

"Das ist alles sehr seltsam. Und warum wurde sie angegriffen? Wusste man von ihrer Verbindung zu dir?"

"Das ist sehr wahrscheinlich."

"Dann wird es nicht der letzte Versuch gewesen sein", sagte Hinata traurig. "Wir müssen sehr vorsichtig sein!"

Sasuke nickte. "Du am meisten. Und Naruto."

Hinatas Blick wurde besorgter denn je. Sollte Naruto ihretwegen etwas zustoßen, sie würde es nicht überleben ...

"Können wir irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen treffen?"

"Vermutlich nicht, außer ständig auf der Hut zu sein und nicht viel nach draußen zu gehen. Das gilt auch für Naruto. Er wird eine Weile nicht zur Universität gehen können."

"Das wird ihm nicht passen."

Sasuke nickte. "Aber es bleibt ihm nichts anderes übrig. Zumindest solange, bis wir etwas mehr wissen."

"Itachi sagte am Telefon, dass die Jäger auch hier seien ..."

"Ja, alle drei. Kakashi vermutlich auch. Wir sollten demnächst mit ihnen Verbindung aufnehmen."

"Können wir ihnen wirklich vertrauen?", Hinata war sich da nicht sicher.

Sasuke seufzte. "Nicht zu Hundert Prozent. Aber der Vertrag wurde bisher nie gebrochen. In keiner Generation. Solange es keine Vorfälle gibt, sollten sie uns in Ruhe lassen."

"Hey, was steht ihr da noch immer rum?", rief Naruto plötzlich und schielte aus der Küche. "Das Essen ist fertig, ihr könntet uns wenigstens Gesellschaft leisten!"

Sasuke stöhnte, nickte aber und ging mit Hinata zu den anderen, die schon vor ihren gefüllten Tellern saßen. "Es riecht grausam", kommentierte er, als er neben Sakura platz nahm und angewidert in ihr Essen blickte, als würde es ihn anfallen.

Hinata lächelte nur, sagte aber nichts dazu.

"Stört es dich nicht?", fragte Sakura neugierig, da die Vampirin gelassen neben Naruto sitzen konnte, während Sasuke hin und her rutschte und die Nase so weit wie möglich von ihrem Teller entfernte.

"Nein, ich bin es gewöhnt. Naruto kocht sich fast jeden Tag etwas, ich bin regelrecht immun geworden. Es ist eine Frage der Selbstbeherrschung."

Sakura grinste Sasuke belustigt an. "Da hörst du es! Schneid dir eine Scheibe von ihr ab!"

"Tse, ich hab mich während des kochens schon beherrscht!"

Naruto würgte. "Sasuke hat das gekocht?", panisch blickte er von Sakura zu seinem Freund.

Die Rosahaarige lachte. "Ja, schmeckt es dir etwa?"

Naruto beäugte die Suppe nun genauer. "Das wurde auch wirklich aus Tomaten gemacht?", fragte er der roten Farbe wegen.

"Das schmeckst du Trottel doch, oder nicht? Meinst du, ich serviere Sakura eine Blutsuppe? Wenn ich allerdings gewusst hätte, dass du kommst ...", sagte er mit fiesem Unterton und einem noch fieserem Lächeln im Gesicht.

Naruto wurde bleich. Er schluckte schwer und stocherte nun in seinem Teller rum.

"Es ist kein Blut, Naruto. Ich würde es riechen und dir sagen", meinte Hinata nach einigen Minuten erlösend.

Sofort erhellte sich Narutos Gesicht und hastig schlang er den Teller leer. "Noch einen bitte!", grinsend hielt er Sasuke den Teller unter die Nase.

Sasuke knurrte genervt, drehte sich aber um und füllte Naruto noch auf. Das Ganze wiederholte sich dreimal, bis es Sasuke reichte ...
 

Wenn es etwas gab, dass Sakura nicht mochte, abgesehen von hundert anderen Dingen, dann war es Langweile.

Und sie langweilte sich nun schon seit Tagen.

Sie durfte nicht nach draußen, hing den ganzen Tag vor dem Fernseher oder hörte pausenlos Narutos Erzählungen zu. Und das schon seit Vier endlos langen Tagen.

Doch Naruto langweilte sich genauso wie sie. Wenn er nicht redete, verbrachte er die Zeit in ihrer Küche. Den Vorschlag, etwas für die Uni zu tun, schlug er beiseite.

Er könne sich jetzt wohl kaum konzentrieren ...

Hinata und Sasuke hatten mit dem Nichtstun keine Probleme. Sie konnten Stunden damit verbringen, still zu sitzen und sich kaum zu rühren.

Ab und an kam Itachi vorbei. Er war die meiste Zeit unterwegs und versuchte Informationen zu sammeln, Tag wie Nacht. Doch bisher hatte er keine brauchbaren Spuren entdeckt. Wenn er in der Wohnung war, verschwanden Hinata und Sasuke meistens, aber sobald er ging, waren sie zurück.

Naruto erklärte Sakura irgendwann, dass sie dann ihren Durst stillen waren, was sie nicht gern vor Menschen taten. Sogar Hinata war es unangenehm, obwohl er mit ihr schon lange zusammen wohnte. Ihre Blutrationen waren immer in bedruckten Flaschen abgefühlt und sorgfältig verschlossen in einen kleinen Kühlschrank.

Es war Mittwoch Abend, als Sakura wieder einmal gelangweilt vor dem Fernseher saß. Naruto versuchte Hinata im Schach zu schlagen, was ihm natürlich nie gelang, und Sasuke saß am Fenster und starrte nach draußen. Seine Augen bewachten jeden Zentimeter, nahmen jede Veränderung war, und Sakura fragte sich langsam, wann er eigentlich das letzte Mal geschlafen hatte.

Denn das Vampire schliefen, wusste sie von Hinata. Sie und Naruto teilten sich die Couch, und Hinata hatte ihr erzählt, dass Vampire zwar weniger, aber dennoch Schlaf brauchten.

"Wäre es euch nicht angenehmer, wenn ihr in eurem Bett schlafen würdet?", fragte Sakura eines Morgens, denn die Couch war wirklich sehr klein für zwei Personen, von denen einer Naruto hieß.

Doch Hinata hatte nur den Kopf geschüttelt und gesagt, dass es besser war, wenn sie gerade in den Nachtstunden zusammen blieben.

Sakura seufzte, als sie an ihr eigenes Bett dachte. Sie selbst schlief auch wenig, aber es bereitete ihr Sorge, dass Sasuke noch gar kein Auge zugemacht hatte. In der NAcht saß er meisten an diesem Fenster, noch aufmerksamer als tagsüber.

Das konnte ihm doch nicht gut tun!

Die Uhr schlug zehn, als Sakura zum hunderstenmal gähnte und im Bad verschwand. Umziehen tat sie sich immer erst in ihrem Schlafzimmer, wenn sie niemand mehr sah. Auch wenn sie in den letzten Tagen mehr gegessen hatte, so hatte sie noch nichts zugenommen und mittlerweile schämte sie sich ihrer ausgemergelten Figur.

Es war seltsam, denn früher war es ihr einfach nur egal gewesen. Jetzt wünschte sie beinah, fraulichere Rundungen zu haben.

Einfach nur seltsam ...

"Ich gehe schlafen, gute Nacht", sagte sie, als sie zurück ins Wohnzimmer ging. Hinata warf ihr einen lächelnden Blick zu und Naruto winkte, ohne von seinen Figuren aufzublicken, so vertieft war er.

Sakura seufzte belustigt, ehe sie zu Sasuke ging. "Meinst du nicht, du solltest mal eine Pause machen?"

Der Uchiha lächelte Sakura an, schüttelte aber den Kopf. "Nein, Itachi müsste bald kommen. Ich mach später eine Pause."

"Du solltest auch mal schlafen."

"Ich brauch nicht viel Schlaf."

"Aber trotzdem etwas. Ruh dich doch mal aus, hm?"

"Gute Nacht, Sakura", sagte Sasuke ohne auf sie einzugehen.

Sakura stöhnte nur, dann verschwand sie ins Schlafzimmer. Der Kerl war wirklich unmöglich!

Als Sakura die Tür geschlossen hatte, ging sie zu ihrem Kleiderschrank und fischte sich ihren Pyjama heraus. Jetzt kam sie wieder zu dem Punkt des Abends, der ihr am meisten missfiel.

Das Umziehen mit nur einem Arm ohne den anderen ansatzweise zu bewegen ...

Natürlich hatte ihr Hinata ihre Hilfe angeboten, aber Sakura hatte dankend abgelehnt und gesagt, sie schaffe das alleine.

Am Ende schaffte sie es auch immer wieder, aber es war jedesmal ein Akt des Unmöglichen, der sie Nerven kostete.

Wie Hilflos man doch sein konnte ...

Sakura seufzte und begann umständlich damit, sich die Bluse aufzuknöpfen. Sie war ein motorischer Krüppel, und etwas mit links zu tun war in diesem Moment immer die größte Bestrafung überhaupt.

"Ah, verdammt", knurrte sie in die Dunkelheit hinein, als sie plötzlich erschrak und sich nur schwer einen Schrei verkneifen konnte. "Gott des Wahnsinns, du hast mich fast umgebracht!", motzte sie, als sie Sasuke an ihrem Fenster stehen sah. Wie lange stand er schon dort?

"Entschuldige, ich dachte, du hättest mich bemerkt", gab er grinsend zurück, was sie eher hörte als sah. Nur das schwache Mondlicht erhellte den Raum etwas. "Warum lässt du das Licht aus?"

"Damit ein Spanner wie du mich nicht sehen kann, wenn ich mich umziehen will!", keifte sie empört zurück.

"Glaubst du, ich sehe nichts?"

Natürlich.

Vampire ...

Musste er solche verdammten, ausgeprägten Sinne haben?

Sakura ließ ein Knurren von sich, ehe sie ihm einen tödlichen Blick schenkte. "Was machst du hier?", fragte sie dann und versuchte ruhig zu bleiben.

"Schlafen."

"Schlafen? Hier? Eben hast du doch gesagt ..."

"Ich weiß. Aber ich hab es mir anders überlegt. Und Hinata meinte, sie bräuchte eine Pause von Narutos unermüdlichen Versuch sie zu besiegen."

"Aber ... du willst hier schlafen?", Sakura starrte Sasuke fassungslos an. Das ging nicht! Das gehörte sich doch nicht!

"Wo sonst? Ich teile mir nicht die Couch mit dem Idioten. Er würde mich in der Nacht vermutlich totschlagen."

Sasuke sagte das, als wäre es selbstverständlich und vollkommen natürlich, dass er mit Sakura das Bett teilen wollte.

"A...", Sakura wollte etwas erwidern, doch ihr blieben die Worte im Halse stecken. Jetzt schon begann ihr Herz höher zu schlagen, was würde es machen, wenn er neben ihr liegen würde???

"Ich schlafe auf dem Boden", sagte Sasuke, als er merkte, was in ihr vorging. Nur schwer konnte er sich ein Lachen verkneifen. Sie machte immer ein niedliches Gesicht, wenn sie mit sich rang, ohne es zu wissen. "Ich bräuchte nur eine Decke."

Sakura nickte langsam und holte aus ihrem Schrank eine dicke Decke. Doch der Gedanke, dass er wegen ihrer Affigkeit auf dem harten Boden schlafen musste, gefiel ihr genauso wenig wie die Alternative.

Sasuke nahm ihr die Decke nickend ab, und keine Sekunde später lag er schon neben ihrem Bett, als schliefe er bereits.

Unschlüssig stand Sakura da und starrte Sasuke an.

"Was ist los?", fragte Sasuke schließlich, da sie sich auch nach einer Minute noch nicht bewegt hatte. Eine rare Eigenschaft der Rosahaarigen, die eigentlich permanent in Bewegung sein musste.

"Ich ... bin noch nicht umgezogen ...", stotterte Sakura und wurde rot dabei.

"Ich gucke nicht", sagte Sasuke einfach und drehte sich auf die andere Seite.

Doch Sakura bewegte sich noch immer nicht.

"Jetzt sei kein Fisch", nuschelte er und gähnte dabei herzhaft.

Sakura seufzte und drehte sich um, während sie sich wieder mit ihrer Bluse beschäftigte. Trotzdem fühlte sie sich beobachtet. Eine sehr unangenehme Situation ...

"Du brauchst ja Stunden", hörte sie plötzlich Sasukes Stimme direkt hinter sich und unwillkürlich zuckte sie zusammen.

"Du sollst mich nicht immer so erschrecken!", motzte sie leise, drehte sich aber nicht um. "Ich brauche nun mal meine Zeit, ich bin nicht gerade der geborene Linkshänder!"

Sasuke zog die Braue hoch. "Du hättest sagen können, dass es alleine nicht geht. Hinata wollte dir helfen."

"Ich bin aber kein Kind! Und wenn ich meine Ruhe hab dann funktioniert es auch ... irgendwann", murrte sie, sich der drückenden Nähe Sasukes bewusst. Warum musste er auch immer so nahe kommen? Merkte er nicht, wie sehr sie das aus dem Konzept brachte?

"Du benimmst dich manchmal aber sehr kindisch. Hilfe anzunehmen ist keine Schwäche."

"Ich ... weiß", sagte Sakura zögernd. "Es ... ist eher ein Reflex, verstehst du?"

Sakura merkte, dass Sasuke nickte und war erleichtert, dass er sie verstand. Doch mit einmal spürte sie seine Hand an ihrer Bluse und sämtliches Blut schoss ihr in den Kopf. Gott des Allmächtigen!

"Bist du ...", setzte Sakura sofort an, doch Sasuke lachte nur und fuhr ihr dazwischen.

"Du musst versuchen, den Reflex mal auszuschalten", sagte er amüsiert. "Und wenn es nur ein Reflex ist und du dir dessen bewusst bist, dann kannst du dir jetzt auch von mir helfen lassen, oder?"

Sakura wusste nicht was sie sagen sollte. Hatte sie sich jetzt selbst in diese erschreckende Situation gebracht? Das war doch nicht zu fassen! "Ich ... kanns aber wirklich allein", sagte sie trocken und mit einem schweren Kloß im Hals. Ihr war so warm, dass sie glaubte, Sasuke müsse jeden Moment durch ihre bloße Anwesenheit einen Hitzeschock bekommen.

"Das seh ich", grinste Sasuke und öffnete nun den letzten ihrer Knöpfe.

"Du siehst ... Gott, mach wenigstens die Augen zu!"

Sasuke lachte. "Ich werde nicht wie ein wild gewordener Kerl über dich herfallen, nur weil ich dich mit etwas weniger Kleidung sehe. Ich bin doch etwas älter und es ist nicht so, dass ich noch nie eine Frau gesehen habe."

Oh ...

Nun schwang Sakuras ängstliche Stimmung in eine fassungslose über. Abrupt drehte sie sich zu ihm um und hielt ihm den gesunden Zeigefinger unter die Nase. "Ich fass es nicht! Als wenn ich deine Frauengeschichten in meinem Schlafzimmer hören möchte!", Sakura funkelte Sasuke böse an, doch seine Augen grinsten nur zurück.

Seine Augen??

"Verdammt, du guckst ja doch!", empörte sie sich erschrocken und wollte sich schon wieder umdrehen, doch diesmal hielt Sasuke sie fest und hinderte sie an ihrem Vorhaben.

Er beugte sich zu ihr hinunter und sah sie immer noch amüsiert an. "Warum bringt dich das so auf die Palme?", fragte er sie leise.

"Tse, weil es einfach unverschämt ist!", konterte Sakura, doch sie wusste, dass sie bald den Verstand verlieren würde, wenn er sie weiterhin so ... verführerisch ansah.

"Entschuldige, ich wollte nicht unverschämt sein", er richtete sich wieder auf, aber sein Grinsen verschwand nicht. "Und nun lass mich dir da raus helfen, meine Augen bleiben geschlossen, ehrlich!"

Sakura sah ihn genau an, soweit es möglich war, ehe sie nickte. "Aber du lässt sie zu, kapiert! Sonst kriegst du die schallenste Ohrfeige, die du je erlebt hast!"

"Mit deiner linken Hand? Das würde mich ja bald interessieren!"

"Sasuke!"

Er lachte. "Entschuldige. Nur ein Scherz. Jetzt halt deinen Arm, ich mach die Schlinge lose."

Es dauerte keine zehn Sekunden, da hatte Sasuke Sakura aus der Bluse geholfen. "Und, überlebt?", fragte er.

"Ja", gab sie wiederwillig zu. "Und es tat nicht einmal weh", fügte sie kopfschüttelnd hinzu. "Danke."

Sasuke nickte, während er ihr ins Schlafshirt half.

"Die Hose schaff ich allein", erklärte Sakura und lächelte leicht. Sie hatte sich wieder beruhigt.

"Gut."

Und im nächsten Moment lag Sasuke wieder auf seinem Platz.

Sakura beeilte sich so schnell sie konnte und kroch dann unter ihre Decke. "Gute Nacht", sagte sie leise und drehte sich zum Fenster.

"Gute Nacht."

Eine Weile herrschte absolute Stille und Sakura glaubte, Sasuke wäre schon längst eingeschlafen. Sie lauschte seinem regelmäßigen Atem.

Atem? Sakura fragte sich, ob Vampire wirklich atmen mussten? Oder tat er vielleicht nur so, als schlafe er? Oder schlief er einfach nur noch nicht? Oder konnte er nicht schlafen, weil sie ihn auf den Boden verdonnert hatte, der ihm am nächsten Morgen vermutlich böse Rückenschmerzen bereiten würde?

"Sasuke?", flüsterte Sakura in die Dunkelheit und richtete sich mühevoll auf. "Schläfst du schon?"

"Nein. Was ist los?"

"Ich könnte rutschen ...", sagte Sakura noch leiser und wurde wieder rot.

"Mich stört der Boden nicht, mach dir deswegen keine Gedanken", gab Sasuke zurück.

"Mich aber."

Sasuke lächelte. "Du liegst doch aber nicht auf dem Boden."

"Nein, aber ich hab ein schlechtes Gewissen, weil ich dich dort schlafen lasse, und ich mich so affig hab."

"Du hast dich wirklich affig, aber du musst kein schlechtes Gewissen haben."

"Tse!", knurrte Sakura nun. Das Sasuke es immer gleich bestätigen musste, wenn sie etwas negatives an sich zu gab. Doch im gleichen Moment spürte sie ihn neben sich sitzen und leicht erschrocken sah sie ihn an.

"Du musst dein Bett nicht teilen", sagte er, doch Sakura schüttelte den Kopf und rutschte an die äußere Bettkante.

Sasuke seufzte und ließ sich auf den Rücken fallen.

"Gute Nacht", sagte Sakura nun schon zum vierten mal an diesem Abend.

"Gute Nacht."

Und dann dauerte es auch nicht lange, bis die Rosahaarige ihren Schlaf fand. Sie hatte eigentlich erwartet, dass ihr seine Anwesenheit Schwierigkeiten bereiten würde, doch im Gegenteil. So schnell war sie schon lang nicht mehr eingeschlafen.

Und so schnell sie schlief, so schnell setzten auch die Träume ein.

Sie sah Sasuke, Naruto und Hinata. Ihre einzigen Freunde, aber dafür die Besten, die man haben konnte. Sie fühlte sich geborgen, beschützt, wohl und glücklich. Sie wusste, dass sie für sie da waren, wenn sie sie brauchte.

Dann sah sie diesen Peji, wie er hinter Sasuke stand. Doch Sasuke bemerkte es nicht, sondern lächelte sie unentwegt an.

Sakura rief ihm zu, er solle sich umdrehen, doch Sasuke reagierte nicht. Sakura schrie mittlerweile, wollte auf ihn zu und ihm helfen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Irgendwas hielt sie fest. Erschrocken drehte sie um und sah ihn. Sie erkannte ihn sofort, nie würde sie sein Gesicht vergessen. Er grinste sie an und hielt sie fest. Er hinderte sie daran, Sasuke zu warnen.

Wieder schrie Sakura, denn auch hinter Naruto und Hinata tauchte jemand auf. Keine Sekunde später gingen beide in Flammen auf.

Sakura sah zu Sasuke, der von dem nichts mitbekommen hatte. Was war nur los? Was geschah hier? Warum reagierte er nicht?

Jetzt sah Peji sie an, er lachte und winkte sie zu sich.

Der vertraute Vampir hinter ihr ließ sie los und so schnell sie konnte, rannte sie auf Sasuke zu, schreiend und mit Tränen in den Augen. Sasuke streckte ihr seine Hand entgegen, doch bevor sie danach greifen konnte, lachte Peji laut und auch Sasuke ging in Flammen auf ...

Mit einem entsetzten Schrei schoss Sakura nach oben. Sie war schweißgebadet und atmete heftig. Ihre Brust hob und senkte sich ungleichmäßig, doch das bekam sie kaum mit. Entsetzt sah sie zu ihrer linken, voller Angst Sasuke läge verbrannt neben ihr. Doch er sah aus wie immer und seine dunklen Augen fixierten sie besorgt.

Sakura konnte ihn einfach nur anstarren. Alles war so real gewesen, obwohl sie gewusst hatte, dass es nur ein Traum war. Aber diese Angst, diese entsetzliche Angst, als sie ihn nicht erreichen konnte ...

Erneuert sammelten sich die Tränen in ihren Augen. Warum hatte sie soetwas grausames träumen müssen? Und warum reagierte sie so übertrieben wegen einem Traum?

"Alles klar?", fragte Sasuke nun und musterte Sakura weiterhin.

Sakura war so froh, seine Stimme zu hören, dass noch mehr Tränen flossen. Sie nickte und wischte sich über die Augen. "Entschuldige, ich ... hab nur schlecht geträumt", spielte sie es runter und drehte sich zum Fenster, um ihn nicht weiter ansehen zu müssen. Sie zog die Beine dicht an ihren Körper und versuchte sich mit ihrem vergipsten Arm zu arrangieren. Sie musste sich jetzt beruhigen. Sie wollte Sasuke nicht unnötig sorgen machen. Alles war so konfus. So verwirrend.

Warum war Er in ihrem Traum aufgetaucht? Und warum hatte Er sie aufgehalten, Sasuke zu retten?

Sakura erstarrte, als sie plötzlich Sasukes Arm spürte, der sich vorsichtig um sie legte und sanft an sich zog. Doch anstatt sich nach alter Manier zu wehren, drückte sie seine Hand fest an sich, aus Angst, er könne plötzlich verschwinden.

"Sakura, was hast du geträumt?"

Doch Sakura schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht darüber reden, es wirkte alles noch zu real. Unwillkürlich begann ihr Körper zu zittern, als immer wieder die grausamen Bilder auftauchten.

Sasuke, wie er vor ihren Augen starb ...

Sie drückte seine Hand noch fester und es brauchte eine Weile, bis sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Erst zögerte sie, doch dann drehte sie sich langsam zu Sasuke um und sah in seine schwarzen Augen, die immer noch diesen besorgten Blick hatten. Und dann wurde ihr bewusst, was ihr der Traum sagen wollte. Sie würde auf die eine oder andere Weise an seinem Tod schuld sein. Sie war es, die er beschützen wollte. Sie brachte ihn immer wieder in Gefahr. Sie würde ihn nicht retten können, und Er würde auch eine Rolle spielen ...

Sakura hob ihre gesunde Hand und legte sie langsam auf seine kalte Wange. Falls Sasuke von ihrer Geste überrascht war, versteckte er es. Er sagte auch nichts, sondern sah sie nur mit diesem besorgten Blick an.

Warum?

Warum musste er sie auch beschützen wollen? Warum konnte ihr Leben ihm nicht egal sein? Warum musste er so sein, wie er war?

Sakura fuhr ihm durch seine Haare und lächelte traurig. "Du musst mir etwas versprechen", sagte sie leise und nur mit Mühe konnte sie das Zittern ihrer Stimme unterdrücken.

"Kommt drauf an, was", gab Sasuke ruhig zurück.

Sakura lächelte noch immer, doch die Tränen suchten mittlerweile ihre Augen. "Du darfst ... du darfst dich meinetwegen ... nicht mehr in Gefahr bringen, versprichst du es mir, bitte?", es war weniger eine Bitte als ein Flehen.

Sasuke schmunzelte leicht und wischte ihr die Tränen aus den Augenwinkeln. Er drückte sie etwas mehr an sich und hauchte ihr sachte einen Kuss auf die Haare. "Nein", sagte er dann. "Das kann ich dir nicht versprechen."

Sakura erwiderte nichts. Sie hatte seine Antwort gekannt, noch bevor er es gesagt hatte.

Weinend vergrub sie ihr Gesicht in seinem Shirt.

"Aber ich verspreche dir, dass ich dich nicht alleine lassen werde", sagte er, während er ihr über die Haare strich.

"Schwörst du es?"

Sasuke nickte lächelnd. "Ich schwöre es. Bei meinem Leben, als Untoter", er lachte leise.

Sakura musste grinsen, doch sie schüttelte den Kopf. "Schwöre es bei meinem Leben, als Mensch."

Sasuke schluckte. Das hatte er nicht erwartet. Er schloss die Augen, doch dann nickte er, wenn auch widerwillig.

Die Rosahaarige seufzte erleichtert und zufrieden kuschelte sie sich an Sasuke. "Danke", flüsterte sie, ehe sie in einen traumlosen Schlaf fiel.

Die Vampirjägerin

Es war Samstag Vormittag, als Sakura deprimiert vor dem Wohnzimmerfenster saß und nachdenklich nach draußen sah.

Die Sonne schien, kein Lüftchen wehte, keine Wolke verdeckte den Himmel.

Und sie saß nun schon seit einer geschlagenen Woche in ihrer Wohnung, durfte nicht nach draußen und wartete sehnsüchtig darauf, dass Itachi kam und sagte, dass die Gefahr vorbei sei.

Sakura seufzte resigniert. Sie hätte nicht geglaubt, dass ihre Langeweile solche Ausmaße annehmen könnte. Aber mittlerweile hatte sie an nichts mehr Interesse und sogar Naruto hörte sie nur noch halbherzig zu.

Doch auch der blonde Chaot war sichtlich genervt von dem Zwangsaufenthalt. Selbst Hinata vermochte ihn nicht mehr aufzuheitern. Sein sonst so sonniges Gemüt wich einer derben Gewitterwolke.

Wenn wenigstens irgendetwas passieren würde! Wenn man wüsste, dass noch unmittelbare Gefahr bestand ...

Doch Sakura glaubte fast, sie würde den Rest ihres Lebens hier verbringen müssen. Und Itachi war schon seit Gestern nicht mehr dagewesen. War das ein gutes, oder ein schlechtes Zeichen?

Was, wenn ihm etwas passiert war? Wenn er angegriffen worden war?

Sakura sah flüchtig zu Sasuke, der an dem anderen Fenster saß und mit verengten Augen nach draußen sah. Ihm passte das Wetter weniger, die Sonne war ihm zu grell und er sah schlechter. Sämtliche Sinne wurden durch dieses Licht geschwächt.

Das hatte er ihr zumindest erzählt, da Sakura immer geglaubt hatte, Vampire können nicht ans Tageslicht und würden dort zu Staub zerfallen. So sagten es zumindest die Bücher und Filme.

Doch Sasuke hatte gelacht und den Kopf geschüttelt. Früher wäre es wohl so gewesen, aber Vampire hatten sich im Laufe der Jahrhunderte angepasst. Sie vertrugen die grelle Sonne nicht sonderlich, aber sie zerfielen nicht zu Asche. Lediglich ihre Stärke nahm ab, ihre übermenschlichen Sinne. Unter der glühenden Sonne waren sie kaum mehr als ein Mensch. Schwach und Hilflos ...

Sakura musterte Sasuke eingehender. Ob ihm die Sonne in der Wohnung auch so sehr störte?

Es war seltsam, wie sehr sie sich nach der Sonne sehnte, währenddessen er sie regelrecht verfluchte. Heute war eher ihr Tag.

Sie grinste. Sasuke sah so genervt aus wie sie sich fühlte. Und das amüsierte sie ein bisschen. Er, der sonst so übermenschlich starke Vampir, der jetzt an menschlicher Schwäche litt.

Sakura seufzte wieder, als ihr plötzlich ein Gedanke kam. Sie wandte ihren Blick aus dem Fenster und überlegte. Es war einen Versuch wert ...

"Sa ...", Sakura hatte sich mit geöffneten Mund zu Sasuke gedreht, doch dieser sah sie bereits kopfschüttelnd an. "Du weißt doch gar nicht, was ich will!", protestierte sie.

"Doch, du willst nach draußen."

"Nur ein wenig. Ganz kurz. Einmal die Straße rauf und wieder zurück, ach komm schon!"

"Nein."

"Mano Sasuke! Du hast doch selbst gesagt, Vampire meiden das Sonnenlicht, oder? Also werden die Anderen doch auch nicht draußen rum spazieren! Es wär eine super Gelegenheit!"

"Nein."

Nun stand Sakura wütend auf. "Ich kann aber nicht mehr!", meinte sie etwas lauter. "Ich brauch frische Luft, und es ist so schön draußen."

"Du kannst das Fenster öffnen ..."

"Sasuke, ich sitze jetzt hier schon seit einer Woche drinnen! Ich dreh bald durch! Und wer weiß, wie lang es noch dauert! Das ist eine klasse Chance grade!"

"Nein."

"Du denkst ja nicht einmal darüber nach!"

"So wie du denkst, könnten sie auch denken", sagte Sasuke und lehnte sich etwas zurück. "Sie könnten ahnen, dass du vorhast bei guten Wetter nach draußen zu gehen und dich rum zutreiben. Das würden sie für sich nutzen."

Sakura stöhnte genervt. Warum musste er ihr immer alles vermiesen?

Erschöpft ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl fallen und starrte leer nach draußen. Es hätte so schön sein können ...
 

Auch der nächste Tag war ein angenehmer Herbsttag mit warmen Temperaturen und einem strahlenden Sonnenschein.

Sasuke hatte es aufgegeben am Fenster zu sitzen und sich in Sakuras Schlafzimmer verzogen, wo er die Jalousien runtergelassen hatte. Hinata war mit Naruto in der Küche und half ihm beim backen. Hätte er keine Hilfe gehabt, hätte es die Küche wohl nicht überlebt.

Sakura hingegen saß auf der Couch und guckte die Nachrichten. Ihr Blick hing am Fernseher, aber in Gedanken verfasste sie gerade einen Plan ...

Obwohl es weniger ein Plan war, als eine Schnapsidee.

Sasuke würde ausrasten!

Aber er war nicht ihr Vormund und sie alt genug, Dinge selbst zu entscheiden!

Es klang zumindest einfach, wenn er nicht in der Nähe war ...

Sie wollte nach wie vor nach draußen. Sasuke schlief vermutlich und wenn seine Sinne geschwächt waren, würde er ihre Abwesenheit kaum mitbekommen. Und sie hatte nicht vor, ewig draußen zu bleiben.

Einmal vor die Tür und wieder rein. Es würde keine fünf Minuten dauern.

Hinata war auch abgelenkt. Sie hatte mit Naruto alle Hände voll zu tun.

Es war ihre Chance, eine zweite bekam sie vielleicht nicht ...

Leise stand Sakura auf und schlich auf Zehenspitzen in den Flur. Eine Jacke würde sie wohl kaum brauchen. Sie sah hinter sich, dass sie auch niemand beobachtete und öffnete dabei die Tür.

"AHH!", schrie Sakura plötzlich, als sie sich wieder umdrehte und vor ihr zwei Personen standen. Sie erschrak so sehr, dass sie kurzerhand rücklings auf den Hinter landete. Schmerzvoll kniff sie die Augen zusammen, denn ihrem Handgelenk passte diese unsanfte Landung gar nicht.

"Itachi?", Sasuke stand bereits neben der sitzenden Sakura und sah von ihr zu ihrem Bruder, der sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen konnte. "Warum hast du geschrien, Sakura?", fragte er verwirrt.

Sakura rappelte sich mühevoll auf und rieb sich den schmerzenden Hintern. Über den Schmerz in ihre Arm wollte sie gar nicht nachdenken. Das war wohl die Bestrafung ...

"Sie hat wohl nicht mit uns gerechnet", Itachi lächelte immer noch und trat in den Flur. Er trug eine weite Kapuze und eine Sonnenbrille.

"Mit wem denn sonst, wenn du öffnen gehst?", Sasuke verstand noch immer nicht ganz.

"Mit niemand besonderen", nuschelte Sakura und warf Itachi einen bösen Blick zu. Hätte er nicht zehn Minuten später kommen können?

Doch der ältere Uchiha zwinkerte Sakura vielsagend zu. "Eher mit niemanden, oder?"

"Ähm", Sakura wurde rot und biss sich auf die Lippen. Ertappt ...

"Du wolltest alleine raus?", fragte Sasuke vorwurfsvoll.

Sakura sah ihn entschuldigend an. "Nicht wirklich, ich wollte nur die Tür öffnen und ... mich sozusagen auf die Treppe stellen?"

Sasuke stöhnte. "Da macht man einmal eine kurze Pause und schon stellst du wieder was Dummes an!"

"Na, ist doch nichts passiert. Sakura ist ja nicht weit gekommen ...", Itachi lachte herzhaft. Mittlerweile mochte er die Rosahaarige gut leiden, amüsierte sich aber immer wieder über ihre Tollpatschigkeit.

"Tse", gab Sakura knurrend von sich, als ihr die Person hinter Itachi auffiel. War es nicht die blonde Vampirjägerin? Sasuke hatte ihr erzählt, dass sie Temari hieß. Sie und ihre Brüder jagten Vampire auf der ganzen Welt, immer dort wo sich etwas ansammelte. Das sie hier waren, schien also kein gutes Zeichen.

Aber was tat sie hier? Warum hatte Itachi sie mitgebracht?

"Temari", sagte Sasuke nun und nickte der Blonden leicht zu.

"Sasuke", gab Temari lächelnd zurück und trat nun hinter Itachi ein. "Wie geht es dir, Sakura?", wandte sie sich an das Mädchen, die noch immer leicht verärgert aussah.

Wieder keine frische Luft.

"Ähm, gut, danke", Sakura reichte Temari die gesunde Hand und lächelte sie freundlich an. Wenigstens schien es Neuigkeiten zugeben.

"Oh, Temari?", Hinata kam mit Naruto im Schlepptau in den Flur, blieb aber mit einigem Abstand vor der Vampirjägerin stehen. Trotz des Waffenstillstands zwischen ihnen blieb sie immer auf der Hut. "Gibt es was Neues?"

Itachi nickte. "Ja, wir haben einiges raus gefunden. Gehen wir ins Wohnzimmer", schlug er vor, da es langsam eng in dem kleinen Flur wurde.

Man war einverstanden und Naruto holte noch einen Stuhl aus der Küche, damit alle platz hatten. Nur Sasuke zog es vor zu stehen.

"Und?", fragte der Uzumaki aufgeregt, als er zwischen Hinata und Sakura auf der Couch saß. "Sind sie weg oder greifen sie an oder schmoren sie schon in der Hölle?"

Itachi grinste. "Sie schmoren tatsächlich in der Hölle. Ich habe gestern Abend ihre Spur aufgenommen, zusammen mit Temari und ihren Brüdern. Wir haben sie bis Kuruma verfolgt, dort hatten sie scheinbar ihre Basis. Sie sind tot."

"Ehrlich?", Sakura sprang voller Erleichterung auf und sah Itachi erwartend an. "Dann können wir wieder raus?"

Der ältere Uchiha kratzte sich am Kopf. "Mit Vorsicht", meinte er zurückhaltend.

"Was? Wieso? Wenn sie doch aber tot sind?", auch Naruto war enttäuscht.

"Das ja. Die Vier, die sich hier noch rum getrieben haben, die sind erledigt. Aber Kakashi vermutet, dass sie irgendwas gesucht haben. Sie haben es nicht gefunden, wie es aussieht. Also werden in Abständen wieder welche kommen."

"Was??", Sakura glaubte es nicht. Was hieß in Abständen? "Und wer ist Kakashi?", fragte sie dann. Sie konnte ihn jetzt schon nicht leiden, wenn er solch düsteren Prognosen machte.

"Unser Anführer", sagte Temari lächelnd. "Aber vorerst ist es wieder sicher hier. Itachi konnte keinen Vampir mehr spüren. Und wir werden auch bleiben und abwarten. Weiterhin werden wir versuchen, Informationen zu sammeln. Wenn wir wissen, was sie wollen, dann ist es leichter, sie zu vernichten."

Sakuras Miene hellte sich auf. "Also kann ich gleich raus?"

"Willst du nicht bis heute Abend warten, Sakura? Von uns kann dich niemand begleiten, die Sonne ist sehr intensiv", meinte Itachi. Es hatte ihn schon viel Kraft gekostet, hier her zu kommen. Er spürte seine Schwäche und brauchte vorerst etwas Ruhe. Und Sasuke reagierte, genau wie Hinata noch mehr auf die grelle Sonne.

"Könnte ich nicht alleine gehen? Nur ein bisschen?"

"Ich begleite sie", sagte Temari plötzlich und stand auf. "Und ich bring sie sicher zurück."

Sasuke wollte etwas erwidern, aber Sakura sah ihn flehend an. Er nickte langsam. Er konnte ihr die Bitte nicht ausschlagen, und im Moment war Temari vermutlich die Stärkste von ihnen.

"Klasse!", Sakura war ehrlich erfreut. Es interessierte sie nicht einmal, dass sie sich nun einer anderen Gefahr hingab.

Den normalen, sie verabscheuenden Menschen ...

Doch was waren die im Gegensatz zu blutrünstigen knochenbrechenden Vampiren?

"Kommst du mit, Naruto?", fragte sie ihren besten Freund.

"Später", seufzte Naruto. "Erst will ich diesen Kuchen fertig machen."

Man merkte ihm aber an, dass er den Kuchen jetzt lieber stehengelassen hätte.

Sakura nickte und sah dann zu Temari. "Ich zieh mich nur schnell um, okay?"

"Na klar, ich warte. Lass dir Zeit", gab die Blonde zurück und Sakura verschwand in ihrem Schlafzimmer.

An die Dunkelheit dort hatte sie sich bereits gewöhnt und hastig fischte sie sich ein paar frische Klamotten aus dem Kleiderschrank.

"Du wirst aber vorsichtig sein, versprochen?", sagte Sasukes matte Stimme neben ihr. Das er ausgelaugt war hörte man deutlich.

Sakura erschrak unmerklich. Man sollte meinen, dass sie sich längst daran gewöhnt hatte. Aber konnte man sich je an diese unmenschliche Schnelligkeit gewöhnen?

"Sicher. Das bin ich doch immer", grinste sie, während sie Sasukes Hände an ihrem Pullover spürte. Er hatte ihr in letzter Zeit öfter beim Umziehen geholfen und mittlerweile bekam sie keine Anfälle mehr deswegen.

Sasuke runzelte die Stirn. "Bleib in Temaris Nähe. Und geht nicht zu weit."

"Du machst dir zu viele Gedanken", erklärte Sakura während er ihr die Schlinge löste und ihr den Pullover über den Kopf zog.

"Im Moment mach ich mir eher zu wenige. Mein Verstand ist tauber als sonst."

"Dann solltest du ein wenig schlafen."

"Wenn du da draußen alleine mit dieser Jägerin rumläufst?", Sasuke schüttelte den Kopf.

"Magst du sie nicht?", fragte Sakura neugierig, obwohl ihr die Antwort klar war.

"Natürlich nicht, sie tötet Vampire. Hätten wir diesen Vertrag nicht, wäre sie hinter mir genauso her."

"Aber dann ist sie doch für mich keine Gefahr. Ich bin doch kein Vampir", meinte Sakura irritiert.

Sasuke seufzte, während er ihr ein Shirt überzog und es langsam an ihr glatt strich. Sofort schoss Sakura wieder die Röte ins Gesicht. Musste er immer diese unvorhersehbaren Handlungen machen?

"Nein", sagte er nun. "Du bist kein Vampir, aber du gibst dich mit ihnen ab. Wir wissen nicht was in ihren Köpfen vorgeht. Die Jäger ticken anders als normale Menschen."

"Aber Menschen sind sie? Also sie können ganz normal ... sterben?", stotterte Sakura, als Sasuke ihr durch die Haare strich.

Sasuke nickte. "Menschen mit besonderen Kräften könnte man sagen. Sie wurden als Jäger geboren und ihre Fähigkeiten wurden bis heute perfektioniert. Andernfalls hätten sie kaum eine Chance gegen einen Vampir."

"Aber sie sind nicht stärker als du, oder?", Sakura machte der Gedanke irgendwie Angst, dass nur ein Vertrag zwischen ihnen stand.

Sasuke grinste. "Im Moment wärst du vielleicht sogar stärker als ich", er lachte leise. "Aber normalerweise sind sie keine Gefahr für mich, du brauchst dich also nicht sorgen."

Sakura nickte erleichtert, als sich ein Lächeln auf ihr Gesicht schlich. "Ich bin stärker als du?", fragte sie belustigt.

Sasuke zog die Braue hoch. "Möchtest du mich jetzt verprügeln, weil ich dich nicht nach draußen hab gehen lassen?"

Sakura schüttelte amüsiert den Kopf. "Nein, aber den Gedanken finde ich interessant ... Du bist doch aber immer noch so schnell?!"

"Die Kräfte schwinden unregelmäßig. Zuerst die Sinne, dann die Stärke, dann die Schnelligkeit ..."

"Das heißt, wenn du zu lange in der Sonne wärst, könntest du nicht mehr als ein einfacher Mensch?"

"Vermutlich. Ich habe nie das Bedürfnis gehabt, es zu probieren."

Sakura grinste noch immer und drehte sich zum Gehen als sie fertig war. "Dann schlafe lieber den Schlaf der Gerechten. Wenn ich zurück bin, könnten wir uns ja im Armdrücken messen ... vielleicht gewinne ich sogar mit links", Sakura gluckste, als sie die Klinke drückte, plötzlich aber schon im Flur war, auf Sasukes Armen, der sie nur überheblich angrinste.

"Du solltest den Mund nicht zu weit aufmachen", lachte er und ließ sie runter.

"Ich fass es nicht", knurrte Sakura beleidigt, dass er sie so vorgeführt hatte. "Du hast doch gesagt ..."

"Ich sagte vielleicht ... Und ich brauchte gerade auch nur meine Schnelligkeit."

"Aber du hast mich auch hochgehoben", bemerkte Sakura.

"Das würde auch ein Kind schaffen. Du bist nicht sehr schwer."

"Pah, das war trotzdem gemein!"

Sasuke grinste nur, als Temari hinter ihnen auftauchte. "Wollen wir?"

Sakura nickte und öffnete die Wohnungstür. "Bis nachher!", rief sie Sasuke noch zu, ehe sie schon die Treppen hinunter lief.

"Na dann", sagte Temari lächelnd.

"Sollte ihr etwas zustoßen ...", meinte Sasuke, ehe sie zur Tür hinaus war. Er klang dabei sehr bedrohlich.

Temari sah ihn ernst an. "Es wird ihr nichts passieren. Ich mag sie."

Dann ging sie Sakura hinterher.
 

"Dann scheine ich ganz schön was verpasst zu haben", schnaufte Sakura, als sie mit Temari in einem kleinen Cafe saß und sich erzählen ließ, was in ihrem Kurs alles durch genommen wurde. "Das hole ich doch nie mehr auf!"

"Ach was, es ist nicht sonderlich schwer. Das Thema ist eben nur sehr umfangreich. Aber ich kann dir gerne meine Notizen kopieren."

"Hm, danke, dass ist nett. Ich werde mich wohl ganz schön reinhängen müssen, wenn ich es noch packen will."

Temari grinste, während sie sich einen Löffel Schokoladeneis genehmigte. "Mach dir nicht zu viel Stress."

Sakura nickte abwesend. In der letzten Zeit hatte sich einiges in ihr verändert, so auch ihre Einstellung dem Studium gegenüber. Sie wollte es irgendwie packen. Sie wollte mit sich ins Reine kommen, und wenn sie das irgendwann schaffen würde, dann brauchte sie eine Grundlage, auf der sie ihr Leben aufbauen konnte.

Das Studium war ihre Grundlage, und deswegen durfte sie es nicht vermasseln.

Außerdem beschlich sie die Angst, weggeschickt zu werden, wenn sie ihre Chance hier verspielte.

Und weg wollte sie mittlerweile auf gar keinen Fall mehr.

Endlich hatte sie Freunde gefunden, die ihr vor allem in der letzten Woche ans Herz gewachsen waren.

Und es gab Sasuke, der immer und überall an ihrer Seite war.

Wie trostlos würde ihr Leben wieder werden, sollte sie diese neue Erfahrung verlieren.

Daran durfte sie gar nicht denken!

"Ist es nicht für dich viel stressiger, wenn du studierst und nebenbei nach den Anderen jagst?", fragte Sakura nun, um sich selbst von ihren Gedanken abzulenken.

Temari zuckte mit den Schultern. "Ein wenig. Aber ich nutze das Studium eher als Tarnung. Wenn wir für eine Weile hier leben, sollten wir einer normalen Beschäftigung nachgehen. Das sehe ich zumindest so. Gaara und Kankuro sind davon weniger überzeugt. Sie lümmeln Tagsüber meistens irgendwo rum. Dabei hat es auch etwas angenehmes, dieser normale Alltag."

"Dann wirst du immer eine Jägerin sein und nie ... einen ähm ... anderen Beruf haben können?"

"Wohl nicht", sagte Temari mit leicht bitteren Unterton. "Es ist meine Bestimmung. Ich bin, was ich bin. Auch ... wenn ich manchmal gerne jemand anderes wäre."

"Das tut mir leid. Aber ich weiß, was du meinst. Ich wäre manchmal auch lieber nicht ich ..."

"Das glaube ich dir", sagte Temari und unwillkürlich sah sie zu den umsitzenden Leuten, von denen die wenigstens Sakura noch nicht verachtend angesehen haben. "Sie können sehr lästig sein. Sie denken nicht nach, aber verurteilen andere nur wegen etwas, das man ihnen erzählt hat. Am seltensten findet man Menschlichkeit unter Menschen."

Sakura lächelte traurig. "Irgendwie können sie ja nichts dafür. Sie ... fürchten sich einfach nur. Und nicht alles, was sie in der Zeitung geschrieben haben, ist erfunden."

"Dann hast du deine Eltern also in einem Blutbad abgemeuchelt?"

Sakura sah Temari erschrocken an.

"Also eher nicht", grinste die Blonde.

"Nein", gab Sakura zu. "Und diese Version kannte ich auch noch nicht."

"Dann war es eher der einfache Doppelmord?"

Die Rosahaarige schüttelte den Kopf. "Nur mein Stiefvater ..."

Temari sah Sakura traurig an. "Er hatte es wohl verdient ..."

"Er hat meine Mutter erschossen, aber ... ich hätte ihn nicht ... ich hätte es nicht selbst tun dürfen ..."

Temari schüttelte den Kopf. "Ich verstehe, was du meinst. Aber Dinge passieren nun mal. Du kannst es nicht rückgängig machen. Und wer sagt dir, dass er dich nicht als nächstes getötet hätte? Oder das man ihn wirklich verurteilt hätte? Er hätte entkommen können ... es ist, wie es ist. Man muss lernen zu akzeptieren. Man muss lernen, mit seinen Entscheidungen zu leben."

"Ist es etwas anderes für dich, wenn du einen Vampir tötest?"

"Nun, ich habe noch keinen Menschen getötet, aber ich glaube das ist eine sehr philosophische Frage. Man müsste die moralischen Ansätze analysieren und das würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Aber ich kann Nachts schlafen, wenn du das meinst. Vampire töten Menschen, also töte ich Vampire. Bis auf deine drei Freunde kenne ich keinen anderen Vampir, der Menschen gegenüber so wohlgesonnen ist."

"Was ist das für ein Vertrag, der zwischen euch besteht?", fragte Sakura interessiert.

"Ein sehr alter", meinte Temari und löffelte ihren Becher leer. "Ich weiß auch nicht besonders viel darüber, also wo er gemacht wurde und zwischen wem genau. Aber er bezieht sich auf die Vampirjäger und die Vampire des Uchihaclans. Er besagt, kurz zusammengefasst, dass sie den Menschen kein Leid zufügen, und wir ihnen deshalb nicht nachstellen dürfen. Es ist ... hm ... wie eine Art erzwungene Freundschaft. Aber die jetzige Generation an Vampirjäger hat mit ihnen weniger Probleme. Ich glaube früher war es trotzdem gefährlich, weil für die Alten ein Vampir immer ein Vampir blieb. Ob er Menschen meuchelte oder sich von Ratten ernährte, er war kein Geschöpf Gottes, oder so ähnlich. Aber meine Brüder und ich zum Beispiel sehen das etwas anders. Und ab und an kann man auch die Hilfe eines Vampirs gebrauchen."

Sakura nickte. Es beruhigte sie, dass Temari so dachte.

"Isst du dein Eis nicht auf?", fragte die Blonde, als sie Sakuras dahin schmelzende Kugel sah.

Die Angesprochene lächelte und schob Temari ihren Becher hin.

"Oh, danke", grinste diese nun und keine Minute später war auch Sakuras Becher geleert. "So, möchtest du noch irgendwo hin oder soll ich dich zurückbringen?"

"Du brauchst mich nicht bringen, es ist ja nicht weit", meinte Sakura freundlich.

Temari lachte. "Um Gottes Willen, und mich dem Zorn deines Blutsaugers aussetzen? Ich käme nicht lebend zu Hause an, wenn ich dich alleine gehen lasse."

"Sasuke übertreibt nur", meinte Sakura entschuldigend.

"Er macht sich Sorgen. Und das nicht zu Unrecht. Du hättest an diesem Abend auch sterben können", meinte Temari ernst.

Sakura nickte betroffen. "Ja, ich weiß."

"Na siehst du. Dann versuch in nächster Zeit das Streunern zu lassen. Und wenn du an einem sonnigen Tag raus willst, dann rufst du mich einfach an. Ich wohne auch in der Gegend."

Sakura grinste. "Danke. Das werde ich bestimmt!"

Dann verließen die beiden das Cafe und machten sich auf den Heimweg.

Temaris Passion

Es war kurz vor 12, und Sakura hatte den Kopf voll mit politischen Intrigen, dass es ihr fast hoch kam.

Seit einer Woche ging sie wieder zur Universität, und es war noch anstrengender, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie musste nicht nur den verpassten Stoff nachholen, sondern sich auch den neuen merken. Es war zum Haare raufen ...

Wenigstens hatte sie sich mittlerweile an die abfälligen Blicke ihrer Mitstudenten gewöhnt. Zumindest versuchte sie es weitestgehend zu ignorieren, obwohl es dann und wann immer noch passierte, dass sie am liebsten die Flucht ergriffen hätte.

Und es gab noch eine Veränderung.

Diese Veränderung hieß Temari Sabakuno, eine geborene Vampirjägerin, die neben ihr saß und eingenickt war. Wie sie so die Prüfungen schaffen wollte war Sakura ein Rätsel ...

Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Rosahaarigen, als sie an ihre erste Uniwoche zurückdachte. Es hatte zwar niemand über sie bescheid gewusst, aber damals war sie so viel einsamer gewesen und hatte die ganze Zeit alleine gesessen.

Nun saß Temari neben ihr, in jeder Stunde. Und wenn sie nicht gerade schlief, erzählte sie ihr amüsante Dinge über andere Studenten, die sie erfahren hatte, oder über ihr actionreiches Leben als Jägerin.

Sakura konnte sich wirklich glücklich schätzen. Sie hatte in letzter Zeit soviel gewonnen, dass sie es selbst kaum glauben konnte. Sie hatte die besten Freunde überhaupt.

Da war Naruto, der dauergrinsende Chaot, der sie ständig zum Lachen bringen wollte.

Hinata, die ihr eine so vertraute Freundin geworden war, mit der sie immer reden konnte.

Itachi, der sich permanent über sie lustig machte.

Dann Temari, die ihr half wo sie nur konnte und einfach nur da war.

Und natürlich Sasuke ...

Aber war Sasuke einfach nur ein Freund? Sakura schüttelte innerlich den Kopf.

Nein, er war viel mehr, und das wusste sie.

Seine Berührungen, die ihr Herz wie wild schlagen ließen. Seine Stimme, die ihr den Verstand rauben konnte. Seine unergründlichen Augen, die so kalt waren, aber ihr eine unsagbare Wärme schenkten.

Ob sie ihn liebte?

Wie sonst konnte man das nennen, was sie für diesen ungehobelten Kerl empfand!

Sie liebte ihn, ja. Mit ganzen Herzen und gegen jede Vernunft ...

Ihn, einen Vampir, der gefährlicher war als alle anderen, wenn er die Kontrolle verlor.

Doch was war an Liebe schon vernünftig? Was nicht gefährlich?

Sakura seufzte.

Aber was empfand er? Liebte er sie auch? Konnte ein Vampir überhaupt lieben? Einen schwachen Menschen wie sie?

Oder war sie nur eine Abwechslung, ein Spiel?

Doch das konnte sie nicht glauben.

Er hätte sein Leben nicht für sie riskiert, wenn sie ihm nichts bedeuten würde.

Vielleicht sollte sie einfach mit ihm reden?

"Hey Sakura, nun wach doch mal endlich auf!", Temari stand neben der Rosahaarigen und hatte bereits ihre Tasche geschultert.

"Was?", Sakura sah zu ihrer Freundin hoch, ehe sie bemerkte, dass die Vorlesung zu Ende war. "Oh."

"Oh? Mehr fällt dir nicht ein? Wegen dir verpasse ich kostbare Minuten meiner Pause!"

"Sorry", grinste Sakura und beeilte sich ihre Sachen zusammen zupacken.

Noch eine Veränderung.

Sie grinste ständig! Und sie lachte. Nicht mit voller Inbrunst wie Naruto, nicht so laut wie Temari, nicht mit einem fröhlichen Glanz in den Augen, aber sie lachte ehrlich. Vielleicht noch nicht mit ganzen Herzen, aber mit Freude.
 

Fünf Minuten später gingen beide schwatzend ihren Kommilitonen hinterher, die sich draußen auf dem Hof in ihre Grüppchen teilten.

Als sie die Treppen hinunter liefen, blieb Sakura einen Moment stehen. Das Wetter war nicht besonders, aber es regnete gnädigerweise nicht und es war warm. Nichts ungewöhnliches für einen Oktobertag auf Oninawa Honto.

Die anderen Studenten hatten sich schon auf den Bänken eingefunden oder standen verteilt auf den immer noch grünen Rasen, einige saßen auch auf Decken.

Sakura ließ ihren Blick schweifen und sah lächelnd hinüber zu den Bäumen, unter denen ihre Freunde bereits warteten.

Naruto verschlang sein mitgebrachtes Frühstück, während Hinata ihm lächelnd dabei zusah. Sasuke stand am Baum gelehnt und hatte seine Augen geschlossen, aber sie wusste, dass er auf sie wartete.

Wie sehr hatte sie die anderen beneidet, als sie hier neu gewesen war und nirgends dazugehörte. Wie sie beieinander standen, miteinander redeten und Spaß hatten. Ihre glücklichen Gesichter.

Wie sehr hatte sie sich gewünscht, eines Tages selbst in einer Gruppe zu stehen, einfach dabeizusein.

Und nun gehörte sie dazu!

Sakura wischte sich eine Träne aus den Augen und ging die Treppe hinunter. Temari war schon bei den anderen angekommen und winkte ihr nun zu, damit sie sich beeilte.

Sakura nickte still.

Für die anderen mussten sie vollkommen normal wirken. Fünf Freunde, die sich nach ihren Vorlesungen trafen.

Wer konnte ahnen, dass diese Gruppe alles andere als normal war?

Ein buntgemischter Haufen von Menschen, Vampiren und Vampirjägern.

Es war, als wenn man Hunde, Katzen und Mäuse zusammen steckte.

Und trotzdem fühlte sich Sakura nirgends so sicher, so gemocht und akzeptiert.

"Worauf wartest du?", fragte Sasuke, der plötzlich neben ihr stand. "Weinst du?"

Sakura wischte sich noch einmal über die Augen. "Nein, sag mal!"

Sasuke grinste nur. "Du hast doch geweint. Geht es dir nicht gut?"

"Ich hab geweint, weil es mir noch nie besser ging", gab Sakura leise zu.

Sasuke legte seinen Arm um ihre Taille und lächelte kopfschüttelnd.

Sakura grinste zurück und lehnte sich leicht gegen ihn. "Wenn Blicke töten könnten würde ich jetzt zum Hundertstenmal umfallen müssen", witzelte sie.

Sasuke runzelte die Stirn. "Mittlerweile müssten sie doch wissen, dass du nicht gefährlich bist", er klang wütend.

Sakura lachte leise. "Deswegen werde ich im Moment nicht durchbohrt!"

"Warum dann?", fragte Sasuke ahnungslos, während er sich mit Sakura im Arm langsam den anderen näherte.

"Weil es hier scheinbar dutzende Weiber gibt, die dich für sich haben wollen. Wahrscheinlich hecken sie schon ein Mordkomplott gegen mich aus, damit ich nicht mehr in deiner Nähe bin."

"Es sind dumme Hühner. Als wenn ich mich je für eine von ihnen interessieren würde!", Sasuke schnaubte.

"Und was bin dann ich?", fragte Sakura belustigt. "Die Oberhenne?"

Sasuke lachte. "Nein, der Fisch, der gegen die Strömung schwimmt."

"Hör auf mich immer mit einem Fisch zu vergleichen!", knurrte Sakura.

"Entschuldige", Sasuke drückte Sakura etwas mehr an sich. "Du bist die Einzige, die ich angucke. Besser so?"

Sakura schoss wie sooft das Blut in den Kopf. "Ähm ...", stotterte sie, unfähig etwas zu dieser direkten Aussage zu sagen.

Und als Sasuke ihr beim Gehen noch einen Kuss zum Beweis auf den Kopf hauchte, blieb ihr wiedereinmal fast das Herz stehen.

Doch da war sie in diesem Moment wohl nicht die Einzige, den genug neidische Augen hatten es sehen müssen.
 

"Wohin wollt ihr?", Sakura wusste nicht, ob sie richtig zugehört hatte, zu sehr war sie mit dem schneiden ihres Apfels beschäftigt. Das diese verfluchte rechte Hand noch immer im Gips lag, trieb sie langsam in einem Nervenzusammenbruch. Zwar war ihr Finger wieder vollkommen in Ordnung, dank Hinatas außergewöhnlichen Heilkräften, aber das Handgelenk brauchte seine Zeit. Ätzend ...

"Osaka", wiederholte Sasuke und nahm ihr den Apfel vom Gips, den sie des öfteren als Unterlage missbrauchte. Wozu sonst war er gut?

"Ich kanns auch alleine", beschwerte sich Sakura, doch Sasuke reichte ihr den geschnitten Apfel schon zurück. "Tse, danke ...", sie schmiss sich ein Stück in den Mund. "Und warum?", schmatzte sie.

"Mein Vater feiert seinen 50. Er hat uns eingeladen", erklärte Naruto, der ebenfalls am Kauen war. Und das schon die ganze 60 - minütige Pause lang.

"Leben deine Eltern also immer noch in Osaka?", Sakura war überrascht.

Naruto nickte und warf sich Nachschub in den Mund. "Und nächste Woche sind Ferien. Wir verpassen also nichts."

"Hinata fliegt also auch mit?", fragte Sakura. Die beiden waren wirklich unzertrennlich. Wie ein Ehepaar, dachte Sakura schmunzelnd.

"Na, wir alle", sagte Naruto.

Sakura zog die Braue nach oben. "Wie, wir alle?"

"Du bist auch eingeladen", grinste Naruto. "Auf dich sind meine Eltern ganz besonders gespannt. Sie haben dich Jahrelang nicht mehr gesehen!"

Sakura blieb ein Apfelstück im Hals stecken. "Was? Ich soll mit??"

Nein, nie im Leben!

"Natürlich. Wir verbinden die Pflicht mit dem Spaß", sagte Naruto lachend. "Eine Woche Ferien in der alten Heimat, das wird klasse. Erinnerst du dich noch an den Freizeitpark? Da müssen wir auf jedenfall auch wieder rein!"

Sakura schluckte schwer. "Ja, ich erinnere mich", gab sie zu. Sie spürte, dass jetzt nicht der richtige Moment war, Naruto zu erklären, dass sie nicht mitkommen würde. Er war so glücklich, und das wollte sie ihm nicht nehmen.

Das Läuten der Glocke entließ sie aus diesem unangenehmen Gespräch. Schnell rappelte sie sich hoch um in die nächste Vorlesung zu kommen. "Dann bis später", verabschiedete sie sich und folgte Temari ins Gebäude.

"Sie hat es doch ganz gut aufgenommen", meinte Naruto nun. Er lachte nicht mehr.

Hinata seufzte. "Ich weiß nicht, vielleicht sollten wir es doch lieber sein lassen. Es schien sie sehr aufzuwühlen."

"Aber es ist ihre Heimat! Sie ist dort aufgewachsen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dort nicht mehr hin möchte!"

"Dort ist aber auch ihr Vater gestorben", bemerkte Hinata traurig. "Für sie hat der Alptraum schon in Osaka begonnen."

Naruto schnaufte. "Dann warten wir ab, was sie sagt. Wenn sie überhaupt nicht möchte, dann verbringen wir die Ferien auch hier. Es reicht ja, wenn wir zu Vaters Geburtstag in Osaka sind."

Hinata nickte. "Das ist das Beste."
 

Wieder neigte sich eine Woche dem Ende zu, und Sakura war dankbarer dafür als je zuvor. Ihr Kopf rauchte und pausenlos gingen ihr sämtliche Geschichtsdaten durch den Kopf, die sie irgendwann mal aufgeschnappt hatte.

Es war die Pause vor der letzten Vorlesung, die letzte Pause vor den Ferien an einem warmen Freitagvormittag.

Sakura döste im Schatten eines Baumes, während Sasuke sich von Naruto nerven lassen musste und Hinata an einigen Übungen für die nächste Stunde saß, während Temari genüsslich an ihrem Cafe nippte.

Bis auf Narutos Geplapper ging es ruhig zu, da jeder mit sich zu tun hatte. Es herrschte eine angenehme Stimmung.

Über Osaka hatte man bisher nicht weiter geredet, obwohl Naruto alles bis ins kleinste Detail geplant hatte.

Vorausgesetzt, Sakura würde mitkommen.

Doch die Rosahaarige hatte sich dazu noch nicht weiter geäußert und er drückte sich davor, sie anzusprechen. Manchmal besaß er mehr Taktgefühl als man ihm zutraute.

Gerade erzählte er Sasuke von den Vorteilen des menschlichen Daseins, als der Uchiha von seinem Buch in Richtung Universität blickte.

"Was nun?", fragte Naruto überrascht und auch die anderen hielten in ihrer Beschäftigung inne.

"Da will jemand was von uns", sagte Sasuke, nicht weniger aufmerksam.

"Das ist Ino Yamanaka", erklärte Hinata und sah wieder auf ihre Unterlagen, nachdem sie die Person identifiziert hatte, die auf sie zukam. "Sie plant die Partys der Uni. Sie wird uns einladen wollen. Heute Abend findet wieder eine statt."

Und das Hinata einen bemerkenswerten Verstand hatte, wurde nicht in Frage gestellt.

Ino Yamanaka stand nun vor der kleinen Gruppe, die auf dem Rasen saß, und sah jeden prüfend an. "Hi", sagte sie und warf ihre langen blonden Haare mit einer knappen Geste nach hinten. "Ich bin Ino."

Sakura war die einzige, die ihr grüßend antwortete, die anderen nickten lediglich, außer Sasuke, der nicht einmal von seinem Buch aufsah.

"Ich möchte euch das hier geben", sie reichte Temari, die ihr am nächsten saß, einen Flyer. "Vielleicht möchtet ihr kommen. Ihr seid alle", dabei sah sie etwas länger zu Sakura. "herzlich eingeladen."

Temari blickte kurz auf das Papier in ihrer Hand und reichte es Sakura, die nicht wirklich wusste, was sie sagen sollte.

"Ähm, danke ...", meinte sie zögerlich, als sich Ino auch schon wieder umdrehte.

"Dann sehen wir uns vielleicht. Bis später", erklärte sie beim Gehen.

"Ähm ...", Sakura sah wiederholt auf die Einladung. "Das ... ist ... ich weiß nicht ..."

"Eine gute Gelegenheit", meinte Temari nickend.

"Wozu?", fragte Sakura verwirrt.

"Um dich ihnen als Mensch zu zeigen", antwortete Hinata ohne aufzusehen.

"Und nicht als Meuchelmörderin", ergänzte Temari.

"Aber ..."

"Du solltest hin, wenn sie dich schon einladen", mischte sich auch Naruto ein.

Sakura fühlte sich überfordert. Hilfesuchend sah sie zu Sasuke, wohl wissend von ihm keine Hilfe zu bekommen.

"Ich stimme den anderen zu", sagte er, wie Sakura es erwartet hatte.

"Aber ... eine Party? Ich kann mich nicht erinnern, je auf einer Party gewesen zu sein", Sakura war in jeglicher Hinsicht überfordert. "Außer bei Narutos Geburtstagen."

"Na dann musst du ja gegen alles gerüstet sein", grinste Sasuke und schloss sein Buch.

"Bist du schon durch?", fragte Sakura verblüfft.

"Natürlich."

"Du hast es doch vorhin erst angefangen!"

"Ich lese schnell."

Sakura ließ den Kopf hängen und seufzte theatralisch. Sie brauchte für solche Lehrbücher immer Monate und am Ende hatte sie es trotzdem nicht begriffen.

"Vielleicht wollen sie Frieden mit dir schließen?", überlegte Temari nun. "Das wäre eine Möglichkeit."

"Und die andere?", fragte Sakura und runzelte die Stirn.

"Sie wollen dich öffentlich bloßstellen", Temari nickte.

"Wie beruhigend, dann werde ich natürlich auf jedenfall gehen", meinte Sakura ironisch.

"Oder sie glauben dir Sasuke ausspannen zu können. Sie werden denken, dass wenn sie dich auf die Party kriegen, er ebenfalls kommen wird. Das könnte auch sein ...", Temari dachte angestrengt nach, während Sakura rot wurde und Sasukes Lachen ignorierte.

"Du solltest Sasuke vorsichtshalber einen Peilsender umlegen. Falls er plötzlich entführt wird", scherzte Naruto, wofür er sich aber von Seiten des Uchihas eine Kopfnuss einfing. "Mano, du bist so ein Brutalo!", muffte er und rieb sich den Hinterkopf.

"Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es Inos Idee war. Egal was sie bezweckt", bemerkte Hinata nun mit doktorenartiger Stimme. "aber auf der Party werden sehr viele Studenten sein. Es besteht also auch die Chance, dass weniger verliebte Hühner mit dir reden könnten. Zumindest solltest du ihnen die Chance geben und eventuell selbst ein Gespräch beginnen."

Sakura sah Hinata schmollend an. Das sie immer so einen Durchblick haben musste konnte manches mal fast unerträglich sein. Aber natürlich hatte sie recht. Es war eine Chance auf ihre Kommilitonen zu zugehen.

Trotzdem. Partys waren nicht ihr Ding. Sie wusste nicht einmal, was sie dort tun sollte, außer eben verzweifelt jemanden von ihrer sanftmütigen Ader zu überzeugen.

Und das ging dann doch gegen ihren Stolz.

Wenn man sie nicht wollte, würde sie sich nicht aufdrängen!

Allerdings war es eine offizielle Einladung ...

"Ich weiß nicht", Sakura seufzte. "Vielleicht nächstes Jahr, oder das Jahr darauf. Es ist ein wenig kurzfristig ..."

"Oh, braucht Madam ein Jahr zur Vorbereitung?", Temari lachte. "Also wirklich, sei nicht so ein Angsthase! Außerdem denke ich, dass wir alle hingehen werden, oder?"

Hinata nickte. "Selbstverständlich, wenn Sakura gehen möchte."

"Ich bin sowieso dabei", grinste Naruto.

Sasuke nickte knapp.

"Na, was also spricht jetzt noch dagegen?", wollte Temari wissen.

"Ähm ...", Sakura überlegte angestrengt nach einer Ausrede. "Ich könnte Platzangst kriegen?"

Falsche Ausrede ...

Temari lachte amüsiert. "Du bist echt seltsam. Partys sind das normalste auf der Welt und du kriegst deswegen eine Panikattacke! Vielleicht gefällt es dir sogar, hast du daran mal gedacht?"

Sakura schüttelte ehrlich den Kopf. Daran würde sie mit Sicherheit nicht glauben!

"Am besten wir gehen vorher noch einkaufen, oder weißt du schon, was du anziehen wirst?"

Sakura machte ein entsetzten Gesicht. "Anziehen?"

"Willst du nackt gehen?", lachte Naruto. "Das wär echt ein Aufmacher. Dann hätte die Presse eine neue Sensation! Und die männlichen Gäste wären auf deiner Seite ... au!"

Diesmal hatte sich Naruto eine doppelte Kopfnuss eingefangen. Sasuke und Hinata hatten bei Narutos obszönem Scherz nicht lange überlegen müssen.

Temari schüttelte seufzend den Kopf. "Ich meine natürlich etwas partymäßiges. Was cooles. Was ausgefallenes. Du weißt schon ..."

Doch Sakura sah nicht danach aus, als wenn sie es wüsste. Eher, als wäre sie kurz vor einen Ohnmachtsanfall.

Temari stöhnte. Das hier war echt eine Härtefall. "Dann müssen wir also doch noch einkaufen!"

Sakura atmete erleichter auf, als es zum Pausenende läutete und sie Temaris Gerede von den besten Geschäften der Stadt nicht mehr folgen musste. Eine Stunde Zahlen und Fakten über die Japanische Geschichte waren eine willkommene Entspannung ...
 

Als Sakura zum Parkplatz des Campus ging, fühlte sie sich den Tränen nahe. Temari hatte sich eben verabschiedet und laut verkündet, dass sie sie um drei abholen würde um das Shoppingcenter unsicher zu machen.

"Warum so genervt?", fragte Sasuke, der bei seinem Honda auf sie gewartet hatte.

"Es ist nichts weiter", log Sakura und stieg in den Wagen. "Es war nur sehr anstregend."

Sasuke grinste. "Meinst du die Vorlesung oder Temaris Shoppingwahn?"

Sakura stöhnte. "Das letzte. Ich fühl mich total ausgelaugt. Ich weiß jetzt mehr über Trends und Accessoires und weiß der Fuchs, als über die politischen Hintergründe des ... ah siehst du, ich weiß nicht einmal, was gerade durch genommen wurde ..."

Sasuke lachte. "Das ist doch gut. Du hast in letzter Zeit ohnehin zu viel gelernt. Mal etwas anderes im Kopf zu haben kann nicht schaden."

"Aber mein Kopf quillt jetzt über! Und ich interessiere mich doch überhaupt nicht für die Farbe des Herbstes oder den Gürtel der Woche."

"Dann wirds Zeit. Du bist eine Frau, und Frauen sollten so etwas wissen."

"Das ist albern. Nur weil ich eine Frau bin, muss ich ja nicht gleich beim dem Wort Shoppen in Trance fallen. Ich brauch eine gute Ausrede, warum ich nicht einkaufen kann! Irgendwas. Vielleicht sollte ich mir den linken Arm auch noch brechen, ob das Temari aufhalten würde?"

"Eher nicht."

"Und wenn es beide Beine wären? Das würde mir auch diese Party ersparen!"

"Du kommst nicht drum rum, Sakura."

Die Rosahaarige ließ den Kopf hängen. "Und von was soll ich die Klamotten bezahlen? Von meiner Sozialhilfe? Das könnte die perfekte Ausrede sein!", Sakura nickte erleichtert, dass ihr etwas eingefallen war, was auch der Wahrheit entsprach. "Ich kann mir solche unnötigen Ausgaben nicht leisten, genau! Und es ist nicht mal gelogen! Ich bin ein Genie!"

Sasuke schmunzelte vergnügt, als er auf die Landstraße bog und die Stadt verließ. "Wann wollt ihr einkaufen?"

"Es gibt doch kein Einkaufen mehr", erinnerte Sakura Sasuke närrisch.

"Du glaubst doch nicht, dass du mit deiner Ausrede davon kommst?"

"Natürlich. In meinen uncoolen, nicht dem Herbsttönen abgestimmten Sachen kann ich wohl kaum zu einer trendy coolen Party, oder? Man würde mich am Eingang abfangen und verprügeln!"

Sasuke schüttelte amüsiert den Kopf und reichte Sakura etwas aus seiner Jackentasche.

"Was ist das?", fragte die Rosahaarige ahnungslos, als sie ihren Namen auf der schwarzen Chipkarte las. "Was ... Das ist doch nicht, was ich denke, oder?", sie schluckte schwer.

"Was denkst du denn, was es ist?", gab Sasuke zurück, als wäre es das normalste der Welt, jemanden eine Kreditkarte mit seinem Namen zu geben.

"Das geht nicht, sowas kannst du nicht tun!", rief Sakura fassungslos.

"Wieso kann ich das nicht tun? Es ist dein Geburtstagsgeschenk."

"Mein ... aber ich hab doch gar nicht Geburtstag! Und woher weißt du wann ich Geburtstag habe? Und außerdem ist der längst vorbei! Und ..."

"Vergiss das atmen nicht, Sakura", sagte Sasuke. "Und ich weiß es von Naruto. Es ist nachträglich. Ist es jetzt in Ordnung?"

"Nein, ganz und gar nicht! Das kann ich nicht annehmen! Das ist zuviel! Gott des Wahnsinns, es ist viel zu viel! Warum schenkst du mir sowas?"

"Damit du dir Klamotten in trendigen Herbstfarben holen kannst und keine Ausreden mehr hast."

Sakura stöhnte aufgebracht. "Das geht nicht, Sasuke! Ich kann meine Sachen nicht mit anderen Geld bezahlen!"

"Es ist ja auch mein Geld und nicht das von anderen", meinte Sasuke seufzend.

"Und was ist, wenn ich in Schulden gerate und alles alle mache und du dann Pleite bist?"

Das war ein wenig weit hergeholt, aber Sakuras Verstand drehte sich gerade.

"Mach dir darüber keine Gedanken, so schnell kann ich nicht Pleite gehen. Ich habe mehrere Konten, und wenn du eines davon alle bekommst, sollte es mich wundern."

"Aber ..."

"Kein Aber, Sakura."

"Aber woher hast du soviel Geld, du studierst doch! Und ich kann nicht Itachis ..."

"Itachi verdient bei seiner Arbeit so gut wie nichts, Sakura. Davon könnte niemand leben. Er macht es nur zum Spaß."

"Aber ..."

"Sakura, glaubst du nicht, dass ich innerhalb von zweihundert Jahren genug Geld gesammelt haben könnte, um mir deswegen keinen Kopf mehr machen zu müssen? Und ich denke nicht, dass du es schaffen wirst, diese zweihundert Jahre in kürzester Zeit zu verbrauchen."

"Es ist nicht richtig ...", Sakura schüttelte den Kopf.

"Es ist nicht falsch", verbesserte Sasuke.

Sakura seufzte. "Aber ... es ist doch keine große Summe, oder? Ich meine, wenn man mir die Karte klaut ..."

"Die Karte funktioniert nur mit deiner Unterschrift. Und es ist keine große Summe, nein."

Sakura runzelte die Stirn. Was verstand Sasuke jetzt unter einer großen Summe, wenn er schon seit zweihundert Jahren Geld scheffelte? "Würde ich die Summe an einem Automaten abheben können?"

Sasuke lachte. "Das bezweifle ich."

"Würde man sie mir in der Bank noch am gleichen Tag geben?"

"Unwahrscheinlich, dass es gehen würde."

Sakura schluckte wieder. "Wie viel Zeit bräuchte die Bank denn, um mir das Geld auszuzahlen?"

"Wenn du wissen möchtest, wie viel es ist, dann kannst du doch einfach beim nächsten Geldautomaten nachschauen, oder?"

"Sollte ich ein Atmungsgerät mitnehmen?"

"Es wäre in deinem Fall ratsam", Sasuke grinste deutlich.

Sakura griff sich an den Kopf. "Kannst du mir nicht einfach einen Kuchen zum Geburtstag schenken?"

"Jetzt kannst du dir den Kuchen selber kaufen. Ich hoffe, dein Kühlschrank wird ab sofort voller sein."

"Mein Kühlschrank ist seit Wochen voll."

"Vielleicht ein neuer Kühlschrank?", flunkerte Sasuke.

"Aber ich will trotzdem nicht einkaufen ..."
 

Temari war außer sich. Seit über einer Stunde zog sie Sakura von einem Geschäft ins Nächste. Es war kein enspannter Einkaufsbummel, es war eine Tortur!

Temari schien in ihrem Element, hier konnte sie Frau sein, keine Jägerin.

Einfach nur Frau.

Einkaufen war nicht ihr Hobby, es war ihre Passion!

Doch eines musste Sakura ihrer Freundin lassen: sie kannte sich aus und verkürzte damit Sakuras Leiden.

Kaum waren sie in einem Laden, stand Sakura schon in der Umkleidekabine und wenig später an der Kasse.

Hätte sie nicht gewusst, dass Temari ein Mensch war, sie hätte auf Vampir getippt.

Sasuke konnte kaum schneller sein!

Und das bezog sich auch auf ihre Stärke. Während Sakura mit einer kleinen Tüte beladen war, hatte Temari mittlerweile schon die achte in der Hand. Wie sie das schaffte, war ihr ein Rätsel.

"Ich könnte dir etwas abnehmen", meinte die Rosahaarige, da das meiste ihres war, was Temari trug.

"Du?", Temari lachte. "Mit deinem Arm?"

"Aber es sieht schwer aus, wenn du das da alles alleine trägst!"

"Achso?", Temari beäugte ihre Tüten und hielt sie lässig nach oben. "Nein, es ist nicht schwer. Ich bin gut in Form, weißt du."

"Ist deine Kraft normal?", fragte Sakura verwundert. Bisher hatte sie sich darüber keine Gedanken gemacht, aber nun interessierte es sie.

Temari kicherte. "Nicht ganz. Aber sie ist praktisch, nicht nur beim Vampire jagen."

Sakura nickte. Das sah sie ...

"Aber du bist trotzdem ein ... Mensch?"

"Was sollte ich denn sonst sein?"

"Keine Ahnung", die junge Frau schüttelte ehrlich den Kopf. "Aber wenn deine Kraft nicht normal ist?"

Temari überlegte, wie sie es Sakura am besten erklären konnte. "Es ist in dem Sinne schon etwas unmenschlich, aber mehr wie eine Gabe. So wie Hinata, die heilen kann. Oder dieser Peji, der Gedanken lesen konnte. Es wird weitergegeben, von Generation zu Generation."

"Wie lange gibt es denn schon Vampirjäger?"

"Solange, wie es Vampire gibt."

"Und das ist dann wohl sehr lange?"

Temari nickte.

"Hast du noch mehr Gaben außer deine Kraft?"

"Ein wenig, ja."

"Was noch?", Sakura war jetzt ganz Ohr.

"Ähm, na zum Beispiel bin ich Immun. Gegen die Vampire mein ich. Nicht gegen ihren Biss, aber gegen ihre Fähigkeiten."

"Peji konnte also nicht deine Gedanken lesen?"

"Nein. Hinata könnte mich auch heilen, wenn etwas wäre. Verstehst du, wie ich das meine?"

"Klar. Das ist dann wohl gut und schlecht."

"Eigentlich nur gut. Warum sollte es schlecht sein?"

Sakura fand es offensichtlich. "Na, weil Hinata dir eben nicht helfen könnte, sollte etwas sein."

Temari räusperte sich etwas. "Weißt du, so einfach ist es sowieso nicht. Ich meine ... ich habe nichts gegen Hinata, oder auch Sasuke, aber ...", sie fand nicht die richtigen Worte, denn sie wollte Sakura nicht verletzten.

"Aber sie bleiben Vampire, stimmts?", erriet diese traurig.

Temari nickte langsam. "Ich kann es mit ihnen aushalten, auch mit ihnen normal reden. Oft sehe ich sie auch wirklich einfach als ... irgendwie als Freunde an, aber ... würde Hinata mich heilen, würde sie das als Vampir machen ... und das ... könnte ich mit mir nicht vereinbaren."

Sakura nickte, obwohl sie es nicht wirklich verstehen konnte. Hinata war eine herzensgute Seele, sie würde eher verhungern, als einem Menschen zu gefährden. Obwohl es ihre Bestimmung war, hatte sie nie einen Tropfen Menschenblut angerührt. Sie hat lieber ihre Familie verlassen und ein Leben in Einsamkeit vorgezogen, als sich ihrem Schicksal hinzugeben.

"Na los, genug geredet. Lass uns zurückfahren, wir müssen uns noch stylen!", Temari grinste wieder.

Sakura hingegen erschrak. "Stylen?"

"Dummerchen, natürlich! Und ich habe alles dabei ..."

Das war für Sakura weniger ein Versprechen, als eine Bestrafung ...

Der nächste Schritt

Hibbelig saß Sakura auf dem Rücksitz von Itachis rotem BMW und sah starr aus dem Fenster, während sie verbissen auf ihrer Unterlippe kaute.

Es gab kaum einen Zweifel: Sie war nervös!

Sakura wusste nicht, ob sie in ihrem Leben jemals so aufgeregt war.

Nichts konnte dem Gleich kommen, was sie gerade durchmachte!

Sie würde in die Höhle der Löwen gehen, so tun als wäre sie eine von ihnen.

Doch alles würde nichts nützen, denn die Löwen wussten, dass sie nur eine verkleidete Miezekatze war. Sie würden sich hungrig die Mäuler lecken, zum Sprung ansetzen und ...

"Sakura?"

Sakura zuckte zusammen, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr. Doch erleichtert stellte sie fest, dass es nur Sasuke war, der sie aus ihren Tagtraum geholt hatte.

Tagalptraum, um genau zu sein! Und bald würde er Realität werden ...

"Ja?", riss sie sich von ihren Gedanken los und sah zu Sasuke, der sie besorgt betrachtete.

Im Nu waren die Löwen vergessen, denn jetzt musste sie sich darauf konzentrieren nicht zu sabbern!

Warum musste ein Mann, den sie auch noch mochte, so unwiderstehlich aussehen?

Und sich dann noch unwiderstehlicher kleiden?

Und warum überlegte sie gerade, an Sasuke tatsächlich einen Peilsender zu verstecken?

Sakura schüttelte den Kopf und schloss die Augen, während sie tief Luft holte.

"Oh, unsere kleine Prinzessin scheint ein wenig ängstlich zu sein", lachte Itachi von Fahrersitz aus, während er lässig einen anderen Wagen überholte.

Zumindest wusste Sakura jetzt, woher Sasuke seinen erschreckenden Fahrstil hatte ...

"Hör auf mich so zu nennen!", motzte Sakura und stieß ihre gesammelte Luft zu einem verächtlichen Schnauben aus.

Es war einfach nur eine Frechheit!

Das Ganze ins Rollen hatte natürlich Temari gebracht! Sie war nicht nur eine leidenschaftliche Profishopperin, sondern auch noch Kosmetikerin, Friseurin, Stylistin und zu guter letzt Mädchen für alles.

Sakura fiel aufgrund ihrer rosa Haare und den stechend grünen Augen sowieso schon auf. Von ihrer Vergangenheit, die jeder bis ins letzte fehlstudiert hatte, ganz zu schweigen. Wo sie hin ging wurde sie angeglotzt.

Aber sollte es irgendwo auf dieser Erde auch nur eine Seele geben, der sie noch nicht aufgefallen war, die noch nicht wusste, wer Sakura Haruno war, die wurde nun regelrecht dazu genötigt, es zu erfahren.

Es war nicht so, dass Sakura sich unpässlich im Sinne einer Party fand. Was Temari aus ihr gemacht hatte, konnte sich schon sehen lassen ... aber nicht, wenn man bedachte, dass Sakura nicht gesehen werden wollte!

Aber nun, in ihrem roten Minikleid, diesen verfluchten dünnen Schühchen, diesem gottlosen Ausschnitt, der dezenten Schminke ...

Konnte man sich eigentlich dafür hassen, dass man nicht als hässliches Entlein geboren wurde?

Und als wäre Temari nicht genug, gab es noch diesen groben, unmöglichen, patzigen, ungehobelten, viel zu breit grinsenden Itachi, der sich bei Sakuras Anblick seine Ach-so-lustigen Kommentare nicht verkneifen konnte und kurzerhand entschloss, mitzugehen.

Als Anstandsdame, wie er sagte!

Eine Anstandsdame, die ihr tatsächlich auf den Hintern klatschen wollte!

Allerdings ohne die Rechnung mit Sasuke zu machen, dessen wachsame Augen aufgrund Sakuras Erscheinung noch wachsamer waren und, Gottlob, Itachi an Schnelligkeit übertrafen.

Wenigstens würde sie heute Abend vor Grapscher verschont bleiben.

Vorausgesetzt der noch zu installierende Peilsender würde Sasukes Entführung rechtzeitig aufdecken ...

Und dann galt es immer noch den Löwen stand zuhalten.

Wollte man sie vielleicht wirklich an den Pranger stellen? Sie öffentlich demütigen? Aus ihr Kleinholz machen, oder gar Hobelspäne?

Es würde wohl nicht lange dauern, denn Sakuras Selbstbewusstsein war mittlerweile an ihrem Tiefpunkt angelangt.

Sie war zu belastet von Gerüchten, als das sie so auffällig aussehen durfte!

Alles in allem gab es nur ein Wort für diesen Abend:

Horror!

Sakura seufzte und bemerkte Sasukes wartenden Blick.

Sie war wohl wieder abgedriftet ...

"Entschuldige, was hast du gesagt?", fragte sie.

Sasuke grinste leicht. "Das wir da sind."
 

Sakura wusste, dass es nur eine passende Bezeichnung für ihre Verfassung gab.

Sie war Paranoid!

Im letzten Stadium vermutlich, kurz vor dem absoluten Abgang.

Wenn es etwas gab, und das wusste sie erst seit diesem Abend, das schlimmer war als angewiderte, misstrauische, bösartige Blicke, dann konnte es nur eins sein ...

Gaffende, staunende, lüsternde Blicke!

Konnte man sich wirklich noch unwohler in seiner Haut fühlen?

"Jetzt guck dich nicht so grimmig!", lachte Temari, die neben ihr stand und noch ganz erhitz von ihrem letzten Tanz war.

Überraschenderweise hatte Itachi sie aufgefordert, und überraschenderweise hatte sie lächelnd zugesagt. Von einem Vampir nicht heilen lassen wollen, aber zum tanzen auffordern, da hatte sie keine Bedenken mehr! Typisch!

"Das ist noch freundlich", knurrte Sakura zurück und nippte an ihrem Getränk. Ein wohltuendes Glas Sekt, wo auch immer es hergekommen war. Vermutlich wollte man ihr irgendein Gift unterjubeln und sie fiel voll drauf rein.

Oder hoffte sie eher, dass es so war, um schnellstens hier raus zukommen?

Sakura seufzte innerlich. Sie konnte sich eigentlich nicht einmal beklagen. Bisher war niemand voller Aggressionen auf sie losgegangen oder der Meinung gewesen, sie bloßstellen zu müssen.

Das Gegenteil war der Fall. Einige Kommilitonen hatten ihr sogar zugenickt und Ino war persönlich vorbeigekommen um sie zu begrüßen.

War das vielleicht die altbekannte Ruhe vor dem Sturm?

Das Ende kam immer erst am Schluss ...

"Es ist nett hier", sagte Hinata, die gerade mit Naruto zurückkehrte. Der blonde Chaot hatte sie zum Tanzen geschliffen, obwohl Hinata nicht sehr erpicht darauf gewesen war.

Sakura nickte leicht. Sie wollte mit ihrer schlechten Laune niemanden den Abend vermiesen.

Außerdem war es gut, Hinata neben sich zu haben. Sie zog die Blicke der Männer ebenso magisch an wie Sakura. Zu ihrer natürlichen Schönheit kam ihre graziöse Art sich zu Bewegen, und da konnte Sakura beim besten Willen nicht mithalten.

Was Sakura jetzt noch gebrauchen konnte, wäre ihr dicker Gipsverband, der aber leider vor ein paar Tagen gegen einen normalen Verband ausgetauscht worden war. Wenigsten hielt sie ihren Arm noch immer in der Schlinge, wodurch der Blick auf ihren Ausschnitt erschwert wurde.

Ein wahrlich glücklicher Umstand!

"Du solltest auch tanzen gehen", grinste Naruto Sakura an. Das er seinen Spaß hatte war nicht zu übersehen.

"Später vielleicht", erwiderte Sakura und sah sich nach Sasuke um, der für sie und Temari Getränke holen sollte.

Ein neues Lied wurde eingespielt, und mitleidig sah Sakura Hinata hinterher, die sich schweigend ihren Schicksal ergab und wieder mit Naruto auf die Tanzfläche verschwand.

"Und, wir auch noch eine Runde?", fragte Itachi Temari.

Temari sah zu Sakura, die ihr aufmunternd zunickte, ehe Temari ihm grinsend folgte.

Jetzt war es soweit, dass wusste Sakura.

Die Löwen hatten freie Bahn, sie war allein und ungeschützt.

In wenigen Sekunden würde nicht mehr viel von ihr übrig sein!

Sakura nippte wieder an ihrem Glas, auf das Ende vorbereitet, doch das unerwartete passierte.

Nichts.

Sakura atmete schon erleichtert auf, als sie Ino auf sich zukommen sah.

"Hey", begrüßte sie die Blondine etwas lauter, da sie nicht weit von den Boxen entfernt waren.

"Hey", gab Sakura zurück und versuchte so freundlich wie möglich zu lächeln.

"Wie gefällt dir die Party?"

Sakura nickte. "Toll, es ist viel los", ein perfekter Standardsatz, den sie erst vor kurzen bei einem Gespräch in einer Eisdiele aufgeschnappt hatte.

"Das freut mich. Willst du kurz mit rüber kommen, dann stell ich dich ein paar Leuten vor. Du stehst hier ja ganz alleine."

Sakura rutschte das Herz nach unten. Hatte sie sich zu früh gefreut?

Aber sie nickte. Wenn es passieren sollte, dann so schnell wie möglich. Sie musste es hinter sich bringen. Ihre Anspannung würde sie vermutlich sonst noch hyperventilieren lassen.

Das war ihr zwar noch nie passiert, aber es gab immer ein erstes Mal.

"Klasse", Ino grinste und ging voran, während Sakura ihr voller böser Vorahnungen folgte.

Das erste, was Sakura feststellte, war, dass Ino sie nicht in einen geheimen Raum führte, sondern einfach nur auf die andere Seite des Saales. Und das dort wirklich Leute wie sie und Ino waren. Keine Auftragskiller, wie sie es bald erwartet hatte.

"Hey, ich hab Sakura gefunden", sagte Ino nun und stellte sich zu einer relativ großen Gruppe von Studenten, die eben noch ein tiefsinniges Gespräch über Perlwein geführt hatten.

Sakura lächelte gezwungen und hob die Hand zum Gruß. "Hallo", sagte sie, doch das Zittern ihrer Stimme war kaum zu überhören.

Ino kicherte. "Keine Angst, Sakura, wir wollen nicht über dich herfallen ..."

Schachmatt.

Oder jetzt doch nicht?

Sakura machte große Augen. "Oh."

Was für eine galante Erwiderung ...

"Nein", sagte ein junger Mann. "Wir wollten dich eigentlich kennen lernen."

"Ah."

Sakura musste sich über sich selbst ärgern. Hatte sie gerade ihr gesamtes Vokabular vergessen? Ihre eigene Sprache?

"Wir waren ziemlich daneben", ergriff Ino nun wieder das Wort und offensichtlich fiel ihr diese Selbstkritik nicht einfach. "Wir haben einfach nur auf die Gerüchte gehört und dich verurteilt, anstatt einfach mal auf dich zuzugehen. Naruto hat uns dafür ziemlich den Kopf gewaschen, aber ... na ja es war trotzdem nicht leicht ... was ich eigentlich sagen will ist ... es tut uns leid."

Sakura starrte die Leute, allen voran Ino Yamanaka, ungläubig an. War das gerade wirklich passiert? Oder waren es die Auswirkungen des Giftes in ihrem Glas?

Oder ... gab es vielleicht gar kein Gift?

"Ähm, ich ...", Sakura war im Moment nur eins: Sprachlos ...

Und obwohl Ino nicht unbedingt danach aussah, besaß sie genug Einfühlungsvermögen, um zu erahnen, was diese Entschuldigung gerade in Sakura auslöste.

"Ich glaube, Sasuke wartet auf dich. Geh lieber zu ihm, er sieht ungeduldig aus. Falls du Lust hast, kannst du ja später noch mal vorbei kommen", schlug Ino fröhlich vor.

Sakura nickte langsam, vollkommen platt. "Okay."

Vier anstatt zwei Buchstaben, wenn das kein Fortschritt war!

Sakura drehte sich um und ging zu Sasuke hinüber. "Du wirst nicht glauben ...", begann sie, doch der Uchiha grinste sie vielsagend an.

"Doch, ich hab es ja gehört. Deine Wortwahl war beeindruckend. So voller ... hmmm ... Feuer!"

Sakura schüttelte lächelnd den Kopf. "Du machst dich über mich lustig!"

"Nein, nicht wirklich. Itachi wird es vermutlich gleich tun, aber ich nicht."

"Er hat es auch gehört?"

"Natürlich, wir haben erwartet, das etwas passiert. Deswegen wollte er mit. Er kann sich auch Sorgen machen, wenn er will."

"Wie, ihr habt es erwartet?", Sakura verstand nicht ganz.

"Das irgendwas passiert meine ich. Es war sehr offensichtlich. Aber dass sie sich entschuldigen, damit haben wir nicht gerechnet. Zumindest nicht so."

"Dann könnten wir ja jetzt eigentlich nach Hause, oder?", hoffte Sakura, die diese Überraschung doch sehr mitgenommen hatte.

Sasuke schüttelte wie erwartet den Kopf. "Noch nicht. Jetzt gehen wir erst einmal tanzen."

"Wie bitte?"

Doch es war schon zu spät und Sakura musste das selbe Schicksal erleiden wie Hinata.
 

Zwei Stunden später lag die Rosahaarige in ihrem Bett und starrte gegen die Decke. Es war ein sehr seltsamer Abend geworden und gegen alle Vorahnungen. War das ein gutes Zeichen? Würde sie jetzt mehr Akzeptanz erfahren?

Zumindest von Ino und ihren Leuten, da war sie sich sicher.

Ein Anfang, das reichte für den Moment vollkommen aus.

Die anderen waren auf sie zugegangen. War sie jetzt nicht an der Reihe, den nächsten Schritt zu machen?

"Sasuke?", flüsterte sie durch die Dunkelheit.

"Ich höre", sagte dieser von der anderen Seite. Er hatte offenbar noch nicht geschlafen, obwohl er heute seine 'Schlafnacht' hatte. Und die verbrachte er immer noch bei Sakura, auf der linken Hälfte ihres Bettes.

Und das störte die junge Frau nicht einmal mehr, im Gegenteil. Sie konnte fast sagen, dass es sie beruhigte, ihn nachts in ihrer Nähe zu wissen.

Er verbrachte die meiste Zeit sowieso in ihrer Wohnung. Es war selten, dass er bei sich war.

"Ich ... glaube, ich komme mit, zu Narutos Eltern meine ich."

"Er wird sich freuen."

Sakura nickte. "Bezahle ich den Flug mit deiner Kreditkarte?", witzelte sie und drehte sich zu ihm.

"Ich habe deinen Flug schon bezahlt", war die simple Antwort.

Sakura seufzte. "Ich weiß."

Sasuke runzelte die Stirn. "Woher?"

"Weil du so durchschaubar bist", lachte Sakura amüsiert.

"Tatsächlich?", Sasuke klang fast besorgt.

"Nein", gab Sakura zu. "Eigentlich bist du gar nicht durchschaubar."

"Und wieso wusstest du es dann?"

Sakura zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, ich wusste es eben."

"Komisch", erwiderte Sasuke nachdenklich.

"Das nennt man weibliche Intuition!", grinste die Rosahaarige.

"Vielleicht", gab Sasuke zu, klang aber nicht sehr überzeugt.

"Stimmt etwas nicht?", fragte Sakura nun.

Sasuke seufzte. Er wusste nicht, ob es der richtige Zeitpunkt war, damit anzufangen, aber es gab immer noch eine Sache, die er und auch Itachi sich nicht erklären konnten. "Kannst du dich noch erinnern, als Justin bei dir in der Wohnung aufgetaucht war?"

Sakura nickte leicht. Wie könnte sie das vergessen?

"Kannst du dich auch daran erinnern, dass ich dir ziemlich direkt gesagt, dass du mich rein bitten sollst?"

"Sicher. Glaub ich zumindest. Es herrschte reichlich Chaos."

"Fandest du das nicht komisch? Also dass ich dich so fragte, anstatt einfach reinzustürmen?"

"Keine Ahnung, sollte ich? Du kannst doch keine Wohnung betreten ohne Erlaubnis, oder nicht?"

Sasuke schluckte kaum merklich. "Aber ... das wusstest du damals doch noch nicht."

Die junge Frau hielt für einen kurzen Moment die Luft an, als ihr klar wurde, was er meinte. "Stimmt ...", sagte sie leise.

"Mir ist es eigentlich nicht aufgefallen, aber Itachi", erzählte Sasuke weiter. "Und er meinte auch ... dass du es nicht laut gesagt hast, dass wir rein dürfen meine ich."

Sakura schwieg und überlegte, was Sasuke ihr da gerade erzählte. In den letzten Wochen hatte sich in ihrem Kopf eine gewisse Ordnung breitgemacht. Klar denken fiel ihr im Gegensatz zu früher viel leichter, und sie glaubte, es läge daran, dass sie nun keine Medikamente mehr nahm. Aber jetzt, wo Sasuke über diesen Vorfall redete und sie versuchte, darüber nachzudenken, schoss alles wieder durcheinander und sie konnte keinen Gedanken fassen. Was hatte das alles zu bedeuten?

Und doch hatte sie ein seltsames Gefühl. Als stecke die Antwort in ihr.

Aber warum kam sie nicht ran?

"Vielleicht habt ihr meine Gedanken gelesen?", überlegte Sakura angestrengt. Aber das konnte nicht stimmen.

Und Sasuke bestätigte es. Sie konnten keine Gedanken lesen.

"Dann kann ich es dir auch nicht sagen, immer wenn ich darüber nachdenken will, werd ich total irre, weil mir mit einmal soviel im Kopf rumschwirrt."

Sasuke nickte. Es war alles sehr seltsam ...

"Dann vergiss es erst einmal. Schlaf jetzt", sagte Sasuke.

"Ja, Gute Nacht", erwiderte Sakura nachdenklich. Aber so sehr sie auch noch zu überlegen versuchte, sie bekam keine zufriedenstellende Antworten ...

Heimlicher Besuch

"Geht es jetzt besser?", fragte Sakura ihre blonde Freundin, als diese auf einer Bank im Flughafen platz nahm und noch immer ganz blass im Gesicht aussah. Blass mit einem unschönen Grünstich.

"Ja, passt schon", keuchte Temari leidlich und schloss die Augen. Wie sie es hasste zu Fliegen! Diese Enge, diese Bewegungen, diese dünne Luft ... jedesmal war es ein Kampf ums Überleben!

Aber trotzdem hatte Temari darauf bestanden, Sakura nach Osaka zu begleiten. Sie hatte gemeint, es nicht verantworten zu können, die Rosahaarige mit einem Haufen Vampire und einem Naruto alleine zu lassen.

Dafür hatte sie sogar den zweistündigen Flug in die zehn Grad kältere Stadt in Kauf genommen.

Und Sakura wusste es zu schätzen, auch wenn sie sich fragte, wie Temari längere Flüge überstand. Immerhin war sie als Vampirjägerin auch in Amerika und Europa unterwegs.

"Du kannst mich ruhig alleine lassen, ich muss mich nicht mehr übergeben", murrte Temari, die kaum darüber sprechen konnte, ohne dass ihr erneuert schlecht wurde.

"Ach was, die anderen finden die Koffer auch ohne mich", grinste Sakura, ehe sie ihrer Freundin ein Becher Wasser aus einem Automaten holte und sich neben sie setzte, mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand.

Temari nickte schlapp, kippte sich das Wasser hinter und stöhnte qualvoll. "Jetzt noch eine halbe Stunde in der Bahn! Ich glaub ihr müsst mich hier lassen ..."

"Daraus wird nichts. Wir wollen heute Abend doch noch ins Theater, schon vergessen?", erinnerte Sakura und erhob sich, als sie Narutos wilde Mähne von weiten erkennen konnte und ihn zu sich herüber winkte.

"Wie könnte ich, du hast mich den ganzen Flug lang über das Stück aufgeklärt. Dabei wollte ich einfach nur sterben ..."

Sakura lachte leise. "Entschuldige. Ich finds nur so aufregend."

"Schon gut", schnaufte Temari und schloss wieder die Augen, als sie Narutos plappernde, lautstarke Stimme hören konnte. Es war wie das Dröhnen einer Flugmaschine in ihren Ohren ...

"Das ging ja schnell", sagte Sakura, als ihre drei anderen Freunde zu der Bank kamen und die Koffer und Rucksäcke abstellten. Warum Sasuke, Hinata und Naruto soviel Gepäck für eine Woche mitschleppten war ihr ein Rätsel. Doch wenigstens schien Temari genauso genügsam wie sie, denn auch die Blonde würde für diesen Urlaub aus einem großen Rucksack leben.

"Natürlich, mit ein wenig Gewalt lässt sich alles erreichen!", lachte Naruto, der vor guter Laune nur so strotzte. Es tat ihm unheimlich gut einmal wieder seine Heimat zu besuchen, und das schlug sich auch auf die anderen nieder.

Allen voran Sakura, den dieser Ausflug doch irgendwie beängstigte. Aber im Moment musste sie sich noch keine Sorgen machen. Das kam erst, wenn sie Narutos Eltern gegenüberstehen würde.

"Wollen wir weiter?", fragte Naruto nun, ganz hibbelig von einem Bein aufs andere tretend.

Hinata warf ihm einen strengen Blick zu. "Du siehst doch, dass es Temari noch nicht gut geht. Wir sollten noch ein wenig warten, bis sich ihr Magen beruhigt hat."

Naruto seufzte. "Ja, sorry."

"Ach, geht schon. Wir müssen uns ranhalten, wenn wir den Zug nicht verpassen wollen", sagte Temari, obwohl sie alles andere als fit klang.

"Wir können auch den nächsten nehmen. So eilig haben wir es nicht", meinte Sakura.

Temari stöhnte leidend, nickte aber. "Danke."
 

Es war bereits früher Nachmittag, als die Fünf das Hotel erreichten, in dem sie während ihres Aufenthalts in Osaka wohnen wollten. Narutos Eltern hatten sich zwar gewünscht, sie würden bei ihnen unterkommen, aber das hatte man einheitlich dankend abgelehnt.

Naruto liebte seine Eltern, aber eine Woche bei ihnen wohnen wäre nicht seine Vorstellung eines freien, wilden Lebens gewesen.

Und für Hinata und Sasuke käme es noch weniger in Frage. Frau Uzumaki hätte den roten Saft in ihrem Kühlschrank sicher argwöhnt.

Sakura war es nur recht, nicht sofort und für längere Zeit bei den Uzumakis zu bleiben. Sie wusste nicht, wie sie auf sie reagieren würden.

Und Temari war noch immer alles egal ...

Während die anderen in der Lobby platz nahmen, ging Hinata sich um die Schlüssel ihrer Zimmer kümmern. Sie hatte sich um die Reservierungen gekümmert, denn Naruto wäre damit bei weitem überfordert gewesen.

Sie wären wohl eher in einer Absteige gelandet als in diesem Nobelhotel.

Sakura konnte den Blick gar nicht von den feinen Dingen nehmen, die es hier zu sehen gab. Altertümlich aussehende Artefakte, Statuen und Bilder schmückten die öffentlichen Räumlichkeiten. Sie wollte gar nicht wissen, was das Zimmer hier kostete, aber darüber hatte auch niemand mit ihr reden wollen. Hinata war in deser Beziehung wie Sasuke. Sie bezahlte alles und ließ keine Widerworte zu, obwohl Sakura sie fast angebettelt hatte, wenigstens einen Teil zubezahlen zu dürfen. Naruto hingegen schien dieses lasterhafte Verhalten der Vampire mittlerweile gewöhnt und kümmerte sich nicht darum, obwohl er von Hause her schon nicht arm war und selbst Geld hatte.

Wie Temaris Finanzen aussahen wusste Sakura allerdings nicht. Doch Temari hatte ihren Flug und auch das Hotelzimmer selbst bezahlt, ohne in irgend einer weise nachzugeben. Verdiente man eigentlich als Vampirjägerin? Wer würde das wohl bezahlen? Ob hinter dem ganzen eine Organisation stand?

"So, dass ist euer Schlüssel", holte Hinata Sakura aus den Gedanken und reichte der Rosahaarigen noch einige Prospekte über die derzeit stattfindenden Veranstaltungen.

Sakura nickte und stand auf. Das sie sich das Zimmer mit Sasuke teilte störte sie wenig, sie war es nicht mehr anders gewohnt. Und Hinata und Naruto würden sich wohl kaum trennen. "Wo ist mein Rucksack hin?", fragte sie ganz erschrocken, als ihr Gepäck nicht mehr an seinem eigentlich Platz war.

"Wurde schon in Zimmer gebracht", erklärte Hinata. "Jetzt ist es kurz vor zwei. Wollen wir uns in einer Stunde wieder hier treffen und dann erst einmal was Essen gehen?", sie sah zu Naruto, der nur auf diese Frage gewartet hatte und nun tatkräftig nickte.

Auch Temari und Sakura waren dem nicht abgeneigt und so wollte man um 15 Uhr wieder in der Lobby sein.
 

Als Sakura die wohltuende Dusche verließ, fühlte sie sich wie ein neuer Mensch. Der ganze Stress des Fluges und der Reise hier her waren von ihr abgefallen und nun konnte sie sich voller Zuversicht auf die Ferien in ihrer Heimatstadt konzentrieren, von der sie bisher aber nur wenig gesehen hatte.

In diesem Teil Osakas war sie noch nie gewesen, demnach stellte sich das vertraute Gefühl nur langsam ein. Doch sie war sich sicher, dass es wohl ihr schönster Urlaub seit langem werden würde! Wie sollte es auch anders sein? Was gab es im Moment, was sie sich noch wünschen konnte? Ihre Freunde waren bei ihr, Sasuke war bei ihr, sie würde durch ihr altes Viertel laufen können ...

Und sie würde das Grab ihres Vaters besuchen. Nach Jahren würde sie dort endlich ein paar Blumen hinlegen können. Und sie würde ihm um Verzeihung bitten, für das was sie getan hatte.

Sakura lächelte traurig in den riesigen Spiegel, der von hellem Marmor umgeben war, als sie überlegte, ob ihre Mutter bei ihm war. Begraben war sie in Tokio, aber was hieß das schon? Ihre Eltern hatten sich immer geliebt, vielleicht waren sie dort, wo sie jetzt waren, wieder zusammen?

Ob sie im Himmel waren, wenn es einen Himmel gab? Sakura nickte innerlich. Wo sonst? Ihre Eltern waren herzensgute Menschen gewesen. Eine Reihe tragischer Umstände hatte ihr Leben verändert. Wäre das Schicksal nicht so grausam zu ihnen gewesen, wären viele Dinge nicht passiert.

Doch wenn ihre Eltern im Himmel waren, dann würde sie sie wohl nie wiedersehen.

Sakura wusste, dass jemand wie sie dort kaum einen Platz haben konnte. Sie würde dort hinkommen, wo auch ihr Stiefvater war. Und vermutlich wartete er bereits, um sich an ihr Rächen zu können ...

Sakura seufzte. Wie albern sie doch dachte! Himmel und Hölle, daran hatte sie doch nie geglaubt!

Allerdings hieß das recht wenig, wenn man ihre jetzigen Freunde betrachtete.

Sie würde sich wohl überraschen lassen müssen.

Sakura wickelte das Handtuch fester um ihren Körper, als sie aus dem Bad marschierte und ins Schlafzimmer wollte, um sich umzuziehen. Wenn sie geglaubt hatte, Hinata wäre weniger übertrieben als Sasuke, hatte sie sich ziemlich getäuscht. Das Zimmer bestand aus mehreren Zimmer und war eine Suite. Eine wunderschöne, traumhafte Suite, viel größer als ihre Wohnung, die so erbärmlich dagegen wirkte! Ein unsterbliches Leben hatte einige Vorteile. Man besaß Geld ohne Ende, ohne überzuschnappen. Hinata und Sasuke hatten in Naha vollkommen normale Wohnungen. Sie mussten nicht mit ihrem Geld protzen. Für sie war es nur ein Mittel zum Zweck. Allerdings, wenn Sakura an diese hochpolierten Autos der Uchiha dachte ... aber darüber musste nie sich jetzt nun wirklich nicht den Kopf zerbrechen! Ersteinmal in Ruhe anziehen und dann etwas essen gehen.

Sasuke hatte gesagt, dass er für eine halbe Stunde verschwinden wollte, und sie hatte nicht weiter nachgefragt. Es war sehr wahrscheinlich, dass er seinen Hunger stillen wollte, bevor sie unter Menschen gingen.

Ein rascheln aus dem Wohnzimmer ließ Sakura in ihrer Bewegung innehalten. War er jetzt schon zurück?

"Sasuke?", rief sie und drehte um. Vielleicht hatte er auch den Fernseher angelassen. Das wäre typisch für ihn!

Doch als Sakura ins Wohnzimmer ging, spärlich mit einem Handtuch bekleidet, da war der Fernseher nicht an.

Und es stand auch kein Sasuke dort.

Es war ein fremder, sehr junger Mann, der sie mit großen Augen ansah und sofort rot anlief.

Und als Sakura im nächsten Moment einen entsetzten Schrei ausstieß, gefolgt von dem Schrei des Pagen, stand auch schon ein bedrohlich wirkender Sasuke vor ihr, der den Mann mit seinen kalten Augen ansah und bereit zum Angriff war.

"Oh Gott!", stöhnte Sakura und holte tief Luft. "Gott, verdammt ... Sasuke beruhig dich, es ist nichts passiert!", sagte sie hastig, damit nicht doch noch etwas geschah.

"Warum hast du dann geschrien?", fragte Sasuke zwischen den Zähnen hindurch und den Blick immer noch auf den erstarrten Pagenjungen gerichtet.

"Ich hab mich erschrocken ... oh Weia ...", Sakura wedelte sich Luft zu.

Gerade noch einmal gut gegangen!

"Er hat dir nichts getan?"

Sakura schüttelte den Kopf. Wie es schien hatte der junge Mann, der vermutlich nicht älter war als sie, lediglich ein paar Dinge ins Zimmer gebracht. "Tut mir leid", lächelte sie ihm entschuldigend zu. "Mach einfach weiter."

Doch der Junge konnte sich kaum von Sakuras Anblick lösen, was die Rosahaarige bemerkte und nun ebenfalls rot anlief. Das sie nur mit diesem verdammten, kurzen Handtuch bekleidet war, hatte sie nicht bedacht!

"Wenn du deine Augen behalten willst, solltest du verschwinden", sagte Sasuke immer noch knurrig, und Sakura glaubte bald, seine Drohung wäre ernst.

Daran zweifelte auch nicht der Pagenjunge, der mit zittrigen Fingern die Zeitungen auf den Tisch legte und dann kurzerhand das Weite suchte.

"Du musst nicht immer so übertreiben!", seufzte Sakura nun. "Er sah aus, als hätte er beinah einen Herzinfarkt bekommen!"

"Wenn du dich im halbnackt präsentierst", konterte Sasuke und grinste Sakura unschicklich an als er sie ansah, was der jungen Frau gar nicht passte.

"Ich dachte, es wäre ein Einbrecher!", verteidigte sie sich.

Sasuke kräuselte die Stirn. "Und du glaubst, du hättest ihn mit deiner Erscheinung vertrieben und nicht eher eingeladen?"

"Ah, vergiss es!", motzte Sakura genervt. "Wieso bist du schon wieder zurück? Wie spät ist es?", sie sah auf die Uhr über dem Fernseher und erschrak. "Nein, ich hab zu lange geduscht!", eilig rannte sie ins Schlafzimmer, damit sie es noch rechtzeitig schaffen konnte.
 

"Du bist so eine Nuss!", lachte Temari, als Sakura ihren Freunden beim Essen von dem Vorfall mit dem Pagen erzählte.

Schmollend stopfte sich die Rosahaarige einen Reisball in den Mund. "Das stimmt doch gar nicht!"

"Mir tut der Junge leid", sagte Naruto zwischen zwei Happen. "Als wenn Sakuras Anblick nicht schon schlimm genug gewesen wäre, musste auch noch Sasuke seinen Senf dazugeben. Vermutlich hat er schon gekündigt, wird seine Frau und die sieben kleinen Kinder verlassen, Sakura suchen, ihr einen Heiratsantrag machen, und wenn sie ja sagt ist sein Leben sowieso vorbei ..."

Sakura blieb der Reis im Hals stecken, als sie das hörte. "Bist du fies!", hustete sie, dem Tod durch Ersticken nahe. "Willst du damit sagen, dass ich eine schlechte Ehefrau wäre?"

Naruto grinste breit. "Neeein, nie würde ich das behaupten wollen ..."

"Ach nein?"

"Nein ..."

"Naruto, wenn du dich jetzt nicht sofort entschuldigst ..."

"Was dann, krieg ich deinen Pantoffel zu spüren?"

Sakura holte tief Luft.

Beruhigen ...

Beruhigen ...

Tief Atmen und nicht die Beherrschung verlieren ...

Sakura seufzte, nahm sich etwas von ihrem Gemüse und steckte es sich in den Mund. "Nein, ich lass mich nicht ärgern. Ich bin eine erwachsende Frau, ich stehe über deinen Kindereien!", sie nickte sich zur Bestätigung zu und nahm einen Schluck Cola.

Naruto schluckte, sein Grinsen wurde breiter. "Wenn du eine erwachsende Frau sein willst, dann bin ich ..."

Doch man erfuhr nie, was Naruto dann sein würde.

Sakuras Selbstkontrolle hatte sich schon vorher verabschiedet und matschend landete ihr Gemüse in Narutos Gesicht.

"Es mangelnd ihr zumindest nicht an Temperament", meinte Hinata erschrocken und nur dank ihrer Vampirfähigkeiten hatte sie den Möhren ausweichen können.

Temari jedoch fischte sich eine danebengegangene Erbse aus den Haaren. "Dafür aber an Manieren ..."
 

Im Gegensatz zum Nachmittag verlief der Abend ruhig und gesittet. Es kam auch niemand mehr zu schaden. Man besuchte das geplante Theaterstück, genehmigte sich ein weniger gesundes Abendessen in einem Fast Foot Restaurant und verabschiedete sich bis zum nächsten Morgen von einander. Schon früh wollte man zu Narutos Eltern aufbrechen, mit den Eltern zu Mittag essen und am Nachmittag mit den geladenen Gästen Herrn Uzumakis Geburtstag feiern.

So war es zumindest geplant. Es sollte eine ganz normale Geburtstagsparty werden.

Doch Sakura machte sich wie immer Sorgen. Und wie immer lag sie in solchen Moment im Bett und konnte nicht schlafen. Dass sie morgen den Uzumakis gegenüberstehen würde raubte ihr fast den Verstand. Sie ging alle möglichen Situationen durch, die unerwartet oder erwartet eintreffen könnten.

Zum einen wussten Narutos Eltern von dem, was Sakura getan hatte.

Sie mussten es wissen, Narutos Vater war Polizist und er hatte die Harunos gekannt. Die Nachricht des Todes von Frau Haruno musste er gehört haben.

Und wenn er wusste, dass sie tot war, dann wusste er auch, was Sakura getan hatte.

Wenn sie es aber, weiß Gott wie, nicht wussten, dann würden sie Sakura nach dem Befinden ihrer Mutter fragen.

Das wäre für die Rosahaarige bald noch schlimmer. Sie musste es erzählen, ihnen die traurige Nachricht überbringen, dass ihre Mutter schon seit vier Jahren nicht mehr lebte.

Und man würde fragen, was passiert wäre ...

Dann stellte sich die Frage, wie sie reagierten.

Würde man sie vielleicht sofort wieder aus dem Haus werfen?

Oder würde man ihr Gnade gewähren, und erst ein späterer Gast würde sie in die Hölle schicken?

Würde sich Naruto mit seinen Eltern ihretwegen streiten? Würde er sie verteidigen, oder sie ihrem Schicksal überlassen?

Oder würde alles besser laufen, als sie sich im Moment vorstellte, so wie es auch mit Ino Yamanaka gewesen war?

"Sakura?", hörte sie plötzlich ihren Namen und sie drehte sich zu Sasuke um.

"Ja? Was ist?", fragte sie ahnungslos. Sie konnte ihn kaum geweckt haben, sie hatte sich keinen Zentimeter gerührt.

"Hör bitte auf zu denken und schlaf ein", murrte er.

"Liest du jetzt doch meine Gedanken?", fragte sie verwirrt und stützte sich auf ihrer gesunden Hand ab, während die andere frisch verbunden an ihrer Seite lag.

"Nein, deine Stimmung ist aber kaum auszuhalten. Du schmeißt mit Gefühlen um dich, dass ich Kopfschmerzen bekomme."

"Oh", Sakura legte sich auf den Rücken und starrte an die dunkle Decke. "Dann schalt es doch ab, geht das nicht?"

"Nicht wenn du so nah bist und dermaßen starke Ausbrüche hast. Es kommt immer noch genug an."

"Entschuldige", sagte Sakura ehrlich. "Ich schlafe jetzt, gute Nacht."

Eine Viertelstunde später stand Sakura in dem Küchenbereich der Suite und füllte sich ein Glas mit Wasser. Damit ging sie zur Couch und schaltete leise den Fernseher ein.

Sie hatte wirklich vorgehabt zu schlafen, aber funktioniert hatte es trotzdem nicht.

Und sie wollte Sasuke nicht verrückt machen.

Es reichte, wenn sie sich selbst ständig verrückt machte.

Doch das nächtliche Fernsehprogramm bot nicht die Abwechslung, die sie erhofft hatte zu finden. Sie legte sich lang und schmiss ihre Sachen auf den Boden. Morgen würde sie eh etwas festlicheres Anziehen müssen.

Sakura seufzte leise. Was sollte sie tun? Immer und immer wieder musste sie daran denken, was alles passieren könnte. Sie wünschte, es abstellen zu können, aber es ging nicht.

Es ging nie.

Und normalerweise, wenn sie sehr durcheinander war, ging sie spazieren.

Aber sie war in Osaka, nicht in Tokio oder Naha.

Und es war weit nach Mitternacht.

Sakura richtete sich auf. Es stimmte, sie war in Osaka.

Aber sie kannte sich in Osaka doch aus. Sie hatte Jahre lang hier gelebt. Und es gab einen Ort, der ihr im Moment vielleicht Ruhe bringen konnte.

Schnell zog sich die junge Frau ihre Sachen an, ehe sie auf Zehenspitzen die Suite verließ. Sasuke hatte seine Fähigkeiten gedämpft, wenn sie Glück hatte würde er ihr verschwinden überhaupt nicht bemerken und sie wäre noch rechtzeitig zurück.

Weit war es nicht.
 

Als Sakura das Taxi verließ und dem Fahrer reichlich Trinkgeld zahlte, spürte sie die aufkommenden Gewissensbisse. Sie hätte Sasuke wenigstens eine Nachricht dalassen sollen, damit er nicht ganz Osaka ihretwegen auf den Kopf stellte, sollte er gegen jede Hoffnung früher wach werden.

Aber sie war nicht weit von ihrem Hotel entfernt, mit dem Auto waren es kaum zwanzig Minuten gewesen.

Sie zog die kalte Nachtluft ein und knöpfte ihre Jacke bis oben hin zu. Es waren keine angenehmen Temperaturen mehr und sie war mittlerweile das subtropische Klima Okinawa Hontos gewohnt.

Und sie fürchtete sich ein wenig. Dort, wo sie jetzt hin ging, treibte man sich nachts alleine eigentlich nicht mehr herum.

Aber Osaka war keine kriminellenverseuchte Stadt. Eigentlich konnte ihr nichts passieren.

Sakura lief die Straße entlang, die ihr der Taxifahrer beschrieben hatte und stand schließlich auch schon vor einem abgezäunten Gelände. Sie war erst einmal hier gewesen, und daran konnte sie sich kaum noch erinnern.

Es war auch keine schöne Erinnerung.

Sondern die Erinnerung an die Beerdigung ihres Vaters.

Sakura schlang die Arme um sich, als sie über den großen Friedhof lief. Obwohl sie diesen Stadtteil nur dieses eine mal besucht hatte und sich an keine Straßennamen oder Besonderheiten erinnerte, so wusste sie doch noch ganz genau, wo ihr Vater begraben lag.

Und nun stand sie direkt davor.

Sakura schluckte, als sie das Grab betrachtete. Sie hatte erwartet, dass es verkommen war, das es vielleicht sogar nicht mehr existierte. Aber das Gegenteil war der Fall. Es war bepflanzt und ein frischer Strauß Blumen zierte den Grabstein. Wunderschöne Blumen, Rote. Die liebte ihr Vater am meisten.

Aber wer kümmerte sich um das Grab? Sie hatten hier keine weiteren Familienangehörigen gehabt. Oder machte das die Friedhofsverwaltung?

Die konnten wohl kaum wissen, dass ihr Vater rote Blumen am meisten mochte. Oder war es nur ein Zufall?

Sakura schüttelte den Kopf. Das war im Moment unwichtig. "Hallo Daddy", sagte sie und ging in die Hocke, um mit dem Finger über die Inschrift zu fahren. "Hallo Herr Daisuke Haruno", sie lächelte leicht. Aus Spaß hatte sie ihren Vater früher manchmal so genannt.

Sein Name hatte ihr immer gefallen. Daisuke. Er bedeutete große Hilfe. Und ihr Vater war jedem gegenüber stets Hilfsbereit gewesen. Er ein gütiger Mann der seinesgleichen gesucht hatte. Bisher hatte sie niemanden kennengelernt, der die gleiche Herzenswärme besaß wie ihr Vater.

Sakura wischte sich übers Gesicht, als sie die ersten heißen Tränen auf ihrer Haut spürte. "Verzeih mir, dass ich so spät komme", wisperte sie zittrig. "Ich wurde aufgehalten, aber das hat Mama dir bestimmt erzählt, nicht wahr?", Sakura ließ sich auf die Knie fallen und sah auf die roten Blumen. "Ich hab dir leider keine mitgebracht."

Die Zeit verging und eine düstere Stimmung herrschte auf dem Friedhof, aber Sakura hatte keine Angst mehr. Schweigend saß sie vor dem Grab ihres Vaters, die Knie an ihren Körper gezogen und betrachtete mit rot unterlaufenden Augen seine letzte Ruhestätte.

Fünf lange Jahre war es her, dass er bei einem Autounfall auf dem Weg nach Hause verunglückt war. Keine zwei Straßen von ihrem Haus entfernt. Er war mit einem anderen Wagen kollidiert, der ihm die Vorfahrt genommen hatte. Er selbst war immer ein vorsichtiger Fahrer gewesen. Ihm wären solche Fehler nie unterlaufen.

Tödliche Fehler.

Doch innerlich wusste Sakura, dass ihr Vater nicht fehlerfrei gewesen war. Er liebte seine Frau und seine Tochter, aber er liebte auch seine Arbeit. Und manchmal verbrachte er dort mehr Zeit, als bei seiner Familie. Öfters hatte es deswegen Streit gegeben. Aber Sakura hatte sich darum nie Sorgen gemacht, sie hielt ihre Eltern für unzertrennlich.

Doch ihre Mutter war einsam. Und in ihrer Einsamkeit begann auch sie einen Fehler.

Sie traf sich mit einem anderen Mann.

Das zerstörte die Ehe nicht, aber es nahm ihr das gegenseitige Vertrauen.

Und als Sakuras Vater starb, und ihre Mutter nicht mehr wusste, wie es weitergehen sollte, da zogen sie zu diesem Mann, mit dem sie sich damals getroffen hatte.

Alles war eine Verkettung von Fehlern, von Schicksalen, von Unglück.

Und das Ende bildete der Tod ihrer Mutter, den Sakura mit einem Mord rächte. Damit gab es keine Familie Haruno mehr.

"Ich habe dich enttäuscht, nicht wahr, Daddy?", flüsterte Sakura nach einigen Minuten. "Aus mir ist nicht das geworden, was du dir für mich gewünscht hast. Und deswegen werde ich euch nie wieder sehen können!", Sakuras Stimme vibrierte vor Schmerz bei dieser Feststellung. "Ich habe meinen Platz bei euch verloren, ich habe nirgends mehr einen Platz!"

Sakura griff sich qualvoll an den Kopf, als würde er jeden Moment zerspringen. Sie durfte die Traurigkeit nicht die Oberhand gewinnen lassen.

"Aber ich habe Freunde", sagte sie und lächelte leicht. "So gute Freunde. Ich bin nicht mehr allein. Du würdest sie mögen."

Sakura stellte sich vor, wie ihr Vater mit ihren Freunden und ihr zusammensitzen würde, reden und lachen. Es wäre ein harmonisches Bild. Was er wohl zu Sasuke sagen würde? Ob er ihn akzeptieren würde, an der Seite seiner Tochter?

Vermutlich würde er so tun, als wäre Sasuke ein ganz schlechter Kerl. Ja, das war ihr Vater! Und in Wahrheit nötigte er ihn dazu, mit ihm Fussballspiele zu sehen. Er würde ihn testen. Auf Herz und Nieren überprüfen, ob er gut genug für seine Sakura war.

Bei dem Gedanken schossen Sakura erneuert die Tränen in die Augen. Denn die Wahrheit war doch, dass sie nie nach Okinawa Honto gegangen wäre, wenn ihre Eltern noch leben würden. Sie hätte Sasuke vermutlich nie kennengelernt.

Oder doch, auf eine andere Weise? Vielleicht war es ihr Schicksal?

Sakura zuckte zusammen und griff sich verwirrt an den Kopf.

Das dachte sie nicht zum erstenmal! Das hatte ihr jemand gesagt, vor langer Zeit, bevor sie Sasuke kannte. Er? Könnte Er es gewesen sein? Hatte Er in ihrer Gegenwart über Sasuke geredet? Der mysteriöse Vampir aus der Klinik. Warum?

Und warum schoss wieder alles durcheinander, was in ihrem Kopf war? Warum konnte sie nicht mehr klar denken?

Weil es wieder um Ihn ging!

Das war die Antwort.

Sobald sie an Ihn dachte, vermischten sich ihre Gedanken und erschwerten das Nachdenken.

Sakura atmete tief ein und versuchte sich zu beruhigen. Es brachte nichts, jetzt wieder zu grübeln. Aber sie würde es im Kopf behalten. Sie würde es nicht wieder vergessen.

Er hatte ihr gesagt, dass sie Sasuke treffen würde. Das es ihr Schicksal war.

Er hatte alles vorher gewusst.

Sakura seufzte und erhob sich. Zum Abschied strich sie mit ihrem Finger noch einmal über den Grabstein. "Ich komme wieder", flüsterte sie und lächelte. "Und dann ... vielleicht stelle ich dir dann meine Freunde vor."
 

Als Sakura das Tor hinter sich Schloss, das den Friedhof absperrte, hörte sie es neben sich rascheln. "Es tut mir leid", sagte sie leise. "Ich hätte nicht einfach abhauen sollen."

Sasuke kam aus der Dunkelheit und legte sanft einen Arm um ihre Schultern. "Nein, ist schon gut. Diesmal halte ich dir keine Standpauke."

Die Rosahaarige lächelte. Als sie den Friedhof verlassen hatte, hatten sie auch ihre Ängste vor Morgen verlassen. Wie ein guter Zauber. "Stehst du hier schon lange?"

"Erst seit dem du hier bist", gab Sasuke wahrheitsgemäß zurück und ging mit ihr die Straße entlang.

Sakura seufzte. "Kann man dich nie austricksen? Ich war so leise! Warum hast du dich nicht eher gezeigt?"

Sasuke zuckte mit den Schultern. "Vielleicht mag ich Friedhöfe nicht besonders."

"Du lügst", stellte Sakura stirnrunzelnd fest.

Sasuke grinste. "Stimmt."

Die junge Frau lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Sie musste nicht weiter nachfragen um zu wissen, warum Sasuke vor dem Gelände gewartet hatte. Er wollte ihr einfach die Zeit mit ihrem Vater geben, die sie brauchte. Alleine.

"Sakura?"

"Ja?", Sakura musste aufsehen, um Sasuke anblicken zu können. Er war doch ein ganzes Stück größer als sie.

"Ich glaube nicht, dass dein Vater jemals von dir enttäuscht sein könnte. Ich denke, er wäre heute stolz auf dich."

Sakura blieb abrupt stehen und sah Sasuke mit weit aufgerissen Augen an, überrascht, wie gut sein Gehör auch auf dieser Entfernung funktionierte.

Und überrascht von dem, was er sagte.

Ohne groß nachzudenken fiel Sakura Sasuke in den Arm und hielt sich weinend an seiner Jacke fest, während der Uchiha ihr beruhigend über die Haare strich.

Es gab Dinge, die erwartete man. Dinge, die man voraussehen konnte, oder Dinge die man nicht erwartete und gerade deswegen wusste man, dass sie passieren konnten.

Und es gab Dinge, die ohne jede Vorwarnung kamen, die man nicht erwarten konnte, weil sie nie in Betracht gezogen worden. Die Faktisch nicht existierten und gegen jegliche Vernunft waren.

Sakura hätte nie geglaubt, dass bei allem was passiert war, Daisuke Haruno auf seine Tochter hätte Stolz sein können. Für sie hatte es nie einen Zusammenhang der Wörter zu ihrem Vater gegeben.

Und gegen jegliche Vernunft hatte Sasuke es ausgesprochen.

Und vielleicht ... wäre es sogar so gewesen.

Wer bist du?

Hey, erst mal will ich mich für die lieben Kommis bedanken!! Dafür hab ich mich in letzter Zeit zu wenig bedankt, glaub ich. Also ein zehnfaches Danke an alle, die mir eifrig ihre Meinung sagen! Nur immer her damit, ich freu mich über jede Kritik und Vorschläge!!

Macht weiter so!

Und nun viel Spaß beim Lesen!!

LG, Cherry21
 

Sakura stand mittlerweile seit fünf Minuten vor dem Spiegel, starrte sich an und tat ... nichts.

Sie war kurz davor wieder einzuschlafen und nur mit halben Auge stellte sie fest, dass sie entsetzlich aussah. Ehe sie wieder einigermaßen menschlich aussehen könnte, würden Stunden vergehen.

Aber sie war ja auch selbst daran Schuld! Sie hatte gewusst, dass sie heute zeitig raus musste, und trotzdem war sie nachts um eins noch zum Friedhof gefahren.

Ehe sie wieder in ihrem Bett gelegen hatte war es um vier gewesen.

Jetzt war es acht Uhr morgens, sie hatte dicke Augenringe vom Weinen und war wahrscheinlich blasser als Sasuke oder Hinata.

Eine prickelnde Vorstellung ...

Genervt von sich selbst wandte sich Sakura vom Spiegel ab und entschied sich zuerst für eine Dusche. Doch auch nach zwanzig Minuten in klirrender Nässe gab sie kein munteres Bild ab.

Mit triefenden Haaren und übergeworfenen Bademantel tapste sie zurück ins Schlafzimmer. Vielleicht konnte sie sich für fünf Minuten ausruhen und die Welt erschien danach gleich viel freundlicher?

Doch natürlich wurde ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht, von niemand anderem als Sasuke.

Sakura sah ihn gequält an, als er vor ihr stand, mit hochgezogener Braue und schweigend zur Uhr nickte.

"Das ist nicht fair", quengelte sie und kramte in dem Kleiderschrank nach vernünftigen Klamotten, die sie dank Temari nun auch besaß. In einer halben Stunde wollte man sich unten zum Frühstück treffen, doch Sakura ahnte schon, dass ihr Kopf schneller auf dem Teller landen würde als ihr lieb war.

Sie und ihre Schnapsideen ...

Das sie es am Ende aber doch schaffte passabel auszusehen, grenzte bald an ein Wunder. Man konnte pünktlich frühstücken und ebenso pünktlich zu den Uzumakis aufbrechen.

Die Fahrt mit der Bahn dauerte eine halbe Stunde, die Sakura damit verbrachte aus dem Fenster zu schauen und in Erinnerungen zu schwelgen. Sie erkannte alte Lieblingsorte wieder, ihren Kindergarten und die Grundschule, Spielplätze wo man sich mit Freunden getroffen hatte ...

In Osaka hatte sie eine schöne Zeit verbracht, die schönste ihres bisherigen Lebens. Hier wurde sie geboren, hier war sie aufgewachsen. Hier erfuhr sie Freundschaft, ihre erste Grundschulliebe ... es tat ihr gut, wieder hier zu sein.

Als der Zug hielt und die Fünf ausstiegen machte sich aber ein anderes Gefühl in Sakura breit.

Die altbekannte Angst.

Sie hatten nur noch einen kurzen Fußmarsch vor sich, ehe sie vor Narutos Eltern stehen würden. Und auch der reichte Sakura nicht, um sich zu beruhigen.

"So, dann wollen wir mal!", rief Naruto begeistert, als er das Gartentor zu dem Haus der Uzumakis öffnete und den Plattenweg zum Eingang folgte. Sakura reihte sich ganz hinten ein, in der Hoffnung nicht bemerkt zu werden, blieb aber für einen Moment stehen, als sie das kleine Tor schloss.

Es war wie damals. Es hatte noch die selbe Farbe, den selben Anstrich. Sie erinnerte sich, wie Naruto und sie selbst diesen Zaun gestrichen hatten, um seinen Eltern zu helfen. Wie sie sich mit Farbe bespritzten, sich jagten. Wie sie einen ganzen Eimer Lasur über den Weg schütteten, weil Naruto Sakura angerempelt und diese dann das Gleichgewicht verloren hatte.

Sakura sah sich um, suchte die Kleckse damaliger Farbschlachten.

Und stellte fest, dass es sie noch immer gab!

Sie spürte, wie ihre Angst langsam nachließ und etwas viel schönerem Platz machte.

Vertrautheit.

Hier in dieser Gegend hatte sich nicht viel verändert, und das bemerkte sie jetzt.

Hier war ihr zu Hause gewesen.

Hier war ihre Heimat.

Und hier musste sie sich vor niemanden fürchten.

"Mom!", hörte Sakura nun Naruto rufen und sie beeilte sich den anderen zu folgen.

Frau Uzumaki hatte schon in der Haustür gewartet und nahm ihren Sohn freudestrahlend in den Arm. "Ach Liebling, endlich seh ich dich mal wieder!", lachte sie mit ihrer herzlichen Stimme, die Sakura fast vergessen hatte. "Und ich lerne endlich deine ganzen Freunde kennen!"

Naruto nickte und wurde ein wenig rot, als er seiner Mutter als erstes Hinata vorstellte, die plötzlich ganz schüchtern wirkte.

Aber Sakura konnte das gut nachvollziehen, immerhin war Frau Uzumaki noch eine Fremde für sie. Unter Freunden war Hinata eigentlich immer gelassen, aber bei Leuten, die sie nicht kannte eher zurückhalten, ja fast misstrauisch.

"Hinata, ich bin ja so erfreut, dich endlich einmal kennenzulernen!", Narutos Mutter reichte der Hyuuga ihre zarte Hand und drückte das Mädchen dann an sich. "Naruto hat mir schon eine Menge über dich erzählt, ich hoffe er macht dir nicht zuviel ärger?"

Hinata schüttelte lächelnd den Kopf. Das Eis war gebrochen.

"Das ist Sasuke", sagte Naruto nun, während seine Mutter Hinata aus der Umarmung entließ.

"Ah, der schweigsame, mit schwarzen Humor ausgerüstete beste Freund, stimmts?"

Sasuke sah Naruto kühl an, grinste aber. "Wenn Naruto das sagt."

Frau Uzumaki lachte herzlich. "Na ja, ich weiß wie er ist und werde mir wohl selbst ein Bild über dich machen müssen. Aber es freut mich sehr dich kennenzulernen."

"Und das ist Temari, sie studiert mit uns an der selben Uni und ist erst dieses Semester nach Naha gezogen", erklärte Naruto schnell, um seine Mutter von Sasuke abzulenken.

"Gefällt es dir denn dort, Temari?", fragte die hübsche, ältere Frau.

Temari nickte. "Ja, ein sehr interessanter Ort."

"Sind sie da, Kushina?", rief plötzlich die Stimme von Narutos Vater durch den Vorsaal und kurze Zeit später stand er in der Eingangstür neben seiner Frau. "Hallo Sohnemann, wie gehts? Die hast du alle mitgebracht? Na da wirds ja knapp mit dem Essen werden!", scherzte Herr Uzumaki, von dem Naruto anscheinend seinen Sinn für Humor besaß.

"Also Minato, benimm dich bitte!", sagte Kushina kopfschüttelnd. "Du erschreckst die armen Kinder ja!", sie lächelte wieder in die Runde. "Das hier ist Hinata, deine zukünftige Schwiegertochter", stellte Narutos Mutter vor und Hinata wurde augenblicklich rot, während Naruto nur verlegen lachte und Minato der jungen Vampirin recht ruppig auf die schmale Schulter klopfte. "Das ist Temari, sie ist erst vor kurzen nach Naha gezogen, dass ist Narutos bester Freund Sasuke und das ..."

Erst jetzt bemerkte Kushina Uzumaki Sakura, die sich bisweilen im Hintergrund gehalten hatte. Sie verstummte augenblicklich und hielt sich perplex die Hand vor dem Mund.

Eine angespannte Stille herrschte, niemand sagte ein Wort und auch Minato brachte keinen Scherz zu Stande.

Naruto hatte natürlich von Sakura erzählt, aber so ganz hatten es seine Eltern nicht glauben können, dass er nicht wieder einmal flunkerte.

Nun sah man sich gegenseitig an, nicht schlüssig, wie man reagieren sollte.

Sakura wollte etwas sagen, aber der Kloß in ihrem Hals ließ keinen Ton durchdringen. Ihre Lippen bebten, sosehr musste sie sich zusammenreißen nicht in Tränen auszubrechen.

Narutos Eltern hatten sich kein Stück verändert. Nur ein paar kleine Falten, die aber nicht der Rede wert waren. Und als Sakura seine Eltern sah, da sah sie auch wieder ihre Eltern, zusammen mit den Uzumakis. Man war gut befreundet gewesen und fast wöchentlich wurde bei guten Wetter gemeinsam gegrillt. Kushina und ihre Mutter waren gute Freundinnen gewesen, die Väter hatten zusammen Fussballspiele geguckt und Bier getrunken, über Politik diskutiert und viel gelacht.

Und das alles fiel Sakura in dem Moment wieder ein, als sie Naruto Eltern sah.

Eine vergrabene Erinnerung die ans Licht geholt wurde.

"Sakura", sagte Narutos Mutter leise und ihre Stimme zitterte hörbar. "Du solltest dich schämen!"

Sakura zuckte zusammen, als sie die harten Worte hörte und sie spürte jähe Furcht aufkommen, als die dunkelhaarige Frau langsam auf sie zu ging.

Doch dann sah sie etwas, was sie nicht erwartet hatte.

Tränen.

Tränen in den Augen von Kushina Uzumaki.

"Dass du dich nicht einmal gemeldet hast", ein Sturzbach an Gefühlen sprudelte aus der älteren Frau und sie zog Sakura in eine mütterliche Umarmung. "Minato meinte, du bist schon fast zwei Monate zurück, und als Naruto von dir erzählte, konnte ich es immer noch nicht glauben ... ich hab mir solche Sorgen gemacht, Kind!", die Tränen flossen nun unaufhörlich und Sakura konnte nicht anders, als einfach nur still zuhalten und sich drücken zu lassen.

Nur langsam begriff sie, was vor sich ging.

Nur langsam verging ihre Taubheit.

Und langsam hob sie ihren gesunden Arm und erwiderte unter nicht weniger Tränen die Umarmung.

"Ich ...", sie musste schlucken, damit ihre Stimme nicht versagte. "Ich hatte ... angst, dass ihr ..."

"Dummes Mädchen, dachtest du, wir würden nicht hinter dir stehen?", Frau Uzumaki konnte sich nur langsam beruhigen, als sie die Hand ihres Mannes auf ihrer Schulter spürte.

"Lass uns erst einmal reingehen. Drinnen schallt es besser, wenn du die Beherrschung verlierst", er lachte und legte seinen anderen Arm Sakura um die Schultern. "Aber du bist wirklich ein dummes Mädchen, Sakura! So etwas zu glauben."

Sakura erwiderte nichts, sonder ließ sich einfach nur ins Haus führen, während die anderen mit einen lachenden und einem weinenden Auge folgten.
 

Sasuke saß auf der Hollywoodschaukel im Garten der Uzumakis und sah stillschweigend ins Leere. Er hatte sich heimlich zurückgezogen, während im inneren des Hauses eine große Feier im Gange war.

Es war mittlerweile 6 Uhr Abends und bald würde man das Abendessen servieren. Viele hungrige Mäuler würden sich auf die frischen Leckereien stürzen, die Kushina Uzumaki bereitgestellt hatte.

Narutos Eltern waren wirklich sehr nett, sehr herzlich und zuvorkommend. Und ihre Gäste, alles gute Freunde und Arbeitskollegen von Minato, waren ebenfalls okay. Es wurde viel gescherzt und gelacht. Alles in allem war es sehr ausgelassen.

Und gerade deswegen vielleicht wollte Sasuke für sich sein. Wollte nicht ihr herzhaftes Lachen hören, ihre euphorische Feierlaune spüren.

Er war nicht wie sie, das war die traurige Wahrheit.

Er war kein Mensch unter Menschen.

Aber auch kein Vampir.

Er war irgendwas, dass versuchte sich den Menschen anzupassen, mit ihnen zu leben, aber die Bedürfnisse eines Monsters hatte.

Für alle Ewigkeit.

Sasuke seufzte und ein unmerkliches Lächeln huschte über sein Gesicht, als er spürte dass sich Sakura ihm näherte.

Gegen ihre Anwesenheit hatte er nichts. Würde er nie etwas haben.

Auch wenn sie ein Mensch war, mit Leib und Seele, so waren sie gar nicht so verschieden.

Sasuke, weder das eine noch andere, wusste nicht, wo sein Platz war.

Und Sakura, die aus Liebe tötete, wusste es genauso wenig.

"Ach hier bist du", hörte er jetzt ihre sanfte Stimme sagen. Sakura kam geradewegs auf ihn zu, mit zwei Tellern in dern Hand und setzte sich neben ihn. "Ich hab mir schon sorgen gemacht."

"Sorgen?", Sasuke grinste leicht. Dass sie sich um ihn sorgen machen musste kam ihm lächerlich vor.

"Natürlich, du bist ja einfach verschwunden. Gefällt dir wohl nicht so die Feier, hm?", fragte sie, während sie das belegte Brötchen des ersten Tellers verdrückte.

Sasuke schüttelte den Kopf und schloss die Augen. "Es ist sehr nett", sagte er schlicht.

Sakura nickte. "Dann gefällt dir Feier wohl zu sehr?"

"Wie meinst du das?", wollte Sasuke wissen und sah Sakura an.

"Naja", Sakura schluckte ihren Bissen hinunter. "Es ist sehr ... hm ... fröhlich hier. Irgendwie zu fröhlich. So aufgedreht und ausgelassen. Anders eben, verstehst du?"

Sasuke seufzte. "Du findest die Feier anstregend."

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Sakura nickte, fühlte sich aber schlecht dabei. "Ich komm mir richtig mies vor, alle sind so nett und machen Witze ... und trotzdem fühle ich mich falsch. Deplatziert oder so ähnlich. Ich bin schon um so vieles besser drauf als früher, aber ...", Sakura zuckte mit den Schultern. "Aber das ist krass. Als befände man sich in einer Horde Narutos."

"Sehr anstrengend", kommentierte Sasuke und grinste.

Sakura kicherte. "Oh ja, einer kann ja manchmal schon ganz schön nerven. Und gleich Zehn davon ist beunruhigend. Wer weiß was noch passieren wird!"

"Vermutlich das Schlimmste."

"Es geht ja gar nicht anders bei so vielen Chaoten", Sakura schüttelte amüsiert den Kopf, doch dann wurde ihr Gesicht traurig. "Aber weißt du was? Damals ... da habe ich mich nirgends wohler gefühlt. Ich war genauso. Und jetzt ... bin ich ... so anders."

"Menschen verändern sich", sagte Sasuke und sah ins Leere. "Und du hast zuviel erlebt, als dass du noch der gleiche Mensch sein könntest."

"Hm", sagte Sakura.

Sasuke warf einen Blick auf das Mädchen neben sich, dass langsam wieder in ihre Gedankenwelt versank und erhob sich. "Na los, komm mit", sagte er und grinste sie aufmuntern an.

"Wohin?", Sakura sah ihn verdutzt an.

"Wir hauen ab. Die können auch ohne uns feiern."

"Aber ... nicht dass sie sauer werden?", Sakura stand langsam auf.

Sasuke schüttelte den Kopf. "Dann lassen wir uns eine gute Ausrede einfallen."

Nun grinste auch Sakura. "Okay", sagte sie und stellte ihren Teller ab, ehe sie Sasuke folgte.
 

Eine ganze Weile gingen Sasuke und Sakura einfach nur nebeneinander her ohne ein Wort zusagen. Sie sahen sich das ganze Viertel an, in dem die Uzumakis und früher auch die Harunos lebten.

Irgendwann blieb Sakura vor einem Haus stehen, mit hübschen Vorgarten und einem kleinen Zaun, ähnlich wie bei Naruto.

"Hier hast du also gewohnt", erriet Sasuke.

Sakura nickte langsam. "Ja, aber .. es hat sich sehr verändert. Das ist gut."

"Weil es dadurch weniger Erinnerungen weckt?"

Sakura nickte wieder. "Und so ist es besser."

"Wollen wir zurück?", fragte Sasuke nun, aber Sakura schüttelte den Kopf.

"Noch ein Stück, ja?"

Einige Straßen weiter kamen die beiden zu einem Spielplatz, der um diese Zeit aber nicht mehr besucht war. Grinsend setzte sich Sakura auf die Schaukel und schloss die Augen.

"Früher hab ich hier auch immer gespielt, zusammen mit Naruto. Meistens war er mein Sklave und musste mich die ganze Zeit anschaukeln", erzählte sie belustigt.

Sasuke grinste. Typisch Naruto, dass er dass mit sich hat machen lassen!

"Sasuke?", Sakura sah den augenscheinlich jungen Mann an, der vor ihr stand. "Wo bist du aufgewachsen?"

Sasuke zuckte unmerklich zusammen, ehe er Sakuras Blick erwiderte. "Das ist unwichtig."

Sakura erhob sich von der Schaukel. "Willst du nicht darüber reden?", fragte sie vorsichtig. Bisher hatte sie dieses Thema genau deswegen gemieden, obwohl es sie sehr interessierte.

Sasukes Vergangenheit.

"Nein."

"Warum nicht?"

"Es geht niemanden etwas an", Sasuke klang anders als sonst, wenn er mit Sakura sprach. Unnahbar und kalt.

"Oh", sagte Sakura nur. Sie war also niemand. "Dann entschuldige, dass ich gefragt habe", sie wollte ruhig klingen, aber man hörte genau heraus, dass sie Sasukes Aussage verletzt hatte.

Der Uchiha seufzte. "Ich meinte es nicht so, aber es ist wirklich kein Thema, über das man reden müsste."

"Na dann weiß ich ja bescheid!", Sakura war nicht gerade beschwichtigt.

"Lass uns zurückgehen. Es ist spät", bemerkte Sasuke, denn mittlerweile gingen schon die Laternen an den Straßen an.

"Dann geh, ich will noch ein wenig meine Ruhe haben", sie ging an Sasuke vorbei ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

"Sakura, bitte hör jetzt auf dich wie ein Kind zu benehmen! Es ist spät, es ist dunkel und die anderen warten."

Doch Sakura dachte nicht daran auf ihn zu hören. Sie war ja eh niemand.

Niemand, wie belanglos das klang.

Wie belanglos sie für ihn sein musste ...

Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht zu Sasuke um. "Tut mir leid, ich benehme mich wirklich idiotisch. Geh schon zurück, ich komme bald nach. Ich will nur noch ... ein bisschen für mich sein, okay? Es war ein anstrengender Tag."

Dann ging sie, ohne auf eine Antwort zu warten.
 

Als Sakura ein paar Minuten nachdenklich vor sich her gelaufen war, kam sie sich albern vor, so eine Szene gemacht zu haben. Aber es hatte ihr wehgetan, wie Sasuke auf einmal zu ihr gewesen war.

Warum wollte er nicht von seiner Vergangenheit erzählen? Ein bisschen wusste sie doch schon, warum nicht mehr?

Vertraute er ihr nicht?

Was befürchtete er?

Sie hatte ihm soviel von sich erzählt, redete sogar über ihre Gefühle mit ihm.

Warum musste er sich so vor ihr verschließen? Warum konnte er nicht offen sein? Hatte er angst, sie würde ihn dann nicht mehr mögen?

Könnte das der Grund sein?

Oder bedeutete sie ihm einfach zu wenig?

War sie es nicht Wert?

Sakura seufzte. Warum musste sie sich immer über alles mögliche den Kopf zerbrechen?

"Träumst du?"

"Was?", erschrocken fuhr Sakura rum und starrte wie vom Blitz getroffen in Temaris hübsches Gesicht.

"Ob du träumst! Ich hab dich gerufen, aber du bist nicht stehen geblieben."

"Oh, sorry, hab ich nicht mitbekommen!", entschuldigte sich Sakura. "Was machst du hier?"

"Spazieren gehen, so wie du", war die schlichte Antwort.

"Das soll ich dir abkaufen?"

Temari grinste. "Na ja, ich wollte nur nach dem rechten sehen, weil Sasuke ohne dich zurückgekommen war. Er sah ähm ... anders aus."

"Anders?"

"Nicht so überheblich wie sonst", erläuterte Temari.

"Sasuke sieht doch nicht überheblich aus!"

"Man, du weißt doch was ich meine. Dann sah er eben geknickt aus. Hat er dir was getan und du hast ihm eine verpasst? Soll ich ihn mir vorknöpfen?"

"Er sah geknickt aus?"

Temari nickte. "Willst du drüber reden? Du siehst auch nicht besser aus ..."

Sakura stöhnte. "Da gibt nicht viel zu reden. Ich war sauer auf ihn, aber das ist schon vorbei."

"Was hat er getan?"

Sakura lief weiter und Temari neben ihr her. "Ich habe ihn nur gefragt, wo er aufgewachsen ist. Ich weiß doch gar nichts weiter über ihn! Er meinte nur, es ginge mich nichts an."

"Oh", machte Temari. "Das ist natürlich gemein. Er weiß ja auch eine Menge über dich."

Sakura nickte. "Deswegen versteh ich es nicht. Vertraut er mir nicht, was ist sein Problem?"

Temari zuckte mit den Schultern. "Er ist ein Vampir, keine Ahnung wie die ticken."

Sakura sah Temari an, dann musste sie grinsen. "Das hat er über euch Vampirjäger auch gesagt", erklärte sie.

"Na danke", Temari schüttelte den Kopf, schien aber auch belustigt.

"Du hast doch mal vom Uchihaclan geredet, was hat es damit auf sich?", fiel es Sakura wieder ein.

Temari zog die Brauen hoch. "Mehr weiß ich da auch nicht, ehrlich. Du musst ihn schon selbst fragen."

"Er will ja nicht drüber reden", murrte Sakura.

Temari grinste. "Das klingt, als hättet ihr eure erste Beziehungskrise."

"Was denn für eine Beziehung?", Sakura wurde rot und sah nach vorne, damit Temari es nicht bemerkte.

"Du magst ihn doch, oder nicht?"

Sakura nickte langsam. "Sicher."

"Wie sehr?"

"Ich ...", sie rang nach Worten. Etwas zu wissen, war eine Sache. Etwas auszusprechen eine andere.

"Liebst du ihn?"

Sakura wurde noch roter, nickte aber.

Temari schüttelte den Kopf. "Du bist verrückt, einen Vampir zu lieben! Aber ich gebe zu, dass die Uchihas und Hinata anders sind. Und Naruto liebt Hinata auch. Trotzdem komisch."

"Nur das Hinata ja auch Naruto liebt", bemerkte Sakura leise.

Temari sah ihre Freundin verwirrt an. "Glaubst du, dein Blutsauger empfindet nichts für dich?"

Sakura zuckte mit den Schultern. "Warum war er dann vorhin so abweisend?"

"Also wirklich, dass sieht ein Blinder, dass er nach dir verrückt ist! Und wie ähm ... rührend er mit dir umgeht, so ist er zu niemand anderem. Und ich könnte wetten, er ist gerade wahnsinnig vor Sorge, weil du mit mir alleine unterwegs bist. Als wenn ich nicht auf dich aufpassen könnte!", murrte Temari.

"Ich brauche nicht ständig einen Aufpasser", gab Sakura beleidigt zurück.

Temari grinste. "Nein, gar nicht ... das hast du dir selbst eingebrockt! Wer mit dem Feuer spielt, darf sich vor Verbrennungen nicht wundern!"

"Wie meinst du das?"

"Naja, du gibst dich mit den Uchihas und der Hyuuga ab. Sie sind keine Menschenbluttrinker und deswegen nicht besonders beliebt unter ihres gleichen, verstehst du? Und auch wenn man sie normalerweise eigentlich in Ruhe lässt, gibt es immer wieder welche, die hier und da denken, sie mal ein wenig hm ... reizen zu müssen. Deswegen war Peji hinter dir her. Er hat dich vermutlich zufällig getroffen, aber als er deine Gedanken gelesen hat, wird er die Verbindung zu Sasuke gesehen haben. Und du bist ... naja ... das schwächste Glied der Kette, sozusagen. Also wollen sie dich verletzten, um damit die anderen zu treffen."

Sakura stöhnte. "Dann bringe ich alle in Gefahr ..."

"In erster Linie dich. Deine Freunde können sich besser wehren. Sogar Hinata, obwohl sie keine Kämpferin ist, soweit ich weiß."

"Meinst du, die anderen Vampire werden jetzt öfter angreifen?"

Temari nickte. "Ja, es geht irgendwas vor sich, sie sammeln sich. Das meinte zumindest Kakashi, aber mehr weiß er auch noch nicht. Nur das sie etwas zu suchen scheinen. Fragen über Fragen ..."

Sakura nickte. "Glaubst du wirklich ... das er ... mich auch liebt?", fragte sie leise und mit gesenkten Kopf.

Temari lachte. "Das hab ich dir doch schon gesagt! Es ist nicht zu übersehen, auch wenn ich es nicht besonders toll finde. Aber du bist meine Freundin, und ich muss eben akzeptieren wenn meine Freundin einen Blutsauger liebt!"

Sakura konnte nicht anders und musste grinsen. "Wenn man bedenkt, dass du normalerweise Vampire tötest, ist Akzeptanz schon mal ein guter Anfang!"

"Interessant", sagte plötzlich eine fremde Stimme und ließ die beiden Mädchen aufschrecken. "Du bist also die Vampirjägerin. Wie appetitlich ..."

"Wer ist da?", fragte Temari bissig und sah sich um. Sie befanden sich in einem kleinen Park und es gab genug Bäume, die gut als Versteck genutzt werden konnten. "Zeig dich!"

Eine hochgewachsene, sehr feminin aussehende männliche Gestalt erschien aus der Dunkelheit und Sakura wusste sofort, dass es nur ein Vampir sein konnte.

Was machte ein Vampir in Osaka? Warum gab es schon wieder eine Begegnung?

Doch es blieb nicht bei dem einem Vampir.

Nach und nach tauchten immer mehr auf ...

Er

Sakura traute sich kaum zu atmen. Ihr Körper bebte vor Angst und ihr Gesicht schien starr vor Entsetzen.

Sechs Vampire.

Sechs durstige Vampire standen vor ihnen, fletschten die Zähne und schnitten schreckliche Grimassen. Sie waren auf dem Sprung. Jede Sekunde würde es soweit sein.

Diesmal würde sie es nicht überleben, dachte Sakura. Sie waren in der Unterzahl, selbst wenn Sasuke noch kommen würde.

Sie würde sterben, und das letzte was sie zu Sasuke gesagt hatte, war aus kindischem Trotz gewesen. Sie hatte nicht einmal die Zeit gehabt, ihm zu sagen, wie sehr sie ihn liebte.

"Seht mal wie die Kleine zittert! Peji scheint Eindruck hinterlassen zu haben", sagte einer von ihnen.

"Lasst sie daraus, ich bin euer Gegner!", Temari stand in Angriffsstellung und fixierte jeden einzelnen der Vampire.

"Aber du bist allein und wir zu sechst. Deine Chancen sind schlecht, Jägerin!", sie lachten, als einer plötzlich einen Satz nach vorne machte und mit aufgerissenen Mund auf Temari losging.

Sakura glaubte, sie fiele in Ohnmacht. Diese Grausamkeit in dem Gesicht des Vampirs. Er würde sie töten, würde keine Gnade kennen!

Doch Temari wehrte den Angriff mit Leichtigkeit ab und verpasste dem Vampir einen Schlag in den Nacken.

Sakura wurde übel, als sie sein Genick brechen hörte ...

Der Vampir blieb auf dem Boden liegen, während Temari einen Satz nach hinten machte und sich vor Sakura stellte.

"Mach dir keine Sorgen, eine Weile kann ich sie aufhalten", flüsterte Temari.

"Eine Weile?", Sakuras Stimme zitterte und war kaum zu hören.

Temari grinste, als auch schon der Nächste auf sie losging und sie ihn nur mit Mühe von sich wegstoßen konnte. Schon hatte sie jedoch den nächsten im Rücken.

"Dreckshund!", schrie sie zornig und trat einen weiteren weg, der erst einmal K.O. ging. "Noch Vier", grinste Temari.

Jetzt war sie in ihrem Element.

Jetzt war sie Jägerin.

Ein kleiner Grauhaariger stürzte sich nun auf Sakura, doch Temari war auch diesmal schneller. Wieder ertönte ein Knacksen.

"Jetzt seit ihr nur noch zu Dritt", hauchte sie in die Dunkelheit und blieb vor Sakura stehen. "Versuch dich davon zu machen, wenn ich mit ihnen kämpfe", sagte Temari leise zu der Rosahaarigen.

Fassungslos starrte Sakura ihre Freundin an. "Nein, ich lass dich nicht alleine!"

"Sakura, sie sind wegen dir hier! Und du bist mir keine Hilfe! Wenn ich weiß, dass du in Sicherheit bist, dann ..."

Doch Temari konnte ihren Satz nicht zu Ende sprechen, denn plötzlich stand einer der Gefallenen wieder auf und stürzte sich auf die Blonde.

Sakura musste schwer schlucken, als sie den schiefen Hals sah. Temari hatte ihm doch vorhin das Genick gebrochen, warum stand er so schnell wieder? Hätte er nicht wenigstens eine Weile außer Gefecht sein müssen?

"Beweg dich jetzt nicht, Mädchen", sagte plötzlich eine drohende Stimme hinter ihr. Es war der feminin wirkende Vampir, der seine krallenartige Hand an Sakuras Hals legte.

Sakura nickte, ihr Herz klopfte wie verrückt. Ihre Angst machte sie fast ohnmächtig. Die grausamen Erinnerungen an Peji kehrten zurück, wie er ihre Hand nahm, ihren Finger ... der Schmerz, der sie durchzog. Sakuras Atmung setzte für einen Moment aus, doch sie musste versuchen sich zu beruhigen. Sie durfte keine Angst zeigen ...

Temari war mit den anderen dreien beschäftigt und sah nicht, dass hinter Sakura ein Vampir stand.

Ganz nah kam er ihr nun, seine messerscharfen Zähne waren kaum ein paar Zentimeter von ihrem Ohr entfernt.

"Hör mir gut zu, wenn du nicht willst, dass deiner Freundin etwas passiert ..."

"Temari wird euch die Köpfe abreißen!", raunzte Sakura leise, aber mit allem Mut den sie besaß.

Der Vampir lachte nur. "Ich meine nicht die Blonde ..."

Sakura rutschte das Herz in die Hose . "Hinata ...", flüsterte sie panisch. "Was habt ihr getan?"

"Sie lebt ... noch", sagte der Vampir mit rauer Stimme und strich Sakura über den Nacken, dass sie entsetzt zusammenzuckte. "Aber sie wird sterben, wenn du uns nicht das Versteck verrätst ..."

"Was für ein Versteck?", Sakura rührte sich nicht, ihre Anspannung ließ es nicht zu. Trotzdem zog sie die Braue hoch. "Ich verstehe nicht ..."

"Du kennst den Weg", sagte der Vampir ungeduldig. "Er hat es dir verraten. Deswegen konnten wir ihn nicht mehr in seinen Gedanken finden. Er hat seine Erinnerung gelöscht, als er es dir sagte. Wir haben ihn umsonst gefoltert. Aber jetzt wissen wir es besser! Du weißt es besser!"

"Was meinst du? Wer ..."

"Er war bei dir, Nacht für Nacht. Erinnerst du dich wirklich nicht?", der Vampir glitt Sakura mit seinen langen Fingern über die Schläfen und fuhr wieder hinunter zu ihrem Hals. "Er hat sich an dich erinnert ... so sind wir auf dich gekommen. Jetzt ist nicht mehr viel von ihm übrig."

"Aber ...", Sakura blieben die Worte im Hals stecken. Meinten sie Ihn? Konnten sie Ihn meinen? Was hatten sie Ihm angetan?

Dennoch wusste sie nicht, was der Vampir von ihr wollte.

"Du solltest uns lieber das Versteck verraten, sonst wird die Verräterin sterben. Auf eine Weise, wie du sie dir nicht einmal ausmalen kannst ... verstehst du, dass es ernst ist?"

"Ich kenne kein Versteck, ehrlich nicht", wisperte Sakura und Tränen der Angst liefen ihr über die Wangen.

Hinata war in Gefahr, sie würde sterben.

Und Sakura konnte sie retten, wenn sie sich nur erinnern könnte!

Aber sie konnte nicht ...

Hinata würde ihretwegen qualvoll zu Tode kommen.

"Verdammt", hörte Sakura ihn jetzt sagen. "Er ist gleich hier! Wir müssen ...", doch abrupt hielt er inne und Sakura dachte schon, er würde sie jetzt töten.

Doch dann spürte sie, wie er mit einmal zu Boden ging, leise und geräuschlos.

Sakura traute sich nicht, sich umzudrehen. Sie konnte seinen Atem hören, sie sah in Gedanken seine Augen. Zu Schlitzen verengt ... bereit zum Töten.

Temaris Gegner sprangen nach hinten, von ihr weg, doch ehe sie ihnen folgen konnte, hatte er sie schon erwischt.

Sie fielen plump zu Boden, rührten sich nicht mehr.

Diesmal würden sie nicht wieder aufstehen ...

Dann war er wieder neben ihr.

Es war vorbei.

Sakura atmete aus.

Sasuke legte einen Arm um sie, zog sie an sich und küsste ihr aufs Haar. "Es tut mir leid", flüsterte er. "Ich war wieder nicht rechtzeitig da."

Temari kam auf sie zu, sie hatte einige Schürfwunden, aber nicht ernstes. "Alles okay mit ihr?", fragte sie atemlos. Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben.

Sakura nickte, ohne einen Ton. Dann sah sie Sasuke an. Sein Blick war leer, auch wenn er sie anlächelte.

"Sie haben sie wirklich", sagte sie mit verkrampfter Stimmte. "Das kann nicht ..."

"Wen haben sie?", fragte Temari verwirrt. Sie hatte von der Unterredung nichts mitbekommen.

"Hinata. Sie haben sie entführt, als Naruto und sie auf dem Weg zur Bahn waren. Ich kam zu spät."

"Naruto, was ist mit ihm?", Sakura erschrak.

"Es geht ihm gut, keine Angst. Ihm ist nichts passiert, er ist nur ..."

Sie wussten was er war.

Man hatte ihm Hinata weggenommen.

"Wo ist er?", fragte Temari und versuchte einen klaren Kopf zu bewahren.

"Er wird uns entgegen kommen. Wir müssen zum Hotel zurück und dann weitersehen. Itachi muss kommen. Vielleicht auch deine Brüder. Es wäre besser. Es scheinen viele hier zu sein. Sie haben auf uns gewartet ..."

Temari nickte. "Ich werde sie anrufen. Wir treffen uns im Hotel."

Dann war sie verschwunden.

"Soll ich dich tragen?", fragte Sasuke, als er sich zum Gehen wandte. "Du bist blass. Er hat dir aber nichts getan, oder?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Mir geht es gut, ich kann laufen", sagte sie, ließ sich von Sasuke aber doch stützend um die Taille fassen. "Wo haben sie Hinata hingebracht?"

"Ich weiß es nicht, ich war mit ein paar anderen beschäftigt. Naruto weiß auch nicht mehr, aber sie haben ihn gesagt, dass sie Forderungen stellen werden."

"Forderungen?"

Sasuke nickte, als sie den Park verließen. "Wir sehen weiter, wenn wir im Hotel sind. Hab keine Angst, wir bekommen Hinata zurück."

Sakura hielt inne als ihr Einfiel, was der Vampir gesagt hatte. Doch als sie es Sasuke erzählen wollte, sah sie von weiten Naruto auf sie zukommen. "Es ist so furchtbar", flüsterte sie, löste sich von Sasuke und rannte voraus. "Naruto, ist alles in Ordnung mit dir?", sie fiel ihm weinend in die Arme. "Es tut mir so leid, ich ..."

"Schon gut", sagte Naruto mit einer ungewohnten Kälte.

Sakura ließ von Naruto ab und sah ihm unter Tränen in die Augen.

Glanzlose stumpfe Augen, fast wie die ihren.

"Naruto, ich ..."

"Lass es jetzt bitte, Sakura."

Sakura schluckte, schwieg aber.

Und dann lass sie es in seinem Blick.

Er wusste, weshalb man Hinata entführt hatte. Er wusste, dass sie etwas von Sakura wollten und Hinata töten würden, wenn Sakura es ihnen nicht gab.

Er wusste es, und er gab ihr die Schuld dafür ...
 

Naruto saß am Fenster in seinem Hotelzimmer und starrte ausdruckslos in die Ferne. Er zeigte keine Gefühle, schien nicht einmal nachzudenken.

Er war vollkommen leer.

Er saß da wie ein Häufchen Elend, die Beine an den Körper gezogen, den Kopf auf die Knie gelegt.

Sakura sah ihren besten Freund traurig an, als sie aus der Küche kam. Es war niemand sonst hier. Temari war bei Sasuke in der Suite.

Langsam ging sie auf ihn zu. "Bitte lass .."

"Sakura, hör auf mich aufmuntern zu wollen, oder zu sagen, wie leid es dir tut", Naruto schüttelte den Kopf. "Das hat wenig Sinn, es ist ja nicht deine Schuld."

Oh doch, es war alles ihre Schuld!

Sakura schluckte. "Du weißt doch genauso wie ich, was sie haben wollen, damit Hinata wieder frei ist!", ihre Stimme klang unruhig, aber bestimmt.

Der Blonde sah sie erschrocken an. "Was?"

"Sie wollen mich, Naruto! Sie wollen, dass ich ihnen etwas verrate!"

"Woher weißt du das?"

"Von ihnen. Sie haben es mir gesagt, als sie mich und Temari angegriffen haben. Hinata ist nur meinetwegen in Gefahr!"

Naruto schüttelte den Kopf. "Nein, das ... das ist Blödsinn, wir müssen warten ..."

"Was haben sie dir gesagt? Wohin soll ich gehen?"

Naruto schüttelte wieder den Kopf. "Hör auf zu fragen, sie haben nichts ..."

"Naruto, wir haben keine Zeit! Sag mir wohin ich gehen soll, und ich gehe! Ich sag ihnen was sie wissen wollen und komme mit Hinata zurück!"

"Das ist wahnsinnig, Sakura! Sie werden euch nicht gehen lassen! Wir müssen Sasuke ..."

"Nein!", sagte Sakura entschieden. "Sasuke darf auf keinen Fall davon wissen! Sie werden ihn töten, wenn er mitkommt, ich weiß es!"

"Woher willst du ... Sasuke ist stärker als wir alle zusammen! Und wir müssen auf Itachi und Temaris Brüder warten ..."

"Verdammt Naruto, sie wollen Hinata foltern! Sie werden nicht ewig warten!"

Das saß.

Naruto vergrub das Gesicht in den Händen und schüttelte ratlos den Kopf.

"Wo sind sie?", wiederholte Sakura leise.

Naruto sagte es, doch es war nicht mehr als ein Hauchen.

"Verrate Sasuke nicht, wohin ich bin, okay? Halte ihn auf, solange du kannst!"

"Sakura, du kannst nicht alleine gehen! Sie werden dich töten, es könnte auch eine Falle sein!"

Sakura schüttelte sanft den Kopf und legte Naruto ihre Hand auf seine. "Nein, ich weiß, dass es gut gehen wird. Aber weder Sasuke noch du dürft da auftauchen, okay? Gib mir wenigstens eine Stunde."

"Woher ...", begann Naruto und sah Sakura mit seinen großen, blauen Augen an, die voller Sorge und Traurigkeit waren.

"Es ... es hat mit dem Vampir zu tun, der damals bei mir in der Klinik war. Er hat mir etwas gesagt, und das wollen die jetzt wissen. Ich werde hingehen, es ihnen sagen, und mit Hinata zurückkommen. Du brauchst dir keine Gedanken machen, vertrau mir."

Langsam nickte Naruto. Er hatte keine Wahl, wenn er Hinata retten wollte.

Er musste Sakura vertrauen, hoffen dass sie wusste, was sie tat.

Sakura lächelte ihn kurz an, dann drehte sie sich um und verließ schnell und leise die Suite.

Vermutlich wurde sie nicht zurückkommen und es tat ihr leid, Naruto angelogen zu haben. Im Moment war er verstört und realisierte nicht wirklich, was vor sich ging. Es war ein leichtes gewesen, ihn zu manipulieren. Ihm zu sagen, wie einfach und unkompliziert alles von statten gehen würden.

Dass Hinata bald wieder bei ihm wäre.

In seinem Zustand der Leere nahm er alles hin. Sakura wusste, wie das war.

Doch Sakura wusste auch, dass nichts einfach werden würde.

Sie hatte keine Erinnerungen an das, was Er ihr damals erzählt hatte. Sie wusste nicht einmal, um was es ging.

Aber sie hatte sich an ihren schrecklichen Traum erinnert.

Naruto und Hinata, die vor ihren Augen in Flammen aufgingen.

Also hatte sie verhindert, dass Naruto ihr folgte.

Sasuke, der ebenfalls brennen würde ... sterben.

Sie hoffte, Naruto würde ihm nicht sagen, wohin sie gegangen war.

Würde Er da sein? Würde Er ihr helfen können?

Oder hatten sie Ihn gebrochen? Ihn längst zu Tode gefoltert?

Sakura rief ein Taxi, stieg ein und nannte die Adresse. Doch keine zwei Minuten später wusste sie, dass der Fahrer kein Mensch war.

Es war alles geplant gewesen.

Alles.

"Wohin fahren wir?", fragte Sakura den Vampir, der seinen Kopf nun nach hinten zu ihr drehte und verschmitzt grinste.

"Immer mit der Ruhe, Fräulein. Genießen sie die Fahrt ..."

Sakura sah aus dem Fenster und sagte nichts mehr. Jetzt lag es an ihr, ob sie Hinata irgendwie retten konnte.

Immer hatten alle sie beschützen müssen.

Jetzt musste sie versuchen, ihre Freunde zu schützen.

Aber hatte sie die Kraft dazu? Wahrscheinlich nicht ...

Bisher war sie keine Hilfe gewesen, im Gegenteil. Sie brachte alle in Gefahr.

Sie war das schwächste Glied in der Kette.

Sakura wusste, dass es vermutlich ihre letzte Fahrt durch Osaka war.

Osaka, die Stadt, in der sie geboren wurde.

Die Stadt, in der sie aufgewachsen war.

Die Stadt, in der sie sterben würde ...
 

Zehn Minuten später, nach einer rasanten Fahrt durch den Stadtverkehr, hielt der Wagen und Sakura stieg langsam aus.

Sie befand sich inmitten eines alten Fabrikgeländes, das früher zur Stromversorgung genutzt worden war. Trotzdem war es nun durch helle Scheinwerfer beleuchtet.

Niemand schien in ihrer Nähe zu sein und das Taxi war längst davon gefahren.

Sasuke würde sie hier nie finden können.

Und das war gut.

Auch wenn sie ihm gerne noch soviel gesagt hätte.

So vieles ...

Aber sie wollte nicht, dass er ihretwegen sterben würde.

Er durfte sich nicht für sie opfern.

Und genau das würde irgendwann passieren.

Er würde sie beschützen und sein Leben verlieren.

Es wäre ihre Schuld.

So wie sie auch Schuld am Tod ihrer Mutter war.

Vielleicht konnte sie so, in diesem selbstvernichtenden Versuch für ihre Schuld Buße tun. Vielleicht würde sie sich so einen Platz bei ihren Eltern verdienen.

Auch wenn es dumm war.

Und das wusste sie.

Verdammte Hoffnungen.

"Hallo Sakura", sagte plötzlich eine unbekannte Stimme wie aus dem Nichts.

Und wie aus dem Nichts stand er vor ihr.

Sakura fuhr zusammen, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen.

Sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen.

Schwäche bedeutete Angst.

Angst bedeutete in diesem Fall Tod.

"Du bist wirklich ein sehr hübscher Vertreter der Menschen. Es wundert mich nicht, dass der Bastard Gefallen an dir gefunden hat. Schade, dass er uns heute nicht Gesellschaft leisten wird."

Sakura schluckte. "Ihr werdet ihm nichts tun", es sollte wie eine Forderung klingen, aber Sakuras Stimme war so zittrig, dass es eher eine Frage war.

"Nein, wenn alles nach Plan verläuft und es keine Probleme deinerseits gibt ... dann lassen wir ihn in Ruhe, und wir werden auch Hinata frei lassen. Wir halten unser Wort."

Sakura atmete erleichtert aus. "Wo ist Hinata?"

"Es geht ihr gut, sie ist nur ohnmächtig", sagte der Fremde, der sein Gesicht hinter einer Kapuze verbarg. Er zeigte zu seiner Rechten, wo die Vampirin lag. Äußerlich hatte sie keine Verletzung.

"Warum .."

"Ein sanfter Schlag in den Nacken, mehr nicht. Mach dir um sie keine Gedanken. Wenn sie wach wird sind wir schon weg und sie wird einfach nach Hause gehen können."

Sakura nickte leicht.

Soweit so gut.

Es klang ... fair.

Wenn alles nach Plan verlief.

"Wir haben noch eine kleine Überraschung für dich", sagte der Vampir schließlich und schnippte mit den Fingern. Zwei seiner Gefolgsleute tauchten auf, zwischen ihnen schleppten sie jemanden, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

"Oh mein Gott", entfuhr es Sakura, als sie die Person erkannte.

Als sie Ihn erkannte.

Was hatten sie Ihm nur angetan?

Als sie Ihn kennengelernt hatte, da strotzte er nur vor Kraft.

Jetzt war er nur noch ein Schatten seiner selbst.

Ein alter Mann, gebrochen und gedemütigt.

Sakura konnte diese Grausamkeit kaum ertragen.

"Was habt ihr mit ihm gemacht?", krächzte sie und wollte auf ihn zu, als Er plötzlich den Kopf hob und sie zähnefletschend ansah.

"Bleib von mir weg!", schrie er geradewegs. Seine vor Wahnsinn flackernden Augen fixierten sie, sein blasses Gesicht war zu einer Fratze entstellt. Die Lippen waren nach oben gezogen und entblößten seine gelben, messerscharfen Zähne.

Instinktiv blieb Sakura stehen, ihr Körper durchfuhr ein entsetzliches Zittern. "Was ... ist mit ..."

"Was er hat? Erkennst du ihn etwa nicht wieder?", der Obervampir lachte herzhaft. "Soll ich es dir verraten?"

Sakura sah noch immer fassungslos zu Ihm, sie konnte den Blick nicht abwenden. Sie konnte sich nicht einmal mehr rühren.

Der Vampir grinste. "Er ist durstig, Sakura. Es durstet ihm nach ... dir."

"Was?"

Sakura glaubte nicht, was sie hörte. Wie konnte das sein? Wie konnte es ihm nach ihr dursten, wo er doch sooft bei ihr gewesen war, ihr beigestanden hatte.

Er hatte ihr nie etwas getan, woher der Wandel?

"Menschenblut", erklärte der Vampir nun und griff Sakura von hinten bei den Schultern. Sie wehrte sich nicht, sondern starrte weiterhin nur auf Ihn, wie er sie anstierte, sich die Lippen leckte ...

"Er hat seit Wochen nichts bekommen", flüsterte der Vampir hinter Sakura weiter. "Er stirbt, wenn er nicht bald etwas zu sich nimmt. Sein Selbsterhaltungstrieb ist stärker als sein Wunsch, dich nicht anzurühren."

"Warum tut ihr das?"

"Wir sichern uns nur ab, verstehst du? Jetzt sag uns, wo wir es finden!"

Sakura schluckte. Es war soweit. Sie hätte sich etwas mehr einfallen lassen sollen, vielleicht eine Lüge?

Doch es wäre vermutlich sofort aufgefallen, sie wusste ja nicht einmal im Ansatz, um was es ging.

"Ich versteh ... ich versteh das alles nicht!", Sakura versuchte Zeit zu schinden. "Warum ich?"

Der Obervampir seufzte und ließ von Sakura ab, um sich einige Meter entfernt auf den kalten Betonboden zu setzen. "Jetzt will sie auch noch Fragen stellen, aber mir soll es recht sein ..."

Sakura wartete. Bis jetzt lief es doch ganz gut, oder?

Oder?

"Warum also du? Hm, das ist schwer für mich zu beantworten ... weißt du, im Prinzip ist alles seine Schuld!", er zeigte auf den gefangenen, ausgetrockneten Vampir, dessen wilde Augen noch immer an Sakura klebten. "Er hat dich ausgesucht. Er war der Meinung, dir sein größtes Geheimnis anzuvertrauen. Warum? Keine Ahnung, wir haben seine Gedanken durchsucht, aber es ist nur noch Chaos. Wirres, unnützes Zeug. Er scheint all sein Wissen auf dich übertragen und somit seine meisten Erinnerung gelöscht zu haben. Es war Absicht, wenn du das jetzt fragen willst. Er tat es, weil er wusste, dass wir ihm auf der Spur waren. Er musste seine Geheimnisse irgendwo verstecken. Du schienst ihm das geeignetste Versteck gewesen zu sein", er lachte amüsiert. "Vielleicht weil du in dieser Nervenklinik warst und dir niemand geglaubt hat, wenn du von ihm erzähltest. Man hielt dich nur weiterhin für verrückt. Stimmt es nicht?"

Sakura bewegte sich nicht, sah jetzt aber den Obervampir an und versuchte Sein Zähneknirschen zu ignorieren.

"Das ist der wahrscheinlichste Grund. Er hat dich zufällig erwählt, mehr nicht."

"Und wer ist Er?", wollte Sakura nun wissen.

Ihr Gegenüber legte den Kopf schief. "Das hat er dir nicht erzählt?"

"Nein", gestand Sakura, obwohl sie es nicht mehr wirklich wusste, weil sie sich nach wie vor nicht erinnern konnte. "Über Ihn weiß ich so gut wie nichts."

"Hm ...", der Obervampir mit den rotblonden Haaren seufzte wieder. "Nun, du willst also wissen wer er ist. Aber warum auch nicht, es ist ja kein Geheimnis. Darf ich dir also Fugaku Uchiha vorstellen, das Oberhaupt des Uchihaclans, seines Zeichen Vampir, seit über 700 Jahren ..."

DAS war eine Überraschung ...

Sakura wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Wie sie das verarbeiten sollte.

War er der Vater von ...

"Er ist auch der Vater deiner Tierbluttrinker, diese Uchihabrüder. Logisch, nicht. Logisch war nur nicht, dass er noch lebt", erklärte der Rotblonde.

Sakura sah von dem Uchihavater zu dem Obervampir und zurück. In ihrem Gesicht spiegelte sich Unverständnis.

Der Rotblonde stöhnte, offensichtlich war er genervt. "Sie haben dir auch gar nichts erzählt, oder? Aber das ist ein gutes Zeichen, das heißt, dass sie überhaupt nichts davon wussten, dass du ihrem Vater begegnet bist."

Sakura wollte etwas erwidern, doch der Vampir hob die Hand. "Lass mich das kurz zusammenfassend aufklären. Für den Fall, dass wir dich töten werden, sollst du ja nicht dumm sterben. Also, wo fang ich an ...", er überlegte kurz, dann stand er behende auf und lief um Sakura herum. "Früher, also sehr viel früher, gab es zwei nun ... zwei Hauptclane unter den Vampiren. Uchiha und Hyuuga. Bis auf den Tod verfeindet, wenn du verstehst", er lachte heiter. "Der Grund ist ganz einfach. Die Uchiha tranken kein Menschenblut, und kein normaler Vampir konnte das verstehen. Am Anfang hielt man sie einfach nur für Spinner, aber der Clan wurde größer, mehr Vampire schlossen sich ihnen an ... sie wurden eine Bedrohung, sie wurden gefährlich."

"Warum?", hauchte Sakura leise.

"Weil sie so viele waren. Und alle hatten etwas dagegen, Menschen zu töten. Man hatte Angst vor ihnen. Also kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Mal starben dort ein paar, mal auf der anderen Seite. Aber wie auch immer ... man lebte trotzdem irgendwie nebeneinander, bis ...", der Rotblonde seufzte resigniert und sah Fugaku Uchiha an. "Bis er einen Fehler machte. Er war das damalige Oberhaupt. Und was tat er? Er verliebte sich tatsächlich in einen Menschen. Und als wäre das nicht genug, bekamen sie einen Sohn. Itachi, falls du es genau wissen willst."

Bei dem Namen des Älteren Uchihabruders sah der Gefangene gequält auf, sagte aber keinen Ton.

Sakura fragte sich, ob er noch bei Verstand war ...

"Naja, und als hätte er nun nicht schon genug angerichtet, bekam die Frau noch ein weiteres Kind von ihm. Aber zur gleichen Zeit wurde der Clan bereits angegriffen, man hatte nicht mehr zusehen können, wie sie die Vampire in den Dreck zogen. Man tötete die Frau, kurz nachdem sie ihren zweiten Sohn geboren hatte", der Obervampir lachte kopfschüttelnd. "Dann war ganz schön was los, das kannst du glauben! Und am Ende waren nur noch seine beiden Söhne und eine Handvoll Vampire des Uchihaclans übrig. Allerdings sah es bei den Hyuuga kaum anders aus. Sie hatten sich gegenseitig vernichtet, kann man sagen."

Sakura stand bewegungslos da und starrte auf den Boden. Leise Tränen rannen ihr über das Gesicht, als sie die Geschichte hörte.

Diese grausame Geschichte über Tod und noch mehr Tod.

Sie war geschockt, anders konnte sie es nicht sagen.

Erschüttert bis ins Mark.

Und trotzdem beschlich sie ein seltsames Gefühl.

Langsam hob sie ihren Kopf, sah in die gierigen Augen des Gefangen. Des Oberhauptes der Uchiha. Sasuke und Itachis Vater.

Und dann wusste sie es. Er hatte es ihr erzählt.

Damals in den unendlichen schlaflosen Nächten ...

Er hatte ihr die Geschichte der Clane erzählt. Der Hyuuga und der Uchiha.

Ihr erzählt, was vor über zweihundert Jahren geschehen war.

Das dunkle in ihren Gedanken verschwand und machte einem ungewöhnlichen Licht platz.

Die Verwirrung ihrer Gedanken löste sich auf.

Machte platz für die Wahrheit.

"Naja", begann nun der Obervampir, ohne auf Sakura zu achten. "Er hat auch überlebt, aber das wussten die wenigen. Die Hyuuga bekamen ihn in die Finger, er war sehr geschwächt. Also sperrte man ihn ein, in eine Art Gefängnis, aus der er nicht entkommen konnte. Und man dachte eigentlich auch, dass er dort langsam verhungern würde ... aber er schaffte es, irgendwie ... und zweihundert Jahre später tauchte er wieder auf. Bei dir. Und noch bevor wir ihn erwischen konnten, da hat er sein Gedächtnis ausgelöscht. Und dabei brauchen wir es nun so dringend ..."

Sakura zuckte zusammen, als sich der Vampir ihr näherte. Verheißungsvoll sah er sie an.

"Vor einigen Jahrzehnten fanden wir eine Schriftrolle, und in ihr ist die Rede von einem nun ... Schatz, dass das Oberhaupt der Uchiha hütete. Eine Waffe ... eine grausame, schöne Waffe, die uns Allmächtigkeit geben kann. Mein Herr möchte diese Waffe unbedingt. Aber als wir ihn endlich fanden, da war es schon zu spät. Er hatte es vorausgesehen. Er hatte gewusst, dass wir das Geheimnis aus ihn herauspressen würden."

Sakura riss ihre Augen auf. All die Erinnerungen an die Erzählungen des Uchihas waren zurück.

Und nun war es gewiss.

Sie würde sterben.

Sie würde sterben, denn sie durfte das Geheimnis nicht verraten.

Es war mehr Wert als ihr dummes, erbärmliches Leben.

"Jetzt bist du dran, die Geschichte weiterzuerzählen", sagte der Rotblonde und trat wieder hinter Sakura. Er schloss die Augen und strich ihr über den Rücken. "Du riechst wirklich sehr appetitlich, also zieh es nicht in die Länge. Ich verliere bald die Beherrschung."

Sakuras Angst nahm ungeahnte Ausmaße an, aber sie wusste, dass sie sich jetzt keinen Fehler erlauben durfte. "Ich glaube ... nicht, dass ich dir weiterhelfen kann. Ich kenne die Geschichte bis zu diesem Punkt, aber nicht weiter. Von einem Geheimnis weiß ich nichts!"

Plötzlich hörte Sakura hinter sich ein gefährliches Zischen, und im nächsten Moment lag sie auch schon auf dem Boden.

"Dummes Menschenweib, ich weiß dass du lügst!", rief der Obervampir voller Zorn und mit erschreckend heftiger Stimme. Er umkreiste sie und fletschte seine Zähne, wie ein Raubtier, dass seine Beute fixierte. "Rede, oder du wirst sterben!"

"Ich weiß nichts!", rief Sakura ebenso laut zurück, die Tränen rannen nun ungehindert. Sie sah ihrem Tod in die Augen, dass wusste sie.

Oh Sasuke ...

"Deine letzte Chance, sonst wird er dich zerstückeln!", er deutete auf Fugaku Uchiha, der bei Sakuras Anblick aufbrüllte und sich an den Kopf fasste. Doch der Hunger war größer, dass wusste Sakura.

Er würde sie töten, selbst wenn er es nicht wollte.

Sie hatte keine Chance mehr.

Es hatte nie eine gegeben.

Verdammte Hoffnungen ...

Sakura lächelte leicht, ehe sie den Kopf schüttelte.

Und dann ging alles ganz schnell.

Fugaku Uchiha befreite sich seiner Ketten, die Augen nicht größer als Schlitzen, die ausgezerrten Muskeln angespannt.

Er stürzte sich auf Sakura, während der Obervampir nur amüsiert zusah und auf das Ende wartete.

Wenn sie nichts wusste war sie nutzlos.

Und nutzlos bedeutete tot.

Sollte sie aber etwas gewusst haben, würde sich Fugaku Uchiha mit ihrem Tod wieder erinnern.

Und dann konnte man es aus ihm herauspressen ...

Sakura entfuhr ein schmerzhafter Laut, als Fugaku auf sie sprang und mit seinen Händen ihre Kehle zuschnürte. Trotz allem versuchte sie sich zu wehren.

Sinnlos gegen die übermenschlichen Kräfte eines Vampirs, so ausgemergelt er auch war.

Sie griff seine Hände, rang nach Luft, doch nichts geschah.

Dann sah sie seine Augen.

Nicht Fugakus, sondern die von Sasuke.

"Sag Sasuke, dass ich ...", Sakura musste innehalten, denn langsam bekam sie keine Luft mehr und die messerscharfen Zähne kamen ihrem Hals immer näher. "Dass ich ... ihn liebe. Dass ich ... deinen Sohn liebe ..."

Und dann kam alles anders, als der rotblonde Obervampir erwartet hatte.

Die verschleierten Augen Fugakus klärten sich, als erwache er aus einer Hypnose. In Sekundenschnelle ließ er von Sakura ab und stürzte sich brüllend auf den anderen Vampir und seine Gefolgsleute.

Ein Kampf entbrannte, den Sakura mit ihrem menschlichen Auge kaum folgen konnte ...

Doch dann flog der Uchiha direkt in die Betonwände einer Lagerhalle, die daraufhin ins Wanken geriet und einstürzte. Herabfallende Gesteinsbrocken fielen auf einige Scheinwerfer und es wurde dunkler.

Sakura konnte den Blick kaum abwenden, raffte sich dann aber auf alle Viere und kroch zu Hinata, die noch immer Bewusstlos auf dem Boden lag.

"Hinata!", schrie Sakura nun krächzend. "Hinata wach auf, bitte!" ihre Stimme klang schrill und unbeherrscht. So sehr sie wagte schüttelte sie ihre Freundin, als diese endlich die Augen öffnete. "Oh Gott, du bist wach!", Sakura fiel der Hyuuga um den Hals und weinte bittere Tränen der Erleichterung, als neben ihr ein Steinwall zusammenbrach.

Wieder war ein Vampir durch die Gegen geschleudert worden und nah bei den beiden Mädchen aufgekommen.

Hinata sah Sakura erschrocken an, begriff aber sofort die Situation und sprang auf die Beine, wobei sie Sakura mit hochzog.

"Bist du okay?", fragte Hinata hastig und sah sich um. "Wo sind die anderen?"

Doch Sakura schüttelte entschuldigend den Kopf.

"Du bist alleine gekommen?", Hinatas Stimme nahm einen panischen Unterton an, doch sie behielt den Kopf. "Das ist Fugaku, der kämpft oder?"

Sakura nickte verwirrt. Woher wusste Hinata ...

"Ich habe ihn kurz kennengelernt, bevor sie mich K.O. geschlagen haben", erklärte sie kurz. "Kämpft er für uns? Er sollte dich töten!"

Sakura sagte nichts, sondern versuchte den Schmerz zu ignorieren, der von ihrem Knöchel ausging. Hoffentlich war er nur verstaucht ...

Hinata schüttelte den Kopf. "Wir müssen hier sofort weg. Sasuke kann uns hier nicht finden, wir sind hier abgeschirmt!", Hinatas Stimme überschlug sich beinah.

"Was meinst du?", fragte Sakura irritiert, als sie einer neuen Erschütterung standhalten mussten.

"Durch die Elektrizität hier, durch das Kraftwerk!", erklärte Hinata, während sie Sakura versuchte mit sich zu ziehen. "Sasuke kann unsere Gefühle nicht spüren, es stört seine Sinne. Er kann uns hier nicht finden!"

"Ich kann nicht gehen, ich kann ihn nicht alleine lassen! Sie töten ihn!"

"Aber du kannst ihm nicht helfen, dass ...", Hinata und Sakura wurden von der nächsten Erschütterungswelle umgerissen.

Hastig rappelte sich die Hyuuga auf. "Sakura?", schrie sie panisch, als sie die Rosahaarige nicht neben sich fand.

"Jetzt ist Schluss!", sagte plötzlich der Obervampir, der nun Sakura in seiner Gewalt hatte. Er stand einige Meter von ihnen entfernt und hielt Sakura wie ein Schutzschild vor sich.

Hinata riss schockiert die Augen auf, dann sah sie den Uchihavater neben sich. Seine Augen waren rot vor Zorn, sein Ausdruck im Gesicht entstellte sein ehemals gütiges, schönes Gesicht. Blanker Hass lag darin.

Hass und Wahnsinn.

Längst war er nicht mehr das Oberhaupt, dass er einst gewesen war.

Er war nur noch eine Hülle, die sich aus irgendeinen Grund entschieden hatte, Sakura nicht zu töten, sondern ihr zu helfen.

Aber er würde den Rotblo9nden angreifen, ohne Rücksicht auf Verluste ...

Das wusste auch Sakura in diesem Moment.

Gegen jegliche Vernunft hatte sie länger gelebt, als sie es je geglaubt hätte.

Nun war es vorbei, es gab keine Hilfe mehr, keine Rettung.

Sie schloss die Augen und ein sanftes Lächeln erschien auf ihrem blutigen Gesicht. Sie hatte einiges abbekommen, doch das machte ihr nun nichts mehr.

Zufrieden dachte sie an ihre erste Begegnung mit Sasuke.

Wie er ihr geholfen hatte, immer und immer wieder.

Jetzt wusste sie auch, warum er ihre Gedanken verstanden hatte.

Es war eine Gabe, die sie von Fugaku Uchiha bekommen hatte. Als Dank, dafür dass sie nun die Hüterin des Geheimnisses war.

Es war nicht schade, dass es nun mit ihr untergehen würde.

Es war vielleicht das einzig richtige.

Sakura rief sich Sasukes lachen ins Gedanken. Dachte daran, wie erschreckend und sanft zugleich er gewesen war.

Dann sagte sie ihre letzten Worte, nicht laut, aber so, dass er sie hören konnte.

Sie waren nur für ihn bestimmt.

Endlich konnte sie es ihm sagen.

Und er würde es wissen.

Sie würde nicht sterben, ohne es ihn wenigstens einmal sagen zu können.

"Ich liebe dich, Sasuke Uchiha ... Leb wohl."

Dann griff Fugaku mit seiner letzten Kraft an.

Und nur Hinatas panischen Schrei war zu hören ...

Daheim

Wie von einem Peitschenhieb getroffen schoss Sakura nach oben, schweißgebadet und mit weit aufgerissen Augen. Der Schrecken lag in ihrem Gesicht.

Ein Alptraum. Was für ein Alptraum!

Hinata war entführt worden und sie hatte auf eigene Faust versucht, ihr zu helfen.

Sie hatte Ihn wieder getroffen, das ausgemergelte Oberhaupt der Uchiha.

Er hatte sie irgendwie retten wollen, doch er war nur noch eine Hülle gewesen, ohne Verstand.

Und sie hatte all ihre Erinnerungen zurück, konnte sich an jedes noch so kleine Detail erinnern.

Eine grausame, einschüchternde Erinnerung.

Dann hatte sie dieser Obervampir in die Finger bekommen und der Uchihavater setzte zum Sprung an, bereit sie mit in den Tod zu reißen.

In Gedanken hatte sie sich von Sasuke verabschiedet.

Hinata hatte geschrien und dann ...

Alles dunkel.

Um Sakura war alles dunkel geworden.

Sie hatte nichts mehr gespürt, nicht mehr wahrgenommen.

War sie vielleicht sogar tot? War es gar kein Traum gewesen?

Sakuras Herz begann zu rasen, ihr Atem wurde schneller, als sie über diese Möglichkeit nachdachte.

Erst jetzt ließ sie ihren Blick durch das Zimmer schweifen, in dem sie lag.

Es war das Schlafzimmer ihrer Suite, die sie mit Sasuke teilte. Die Vorhänge waren zugezogen, doch es schien als graute der Tag an.

Die Hölle konnte so kaum aussehen, oder?

Oder hatte man sie doch in den Himmel geschickt?

Unwahrscheinlich.

Vor allem, da plötzlich niemand anderes als Sasuke vor ihr stand!

"Oh Gott!", rief Sakura erschrocken und wäre beinah aus dem Bett gestürzt, hätte Sasuke sie nicht gegriffen und im nächsten Moment an seine Brust gezogen.

"Du bist so dumm!", sagte er, während er Sakura fest an sich drückte und ihr durchs Haar fuhr. "Du hättest sterben können! Mehr als sonst!"

Sakura zuckte zusammen.

Sie war nicht tot.

Es war kein Traum gewesen.

Aber sie lebte und war hier, bei ihm!

"Ich ... was ist passiert, ich erinnere mich nicht ... ich ..."

Sasuke streichelte Sakura beruhigend über den Rücken. "Es ist alles in Ordnung."

"Was ist mit Hinata?", Sakura schluckte ihre Panik hinunter, die aufzukommen drohte.

"Es geht ihr gut, sie sitzt im Wohnzimmer."

Sakura fiel ein Stein vom Herzen. "Und Naruto und Temari?"

"Den geht es bestens. Sie schlafen vermutlich noch nebenan. Sie belagern seit gestern unser Wohnzimmer und warten darauf, dass du aufwachst. Obwohl Naruto Glück hatte."

"Was? Warum, was ist ..."

"Ich war ziemlich ... sauer, das er dich hat gehen lassen! Aber ich konnte mich ... nun ... beherrschen."

Sakura sah auf ihre Hände, die gegen Sasukes Brust lehnten. "Es war nicht seine Schuld, ich hätte ..."

"Oh ja, du hättest nicht auf so eine selbstmörderische Idee kommen müssen!", er klang leicht gereizt.

Als er mit Temari zu Naruto gegangen war und Sakura nicht dort war ... und als Naruto ihn dann auch noch versuchte anzulügen, was die Rosahaarige betraf, da hatte er ihn am Hals gepackt und voller Zorn gegen die Zimmerwand gedrückt, bis Naruto wieder bei Verstand war.

Es hatte geholfen, auch wenn der Uzumaki eine dicke Beule davontragen musste.

"Es tut mir leid ...", flüsterte Sakura, die Sasukes Anspannung spürte. "Ich habe angst gehabt, dass dir ... ich wollte dich nicht in Gefahr bringen! Und dass sie Hinata entführt hatten war alleine meine Schuld, und ..."

"Sakura hör auf!", Sasuke sah die Rosahaarige streng an. "Nichts war deine Schuld! Wenn jemand schuld hat, dann er!"

Er?

Erst jetzt begriff Sakura, dass der Uchihavater auch Realität gewesen war. "Was ... was ist mit ihm, wo ist er?"

"Der Rotblonde hat ihn mitgenommen. Aber ich glaube nicht, dass er seine Verletzungen überstehen wird."

"Sie leben?", Sakura war überrascht und schockiert zugleich. "Was ist überhaupt passiert? Wieso lebe ich noch?"

Sasuke lachte leise. "Weil du mehr Glück als Verstand hast!"

Sakura sah Sasuke unverständlich an.

Sasukes Lachen verstarb augenblicklich, als er weiter sprach. "Ich war sehr wütend, als du der Meinung warst, dich von mir verabschieden zu müssen", sagte er ernst. "Aber dadurch habe ich begriffen, warum wir euch nicht finden konnten. Du hast ... mich sozusagen durch deine Augen blicken lassen, wenn auch nur sehr kurz und sicherlich nicht mit Absicht. Aber das genügte. Ich hatte genug gesehen."

"Du meinst das Fabrikgelände von dem Kraftwerk? Hinata meinte auch, dass ihr dadurch eure Sinne nicht Richtig benutzen könnt. Also das Aufspüren von Gefühlen. Wie konntest du uns dann doch finden? Hast du gewusst, wo es war?"

Sasuke nickte. "Temari und ich waren nicht weit. Und wir hörten den Krawall. Wären wir weiter entfernt gewesen, wärst du jetzt tatsächlich ...", er schluckte kaum merklich.

Der Gedanke ließ ihn keine Ruhe.

Eine Sekunde später und Sakura wäre von ihm zerstückelt worden.

Es lag nur eine einzige Sekunde zwischen ihrem Leben und dem Tod.

Der Gedanke war unvorstellbar grausam.

Sasuke schüttelte den Kopf und schloss die Augen.

"Du hast mich gerettet?", wisperte Sakura leise, obwohl sie die Antwort kannte.

"Natürlich, und ganz gegen deine Vorahnungen lebe ich noch!"

Sakuras Augen weiteten sich entsetzt. "Hast du ihn ... verletzt?", fragte sie fast panisch. Der Gedanke, Sasuke hätte seinen eigenen Vater wegen ihr fast getötet, ließ sie erzittern. Wusste er überhaupt, wer er war? Würde er sie hassen, wenn er es erfuhr? Weil sie ihn dazu genötigt hatte, seinen Vater anzugreifen?

Sasuke nickte leicht. "Aber ich habe ihn nicht getötet ... ich konnte nicht", sagte er voller Reue.

"Was? Dann wusstest du, dass er ..."

"Es war unschwer zu erraten."

Sakura bebte mittlerweile, so grausam, so unwahr kam ihr alles vor.

"Aber dann ... du hast ihn verletzt, deinen Vater ..."

"Er wollte dich töten. Ich hätte ihn töten müssen."

Gott des Wahnsinns!

Sakura sah Sasuke entgeistert an. Er hätte seinen Vater ihretwegen ...

Das ging nicht!

"Er konnte doch nichts ...", setzte sich an, doch ihre Stimme erstickte unter den aufkommenden Tränen.

"Er wollte dich töten, Sakura! Auch wenn er mein Vater ist, oder war, ich habe nie eine Bindung zu ihm gehabt. Aber ich habe eine Bindung zu dir ..."

Sakura blickte verstört zu den Schwarzhaarigen, der sie sanft in die Arme nahm.

"Du bedeutest mir mehr als jeder andere, Sakura! Für dich würde ich sterben, wenn es sein muss. Und für dich würde ich auch gegen meinen Vater kämpfen. Daran kannst du nichts ändern! Ihn habe ich nie gekannt, aber dich. Und ohne dich kann ich nicht mehr sein."

Sakura glaubte nicht, was Sasuke ihr gerade sagte. Es war wie ein Traum und wie ein Alptraum zugleich. Trotzdem konnte sie im Moment nichts erwidern, zusehr bewegten sie seine Worten.

Etliche Minuten vergingen, in denen beide nur schweigend Arm im Arm dasaßen. Nur Sakuras leises Schluchzen war zu hören, sonst nichts.

"Du solltest noch ein wenig schlafen", sagte Sasuke schließlich und wollte sich von Sakura lösen, doch die Rosahaarige klammerte sich fast verzweifelt an den jüngsten Uchiha.

"Geh bitte nicht weg", flüsterte sie ängstlich.

Sasuke nickte langsam. "Nein, ich bleibe hier, okay?"

Er lehnte sich mit Sakura zurück und hielt sie dabei immer noch an sich gedrückt.

"Wir reisen heute Abend noch ab", sagte er leise.

"Heute schon?"

"Ja, es ist zu gefährlich. Itachi glaubt zwar, sie werden sich eine Weile zurückziehen, aber dann könnten wir vermutlich wieder mit einem Angriff rechnen ..."

"Wieder?", Sakura zitterte unwillkürlich.

"Hab keine Angst, ich lass dich nicht mehr aus den Augen, oder auf deine Schnapsideen kommen", er glitt ihr beruhigend übers Haar und grinste aufmunternd.

"Es tut ..."

"Hör auf dich zu entschuldigen. Du wolltest nur helfen, dass allein zählt! Und du hast Hinata vermutlich das Leben gerettet. Trotzdem ...", er schüttelte den Kopf und sah Sakura eindringlich an. "Mach das nicht noch mal! Wäre ich nicht schon tot, ich wäre gestern Nacht vor Angst gestorben!", er seufzte schwer, dann schloss er erneuert die Augen. "Und als du dich ... als du Lebe wohl gesagt hast ..."

Sakura hatte das Bedürfnis, sich zu verkriechen. Sie hatte ihm nicht wehtun wollen. Sie hatte ihn in erster Linie schützen wollen, ohne an die Konsequenzen zu denken.

Wenn sie sterben würde, dass er dann ebenso leiden würde, als wäre es anders herum.

"Ich ...", begann Sakura, hielt dann jedoch inne. Sie wollte sich wieder entschuldigen. Er würde es nicht hören wollen. Aber war hier eine Entschuldigung nicht angebracht?

"Schlaf ein wenig, Sakura. Lange werden sie da draußen nicht mehr warten können und vermutlich einfach ins Schlafzimmer stürmen."

Sakura nickte. Sie hatte noch so viele Fragen, aber vermutlich würde sie im Moment sowieso nicht mehr all zuviel aufnehmen können. Also kuschelte sie sich an den schwarzhaarigen Vampir und schlief keine Minute später auch schon ein.
 

Etliche Stunden verbrachte Sakura noch in einem traumlosen Schlaf, bis sie wieder erwachte und Sasuke immer noch neben sich vorfand.

"Hab ich dich geweckt?", fragte er amüsiert über ihre zersausten Haare und ihrem verschlafenen Gesicht.

Sakura schüttelte gähnend den Kopf, als auch schon die Tür aufgerissen wurde.

"Ha, wusste ich es doch! Sie ist wach!", rief Temari und stand keine Sekunde später an dem Doppelbett, dass sich Sasuke und Sakura teilten. "Du hast ewig gepennt!"

"Sorry", sagte Sakura nach alter Manier und spürte dabei, wie Sasuke sie los ließ und aufstand. Doch schon im nächsten Moment drückte Temari sie an sich, mit Tränen der Erleichterung in den Augen.

"Gott, ich hab mir solche Sorgen gemacht! Du bist so eine dumme Nuss, auf eigene Faust zu gehen!", sprudelte es aus ihr hervor.

"Ja, ich hab schon eine Predigt bekommen", lächelte Sakura leicht.

"Zu Recht!"

Sakura grinste und als Temari sie endlich aus der Umarmung entließ, seufzte sie und stand mit wackligen Beinen auf.

"Vielleicht solltest du noch liegen bleiben?", meinte Temari fürsorglich und hielt Sakura am Ellbogen fest, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.

"Ach was, geht schon. Ich hab vermutlich zuviel gelegen, daran wirds liegen."

"Ja, ganz sicher!", höhnte Temari grinsend.

"Wie spät ist es?"

"Fast drei Uhr Nachmittags."

"Und wann geht der Flug?"

"In zwei Stunden", überlegte die Blonde und nickte. "Ja, um fünf startet die Maschine.

"Was?", Sakura erschrak. "Wie soll ich so schnell packen? Ihr hättet mich wecken müssen!"

"Es ist alles fertig. Du musst dich nur noch anziehen und dann können wir los", sagte Sasuke, der die Rosahaarige nicht aus dem Augen ließ.

Erst jetzt fiel Sakura auf, dass sie ihre Nachtwäsche trug. Sie hoffte inständig, dass Temari oder Hinata sie da hinein gezwängt hatten ...

"Na los, ich helf dir ins Bad", seufzte Temari nun.

Sakura nickte, obwohl sie wirklich keine Hilfe wollte. Aber Temari war in dem Punkt genauso stur wie Sasuke.

Sie ließ sich ins Wohnzimmer helfen, darauf achtend wo sie hintrat. Als sie jedoch den Kopf hob, wurde sie sofort rot um die Nase. Nicht nur Naruto und Hinata warteten dort, sondern noch ein altbekannter, breitgrinsender Itachi.

"Ähm ...", Sakura schluckte schwer. Dass sie vor Itachi in ihren Schlafsachen auftauchte trug nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden bei.

Doch ehe sie sich versah, war es Naruto, der sie ungeschickt in den Arm nahm und nun ein Sturzbach an Tränen weinte.

Unter seinen Schluchzern hörte Sakura seine ewigen Entschuldigungen, dass er nicht er selbst gewesen und hirnlos war. Und das er es verdiente, wenn sie nicht mehr mit ihm befreundet sein wollte.

"Naruto, red doch keinen Schwachfug!", gab Sakura ärgerlich zurück. "Natürlich will ich mit dir befreundet sein! Es ist dumm was du da sagst! Und es ist doch alles gut gegangen, also hör auf dir Vorwürfe zu machen, die du dir überhaupt nicht machen brauchst!"

Naruto wimmerte und nickte leicht, als er sie endlich losließ.

"Alles ist gut gegangen, also wirklich Prinzesschen!", Itachi schüttelte den Kopf, grinste aber. "Da lässt man dich mal mit den anderen Urlaub machen und schon stellst du solchen Unfug an. Wirklich, eine 1a Leistung", er fuhr ihr wuschelnd durch die Haare und lachte bei ihrem empörten Anblick.

Sakura stöhnte nur genervt und strich sich die Haare glatt, als sie schon die nächste in den Arm nahm. Doch diesmal gab sie die Umarmung zurück. "Ich bin froh, dass du okay bist", flüsterte Sakura.

Hinata schüttelte lächelnd den Kopf. "Und ich erst, dass du okay bist! Danke Sakura!"

"Ich hab zu danken, dass mein Knöchel nicht dick ist verdanke ich wohl dir!"

Hinata lachte leise. "Der Knöchel und die Platzwunde ..."

"Oh."

Danach verzog sich Sakura ins Bad und beteuerte, dass sie nun wirklich keine Hilfe mehr bräuchte. Sie zog sich ihre Nachtwäsche aus und stellte sich unter die wärmende Dusche. Wohltuend ließ sie die Tropfen auf sich niederrieseln, darauf bedacht nicht zu denken.

Denn es gab viel, über das sie nachdenken würde.

Was aus Ihm, dem Oberhaupt der Uchiha geworden war.

Wann der nächste Angriff stattfinden würde.

Ob es irgendwann aufhörte.

Und was es mit dieser gefährlichen Waffe auf sich hatte, nach der die Hyuugamitglieder suchten.

Sie wusste zwar nun, wo sie sich befand, und natürlich, dass sie gefährlich war, aber nicht wirklich, worum es sich handelte und was sie tun konnte.

Das musste sie rausfinden, die Frage war nur wie.

Und wie sie ihre Gedanken vor Vampiren wie Peji schützen konnte, die in die Gedanken eindringen konnten.

Die Frage war, ob sich das nur auf die jetzigen Gedanken bezog, oder auch auf Erinnerungen.

Das hieße dann, dass wenn sie in dem Moment nicht an das Versteck dachte, würden andere es nicht herausbekommen.

Gut zu wissen.

Wenn es denn auch so war ...
 

Der Flug zurück nach Okinawa Honto verlief reibungslos und Sakura war erleichtert, als sie endlich zu Hause in ihrer Wohnung war.

Ihrer kleinen, schäbigen Wohnung ...

"Ah, ich hätte vorher aufräumen sollen", maulte sie, als sie ins Wohnzimmer ging und das Chaos dort vorfand, dass sie vor einigen Tagen noch ansehnlich gefunden hatte.

Aber nachdem sie in einer Suite gewohnt und dort ein Putzteam für Ordnung gesorgt hatte, da kam es ihr bei ihr zu Hause doch etwas unaufgeräumt vor.

"Vielleicht sollte ich mir von deinem Geld eine Putzfrau nehmen", witzelte Sakura, als sie sich neben Sasuke auf die Couch fallen ließ.

"Das wäre keine abwegige Idee", sagte der Uchiha ernst.

Sakura zog die Braue hoch. "Das war nur ein Scherz!"

"Es ist aber wirklich keine schlechte Idee. Etwas mehr Ordnung würde der Wohnung nicht schaden und du hättest weniger Arbeit und mehr Zeit für die Uni."

"Jetzt hör aber mal, als wenn ich das nicht packen würde! Und jetzt ist meine Hand auch wieder fit, dank Hinata brauch ich nicht mal ne Physiotherapie! Ich werd putzen wie der Teufel!"

Nun war es Sasuke, der ungläubig die Braue hochzog, sich aber ein Kommentar sparte. "Du hast Post", meinte er stattdessen und deutete auf die Briefe, die Sakura vorhin achtlos auf den Tisch geworfen hatte.

Die junge Frau seufzte. "Das sind bestimmt nur Rechnungen", knurrte sie, sah aber einmal durch. "Oh", machte sie, als sie einen Brief von den Behörden entdeckte. "Na toll, was wollen die jetzt?"

Missmutig öffnete sie den Brief und las ihn kurz durch.

"Sie wollen dich also überprüfen lassen", meinte Sasuke, der einen kurzen Blick auf das Geschriebene geworfen hatte.

"Sag mal, liest du jetzt schon meine Post", beschwerte sich Sakura halbherzig. "Nächste Woche Freitag. Na ein ganz toller Termin. Wie ich das hasse!"

"Warum wollen die dich kontrollieren, wenn du doch diesen Sakamoto hast?"

Sakura stöhnte. "Den muss ich ja auch noch anrufen, dass ich zurück bin", sie seufzte resigniert. "Ach das machen die alle jubel Monate mal, dass ist eher ne Kontrolle von Sakamoto. Ob er die Sache richtig angeht."

Sasuke nickte. "Verstehe. Können die dich zwingen, dass du umziehst?"

"Nein, nur wenn ich mich ... hm, sehr uneinsichtig gebe, glaub ich. Ansonsten bin ich ein freier Mensch, es sei denn Sakamoto ist anderer Meinung."

"Und wenn du von dir aus umziehen wolltest?"

"Warum sollte ich? Ich bin hier ganz zufrieden."

"Nur mal angenommen ..."

Sakura überlegte. "Naja, keine Ahnung. Ich müsste eventuell nen neuen Bewährungshelfer kriegen. Vielleicht ginge es auch ohne. Ich weiß es nicht. Aber warum fragst du sowas? Willst du mich loswerden?"

Sasuke sah ehrlich schockiert aus. "Warum sollte ich das wollen?"

Sakura knurrte. "Sag mal! Also warum fragst du?"

"Weil Itachi und ich überlegt haben, dass wir umziehen sollten. Vielleicht nach Hokkaido."

Nun sah Sakura schockiert aus. "Ihr wollt weg?"

Sasuke grinste. "Doch nicht ohne dich, du Dummerchen. Wir alle. Hinata, Naruto. Aber bisher haben wir noch nicht darüber gesprochen. Es wäre jedoch eine Sicherheitsmaßnahme, die man überdenken sollte."

"Würden sie uns dort nicht finden?"

"Doch, das schon. Aber nicht so schnell wie hier."

"Es würde die Sache also nur in die Länge ziehen?"

"Es würde uns Zeit verschaffen", korrigierte Sasuke.

"Hm", machte Sakura nachdenklich. "Aber was ist mit meinem Studium? Und mit deinem und den der anderen?"

"Nur du und Naruto seit in dem Punkt wichtig. Auf Hokkaido gibt es viele Universitäten, wir müssen nur eine finden, die eure Fächer anbietet. Hinata und ich würden uns dort mit eintragen. Oder ich such mir mal wieder einen Job, mal schauen. Dann verdien ich uns unser Brot", Sasuke grinste amüsiert. Der Gedanke schien ihm zu gefallen.

"Unser Brot?"

"Natürlich. Oder stört es dich auch, wenn das Geld Monat für Monat ran kommt, anstatt es schon auf dem Konto zu haben?"

"Darum geht doch nicht", murrte Sakura. "Sondern darum, dass ich das Geld doch selbst verdienen möchte, dass ich ausgebe. Ich will keine Almosen. Ich hab auch meinen Stolz, irgendwo. Vielleicht sollte ich mir auch noch einen Job suchen ... Das wäre auch keine schlechte Idee, wenn ich nach der Uni ein paar Yen dazu verdiene", überlegte Sakura.

"Das ist quatsch, nach der Uni noch arbeiten zu wollen. Und außerdem sind das keine Almosen, wenn du mich dir etwas bezahlen lässt", Sasuke schüttelte regelrecht beleidigt den Kopf. "Du hast manchmal seltsame Ansichten."

Sakura seufzte. Das Sasuke sie in diesem Punkt nicht verstand wurmte sie. Warum war es so schwer? Sie musste schon vom Staat Geld annehmen, damit sie sich eine Wohnung leisten konnte, aber Sasuke auf der Tasche liegen? Sie wäre noch abhängiger, als sie ohnehin schon war!

"Lass uns einandermal darüber reden, ja?", schlug sie vor.

Sasuke nickte.

Dann musste er sie eben nächstes mal davon überzeugen.

Und wieder eine neue Stadt

Eigentlich hatte sich Sakura auf einen warmen Winter in Naha gefreut, aber kurz nachdem sie wieder in Naha gewesen waren, wurde ihr dieser Traum genommen.

Sie würde umziehen. Zusammen mit ihren ganzen Freunden: Temari, Hinata, Naruto, Itachi und selbstverständlich Sasuke.

Wohin?

Hokkaido.

Dort, wo Japan seinen kältesten Winter hat ...

Während Naha und im allgemeinen Okinawa Honto in der subtropischen Klimazone lag, befand sich Hokkaido in der kalt-gemäßigten Klimazone.

Für Sakura hieß das, dass sie diesen Winter nicht nur frieren sondern auch einschneien würde ...

Eine grausame Vorstellung. Aber wenigstens würde es während des restlichen Jahres nicht sonderlich viel regnen.

Die Gegend, in die sie ziehen wollten, hieß Chitose und war die 12. größte Stadt auf der 2. größten Insel Japans.

Nicht groß, nicht aufregend.

Aber sie lag nahe Sapporo, dem Verwaltungssitz Hokkaidos.

Sehr groß, sehr aufregend.

Und was wichtig war: In Chitose gab es eine Universität.

Zu Sakuras Leidwesen eine private Universität, mit reichlich Studiengebühren. Die Chitose Kagaku Gijutsu Daigaku.

Doch natürlich war das Finanzielle schon erledigt, ehe sie überhaupt eine Chance zur Widerrede hatte, denn Sasuke und Itachi fanden Chitose optimal.

Aber es gab auch eine freudige Nachricht, die Sakura anhaltende gute Laune bescherte.

Sie war Frei!

Sie würde in Chitose keinen Bewährungshelfer mehr benötigen, nur ab und an ein Telefonat mit Herrn Sakamoto.

Mehr nicht.

Außer natürlich, sie würde auffällig werden.

Aber Sakura hatte nicht vor, auffällig zu werden!

Vielleicht würde sie diesmal auch einen besseren Anfang hinlegen.

Obwohl es irgendwie traurig war, wenn sie daran dachte, dass sie gerade Frieden mit Ino und ihren Leuten geschlossen hatte.

Inständig hoffte sie, dass sie in der neuen Stadt weniger Startschwierigkeiten haben würde. Aber sie war ja nun nicht mehr allein. Sie hatte ihre Freunde, auch auf der Universität.

Temari würde wie sie nur die Hochschule wechseln und weiterhin Geschichte studieren. Naruto blieb natürlich auch bei seinem Fach, genau wie Hinata, die nichts von ihrem Freund trennen würde.

Sasuke jedoch hatte andere Pläne. Er würde sich einen Job suchen, wie er es gesagt hatte. Für ihn hatte das Studieren erst einmal seinen Reiz verloren, meinte er. Außerdem hatte er noch genügend Zeit, irgendwann wieder einmal ein Fach zu belegen.

Nicht, dass er kein immenses Repertoire an Studienabschlüssen besaß ...

Itachi blieb natürlich bei seinem Job, der ihm nach wie vor Spaß machte. Er hatte sich sogar schon eine gute Stelle besorgt.

Temaris Brüder würden jedoch vorerst in Naha bleiben, um die Lage dort im Auge zu behalten. Später würden sie nachkommen.

Für Sakura gab es nun nur noch eine Sache, die ihr nicht wirklich passen wollte.

Die neue Wohnung.

Sasuke hatte sich natürlich über jegliche Einwände ihrerseits hinweggesetzt. Nicht, dass es sie störte, dass er mit ihr zusammen ziehen wollte, zu ihrer Sicherheit ... aber seine Vorstellung einer gemeinsamen Wohnung waren nicht im Einklang mit ihren.

Und so stand Sakura nun in ihrer neuen Wohnung, die im Vergleich zu ihrer alten einem Palast glich.

Groß, weiträumig, möbliert und mit einem herrlichen Ausblick auf den Stadtpark ...

Die Rosahaarige seufzte theatralisch, als sie sich ihrer kleineren Reisetasche entledigte, auf die edle Ledercouch setzte und den Blick durch das Wohnzimmer schweifen ließ.

Sie würde es wohl überleben können, dachte sie kopfschüttelnd und mit einem Grinsen im Gesicht.

Denn das die Wohnung Wahnsinn war, dagegen konnte sie nichts sagen.

Und zumindest waren sie alle irgendwie zusammen.

Temari bewohnte die Ein-Mann-Wohnung gegenüber, Itachi die einen Stock unter ihr.

Und gegenüber von Itachi wohnten nun Naruto und Hinata, deren Wohnung die gleiche Größe hatte wie diese hier.

Und wer hatte diesen Wohnhaus besorgt.

Hinata selbstverständlich, die ein außerordentliches Organisationstalent war.

Alle unter einem Dach, etwas Abseits des großen Großstadttrubels und weitestgehend für sich.

Hinata blieb einfach ein Genie.

Sakura seufzte erneuert, ehe sie wieder aufstand und in die Küche ging.

Groß, weiträumig ... diese Worte trafen für jedes der Zimmer zu.

Auch für ihr eigenes ...

Sasuke und sie teilten sich kein Schlafzimmer, und das war für Sakura vollkommen in Ordnung.

Wahrscheinlich würde sie seine beruhigende Anwesenheit vermissen, aber sie waren weder zusammen noch verheiratet, dass sie ein gemeinsames Schlafzimmer bräuchten.

Ja, sie waren nicht zusammen ...

Sakura schüttelte innerlich den Kopf bei dem Gedanken, wie sie sich doch anstellte.

Oder er!

Oder sie beide.

Sie hatte ihm immerhin ihre Liebe gestanden, wenn auch auf eine etwas unkonventionelle Art des Gedankenaustausches. Er hatte in dieser Richtung noch gar nichts gesagt.

Dafür zeigte er es wohl mehr als sie. Durch seine Berührungen, die so sanft und liebevoll waren, durch seine Blicke ... sie hingegen benahm sich wie ein verklemmtes Kind, dass Angst vor körperlicher Nähe hatte.

Das war zwar nicht ständig der Fall, aber es kam doch öfters vor, dass sie spürte, wie sie Panik bekam, wenn er zärtlich zu ihr war. Und jedesmal, wenn sie überreagierte, musterte er sie mit einem besorgten Blick, als könne er tief in ihre Seele blicken.

Eine gruselige Vorstellung, dass er ihre innersten Geheimnisse kannte, obwohl sie davon eigentlich keine hatte.

Zumindest keine, die er nicht kannte.

Warum fürchtete sie sich dann?

Weil er kein normaler Mensch war? Weil er ein Vampir war?

Bestimmt nicht, denn das schreckte Sakura nicht im geringsten ab.

Zudem war er wie sein Bruder ein Sonderfall.

Er wurde nicht zum Vampir gemacht, sondern als Vampir geboren.

Da sah die Sache schon wieder ganz anders aus.

Warum dann? Hing es überhaupt mit ihm zusammen?

Nein, dass wusste Sakura. Sie war das Problem.

Sie und das, was in ihrer Vergangenheit passiert war. Als Justin mit ihr geschlafen und sich danach als Junkie entpuppt hatte, als ihr Vater sie fast täglich geschlagen hatte ... alles Dinge, weshalb sie vermutlich die Nähe mied, die ihr früher nur Schmerz bereitet hatte.

Sakura stöhnte genervt und schüttelte diese Gedanken ab. Ihre gute Laune wollte sie nicht wegen ihrer dumm gelaufenen Kindheit verlieren. Also wühlte sie etwas in den Schränken und war doch erstaunt, dass alles schon da war: Teller, Besteck, Küchengeräte, ja sogar ein voller Kühlschrank. Oder eher zwei volle Kühlschränke.

Wann Sasuke es geschafft hatte, sich sein Lebenselixier zu beschaffen, war ihr ein Rätsel. Aber es war vieles an ihm ein Rätsel.

"Steigst du jetzt auf Schweineblut um?", hörte sie plötzlich seine Stimme und zuckte erschrocken zusammen.

Sakura grinste, als sie seinen Kühlschrank schloss und schüttelte den Kopf. "Nein, ich denke nicht. Aber du kannst es genauso in den großen Kühlschrank tun, wir brauchen deswegen keinen zweiten. Mich stört der Gedanke nicht. Höchstens, wenn wir Rotwein hätten ... falls ich es vertauschen würde ... ich glaub, das wär mir komisch ...", sie stellte sich die Szene vor und lachte leise.

Sasuke musste bei dem Gedanken ebenfalls grinsen, obwohl er sonst immer sehr ernst war, wenn es um seine Art der Nahrung ging. Wie Hinata tat er es nie, wenn es jemand anderes sehen konnte.

"Mal schauen", meinte er schlicht. "Hast du dir jetzt alle Zimmer angesehen?"

Er selbst war mit dem Inspizieren der Räumlichkeiten längst fertig.

Sakura murrte. "Nein, nur Wohnzimmer und jetzt hier. So schnell bin ich nicht."

Sasuke nickte. "Ja ich weiß", er lachte und drehte sich um. "Aber ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass du ein Mensch bist ..."

Sakura hob die Augenbraue. "Woran dann?", fragte sie bedrohlich.

"An dir ..."

"Ah, Sasuke!", keifte Sakura, und eigentlich wollte sie sich auf ihn stürzen, stolperte aber über einen Stuhl und wäre geradewegs auf den Boden geklatscht, wenn Sasuke sie nicht abgefangen hätte.

"Und Tollpatschig bist du auch noch", scherzte er.

"Von wegen, weil ich einmal etwas übersehen habe ...", gab Sakura kleinlaut zurück, wurde sich aber im nächsten Moment bewusst, dass sie wiedereinmal in Sasukes Armen lag.

Die Röte schoss ihr in den Kopf, als wäre es das erste mal und unbeholfen stellte sie sich wieder auf. "Entschuldige", murmelte sie verlegen, was Sasuke zu einem noch breiteren Grinsen veranlasste.

"Wofür, war es so schlimm? Sonst stört es dich auch nicht", er lächelte vielsagend.

"Sonst hat es ja auch andere Gründe!", konterte Sakura.

"Ach ja?", nun kam Sasuke der Rosahaarigen immer näher und mit wild klopfenden Herzen machte diese einen Schritt zurück, wobei ihr die Wand einen Strich durch die Rechnung zog.

Sasuke stützte recht uns links neben ihr seine Hände ab und verhinderte so ihre Flucht. "Warum hast du solche Angst vor mir, Sakura?", fragte er traurig und Sakuras Herz setzte einen Moment aus. "Weil ich das bin, was ich nicht ändern kann?"

Sakura schluckte. Hier lag offensichtlich ein großes Missverständnis vor. Jetzt wäre es angebracht, dass er doch ihre Gedanken lesen könnte! Da glaubte er doch allen ernstes, dass er der Grund war!!

Das sie ihn als Monster betrachtete?!

"Lächerlich!", entfuhr es der Rosahaarigen und sie schüttelte den Kopf. "Es ist nicht wegen dir, ehrlich nicht", sagte sie um einiges leiser. "Du bist, wer du bist, und das ist gut so! Mir ist es völlig gleich, was du dich schimpfst. Ich ...", jetzt musste sie mit sich ringen, darüber zu reden. "Ich ... liebe dich, weil du du bist."

"Du liebst mich also?", grinste Sasuke schon wieder und Sakura füllte sich leicht verstört bei seinem Gefühlswechseln.

"Ich ... ich hab ..."

"Willst du es etwa zurücknehmen?"

"Nein, nein das will ich nicht, ich ..."

"Dann meintest du es letztens auch so, und ich hab mich nicht verhört?"

"Verhört? Was ..."

"Liebst du mich wirklich, Sakura?"

Sakura schluckte. "Das sagte ich ja nun schon mehrmals ...", flüsterte sie wie benommen. In was für eine Zwickmühle brachte er sie denn jetzt? Das war ja verbale Nötigung!

"Und du bist dir sicher?", nun kam Sasuke ihr gefährlich nahe. Er grinste noch immer, aber sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt.

Sakura glaubte, die Ohnmacht würde sie jede Sekunde einholen.

Und wenn es nicht die ersehnte Ohnmacht wäre, dann käme nur der Herzinfarkt in Frage.

Und hätte der Fuchs nicht geschissen, dann hätte er den Hasen bekommen ...

Was fielen ihr denn nun für bekloppte Sprichwörter ein???

Aber sie war ein Fluchttier, wie der Hase, mit Leib und Seele.

Und Sasuke der Fuchs, nur dass er aufpasste und nicht anderweitig beschäftigt war.

Im Moment wollte sie einfach nur flüchten, wegrennen, sich verstecken.

Und sie konnte nicht.

Er hielt sie in Schach, kam ihr immer näher.

Gott des Wahnsinns, hatte er vor sie zu ...

Doch ehe sie das Wort auch nur im Ansatz denken konnte, spürte sie seine weichen Lippen auf ihre.

Jede Anspannung, jede Hysterie fiel plötzlich von Sakura ab und machte einem viel schönerem Gefühl platz.

Bauchkribbeln, Lust. Ihr Herz dass voller Freude Luftsprünge machte.

Langsam erwiderte sie den Kuss. Sie wehrte sich nicht einmal, als er ihr näher kam und seine Arme um ihre Taille legte, sanft über ihren Rücken strich und schließlich ihr Gesicht in seine Hände nahm.

Ein Zittern durchfuhr ihren Körper, aber nicht vor Panik. Im Augenblick glaubte sie wirklich auf einer Wolke zu schweben, frei von Sorgen und Angst. Das Kribbeln breitete sich aus und Sakura glaubte nicht, irgendwann einmal je so geküsst worden zu sein. So zärtlich und doch leidenschaftlich. Ungezähmt und doch sanft wie ein Kätzchen.

Das waren wohl die passendsten Worte, die ihr dafür einfielen. Vollkommen paradox, denn groß denken war nicht, zusehr war sie in seinem Kuss gefangen, von seiner Nähe eingenommen.

Als sie sich langsam und mit aller Vorsicht voneinander lösten grinste er sie an. "Und, war es schlimm?", fragte er sie musternd.

Sakura lächelte, ganz rosa um die Nase zurück. "Nein, gar nicht ...", gab sie zu.

"Dann können wir das ja öfter wiederholen", schlug er amüsiert vor und drückte Sakura noch einen Kuss auf die Stirn. "Ich muss jetzt zu Itachi", seufzte er widerwillig. "Komm nach, wenn du hier fertig bist."

Sakura nickte, noch immer wie benommen. "Okay."

"Gut", sagte Sasuke.

"Bis gleich."

"Bis gleich", erwiderte er, ehe er sich von ihr losreißen konnte und fast im selben Moment schon verschwunden war.
 

Als Sakura etwas später ihre neue Wohnung verließ um zu Itachi zu gehen, rannte sie fast in Temari hinein. "Oh!", sagte sie erschrocken. "Entschuldige, ich war in Gedanken."

Temari zog die Braue hoch. "Ja, eindeutig", grinste dann aber. "Worüber denkst du denn nach?"

"Nur dies und das", log Sakura. "Gehst du auch zu Itachi?"

Die Blonde schüttelte den Kopf. "Ich wollte mir eigentlich die Uni angucken, das ist viel spannender als dem Macho zuzuhören, und Neuigkeiten gibts ja bisher keine."

"Dem Macho?", Sakura wurde hellhörig. "Warum Macho? Ich meine, nicht dass ich das bestreiten würde ...", sie grinste vielsagend. "Aber was hat er gemacht?"

"Nichts weiter, er ist einfach einer und Schluss!"

"Ah", Sakura nickte verständlich.

Da war doch was im Gebüsch!

"Kommst du mit oder willst du lieber seine Standpauken über Vorsichtsmaßnahmen, Sicherheitsmaßnahmen und Maßnahmen zur Rettung der Walfische hören?"

Sakura sah ihre Freundin perplex an. Das Gebüsch brannte ja schon!

"Ähm, ich komm mit ...", Sakura seufzte. "Aber ich sag Sasuke bescheid. Wartest du unten auf mich?"

Temari nickte.

Eine Etage tiefer klopfte Sakura an Itachis Wohnungstür und erklärte Sasuke kurz wo sie hin ging.

"Sag mal", flüsterte sie leise. "Wenn ich dich jetzt etwas fragen würde, könnte er ...", sie nickte zu Itachi, der irgendwo im Wohnzimmer saß. "uns hören?"

Sasuke zog die Stirn in Falten. "Sehr wahrscheinlich."

"Nicht nur wahrscheinlich, ich verstehe dich laut und deutlich!", hörte sie den älteren Uchiha rufen.

Sakura machte eine Schnute. Blöde Vampirohren ...

"Wollt ihr beiden etwa an meiner Wohnungstür über intime Dinge sprechen? Hab ich was verpasst?", fragte Itachi, der nun breit grinsend neben Sasuke stand.

"Ah, verschwinde", raunzte sein Bruder ungehalten, doch Itachi machte keine Anstalten. Geduldig wartete er, was Sakura sagen wollte.

"Tse, vergiss es", knurrte sie Itachi beleidigt an und drehte sich um. "Dann erzähl ich es Sasuke später, wenn deine Ohren außer Hörweite sind!"

Itachi lachte leise. "Meine Ohren sind überall wo die Prinzessin ist. Ich muss ja acht geben. Du weißt, Anstandsdame."

Sakura stöhnte genervt, drehte sich um und lief brodelnd die Treppe hinunter.

Doch mit einmal hielt sie inne. Da war doch was?!

Wie konnte sie es vergessen haben?

Sie grinste hinterhältig und versuchte in ihre wütenden Gedanken Ordnung zu bringen. Alles auszublenden, was im Moment unbrauchbar war.

Und dann versuchte sie Sasuke den Gedanken zu schicken, dass Temari so seltsam auf Itachi reagiert hatte.

Vielleicht bekam er ja etwas aus seinem Bruder raus.
 

"Gott, wie fein und modern das hier ist", staunte Sakura, als sie mit Temari durch ihre Fakultät lief. Es war Samstag und erst am Montag würden sie her kommen, um ihr Studium wieder aufzunehmen.

Wenigstens hatte der Wechsel reibungslos und schnell geklappt. Ein gütiger Umstand wenn man bedachte, was man sonst an Stoff nachzuholen hatte!

"Oh ja!", stimmte Temari zu und sah sich einige Bilder genauer an, die an den Wänden hingen. "Das sind wahrscheinlich Originale!"

Sakura seufzte. "Ich will gar nicht wissen, was das Semester hier kostet."

"Ach das weißt du nicht?", Temari lachte. "Sasuke ist wirklich ein Gentleman. Meistens zumindest."

"So schlimm?", fragte Sakura und schluckte schwer. Warum Sasuke soviel für sie tat, war ihr ein Rätsel. Ob es ihn kein bisschen störte?

Die Blonde zuckte mit den Schultern. "Naja, es ist vergleichsweise hoch, aber er wird dadurch vermutlich keinen Verlust machen. Und wenn er jetzt auch noch arbeiten gehen will, dann muss er sehr wahrscheinlich demnächst ein neues Konto eröffnen."

"Ich darf gar nicht daran denken", Sakura stöhnte und ließ sich auf eine Bank in der Haupthalle fallen.

"Wieso? Stört es dich, dass er dir das Studium finanziert?"

"Natürlich!", sagte Sakura sofort. "Es ist doch nicht normal, dass man für jemand anderen soviel ausgibt!"

Temari grinste und setzte sich neben ihre Freundin. "Natürlich ist es nicht normal, es sei denn, man hat den anderen sehr gern. Und für ihn ist es vermutlich nicht viel. Du solltest dir deswegen nicht so den Kopf zerbrechen. Es ist eine gut gemeinte Geste. Und dein Stolz steht dir Weg, sie anzuerkennen."

"Meinst du?"

"Sicher mein ich!"

Sakura schnaufte wehleidig. "Na mal sehen, wenn er nicht ständig über die Strenge schlägt ..."

"Das wird wohl öfter passieren", Temari grinste breit, schüttelte aber den Kopf. "Aber so sind Männer. Manchmal einfach nur unmöglich!"

"Verrätst du mir jetzt, was Itachi gemacht hat?", fragte Sakura kichernd. Wenn Temari sich über das andere Geschlecht ausließ, war es wirklich lustig.

"Nein", sagte diese schlicht. "Später vielleicht. Wenn ich an ihn denke, dann werd ich nur wütend!"

"So gemein war er?"

Die Blonde seufzte. "Wenn er mal gemein gewesen wäre ..."

Doch mehr sagte sie nicht.

Noch eine Weile saßen Sakura und Temari auf der polierten Holzbank und hingen ihren Gedanken nach. Die Zeit verging und der Nachmittag brach herein.

"So, gehen wir jetzt noch ein Eis essen?", fragte Temari und erhob sich.

"Eis? So kalt wie es mittlerweile ist?"

"Es ist nicht kalt, du bist nur die warmen Temperaturen von Naha gewöhnt!", verbessere die Vampirjägerin.

"Na wenn du möchtest", sagte Sakura nicht ganz überzeugt. "Aber ich glaube, ein Kakao ist mir lieber."

Temari nickte und die beiden verließen die Fakultät, um den nächsten Bus in ihre Gegend zu nehmen.

"Hast du eigentlich einen Führerschein?", fragte Temari, als sie dichtgedrängt aneinander standen und kaum Luft zum Atmen hatten. Der Bus war zum Bersten voll!

"Nein", gestand die Rosahaarige. "Du?"

Temari nickte. "Ja sicher. Das ist von Nöten in meinem Beruf!", sie grinste. "Ich hab überlegt, ob ich mir ein Auto hole. Wenn ich mir vorstelle, jeden Tag in diesem Bus hier stehen zu müssen ..."

Sakura nickte leidlich. "Das stimmt wohl. Aber du kannst doch früh auch mit mir mitkommen."

"Oh, dein Gentleman fährt dich?"

Sakura nickte noch leidlicher. "Ich konnte es ihm nicht ausreden. Und ein Auto wollte ich nicht annehmen."

Temari lachte. "Er ist wirklich total vernarrt in dich!"

"Ach hör auf!"

"Wenn es doch so ist! Aber ich werde mir trotzdem einen eigenen Wagen holen, euer Turteln die Fahrt über würde ich kaum verkraften!"

"Du bist unmöglich!"

Temari grinste vielsagend. "Ich weiß!"

"Tse!", schnaubte Sakura, doch dann änderte sich ihr Ausdruck im Gesicht und sie lächelte Temari fragend an. "Gibt es in deinem Leben eigentlich einen Mann? Davon hast du noch nie erzählt!"

"Weil es keinen gibt", war die simple Antwort.

"Und gab es einen?"

Temari schwieg, ehe sie langsam antwortete. "Ja ... vor langer Zeit mal ... aber das ist echt ewig her."

Sakura brannten sofort neue Fragen auf der Zunge, aber Temari sah bei diesem Thema irgendwie traurig aus und deswegen ließ sie es sein.

Vielleicht wäre ein andermal eine bessere Zeit, um darüber zu reden.
 

"Und wie ist die neue Universität?", rief Sasuke, als Sakura die Wohnung betrat und sich ihrer Jacke entledigte. Sie würde wohl die Tage einkaufen gehen müssen um sich wintertaugliche Klamotten zu besorgen.

"Gut, aber draußen ist es kalt. Es ist schlimm hier den Winter zu verbringen", murrte Sakura und fröstelte leicht. Sie ging ins Wohnzimmer, als Sasuke aus der Küche kam und sie abfing. Er schloss sie in die Arme und sah sie grinsend an.

"Du warst lange weg."

Sakura grinste zurück. "So lange nun auch nicht."

"Viel zu lange", er drückte sie etwas mehr an sich.

Sakura schloss ihre Augen, als er sie nun schon zum zweitenmal küsste. Wieder explodierte es in ihrem Bauch und tausend Schmetterlinge schienen sich dort zu versammeln.

Es war unbeschreiblich. Sakura wurde heiß und sie spürte eine leichte Röte aufkommen. Aber es schien, als bleibe es dabei und die Tomate war wäre wieder alleinige Herrscherin des peinlichen Rots.

Gewöhnte sie sich etwa langsam daran? An Nähe und Zärtlichkeiten?

Doch ihr Herz sagte etwas anderes, denn es schlug wie wild gegen ihre Brust.

Trotzdem war es ein unsagbares Gefühl. Ob es etwas schöneres gab als sich in diesem fast ekstatischen Zustand zu befinden? Im Moment konnte sich Sakura nicht ausmalen, was das sein könnte.

Im Moment war das hier vollkommenes Glück.

"Du bist kalt", sagte Sasuke leise als er sich von Sakura löste.

"Du doch auch", gab diese flüsternd zurück.

"Ich bin ja auch tot."

"Hätte ich fast vergessen", Sakura schüttelte belustigt den Kopf und lies sich von Sasuke zur Couch und auf seinen Schoss ziehen.

"Du solltest dich wärmer anziehen", bemerkte er während er seine Hände an ihre Taille legte.

"Ich weiß", seufzte Sakura wohlig, als er mit seiner einen Hand über ihren Rücken strich, genau wie damals in ihrer alten Wohnung. War das hier ein Dejavu? "Ich wollte Hinata fragen, ob sie mit mir einkaufen geht."

"Nicht Temari?" Er lachte.

"Das wäre zu gefährlich", gab Sakura zu und ließ sich nun von Sasuke nach hinten ziehen. Manchmal wünschte sich sich sein Herz zu hören, wenn sie so nah an seiner Brust war wie jetzt. Es war irgendwie seltsam, und doch längst vertraut.

Und ihr Herz sollte wohl alle mal als Geräuschquelle reichen!

"Itachi hat mir nichts gesagt", meinte Sasuke nun und legte dabei seine Hand auf Sakuras Bauch.

Die Tomate wurde von ihrem Thron gestoßen ...

"Ah ja ...", stotterte das Mädchen und verkrampfte sich unwillkürlich.

Sasuke grinste über ihr Verhalten. Er hatte es erwartet. "Ja", sagte er, ehe er Sakura zu sich umdrehte, so dass die Rosahaarige ihm mit ihrer Röte ansehen musste.

Ungewollt!

Er griff sanft hinter ihren Kopf und zog sie wieder in einen Kuss, wodurch Sakura sich langsam wieder entspannte.

Ob man das Manipulation nennen konnte?

Eine gelungene Art der Manipulation!

"Aber eine interessante Theorie, das mit den beiden", sagte Sasuke, als sie sich wieder voneinander lösten. "Ein Vampir und eine Vampirjägerin, das hat es sicher noch nie gegeben."

"Unvorstellbar", grinste Sakura und lehnte sich gegen den Schwarzhaarigen.

"Bist du müde?"

"Nur ein wenig. Aber vielleicht ist zwischen den beiden wirklich etwas ..."

"Möglich. Itachi scheint Temari gut leiden zu können."

"Hmm."

Eine Weile blieben die beiden still auf der Couch sitzen. Geduldig wartete Sasuke, bis sich Sakuras Atem normalisierte und gleichmäßiger ging. Als sie eingeschlafen war hob er sie vorsichtig hoch und trug sie in ihr Zimmer.

"Schlaf gut" flüsterte er leise, dann ließ er sie alleine und ging zurück ins Wohnzimmer.

Auf den Besten

So, bevor ihr anfangen könnt mir Lesen will ich mich erst einmal wieder für die tollen Kommentare bedanken!! Ihr seid klasse!

Liebe Grüße und einen schönen Tag noch!
 

Hastig versuchte Sakura dem Dozenten zu folgen, als er eine Vorlesung über die Meji-Restauration hielt. Konnte es einen barbarischeren Einstieg in den Uni-Alltag nach den Ferien und einem Wohnortswechsel geben, als diesen?

Nein, und dieser Meinung war nicht nur sie!

Auch Temari, die neben ihr saß, schien einem Nervenzusammenbruch nahe. Die sonst so taffe, dauernd dösende Vampirjägerin schien endlich mitbekommen zu haben, wie nahe die ersten Prüfungen standen.

Und ihre Nervosität sprang auch auf Sakura über, die fassungslos feststellte, dass sie durch ihr Nachdenken mindestens zehn Sätze des Redners verpast hatte.

Zehn Sätze, das kam einem Weltuntergang nahe!

Der Gong ertönte und Sakura ließ sich erschöpft auf ihre Bank fallen. Jetzt brauchte sie Ruhe, sonst würde ihr gesamtes Nervenkostüm den Geist aufgeben!

"Was machst du da? Du musst zur nächsten Vorlesung!", hörte sie Temari neben sich brabbeln.

"Hä?", kam Sakuras geistreiches Kommentar ein paar Sekunden später. "Du nicht, oder was?"

Das Lächeln auf Temaris hübschen Gesicht sprach Bände. "Nein, falls du dich erinnerst hab ich heute Abend eine Versammlung!"

"Wie, was, wo?", Sakura war hellwach. Daran erinnerte sie sich wirklich nicht.

"Ach Schlafmütze! Ich hab dir doch vor kurzen erzählt, dass ich mich mit meinen Brüdern und Kakashi in Sapporo treffe! Wie kann man nur so durchlöchert sein?"

"Durchlöchert?", Sakura glaubte sich verhört zu haben.

"Ja, wie - ein - Sieb!", betonte die Blonde kopfschüttelnd und mit einem gemeinen Grinsen. "Aber egal, ich muss mich beeilen. Mit dem Zug bin ich eine Weile unterwegs. Morgen bin ich zeitig wieder da, denke ich. Also mach Frühstück!"

"Wie, mach Frühstück?"

"Morgen ist Samstag, schon vergessen? Und letztens hast du gesagt, dass ich Samstag zum Frühstück eingeladen bin!"

"Hab ich das?", Sakura konnte gar nicht glauben, was sie alles vergessen hatte.

Aber es war ja auch kein Wunder! Eine Woche ging sie jetzt zur Uni und es war schwieriger als gedacht. Die Dozenten hier hatten ein ganz anderes Tempo als in Naha und auch die Prüfungen würden eher stattfinden.

Das hatte sogar bei Temari seine Spuren hinterlassen. Sie war nun öfter auch geistig anwesend und machte vermutlich sogar Hausaufgaben.

Eine Sensation, wenn man es so wollte.

"Nun pack deine Sachen, du kommst zu spät!", Temari stand schon in ihrer Jacke mit umgehängter Tasche da. "Und vergiss das Frühstück morgen nicht. Um zehn bin ich da!"

"Um zehn schon?", Sakura musste Rufen, doch Temari war schon in den Studentenmassen verschwunden. Na toll, nach so einer Woche würde sie nicht einmal ausschlafen können.
 

Die nächste und auch letzte Vorlesung verlief um einige ruhiger. Und zu Sakuras Freude dauerte sie nur eine Stunde.

Eine kaltblütig langweilige Stunde, die sie von ihrem Wochenende trennte, von Sasuke und vermutlich etlichen Hausaufgaben, die sie noch machen musste.

Aber vor allem von Sasuke, der bestimmt schon auf dem Parkplatz wartete. So wie er es bisher jeden Tag gemacht hatte.

Sakura seufzte entnervt, als die Stunde endlich um war. Sie kramte ihre Sachen zusammen und schulterte eiligst ihre Tasche.

Frei, frei, frei, frei!

"Hallo, Sakura stimmts?"

Hä?

Sakura drehte sich um und blickte in ein schmales, lächelndes Gesicht einer jungen Frau Anfang zwanzig, mit großen blauen Augen und braunen Haaren. Sie war eindeutig keine Japanerin, im Gegensatz zu ihren beiden Begleiterinnen, die hinter ihr standen.

"Ja?"

"Ich bin Britney, und das sind meine Freunde Yui und Haruka. Entschuldige, dass wir dich so überfallen, aber wir dachten wir sagen mal Hallo", sie kicherte verhalten.

"Oh, ja ... Hallo", stotterte Sakura immer noch überrascht. "Freut mich, euch kennenzulernen", Sakura verbeugte sich leicht. Jetzt musste sie initiative zeigen!

Ein super Start, yeah!

"Du und deine Freundin, ihr seit neu hier, oder?", fragte Yui nun und zeigte beim Lächelnd ihre weißen, glänzenden Zähne.

"Ähm, ja. Wir sind letzte Woche hergezogen", bestätigte Sakura.

"War sicher schwer, gleich wieder ins Studium einzusteigen, nicht?"

Sakura nickte.

"Hast du vielleicht Lust nachher mit uns in der Stadt zu bummeln? Deine Freundin kann natürlich auch mitkommen. Aber sie ist wohl früher gegangen?", fragte Haruka.

"Ja, sie hat noch einen Termin."

"Und was ist mit dir, hast du Lust? Wir könnten uns ein bisschen kennenlernen, bisschen Shoppen und so. Was sagst du?"

Sakura war vollkommen überrumpelt, und so nickte sie gezwungen.

Denk an deine Vorsätze!, mahnte sie sich. "Klar, gerne."

"Cool", sagte Britney. "Wollen wir uns um Vier am Hauptbahnhof treffen? Da ist auch gleich eine große Einkaufsstraße."

Sakura nickte wieder.

So ein Treffen würde sie ja nicht umbringen ...

"Kommst du mit raus, oder musst du noch wohin?", fragte Yui, als keiner etwas sagte.

"Ähm, mit raus. So schnell wie möglich", grinste Sakura.

"Stimmt, der Tag heute hat sich echt in die Länge gezogen!", bestätigte Yui, während sie voranging und ihre langen schwarzen Haare zusammenband.

Als sie den Ausgang erreichten warteten noch zwei andere Kommilitonen auf Britney und ihre Freundinnen.

"Hey, das ist Sakura", stellte Yui die Rosahaarige vor und sie blieben stehen.

"Hi Sakura, du bist neu, oder?"

Sakura nickte.

Immer lächeln ...

"Und wie findest du es hier?", fragte eine dunkelhaarige, deren Name Sakura noch nicht kannte.

"Es gefällt mir. Eine sehr schöne Universität und die Gegend ist auch sehr reizvoll."

Gott, immer diese Standardsätze ...

Haruka lachte. "Wo kommst du eigentlich her? Aus Tokio?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Naha."

"Von Okinawa Honto? Das ist ja ganz schön weit weg! Du musst hier ja frieren, oder? Da war es doch sicher wärmer!", meinte Yui.

"Kann man wohl sagen. Um einiges sogar. Aber es geht schon, man hält es aus."

"Gott, seht mal!", flüsterte Haruka plötzlich und zeigte Richtung Straße.

"Er sieht sooo toll aus!", kicherte Britney mädchenhaft. "Ich hab ihn gestern auch schon hier gesehen. Ob er wohl auch ein neuer Student ist?"

Sakura streckte sich, um zu sehen, von wem die Rede war, aber Haruka versperrte ihr die Sicht.

"Oh nein!", Britney richtete panisch ihre Haare. "Er kommt in unsere Richtung! Er will bestimmt etwas fragen!"

"Gott, seht euch nur seinen Körper an, das ist doch verboten!", seufzte Haruka und wurde rot.

Jetzt wurde Sakura doch neugierig und versuchte an Haruka vorbeizusehen.

"Oh", entfuhr es ihr, als Sasuke direkt auf die Gruppe zukam.

Wie peinlich!

"Was ist los, Sakura? Kennst du ihn etwa?", sofort war Britney Feuer und Flamme. "Sag schon, wie heißt er?"

"Ähm, er ..."

Doch ehe Sakura etwas sagen konnte, war Sasuke bereits neben ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Haare. "Ich hab gewartet", sagte er fast entschuldigend, ohne die anderen Mädchen zu beachten, die in unterschiedlichsten Rottönen anliefen.

"Ähm, ich hab mich nur kurz unterhalten. Das sind Britney und Yui, Haruka und ...", die Namen der anderen Mädchen wusste sie nicht und hielt inne.

"Ich bin Miyu und das ist Momoko."

"Hi", lächelte Momoko, kurz vor einem Ohnmachtsanfall.

Sasuke nickte ihnen nur kurz zu, grinste aber.

Viel zu verführerisch, wie Sakura fand.

"Können wir?", fragte er Sakura nun und nahm ihr die Tasche mit den ganzen Büchern ab.

"Ja, sicher", Sakura verabschiedete sich von ihren neuen Bekannten und folgte Sasuke, der seinen Arm wie gewohnt um ihre Taille legte.

Seufzende, neidische Blicke verfolgten sie noch eine ganze Weile.
 

"Lange nicht gesehen", sagte Kakashi, als Temari an seiner Zimmertür stand, in einem kleinen Hotel mitten in Sapporo.

Unauffällig, das war die Devise des frühzeitig ergrauten Mannes, der sich gerade erst der 30 näherte. Zumindest was seine Umgebung betraf. Er selbst war alles andere.

Er fiel auf, mit seinem jugendlichen Gesicht und den silbergrauen, hochstehenden Haaren. Dem linken Auge, dass eine längliche Narbe durchzog. Dem durchtrainierten, aber schlanken Körper.

"Eine Weile, stimmt. Lässt du mich jetzt rein oder unterhalten wir und zwischen Tür und Angel?", grinste Temari ihren pensionierten Anführer an.

Pensioniert?

Ja, denn eigentlich war Kakashi Hatake kein Vampirjäger mehr. Vor zwei Jahren schon hatte er sich zurückgezogen, als sein bester Freund bei einem Angriff ums Leben gekommen war.

Nur durch die neuesten Ereignisse, die ihn sehr mitnahmen und doch interessierten, hatte er sich noch einmal als Berater zur Verfügung gestellt.

Das letzte Mal, wie er immer wieder zu sagen pflegte.

"Drinnen ist es wohl bequemer", lächelte er zurück und ließ Temari eintreten.

"Meine Brüder sind noch gar nicht hier?", fragte sie überrascht, denn in dem kleinen Hotelzimmer gab es wohl kaum eine Versteckmöglichkeit.

"Nein, sie kommen morgen nach", erklärte Kakashi, nahm sich eine Sake-Kanne und stellte zwei Gläser auf den Tisch. "Du auch?", fragte er und Temari nickte.

"Aber warum erst morgen? Ich dachte heute ... ich hab Sakura gesagt, ich sei zum Frühstück zurück."

Kakashi seufzte und kippte sich ein Glas runter. Seit dem Ableben seines Freundes genehmigte er sich ab und an ein Gläschen. "Du wirst auch zum Frühstück wieder da sein. Du kannst sie anrufen, sie soll für einen Gast mehr decken."

"Du willst mit nach Chitose kommen?", Temari war verblüfft. Bisher hatte Kakashi es vermieden, sich öffentlich den anderen zu zeigen. In erster Linie, weil es sich um drei Vampire handelte, von denen zwei sehr gefährlich werden konnten und er ihnen nicht vertraute.

Kakashi nickte langsam. "Ja, ich denke, ich möchte sie kennenlernen."

Temari grinste. "Wen meinst du jetzt? Die Vampire oder Sakura?"

Kakashi lachte leise. Das er ein Frauenheld war und jedem Mädchen hinterher schaute, war kein Geheimnis.

"In erster Linie deine Freundin. Ich weiß zu wenig über sie, aber ich denke sie spielt eine große Rolle. Vor allem nach der Sache mit dem Vater der Uchihas. Habt ihr schon mit ihr darüber gesprochen, was sie von ihr wollen?"

Temari setzte sich Kakashi gegenüber und schüttelte den Kopf. "Nein, und du solltest morgen auch nicht davon anfangen."

"Ihr packt sie in Samthandschuhe", bemerkte Kakashi.

Temari stöhnte leidlich. "Es ist wirklich besser, wenn wir sie damit nicht überfordern. Sie muss es von alleine erzählen, vorher ist sie nicht bereit. Sie hat in letzter Zeit genug durchgemacht, und das sie den Kerl wieder getroffen hat, der bei ihr in der Klinik war ... dass es auch noch der Vater von Sasuke und Itachi war ... und dann, dass er sie töten wollte und den Verstand verloren hat ... das alles kann eine junge Frau wie sie nicht so einfach schlucken. Wir müssen ein wenig Geduld haben."

"Hm", machte Kakashi. "Trotzdem wäre es wichtig."

"Vielleicht, aber du würdest damit auch Sasuke reizen. Er wird ohnehin nicht begeistert sein, dass du sie kennenlernen willst. Du ziehst sie damit tiefer rein, verstehst du?"

"Ich denke, sie ist schon tief genug drin. Aber dieser Sasuke, das ist der jüngere der Uchiha oder? Der Unkontrollierbare?!"

Temari musste schmunzeln. "In Sakuras nähe ist er wie ein Kätzchen. Solange du mit ihr gut stehst, wird er dich in Ruhe lassen."

"Er scheint sie also wirklich zu mögen?"

"Ich denke, seine Gefühle gehen viel weiter."

"Ein Vampir, der einen Menschen liebt? Das ist unsinnig!"

"Aber möglich, wie du weißt. Und Sasuke hatte immerhin eine sterbliche Mutter. Er und Itachi sind anders. Und sogar Hinata, die ein reiner Vampir ist, liebt einen Menschen. Daran würde ich keine Sekunde zweifeln."

"Vielleicht bist du auch zu oft mit ihnen zusammen", bemerkte Kakashi trocken.

Temari schüttelte den Kopf. "Ich habe sie dadurch besser kennen gelernt, das ist wahr. Und ich sage dir, dass wir ihnen vertrauen können. Sie wollen alle, dass Sakura in Sicherheit ist. Sie ist der Schlüssel zu den Vampiren."

"Sie scheint ein sehr beeindruckendes Mädchen zu sein", Kakashi grinste breit. "Sieht sie wenigstens gut aus?"

Temari zog eine Schnute. "Du bist unmöglich. Aber ja, ich denke einen Mann spricht sie an."

"Und eine Frau?"

Temari überlegte. "Wird sie vermutlich neidisch machen."

"Ist sie gefährlich? Immerhin hat sie ihren Stiefvater erschossen."

"Nein, sie ist nicht gefährlich. Sie ist ein lieber Mensch, und sie hat ein gutes Herz. Für den unvermeidlichen Tod ihres Stiefvaters hat sie genug gebüßt."

"Du magst sie auch, stimmts?", erriet Kakashi. "Sie ist dir scheinbar eine gute Freundin geworden. Und man kann nicht behaupten, dass du viele Freunde hast."

Temari nickte langsam. "Ja, ich glaube, ihre Freundschaft ist mir wichtig. Und ich möchte nicht, dass man ihr wehtut. Also reiß dich morgen bitte zusammen."

"Das tue ich immer", grinste Kakashi, ehe er ein zweites Glas leerte. "Auf Kenjiro", sagte er heiser. "Den besten aller Freunde."

"Ja", Temari nahm ebenfalls ihr Glas und hielt er traurig nach oben. "Auf Kenjiro, den besten aller Väter ..."
 

Es war erst kurz nach fünf Uhr morgens, als Sakura schweißgebadet aus einen Alptraum erwachte. Den gleichen, den sie jede Nacht hatte, seit sie Fugaku Uchiha wieder getroffen hatte.

In solchen Momenten war sie auf der einen Seite dankbar, dass Sasuke nebenan schlief und nicht mitbekam, wie sehr sie unter diesem Treffen litt, auf der anderen hätte sie ihn jetzt gerne in ihrer Nähe gehabt.

Niemand spendete ihr mehr Trost als er.

Und sie wusste auch, dass er der Grund war, warum noch niemand Einzelheiten von ihr wissen wollte. Dabei hatten vor allem die Uchihabrüder ein Recht darauf zu erfahren, was passiert war.

Aber noch hatte sie nicht den Mut, darüber zu sprechen. Sie traute sich einfach nicht, zu groß war die Angst, dass sie es nervlich nicht aushalten konnte.

Denn dass es an ihren Nerven zerrte, sah man ihr mittlerweile sogar an.

Sie war wieder dünner geworden, der Appetit hatte nachgelassen und ihre Augen wurden von dunklen Schatten untermalt. Ungeschminkt sah sie aus wie ein Schreckgespenst.

Und deshalb achtete sie auch immer darauf, Sasuke nachts nicht zu begegnen, wenn sie sich in der Küche ein Glas Wasser zur Beruhigung holte.

So wie auch diese Nacht.

Als erstes tapste Sakura ins Bad um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Müde sah sie sich dabei im Spiegel an. Wann würden diese Alpträume endlich aufhören?

Sakura sah zur Uhr. Sie hatte noch Zeit, aber ins Bett wollte sie auch nicht mehr. Ein schlechter Traum pro Nacht reichte.

Leise schlich sie in die Küche, darauf bedacht keinen Mucks zu machen. Sasuke würde nachher vermutlich eh misslaunig drauf sein, denn Temari hatte gestern Abend angerufen und gesagt, dass Kakashi Hatake kommen würde.

Kakashi, der geheimnisvolle Anführer der Vampirjäger.

Wie er wohl war? Ob er den Uchihas und Hinata auch so wohlgesonnen war wie Temari?

Sakura seufzte leise und holte sich etwas zu Trinken aus dem Kühlschrank, mit das sie sich an den Tisch setzte.

Als sie ihr Glas füllte zuckte sie schreckhaft zusammen.

"Du könntest Guten Morgen sagen, wenn du in die Küche kommst und nicht immer plötzlich irgendwo sein, wo ich nicht mit dir rechne", schnaufte Sakura, als Sasuke ihr gegenüber saß.

"Guten Morgen", grinste Sasuke närrisch.

"Hm, Morgen", Sakura schüttelte den Kopf. Manchmal war er wirklich unmöglich. Überhaupt, warum musste er denn jetzt auftauchen? War sie nicht leise genug gewesen?

"Du bist früh auf", bemerkte Sasuke nun und musterte Sakura.

"Schlecht geschlafen", war die knappe Antwort.

Sasuke nickte. Natürlich, was sonst? Er wäre nicht er, wenn er nicht wüsste, dass Sakura jede Nacht Alpträume hatte. Er hörte sie, wenn sie keuchend aufwachte oder im Traum sprach. Er hörte, wenn sie versuchte unbemerkt in die Küche zu gehen. Und eine Woche lang hatte er sich mit angesehen. Gehofft, dass es besser wurde. Er wollte sie nicht unnötig aufregen.

Aber es wurde nicht besser und er konnte nicht mehr wegsehen.

Er erhob sich und ging bedacht langsam um den Tisch herum. Sakuras Augen folgten ihm misstrauisch.

Was hatte er vor?

Doch die Frage wurde Sakura schon im nächsten Moment beantwortet, als sie hoch genommen wurde und in seinen Armen lag als wäre sie ein kleines Kind.

"Hey, was machst du da?", rief sie verwirrt. "Sasuke, lass mich wieder runter!"

Doch der Uchiha reagierte nicht auf ihre Forderung und statt zu Antworten trug er sie mit einem Grinsen in ihr Schlafzimmer.

"Was wird das wenn es fertig ist?" Sakura musste Lächeln, als er sie aufs Bett packte und sich neben sie legte.

Sasuke seufzte kopfschüttelnd und legte seine Arme um die Rosahaarige, ehe er sich dich an sich zog und ihr übers Haar strich, wie er es oft tat. "Ich mach mir sorgen", gestand er ernst und sah Sakura in die Augen.

Sakura schluckte und wollte sich von ihm wegdrehen, doch der Schwarzhaarige hielt sie mit sanfter Gewalt fest. "Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Es war nur ein schlechter Traum."

"Du hast nur noch Alpträume, Sakura! Du siehst ausgelaucht aus. Und du bist wieder so dünn geworden ...", seine Hand glitt über ihren Rücken hin zu ihrem Bauch, ehe sie auf ihrer Hüfte verharrte.

"Ich ...", Sakura fehlten die Worte. Nicht seiner zärtlichen Berührungen wegen, sondern weil er wieder mehr mitbekommen hatte als er sollte.

Dann küsste er sie liebevoll, da er spürte dass sie nicht reden konnte.

Lang und innig lagen beide in Sakuras Bett und küssten sich, bis er sich widerwillig von ihr löste. "Wollten sie eigentlich auch wissen, wie ich küsse?", fragte er amüsiert.

Sakura grinste zurück. "Ja, aber das habe ich ihnen nicht verraten."

Ihr Treffen gestern mit den anderen Mädchen aus ihrem Studium war an sich gut verlaufen. Doch es gab für die drei nur ein Thema.

Sakuras Freund ...

Fast zwei Stunden lang hatte sie über ihn erzählen müssen, wobei sie natürlich einiges immer zurechtbiegen musste. Hauptsächlich hatte man in einem Cafe gesessen.

Neue Winterklamotten hatte Sakura nun immer noch nicht.

Sasuke lachte leise und küsste Sakura auf die Stirn. "Schlaf jetzt ein bisschen. Ich bleibe hier."

"Aber Temari kommt doch bald!"

"Ich wecke dich rechtzeitig", versprach Sasuke und widerwillig, aber durchaus müde kuschelte sich Sakura an ihren nun offiziellen Freund und war auch keine Minute später schon eingeschlafen.

Tödliche Krallen

Noch bevor Temari die Klingel betätigen konnte, wurde ihr die Tür geöffnet.

"Hi Sasuke", sagte die Blonde und warf einen Blick nach hinten. Kakashi war noch unten. "Tut mir leid, dass ich ihn mitbringe. Ich konnte es ihm nicht ausreden."

Sasuke nickte. "Schon okay. Irgendwann werden wir sowieso miteinander reden müssen, wenn wir den Feind erledigen wollen bevor er uns erledigt. Nach dem Frühstück dürfte auch Itachi zurück sein. Es ist besser, wenn er für uns spricht."

Temari nickte. Itachi war wesentlich diplomatischer und sehr einnehmend, vermutlich würde sich sogar Kakashi mit ihm verstehen. "Sakura schläft wohl noch?"

"Ja", meinte Sasuke knapp. "Ich sollte sie eigentlich wecken, sie wird sauer sein."

Die Blonde konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Das glaub ich auch. Hatte sie denn wieder ..."

Temari wusste von Sakuras Alpträumen, da Sasuke es ihr gesagt hatte.

"Hm."

Temari seufzte und wollte etwas erwidern, als Kakashi hinter ihr auftauchte. Sofort spürte sie die Anspannung, die in der Luft lag. Sasukes Blick verfinsterte sich und sein Gesicht nahm einen steinernen Ausdruck an. Er wirkte gefährlich, obwohl er von Kakashi wusste und es keine unmittelbare Bedrohung gab.

Temari hörte Kakashi näher treten, dann hielt er plötzlich Sasuke seine Hand hin. "Ich werde Sakura weitestgehend in Ruhe lassen, das verspreche ich."

Sasuke betrachtete die ihm angebotene Hand, ehe er zögerlich zu griff, und dann vermutlich härter als gewollt. "Das hoffe ich", knurrte er und Temari glaubte schon, er würde jeden Moment die Zähne fletschen und auf Kakashi zuspringen, oder zumindest seine Hand zerquetschen ... aber nichts geschah.

"Gut, dann ähm ...", Kakashi räusperte sich, als er seine Hand heil zurück bekam. "Nun, ich bin Kakashi Hatake. Du wirst dann bestimmt Sasuke Uchiha sein." Er lachte gespielt.

Sasuke deutete ein Nicken an.

"Entschuldige, dass ich mich selbst eingeladen habe. Aber ich denke, ich habe für euch Neuigkeiten, die euch interessieren dürften."

"Ach so?", mischte sich Temari dazwischen. "Du hast mir nichts gesagt!"

Kakashi grinste. "Das wollte ich mir für eine große Versammlung aufsparen", verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.

Sasuke nickte. "Itachi ist in einer Stunde zurück. Dann werden auch Naruto und Hinata kommen."

"Gut, ja ... wollen wir dann rein? Ich bin sehr gespannt auf Sakura. Temari hat mir eine Menge erzählt ...", Kakashi fand es recht unangenehm, im Treppenaufgang zu stehen. Dieser Vampir hatte eindeutig keine Manieren!

"Sie schläft noch", sagte Sasuke ohne sich zu rühren. Doch dann gab er sich einen Ruck und trat langsam zur Seite, als es jedoch laut polterte.

"Sie ist wohl eher wach", Temari konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als sie keine Sekunde später schon die Türen schmeißen hörte, gefolgt von Sakuras drohender Stimme.

"Sasuke, verdammt du wolltest mich wecken! Temari könnte jeden Moment da sein und du ...", als Sakura regelrecht in den Flur schlitterte, blieb ihr der Satz im Hals stecken und fassungslos starrte sie eine breit-grinsende Temari an, hinter der ein grauhaariger Mann mit leuchtenden Augen stand und sie fasziniert musterte. "Oh mein Gott ...", entfuhr es ihr dann, als ihr bewusst wurde, dass sie hier in ihrem Plüschmmorgenmantel stand, mit strubbligen Haaren und ungewaschen. "Ähm ... Guten morgen ...?", kläglich sah sie zu ihrer Freundin, die sich beinah auf dem Boden kugelte. Nun huschten Sakuras Augen zu Sasuke, der entschuldigend grinste. "Wir sprechen uns noch!", fauchte sie, ehe sie Kakashi kurz zu nickte und erklärte, sie werde sich eben schnell frisch machen.
 

"Sehr lecker", sagte Kakashi, als er das Rührei verspeiste und sich gleich den Toast hinter schob.

"Danke", nuschelte Sakura, der die Situation von vorhin noch immer peinlich war. Allerdings war sie jetzt vernünftig angezogen und sah wieder frisch aus, ganz wie die alte.

Und das lag nicht nur an der Schminke, die ihre Augenränder verdeckte, sondern auch an den erholsamen Schlaf in Sasukes Armen. Ohne Alpträume und Schweißausbrüche.

Erholsam eben.

Während des Frühstücks saß Sasuke im Wohnzimmer und sah gelangweilt fern. Er hoffte, dass Itachi bald kommen würde und dieser Kerl endlich von den Neuigkeiten berichtete.

Und dann schnell wieder verschwand!

Er mochte keine Vampirjäger, wie auch? Temari war die Ausnahme, und das auch nur, weil sie Sakura eine sehr gute Freundin war.

Und er ihr dafür natürlich dankbar.

Außerdem konnte man auf Temari zählen.

Ob es wirklich etwas zwischen Itachi und der Blonden gab? Ob sich da etwas anbahnte? Vielleicht würde er etwas durch ihre Gefühle bemerken, wenn sie aufeinander trafen ...

Während Sasuke in Gedanken vertieft war ging auch das Frühstück schweigend von statten, bis Temari von der Ruhe genug hatte.

"Und, was hast du gestern gemacht? Hab ich viel in der Uni verpasst?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Nee, war ja nur eine Vorlesung."

"Und sonst noch was passiert?"

"Ähm, ich war im Zentrum mit ein paar Kommilitonen verabredet."

"Was? Echt? Erzähl!", Temari wurde sofort hellhörig. "Du hast dir etwa Freunde gesucht?"

Sakura schnaubte. "Ich hab mir keine Freunde gesucht, die haben mich angesprochen. Sind aber nett. Wir waren Kaffee trinken und so. Mehr nicht."

"Ist doch toll, auch wenn ich gerne dabei gewesen wäre! Das ist doch echt eine Sensation, stimmts Sasuke?", fragte Temari im normalen Tonfall, da sie Sasukes gute Ohren kannte.

"Kann man wohl sagen", kam es gelangweilt aus dem Wohnzimmer.

"Ihr macht euch lustig über mich", knurrte Sakura und biss entnervt in ihren Toast. "Als wenn ich mich nun so schwer tue!"

Ein verhaltenes Lachen war zu hören, dass weder von Kakashi noch von Temari kam.

"Tse, halt dich da raus und guck Fernsehen!", rief Sakura Sasuke zu.

"Kommt ja nix", sagte Sasuke dicht neben Sakura, die erschrocken zusammen zuckte und dem Schwarzhaarigen böse ansah.

"Musst du mich immer erschrecken!", fauchte sie und drehte sich demonstrativ von ihm weg.

"Entschuldige", grinste Sasuke und hauchte Sakura einen Kuss auf den Kopf. "Ich geh Itachi holen, er ist jetzt da", er wuselte Sakura gekämmte Haare durcheinander und verzog sich, ehe sie ihn dafür zur Rechenschaft ziehen konnte.

Kakashi lächelte nur stillschweigend. Temari hatte wohl recht gehabt. Sasuke war in Sakuras Nähe wirklich wie ein Kätzchen, und trotzdem: Auch ein Kätzchen hatte scharfe Krallen.

Und in Sasukes Fall waren sie tödlich, davon war er überzeugt.
 

Das Frühstück verlief reibungslos und Temari konnte aufatmen. Kakashi hatte sich bisher an sein Versprechen gehalten, Sakura weitestgehend in Ruhe zu lassen. Er hatte sie weder ausgefragt, noch sich an sie heran gemacht.

Im Gegenteil. Er war nett und zuvorkommend gewesen und schien an dem Mädchen wirklich gefallen zu finden. Er mochte sie, und er schien Temari nachfühlen zu können, Sakura nicht direkt mit dem Unangenehmen zu konfrontieren.

Trotzdem hielt er sie für stärker, als sie aussah. Schon alleine die Tatsache, dass sie einen Vampir liebte, Vampire als Freunde hatte und eine Vampirjägerin ihre beste Freundin nannte, sprach dafür.

Sie konnte einiges verkraften. Zudem hatte sie keine Bilderbuchvergangenheit und nicht jeder wäre nach so einer Geschichte noch bei Verstand.

Aber das Sakura Verstand besaß, daran zweifelte Kakashi keine Sekunde. Sie mochte durchaus chaotisch sein, temperamentvoll und leicht schreckhaft, aber dennoch Intelligent, gar Schlau. Aufmerksam hörte sie zu, selbst wenn es nicht danach aussah. Und aufmerksam achtete sie auf jedes Wort, dass der pensionierte Vampirjäger über ihre Freunde verlor.

Kakashi war gerade in seinen Gedanken versunken, als er hörte, wie die Wohnungstür geöffnet wurde. Jetzt würde er Itachi kennen lernen, den älteren Uchihabruder. Ob er wie Sasuke mit Vorurteilen beladen auf ihn zu kommen würde?

Ob er überhaupt auf ihn zu kommen würde?

Aber das Itachi das genaue Gegenteil seines Bruder war, wurde Kakashi sofort klar, als er dessen freundliches Gesicht erblickte, das ihn aufmunternd zu lächelte.

"Hallo, sie sind also Kakashi Hatake?! Ich habe viel von ihnen gehört! Nur das beste natürlich, sie sind wirklich gut in ihrem Job. Das beunruhigt mich ein wenig, wenn ich ehrlich bin ..."

"Oh, keine Sorge, ich bin ja als Freund hier", sagte Kakashi erstaunt, als Itachi ihm die Hand anbot.

"Na dann auf du, Freund."

"Ja, auf du", grinste Kakashi zurück.

Sakura kam gerade mit Temari ins Wohnzimmer, wo Kakashi gesessen hatte, derweil die Mädchen abgeräumt hatten. "Na, auf Arbeit alles gut gelaufen?", begrüßte die Rosahaarige Sasukes Bruder.

"Sicher, es läuft immer alles gut, Prinzesschen."

Sakura zog eine Schnute, meckerte aber nicht mehr. Das hatte sie bereits aufgegeben ...

Temari hingegen sagte gar nicht, sie würdigte Itachi nicht einmal eines Blickes, doch dieser grinste sie daraufhin nur frech an.

"Was denn, so schweigsam heute? Sonst bekomme ich immer ganze Wagenladungen voll Nettigkeiten an den Kopf geworfen!" Es klang wie die pure Ironie. Ihre letzte Unterhaltung war wohl alles andere als nett gewesen.

"Nein, diesmal soll dich mein Schweigen strafen!", gab Temari böse funkelnd zurück.

"Ungemein, ja ..."

Das Klingeln der Glocke bewahrte Itachi vermutlich davor, gelyncht zu werden und schnell beeilte sich Sakura, Naruto und Hinata einzulassen.

"Haben wir was verpasst?", fragte Naruto gut gelaunt, als er mit seiner Freundin im Schlepptau das Wohnzimmer betrat.

Hinata nickte den Anwesenden, allen voran Kakashi, zurückhaltend zu, während Naruto seine Hand umher wandern ließ.

"Nein, nichts wichtiges", erwiderte Itachi und ließ sich auf einen der heran geholten Stühle fallen, während Kakashi sich auf den anderen setzte. Hinata, Naruto und Temari nahmen auf der bequemeren Ledercouch Platz und Sasuke auf dem Sessel, zusammen mit Sakura, die er sanft auf seinen Schoss zog.

"Sasuke hat gesagt, du hast Neuigkeiten. Wir sind alle ziemlich gespannt", begann Itachi, damit keine unangenehme Stille entstand.

Kakashi nickte. "Ja, das stimmt. Es geht um meinen Informanten. Ihm ist zu Ohren gekommen, dass der nächste Angriff auf euch bereits geplant ist ..."

Nun legte sich doch ein Schweigen in dem Wohnzimmer nieder, das einem frösteln ließ. Alle sahen fassungslos Kakashi an, der deprimiert seufzte.

"Die gute Neuigkeit aber ist, dass der Angriff, sollten die Informationen korrekt sein woran ich nicht zweifle, erst nächstes Jahr stattfinden wird. Es besteht also erst einmal keine unmittelbare Gefahr. Warum sie warten, kann ich euch aber nicht sagen."

Itachi nickte langsam. Auch er musste das erst einmal verarbeiten. "Wer ist dein Informant?", fragte er dann.

"Einer von euch. Kein Menschenbluttrinker. Er lebt in Sapporo."

"In Sapporo gibt es Vampire?", fragte Naruto besorgt.

"Nur ihn", erklärte Kakashi. "Er lebt dort alleine und schon viele Jahre. Er weiß natürlich von euch, aber nicht, dass ihr hier lebt. Also wissen sie es auch nicht, und das ist gut."

"Er hat also mit denen Kontakt? Weißt du, wer die genau sind?", wollte Temari wissen, für sie war es ebenfalls neu.

Kakashi seufzte wieder, scheinbar hatte er diese Frage erwartet, aber nicht herbeigesehnt. "Ja, er hat mit ihnen Kontakt. Und ja, ich weiß wer sie sind ..."

"Wer?", Sasukes Stimme klang düster in dem hellen Raum.

"Die Hyuuga ..."
 

Es dauerte eine Weile, bis Itachi seine Stimme wiederfand. "Hyuuga", murmelte er. "Ich hätte es wissen müssen! Wenn es um etwas organisiertes geht, dann können nur sie es sein ..."

"Das ist schlecht", meinte auch Sasuke vor sich her. "Wer ist jetzt ihr Anführer?", wollte er dann von Kakashi wissen.

"Neji Hyuuga", schnaufte Kakashi.

"Neji ...", Hinata schloss die Augen, als sie seinen Namen sagte.

"Kennst du ihn?", fragte Sakura, während Naruto einen Arm um die Schultern seiner Freundin legte.

Hinata nickte langsam, brachte aber keinen Ton zu Stande.

"Sie sind zusammen aufgewachsen", erklärte Naruto ohne die Augen von seiner Freundin zu lassen. "Er ist ihr Cousin 1. Grades. Sie verstanden sich immer sehr gut, und damals machte er ihr nicht einmal einen Vorwurf, als sie sich gegen das Erbe entschied."

"Das Erbe?", Sakura sah Hinata traurig an. In etwa kannte sie ihre Geschichte von Sasuke.

"Selbst Anführerin der Hyuuga zu werden ...", meinte Naruto leise. "Neji muss sich verändert haben, wenn er jetzt das Oberhaupt ist."

"Das stimmt", gab Hinata beinah flüsternd zu. "Früher wäre niemand auf die Idee gekommen, ihn zu erwählen. Er gehörte nicht in die Hauptfamilie. Und er selbst hatte niemals aufsteigende Ambitionen. Vermutlich hab ich ihn in diese Position ... regelrecht getrieben!", Hinata musste an sich halten, nicht zu weinen. Neji war ihr immer ein enger Vertrauter gewesen, aber das er jetzt die Hyuuga anführte war ein schlechtes Zeichen.

Ein sehr schlechtes, denn ein Schwächling war er nie gewesen ...

Sakura senkte den Kopf, als sie das alles hörte. Hinata tat ihr unendlich leid. Es musste schwer für sie sein, zu hören, was aus ihrem geliebten Cousin geworden war, wo sie doch selbst einen gänzlich anderen Weg lebte.

"Jetzt ist die Frage, was sie wollen", hörte Sakura nun Kakashi fragen.

Ihr Kopf blieb gesenkt. Sie hatte die Augen geschlossen. Sie durfte nicht länger Schweigen, das wusste sie. Lange genug hatte sie es für sich behalten. Aber wie anfangen? Wie von etwas so grausamen erzählen? Etwas so vernichtendem?

Sie wusste doch nicht einmal viel darüber! Und warum musste sie es überhaupt wissen? Warum hatte er es ihr erzählen müssen? Zufall?

Nein, das wusste Sakura besser.

Es war kein Zufall gewesen, dass Fugaku Uchiha ihr die Geschichte anvertraut hatte.

Fugaku Uchiha hatte gewusst, dass es ihr Schicksal war, Sasuke zu begegnen. Er wusste nicht, auf welche Art und Weise, aber dass sie sich treffen würden.

Und dann erinnerte sie sich an eine ihrer letzten Abende, bevor sie die Klinik verlassen hatte.

"Sakura", hatte Fugaku zu ihr gesagt, während er am Fußende ihres Bettes Platz nahm und traurig lächelte. "Dass ich dir diese Last beschere, tut mir unendlich leid. Aber ich habe keine Wahl, denn sie werden kommen und mich gefangen nehmen. Und ich kann nicht sagen, ob ich es überleben werde ..."

"Du darfst nicht sterben!", hatte Sakura aufgebracht geantwortet. "Du musst dich verstecken, oder geh zu deinen Söhnen!"

"Nein, ich habe schon genug Unheil gebracht. In erster Linie über dich, und ich habe nicht genug Leben, um mich dafür entschuldigen zu können ..."

Sakura hatte den Kopf geschüttelt, und erklärt, dass sie ihm viel verdanke. "Ohne dich wäre ich längst nicht mehr. Und das wissen wir beide."

Fugaku nickte voller Qualen. "Sei stark, Sakura. Auch wenn ich nicht mehr bei dir bin. Kämpfe für deine Zukunft!"

Dann waren Sakura die Tränen gekommen und weinend war sie Fugaku in die Arme gefallen. "Werden wir uns nie wiedersehen?", hatte sie schluchzend gefragt.

"Ich weiß es nicht. Aber du wirst meinen Söhnen begegnen, dass kann ich sehen. Und dann liegt es an dir ..."

Verwirrt sah Sakura ihn an. "Was meinst du mit: es liegt an mir?"

"Das Schicksal meiner Söhne ist für mich verborgen. Ich weiß nicht einmal, wie sie leben. Ob sie dem alten Weg folgen, oder ob sie den Weg der Uchiha gegangen sind. Nichts weiß ich über sie ... es ist alles im Dunkeln, wenn ich an sie denke ... aber wenn du ihnen begegnest, Sakura ... und wenn du die Entscheidung treffen musst, ob du ihnen das Geheimnis anvertraust, dann Wähle mit bedacht! Du weißt nun wie gefährlich diese Waffe ist. Für den, der sie besitzt, wie für den der sie spürt. Sie ist vernichtend. Sie ist tödlich, für Vampir wie Mensch. Ich habe gehofft, dass sie in Vergessenheit gerät, aber das ist leider nicht der Fall ... wie auch immer", Fugaku stöhnte erschöpft. "Sollten meine Söhne nicht den Weg gegangen sein, den der Hüter dieses Geheimnis gehen muss, dann dürfen sie die Wahrheit niemals erfahren! Ansonsten steht es dir frei, und es wäre sogar besser, wenn du ihnen das Geheimnis verrätst. Man würde dich in Ruhe lassen. Du wärst wieder sicher!"

Sakura seufzte leise, als sie sich daran zurück erinnerte. Wie stark er damals noch gewesen war. Wie erhaben und gütig, im Gegensatz zu jetzt, wo er nur noch ein Tier ohne Verstand war. Gefoltert und verhungert ...

Aber er wäre stolz auf Itachi und Sasuke, dass wusste sie. Sie waren den Weg der Uchiha gegangen, sie waren bereit für das Geheimnis.

Und für die Last, die Hüter zu werden.

Sie wäre sicher, wenn sie es ihnen erzählen würde. Sie wäre frei von der Last.

Aber sie wären noch mehr in Gefahr, mehr als je zuvor ...
 

"Jetzt ist die Frage, was sie wollen", sagte Kakashi und sah in erster Linie zu Itachi, der selbst ratlos schien.

"Wir dachten zuerst, sie wollen Hinata. Sie bezeichnen sie als Verräterin, deswegen ...", erklärte Itachi trocken. Er hasste die Menschenbluttrinker für diese engstirnige Einstellung. Es gab kaum jemand, der den Tod weniger verdiente als Hinata. Sie war für niemand eine Gefahr!

Er seufzte und schüttelte den Kopf. "Dann griffen sie aber Sakura an und wir glauben, es ist wegen der Verbindung zu uns. Wir stehen nicht gerade auf ihrer Freundschaft-liste ..."

"Wahrscheinlich dachten sie, uns so aus der Reserve locken zu können", fügte Sasuke zornig hinzu, als er an Peji zurück dachte, und was er Sakura angetan hatte. "Uns so wütend zu machen, damit wir angreifen und einen Fehler begehen."

Kakashi nickte. Er kannte die ewigen Spannungen und den Hass der Hyuuga auf die Uchiha, selbst wenn diese an keinem Streit mehr interessiert waren und zurückgezogen lebten. "Aber meint ihr, dass ist der einzige Grund, warum Sakura für sie so interessant ist?"

Temari wollte etwas sagen, einschreiten bevor Sasuke wütend werden konnte, da Kakashi sich nicht an sein Versprechen hielt. Sakura sollte nicht so öffentlich gezwungen werden, darüber zu sprechen. Aber Kakashi trieb sie nun ins offene Messer!

Doch noch ehe Temari den Mund aufmachen konnte, und auch Sasuke Kakashi angehen konnte, räusperte sich Sakura.

"Schon gut", sagte sie zu ihrer Freundin, da sie ihre Absicht erkannt hatte. "Er hat ... ja recht", Sakura entspannte sich etwas, als sie spürte das auch Sasuke wieder zur Ruhe kam. "Und ... ich ...", ihre Stimme zitterte leicht. "Ich muss wohl ein paar Dinge sagen, auch wenn es nicht viel sein wird. Kakashi glaubt scheinbar ...", sie sah ihn lächelnd an. "das ich darüber viel weiß, aber selbst wenn, dann könnte ich es heute nicht sagen ..."

Und das stimmte, denn das Geheimnis war nur für die Ohren der Uchiha bestimmt.

"Ich glaube Peji", Sakura schluckte bei seinem Namen. "War wirklich nur aus diesem Grund ... also der Verbindung wegen hinter mit her. Damals wussten sie noch nichts ..."

Und dann erzählte Sakura von Fugaku Uchiha, dass er ihr seine Erinnerungen an das Geheimnis anvertraute und seine daraufhin löschte, damit sie nicht in falsche Hände gerieten. Mehr sagte sie nicht. Weder von ihrer Verbundenheit zu ihm, noch wo das Versteck war. Noch irgendetwas anderes.

Kakashi hatte während der Erzählung die Augen geschlossen. Er war Fassungslos.

Eine Waffe, wer wäre darauf gekommen?

"Aber was soll das für eine Waffe sein?", fragte Naruto, der ebenfalls geschockt war.

Sakura starrte ausdruckslos in Leere. "Das wusste nicht einmal Fugaku. Seit Jahrhunderten ist sie versiegelt."

"Und wie kommt man dorthin? Wir könnten sie vernichten! Bevor die Hyuuga sind in die Finger kriegen!", Kakashi glaubte, das sei der einzige Weg, doch Sakura schüttelte den Kopf.

"Ohne mein Wissen wird sie niemand finden oder öffnen können. Und mein Wissen ist nur für Sasuke und Itachi bestimmt."

"Dann sag es ihnen, damit sie die Waffe zerstören können!", Kakashi war außer sich.

Eine Waffe! Wie konnte so eine gefährliche Waffe existieren?

Sakura schluckte. "Nein", war ihre schlichte Antwort.

"Nein?", Kakashi glaubte sich verhört zu haben. "Wieso nicht? Das ist Dummheit, wenn du ..."

In dem Moment sprang Sasuke auf und wäre Itachi nicht schneller gewesen, hätte Sasuke sich auf Kakashi gestürzt. Er hielt seinen Bruder bei den Schultern gepackt und sah ihn eindringlich an.

"Sasuke, beruhige dich auf der Stelle!", seine schneidende Stimme zeigte Wirkung.

Auch Kakashi saß nicht mehr, sondern blickte Sasuke finster an. Sollte er nur kommen, er wäre bereit für einen Kampf ...

"Warum verrät sie es dann nicht, hm? Weiß sie eigentlich, wie gefährlich das alles ist? Dass das hier kein Spiel ist?", Kakashis Stimme bebte.

Es war Itachi, der leise lachte, während Sasuke zu dem Sessel und Sakura zurückging.

"Ich glaube, Sakura weiß am besten, wie gefährlich die Waffe ist. Und das es kein Spiel ist. Peji hatte nicht vor, sich mit zwei Knochen zu begnügen ... Das sie uns also nicht verraten will, wo die Waffe ist, wird vermutlich einen Grund haben", er schüttelte nun ernst den Kopf. "Und wenn ich darüber nachdenke, dann wird er mir auch klar. Und jeder, der Sakura kennt, weiß warum."

"Ah ja? Dann soll sie mir einen vernünftigen Grund nennen!", Kakashi war immer noch nicht beruhigt, wenn aber leiser als zuvor.

"Damit niemand anderes in Gefahr ist", es war Hinatas leise Stimme, die das sagte. "Das hat dir Fugaku gesagt, stimmts? Wer das Geheimnis kennt, schwebt in Gefahr."

Sakura nickte knapp, so das man es kaum wahrnehmen konnte.

"Jeder schwebt in Gefahr!"

"Aber dich werden sie nicht foltern, damit du etwas sagst, dass du nicht weißt, oder?", Hinatas Stimme wurde etwas lauter.

"Sie können auch einfach in ihre Gedanken schauen! Genug Vampire beherrschen diese Technik! Dann wissen sie, wo das Versteck liegt!"

Hinata schüttelte den Kopf. "Sakuras Gedanken sind für uns Vampire zu verwirrend. Wir können ihren momentanen Zustand erfassen, auch ihre derzeitigen Gedanken, aber nicht ihre Erinnerung. Ich habe es versucht, zusammen mit Sasuke, und wir sind gescheitert."

Sakura sah auf. "Ihr ward in meinen Erinnerungen?"

"Nur ganz kurz", erklärte Sasuke. "Aber Hinata hat recht, ich konnte die Puzzle bis heute nicht zusammenfügen, die wir damals gesehen haben. Es geht nicht."

"Na gut, dann foltert man sie eben. Wie lange würde sie durchhalten? Ein paar Minuten?", doch im gleichen Moment, wie Kakashi das sagte, bereute er es auch schon wieder, denn Sasuke hatte nun seine Kehle gepackt und drückte ihn gegen die gegenüberliegende Wand.

"Sasuke!", sagte Itachi halbherzig, dass hatte er für diese Aussage wohl verdient. Kakashi sollte aufpassen, was er sagte. "Er hat nur Angst, das ist verständlich. Lass ihn los!"

"Ich ... habe keine ... Angst", krätzte Kakashi, während er versuchte Sasukes Finger von seinem Hals zu lösen. Doch Sasuke fixierte ihn und ließ nicht ab.

"Soll ich dir beibringen, was Angst ist?", zischte Sasuke und entblößte dabei seine weißen Zähne, so dass er beinah wie ein Raubtier wirkte. Skrupellos und gefährlich.

Tödlich.

"Sasuke!", jetzt war es Sakura, die sich einmischte. "Hör auf, wir brauchen seine Hilfe!"

"Dein Glück!", flüsterte der Vampir leise und mit einem diabolischen Lächeln, ehe er ihn los ließ und wieder zurück zu Sakura ging. "Entschuldige", sagte er sanft zu ihr. "Es war nur keine angenehme Vorstellung, verstehst du? Aber er weiß scheinbar nicht, was er sagt!", Sasuke sah Kakashi drohend an. "An Sakura kommt niemand heran!"

"Dann bringt sie euch so oder so in Gefahr!", Kakashi war immer noch nicht überzeugt. "Vielleicht will sie auch nicht, dass die Waffe zerstört wird!"

Wäre Itachi in diesem Moment nicht aufgesprungen, wäre Kakashi nun vermutlich überwältigt worden.

Aber nicht von Sasuke allein, auch Hinata hatte sich bewegt. Irgendwann war es auch für sie zu viel.

Sie war ein Vampir, zwar ein sanftmütiger, aber immer noch ein Vampir. Über ihre Freundin würde niemand solche Worte verlieren können, ohne unbestraft davon zukommen.

"Die Unterhaltung ist für heute beendet", sagte Itachi streng, auch er musste an sich halten. "Wir können ein andermal weiter reden, wenn sich die Gemüter beruhigt haben."

Kakashi nickte, nicht ohne Sasuke aus den Augen zu lassen.

Die Katze hatte ihre Krallen ausgefahren ...

Dem Geruch gefolgt

Ein freier Tag bedeutet für Studenten meist lange ausschlafen, mit Freunden treffen oder lernen.

Für Sakura bedeutete ein freier Tag Hausarbeit ...

Nicht, dass sie jemand gezwungen hätte, alle Parkettböden zu wischen, Staub zu fegen, Möbel zu polieren, Fenster zu putzen oder Geschirr mit der Hand zu spülen, trotzdem man eine Spüle besaß ...

Nein, Sakura wollte beweisen, dass sie DIE Hausfrau schlechthin sein konnte.

Vielleicht hätte man dafür öfter Einsatz zeigen müssen, aber Sakura glaubte einen freier Tag als Hausarbeitstag zu nutzen bringe sie schon ein ganzes Stück vorwärts.

Was sie jedoch nicht vorwärts brachte war die Beschreibung der Chemikalie, die sie für das Laminat benutzen wollte. Es war im Angebot gewesen, total gepriesen und als das Mittel schlechthin bezeichnet.

Das Mittel eben, dass Sakura jetzt zur Weißglut brachte. Warum war Putzen eigentlich noch kein Studiengang?

Sakura hätte es wohl belegt ...

Der andere Grund, warum die junge Frau sichtlich genervt schien, war weiß, flockenartig und kam vom Himmel.

Es schneite!

Und es schneite nicht einfach Flocke für Flocke, wie man es vom ersten Schnee erwartete. Nein, es musste ein Schneesturm sein. Es war gerade mal elf Uhr, aber die Straßen waren weiß und kaum begehbar, und wenn man aus dem geputzten Fenster sah, sah man nichts ...

Sakura schnaubte, als sie genug von der Anleitung hatte und nun nach ihren Verhältnissen mischen wollte. Schnell hatte sie ein zufrieden stellendes Gemisch zusammen, das auch aussah, wie es aussehen sollte.

Doch obwohl das Aussehen der Flüssigkeit übereinstimmte, stimmte die Wirkung ganz und gar nicht. Anstatt das Laminat streifenfrei sauber zu bekommen, wurde der Dreck nur verteilt und alles füllte sich glitschig und fettig an.

"Ah, jetzt hab ich die Nase voll!!, keifte Sakura mit dem Putzmittel, beförderte alles in einen Eimer und schleppte es komplett zurück in die Abstellkammer.

Ohnehin war genug für heute. Soviel musste man dann auch nicht putzen ....

Sakura seufzte und erschöpft warf sie sich aufs Sofa, um durch TV-Programm zu zappen. Sasuke war arbeiten, aber er hatte ihr versprochen eher Feierabend zu machen.

Das er überhaupt arbeite, wo er doch den ganzen Tag genauso gut faulenzen könnte! Wäre das nicht viel angenehmer?

Vielleicht aber keine 200 Jahre lang ...

Aber wie es schien gefiel im die Arbeit. Er arbeitete in einer Firma als Computerspezialist, wofür Sakura sich nun gar nicht begeistern konnte. Computer waren nicht ihre Welt, und würden es vermutlich nie sein.

Warum Sasuke sich damit so beschäftigte konnte sie also kaum nachvollziehen.

Hatte er nicht die gute, alte PC-lose Zeit kennen gelernt?

Vermutlich war genau das der Grund ...

Ein Klingeln an der Tür ließ Sakura aufschrecken. Wer konnte das denn um diese Zeit sein? Naruto und Hinata waren doch einkaufen und Temari bei Kakashi.

Itachi vielleicht? Er war ja heute zu Hause.

Niemals Sakura allein lassen, dass schien ihre Devise ...

Als Sakura die Tür öffnete, musste sie erst einmal Blinzeln. Vor ihr stand eine junge Frau mit roten Haaren und einer Brille, die sie unheimlich intelligent wirken ließ und trotzdem noch attraktiv. Dem Wetter zum Trotz trug sie kurze Shorts und lange Stiefel, dazu eine enge Lederjacke, die ihre Figur vollendend betonte.

"Ähm, ja?", stotterte Sakura, die mit allem gerechnet hatte, aber damit?

"Hi, ich bin Karin. Ich suche Sasuke, ist er da?"

Hä?

Sakura musste ihren Kloß hinunter schlucken, ehe sie sprechen konnte. "Ähm, nein ... entschuldige, kann ich dir ... vielleicht weiterhelfen?"

Karin zuckte lässig mit den Achseln und wirkte enttäuscht. "Wann kommt er denn wieder?"

"Er ist arbeiten", erklärte Sakura und musste an sich halten, freundlich zu lächeln.

Sie konnte diese Person eindeutig nicht leiden!

"Bist du seine Putzfrau?"

Sakura schluckte ein weiteres mal schwer. Seine Putzfrau?

Aber als die Rosahaarige an sich hinunter sah, da musste sie zugeben, dass sie wirklich wie eine Reinigungskraft aussah.

Sie hätte sich vielleicht umziehen sollen ...

"Ähm, ich ...", begann sie, doch Karin unterbrach sie grob.

"Wann ist er zurück?"

Ignorierte diese rothaarige Schnepfe sie gerade??

"In einer Stunde ungefähr", zwang Sakura sich zwischen den Zähnen hervor zupressen.

Karin nickte. "Ausgezeichnet. Dürfte ich wohl auf ihn warten?"

Sakura zog die Braue nach oben. Wie unverschämt war diese Tussi eigentlich? Was dachte die sich? Was glaubte die denn??

"Meinetwegen, komm rein", seufzte Sakura.

Sie hatte ja Anstand!

Im Gegensatz zu der Rothaarigen, die prompt ins Wohnzimmer lief und es sich auf der Couch bequem machte. "Es sieht nicht besonders ordentlich aus. Ich hoffe, ich störe dich nicht beim sauber machen ...", gähnte sie.

Sakura schloss resigniert die Augen. Sie hatte jetzt keine Kraft für einen Wutausbruch. Sie durfte sich nicht dem Zorn hingeben ...

Nein, sie würde Sündenfrei bleiben ...

"Nein, ganz und gar nicht", meinte Sakura verbissen und versuchte zu lächeln.

"Wie heißt du eigentlich?", wollte Karin jetzt wissen, während sie sich die Fernbedienung schnappte und Sakuras Lieblingssender verstellte.

"Sakura", war die knappe Antwort.

"Sakura, aha."

Mehr sagte Karin nicht, scheinbar beschäftigt mit den Durchschalten der Sender.

Sakura wusste nicht recht, was sie jetzt machen sollte. Dieser dummen Ziege vielleicht einen Kaffee anbieten? Fragen, was sie mit Sasuke zu schaffen hatte?

Aber das würde klingen, als wäre sie eine eifersüchtige Ehefrau ...

Und sie war keineswegs eifersüchtig!

Doch nicht auf diese halbnackte, viel zu leicht bekleidete rothaarige junge Frau ...

Ob sie mal was mit Sasuke hatte?

Total unwahrscheinlich.

Sakura zuckte leicht zusammen, als die Wohnungstür geöffnet und sie aus ihren Gedanken gerissen wurde.

"Sakura, alles in Ordnung?", sagte Sasuke, der plötzlich neben ihr stand.

"Wie?", die junge Frau musste wieder einmal Blinzeln. Perplex starrte sie ihren Freund an. "Ähm, ja sicher. Du bist schon fertig? Ich dachte, halb eins hast du erst Schluss?"

Sasuke nickte knapp, dann wandte er sich der Rothaarigen zu, die ihn grinsend musterte und sich erhoben hatte. "Hallo Karin, das ist eine Überraschung. Keine willkommene ...", sagte er kalt.

Unbeeindruckt von Sasukes offene Abneigung lächelte Karin weiterhin. "Ich freue mich auch dich zu sehen! Ich war in der Nähe ... ich dachte ich schau mal vorbei, der alten Zeiten wegen. Können wir uns nicht ein wenig ungestörter Unterhalten?", fragte sie und sah demonstrativ zu Sasukes "Putzfrau".

"Sakura kann genauso hören, was du zu sagen hast, wie ich."

"Wie?", Karin schien nun wirklich verwirrt. "Aber sie wird bestimmt irgendwo noch zu putzen haben, oder?", wandte sie sich grinsend an Sakura.

"Zu putzen?", nun war Sasuke derjenige, der irritiert wirkte.

"Ich hatte keine Lust nichts zu tun", erklärte Sakura nun fast entschuldigend. "Ich hab mich gelangweilt."

"Aber wir hatten doch gesagt, dass wir eine Putzfrau anstellen, und du die Zeit zum Lernen nutzen sollst!", Sasuke schien Karin vollkommen vergessen zu haben.

"Ich lerne fast jeden Tag!", beschwerte sich die Rosahaarige maulend. "Und ein wenig Hausarbeit packe ich auch alleine!"

Sasuke seufzte, währenddessen Karin ihn immer noch verstört anblickte.

"Sie ist nicht die Putzfrau?", fragte sie unverwandt.

"Sakura die Putzfrau?", Sasuke sah Sakura mit hochgezogener Braue an. "Du hast dich als unsere Putzfrau ausgegeben?", er grinste amüsiert.

Sakura schüttelte jedoch den Kopf. "Hab ich gar nicht, sie hat es nur angenommen."

"Oh", machte Karin nun und setzte sich wieder auf die Couch. "Ist sie etwa deine ... ähm ..."

"Sie ist meine Freundin, ja Karin", beendete Sasuke ernst den Satz und legte Sakura seinen Arm um die Schultern. "Und nun sag, was du zu sagen hast, damit du wieder gehen kannst! Wie hast du uns überhaupt gefunden?"

"Ich bin deinem Geruch gefolgt", erklärte Karin und sah weiterhin zu Sakura. Sie funkelte sie beinahe böse an. "Man munkelt viel und ich wollte mich überzeugen, was wahr ist. Dann ist sie also die Menschenfrau, die bei euch lebt. Interessant ..."

Sakura zuckte leicht zusammen. Menschenfrau? War Karin etwa ...

"Sie ist ein Vampir", sagte Sasuke zu ihr gewandt, da er ihre Reaktion bemerkt hatte. "Und eigentlich hatten wir ausgemacht, dass du niemanden rein lässt, oder?"

"Ähm, sorry?", Sakura klang immer noch überrascht.

"Ah, schon gut", schnaufte Sasuke. "Hast du jemanden gesagt, dass wir hier sind? Oder weiß es noch jemand außer dir?"

"Nein, niemand."

"Dann bist du nur hier, weil du mich zufällig entdeckt hast?"

"So ist es", grinste Karin und nickte ehrlich.

Sasuke seufzte. "Geh jetzt Karin, wir können ein andermal reden."

"Aber ..."

"Kein aber, geh!"

Karin senkte den Kopf, scheinbar deprimiert, fügte sich aber.

Ehe Sakura sich versah, war sie verschwunden ...
 

"Ich verstehe immer noch nicht, dass Karin ein Vampir ist", murrte Sakura, als sie mit Sasuke beim Einkaufen war. Dabei versuchte sie betont leise zu reden, damit niemand sie verstehen konnte.

"Vampir hin oder her, du sollst niemanden in die Wohnung lassen, wenn du ihn nicht kennst und keiner da ist!", gab Sasuke etwas lauter zurück.

"Aber Itachi war doch da! Warum hat er nicht bemerkt, dass ein Vampir im Haus ist? Ich denke, er spürt so was?!"

Sasuke griff in eines der Regale und holte sämtliche Sorten Jogurts hervor, die er passend fand. "Weil Karin vermutlich sehr menschlich gesinnt war. Itachi spürt Vampire nur dann, wenn sie sich vampirisch benehmen. Wenn sie Hunger haben zum Beispiel. Oder wenn ihre Gedanken sich um bestimmte Themen drehen. Aber Karin kam vermutlich nur mit einem Gedanke zu uns ..."

"Ja, dich zu sehen", beendete Sakura maulend den Satz. "Woher kennst du sie denn?", fragte sie betont beiläufig.

Nicht beiläufig genug ...

Sasuke grinste und sah Sakura amüsiert an. "Bist du eifersüchtig?", fragte er gerade aus.

"Tse, überhaupt nicht!"

"Doch bist du!"

"Nein bin ich nicht! Du kannst doch weibliche Freunde haben wie du willst, als wenn ich ..."

"Du wirst schon ganz rot", lachte Sasuke. "Aber Karin ist keine Freundin von mir. Und du brauchst nicht eifersüchtig sein, für mich gibt es nur eine Frau, und das bist du!"

Sakura wurde nun wirklich rot und wandte sich eiligst dem Regal zu um noch ein paar Jogurts in den Korb zu werfen. Dafür, dass sie die alleine essen musste, waren es nun recht viele.

"Und warum bist du jetzt früher von der Arbeit gekommen?", fragte Sakura, während sie neben dem Einkaufswagen herlief.

Sasuke zuckte mit den Schultern. "Weil ich gespürt hab, dass du Besuch hast. Und die Gefühle des Besuchs waren typisch Karins."

"Du merkst also auch aus der Entfernung ständig Gefühle?", Sakura hatte diese Sache immer noch nicht wirklich begriffen. Sasukes Fähigkeit war ihr ein Rätsel.

"Nur deine, die anderen interessieren mich nicht", gab er beiläufig zu.

"Wie nur meine? Kontrollierst du mich also die ganze Zeit über?"

"Ich würde es eher Aufpassen nennen", korrigierte Sasuke und warf nun mit gerümpfter Nase Gemüse in den Korb. "Das stinkt ja widerlich!"

Sakura schnaubte. "Du musst es auch nicht nehmen! Ich esse das alleine nie im Leben auf!"

"Du solltest nach wie vor mehr essen", erklärte er leicht hin und sah Sakura mustern an. "Ich habe nichts gegen deine Figur", erklärte er grinsend. "Aber ein paar Kilo mehr wären vermutlich gesünder."

"Ah", stöhnte Sakura kopfschüttelnd und ging voran. Das er immer wieder davon anfangen musste!

Und dass sie schon wieder rot werden musste ... er hatte also nichts gegen ihre Figur?! Und dass er dabei auch noch so grinsen musste ...

Sakura seufzte. "Vielleicht sollten wir heute Abend die anderen zum Essen einladen?", wechselte sie schnell das Thema.

Sasuke zuckte mit den Achseln. "Wie du möchtest."

"Oder lieber zum Wochenende hin? Das ist doch eine Idee!"

"Dann willst du kochen?", es klang leicht verwirrt.

Sakura sah Sasuke drohend an. "Sicher, vertraust du mir nicht?"

"Ich muss es nicht essen, mir kann es also egal sein. Es ist nur tragisch wegen Naruto ...", er lachte leise. "Hinata wird ihn vermissen ..."

"Ah, Sas-u-u-u-ke!"
 

Am nächsten Morgen saßen Sakura und Temari nebeneinander, kritzelten in ihre Hefte und versuchten angestrengt über das Getuschel ihrer Banknachbarn hinweg zuhören.

Das war jedoch ein fast unmögliches Unterfangen, denn alle redeten nur noch von einem: dem Weihnachtsball der Chitose Kagaku Gijutsu Daigaku!

Und dabei stand er nicht einmal unmittelbar vor der Tür, es waren noch ganze drei Wochen hin. Dennoch drehten sich alle Gespräche um mögliche Kleider, mögliche Partnerschaften und und und.

Temari hatte irgendwann genug und schnauzte nicht gerade leise das Mädchen neben sich an, der danach fast die Tränen kamen.

Sakura musste sich ein Lachen verkneifen. "Du freust dich wohl nicht?", fragte sie grinsend und in gedämpften Ton.

"Nein", war die simple Antwort.

"Aber warum nicht? Es ist doch wirklich eine nette Idee."

"Seit wann stehst du denn auf Partys?", gab Temari schlecht gelaunt zurück.

Sakura zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, es ist ja nicht so, dass ich euphorisch werde. Aber schlimm finde ich es trotzdem nicht. Zumindest reagiere ich nicht über!", sie nickte bekräftigend.

"Wer reagiert denn über?", knurrte Temari, doch das schniefen neben ihr ließ sie keine annehmbare Antwort auf ihre Frage erwarten.

"Du! Was ist los, hm?"

Temari schnaubte. "Nichts. Ich will nur die Vorlesung hier hinter mich bringen."

"Wir reden doch sonst über alles!", meinte Sakura fast traurig. So kannte sie ihre Freundin gar nicht. So abweisend und ausweichend. Was war mit Temari los? Beschäftigte sie irgendwas, was sie ihr nicht erzählt hatte, oder war es wegen ...

"Itachi, oder? Bist du wegen ihm so schlecht drauf?", flüsterte Sakura leise, damit sie niemand verstand.

Die Blonde zuckte kaum merklich zusammen. "Quatsch, ich hab mit Itachi nichts zu schaffen! Warum sollte ich wegen ihm schlecht drauf sein?"

"Wegen was denn sonst?", Sakura war ratlos. Was ging in letzter Zeit nur in der Vampirjägerin vor?

"Sakura bitte! Ich will zuhören!"

Und damit war die Diskussion beendet. Vorerst ...
 

Temari war auch in den nächsten Tagen nicht bei besserer Laune, und was Sakura stutzig machte und an ihrem Verdacht nicht zweifeln ließ:

Auch Itachi benahm sich weniger Itachi-like als sonst. Er war nicht mehr so scherzhaft drauf, ließ halbherzige Witze fallen und unterließ sogar seine ironischen Kommentare.

"Findest du das nicht komisch?", fragte Sakura Sasuke eines Abends, als sie schon im Bett lagen. Es hatte sich wieder eingestellt, dass er nachts bei ihr blieb. Und seitdem hatte Sakura auch komm noch Alpträume.

"Was meinst du?", Sasuke hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah Sakura fragend an, als sie ihren rosa Haarschopf von seiner Brust nahm und diese nun als Kinnstütze missbrauchte.

"Naja, mit Itachi und Temari ... da stimmt doch was nicht! Itachi ist seltsam drauf, Temari ist nur noch schlecht gelaunt. Und irgendwie glaube ich, dass es etwas mit diesem Ball zu tun hat. Sie scheint ihn nämlich absolut zu hassen. Ich glaube, sie will nicht einmal hin."

"Hm, ja schon komisch", gab Sasuke halbherzig zu.

Nun wurde Sakura hellhörig. "Dich scheint das nicht so zu beschäftigen, oder? Weißt du mehr als ich?"

"Nein, woher ..."

"Sag mal Sasuke", Sakura richtete sich nun auf. "Itachi ist doch dein Bruder ..."

Sasuke runzelte die Stirn. "Ich denke schon, ja. Manchmal wäre es mir zwar lieber, wenn er es nicht wäre, aber ..."

"Psst", Sakura schien nachzudenken und benötigte dazu ruhe. "Also wenn er dein Bruder ist dann kennst du ihn doch aber ziemlich genau, oder? Ich meine nach zweihundert Jahren ..."

"Sakura, ich weiß wirklich nicht, was die beiden für ein Problem ha .."

Aha!

"Warte mal, du sagst die beiden ... also weißt du doch mehr, stimmts? Und du verrätst es mir nicht!", Sakura tat fassungslos.

"Nein, ich weiß wirklich nichts genaues."

Aha!

"Wie nichts genaues? Mir reicht es auch, wenn du mir die ungenauen Dinge erzählst. Ach nun komm schon Sasuke! Bi-i-i-i-i-te!", Sakura zog einen Schmollmund und sah Sasuke trotz Finsternis lieblich an. "Bitte, sag es mir!"

"Aber da ist nichts, Sakura ...", Sasuke schnaufte. "Ich weiß nur, dass Itachi Temari zu diesen Weihnachtsball einladen wollte, und Temari hat abgelehnt."

"Und wieso?"

"Keine Ahnung. Du kennst ihn doch, vermutlich hat er irgendeinen Spruch abgelassen. Und Temari hat das falsch aufgefasst. Ich weiß es ehrlich nicht."

"Dann will sie also deswegen nicht dahin! Ha, ich habs mir doch gedacht."

"Bist du jetzt zufrieden?", fragte Sasuke und legte seinen Arm um Sakura, damit sie sich endlich wieder hinlegte.

"Nicht wirklich", seufzte die Rosahaarige, kuschelte sich aber wieder an Sasuke und schloss genüsslich die Augen. "Ich weiß, dass Temari schon einmal verliebt war. Weißt du darüber mehr?"

Sasuke zögerte. "Ja", gab er schließlich zu.

Sofort schoss Sakura wieder nach oben. "Echt? Und was?"

Doch Sasuke schüttelte den Kopf. "Das musst du sie selbst fragen. Aber es ist ... hm ein heikles Thema bei ihr."

Sakura sah Sasuke durch die Dunkelheit an. Sie nickte langsam. "Ich verstehe", sagte sie dann und ließ sich wieder fallen.

Heikle Themen waren nicht gut, dass wusste Sakura leider aus eigener Erfahrung ...

Eine Geschichte zweier Liebenden

"Meinst du wirklich?", hakte Sakura noch einmal nach und drehte sich ein weiteres mal vor dem großen Spiegel. "Es ist so ... auffällig!"

Hinata grinste leicht. "Na und? Es ist perfekt! Es passt super zu dir und Sasuke werden die Augen raus fallen, glaub mir!"

"Ich finde eher, dass es zu betont ist!", Naruto schüttelte nachdenklich den Kopf. "Und ein viel zu großer Ausschnitt! Und auch der Rücken, man sieht viel zu viel Haut. Man sieht ja fast den Hintern!"

Sakura seufzte. Naruto als Berater für ein Ballkleid mitzunehmen war nicht unbedingt die schlauste Idee, die sie in letzter Zeit hatte. Er führte sich auf wie ein großer Bruder, der gegen alles etwas hatte, was Männer anziehend fanden. Er war fast schlimmer als Sasuke, wenn das überhaupt ging! Hinata dagegen benahm sich wie ein Engel, hatte wahrlich Ahnung und einen modischen Geschmack, obwohl sie sich langsam auch der 100 näherte ...

Was Sakura in diesem Moment irgendwie fehlte war Temaris Meinung.

Aber Temari hatte nicht vor zu dem Ball zu gehen und knapp und bündig auch erklärt, dass sie keine Zeit zum Shoppen hatte.

Sakura seufzte ein zweites mal und sah Hinata fragend an.

"Lass dir von Naruto nichts erzählen", lachte sie leise. "Du gehst mit Sasuke zu dem Ball, als wenn du dich da vor anderen Männern fürchten müsstest!"

Nun musste auch Sakura grinsen. Da hatte Hinata wohl recht. Sie würde mit Sasuke gehen, ganz offiziell als Paar, und die Vorstellung ließ ihre Wangen erröten.

Dass Sasuke sich nach wie vor für sie interessierte hatte ihre Weltvorstellung gänzlich umgeworfen. Er schien sie nicht ausnutzen zu wollen, oder als Spaß zu betrachten.

Er schien sie wahrhaft zu lieben, so wie sie ihn wahrhaft liebte.

Und dieses Gefühl hatte ihr in den letzten Wochen soviel Kraft gegeben, dass sie sich mittlerweile fast normal fühlte.

So normal, wie man sich mit einem Vampirfreund fühlen konnte ...

Sakura grinste breit bei dem Gedanken, dann nickte sie Hinata zu. "Okay, dann nehme ich das. Aber nur wenn du das Blaue nimmst!"

Nun war es Hinata, die Rot wurde. "Aber das ist doch so sehr ... aufreizend, findest du nicht?"

"Im Gegensatz zu dem, was du mir rätst, ist es geradezu keuch! Und es hat dir wunderbar gestanden, du hast toll darin ausgesehen, stimmts Naruto?"

Naruto sah von Hinata zu Sakura und zurück. "Ähm", stotterte er, offensichtlich verlegen.

Sakura und Hinata mussten beide lachen. Dass der Uzumaki einmal nichts zu sagen hatte, war wirklich kaum zu glauben.

Fast unmöglich.

Und doch wahrhaftig.

Es gab eben doch noch Wunder ...
 

Gelangweilt saß Sakura an ihren Hausaufgaben, während Sasuke ihr gegenüber saß und versuchte, ihr die frühen 50er der Modernen Geschichte näher zu bringen.

Es war natürlich praktisch einen Augenzeugen als Hilfe zu haben.

Trotzdem änderte es nichts an dem Punkt, dass es das langweiligste Thema überhaupt war.

Und Sakura kurz vorm einnicken ...

Normalerweise würde sie ihre Hausaufgaben zusammen mit Temari machen, die aber, wie sooft in den letzten Tagen keine Zeit hatte. Mit Temari war es nie langweilig, sie hatte immer eine Anekdote zu erzählen, den neuesten Tratsch und Klatsch oder einfach einen Scherz auf Lager.

Nicht, dass Sasuke als Lehrer eine Niete war, aber ...

Er war nicht Temari.

"Geh zu ihr rüber", sagte Sasuke und seufzte genervt. "Sprich mit ihr, sag ihr wie du dich fühlst und frag sie, was mit ihr los ist!"

"Wie?", Sakura schrak aus ihren Gedanken hoch und sah Sasuke verstört an. "Ich soll was?"

"Mit Temari reden! Deine Gefühle sind ja zum Kopfzerbrechen!"

"Entschuldige ...", murmelte die Rosahaarige und schlug ihr Lehrbuch zu. "Ich bin nicht ganz bei der Sache."

"Ja, das merke ich. Jetzt geh rüber, ich schreib deinen Aufsatz ausnahmsweise zu Ende."

"Ehrlich?", Sakura glaubte sich verhört zu haben. Normalerweise tat Sasuke so etwas nie, obwohl er über so gut wie alles bescheid wusste. Er beharrte immer darauf, dass sie noch eine Menge zu lernen hatte.

Sasuke nickte und nahm sich Sakuras Heft.

"Aber", die junge Frau schluckte. "Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll ..."

"Doch, dass weißt du ganz genau! Du willst wissen was los ist. Sie leidet, und du weißt nicht wie du ihr helfen kannst. Ist es nicht so?"

Sakura grinste leicht. "Ja, so ist es."

"Na dann zisch ab."

"Danke", Sakura schenkte Sasuke eines ihrer zauberhaftesten Lächeln und gab ihm einen Kuss zum Abschied, den er nur zu gerne erwiderte. "Bis nachher."

Keine zwei Minuten später stand Sakura auch schon vor Temaris Wohnungstür, unschlüssig ob sie klopfen sollte oder nicht. Aber was hatte sie für eine Wahl? So wie jetzt ging es doch kaum weiter, oder?

Nein, das tat es nicht!

Sakura holte tief Luft, dann klopfte sie dreimal gegen die Holztür. Einige Zeit verging, die der Rosahaarigen unendlich vorkam, doch dann hörte sie Schritt im Flur und keine zwei Sekunden später öffnete Temari ihre Tür.

"Sakura? Was gibt es? Wenn es wegen denn Hausaufgaben ..."

"Nein", sagte Sakura und holte erneuert Luft. "Deswegen nicht. Aber ... Temari wir müssen reden, bitte!"

Temari zuckte leicht zusammen. "Ah, nicht jetzt, ja? Ich fühl mich ein wenig krank, ich glaub ich bekomme eine Erkältung oder so."

Sakura seufzte. Kopfschüttelnd sah sie Temari an. "Ich dachte, wir wären Freunde. Eigentlich bist du sogar ... meine beste Freundin ..."

"Und du meine Sakura, aber ..."

"Aber? Was aber? Bin ich nicht Freundin genug um mir sorgen machen zu dürfen? Um zwischen Tür und Angel abgefertigt zu werden? Mehr Freundin bin ich nicht?"

"Sakura, bitte das hat nichts mit dir zu tun!"

"Das weiß ich, aber es hat mit dir zu tun! Und du bist Teil meiner Familie! Und für meine Familie will ich da sein!"

"Ich brauche jetzt wirklich niemanden, Sakura, ehrlich. Mir geht es gut, du musst dir keine Gedanken machen!", Temari klang traurig, aber bestimmt. Im Moment war ihr nicht nach nach reden, auch wenn es sich um Sakura handelte. Im Moment wollte sie einfach nur alleine sein. Alleine mit sich und ihren Gedanken.

Sakura sah die Blonde mitleidig an. "Das bin ich also für dich, ja? Niemand ...", sie musste an sich halten, nicht zu weinen und dennoch lief ihr eine Träne über die Wange.

Niemand war so ein grausam Wort. Niemand war etwas, dass sie nicht sein wollte. Niemand war das, was sie zu lange gewesen war. Immer nur eine von vielen. Eine Verrückte. Eine Mörderin. Eine Verbrecherin. Jemand ohne Freunde. Eine von vielen ...

Aber Temari, Sasuke, Naruto und Hinata, und Itachi hatten ihr gezeigt, dass sie jemand war. Eine von ihnen. Eine Freundin. Eine Geliebte. Etwas, dass es Wert war, beschützt zu werden.

Und nun stand sie vor Temaris Tür, als niemand?

"So hab ich das nicht gemeint, Sakura! Bitte wein jetzt nicht, okay?"

"Okay", Sakura nickte schluchzend, dann drehte sie sich um und rannte die Treppe hinunter. Ohne Jacke. Einfach nur weg.

Fassungslos starrte Temari ihr hinterher, ehe sie ihre Sachen griff und Sakura nach lief.
 

Sakura war bereits einige Straßen gelaufen, als ihr bewusst wurde, dass sie vor Schnee kaum etwas sehen konnte. Sie wollte nicht weinen, wollte nicht einmal wütend sein oder traurig.

Aber sie war wütend.

Und sie war traurig.

Wütend auf sich selbst, weil sie unfähig war, Temari beizustehen.

Und traurig darüber, dass ihre beste Freundin keine Hilfe annehmen wollte.

Und was tat sie?

Sie lief wieder weg, wie sie es immer gemacht hatte. Lief vor allem davon, nach wie vor. Hatte sich sowenig geändert? Hatte sie sich so wenig verändert?

"Hier", sagte plötzlich eine Stimme hinter Sakura, die ihr nur allzu vertraut war. "Zieh dir die Jacke an, sonst holst du dir etwas weg."

Sakura drehte sich um und sah in das lächelnde Gesicht ihrer Freundin. Weinend fiel sie Temari um den Hals und es vergingen einige Sekunden, ehe sie etwas sagen konnte.

"Entschuldige, ich übertreibe wieder", schluchzte Sakura und wischte sich über die Augen. "Es ist immer das gleiche mit mir."

"Schon okay, dass bist nun mal du. Und das ist gut so."

"Ach ja?", sagte Sakura ironisch. Wenn es gut war, so wie sie war, warum wollte ihre beste Freundin nicht ihre Hilfe annehmen?

"Ja, und ich muss mich entschuldigen. Du hast recht gehabt. Ich hab mich zu sehr verkrochen. Ich hab mich zurückgezogen, anstatt über meine Gefühle zu reden. Das war ... wohl falsch, was?"

Sakura hielt inne. Sie wusste nicht, was sie jetzt antworten sollte.

"Lass uns ein Stück spazieren, okay?", schlug Temari vor und grinste leicht. "Oder ist es dir zu kalt?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Nein."

Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her und jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen. Irgendwann hakte sich Sakura bei Temari ein.

"Ich war wohl in letzter Zeit ganz schön schräg drauf, was?", begann Temari daraufhin. "Und ich bin dir eine Erklärung schuldig."

Sakura lächelte leicht. "Nein, wenn du es mir nicht sagen willst, dann musst du das auch nicht."

"Doch, denn ... vielleicht ist es auch besser, wenn ich es dir erzähle. Vielleicht verstehst du es dann."

Sakura nickte. "Das werde ich bestimmt."

Temari grinste. "Du sowieso", sie lachte leise, ehe sie ernst weiter sprach. "Weißt du, Itachi hat mich zum Ball eingeladen."

"Oh", tat Sakura überrascht. "Und ... das war nicht gut?"

Temari versuchte wieder zu lächeln, doch sie versagte kläglich. "Nein, nicht so ganz. Also eigentlich schon. Ich ... ich weiß es selbst nicht so genau. Ich mag Itachi ... aber ich will ... ihn nicht zu sehr mögen, verstehst du?"

Sakura nickte wieder. Natürlich, sie war die Jägerin. Er der Gejagte. Eigentlich waren sie Feinde.

"Und wenn ich viel Zeit mit Itachi verbringe ... naja dann bin ich eigentlich immer sehr glücklich. Und in letzter Zeit ist mir das recht doll aufgefallen. Und das darf eben nicht sein ..."

"Aber wen interessiert denn das? Wenn du Gefühle für Itachi hast, dann doch für Itachi als ... als Lebewesen, nicht als Vampir, oder?", Sakura verstand das ganze Problem nicht. "Liebe kennt doch keine Grenzen!"

"So einfach ist es nicht, Sakura! Itachi ist nun einmal was er ist, und ich bin, was ich bin! Er ist mein Feind, irgendwo!"

"Nein, die sind deine Feinde!", Sakura schien nun etwas aufgebracht. "Und die sind seine Feinde! Und die Feinde deines Feindes sind deine Freunde, oder etwa nicht?"

Temari seufzte. "Du siehst das zu unkompliziert ..."

"Weil es das ist! Wer verbietet euch denn, euch gern zu haben?"

"Ich ..."

Sakura sah Temari fassungslos an. "Aber ... wieso?"

Die Blonde blieb stehen und Sakura sah, dass sich Tränen in ihren Augen sammelten. Schnell wischte sie sich über die Augen, doch es kamen immer wieder Tränen nach.

"Weißt du, vor ... vor drei Jahren ... da war ich mit jemanden zusammen", sie lächelte unter ihren Schleier aus Tränen hervor. "Ich war richtig glücklich ... und wir waren sehr lange zusammen, wir haben uns ehrlich geliebt. Shikamaru wusste sogar, werich war. Das ich eine Vampirjägerin war ... er war ... lieb und einfühlsam, und er hatte immer Verständnis und immer Angst, dass mir etwas passieren könnte ... für ihn hätte ich sogar mein Leben als Jägerin aufgegeben ... ich war kurz davor ..."

Sakura sah Temari mit geweiteten Augen an. Erzählte sie ihr gerade von ihrer ersten großen Liebe?

"Auf jedenfall ... wir waren mittlerweile über ein Jahr zusammen, und wir hatten Pläne. Wir wollten heiraten, weißt du? Völlig übereilt, aber ... wir wussten, dass wir ... nun ja für einander bestimmt waren. Es war alles so ... so richtig, verstehst du?"

Sakura nickte. Das Gefühl kannte sie. "Was", sie musste schlucken. "Was ist passiert?"

"Es gab wieder einen Angriff ... Vampire, in Bombay. Wir flogen hin, und er kam mir nach ... es war eine ziemliche heikle Sache, und das wusste wir. Mein Vater war damals unser Anführer, von mir und meinen Brüdern. Wir waren zu Viert, die Vampire zu siebend. Aber mein Vater war ein geborener Kämpfer, er war stark und mutig ... die meisten erledigte er immer im Alleingang. Und Kakashi kam uns ebenfalls zu Hilfe, er hatte uns ja nach Bombay gerufen, weil er dort patrouillierte und den Aufmarsch mitbekommen hatte. Und dann ..."

Sakura hatte Angst zu erfahren, was dann passierte. "Er kam auch dorthin ...", wisperte sie und biss sich sorgenvoll auf die Unterlippe. "Nein ..."

"Doch", Temari musste kurz innehalten. Sie holte tief Luft, ehe sie weiter sprechen konnte. "Doch, und ... es passierte so schnell ... er wollte mich nur beschützen, aber stattdessen wurde er gebissen ... die Verwandlung begann sehr schnell einzusetzen ... er rastete vollkommen aus und griff mit seiner unkontrollierten Stärke meinen Vater an ...", Temari musste wieder stehenbleiben. Ihre Hände zitterten und sie ballte sie zu Fäusten. "Ich ... ich stand ihm am nähsten, ich sah alles ... genau mit an ... ich sah, wie er meinem Vater ein Messer direkt ... direkt ins Herz rammte ... wie er ihn tötete, meinen Vater ...", jetzt liefen die Tränen ungehindert ihren Weg und auch Sakura hielt sich wie erstarrt die Hand vor den Mund. Das durfte nicht sein ...

"Und dann", Temari schüttelte den Kopf und ihr Gesicht schien versteinert, doch Sakura konnte die tiefe Traurigkeit darin erkennen. "Und dann tötete ich ihn ... Ich habe den Mann getötet, den ich mehr als mein Leben geliebt habe, weil er ein Vampir wurde und meiner Vater ermordete!", die letzten Worte schrie Temari fast und es klang Verzweiflung mit. Verzweiflung und Hass.

Hass auf sich selbst ...

"Temari ...", Sakura schlang die Arme um ihre Freundin und strich ihr tröstend über den Rücken. "Es ist so furchtbar, es tut mir so leid ...", flüsterte sie und versuchte die Blonde zu beruhigen. "Es tut mir so schrecklich leid."

Noch eine ganze Weile standen die beiden da, allein im Schneesturm, dem keinem etwas ausmachte. Niemand sagte ein Wort, nur Temaris Weinen war leise zu vernehmen. Sie waren gefangen in ihren Gedanken, aber sie waren zusammen.

Und in dem Moment war es das einzig richtige, was Sakura für ihre beste Freundin tun konnte.

Sie fest halten und einfach da sein.

Denn solch eine Narbe vermochte kein Wort zu heilen, solch eine Wunde würde vermutlich ewig gegenwärtig bleiben. Solch ein Mal brannte sich ein, und ehe es verschwand würde es eine Menge Zeit bedürfen.

Im Augenblick war nur der Trost das, was solch eine Erinnerung lindern konnte.

Kakashis Informant

"SSDD", buchstabierte Sakura flüsternd, während der Dozent seine Vorlesung hielt. Die letzte in diesem Jahr!

"Und was soll das nun heißen?", fragte Temari neugierig, da Sakura fast die ganze Stunde über nichts anderes geschrieben hatte.

"Na SSDD", grinste Sakura und streckte ihrer Freundin die Zunge heraus.

"Sag mal!"

"Same Shit, different day ...", erklärte die Rosahaarige belustigt. "Is aus einem Film, den ich damals gesehen hab."

"Oh, und was soll das heißen?"

"Kannst du kein Englisch?"

"Schlecht", gab Temari zu.

Sakura seufzte. "Gleiche Scheiße, anderer Tag. Aber wenigstens haben wir es heute hinter uns und dieses Jahr keine Uni mehr! Yeah!"

"Yeah, das kannst du laut sagen", stimmte Britney, die auf der anderen Seite von Sakura saß, zu. "Nur noch der Ball und wir habens geschafft!"

Sakura nickte. "Mit wem gehst du hin?", fragte sie interessiert.

"Lee", sagte Britney grinsend. "Er hat mich vor einer Woche gefragt, obwohl cih eigentlich mit Samuel hinwollte. Aber Lee ist dann doch die bessere Partie!"

"Mit wem gehst du, Sakura?", fragte ein Junge eine Reihe vor den Mädchen, mit gefärbten blauen Haaren und großen nussbraunen Augen. "Du könntest mit mir gehen!", er grinste breit.

"Ähm nein, ich ..."

"Sakura geht mit Sasuke, also wirklich, Kazuya! Das weiß doch so gut wie jeder!", erklärte Britney.

"Ach tatsächlich?", es war Sakura alles andere als angenehm, dass es 'so gut wie jeder' wusste.

"Sicher. Es laufen sogar wetten!"

"Wetten?", Sakura schluckte schwer. Auf was konnte man denn wetten? Wie lange es dauern würde, bis sie Sasuke die Füße beim Tanz zertrampelt hatte?

"Wer das hübscheste Paar ist", meinte Britney mit leicht neidischen Ton. "Du und Sasuke gegen Yumi und Seiichi."

"Gott des Wahnsinns!", entfuhr es Sakura, die glaubte sich verhört zu haben.

"Ich tippe auf dich und Sasuke. Das sagen auch die meisten. Kommt nun vermutlich drauf an, wer das schönste Kleid hat und welcher Freund mehr Gentleman ist!"

"Na da wird Sasuke die Runde machen", gluckste Temari leise. "Er hat ja die meiste Erfahrung ..."

"Außer wenn er die Kontrolle verliert ...", gab Sakura unwirsch zurück.

Temari lachte wieder. "Dann darfst du dich nicht von anderen Männern anbaggern lassen!"

"Als wenn ich das mit Absicht tue!", knurrte Sakura, die in den letzten Tagen recht viele Einladungen zum Ball hatte abschlagen müssen. Und Sasuke war mehr als einmal plötzlich neben ihren Werber aufgetaucht und hatte ihn mit seinen kalten Blick verscheucht. Es war ein Wunder, dass er Kazuya nicht durchschaut und in die Vorlesung geplatzt war!

Temari grinste, obwohl auch sie einige Bewerbungen hatte absagen müssen. Nach wie vor plante sie nicht, zu dem Ball zu gehen, obwohl es ihr mittlerweile wesentlich besser ging. "Ach ja, der starke Prinz der Nacht und das Brugfräulein auf dem Ball, das wird sicher romantisch!"

"Tse, hör auf dich über mich lustig zu machen!"

"Tue ich gar nicht", kicherte Temari, als sie den bösen Blick des Dozenten auf sich spürte. Für diese Stunde war erst einmal Ruhe ...
 

Nach der Vorlesung, und somit auch dem letzten Unterricht dieser Woche, diesen Monats und dieses Jahres, gingen Temari und Sakura schwatzend über den Campus zu den Parkplätzen.

Wie immer stand dort bereits Sasuke, an seinem schwarzen Honda gelehnt, als mache ihm die Kälte nichts. Er parkte neben Temaris neuem Auto, falls man es Auto nennen konnte ...

"Ich fasse es immer noch nicht", sagte Sakura kopfschüttelnd, als sie den riesigen Geländewagen, einen Hummer H3 ansah, wie er fast mehr als einen Parkplatz für sich beanspruchte. Niemals hätte sie erwartet, dass Temari mit so einem Geschoss auffahren würde.

"Ich finde ihn genial!", grinste die Blondine, während sie Sasuke ein "Hi" entgegen nickte.

Sasuke nickte zurück, wobei er Sakura in die Arme nahm und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte. "Einen lehrreichen Tag gehabt?", fragte er lächelnd.

"Bestimmt", antwortete Sakura ironisch und konnte den Blick noch immer nicht von dem 'Auto' nehmen, dass einfach gigantisch wirkte, vor allem im Gegensatz zu Sasukes sportlichen Flitzer.

"Du hast dir einen klasse Wagen zugelegt", lachte Sasuke, als er Sakuras Gesicht bemerkte. "Ich hatte auch mal einen Hummer, allerdings ist das schon etwas her. Und das Model ist heute schon veraltet. Aber es ist ein guter Wagen. Sehr sicher. Zumindest für den Insassen."

Sakura schluckte, als sie Temari fast diabolisch grinsen sah. Wurde sie jetzt größenwahnsinnig? Das hätte noch gefehlt ...

"Können wir?", fragte Sasuke nun und Sakura nickte.

"Dann bis später Temari!", rief sie ihrer Freundin noch zu, die im Inneren ihres Autos kaum mehr zu sehen war.

Eine Weile saßen Sasuke und Sakura schweigend nebeneinander, als sie durch Chitose fuhren. Leise lief das Radio, während Sasuke in schneller Fahrt durch die Stadt fuhr. Es war ein Wunder dass ihn nie die Polizei stoppte!

"Haben wir es eilig?", fragte Sakura, obwohl sie die Geschwindigkeit nicht mehr so störend empfand wie anfangs.

Sasuke grinste. "Ich dachte du brauchst Zeit um dich für heute Abend fertig zu machen."

"Quatsch, das geht ruck zuck. Außerdem will Hinata kommen, wir versuchen uns gegenseitig die Haare hochzustecken. Das kann was werden."

Sasuke lachte und sah Sakura amüsiert an.

"Was ist?", fragte Sakura und musste ebenfalls grinsen.

"Ich hab mich nur eben daran erinnert, wie deine letzte Party gewesen ist und wie du dich dagegen gewehrt hast."

Sakuras Grinsen erstarb. "Stimmt, ja. Das ist zwar kaum länger als eineinhalb Monate her, aber ...", Sakura schnaufte. "Es ist irgendwie vieles anders geworden."

"Sehr viel, du hast dich sehr verändert."

Sakura seufzte. "Ich hoffe nicht nur zum negativen."

"Überhaupt nicht! Im Gegenteil. Dir scheint es viel besser zu gehen. Trotz meiner Anwesenheit."

"Deine Anwesenheit ist der Hauptgrund, warum es mir gut geht", Sakura grinste und sah Sasuke zuckersüß an.

"Aber ich bringe dich in Gefahr."

"Ist es nicht eher anders herum? Ich bringe euch in Gefahr?!", sie musste an das Geheimnis denken, dass Fugaku ihr anvertraut hatte. Bisher hatten sie nicht weiter darüber geredet, obwohl ein nächstes Treffen mit Kakashi geplant war. Es gab noch einiges, was zu bereden war.

"Lass dir das von diesem Idioten nicht einreden! Ich zerquetsche ihn, wenn er das nächste Mal das Maul aufreißt!", Sasuke war nicht begeistert, dass er Kakashi wiedersehen sollte.

"Sei nicht so, Sasuke! Und irgendwo hat er doch auch recht ..."

"Hat er nicht", sagte Sasuke ernst. "Hinata, Itachi und ich sind ständig der Gefahr eines Angriffes ausgesetzt, weil wir leben wie wir leben. Naruto steckt wegen Hinata mit drin. Du bringst uns nicht mehr in Gefahr als wir es sonst schon sind. Und außerdem haben wir jetzt noch etwas Zeit. Wir können uns vorbereiten."

Sakura stöhnte ein "Hm." Ganz überzeugt war sie davon nicht.

"Wenn ich es dir und Itachi sagen würde, wäre es besser? Ich möchte auch nicht, dass ihr sauer seit. Es ist nicht mein Geheimnis."

"Er hat es dir anvertraut, es ist nur dein Geheimnis. Wir hatten damit genauso wenig zu tun wie du vorher. Und wir sind nicht sauer, glaub sowas nicht. Du willst uns schützen, dass ist sehr edel ... aber auch dumm, denn du bringst dich damit mehr in Gefahr als sonst. Wenn du es uns sagst, dann wäre es das beste, deine Erinnerung daran zu löschen."

"Dann würde ich ... aber auch ihn vergessen, oder?"

Sasuke nickte. "Ich verstehe, wenn du das nicht willst."

"Ich verdanke ihm viel. Es wäre nicht richtig, nicht für mich", erklärte sie leise und sah aus dem Fenster.

Sasuke grinste und nahm Sakuras Hand. "Jetzt mach dir nicht so viele Gedanken. Nicht heute. Das wird dein Ball, du solltest dich lieber darauf konzentrieren."

"Hm."

"Freust du dich nicht?"

Sakura zuckte mit den Schultern. "Temari wird nicht kommen. Es ist schade. Ich hätte fast erwartet, dass sie es sich anders überlegt. Aber sie bleibt dabei."

Sasuke nickte. "Vielleicht überlegt sie es sich ja kurzfristig. Und wenn nicht, es gibt noch genug andere Bälle. Die Hauptsache ist doch, dass es ihr wieder besser geht."

"Das stimmt. Und es scheint wirklich bergauf mit ihr zu gehen. Und auch bei Itachi. Er ist wieder so gemein wie vorher!"

Sasuke lachte. "Ich kann ihn für dich verprügeln wenn du willst."

"Itachi verprügeln?"

"Wir hatten uns schon lange nicht mehr in der Wolle. Es wäre wieder an der Zeit."

"Nein, danke. Itachi ist schon okay, wenn er nicht seine dummen Scherze macht über die nur er lachen kann!"

"Sag mal Sasuke ..."

"Ja?"

"Seit ihr eigentlich die ganze Zeit über zusammen gewesen? Also nie getrennt?"

Sasuke zögerte. "Doch", gab er zu. "Anfangs sind wir unsere eigenen Wege gegangen, und dann zwischen durch immer mal wieder. Alle paar Jahre gehen wir uns ziemlich auf die Nerven und bleiben uns eine Weile fern ..."

"Wie lange seit ihr jetzt schon wieder zusammen?"

Sasuke überlegte. "Seit sieben Jahren etwa. Davor war ich eine Weile weg."

"Und was war mit Hinata? Sie ist doch schon sehr lange bei euch, oder?"

"Hinata war bei Itachi, die ganze Zeit über soweit ich weiß."

Sakura nickte. "Hm", machte sie dann nachdenklich.

"Was ist?", Sasuke runzelte die Stirn. "Machst du dir über irgendetwas sorgen?"

Sakura schüttelte hastig den Kopf.

"Na los, sag es!"

Nun zögerte die Rosahaarige. "Ich ... du wirst doch ... doch aber nicht einfach verschwinden, oder? Wenn ich dir auf die Nerven gehe, mein ich ..."

Sasuke schien ihm ersten Moment überrascht, dann aber beinah verärgert. "Sakura, ich hab dir doch gesagt, du bist jetzt mein alles! Ich kenne keinen Menschen wie dich, und ich werde dich nie verlassen!"

Sakura zwang sich zu einem Lächeln. Sie glaubte ihm, bedingungslos. Trotzdem gab es eine Sache, die ihr wieder einfiel. Sie hatte für Sasuke sterben wollen, damit ihm nichts geschah. Der Gedanke, ihn zu verlieren wäre unerträglich. Doch damals hatte sie auch begriffen, dass es andersrum nicht anders war.

"Aber ich werde dich verlassen, irgendwann ...", ihre Stimme klang melancholisch.

"Wenn du es mit mir nicht mehr aushältst, das ist dein gutes Recht."

"Nein", Sakura musste sich eine Träne wegwischen. "Ich werde dich nie über haben können, aber ... ich werde eines Tages sterben. Vor dem Tod am Ende meiner Tage kannst du mich nicht beschützen ..."
 

"Gott des Allmächtigen, Hinata!", Sakura sah in den Spiegel und glaubte sich nicht wieder zu erkennen. Ihre kurzen Haare waren aufgetürmt, als wären sie meterlang. "Wie hast du das hinbekommen?"

Hinata lachte schüchtern und wurde rot. "Das ist doch nur ein kleiner Trick", lächelte sie verlegen. "Ich habe mal in einem Friseursalon gearbeitet."

"Wahnsinn, ehrlich!", Sakura war immer noch fassungslos.

"Auf jedenfall bist du jetzt fertig. Und du siehst klasse aus!", grinste Hinata, während ihre gewöhnliche Blässe zurück kam.

"Und du erst. Naruto fallen die Augen raus!"

Sie sah wirklich toll aus, dass musste sich die Hyuuga sogar selbst eingestehen, was eigentlich nicht ihre Art war. Sie trug ein mittellanges, unten ausgestelltes blaues Abendkleid. An der linken Seite ihrer Träger wurde es von einer hübschen kleinen Blume geziert. Hinata sah einfach elegant aus, graziös und anmutig.

Ihre kurzen Haare trug sie im Gegensatz zu Sakura offen, allerdings hatte sie einen silbernen Haarreif mit Strasssteinen auf, der das Gesamtbild noch veredelte. Er bildete einen passenden Kontrast zu ihren Blauschwarzen Haaren.

"Du bist unmöglich!", lachte Hinata und schloss die Badetür auf. Als sie die Tür öffnete hörte sie einen Knall und bemerkte amüsiert, dass Naruto wohl gelauscht haben musste, denn er lag nun rücklings auf dem Boden. Offensichtlich hatte er die Spannung nicht mehr ausgehalten. Hinata hatte ihm das Kleid nie an sich gezeigt.

Neben dem liegenden Naruto stand Sasuke, grinsend und eindeutig begeistert von seiner Freundin. "Ihr seht umwerfend aus", sagte er galant und reichte Sakura den Arm.

"Das geb ich glatt zurück", lächelte die junge Frau, denn Sasuke war wieder einmal perfekt gekleidet. Auf der letzten Party war er leger erschienen, aber heute trug er einen schwarzen Anzug, wirkte fein und dennoch lässig. Es war schon fast verboten cool, wie er dastand und sie anlächelte! Zum dahin schmelzen ...

Sakura seufzte, als Sasuke sich zu ihr hinunterbeugte und sie zärtlich küsste. "Du siehst wirklich umwerfend aus. Ich werde heute Abend wohl Augen und Ohren offen halten müssen ...", sagte er dann.

"Als wenn ich mich nach anderen umsehe", sagte Sakura entrüstet.

"Aber andere nach dir."

"Jetzt hör aber auf", Sakura schüttelte belustigt den Kopf. "Wo steckt eigentlich unsere Anstandsdame?"

Sasuke lachte. "Der ist schon unten und heizt das Auto vor. Wollen wir also?"

"Ja, wir wollen", grinste Sakura und folgte Sasuke nach draußen.

"Wir auch?", Naruto hielt seiner Freundin nun ebenfalls den Arm hin.

Hinata lächelte ihn lieblich an. "Mit dir immer", sagte sie und hakte sich bei ihm unter. Dann verließen auch sie die Wohnung.
 

Während Sakura und Sasuke mit Itachis Wagen zum Weihnachtsfest der privaten Universität von Chitose fuhren, stieg Hinata natürlich in Narutos schwarzen Opel GT ein, einen Luxus, den sich der junge Mann schwer erarbeitet hatte, obwohl Hinata ihm den Wagen damals liebend gerne geschenkt hätte.

Die Fahrt verging schnell, da auch Naruto nicht zu den Verkehrsregeln-beachten-tüchtigsten Fahrern gehörte, und kurze Zeit später kamen sie am Campus an, wo schon unzählige Wagen parkten.

"Geht ihr schon vor, ich komme nach", sagte Itachi knurrig, als Naruto ihm einen der wenigen Plätze vor der Nase wegschnappte.

Sasuke nickte und half Sakura auszusteigen, da ihr langes, grünes Kleid, dass an einigen Stellen mit weißen Blumen bestickt war, viel zu kompliziert für die Rosahaarige war, um alleine aus dem Wagen zu kommen.

"Danke", grinste Sakura und versuchte sich zu richten, als ihr schon die Kälte entgegenschoss. "Um Gotteswillen, ist das ein Frost!", bibberte sie und zog die Stola eng um sich. "Lass uns schnell nach drinnen gehen."

"Du könntest dir meine Jacke umhängen", schlug Sasuke vor, doch Sakura wehrte gleich ab.

"Wie sehe das denn aus? Also wirklich!"

"Also lieber krank werden?"

"Natürlich", war die simple Antwort der 19-jährigen, und schnellen Schrittes holten sie zu Hinata und Naruto auf.

"Ich hätte ihr dieses Kleid verboten!", brummte Naruto, der Hinata an der Hand hielt.

Sasuke grinste. "Und mir die neidischen Blicke erspart? Außerdem werde ich aufpassen, soll nur jemand kommen", meinte Sasuke deutlich und entblößte dabei seine weißen, messerscharf aussehnden Zähne.

"Jungs, bitte!", Sakura seufzte theatralisch. "Ihr werdet euch benehmen, okay?"

"Natürlich", sagte Sasuke im gleichen Ton wie Sakura, nur mit einem diabolischen Lächeln.

Super ...

Der Ball war noch nicht in vollen Gange, als die Vier, dich gefolgt von Itachi, die große Mensa betraten, die wunderbar weihnachtlich geschmückt war. Es waren offensichtlich weder Kosten noch Mühen gescheut worden, um hier und heute eine wahrhaft grandiose Feier zu veranstalten.

"Sakura, hey!", rief auch schon Britney, die mit Lee im Schlepptau zu der Rosahaarigen angerannt kam und dabei fast über ihr viel zu langes Kleid stolperte. Trotzdem machte sie noch eine gute Figur, und lächelnd hielt sie vor Sakura an. "Hi, na schon da? Es ist klasse geworden, oder? Yui hat bei der Organisation mitgeholfen, einfach traumhaft!"

"Ja, stimmt", gab Sakura grinsend zu.

"Oh, hallo Sasuke", begrüßte Britney Sakuras Freund, als hätte sie ihm eben erst bemerkt. "Und das sind Freunde von dir? Studiert ihr auch hier?"

Naruto nickte. "Ja, aber an einer anderen Fakultät", erklärte er. "Ich bin Naruto und das ist Hinata. Wir sind die Architekten", er grinste breit.

"Aha", Britney lachte. "Ich bin Britney, ich bin die langweilige Geschichtslehrerin."

"Ach du willst Lehrerin werden?", fragte Naruto interessiert. "Meine Mutter ist auch Geschichtslehrerin."

"Echt? Cool! Ich will unbedingt mit Kindern arbeiten, und Geschichte hat mich schon immer interessiert ..."

Und dann folgte ein recht langes Gespräch über die pädagogischen Erziehungsmaßnahmen von Grundschulkindern, die Sakura nur noch mit einem halben Ohr hörte.

"Wo ist Itachi?", fragte sie Sasuke flüsternd, da sie Britney nicht stören wollte.

"Vermutlich holt er was zu trinken."

"Ah, wie immer ...", Sakura kicherte, als sie Yui und ihre andere Freundin von weiten sah. "Ich bin gleich zurück", sagte sie zu Sasuke und gab ihm einen flüchtigen Kuss.

"Geh nicht zu weit."

"Bestimmt nicht."

Sakura raffte ihr Kleid und versuchte schnellen Schrittes zu Yui zu gelangen, was ihr aufgrund der hochhackigen Schuhe kaum gelang. Dennoch erreichte sie eine Minute später ihre Freundin, die sie fröhlich begrüßte.

"Du siehst toll aus", sagte Sakura und bekam sogleich das Kompliment zurück.

"Und dein Sasuke erst, du musst ihn wirklich im Auge behalten. Bei den Tussen, die ich hier schon gesehen hab ..."

Sakura grinste. "Da mach ich mir keine Sorgen, und er trägt einen Peilsender", scherzte sie.

Yui gluckste. "Das ist gut, muss ich mir merken. Übrigens beginnt in einer halben Stunde der Eröffnungstanz. Ich hoffe du hast fleißig geübt!"

Sakura hatte ihr erzählt, dass sie keinen Walzer konnte. "Naja, Sasuke hat versucht, es mir halbwegs beizubringen", gestand sie.

"Dein Kerl kann auch alles, oder? Wie bekommt man so einen?"

Sakura zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Glück vielleicht", sie wirkte verlegen.

Ja, hatte sie jemanden wie Sasuke überhaupt verdient? Eine gute Frage ...

"Gut, dann sehen wir uns beim Tanz nicht? Ich muss eben für kleine Mädchen", entschuldige sich Yui, ehe sie in der Masse verschwand.

Sakura grinste kopfschüttelnd. Von ihrem Kommilitonen war ihr Yui mit die Liebste. Sie war immer ehrlich und aufrichtig, und sie hatte wirklich ein gutes Herz.

"Hallo die Dame", hörte Sakura plötzlich hinter sich eine charmante Stimme sagen. Überrascht drehte sie sich um und sah ein strahlendes Gebiss, dazu ein fast vollkommenes Gesicht und leuchtend grün-blaue Augen.

Oh weia, ob das ein Star war, der sich einer Schönheitsoperation unterzogen hatte?

Sakura musste bei dem Gedanken grinsen, was der junge Mann Mitte zwanzig falsch verstand.

"Ich bin Akira Ogetano, du musst Sakura sein, hab ich recht?", er lächelte sein scheinbar schönstes Lächeln.

"Ähm, ja?", Sakura war überrascht.

"Es freut mich wirklich dich kennen zu lernen. Und du bist so hübsch wie man sagt. Eine wahre Schönheit, ich bin begeistert. Einfach traumhaft!", übertrieb er maßlos.

Sakura musste sich das Lachen verkneifen, damit sie nicht unhöflich wirkte. Wer war das denn? "Woher kennst du mich denn?"

"Oh, wir studieren zusammen", erklärte Akira, scheinbar irritiert, dass sie ihn noch nie gesehen hatte.

"Echt? Entschuldige, na dann freuts mich natürlich, Akira!"

Was für ein überheblicher Schnösel ...

"Hättest du Lust auf einen Drink?"

"Im Moment nicht, danke."

"Hm, du riechst wirklich köstlich", Akira lächelte wieder, zog die Lust genüsslich ein und schloss die Augen. Dabei fielen Sakura wieder seine weißen strahlenden Zähne auf.

Seine scharf wirkenden strahlenden Zähne ...

Sakura schluckte, als ihr bewusst wurde, wer da vor ihr stand. Oder besser gesagt, was!

Ein Vampir!

"Du bist ganz blass, geht es dir nicht gut?", fragte Akira scheinbar erschrocken.

"Ähm, nein ... alles okay", stotterte Sakura, doch ihr Gesicht sprach Bände.

"Akira ...", sagte plötzlich Sasukes männliche, jetzt überaus gefährliche Stimme hinter Sakura und erleichtert atmete diese auf.

Gerettet!

"Ah, du musst Sasuke sein!"

"Du hast meiner Freundin Angst gemacht", Sasukes Stimme klang drohend, und einige der Umstehenden drehten sich sogar um, um zu sehen was los war.

Akira lächelte entschuldigend. "Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nur Hallo sagen."

"Was willst du hier?", fragte Sasuke tonlos.

Akira schüttelte seinen hübschen Kopf. "Keinen Ärger, glaubt mir. Ich soll eine Nachricht überbringen, mehr wollte ich nicht."

"Eine Nachricht?", fragte Sakura verblüfft.

"Von Kakashi. Er würde gerne ein zweites Treffen haben."

"Dann bist du sein ...", Sakura schwieg, da sie sich der vielen Ohren bewusst war.

Akira nickte. "Wie ist eure Antwort?"

"Wir überlegen", meinte Sasuke herablassend.

Akira nickte wieder. Er sah Sakura musternd an. "Ich werde noch eine Weile hier sein. Eure Antwort könnt ihr mir später sagen. Es war mir eine Freude dich zu treffen, Sakura. Vielleicht sehen wir uns jetzt öfters ..."

Dann war er verschwunden.

"Lass uns kurz an die frische Luft gehen", sagte Sasuke mit versteinerten Gesicht und nahm Sakura am Arm, als hätte er Angst sie in der Masse zu verlieren. Kurz nachdem sie draußen und für sich waren zog Sasuke sich die Jacke aus und hing sie seiner Freundin fürsorglich um.

"Akira heißt er also", sagte Itachi, der im gleichen Augenblick neben Sakura auftauchte.

"Und er ist Kakashis Spion", ergänzte Hinata.

Sakura konnte nur staunen, wie schnell die Anderen alles mitbekommen hatten.

Bis auf Naruto, der ganz außer Puste nun auch auftauchte ...

"Ist er wirklich nur wegen seiner Nachricht gekommen?", fragte Itachi nachdenklich. Sie standen abseits der anderen, weshalb sie niemand weiter hören konnte.

"Er meinte doch, er studiert mit mir."

"Und dann ist er dir noch nie aufgefallen?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Aber wir sind auch sehr viele", erklärte sie.

"Aber Temari hätte es doch wissen müssen", meinte Hinata. "Oder nicht?"

"Wir müssen sie fragen", Sasuke schien sauer.

"Das hat sie sicher nicht gewusst", Sakura schüttelte den Kopf.

"Hoffen wir es für sie, denn sonst hätte sie dich vorsätzlich einer Gefahr ausgesetzt! Er ist immer noch einer von ihnen!", knurrte Sasuke.

"Aber ich denke er ist Kakashis Informant. Er tut doch dann nur so!"

"Trotzdem. Man darf ihnen nicht zu sehr vertrauen. Nicht jetzt. Wir müssen mit Temari reden ..."

Itachi nickte. "Ich fahre zu ihr, ihr geht wieder auf die Party. Es fällt sonst zu sehr auf."

Hinata nickte. "Ja, das ist das Beste ...", sie sah Sakura an, die offensichtlich nicht dieser Meinung war. "Wenn du jetzt gehst, dann werden sie reden. Sie haben die Anspannung zwischen diesem Akira und Sasuke bemerkt. Ihr müsst so tun, als wäre alles in Ordnung."

Widerwillig gab sich Sakura geschlagen. "Okay", murrte sie, obwohl ihr die Lust am Feiern gänzlich vergangen war.

Nicht, weil die Gefahr so nah war, sondern weil Itachi zu Temari ging.

Hoffentlich würde er nichts falsches sagen ...

Das Gesetz der Liebe

"Du machst das doch gar nicht mal so schlecht", grinste Sasuke, als er sich mit Sakura im Takt zur Walzermusik bewegte.

Die Rosahaarige seufzte und versuchte nicht außer Atem zu kommen. "Ja, weil du mich in die richtige Richtung schubst. Ansonsten wäre ich hoffnungslos verloren", gab sie leise zurück.

"Ach, du bist ein Natur ... hoppla!", Sasuke musste etwas in die Knie gehen, um Sakuras Beinah-Sturz zu verhindern.

"Was wolltest du sagen?", zischte diese nur und machte eine gute Miene zum bösen Spiel. Ihr Fehler schien nicht aufgefallen zu sein ...

All zusehr blamieren wollte sie sich dann doch nicht, allein Sasuke wegen. Er tanzte so wunderbar und sie wie eine steife Oma.

Ein hinkender Vergleich, aber egal ...

Wenigstens hatte dieser Eröffnungstanz ein Gutes: es lenkte Sakura vom Nachdenken ab! Denn ob sie wollte oder nicht, sie machte sich Sorgen um Temari und zweifelte an Itachis Einfühlungsvermögen den Frauen gegenüber.

Nicht, dass Itachi ein Macho oder Chauvinist war, aber sein eigenartiger Humor stand ihm des öfteren dann doch im Weg. Und Temari war im Moment einfach sehr sensibel.

Hoffentlich ging alles gut ...

"Oh Sorry", meinte Sakura verlegen, als sie Sasuke nicht zum ersten mal auf die Zehen trat.

"Du hast es ja gleich geschafft", grinste er gezwungenermaßen.

Andernfalls würde er vermutlich Hinata um eine Heilung seines geschundenen Fußes bitten müssen ...

Nach weiteren drei Minuten hatte es Sakura endlich geschafft und schnaufend ließ sie sich auf einen freien Stuhl fallen.

"Du bist schon außer Puste?", grinste Naruto, der natürlich auch den Walzer beherrschte und mit Hinata eine Bühnenreife Vorstellung geliefert hatte.

Sakura funkelte ihren besten Freund wütend an. "Lass mich in Ruhe!", schnauzte sie undamenhaft.

"Aber aber meine Liebe", tat Naruto erhaben, wofür er sich fast einen Tritt in den Hintern eingefangen hätte. Doch Sakuras Blick blieb stattdessen an etwas anderem hängen.

Oder jemanden ...

"Was macht denn deine Freundin hier?", fragte Sakura maulig und sah zu Karin, die sich ihnen langsam näherte.

Sasuke seufzte. "Sie will noch immer mit mir reden", erklärte er genervt ohne sich umzudrehen. Also hatte er sie schon längst bemerkt ...

"Dann rede doch einfach mit ihr", schlug Sakura beinah zynisch vor. Aus irgendeinen Grund konnte sie Karin nicht ausstehen?

Ob es daran lag, dass sie Sakura mit einer Putzfrau verwechselt hatte?

Oder daran, dass sie sich gerade Sasuke um den Hals warf???

Was zum ...

"Hey", grinste Karin und ließ von Sasuke ab, der sich keinen Schritt gerührt hatte und sie nicht einmal eines Blickes würdigte.

"Was willst du?", fragte er ohne seinen Blick von Sakura zu nehmen, die aber eingeschnappt den Kopf zur Seite drehte.

Wenn sie wie eine eifersüchtige Freundin wirkte war ihr das doch egal!

"Immer noch mit dir reden! Letztens hast du mich ja so unsanft aus deiner Wohnung geworfen!", beschwerte sich Karin milde.

Aus seiner Wohnung?

Sakura kochte bald. Es war auch ihre Wohnung!!

Schnepfe!!!

In dem Moment war es Sakura egal, ob Karin ein Vampir war oder nicht! Sie war eine halbnackte, gut aussehende Frau die sich an IHREN Sasuke ranmachte!

Gab es denn sowas?

"Dann rede", sagte Sasuke nun und sah weiterhin zu Sakura. Scheinbar musste er sich dabei ein Grinsen verkneifen. Er brauchte nicht einmal seine Vampirsinne, um zu sehen, wie eifersüchtig sie im Moment war.

Es war wirklich amüsant ...

"Aber nicht hier. Es ist etwas privater", lächelte Karin vielsagend und ihr Blick huschte zu Sakura und den anderen.

Sasuke nickte knapp. "Dann eben draußen", doch er sah zu Sakura. "Willst du bleiben?", fragte er, als Sakura sich nicht erhob.

"Sicher", Sakura stand auf. "Ich geh kurz zu Britney und Yui. Lasst euch nur Zeit!"

Sasuke seufzte, dann folgte er Karin, warf Hinata aber noch einen Blick zu.

Die Schwarzhaarige nickte verstehend. Sie würde Akira im Auge behalten und acht geben, dass er sich Sakura nicht näherte.
 

"Sie ist süß, deine Kleine", lächelte Karin, als sie auf einer Bank draußen auf dem Campus platz nahm. Sie deutete Sasuke an sich zu setzen, doch dieser ignorierte sie einfach.

"Komm zur Sache, ich will nicht lange meine Zeit vergeuden."

Karin legte den Kopf schräg. "Ist das nicht anstrengend? Sich ständig um jemanden sorgen zu müssen?"

"Ich habe mich die letzten 200 Jahre um niemanden gekümmert. Es ist kaum anstrengender als hier mit dir zu reden."

"Ist das der Reiz, dem du an dem Mädchen hast? Oder was ist es?", Karin grinste. "Ihr Aussehen? Sie ist niedlich, das stimmt. Oder soll sie deine Mahlzeit werden?"

Sasuke knurrte, hielt sich aber unter Kontrolle. "Du weißt, dass ich Menschen nicht anrühre."

Karin seufzte. "Oh ja, ihr seid unser aller Fluch", sie schüttelte unverständlich den Kopf. "Würdet ihr Uchihas nicht diese Menschenliebe haben, dann gäbe es keine Probleme in unserem Volk."

"Seit wann sind wir ein Volk?", Sasuke lachte falsch. "Bist du deswegen hier?", er verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte Karins Augen, die ihn belustigt anblickten.

"Nein, aber meine Anwesenheit macht dich nervös, nicht wahr? Du hast Angst um deine kleine Freundin. Angst, dass ich sie mir nehme."

Karin war im Gegensatz zu Sasuke dem Menschenblut nicht abgeneigt. Im Gegenteil!

"Weswegen dann", es war keine Frage. Sasuke wollte Antworten.

Karin stöhnte und tat leidend. "Es ist so traurig mit dir, wirklich mein Lieber. Wir würden perfekt zusammenpassen, hättest du diese Vorlieben nicht. Du bist der geborene Kämpfer, du bist einer der Stärksten. Und du bist unverkennbar einer der gut aussehendsten Männer, die ich kenne. Und ich kenne so einige ..."

"Karin ich werde ungeduldig!", raunzte Sasuke, behielt aber seine passive Stellung bei.

"Ja, ich merke es. Er beobachtet sie, stimmts? Du kannst seine Gefühle spüren. Die von Akira."

Sasuke schnaubte. "Das geht dich nichts an!"

Die Rothaarige lachte. "Mich geht alles etwas an, wenn ich es will! Und ich würde zu gern wissen, was er fühlt. Sag es mir, dann verschwinde ich und lass sie in Ruhe."

Sasuke knurrte. "Ich könnte dich töten!"

Karin schüttelte amüsiert den Kopf. "Nein, denn du bist mir etwas schuldig, und das weißt du auch. Jetzt verrate mir seine Gefühle!"

Widerstrebend schloss Sasuke die Augen. "Er will sie ...", sagte er dann wütend zu Karin.

"Weiter! Was will er? Ihr Blut oder ihren Körper?"

Sasuke zog scharf die Luft ein um nicht die Kontrolle zu verlieren. Im Moment stand Karin gefährlich nahe am Abgrund, auch wenn sie etwas Gut bei ihm hatte. "Nicht ihr Blut. Er ist keiner mehr von euch. Er ist sehr menschlich."

"Ah, mit menschlichen Bedürfnissen?", Karin grinste breit. "Er will mit ihr schlafen! Er will, dass sie ihm gehört!"

"Du gehst zu weit!", presste Sasuke zwischen seinen Lippen hervor.

"Hast du schon mit ihr geschlafen?", fragte Karin nun, völlig unbeeindruckt.

"Wenn du nicht sofort ..."

"Was dann, tötest du mich? Du schuldest mir dein Leben, Sasuke Uchiha! Ohne mich wärest du nicht mehr! Und jetzt gib mir eine Antwort!"

"Nein", sagte Sasuke schroff und seine Mundwinkel zuckten gefährlich.

"Nein? Wieso nicht? Hast du Angst ihr weh zutun? Das ist ja rührend! Du stellst deine Bedürfnisse ihretwegen zurück. Und dabei sehe ich dir doch an, wie du dich nach ihr sehnst ... ah ja, es ist fast spürbar. Du willst sie, bevor sie ein anderer nimmt!"

Sasuke fletschte die Zähne. "Deine letzte Chance Karin, verschwinde jetzt!"

Karin nickte. "Nur noch eine Frage. Eine Letzte ... deine Liebe allein macht sie nicht unsterblich, oder? Wirst du sie zu einer von uns machen?"

Sasuke sah Karin zornig an. "Geh wenn dir DEINE Unsterblichkeit lieb ist!", sagte er drohend.

Karin lachte, wirkte jedoch leicht eingeschüchtert. "Das ist mir Antwort genug. Vielleicht sehen wir uns wieder, Sasuke Uchiha. Ich bin gespannt, ob ich die Kleine dann auch treffen werde. Ich bin wirklich gespannt ..."

Dann war sie verschwunden.
 

Gelangweilt und auf ihrer Unterlippe kauend saß Temari vor dem Fernseher und sah alle fünf Minuten zur Uhr. Der Ball war mittlerweile in vollem Gange.

Ob Sakura und die anderen Spaß hatten? Vermutlich.

Ob sie doch noch ...

Nein!

Temari schüttelte den Kopf und schaltete den Fernseher aus, um in der Küche nach etwas essbaren zu suchen. Sie hatte keine Lust auf diesen Ball, auch wenn er ihr im Moment willkommen erschien.

Aber Itachi war dort, dass durfte sie nicht vergessen. Dort konnte sie ihm nicht aus dem Weg gehen, dort müsste sie ihm in die Augen sehen.

Und sie wollte das nicht!

Wollte nicht seine mitleidigen, besorgen Blicke sehen, die er ihr schenkte.

Seine entschuldigenden Worte hören, dass er sich rüpelhaft benommen hatte.

Dabei hatte er das doch gar nicht ...

Temari seufzte und schälte sich eine Banane.

Sie hatte sich dumm benommen, nicht er. Den Kuss zulassen, ihn erwidern und ihm dann eine Klatschen ... wirklich grandios!

Aber warum hatte er sie auch küssen müssen? Warum hätte er es nicht einfach bei der Frage belassen können, ob sie mit ihm zum Ball ginge? Sie hätte schlicht ja gesagt, aber jetzt ...

Und sie wusste, dass sie diesen Kuss genossen hatte! Das war das Schlimmste!

Den Kuss eines Vampirs ...

Aber seine weichen, kühlen Lippen. Seine sanfte Hand, die ihr Gesicht gesucht hatte.

Temari riss die Augen auf und schüttelte den Gedanken ab. Sie durfte sich nicht der Liebe eines Vampirs hingeben.

War es denn überhaupt Liebe? Itachi hatte es behauptet, aber hatte es Hand und Fuss? Konnte er sie wirklich lieben? Jemanden, der seinesgleichen tötete? Ohne Skrupel, ohne Gewissen?

Aber waren es denn seinesgleichen? War er nicht soviel anders als sie? War er nicht fast menschlich, bis auf den Unterschied, dass er sich von Tierblut ernährte und nie sterben würde?

Und war es wirklich so wichtig, dass er anders war?

Sie war doch auch anders, sie war auch kein normaler Mensch!

Hatte Sakura manchmal recht? Liebe kannte keine Grenzen?

Nein, das konnte nicht sein! Liebe hatte ihre Grenzen, es war nicht alles möglich!

Und einen Vampir zu lieben, sich von einem Vampir lieben zu lassen war gänzlich schandhaft! Zumindest, wenn man eine Vampirjägerin war!

Was würde Kakashi denken? Oder ihre Brüder?

Oder ihr Vater, wenn er sie sehen konnte?

Würde er es verstehen? Oder würde er sie voller Abscheu betrachten?

Temari lächelte leicht. Nein, nicht ihr Vater. Er hätte sie niemals gehasst. Selbst dann nicht, wenn ...

Temari schrak auf, als es an ihrer Tür klingelte. "Wer ist da?", rief sie.

"Ich", sagte Itachis ruhige Stimme, die sie so anziehend und gleichzeitig erschreckend fand.

"Ich will dich nicht sehen!", sagte Temari zurück.

"Es geht um Sakura", hörte sie ihn dann sagen.

Temari erschrak und öffnete hastig die Tür. "Was ist los?", die Sorge war deutlich zu spüren. "Ist etwas passiert?"

Itachi schüttelte den Kopf. "Nein, noch nicht. Beruhig dich ..."

"Dann, ähm komm rein", meinte sie zögernd. Es war das erste mal, dass sie ihn ihre neue Wohnung betreten ließ.

Itachi nickte und folgte Temari ins Wohnzimmer.

"Was ist dann passiert?"

"Sagt dir der Name Akira etwas?", kam Itachi gleich auf den Punkt.

Temari überlegte. "Ich glaube, dass ist der Vampir, der für Kakashi arbeitet. Aber ich bin mir nicht sicher", sie sah, wie Itachi erleichtert aufatmete.

Also hatte sie keine Ahnung gehabt.

Itachi seufzte. Die Autofahrt über hatte er lange nachgedacht, ob Temari Sakura wirklich in Gefahr hätte bringen können. Es war sich sicher gewesen, dass sie dazu nicht in der Lage wäre. Die beiden waren so gute Freunde und Temari lag soviel an der Rosahaarigen.

Aber ihm auch, und er hatte nicht gewusst, wie er reagiert hätte, wenn Temari Akira gekannt hätte. Wenn sie gewusst hätte, dass er in der Nähe war. Jeden Tag ...

"Was ist mit ihm?", fragte Temari und riss den Vampir aus seinen Gedanken.

Itachi hob den Kopf. "Er ist aufgetaucht. Er hat uns eine Nachricht von Kakashi gebracht. Er will ein weiteres Treffen."

Temari war erstaunt, dann verärgert. "Davon weiß ich nichts", sagte sie beinahe beleidigt. "Wieso hat mir Kakashi das nicht gesagt und stattdessen ihn geschickt?"

Itachi zuckte mit den Schultern. "Das kommt mir auch seltsam vor. Aber es gibt noch etwas anderes."

"Und was?"

"Er ist mit euch in einem Kurs."

Stille.

"Wie bitte?", zürnte Temari dann und wollte schon zum Telefon springen.

"Was hast du vor?", fragte Itachi, obwohl er es sich denken konnte.

"Ich rufe ihn an. Kakashi schuldet mir eine Antwort! Einen Vampir in der Uni ... er bringt Sakura in Gefahr, und alle anderen auch! Ist Akira überhaupt einer von euch? Ich meine, trinkt er kein Menschenblut mehr?"

Itachi nickte. "Er ist wie wir, aber er arbeitet auch für die andere Seite. Sie wissen es nicht, denke ich. Das hoffe ich", korrigierte er. "Aber ruf Kakashi jetzt nicht mehr an. Wir werden das bei einem Treffen klären müssen. Persönlich ist es besser. Dann kann er uns nicht ausweichen."

Temari nickte langsam und legte das Telefon zur Seite.

Eine Weile herrschte Schweigen.

"Gut", sagte Itachi dann und erhob sich. "Das war alles. Ich gehe dann ..."

Temari nickte und begleitete den Vampir zur Tür. "Sag den anderen schöne Grüße."

"Willst du nicht doch ..."

"Nein ... nein, will ich nicht."

Itachi nickte wieder, ehe er aus der Wohnung trat, dann aber wieder innehielt. Er sah Temari an, blickte ihr in die Augen mit seinen sorgenvollen Blick, wie sie ihn nicht sehen wollte.

Dennoch konnte sie sich ihm nicht entziehen.

"Es tut mir leid", hauchte Itachi. "Ich habe das nicht gewollt."

Temari wollte etwas erwidern, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Was sollte sie auch sagen? Das es aber nun passiert war und nie hätte passieren dürfen? Dass sie einen Fehler gemacht haben? Das auch die Liebe ihre Gesetze hatte?

Temari stockte für eine Sekunde der Atem. Sie erinnerte sich an etwas, dass ihr Vater damals zu ihr gesagt hatte. Ganz zu Anfang, als sie Shikamaru abwies, weil sie eine Jägerin war. Sie hatte geglaubt, für sie gäbe es keine Liebe. Sie brächte alle nur in Gefahr.

Auch damals hatte sie gemeint, die Liebe habe Gesetze ...

Ihr Vater hatte nur gelacht, als sie es ihm irgendwann voller Traurigkeit erzählt hatte.

"Weißt du, was jemand einmal gesagt hat?", fragte er sie schmunzelnd und legte ihr dabei den Arm um die Schultern um sie dich an sich zu ziehen. "Wer will der Liebe ein Gesetz auflegen?", hatte er zitiert. "Die Liebe ist sich selbst das größte Gesetz."

Temari sah Itachi erst mit leeren Blick an, als sie sich dieser Situation erinnerte. Doch dann biss sie sich auf die Unterlippe und langsam kamen die Tränen.

"Mir tut es leid ...", wisperte sie. "Ich war so dumm ..."

Und dann gab es kein Zögern mehr. Weinend fiel sie Itachi in die Arme, der sie überrascht auffing, dann aber warmherzig an sich drückte und sanft lächelte. Vorsichtig strich er über ihre Haare, drückte sie fest an sich. "Das waren wir beide", sagte er leise. "Und vermutlich machen wir jetzt einen noch dümmeren Fehler ..."

"Das ist mir egal", Temari vergrub ihr Gesicht in seinem Jackett. "Ich weiß, dass ich dich liebe. Ich liebe dich, selbst wenn es die größte Dummheit überhaupt ist!"

"Und ich liebe dich, selbst wenn es die größte Dummheit ist."

Doch in diesem Moment gab es keine Jäger und keine Vampire, es gab nicht einmal das Schicksal, dass beiden auferlegt war.

In diesem Moment gab es nur zwei Wesen, die sich liebten, die sich ihrer Dummheit bewusst waren ... und sich trotzdem gegen das Schicksal entschieden hatten.

Beinah-Unfall

"Frohe Weihnachten!", rief Sakura und schlang ihre Arme um Sasukes Hals, als er aus einem wie immer traumlosen Schlaf erwachte.

"Dir auch", brummte der Vampir, der nach einer Schlafnacht immer recht mufflig war. Doch als er aus dem Fenster sah stellte er fest, dass die Nacht noch nicht vorbei war. "Wieso bist du so früh auf?", fragte er irritiert und sah zur Uhr.

"Weil wir Weihnachten haben!", war die simple, ihm aber unverständliche Antwort.

Sasuke musste bei Sakuras Anblick grinsen. Wie sie sich freute, wie ihre Augen strahlten. Damals hätte er es kaum für möglich gehalten, dass sie irgendwann wieder so fröhlich sein könnte.

Und trotzdem der ganze Glanz ihrer Augen nicht zurück war, spürte er doch die Liebenswürdigkeit, die von ihr ausging.

"Was guckst du so?", Sakura sah an sich hinunter. "Hast du etwas gegen Lola?", wollte sie schnaufend wissen.

Lola hieß das Schaf, dass auf ihrem Schlafshirt prangte. Rosa, wie ihre Haare. Mit lackierten Hufen in Azurblau.

Sasuke schluckte ein Lachen hinunter. "Nein, gar nicht. Lola ist wunderbar, und sehr ähm ... originalgetreu. Ich habe in den letzten zweihundert Jahren viele rosa Schafe gesehen, die zur Pediküre gingen ..."

Sakura gluckste. "Tatsächlich?"

"Sicher ...", Sasuke schüttelte belustigt den Kopf. "Frohe Weihnachten du rosa Schafträger", er zog Sakura an sich und verwickelte sie in einen leidenschaftlichen, aber zärtlichen Kuss. "Willst du jetzt schon die Geschenke auspacken?", fragte er, als sie sich voneinander lösten.

Sakura grinste und nickte. "Okay, bevor die anderen kommen! Und du musst deins auch schon auspacken", lachte sie und sprang behende aus dem Bett. Zwei Minuten später saß sie vor dem geschmückten Baum, auf den sie bestanden hatte, und wartete ungeduldig auf ihren Freund. "Wo bleibst du?", rief sie aufgeregt.

"Ich komme", sagte Sasuke, während er seinen Pullover über zog.

"Du hast dich schon angezogen?", Sakura wurde sich ihrer eigenen Situation bewusst. Schlafsachen, zerstrubbelte Haare ...

"Natürlich. Naruto ist wach, er wird vermutlich bald auftauchen ..."

"Ah, klasse", murrte Sakura, erhob sich aber nicht mehr vom Boden. "Dann muss er eben vor der Tür warten!", entschied sie und schnappte sich das erste Päckchen, dass für Sasuke bestimmt war. "Bitte sehr!"

"Oh, danke", er grinste und nahm es entgegen, ehe er sich auf den Sessel setzte und keine Sekunde später einen dicken Schal und Mütze in der Hand hielt. "Selbstgemacht?", fragte er amüsiert. "Aber du weißt, dass ich keine Erkältung bekomme, oder?"

"Natürlich ist der selbstgemacht. Man lernt einiges im Gefängnis", grinste Sakura. "Und ich weiß auch, dass du tolle Abwehrkräfte hast, aber jetzt gucken die Leute nicht immer so, wenn du draußen wie im Sommer rumläufst. Irgendwann werden sie tuscheln und dir eine Grippe an den Hals wünschen!", prophezeite sie.

"Bestimmt", lachte Sasuke, dann bedankte er sich und forderte Sakura auf, ihres zu öffnen. Ihr erstes ...

Selbstverständlich hatte Sakura darauf bestanden, sich nur kleine Geschenke zu machen, aber selbstverständlich hatte sich der Uchiha nicht daran gehalten.

"Eine Reise?", Sakura zog aus einem Umschlag ein Flugticket und atemlos lehnte sie sich gegen Sasukes Beine. "Du solltest doch nicht ..."

"Es ist Weihnachten, beschwer dich nicht und lass mich dir eine Freude machen", erwiderte Sasuke. "Oder freust du dich nicht?", er klang ernsthaft besorgt.

"Doch, natürlich", Sakura schüttelte grinsend den Kopf. "Nach Ontario? Ich soll nach Kanada?", Sakura glaubte kaum was sie las. "Alleine?"

Sasuke lachte etwas lauter als sonst. "Nein, nicht alleine. Wir alle. Ich dachte ein wenig Urlaub in einem Skigebiet würde dir gefallen. Kannst du Skifahren?"

"Ein wenig", gab Sakura immer noch erstaunt zu. "Nach Kanada, das ist so weit!"

"Aber dort gibt es sehr gute Pisten."

"Du fährst natürlich perfekt Ski, oder?", gluckste Sakura.

"Natürlich."

Wie sollte es auch sonst sein ...

"Aber Temari wird im Flugzeug sterben!", fiel es Sakura ein.

"Das glaube ich kaum. Sie wird abgelenkt sein ...", bedachte Sasuke.

"Stimmt", Sakura schüttelte den Kopf. Temari und Itachi waren jetzt ein Paar, und wenn es plötzlich tausend Vampire mehr gab, wäre das kein Wunder. Temari war hauptsächlich damit beschäftigt, Itachi zu küssen oder von ihm geküsst zu werden.

"Sie holen uns noch ein", grinste Sasuke und schenkte Sakura wieder einen Kuss, zog sie zu sich hoch und vergrub seine Hand in ihren Haaren. "Wir sollten also nicht nach lassen ..."

"Ich bestimmt nicht", kicherte Sakura, als Sasuke über ihre Seite strich und seine andere Hand auf ihre Hüfte legte. "Aber wenn wir nach Kanada fliegen, dann passt mein Geschenk ja noch besser!", Sakura schmunzelte. "Wirst du es tragen?"

"Natürlich, es ist ja von dir."

Dafür bekam Sasuke noch einen Kuss, ehe sich Sakura aus seiner Umarmung befreite.

"Geh dich anziehen, sie werden gleich hier sein", sagte er und gab seiner Freundin einen Klaps auf den Hintern.

"Au", beschwerte sich die Rosahaarige lachend, nickte aber und verschwand im Badezimmer.
 

Die Beschwerung verlief alles in allem ruhig, obwohl Naruto es fast geschafft hätte, den Weihnachtsbaum von Sakura anzuzünden ... Er musste sich einige hundertmal entschuldigen, bevor die Rosahaarige aufhörte, ihm auf die Schultern zu hauen und einen tölpelhaften Tollpatsch zu nennen.

Während es draußen schneite, als stände der Weltuntergang bevor, war es in der Wohnung von Sasuke und Sakura mollig warm. Trotzdem saßen Itachi und Temari eng gekuschelt beieinander und sahen den anderen zu, wie sie sich gegenseitig beschenkten.

Hinata bekam von Naruto eine wunderschöne goldene Kette mit einem blauen, klaren Stein, der bei Sonnenlicht in allein Farben leuchtete. Er sollte ihr als Talisman dienen, da die Vampire bei Licht an Stärke verloren.

Naruto hingegen wurde von Hinata mit etlichen Dingen für sein Auto beglückt, worüber er sich riesenhaft freute. Angefangen bei Putzmittel über neue Stereoboxen hin zu einer passenden Sitzgarnitur mit blauen Drachen.

Blau schien eindeutig die Farbe der Beiden zu sein ...

Auch die anderen bekamen alle viele schöne neue Sachen, über die sich jeder freute und reichlich bedankte. Und so wurde es ein gelungenes Weihnachtsfest im Kreise der Freunde, vor allem für Sakura.

"Kannst du dich noch an früher erinnern", grinste Naruto, als er die weiße Torte mit den leckeren Erdbeeren servierte, wie es in Japan oft gehandhabt wurde.

"Sicher", lachte Sakura, mit dem Messer in der Hand. "Die Torten waren noch größer. Dabei ist das schon eine wuchtige, obwohl wir nur zu dritt essen."

"Lass mich das lieber machen", sagte Sasuke, als er Sakura beobachtete, wie sie versuchte die Torte zu zerstückeln. "Wir wollen kein Massaker an Weihnachten."

Die Rosahaarige pustete die Backen beleidigt auf, reichte dem Uchiha aber ihre Waffe. "Ich bin ein Meister des Tortenschneidens", behauptete sie fest.

"Eher ein Meister des Unglücks"", scherzte Itachi, worauf er sich einen bösen Blick einfing sowie einen Klaps auf den Arm von Temari.

"Lass sie wenigstens zu Weihnachten in Ruhe!", grinste die Blonde.

"Ay ay", Itachi schüttelte belustigt den Kopf, als Sakura schon wieder am Aufblasen war ...

Nach dem morgendlichen Tortenessen, was eher unüblich warfür diese Tageszeit, zog man sich für einen Spaziergang an.

Mittlerweile war es 10 Uhr, der Schneesturm hatte nachgelassen und nur noch vereinzelt kamen die Flocken vom Himmel.

"Besseres Wetter hätten wir doch gar nicht bekommen können!", grinste Temari, die neben Itachi lief und kaum über ihren dicken wolligen Schal gucken konnte.

Sakura nickte eifrig. "Obwohl es Naha bestimmt wärmer und angenehmer ist", bemerkte sie.

"So warm ist es dort jetzt auch nicht mehr. Vielleicht 10 Grad ...", grinste Sasuke, der Sakura einen Arm um die Taille gelegt und sie dich an sich gezogen hatte. Auch er trug einen Schal. Den, den Sakura ihm geschenkt hatte.

"10 Grad", schwärmte die Rosahaarige. "Wir hätten in Naha bleiben sollen!"

"Jetzt fliegen wir erst einmal nach Kanada. Da ist es auch schön warm ...", Sasukes Ironie war deutlich zu hören.

In Kanada war es alles andere als warm.

Dort war es kalt.

Eisig traf es wohl eher ...

Naruto seufzte. "Das kann was werden. Ich und Skifahren!"

"Stimmt", lachte Sakura. "Wenn ich an früher denke, wenn wir die Berge runter sind. Und die waren so klein im Vergleich zu richtigen Pisten!"

"Lach nur, als wenn du es besser konntest!", wehrte sich der Uzumaki, der Hinatas Hand fest in seiner hielt.

Es war schon ein recht romantisches Bild, wie die drei Pärchen neben und hinter einander die Straßen entlangliefen.

Verliebt wie sie waren.

Romantisch, wie es war.

"Besser als du jedenfalls!", murrte Sakura zurück. "Ich war ein Naturtalent, wenn du dich erinnerst!"

"Ich erinnere mich nur daran, wie dein Vater dich abfangen musste, damit du nicht in die Autos fahren konntest!"

"Stimmt ...", sagte Sakura wehmütig. Eine schöne Erinnerung, obwohl es immer gefährlich gewesen war, wenn sie auf Skiern gestanden hatte. Ohne ihren Vater hätte es sicher einige Unfälle mehr in Osaka gegeben. Er war immer ihr Retter gewesen.

"Wirklich ein Naturtalent", hörte sie Itachi hinter sich glucksen und frech streckte sie ihm die Zunge raus.

"Du kannst es natürlich", höhnte sie.

"Natürlich."

Was für eine typische Uchiha Antwort!

"Kannst du Ski fahren?", fragte Hinata jetzt Temari, die hastig den Kopf schüttelte.

"An sich schon, ich mag Skiefahren aber gar nicht! Ich Snowboarde!", sie grinste breit.

"Snowboarden? Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen", überlegte Sakura.

"Wir gehen es langsam an, okay?", Sasuke schien sich schon wieder Sorgen zu machen. "Erst einmal zwei Bretter unter den Füßen, und später sieht man weiter ..."

"Du glaubst Naruto doch nicht etwa, dass ich so schlecht bin!", empörte sich Sakura.

"Nein, aber ich kenne dich", grinste Sasuke nun.

"Eine super Antwort, das wollte ich hören!", maulte Sakura beleidigt und ließ von Sasuke ab, um auf Hinata zu warten und neben ihr zu gehen. "So, was gibt es bei dir? Du kannst natürlich auch fahren?!"

"Ja", lächelte Hinata verlegen.

"Sakura ist eindeutig eingeschnappt", kommentierte Itachi die Szene und musste dabei Lachen.

"Von wegen", schnaubte ihn Sakura entgegen. "Ich will nur nicht immer hingestellt werden, als hätte ich zwei linke Füüüü ....", Sakura rutschte am Bordstein aus, als im selben Moment ein entgegen kommendes Auto angefahren kam. Sasuke war jedoch schneller und fing die Rosahaarige noch im Sturz ab.

"Wie war das?", fragte er erleichtert, dass nichts passiert war.

Doch Sakura gab ihm keine Antwort. Verwirrt sah sie ihn an, dann blickte sie dem Auto hinterher.

Auch Itachi und Hinata wirkten plötzlich sehr ernst.

"Das Auto fuhr ziemlich nah am Gehweg", bemerkte Hinata und klang verärgert. Es war selten, dass ihre Stimme nicht freundlich war. "Und außerdem ..."

"Saß dieser Akira am Steuer, wenn ich mich nicht täusche", beendete Itachi den Satz. Und natürlich täuschte er sich nicht.

Auch Sakura nickte. Als sie im Fallen war hatte sie ihm für einen Moment ebenfalls bemerkt, war sich aber nicht sicher gewesen. Außerdem ging alles sehr schnell.

Sie spürte, dass sich Sasuke versteifte und sah seinen Bruder an. "Akira?", er war ebenfalls wütend. Aber im Gegensatz zu Hinata war seine Stimme dabei schon beinah rasend.

Itachi nickte. "Ein Zufall?"

Hinata schüttelte den Kopf. "Akira zu treffen kann kein Zufall sein."

"Dann ist er absichtlich ... Was sollte das?", Temari war erzürnt. "Ich glaub, ich werde Kakashi nachher sofort anrufen. Das geht gar nicht, was sich dieser Kerl einbildet!"

Diesmal sagte Itachi nichts dagegen. "Es ist wohl besser. Wer weiß, welchen Sinn das hatte."

"Vielleicht wollte er Sakura aus dem Weg räumen", Naruto nickte und hielt die Hand gegen sein Kinn, als sei er ein nachdenklicher Detektiv ...

"Nein", sagte Sasuke kalt. "Er wusste, dass ich Sakura vorher abfange. Er war eine Nachricht an mich ...", sagte er mehr zu sich selbst, sah aber seinen Bruder an.

Itachi verstand und nickte. "Er führt etwas im Schilde."

"Und was?", wollte Sakura beunruhigt wissen.

Sasuke schüttelte den Kopf und lächelte sie aufmunternd an. "Mach dir mal keine Gedanken, ich passe auf dich auf."

"Müsste ich mir denn Gedanken machen?"

"Nein, du nicht."

"Aber du?"

Sasuke grinste wieder. "Ich muss mir immer Gedanken machen, vor allem wenn du dich vor Autos wirfst!"

"Als wenn das ständig passiert!"

"Stimmt, du hast recht. Entschuldige", Sasuke lachte nicht mehr. "Es passiert nur ständig, dass du Vampiren begegnest, und das gefällt mir nicht."

Mehr sagte er dazu nicht mehr.

Doch Akiras Nachricht war eindeutig gewesen.

Wenn Sasuke nicht auf Sakura acht geben würde, dann würde er zur Stelle sein ...
 

Der Flug nach Ontario war schon am übernächsten Tag geplant, und zwischendurch gab es keine weiteren Vorkommnisse mehr. Bis darauf, dass Kakashi nicht zu erreichen war. Sein Anrufbeantworter erklärte Temari lang und breit, er sei für kurze Zeit verreist.

Sakura hatte diesmal einen Koffer voller dicker, warmer Sachen für die Reise gepackt. Alles in einen Rucksack zu verstauen war unmöglich gewesen. Und auch Temari hatte nun eine größere Tasche als bei ihrer Reise nach Osaka.

Was sich jedoch nicht geändert hatte war Temaris Übelkeit, die schon vor dem Flug einsetzte.

"Die Reisemedikamente hast du aber genommen, oder?", fragte Itachi fürsorglich, hielt sich aber etwas entfernt von der Blonden, die recht grün im Gesicht wirkte.

Ein schlechtes Zeichen!

"Sicher ... es ist nur dieser Gedanke ... gleich im Flugzeug, wo es so eng ist und die Luft ist dort so stickig und überhaupt ... so hoch ... ahhh ..." Temari stöhnte qualvoll, als der Flug aber schon aufgerufen wurde.

Mühevoll setzte sich die Vampirjägerin in Gang. Itachi nahm ihr die Handtasche ab und ging neben ihr, damit er im Falle einer Ohnmacht zu stelle sein konnte.

Wie konnte man auch solche Angst haben, dass einem davon schlecht wurde? Flugzeuge waren sicher, zumindest sicherer als Autos, hieß es doch.

Die junge Frau, die sonst so tapfer Vampire jagte, war einfach ein Fall für sich ...

Etliche Stunden später, in denen Temari nicht so sehr gelitten hatte wie anfangs geglaubt,(was natürlich an ihren Sitznachbarn lag) kam das Flugzeug unversehrt und sicher am Flughafen von Ontario an.

Gegen die Vernunft, wie Temari behauptete. Der Mensch sei nun einmal nciht zum Fliegen gemacht worden ...

"Kennst du das Hotel?", fragte Sakura, als sie mit Sasuke ins Taxi stieg, während die anderen die nächsten Taxis anhielten.

Der Uchiha nickte. "Ja, es ist ein recht schönes Hotel. Sehr gemütlich. Und etwas abgelegen. Eigentlich sogar sehr. Dorthin verirren sich nur die wenigsten."

"Bis auf die, die ihre Ruhe haben wollen", erriet Sakura lächelnd.

Sasuke nickte, dann sagte er dem Fahrer die Adresse und keine Minute später ging es los.

"Hä?", Sakura blickte aus dem Fenster, als ein anderes Taxi an ihnen vorbei fuhr.

"Was ist los?", fragte Sasuke. "Hast du was gesehen?"

"Ähm ... ich glaub, ich hab mich geirrt ...", sie schüttelte den Kopf.

"Sag schon!"

"In dem Taxi eben ... es sah so aus ... aber das ist Quatsch!"

"Sakura ...", drängte Sasuke, leicht ungeduldig. Er mochte es nicht, wenn ihm etwas entging.

"Ah, ist ja schon gut. Es sah so aus, als säße dieser Akira im Taxi ..."

"WAS?"

"Ich hab mich sicher geirrt", beharrte Sakura und seufzte resigniert. "Er geht mir nur ziemlich oft durch den Kopf seit dieser Sache letztens ...", erklärte sie, während sie sich gemütlich an Sasuke kuschelte, erschöpft von dem langen Flug.

Nichtsahnend, dass Akira vor ihnen an dem abgelegenen Hotel ankommen würde ...

Von Eifersucht und blauen Hintern

"Ich fasse es nicht!", sagte Sasuke, kurz davor die Beherrschung zu verlieren. "Was denkt sich Kakashi eigentlich dabei, uns diesen Kerl auf den Hals zu hetzen?"

"Beruhig dich, Sasuke!", Itachi seufzte und sah Temari an. "Konntest du ihn noch immer nicht erreichen?"

Die Blonde schüttelte den Kopf. Sie war zusammen mit den Uchiha Brüdern in der Lobby, in der Hand das Telefon der Rezeption. "Nein, immer noch der Anrufbeantworter ..."

"Was muss der Trottel auch jetzt verreisen!", Sasuke schien ausser sich.

Sakura hatte sich nicht geirrt, wie sie am Hotel festgestellt hatten. Akira war tatsächlich hier. Ihnen gefolgt, traf es am ehesten. Und zwar mit einem Auftrag, wie er lang und breit erklärte. Von Kakashi, der der Meinung war, sie bräuchten eine Überwachung, wenn sie schon in den Urlaub fahren mussten.

Zu so einer Zeit, wenn man in Gefahr schwebte, auch wenn diese nicht unmittelbar bevor stand.

Dennoch ein Risiko, und deswegen habe Kakashi Akira beauftragt, Sasuke und den anderen beizustehen.

Lächerlich, wie Sasuke fand. Als bräuchte er Hilfe, Sakura zu beschützen!

Und dann noch von diesem Mistkerl, der eindeutig ein Auge auf sie geworfen hatte und sich permanent an sie heran schmiss.

Auch im Moment, wie Sasuke durch seine Sinne feststellte.

Akira saß mit den anderen im Hoteleigenen Kaminzimmer, redete lachend auf Sakura ein und versuchte sie zu beeindrucken.

Und Sakura konnte sich hier und da nicht einmal ein Grinsen verkneifen, wenn er ihr lustige Geschichten erzählte.

Aber was konnte Sasuke schon tun? Er schien für seine Freundin ja keine Gefahr, zumindest nicht im eigentlichen Sinne. Und Sakura würde kaum auf ihn hereinfallen oder sich von diesem Idioten angezogen fühlen.

Sie hatte bisher auch nur dreimal gelacht, wie Sasuke innerlich mitgezählt hatte.

Und die Witze waren nicht einmal gut gewesen. Durchschnitt. Eher lächerlich, als zum Lachen. Dumm.

"Sei bitte nicht so zornig", Itachi schnaufte genervt. Auch er war von Akiras Anwesenheit alles andere als begeistert, und die Aktion letztens hatte er noch gut im Gedächtnis, aber ein eifersüchtiger Bruder war weitaus schlimmer als jegliche Bedrohung durch die Feinde.

Vor allem, wenn der Bruder Sasuke war und des öfteren seine Beherrschung verlor. Zumindest wenn es um Sakura ging.

Und diesmal ging es um niemand anderen als Sakura ...

Akira schmiss sich ihr zu Füßen, und Sasuke würde vermutlich nicht groß zögern, ihn, schon am Boden liegend, zu zerquetschen.

Was konnte das nur für ein Urlaub werden??
 

"Oh Gott, oh Gott, oh Gott!", rief Sakura, als sie die ersten Versuche auf den Skiern machte. Es war der nächste Morgen, die Sonne war von Wolken verdeckt, aber es schneite nicht. "Ich will niiii ..."

Sasuke lachte nur amüsiert und griff seine Freundin am Ellenbogen, damit sie nicht hinfiel. Sie stützend fuhr er neben ihr, so langsam wie es ging.

"Was denn, wo ist denn das Naturtalent hin?", Temari kam mit einem gekonnten Schlittern auf ihrem Snowboard neben den beiden zum stehen. "Das sieht aber alles andere als Weltklasse aus ..."

"Halt die Klappe und fahr weiter!", keifte Sakura genervt.

Eines wusste sie von der ersten Sekunde an: Sie hasste Skifahren! Sie hasste Skifahren, und sie hasste diesen glatten Schnee, der doch ach so toll sein sollte!

"Komm Temari, das kann dauern!", rief Itachi, als er an den dreien vorbeisauste.

"Argh, du Idiot!", schrie Sakura ihm hinterher, verlor aber abermals das Gleichgewicht. Verbittert musste sie feststellen, dass sie ohne Sasuke sicher schon blaugefleckt wäre ... nach nur fünf Minuten auf der leichtesten Piste ... "Ich will nach hause", schniefte Sakura nur.

"Ach, du machst das schon ganz gut", lächelte Sasuke, der sich das Lachen kaum verkneifen konnte. "Und sie dir Naruto an, der kann's noch weniger."

Sakura warf Sasuke einen beleidigten Blick zu, musste dann aber doch grinsen. Naruto war der Meinung gewesen, gleich von weiter oben anfangen zu können.

Das Resultat war, dass er nun in rasanter Geschwindigkeit, mit weit aufgerissenen Augen und lautem Geschrei den Berg hinuntersauste, dich gefolgt von Hinata, die das Schlimmste zu verhindern suchte.

Ein Hoffnungsloser Fall ...

Die nächste halbe Stunde verbrachten Sasuke und Sakura damit, langsam die Piste entlangzufahren, zu üben wie man Kurven fuhr und wie man anhielt, Es dauerte zwar eine Weile, aber dann hatte das Mädchen endlich heraus, wie es funktionierte und bald konnte sie auch alleine fahren.

"Siehst du, es geht alles, wenn man nur will", lobte Sasuke, während er lässig neben ihr herfuhr.

Sakura stöhnte nur. Einige Stürze hatte der Uchiha nicht verhindern können ...

"Möchtest du Schluss machen?", fragte er nun und kam zum Stehen.

Sakura hielt neben ihm, leicht wacklig auf den Beinen.

"Du bist doch noch gar nicht richtig gefahren", bemerkte sie und schnallte sich dabei die Ski ab. "Aber ich hab genug, ja."

"Dann lass uns zurück gehen. Es ist auch bald Mittagszeit und du musst etwas essen."

"Ach was", winkte die Rosahaarige ab. "Aber ich kann auch alleine zurückgehen, du solltest noch etwas fahren. Von weiter oben ..."

"Nein, wir gehen zusammen zurück", meinte Sasuke ernst und wollte sich ebenfalls seine Ski abschnallen.

"Sasuke, bitte! Es macht dir doch Spaß. Und ich will dir nicht immer eine LAst sein!"

"Du bist mir keine Last!"

Sakura lächelte leicht. "Es ist auch dein Urlaub, genieße es. Fahr noch etwas, wir treffen uns einfach später, hm?"

Sasuke wollte widersprechen, doch Sakura brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen. "Jetzt fahr noch etwas, na los!"

Widerstrebend fügte sich der Uchiha, seufzte kopfschüttelnd und stieß sich ab. "Nur einmal, dann komm ich nach", erklärte er und war auch schon davon.
 

Mühevoll pellte sich Sakura aus ihrem Skianzug, unter dem sie eine Jeans trug und warf die nassen Sachen in die nähe des Feuers im gemeinschaftlichen Kaminzimmer des Hotels.

Die Gemeinschaft bestand im Moment jedoch nur aus ihr, denn das Hotel war wirklich kaum besucht, vor allem nicht um diese Zeit, die die meisten Menschen bei ihrer Familie und zu Hause verbrachten.

Sakura seufzte wohlig und setzte sich entspannend vor den prasselnden Kamin, neben sich eine dampfende Tasse Kakao. Für die Rosahaarige war dies ein wahrlich schöner Urlaub, trotz des lästigen Skifahrens. Aber das nahm sie für diesen wärmenden, romantischen Kamin gern in Kauf.

Und wenn Sasuke bald kam würde es noch schöner werden.

Sakura schüttelte belustigt den Kopf, hielt die Augen aber geschlossen. Wie man nur soviel Spaß haben konnte, wenn man ein Skikrüppel wie sie dabei hatte.

Und trotzdem schien es den Schwarzhaarigen nicht zu stören.

Er war meistens die Ruhe selbst, kaum vorstellbar, dass er die Kontrolle verlieren und zu einem gefährlichen Vampir werden konnte. Blutrünstig wie ein Monster. Mordsüchtig.

Sakura schauderte es bei dem Gedanken. Sie hatte Sasuke selbst so erlebt, und es war ihr durch Mark und Bein gefahren.

Aber Angst hatte sie dennoch nicht vor ihm, nicht einmal wenn er die Beherrschung verlor. Er würde ihr nie etwas tun, da war sie sich ganz sicher.

Die Liebe würde immer über seine bestialische Seite siegen, anders konnte es gar nicht sein.

Immer ...

Aber wie lange war immer?

Diese Frage beschäftigte Sakura schon seit etlichen Tagen zunehmend mehr. Ihre Lebenszeit war begrenzt, und jünger wurde sie auch nicht.

Ihre Liebe war nicht von dauer.

Sie war nicht unsterblich, so wie Sasuke.

Aber was tun? Die Alternative war, ebenfalls ein Vampir werden. Sein menschliches Leben aufgeben und sich vom Blut der Tiere ernähren ...

Eine grausame Vorstellung, zumindest in diesem Augenblick.

Aber gab es noch eine andere Möglichkeit?

Nein, und das war die schreckliche Wahrheit.

Aber im normalen Leben starben die Menschen auch, und mit ihnen ihre Liebe.

Was sie jedoch nicht taten, das war unterschiedlich altern.

Beziehungsweise einen Partner haben, der nie alt wurde. Der immer jung blieb, während man selbst alt und runzlig wurde ...

Sakura stöhnte, genervt von ihren eigenen, aufdringlichen Gedanken.

Sie war doch gerade einmal 19, Sasuke ein Jahr älter. Die Zeit drängte nicht, und eine Entscheidung musste noch gar nicht getroffen werden.

Doch gab es überhaupt etwas zu entscheiden? Würde Sasuke überhaupt wollen, dass sie verwandelt wurde? Ging das überhaupt so einfach?

Sakura zuckte zusammen, als sie eine kühle Hand auf ihrer Schulter spürte und grinsend drehte sie sich um, nur um in das nicht erwartete Gesicht von Akira zu blicken.

"Hey, hab ich dich erschreckt?", fragte er schuldig, lächelte aber sein strahlendes Lächeln.

Sakura nickte. "Ich hab mit Sasuke gerechnet, er wollte bald kommen", erklärte sie ehrlich.

"Entschuldige, soll ich wieder gehen?"

"Nein", Sakura lachte leicht. "Setz dich ruhig zu mir. Ich hab nur ein wenig gedöst."

Seit gestern hatte Sakura keine Angst mehr vor Akira. Er hatte sich ihr gegenüber von seiner menschlichsten und charmantesten Seite gezeigt, und das hatte Sakura irgendwie beeindruckt. Er schien genauso wohlgesonnen wie ihre Freunde zu sein, den Menschen gegenüber.

Alles in allem war er ein lustiger, netter Kerl.

"Das hat man gesehen. War das Skifahren so anstregend?", fragte er und ließ sich auf den Sessel neben der jungen Frau fallen.

Sakura nickte und zog eine Schnute. "Es war barbarisch! Ohne Sasuke wäre ich nur auf dem Hintern gewesen."

"Sasuke scheint der Held des Tages", lachte Akira. "Fährt er jetzt noch eine Runde, oder wieso lässt er dich alleine? Das kommt selten vor!"

"Ich hab ihn sozusagen genötigt", grinste Sakura und schloss erneuert die Augen, um sich weiter zu entspannen. "Ich will ihm nicht immer ein Klotz am Bein sein, und beim Skifahren bin ich ein ziemlich großer Klotz."

"Ich hätte gerne solch einen Klotz am Bein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ihn das stört."

Sakura schüttelte den Kopf, leicht verlegen. "Tut es auch nicht. Das sagt er zumindest immer. Aber ich will ihm auch nicht immer nerven, verstehst du?"

Akira nickte. "Ja."

Sakura ließ die Beine baumeln und schwieg eine Weile. Es tat gut, mit jemand fremden darüber zu reden, auch wenn Akira wirklich sehr fremd war. Aber eigentlich ja auch einer von ihnen.

Trotzdem war es schon komisch, wie unbefangen sie mit diesem Vampir reden konnte.

Allerdings hatte er auch eine sehr einnehmende Art und schien immer zu wissen, wie der andere sich fühlte. Das sprach wirklich für ihn.

"Wie lang kennst du Sasuke den schon?", fragte Akira einige Minuten später.

Sakura musste kurz nachdenken. "Zwei Monate werden es sicher sein, etwas länger sogar. Seit Ende Herbst."

"Und wie lange seit ihr schon zusammen?"

Sakura überlegte wieder. "Richtig zusammen sind wir noch nicht lange. Ein paar Wochen vielleicht."

"Und du liebst ihn sehr?", wollte Akira interessiert wissen. "Sag ruhig, wenn ich dich nerve."

"Nein, du nervst nicht. Und ja, ich liebe ihn sehr."

"Du bist schon ein komisches Mädchen", scherzte Akira schmunzelnd. "Ein Mensch, der einen Vampir liebt, und Vampire seine Freunde nennt!"

Sakura lachte. "Ja, irgendwie bin ich wohl nicht normal. Aber Temari ist da doch noch besser! Sie ist eine Vampirjägerin und mit einem Vampir zusammen!"

"Stimmt", Akira lachte nun ebenfalls. "Ihr seit wirklich eine komische Truppe. Darf ich dich noch etwas fragen?"

"Klar", Sakura grinste. "Was ist es diesmal?"

"Mich würde interessieren, ob du vor Sasuke schon viele Freunde hattest?"

"Nein", sagte Sakura ehrlich. "Nur einen, und der war nicht besonders."

"Oh, ihr habt euch wohl nicht im Guten getrennt?", erriet Akira

Sakura schüttelte den Kopf. "Er war ziemlich daneben, aber das hab ich zu spät bemerkt."

"Das tut mir leid. Was ist aus ihm geworden?"

Sakura überlegte. Sie hatte schon ewig nicht mehr an Justin gedacht. "Er ist gestorben, bei ..."

Ja, wie war er überhaupt gestorben? Ihre Erinnerungen waren sehr verwirrend ... Sasuke hatte ihn niedergeschlagen, er war ins Krankenhaus gekommen und Naruto hatte gesagt, er war nicht lebensgefährlich verletzt.

Aber Sasuke hatte vor Sakamoto ja gesagt, ein Autounfall ... und er wäre an seinen Inneren Verletzungen später verstorben ...

"Was ist los?", fragte Akira besorgt und sah Sakura musternd an. "Alles okay?"

"Ja, ja alles klar", sie schüttelte sich unwillkürlich. "Ich hab nur an etwas gedacht ..."

"An was denn?"

"Hey", sagte plötzlich Sasukes warnende Stimme. "Genug gefragt, du kannst gehen."

"Oh, ja natürlich. Wir sehen uns Sakura. Sasuke ...", Akira stand höflich auf und machte sich auf den Weg, während Sasuke seinen Platz einnahm. Er sah keineswegs K.O. aus und seine Skisachen hatte er schon abgelegt.

"Du musst nicht so gemein zu ihm sein, er ist doch nur freundlich und hat mir Gesellschaft geleistet", sagte Sakura nun und vergaß ihre Gedanken an Justin wieder.

"Er schmeißt sich an dich ran, dass passt mir nicht! Und ich sollte dir ja auch keine Gesellschaft leisten", erinnerte Sasuke leicht missgelaunt.

"Er schmeißt sich gar nicht an mich ran, er ist einfach nur nett. Und er kam zufällig her, ich hab nicht mit ihm gerechnet!", murrte Sakura. Sie mochte es nicht, sich verteidigen zu müssen, nur weil Akira aufgetaucht war.

"Zufällig, tse .."

"Sasuke es reicht wirklich! Du benimmst dich unmöglich!", meinte Sakura etwas lauter und rieb sich die Schläfen.

Sasuke seufzte. "Ja, entschuldige", gab er widerwillig kleinbei und beugte sich zu Sakura, um sie zu küssen. "Ich bin nur etwas eifersüchtig, weißt du?"

Sakura grinste wieder. "Du bist ETWAS eifersüchtig? Vor allem auf Akira! Glaubst du, ich würde dich seinetwegen verlassen?"

"Nein, aber wie er dich ansieht ... das gefällt mir nicht!"

Sakura glitt mit ihrer Hand über Sasukes kühle, blasse Wange. "Lass ihn gucken, wie er will. Mich interessiert nur, wie du mich ansiehst ...", sanft gab sie ihm einen Kuss und fuhr durch seine verwuschelten, hochstehenden Haare.

Sasuke lächelte zufrieden und zog Sakura zu sich hinüber und auf seinen Schoss um sie besser küssen zu können.

"Könnt ihr auch mal was anderes machen?", hörten die plötzlich Narutos Stimme, der mit Hinata schon umgezogen in den Gemeinschaftsraum kam. "Es ist schlimm. Geht auf euer Zimmer, echt mal!", lachte er.

Sakura streckte ihm grinsend die Zunge heraus. "Du musst dich melden!"

Naruto grinste, während Hinata rot anlief und sich dann auf die weiche Couch fallen ließ. "So schlimm sind wir nicht, oder?", fragte er die Schwarzhaarige, die nur verlegen den Kopf schüttelte.

"Wie hast du es geschaft, Naruto lebend her zu bekommen?", wollte Sasuke grinsend wissen und ließ Sakura runter, die sich nun zu Hinata setzte und die Beine auf den Tisch legte.

Entspannen und rumgammeln, dazu war Urlaub da!

"Es war schwer", lächelte die Angesprochene, als die Tür ein weiteres mal unsanft aufgerissen wurde.

"Vergiss es!", hörten sie Temari schimpfen, die hinter Itachi ins Zimmer polterte. "Das kannst du getrost vergessen!"

"Kann ich gar nicht! Es war eindeutig", lachte Itachi nur und legte seinen Arm um die Blonde. "Was?", fragte er die anderen, die die beiden verwirrt ansahen.

"Ist das euer erster Ehestreit?", gluckste Sakura und machte für ihre beste Freundin platz.

"Nee, aber Itachi ist der Meinung, er hätte gewonnen ..."

"Weil ich gewonnen habe!"

"ICH kam zuerst unten an!"

"Nein, kamst DU nicht!"

Und so ging es noch eine ganze Weile, bis sich erst Naruto und Hinata auf ihr Zimmer verzogen und dann Sakura und Sasuke. Zum Nachmittagstee wollte man sich wieder treffen und dabei den Abend und die nächsten Tage planen.
 

"Die beiden geben echt ein süßes Paar ab", sagte Sakura, als sie sich gemütlich auf ihr großes Doppelbett schmiss und an Sasuke kuschelte, der dort schon lag und eine Zeitschrift durchblätterte.

"Ja, das kann man sagen", stimmte er zu und schien in einen Artikel vertieft.

"Was liest du da?", wollte Sakura neugierig wissen und schmulte in die Zeitung. "Über Bären?"

"Ja, es gibt hier sehr viele ..."

"Ah, verstehe", Sakura seufzte. "Ich hab dich nie gefragt, aber wie macht ihr es in der Stadt?"

"Vom Händler", erklärte Sasuke. "Fleischer. Es ist immer recht frisch", er grinste. "Aber hier wird es noch frischer ..."

Sakura verstand und ließ das Thema fallen. Zu genau wollte sie über die Essgewohnheiten der Vampire doch nicht bescheid wissen Außerdem wäre es ihr unangenehm, vor Sasuke grün anzulaufen, weil ihr bei dem Gedanken übel wurde ...

"Was wollen wir denn heute Abend noch unternehmen?", fragte sie stattdessen.

Sasuke zuckte mit den Schultern und blätterte um. "Keine Ahnung, es war Narutos Idee etwas zu machen."

"Dann könnten wir uns ja auch abkapseln und hier bleiben?", Sakura lächelte bettelnd.

"Meinetwegen, wenn du nicht möchtest. Oh, klasse", Sasuke stöhnte genervt, als er den Wetterbericht für die kommenden Tage las.

"Was ist los?", fragte Sakura beinah erschrocken.

"Sonne. Die nächsten zwei Tage. Na herrlich ..."

"Das stimmt, es ist herrlich!"

"Ist es nicht, meine Sinne sind dadurch beeinträchtigt. Das passt mir nicht!"

"Menschlich zu sein passt dir nicht? Es ist doch mal eine Abwechslung! Und dann siehst du mal, wie es ist, nicht alles zu können!"

Sasuke schüttelte den Kopf. "Nein ich mag es nicht. Zumindest jetzt nicht. Vielleicht sollten wir morgen nicht raus gehen ..."

"Was? Den ganzen Tag hier hocken?"

"Ich werde dich öfters fallen lassen ...", bemerkte Sasuke. "Und weniger Ski fahren kann ich deshalb auch nicht, das brauchst du nicht denken. Was ich kann, kann ich nicht nur weil ich ein Vampir bin!", er lachte amüsiert über Sakuras beleidigte Miene.

"Erstens kann ich schon recht gut alleine fahren und zweitens mache ich mir um Naruto mehr sorgen, wenn Hinata auch Schwierigkeiten haben wird!"

"Das stimmt!", Sasuke nickte. "Reden wir nachher mit den anderen drüber."

Geblendet

Am nächsten morgen strahlte die Sonne, wie der Wetterbericht es vorhergesagt hatte. Eigentlich hatte man sich darauf geeinigt, dennoch etwas nach draußen zu gehen, es aber nicht zu übertreiben. Doch beim grellen Anblick des Wetters war Sasukes Laune in den Keller gesunken und murrend hatte er sich schon vor dem Frühstück der anderen ins verdunkelte Zimmer verzogen.

Sakura saß mit Temari und Naruto beim Essen, während Hinata und Itachi im Kaminzimmer Fernsehn schauten. Akira war ebenfalls dort, saß aber etwas abseits und schien ruhiger als sonst.

"Wir sind fertig", meinte Temari, als sie ebenfalls in den Gemeinschaftsraum kam und sich auf Itachis Schoss fallen ließ. "Wie siehts aus? Meinst du, du kannst raus?", fragte sie hoffnungsvoll.

"Na klar, du musst dich nur damit abfinden, dass du ab und an bei einem Rennen gewinnen wirst ...", scherzte er und gab ihr einen liebevollen Kuss.

"Damit abfinden? Ich glaub es nicht ..", die Blonde zog eine Schnute, ließ sich aber durch seine Küsse besänftigen.

"Dich stört die Sonne nicht so wie Sasuke, oder?", fragte Sakura, die ihr Frühstück ebenfalls beendet hatte.

Itachi schüttelte den Kopf. "Nein, ich kann damit umgehen auf meine menschlichen Fähigkeiten beschränkt zu sein. Sasuke hat da seine Probleme. Und die Sonne scheint ihm auch mehr zuzusetzen, wie bei einem reinen Vampir. Er ist allerdings auch mehr Vampir als ich", gab der ältere Uchiha leise zu, obwohl außer ihnen niemand in dem Zimmer war.

"Wie ist es denn bei reinen Vampiren?", wollte Sakura nun neugierig wissen.

"Furchtbar", sagte Akira vom anderen Ende des Raumes. Er hatte die Unterhaltung offenbar belauscht. "Wir haben eine sehr geringe menschliche Seite, wenn überhaupt. Vampire, die mit ganzen Charakter vampirisch sind, kommen bei diesem Wetter überhaupt nicht raus. Sie verstecken sich im Dunkeln. Es soll sogar noch einige geben, die das Tageslicht gänzlich meiden."

"Ja", stimmte Hinata leise zu und nickte. "Vor allem unter den Hyuuga. Sie jagen nur bei Nacht und sind Tagsüber tief unter der Erde, in Kellern zum Beispiel oder großräumigen Bunkern."

"Dich stört es aber nicht?", hakte die Rosahaarige nach.

"Hinata ist von den reinen Vampiren vermutlich die Menschlichste", sagte Itachi.

"Und ich wäre lieber ein Mensch", gab die Schwarzhaarige traurig zu. "Deswegen empfinde ich diese Beschränkung nicht als Strafe, wie Sasuke zum Beispiel."

"Wäre er lieber ein reiner Vampir?", fragte Sakura vorsichtig.

Itachi zuckte mit den Schultern. "Darüber spricht er nicht. Nie, und zu niemanden. Aber ich denke, er wäre lieber vollkommen als nur halb. Verstehst du?"

Sakura nickte leicht. Ja, sie hatte bemerkt, dass es ihn manchmal belastete. Auch wenn er wirklich nie darüber redete.

"Ich geh mal hoch, vielleicht will er doch mitkommen", erklärte sie und erhob sich. "Ihr könnt ruhig schon vor, ich komme nach."

"Alleine?", fragte Itachi sofort.

Sakura seufzte. "Itachi, bitte! Ich bin kein Kind mehr. Und es gibt momentan keine Gefahr, oder? Ich ... brauch auch mal Zeit ... alleine, weißt du?"

"Aber ...", wollte Itachi ansetzen, doch Temari stieß ihm in die Rippen und brachte ihn so zum Schweigen.

"Ist gut, wir gehen schon zur Piste. Es ist ja auch nicht weit bis dahin."

Sakura nickte dankbar, dann verließ sie das Zimmer.

"Es ist keine gute Idee", begann Itachi nun, doch Temari schüttelte den Kopf.

"Sie muss wirklich einmal für sich sein können. Sie ist in erster Linie immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut und Gefühlen, wir müssen ihre Wünsche auch respektieren."

"Aber gerade heute, wenn keiner von uns in Form ist ...", bedachte der Schwarzhaarige. Sakura war für ihn ein Teil seiner kleinen Familie geworden, mehr als nur eine Freundin. Er spürte, wie gut sie seinem Bruder tat, und wie warmherzig sie zu anderen war. Und sie hatte Weißgott schon genug durchgemacht, um nicht wieder einer Gefahr ausgesetzt werden zu müssen.

Aber andererseits hatte Temari recht. Sie musste auch einmal für sich sein können.

"Okay", gab er sich schließlich geschlagen.
 

Sakura fühlte sich nicht so, wie sie glaubte, sich fühlen zu müssen. Mit den Skiern unter dem Arm ging sie geradewegs zu der verabredeten Piste.

Sasuke war auf dem Zimmer geblieben, obwohl es ihm widerstrebte und Sakura einige Überredungskünste hatte anwenden müssen. Aber es schien ihm wirklich schlecht zu gehen, er war blasser als sonst und auch seine Augen wirkten matt und leer.

Normalerweise hielt er Sonnenschein besser aus, aber hier in den Bergen war die Sonne noch intensiver und gerade durch den Schnee sehr grell und reflektierend.

Armer Sasuke, dachte Sakura.

Sie seufzte deprimiert, als sie einem schneereichen Pfad folgte, der jedoch platt gelaufen war. Eigentlich hatte sie geglaubt, auch ihr würde der Abstand etwas gut tun, aber dem war ganz und gar nicht so. Ihre Gedanken kreisten nur um den jüngsten Uchiha. Sie fühlte sich, als fehle ein Teil von ihr. Als wäre sie nicht komplett.

Vielleicht sollte sie umdrehen und ihm Gesellschaft leisten?

Doch die Rosahaarige schüttelte betrübt den Kopf. Sasuke hatte nicht den Eindruck gemacht, jemanden bei sich haben zu wollen. Es war, als schämte er sich, auf seine Menschlichkeit reduziert zu sein.

"Sakura!", hörte sie plötzlich Narutos Stimme und der blonde Chaot kam ihr entgegen. Offensichtlich erleichtert. "Da bist du ja! Die anderen sind schon oben, aber ich wollte warten ...", erklärte.

Wollte oder sollte, fragte sich Sakura innerlich.

"Na dann können wir ja zusammen hoch", grinste sie dennoch und schnallte sich ihre Ski an.

Naruto nickte. "Aber lass uns diesen Stablift nehmen, die anderen sind mir zu erschreckend", meinte er.

"Stablift? Ach du meinst, wo wir nebeneinander hochgezogen werden und man sich vor diese Stange setzen muss? Den find ich eigentlich am Schlimmsten!"

Naruto grinste. "Der ist doch voll cool, besser als der Tellerlift, der einem den Hintern quetscht!"

"Und der Sessellift?"

"Zu hoch", kommentierte Naruto.

Sakura seufzte. "Okay, dann den Stablift, wie du ihn nennst."

Zusammen fuhren Naruto und Sakura zu den Liften und stellten sich an der kleinen Schlange an. Es war nicht gerade Besucherzeit über Weihnachten, weshalb nur wenige Skiverrückte hier waren. Auch die Hotels waren wie ausgestorben und außer ihnen gab es nur noch eine andere Familie mit Kindern, die hier scheinbar Silvester feiern wollte.

Als die beiden an der Reihe war, musste Sakura wahrlich um ihr Leben bangen. Naruto fand den Stablift vielleicht amüsant, aber sich dort richtig hinzusetzen schien eine Kunst für sich. Mit etwas Hilfe des Blonden schaffte sie es dann aber doch und erleichtert hielt sie sich an dem Seil in der Mitte fest.

"Ich versteh nicht, wie man dieses Teil mögen kann!", schnaubte sie ein paar Minuten später, da die Fahrt nach oben recht lang war.

Naruto kicherte nur belustigt, als er Temari von weiten erkannte. Sie kam mit ihrem Snowboard in unglaublicher Geschwindigkeit den Berg hinunter. "Guck mal", sagte er und zeigte zu der Blonden.

"Oh Gott, mir wird schlecht, nur vom Hinsehen!", Sakura schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur soviel Spaß an diesem mörderischen Sport haben? Und dann nur mit einem Brett unter den Füßen ...

"Itachi ist heute aber ganz schön schlecht", meinte Naruto nun und nahm die Hand von dem Seil neben sich, um Sakura den jungen Mann zu zeigen, der nicht elegant wie sonst seine Kurven drehte, sondern recht unkontrolliert und beinah neben der Spur des Liftes fuhr.

"Huch", entfuhr es Naruto plötzlich, als er das Gleichgewicht verlor und hastig nach der Stange griff, sie jedoch verfehlte. Sakura wollte nach dem Blonden greifen, verlor aber nur selbst den Halt und keine Sekunde später spürte sie, wie sie von der Stange rutsche ...

"Mist, Sakura!", rief Naruto, der sich wieder gefasst hatte und weiter nach oben gezogen wurde. Mit einer Hand hatte er das Seil packen können, während Sakura rückwärts auf die Piste rutschte.

Hinter ihnen war niemand weiter, also ließ sich Naruto auch von dem Lift gleiten, doch seine Fahrkünste waren nicht gerade die Besten.

Mittlerweile hatte es Sakura aber geschafft sich hochzurappeln und stehen zu bleiben, war jedoch recht weit auf die Skipiste gekommen. Mühsam versuchte sie, wieder in Richtung Lift zu gelangen, als sie Naruto brüllen hörte.

"Was denn?", keifte sie zurück, eindeutig schlecht gelaunt. Sie sah in die Richtung, in die er zeigte und jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht.

Itachi kam genau auf sie zu, mit scheinbarer Höchstgeschwindigkeit und ohne sie zu bemerken. Warum wich er nicht aus? Warum sah er sie denn nicht?

In Sakura stieg Panik auf und unbeholfen versuchte sie vom Fleck zu kommen. Dieser Tölpel, dieser Idiot! Machte er mal die Augen auf? Was war da los?

Doch dann sah Sakura es, für einen kurzen Moment.

Ein Strahl, ein reflektierter Strahl oder ähnliches, was aus dem Wald in der Nähe kam, schien ihn direkt zu blenden.

Itachi konnte sie nicht sehen!

Sakura drehte ihren Kopf, wollte Itachi warnend zu Rufen, doch es war zu spät ...

Naruto schrie entsetzt auf, doch er konnte ihnen nicht mehr helfen.

Itachi war mit voller Wucht mitten in Sakura geprallt, hatte sie nieder gerissen und rutschte nun mit ihr hinunter, immer näher dem Lift entgegen.

Hinata war mittlerweile auf gleicher Höhe mit Naruto, Schrecken stand in ihrem Gesicht. Sie fuhr so schnell sie konnte den beiden hinterher, und auch Naruto folgte ihnen nun.

Doch dann geschah es: Ein lauter Rums erklang und Itachi knallte, mit Sakura vor sich, direkt in einen Stützpfeiler des Liftes ...
 

"Es tut mir so leid", sagte Itachi zum Hunderstenmal. Er stand neben dem Krankenwagen, währenddessen Sakura auf die Trage gelegt wurde, und hielt ihre Hand.

Sie lächelte schmerzvoll. "Schon ... okay", flüsterte sie kaum hörbar und verzog qualvoll das Gesicht. "Ist ja nichts weiter passiert."

"Gott", Temari musste sich wegdrehen, als ihr die Tränen kamen. Wie konnte Sakura sagen, es wäre nichts weiter passiert? Sie hatte zwei gebrochene Rippen und auch der Fuß schien ganz schön was abbekommen zu haben, zumindest hatte das Hinata gesagt.

Doch mehr konnte Hinata im Moment nicht tun und zum ersten mal verfluchte die Schwarzhaarige ihren jetzigen Zustand. "Sobald ich bei vollen Kräften bin heile ich dich", versprach sie Sakura leise, damit es niemand der Notärzte hören konnte. "Dann bist du ganz schnell wieder okay und kannst die Pisten runter ..."

Sakura stöhnte. "Ich ... dachte das ... hät sich jetzt ... erledigt", krätzte sie.

"Wir fahren dann ins Krankenhaus. Eure Freundin braucht sofort weitere medizinische Hilfe", erklärte nun der Arzt.

"Ich fahre mit ihr mit", sagte Temari gleich und auch Hinata stieg mit in den Krankenwagen. "Geht ihr Sasuke holen ... oh Gott."

Keiner durfte daran denken, was Sasuke machen würde. Itachi glaubte bald, sich für eine Weile verstecken zu müssen. Doch er konnte nichts für den Unfall, er hatte Sakura nicht sehen können.

Irgendetwas hatte ihn geblendet.

Irgendetwas, das im Wald gewesen war.

Naruto und Itachi nickten, dann wurden die Wagentüren geschlossen und mit Blaulicht fuhr der Krankenwagen davon. Eigentlich hatte Itachi mit gesollt, denn er humpelte leicht. Doch er hatte erklärt, es wäre nichts und war auf eigene Verantwortung geblieben.

Zuerst musste er mit Sasuke reden, und sobald die Lichtintensität abnahm würde sein gebrochener Knöchel von alleine heilen. Die Schmerzen, die er im Moment hatte waren nichts im Vergleich zu seiner Sorge um die Rosahaarige.

"Kannst du wirklich laufen?", fragte Naruto, als er mit Itachi eilends den Pfad zurück zum Hotel entlang ging. Sie rannten fast, und Itachi hatte schmerzhaft das Gesicht verzogen. Aber zu Fuß waren sie am Schnellsten.

"Natürlich", erklärte der Uchiha kühl. Er war nicht der Typ, der wegen so einer Sache wehleidig wurde. Da waren er und sein Bruder sich ähnlich.

Eine Viertelstunde brauchten die beiden, ehe sie das kleine abgelegen Hotel erreichten. Itachi sah hoch zu dem Fenster, das zu Sasukes Zimmer gehörte. Die Gardinen waren zugezogen, doch er wusste, dass Sasuke ihr Ankommen gesehen haben musste.

Und keine Minute später kam der Schwarzhaarige die Treppen des Hotels hinunter, mit völlig versteinerten Blick. "Was ist passiert?", fragte er sofort, mit allem rechnend. "Sagt mir nicht, dass die Anderen aufgetaucht sind?! Wo ist Sakura ...", seine Stimme wurde leiser und er musste schlucken. "Itachi, wo ist Sakura?", wiederholte er, da sein Bruder die Augen geschlossen hatte.

"Im Krankenhaus", es war kaum mehr er als leidvolles Zischen, doch Sasuke verstand ihn ganz genau.

Entsetzt sah Sasuke zu Naruto, der den Tränen nahe schien. "Im ..."

"Es geht ihr gut, den Umständen entsprechend", erklärte der Uzumaki sofort, doch seine Stimme zitterte dabei. Sasukes Gesichtsausdruck machte ihm Angst. "Wir fahren gleich zu ihr, die anderen sind schon im Krankenwagen mitgefahren. Itachi bleibt am besten hier und heilt seinen Knöchel ..."

"Deinen Knöchel?", Sasuke schien verwirrt. "Was ist geschehen?"

Itachi schüttelte den Kopf, im ersten Moment unfähig zu sprechen. Er sah seinen Bruder entschuldigend an. "Wir sind zusammen gestoßen und den Berg runter gerutscht. Ich schwöre dir, dass ich Sakura nicht sehen konnte, ich war geblendet ..."

"Du ... konntest Sakura nicht sehen?", Sasukes Stimme zitterte und das nicht vor Angst. Vor Zorn!

"Wir sind in den Lift gerutscht ...", beendete Itachi seine Erklärung, auf alles vorbereitet. "Irgendwas hat mich geblendet ... es war nicht die Sonne, Sasuke."

Sasuke schloss die Augen und schluckte schwer. "Du ... du solltest auf sie aufpassen ... sie nicht in Gefahr bringen", er klang beherrscht, doch sein Bruder wusste, dass er jeden Moment mit Sasukes Faust zu rechnen hatte. Einer harten, stählernen Faust.

Doch nichts dergleichen geschah. Sasuke schüttelte seinen Kopf, um sich zusammen zu reißen. "Lass uns los fahren, Naruto. Hol ein Taxi, okay?"

Naruto nickte und rannte sofort weiter.

"Sasuke, ich ..."

"Nein", sagte Sasuke kalt und drehte sich um. "Ich will keine Entschuldigung hören. Ich ... bleib hier und versorge deinen Fuß. Wir sehen uns später ..." Sasukes Stimme klang trocken und er sagte kein weiteres Wort mehr, sondern ileß seinen Bruder vor dem Hoteleingang stehen.
 

"Mach dir keine Sorgen, sobald dieser verfluchte Sonnenschein nachlässt und es dunkel wird, kann ich sie größtenteils heilen", erklärte Hinata leise, die neben Temari an Sakuras Bett saß. Sie war genervt über ihre eigene Unfähigkeit. Ein seltener Zustand bei der Hyuuga.

Temari nickte traurig und sah in das Gesicht ihrer schlafenden Freundin. "Was meinst du mit größtenteils? Wird sie bleibende Schäden zurückbehalten?"

"Nein", sagte Hinata sofort. "Das nicht. Aber auch ich kann gebrochene Knochen nicht innerhalb eines Tages heilen. Es wird etwas dauern, aber schneller gehen, als auf normalen Wege, verstehst du? Und ich kann ihr die Schmerzen nehmen. Besser als mit Medikamenten."

"Ja", Temari seufzte leise, damit Sakura nicht wach wurde. Sie sah auf die andere Seite des Bettes, wo Naruto saß und eingenickt war. "Wie geht es ihm? Er sieht fertig aus ...", fragte sie, obwohl sie alle fertig aussahen.

Hinata schüttelte leicht den Kopf. "Er gibt sich auch die Schuld an dem Unfall. Und Sakura ist seine beste Freundin ... es nimmt ihn sehr mit. Naruto ist sensibler, als er aussieht."

"Armer Naruto, dabei kann doch niemand etwas dafür. Ich hoffe, Itachi nimmt es sich nicht auch zu sehr zu Herzen", Temari seufzte erneuert.

"Es ist schon seltsam. Das er geblendet wurde ... aber ich habe es auch gesehen, es kam aus dem Wald. Und es ging direkt zu ihm, sehr komisch", Hinata schien nachdenklich.

"Was glaubst du, was die Reflexion ausgelöst hat? Ein Tier? Oder vielleicht ist dort jemand spazieren gegangen?"

Hinata zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Aber es ist ein erschreckender Zufall gewesen. Alles. Grauenhaft ..."

Die Tür wurde geöffnet und leise kam Sasuke näher. Mit ausdrucksloser Miene sah er Sakura an, dann setzte er sich neben Naruto auf den Stuhl.

"Was sagt der Doktor?", flüsterte Hinata.

"Es wird ein paar Wochen dauern, auf menschlichem Weg", erklärte der Uchiha und nahm dabei den Blick nicht von seiner Freundin. Er war schon seit Mittag da und der Tag näherte sich langsam dem Abend. Eben hatte er eine Unterredung mit Sakuras behandelndem Arzt gehabt. "Sie wird eine Weile hier bleiben müssen."

"Das wird ihr nicht gefallen", sagte Temari und strich eine imaginäre Falte aus Sakuras Bettdecke. "Und dann über Silvester. Dabei hat sie sich so darauf gefreut. Ihr erstes Silvester außerhalb von Mauern ..."

"Es sind noch drei Tage, vielleicht ist sie bis dahin schon wieder okay", Hinata nickte. "Ich kann die ganze Nacht ..."

"Nein, zuviel ist auch nicht gut. Und für dich auch nicht, Hinata. Verausgabe dich nicht nach einem Tag wie diesem", warnte Sasuke. "Du hast nicht unendlich viele Kraftreserven zur Verfügung."

Hinata seufzte. "Ich weiß ..."

"Na dann wird eben im Krankenhaus gefeiert", lächelte Temari gezwungen.

"Was feiern wir?", fragte Naruto verwirrt, als er wach wurde.

Temari grinste. "Ostern, du Idiot."

"Ostern? Hä?"

"Kommt, ihr solltet was essen", sagte Hinata plötzlich und stand auf. Naruto war nicht gerade leise und sie wollte Sakuras Schlaf nicht stören. "Und du solltest Itachi noch einmal anrufen und ihm sagen, wie es Sakura jetzt geht. Er wird Krank vor Sorge sein", sagte sie an Temari gewandt.

Die Blonde nickte. "Gut. Was ist mit dir, Sasuke?"

Der Uchiha schüttelte den Kopf. "Ich bleibe."

Dann verließen die anderen das Zimmer.

Eine Weile saß Sasuke stillschweigend neben Sakuras Bett und beobachtete wie sich ihr Brustkorb regelmäßig hob und senkte, doch irgendwann stand er auf und ging zum Fenster. Die Sonne ging unter und zufrieden stellte er fest, wie seine Kräfte langsam, aber sicher zurückkehrten. In einer Stunde würde er wieder "normal" sein.

"Die Sonne ... geht unter. Geht es ... es dir jetzt besser?", hörte er plötzlich Sakura wispern und schon im nächsten Moment war er neben ihrem Bett.

"Du fragst mich, wie es mir geht?", lächelte er betrübt. "Sieh dich mal an!"

"Mir geht es ... ganz gut", stöhnte die Rosahaarige, als sie versuchte sich aufzusetzen. Doch Sasuke hielt sie sanft in Schach und zwang sie liegen zu bleiben.

"Du siehst nicht gerade blendend aus. Wie fühlst du dich?"

"Atmen tut weh, und der Kopf. Aber ansonsten gehts", Sakura sah Sasuke müde an. "Was ist mit Itachi, wie geht es ihm?"

"Ich denke, er wird seinen Knöchel jetzt heilen können."

"Das kann er alleine?"

Sasuke nickte. "Die Selbstheilung ist bei Vampiren sehr stark. Es wird schnell behoben sein."

"Ist er im Hotel geblieben?"

"Ja."

"Was ist mit mir? Muss ... kann ich hier raus?", fragte Sakura hoffnungsvoll.

Sasuke schüttelte betrübt den Kopf. Er wusste wie sehr Sakura Krankenhäuser hasste. "Nein. Du hast dir den Fuß gebrochen, und zwei Rippen. Es ging gerade noch einmal ... gut", Sasuke lächelte schwach. "Es wird eine Weile dauern, bis du wieder okay bist."

"Kann Hinata nicht ..."

"Doch, natürlich. Aber du weißt, dass sie auch Zeit braucht. Es geht nicht von heut auf morgen."

"Dann bin ich Silvester hier?", Sakura erschrak.

"Wir sind alle hier. Es ist doch egal wo wir feiern."

"Im Krankenhaus ... das ist nicht besonders ... toll ...", Sakura hatte immer noch Probleme zu sprechen. Alles tat ihr weh.

Sasuke beugte sich zu seiner Freundin und küsste sie auf die Stirn. "Aber notwendig."

"Was ist mit unserem Flug ..."

"Wir werden die Rückreise verschieben. Bis es dir besser geht und du fliegen kannst. Im Moment geht das nicht", sagte er, damit Sakura sich keine Hoffnungen machte, wenigstens zurück nach Japan zu kommen. "Der Arzt sieht heute Abend noch nach dir. Er wird uns sagen, wie lange es dauern wird."

"Ich will aber nicht hier bleiben ...", quengelte Sakura. "So was dummes aber auch!"

"Was lässt du dich auch anfahren ...", Sasuke schüttelte lächelnd den Kopf und nahm Sakuras Hand in seine.

"Ich konnte nichts ... dafür!", verteidigte sie sich stöhnend.

"Itachi aber ..."

"Er auch nicht. Ich hab das Licht auch gesehen, es schien ihm direkt ins Gesicht."

"Das mit dem Licht ist wirklich seltsam. Ihr hättet nicht rausgehen dürfen, nicht bei dieser Sonne ..."

"Das hätte jeden ... passieren können ..."

"Es ist aber DIR passiert! Und ich will nicht, dass dir etwas passiert! Itachi ist ein Vampir, und er kennt die Gefahren der Sonne hier in den Bergen!"

"Hör doch auf, er hat keine Schuld!", Sakura seufzte. Wieso Sasuke auch immer so dickköpfig sein musste.

Sasuke schwieg. Er merkte, dass Sakura sich nur unnötig aufregte. Recht gab er ihr dennoch nicht. Itachi hatte gewusst, dass er nur seine menschlichen Fähigkeiten zur Verfügung hatte. Vielleicht war er geblendet worden, aber damit musste man rechnen.

"Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen ...", Sasuke strich Sakura über die Haare.

"Quatsch, ich muss doch auch mal ohne dich auskommen können. Ich kann nicht immer auf deine Hilfe vertrauen ..."

"Die hättest du heute aber gebraucht."

"Du hättest es vielleicht auch nicht verhindern können."

"Doch, irgendwie."

Sakura schnitt Sasuke eine Grimasse. "Du musst auch immer das letzte Wort haben!"

Er grinste. "Stimmt. Zumindest wenn es um deine Sicherheit geht."

"Ich lebe ja noch. Sei Itachi bitte nicht böse."

Sasuke schüttelte den Kopf. "Ich bin ihm nicht böse."

"Was dann?"

"Ich bin enttäuscht ...", mehr sagte er nicht über seinem Bruder.

Scharfe Messer

Genervt saß Sakura in ihrem Krankenbett und knurrte vor sich her. Es war der 30. Dezember, ein Tag vor Silvester, und sie würde den Jahreswechsel hier verbringen müssen!

War das nicht ungerecht? Endlich durfte sie in Freiheit in das neue Jahr feiern, und dann so etwas!

Gemein, grausam, bösartig.

Barbarisch und bestialisch!

Alles zusammen.

Und unfair!

Sakura sah schlecht gelaunt zu den vielen Luftballons, die sie nachher noch zusammen aufhängen würden. Luftschlangen waren schon verteilt.

Es fehlte nur die Stimmung, oh ja!

Und im Moment Sasuke ...

Sakura seufzte. Vor einer Viertelstunde hatte sie ihn aus dem Zimmer gejagt. Gesagt, dass sie alleine sein wollte.

Und warum? Weil sie schlecht drauf war und ihre miese Laune an anderen auslassen musste.

Wie erbärmlich!

Und so schnell würde er vermutlich auch nicht wiederkommen. Sie war zu gemein gewesen. Es war ein Wunder, wenn er überhaupt wieder käme.

Aber das er noch immer Sauer auf Itachi war, das trug nicht gerade zu ihrer deprimierten Stimmung bei. Itachi war bisher nicht einmal ins Krankenhaus gekommen um sie zu besuchen.

Wahrscheinlich weil er Sasuke aus dem Weg ging, der eigentlich permanent bei ihr war.

Als wenn es alles nicht schon schlimm genug war, trieb sie auch noch einen Keil zwischen die Brüder.

Was war sie nur für ein furchtbarer Mensch?

Es klopfte an Sakuras Tür und die Rosahaarige schrak aus ihren Gedanken hoch. "Ähm, ja?"

Sie hoffte, dass es Sasuke war, doch da lag sie falsch. "Oh, hallo Akira", begrüßte sie den Vampir, der grinsend und mit einem großen Strauß Blumen ins Zimmer kam.

"Hey du Pechvogel, wie geht es dir?", fragte er freundlich und stellte die Blumen in eine freie Vase.

"Ganz gut", murrte Sakura, während Akira sich einen Stuhl heran zog und sich neben ihr Bett setzte.

"So siehst du schon aus!", er lachte. "Du ziehst ein ganz schön böses Gesicht. Ist wirklich alles okay?"

Sakura stöhnte. "Nee, nicht wirklich. Immerhin verbringe ich Silvester in einem Krankenhaus. Und ...", sie seufzte erneuert. "Mit Sasuke hab ich mich auch gestritten, irgendwie zumindest."

"Oh je, ist das etwa meine Chance um deine Hand anzuhalten?", scherzte er.

Sakura musste grinsen. "Ach du bist unmöglich. Aber nein, so schlimm ist es dann doch nicht."

"Na siehste, dann guck mal etwas freundlicher. Es ist doch egal, ob du hier feierst oder im Hotel."

"Ich weiß ja nicht. Hier ist es doch total doof. Im Krankenhaus ... ich kann mir wirklich etwas besseres vorstellen!"

"Etwas besseres, als alle deine Freunde um dich zu haben?", fragte er mit einem gewissen ernst.

Sakura sah ihn mit großen überrascht an, doch dann lächelte sie und schüttelte den Kopf. "Du hast recht. Ich bin unmöglich. Zerfließe im Selbstmitleid, dabei hab ich die besten Freunde der Welt, die es mit mir ertragen. Wie auch immer ..."

Akira lachte. "So ist es richtig. Lass nicht den Kopf hängen", er sah zum Fenster, wo die Sonne gerade im Zenit stand. "was ist, Lust auf eine Spazierfahrt?"

"Spazierfahrt?", Sakura sah den Vampir verwirrt an.

"Na klar, damit", er deutete zu dem Rollstuhl, der in der Ecke stand. "Ein bisschen frische Luft schnappen. Die Schwester hab ich schon gefragt."

"Ich weiß nicht", zögerte Sakura. "Wenn Sasuke kommt macht er sich nur unnötig Gedanken."

"Ehe der kommt, sind wir schon wieder zurück. Eine Runde um die Anlage, länger nicht. Draußen ist es auch kalt, du wirst sonst noch krank. Also was sagst du?"

Sakura seufzte, grinste dann aber. "Okay, aber nur kurz. Einmal raus und wieder rein!"

"Einmal raus und wieder rein", versprach Akira, dann half er Sakura in ihre Jacke und setzte sie vorsichtig in den Rollstuhl, ehe er mit ihr das Zimmer verließ ...
 

"Ich hab ihn noch immer nicht erreicht", Temari kam völlig außer Atem in Sakuras Krankenzimmer und schmiss hinter sich die Tür zu, die im nächsten Moment wieder aufging.

"Keine Spur, nirgends", Hinata schien den Tränen nahe, als sie sich zu Naruto stellte und ihm die Hand auf die Schulter legte.

Auch er hatte Sakura nicht gefunden.

"Vielleicht finden Itachi und Sasuke ... sie wird irgendwo in der Nähe sein", Temari schluckte den schweren Kloß hinunter. Seit drei Stunden waren die Brüder schon weg, doch keine Neuigkeiten.

Sakura war verschwunden. Sie hatte das Krankenhaus verlassen und war seitdem nicht wieder zurückgekehrt.

Drei Stunden lang ...

Temari setzte sich starr auf das Bett und griff sich kopfschüttelnd in die Haare. "Es war Akira, ich wette es!", rief sie beinah schrill.

Eine Krankenschwester hatte ihnen eine gute Beschreibung des Mannes gegeben, in dessen Begleitung sich Sakura befunden hatte.

Sie passte auf Akira.

Und Sakura war lächelnd mit ihm nach draußen gegangen.

Aber sie vertraute Akira auch.

Was war passiert? Wurden sie angegriffen? Hatte er sie verschleppt?

Temari hatte die ganze letzte Stunde pausenlos bei Kakashi angerufen, aber wie in den letzten Tagen ging nur der Anrufbeantworter an.

Jeder war in Aufruhr.

Und Sasuke traf es am schlimmsten. Er machte sich nicht nur Vorwürfe, er schien sich selbst für alles die Schuld zu geben. Und trotz der strahlenden Sonne war er ohne Unterbrechung draußen, genau wie Itachi. Sie suchten die Umgebung ab, die Wälder und Pisten.

Was, wenn sie Sakura nicht fanden? Wenn sie längst in den Händen der Feinde war? Wenn Akira sie zu dem Oberhaupt der Hyuuga gebracht hatte? Hatte er das alles geplant gehabt?

Waren sie nie in Sicherheit gewesen?

Und warum ging Kakashi nicht ans Telefon? War auch mit ihm etwas passiert?

Es klopfte an der Tür und Hinata sagte leise "Herein."

Eine junge Frau trat ein und nickte höflich. "Wir haben die Polizei verständigt", erklärte sie. "Wir werden sie finden. Sie können nicht weit sein. Und die Polizei ist gleich hier. Es wäre gut, wenn einer von euch ..."

Temari nickte. "Ich rede mit ihnen", sagte sie und stand auf, ehe sie der Schwester folgte.

"Wie konnte so etwas nur passieren?", wisperte Hinata, als das Zimmer wieder leer war.

Naruto schüttelte apathisch den Kopf. "Ich verstehe es nicht ... Akira ... wir haben ... wir hätten ihn niemals in ihre Nähe lassen dürfen!"

"Wir haben uns so getäuscht ..."

"Das hätte nicht passieren dürfen, wir hätten ...", Naruto versagte die Stimme und er stand auf. "Ich geh noch einmal suchen. Ich kann hier nicht sitzen."

Hinata nickte verstehend. "Gut, ich warte auf Temari und sag ihr bescheid. Wir sollten uns im Hotel treffen. Vielleicht wurde auch eine Nachricht abgeben."

Naruto gab Hinata einen Kuss auf die Wange, ehe er das Zimmer ebenfalls verließ.

Sie mussten Sakura einfach finden ...
 

So schnell Sasuke konnte rannte er durch den Wald. Die Sonne blendete ihn unaufhörlich und er spürte wie ihm die Puste ausging und die Lunge schmerzte, doch er blieb nicht stehen.

Er konnte nicht.

Sakura war in Gefahr, irgendwo hier draußen. Vielleicht ganz in der Nähe.

Und er fand sie nicht ...

Wenn er diesen Akira finden würde ... er würde kein Haar an ihm lassen. Er würde ihm den schmerzvollsten Tod bescheren, den ein Vampir je erlebt hatte.

Er würde nicht Ruhen, ehe er ihn in seinen Händen zermalmte, Knochen für Knochen.

Sasuke blieb eine Minute stehen und schloss die Augen. Er glaubte kurz vor dem Umfallen zu sein, so sehr waren seine körperlichen Kräfte aufgebraucht. Seit Stunden rannte er nun schon durch die Gegend, fragte Spaziergänger nach einer Rosahaarigen und durchsuchte Höhlen und leerstehende Häuser.

Und mit jeder Stunde wurde seine Verzweiflung größer.

Und seine Wut. Er drohte die Kontrolle zu verlieren, und die Nerven. Lange würde er sich nicht mehr zusammen reißen können.

Und er wollte es auch nicht. Man hatte ihm das Wichtigste genommen.

Und Akira würde dafür leiden ...

Aber steckte Akira alleine dahinter? Oder war es der Plan von diesem Hyuuga Neji? War alles geplant gewesen?

Und was würden sie mit Sakura machen, um ihr das Geheimnis zu entlocken?

Sakura zitterte unwillkürlich und zwang sich, nicht daran zu denken. Was, wenn sie sie foltern würde? Wenn sie sich ihren Spaß mit ihr machen würden? Akira begehrte Sakura ...

Sasuke fletschte die Zähne und rannte weiter. Er durfte sich keine Pause gönnen, nicht jetzt! Er durfte Sakura nichts geschehen lassen. Und er durfte sich nicht durch die Gedanken, was man ihr antat, irritieren lassen. Er musste klar im Kopf bleiben, damit er seine Suche nicht aus den Augen verlor.

Er würde Sakura finden, ehe etwas schlimmes geschah. Er musste einfach.
 

Mittlerweile wurde es Abend, als Temari von ihrem Gespräch mit dem zuständigen Ermittler kam. Er hatte ihr volle Hilfe und Unterstützung versprochen und versichert, dass sie ihre Freundin bald wieder finden würden.

Doch er ging ebenfalls von einer Entführung aus. Und davon, dass sie von dem Entführer vermutlich erpresst werden würden.

Doch Temari schüttelte den Kopf.

Akira würde sich sicherlich nicht bei ihnen melden. Er wollte nichts von ihnen, er wollte etwas von Sakura.

Sie waren alle auf ihn hereingefallen.

Er hatte sie alle getäuscht.

Temari betrat Sakuras Krankenzimmer, in dem Hinata saß, die Knie an den Körper gezogen.

"Hey", flüsterte die Schwarzhaarige und wischte sich die Tränen aus den Augen, die schon rot vom reiben waren. "Was sagen die Polizisten?"

"Das sie uns helfen werden. Sie denken, es wird eine Erpressung stattfinden, aber ..."

Hinata nickte. "Sie haben keine Ahnung. Hoffentlich haben die anderen Sakura gefunden ..."

"Dann wären sie doch schon zurück, oder? Sie sind nun schon seit Stunden unterwegs. Ist Naruto auch noch einmal suchen gegangen?", fragte Temari, da der Blonde nicht im Zimmer war.

Hinata nickte wieder. "Ja", ein Schluchzen entfuhr ihr und Temari legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern, als sie sich zu ihr beugte.

"Wir finden sie, versprochen! Sasuke wird nicht aufhören, bis er Akira geschnappt hat!"

"Ich weiß", Hinata schluckte. "Lass uns ins Hotel gehen, Naruto und die anderen werden dort hinkommen. Vielleicht gibt es ... vielleicht hat Akira irgendeine Nachricht hinterlassen ..."

"Gut, ich gehe uns ein Taxi rufen."
 

Naruto wartete bereits im Hotel, als Temari und Hinata ankamen. Kurze Zeit später stieß auch Itachi zu ihnen, nur Sasuke blieb noch bis in die Nacht hinein fort.

Er sah schlecht aus, als er kurz nach Mitternacht zurückkam. Erfolglos ...

"Wie geht es dir?", fragte Hinata vorsichtig, als sie Sasuke sah, der noch blasser als sonst wirkte. Zwar hatte er seine Vampirkräfte zurück, aber finden hatte er Sakura dennoch nicht.

Er sah Hinata kurz an, ein Wort brachte er nicht über die Lippen.

"Wir ruhen uns kurz aus, dann suchen wir weiter. Am Besten wir teilen uns auf", schlug Itachi vor, der Temari an sich gezogen hatte und beruhigend über die Haare strich. Sie hatte vorhin zu weinen angefangen, als Sasuke ohne Sakura ins Zimmer gekommen war. Und sein Anblick hatte ihr einen Stich ins Herz versetzt.

"Ich gehe alleine", sagte Sasuke mit rauer Stimme. "Ich bin schneller als ihr."

"Wenn du Akira triffst, kannst du nicht alleine ...", Itachi schluckte.

"Natürlich kann ich ihn alleine vernichten!", gab Sasuke hart zurück.

"Das meine ich nicht. Aber ich habe Angst, dass du ... dass du die Kontrolle verlierst, du kannst dich doch jetzt kaum beherrschen!", sagte Itachi etwas lauter.

"Ich kann mich jetzt beherrschen, aber Akira verdient es nicht! Ich werde ihn zerreißen, wenn ich ihn gefunden habe!"

"Sakuras Sicherheit ist wichtiger! Du weißt nicht, ob du dich beruhigen kannst!"

"Ich würde ihr nichts tun, das weißt du!", Sasuke knurrte bedrohlich.

Itachi schwieg. Es stimmte. Sasuke war in einem Blutrausch für jeden eine Gefahr, außer für Sakura. Warum konnte er sich nicht erklären, aber scheinbar war Sasukes Liebe zu ihr größer als der Drang zu morden, auch wenn er in solchen Moment kaum noch klar bei Verstand war.

"Ihr solltet etwas essen", bemerkte Hinata und sah zu Temari, die elendig aussah. "Es nützt nichts, wenn du und Naruto nicht bei Kräften seid", erklärte sie und stand auf. "Ich werde euch etwas machen."

Dann ging sie in die kleine Küche des Hotelzimmers und Naruto folgte ihr, um ihr zu helfen.

"Ich hatte gehofft", begann Temari leise. "Dass er eine Nachricht hinterlässt. Eine Forderung ..."

"Er fordert nichts von uns", sagte Itachi trocken.

"Nein, er hat was er wollte. Wir sind auf ihn reingefallen ...", Sasuke zischte gefährlich. "Das wird er büßen ..."

"Hast du Kakashi mittlerweile erreicht?", fragte Itachi nun.

Temari schüttelte den Kopf. "Nach wie vor nur der Anrufbeantworter."

"Das verstehe ich nicht", Itachi schüttelte nachdenklich den Kopf. "Was hat das alles zu bedeuten?"

"Vielleicht stecken sie unter einer Decke", Sasuke schloss die Augen und vergrub sein Gesicht in den Händen.

"Nein, nie im Leben", verteidigte Temari ihren Anführer. "Er wird es genauso wenig gewusst haben! Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen!", sie erschrak bei dem Gedanken.

"Wenn nicht wird ihm etwas zustoßen! Er hat uns Akira auf den Hals gehetzt!", Sasuke ballte die Hand zu einer Faust.

Itachi stöhnte und stand auf. Überlegend ging er im Zimmer auf und ab. "Ich glaube es bald nicht. Überleg mal, nur Akira hat behauptet, dass Kakashi ihn geschickt hat. Kakashi konnten wir selbst nie fragen, weil er nicht da war. Akira hat das vermutlich ausgenutzt!"

Sasuke sah seinen Bruder kalt. "Denkst du?"

Itachi nickte. "So muss es sein."

"Ob er Kakashi angegriffen hat?", fragte Temari fassungslos. Es war ein Alptraum!

"Keine Ahnung. Wir werden Akira fragen müssen", meinte Itachi und seine Augen blitzten ebenso gefährlich wie Sasukes. "Und danach wird er sterben ..."
 

Als Sakura die Augen öffnete sah sie nichts außer Finsternis. Ein beißender Geruch stieg in die Nase, während ihr Kopf zu zerspringen drohte. Sie versuchte irgendetwas erkennen zu können, doch als sie sich bewegen wollte stellte sie erschrocken fest, dass jemand ihre Hände festgebunden hatte.

Was war geschehen? Das letzte, an das sie sich erinnerte, war Akira, der sie durch die Parkanlage schob ... dann war ein Auto aufgetaucht, und alles war dunkel geworden ...

Sakura kniff die Augen zusammen als sie sich langsam an die Dunkelheit gewöhnte. In der Nähe hörte sie ein stetiges Tropfen und ein furchtbarer Durst überkam sie.

Und die grausame Kälte ...

Sakura bewegte vorsichtig ihre Beine, die nicht festgebunden waren. Es wurde etwas heller um sie herum und sie stellte entsetzt fest, dass sie in einer Art Höhle war.

Und das es immer kälter wurde.

Sie trug lediglich ihre Unterwäsche und das weiße Nachthemd aus dem Krankenhaus, das vollkommen zerrissen und überall verschmutzt war. Wo war ihre Jacke hin? Was in Gottes Namen war mit ihr geschehen?

"Sasuke ...", flüsterte sie, als ihr die Tränen in die Augen stiegen.

"Sasuke ist nicht hier", sagte eine bekannte Stimme fast neben ihr.

"Akira?", Sakura zuckte zusammen. "Gott sei Dank, bind mich los, schnell!", rief sie und versuchte sich zu bewegen, doch etwas spitzes stach ihr unsanft in den Rücken. Schmerzvoll japste Sakura und hielt inne. "Akira?"

"Ja?", fragte er amüsiert und in dem Moment wurde Sakura klar, dass er ihr nicht helfen würde.

Das er sie hier festgebunden haben musste.

Entführt.

"Warum?", wisperte sie unter Tränen und wand den Kopf in seine Richtung.

Grinsend sah er sie an, musterte sie. Er legte den Kopf schief und erhob sich von einem Stein um sich direkt neben sie zu setzen. "Weil du ein äußerst interessantes Mädchen bist", sagte Akira und streichelte über Sakuras Wange. "Und so schön. Du bist wirklich einmalig."

"Akira bitte mach mich los", flehte Sakura, wohl wissend, dass er ihrer Bitte nicht nachkommen würde.

"Nein", Akira lachte leise. "Es sei denn, du wirst es mir freiwillig sagen. Mein Herr wird mich dann fürstlich belohnen ..."

"Dein Herr?", Sakura schluckte. "Du meinst ... du meinst das Oberhaupt der Uchiha?"

"Natürlich."

"Aber ... ich dachte, du arbeitest für ..."

"Kakashi?", er grinste hämisch. "Nein."

"Aber du warst sein Spion! Du hast ihm Informationen gebracht!"

"Ich war ein Spion ja ... aber nicht seiner ..."

"Du meinst ...", Sakura sah Akira fassungslos an. "Aber ... wir kamen doch gut miteinander aus und ich ..."

"Halt den Mund, Sakura!", Akira wurde lauter. "Du verstehst das alles nicht! Tierblut, wie ekelhaft! Ich habe es versucht, aber es ist das Letzte! Nie würde ich ein Freund der Menschen werden können!"

"Du hast uns alle reingelegt ...", flüsterte Sakura zittrig. "Was ist ... wo sind Sasuke und ..."

Akira lachte. "Sie suchen dich natürlich. Aber hier werden sie dich nicht finden. Wir sind so tief unter der Erde, dass ihre Vampirsinne uns nicht erreichen. Niemand wird dich retten ... niemand wird dich schreien hören ...", mit seinen kalten Finger fuhr er über Sakuras Oberschenkel und seufzte. "Verrätst du es mir freiwillig?"

"Niemals!", sagte Sakura fest und versuchte sich etwas aufzurichten, doch wieder stach ihr etwas spitzes in den Rücken und ein kehliger Laut entfuhr ihr. "Verdammt was ..."

"Oh, ich würde mich nicht zu sehr bewegen", sagte Akira amüsiert. "Es sind meine Spezialmesser, die ich direkt hinter deinem Rücken angebracht habe. Des Spaßes wegen, weißt du?", er lachte kopfschüttelnd. "Sie sind scharf und spitz. Bewegst du dich zu doll, werden sie in deine Wirbelsäule eindringen und dein Rückenmark ... ah ich will nicht zuviel verraten!"

"Du Mist ...", Sakura hielt in ihrer Bewegung inne. Als ihr Rücken wieder in das Messer kam wurde ihr schwarz vor Augen und sie musste sich zusammenreißen, ihrer Übelkeit nicht nachzugeben.

"Ich lass dich jetzt alleine", sagte Akira und seufzte wieder. "Nicht lange, keine Angst. Ich muss sehen, was sie machen. Es ist wirklich interessant, wie sie sich sorgen. Sehr aufregend. Du solltest hier schön ruhig hängen bleiben ... nicht dass du tot bist, wenn ich zurückkomme. Wir haben noch eine Menge vor ..."

"Du ..."

"Sei lieber ruhig", fiel Akira ihr ins Wort und stand auf.

"Ich werde erfrieren!", rief Sakura, als Akira sich entfernte. "Dann sterbe ich so oder so!"

"Das wirst du schon nicht", sagte der Vampir belustigt. "Ich werde vorher zurück sein. Und dann sorge ich dafür, dass dir warm wird."

Dann lachte er laut und verschwand ...

Gefunden?

Sakura wusste nicht, wie lange sie Bewusstlos gewesen war, als sie endlich wieder zu sich kam. Doch sofort spürte sie ihren schmerzenden Rücken, der wie Feuer brannte und ihr beinah den Verstand raubte. Und trotzdem war sie fast froh über diese bestialischen Messer, die sie Ohnmächtig haben werden lassen. Wer weiß, was Akira getan hätte.

Oder hatte er es längst getan? Hatte ihn ihr Ohnmachtsanfall nicht gehindert, dass zu tun, was er vor hatte?

Sakura brauchte etwas, ehe sie durch die Dunkelheit sehen konnte. Sie blickte an sich herunter, doch alles schien wie vorher. Dann sah sie sich in der eiskalten Höhle um, aber Akira schien wieder verschwunden zu sein.

Bevor sie Bewusstlos geworden war, war er kurz gekommen. Schon an seinem widerlichen Grinsen hatte sie erkannt, dass er perverse grausame Gedanken haben musste.

Und scheinbar war er bereit gewesen, sie auszuführen.

Er hatte sich zu ihr gekniet, hatte sie mit seinen kalten ekelhaften Händen berührt.

Doch Sakura hatte all ihre Kraft zusammen genommen und sich gewehrt, gestrampelt und geschrien, obwohl er Schmerz der Messer sie schließlich überwältigt hatte.

Scheinbar war er danach wieder verschwunden.

Sakura bewegte sich wieder und merkte sofort, dass Akiras Messer in ihren Rücken stachen. Sie hielt in ihrer Bewegung inne und damit schienen auch die Messer zu verschwinden.

Vielleicht bekam sie heraus, wie seine Messer eingestellt waren, dass sie ihr immer nur bei Bewegung Schmerz zufügten?

Doch es war unmöglich, sobald sie sich bewegte litt sie Höllenqualen.

Vermutlich hatte sie auch schon eine ganze Menge Blut verloren, aber das war ihr egal.

Am Schlimmsten war die Kälte, die sich in ihrem ganzen Körper ausgebreitet hatte und ihre Zähne klappern ließen. Wie lange konnte sie das noch aushalten? Ihre meisten Glieder spürte sie jetzt schon nicht mehr. Ihre Füße konnte sie kaum noch bewegen, vorallem den, der gebrochen war, und ihre gebrochenen Rippen ließen sie kaum atmen.

Würde Sasuke sie rechtzeitig finden können? Bevor sie erfrohren oder verblutet war?

Oder würde sie sterben, ohne ihn noch einmal gesehen zu haben.

Ohne sich für ihre Zickigkeit entschuldigen zu können?

"Ah, du bist wach", sagte Akiras amüsierte Stimme und grinsend ließ er sich neben sie nieder. "Wie geht es dir, Sakura? Du siehst etwas blass aus. Fast etwas bläulich ..."

Sakura antwortete nicht, aber ihr Zittern rührte nicht nur von der Kälte. Sie musste die Panik unterdrücken, die in ihr aufstieg. Er würde sie nicht brechen, nein das würde er nicht schaffen.

Und niemals würde sie ihm das Geheimnis verraten.

Eher würde sie sterben und es mit sich ins Grab nehmen.

Und dennoch ... noch immer spürte sie Hoffnung.

Hoffnung, dass Sasuke kommen würde.

Verdammte Hoffnungen ...
 

Sasuke schoss durch die Nacht, die anderen ihm hinterher, doch selbst Itachi konnte kaum mithalten. Sie hatten eine Spur, eine beunruhigende Spur!

Sasuke roch Sakuras Blut ...

Der Geruch war schwach, aber er war da und er konnte ihm folgen.

Doch was würde sie erwarten? Ging es Sakura noch gut? Was plante Akira mit ihr?

Sasuke zwang sich einen klaren Kopf zu behalten. Mit aller Macht unterdrückte er seinen Zorn, der ihm im Moment nur hinderlich war. Stattdessen wurde er langsamer und blieb schließlich stehen, bis die anderen aufgeholt hatten.

"Was ist los? Was ...", Hinata sah Sasuke mit ihren rot geweinten Augen an, die immer noch hoffnungsvoll schienen. Sie selbst hatte Sakuras Geruch nicht riechen können, aber ihre Sinne waren nicht so fein wie Sasukes.

"Es ...", Sasuke hielt einen Moment inne. "Es ist in der Nähe. Der Geruch ist stärker, aber ... dort", er sah durch den Wald, in dem sie sich befanden und zeigte auf einen tief gelegten Eingang, umgeben von dichten Bäumen. Man konnte ihn kaum sehen.

"Habt ihr sie?", Temari kam endlich bei der Gruppe an, sie war langsamer als die Vampire. "Wo ...", sie folgte Sasukes Blick und ihre Augen weiteten sich. "Sie ist dort in der Höhle? Glaubst du?"

Sasuke nickte. "Von dort kommt der Geruch. Gehen wir ..."

"Sei vorsichtig", warnte Itachi gleich. "Wir müssen bei Akira mit allem rechnen! Und wir wissen nicht, wer noch dort sein könnte ..."

Sasuke nickte und auch die anderen gingen in Hab Acht Stellung.

Sasuke war der Erste, der die Höhle betrat. Er spürte gleich, wie seine Fähigkeit nachließ, die anderen ihre Gefühle zu bemerken. Deswegen hatte er vermutlich auch Sakura nicht "fühlen" können. Es lag wahrscheinlich an dem Bergmassiv, an dem Gestein und dem Geröll.

"Alles klar?", fragte Itachi, der neben Temari lief und sie am Arm gegriffen hatte. In der Höhle war es stockdunkel und Temari konnte, im Gegensatz zu den Vampiren, nicht im Dunkeln sehen.

"Ja", nickte die Blonde.

Es war gut, dass Naruto nicht mitgekommen war, er hätte noch weniger vorwärts gefunden. Ihre Sinne waren zumindest trainiert.

"Die Höhle scheint sehr weitläufig zu sein", meinte Hinata und musste sich etwas ducken, da es enger wurde. "Sie scheint in die Berge zu führen."

"Sakura könnte überall sein", sagte Temari und ihre Stimme zitterte unwillkürlich. Was, wenn sie zu spät kamen?

"Nein", meinte Sasuke und ein Knurren war zu hören. "Der Geruch wird immer stärker ..."

Hinata nickte. "Jetzt rieche ich ihn auch ...", sie schloss die Augen und blieb stehen. "Es ist wenig ... nicht viel Blut", sagte sie und lief weiter. "Das könnte ein gutes Zeichen sein."

"Wir sollten ab jetzt ruhig sein und uns ...", begann Itachi, doch in dem Moment stürmte Sasuke nach vorne, direkt auf einen hellen Schein zu. Itachi riss die Augen auf, dann wetzte er mit Temari hinter, genau wie Hinata.

Alle Vorsicht war vergessen ...
 

Sakura saß zitternd an der steinigen Höhlenwand und glaubte dem Tod näher zu sein als jemals zu zuvor. Akira war erneuert verschwunden, scheinbar beunruhigt. War das ein gutes Zeichen? Waren die anderen in der Nähe?

Würde sie endlich gerettet?

Sakura wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten konnte. Ihr Verstand wurde träge, ihre Sinne ließen nach. Sie konnte ihre Augen kaum noch aufhalten und auch ihre Entschlossenheit zu überleben verblasste.

Was, wenn sie sich einfach den Messern ergeben würde? Würde es schnell gehen?

Akira würde es langsam angehen, dass wusste sie. Langsam und qualvoll. Er würde mit ihr spielen und Spaß haben.

Aber wenn sie sich einfach ihrem Schicksal ergab, wer würde sich um Sasuke kümmern? Er würde unendlich traurig sein, er würde vermutlich seine Kontrolle verlieren und ...

Sakura schüttelte innerlich den Kopf. Sasuke hatte Itachi und Freunde. Er würde sie vergessen, irgendwann.

Würde sie ihn vergessen können, wenn es anders herum gewesen wäre?

Nein, niemals. Bis zu ihrem Ende nicht.Aber es war nicht anders herum. Sie war viel schwächer als die anderen, als Sasuke.

Sie konnte nicht mehr.

Ihre letzten Kraftreserven waren verbraucht, ihr Körper war taub und ihr Rücken brannten wie Höllenfeuer. Sie hatte die Wahl zwischen erfrieren, verbluten oder gefoltert von Akira dem Tod herbeisehnen.

Sollte sie nicht den Freitod wählen? Ihre letzte Freiheit, ihren letzten Willen dafür nutzen, diesen Qualen ein Ende zu machen?

Oder konnte sie noch hoffen? Gab es noch Hoffnung?

Nein, jetzt nicht mehr ...

Sakura hatte ihr Leben lang immer wieder gehofft. Ihre größten Hoffnungen hatten sich erfüllt, durch Sasuke. Sie hatte gelebt, obwohl sie kein Leben mehr gehabt hatte. Er hatte sie aus dem tiefer Loch geholt, in dem sie gewesen war.

Aber das hier ...

Für alles gab es ein Ende.

Und hier, in dieser dunklen, eiskalten Höhle fanden ihre Hoffnungen ein Ende.

Sie machten dem Wunsch platz, endlich den ewigen Frieden zu finden.

Und so schloss Sakura die Augen ...
 

Als Sasuke endlich in dem großen, weitläufigen Höhlenteil kam, musste er die Hand vor die Augen halten. Durch eine Öffnung drang das Licht von draußen. Es schien zwar nicht die Sonne, aber das Licht war dennoch grell im Vergleich zur Dunkelheit vorher.

"Oh Gott", hörte er Temari sagen, der das Licht nicht störte. Sie ließ Itachi los und rannte zu einem großen Stein in der Mitte der Höhle.

"Was hast du da?", sofort stand Sasuke neben ihr, als ihm der Geruch in die Nase drang. "Das ist von Sakuras Nachthemd ...", stellte er entsetzt fest und nahm Temari den Fetzen ab, der mit Blut getränkt war.

"Hier", Hinatas panische Stimme drang durch die Stille und als sich die anderen zu ihr umdrehten hielt sie eine Jacke in der Hand.

Sakuras Jacke ...

"Oh Gott", Temaris Beine gaben nach und Sasuke hielt sie fest, damit sie nicht umkippte. Doch auch er war mit den Nerven am Ende. Sie waren einer falschen Fährte gefolgt. Einer gelegten ...

"Er hat uns reingelegt", sagte Itachi trocken und mit leeren Augen. Hoffnungslosen Augen. "Er hat mit uns gespielt und uns reingelegt. Er wollte, dass wir hier her kommen ..."

"Das glaub ich nicht", Hinatas Stimme war schrill. Sie hatte jegliche Beherrschung verloren und Itachi musste einen Arm um sie legen. "Sie muss hier sein, wir können doch nicht ..."

"Es tut mir leid, Hinata", Itachi drückte die junge Vampirin an sich. "Aber wir finden sie ... er wird uns nicht an der Nase herum führen ..."

"Soviel Blut", weinte Hinata. "Soviel Blut, Sakura ... und ohne Jacke ... sie ist seit gestern früh verschwunden!", Hinata schrie beinah. "Sie wird erfrieren, wenn sie nicht schon erfroren ist! Oder verbluten! Oder wer weiß, was Akira ...", sie stoppte abrupt, als sie Sasukes grausamen Blick auf sich gerichtet sah. Hinata senkte den Kopf, dann vergrub sie ihr Gesicht in Itachis Jacke.

"Sie ist nicht hier, wir sollten wieder zurück und woanders suchen", sagte Itachi, der Hinata an sich drückte und sie stützte.

Sasuke sah ihn mit Augen, zu schlitzen verengt, an, doch dann drehte er sich plötzlich um schlug mit seiner blanken Faust so sehr er konnte gegen die Höhlenwand ...

Wie ein Beben durchfuhr es die Höhle, und Temari musste sich festhalten, damit sie nicht zu Boden fiel. Sasuke hatte mit voller Wucht gegen die Wand geschlagen, sie fast durchschlagen.

Geröll und Steine kamen von den Wänden, ehe es wieder aufhörte und eine schreckliche Stille einkehrte.

"Sasuke ...", begann Itachi, doch er verstummte, als er Sasukes Augen sah. Sie hatten jeglichen Glanz verloren, sie waren ohne ihre gewohnte Intensität und sahen leer und matt aus.

Hatte er aufgegeben?

"Lass uns zurückgehen", sagte Itachi ruhig. "Wir werden sie finden. Wir dürfen nur die Hoffnung nicht verlieren."

Dann legte er einen Arm um Hinata, die kaum noch bei Verstand schien, und ging mit ihr voran. Temari folgte ihnen, nur Sasuke blieb für einen Moment stehen.

Sein Blick hing an dem roten Fetzen Stoff, der nach Sakuras Blut roch. War sie noch am Leben? Oder hatte Akira sie längst getötet?

Denn eines wusste Sasuke ...

Sakura würde das Geheimnis niemals verraten, egal was er mit ihr machen würde.

Dann wandte er sich ab und folgte den anderen nach draußen.
 

Sakura zuckte zusammen, als sie den lauten Knall hörte, einer Explosion gleich. Ein Fehler, denn sofort schnitten ihr die Messer wieder ins Fleisch. Doch Sakura sagte kein Ton. Dazu hatte sie längst keine Kraft mehr.

"Du wirst dich freuen zu hören, was ich eben gesehen habe ...", hörte sie Akiras Stimme sagen, doch sie reagierte kaum. Ihre leeren Augen starrten an die kahle Wand ihr gegenüber.

"Warum so still?", fragte er belustigt und ließ sich neben sie fallen. "Das war dein geliebter Sasuke ..."

Sakura rührte sich nicht. Sie nahm Akira kaum noch wahr.

Sasuke ...

"Er war hier, dachte er hätte die richtige Spur ...", Akira lachte leise. "Aber sie sind umgedreht. Sie glaubten, es wäre eine gelegte Fährte gewesen. Es war amüsant sie zu sehen. Sie haben mich nicht bemerkt", sein Grinsen wurde breiter. "So nah und doch so fern. Sie sind draußen, noch nicht einmal weit von hier entfernt. Ruf doch nach ihnen, vielleicht drehen sie um."

Sakuras Augen sahen Akira an, doch mehr tat die Rosahaarige nicht. Sie schrie nicht. Sie weinte nicht mehr.

Sie hoffte nicht mehr darauf, dass man sie retten würde.

Sie hoffte, dass sie endlich sterben würde ...

"Das ist wirklich traurig, dass du so schnell aufgibst. Ich dachte, wir hätten länger unseren Spaß", er fuhr ihr mit seinen kalten Fingern, die sie kaum spürte, übers Gesicht. "Du hättest Sasuke sehen müssen, er war so ... so wütend. Er hat die Höhlenwand verprügelt ...", Akira lachte über diesen Witz. "Aber das sie so dumm sind ... dabei bist du fast vor ihrer Nase gewesen. Und sie bemerken nichts! So dumm ..."

Akira stützte sich über Sakura und sah sie gierig an. "Du stirbst, stimmts? Du weißt, dass es jetzt zu ende geht. Ist es das, was du willst?"

Er bekam keine Antwort und seufzte. Seine Hand glitt über ihr Nachthemd und schob es leicht nach oben. "Es ist so schade um dich. Wirklich, eine pure Verschwendung ...", sein Gesicht näherte sich ihrem und dann küsste er sie plötzlich.

Sakura riss im ersten Moment die Augen auf, doch dann verschwand auch der letzte Lebenswille in ihr. Sie würde alles über sich ergehen lassen.

Das Ende war nah und würde ihr jeden Schmerz nehmen.

Akira drückte sich gegen Sakuras Körper und küsste sie stürmisch. Es kümmerte ihn kaum, dass sich die Rosahaarige nicht wehrte. Sollte es ihm recht sein ...

Seine Finger fuhren ihren Oberschenkel entlang, während Sakura mit geöffneten Augen nur an die Decke sah. Es war ihr alles egal ...

"Armer Sasuke", flüsterte er, als er sein Gesicht etwas von ihrem entfernte. "Dabei hätte er das gerne übernommen. Er hat nie mit dir geschlafen, stimmts? Schade ...", er grinste vielsagend. "Aber was solls. Jetzt ist es egal. Du wirst sterben, und danach er ..."

Sakura riss die Augen auf und ihr Kopf bewegte sich leicht in Akiras Richtung.

Sasuke ...

"Oh, das scheint dich zu Interessen. Ja ja, dein Sasuke wird sterben. Ich weiß es aus erster Quelle ... und du glaubst gar nicht, wie qualvoll es wird. Dein Tod dagegen wird ein Spaziergang ..."

Sakura schluckte. Sasuke würde sterben ... qualvoll. Akira freute es ...

"Nein", wisperte sie rau, einer erneuten Ohnmacht nahe.

"Und weißt du durch wen?", er lachte und stützte sich etwas von ihr ab. "Durch mich!"

Und dann passierte es.

Akira Augen wurden groß, entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er griff sich brüllend an den Kopf, wusste nicht was passierte. Er taumelte zurück, die Augen kamen fast aus seinen Höhlen. Rücklings fiel er auf den Boden, sah zu Sakura ...

Doch Sakura rührte sich nicht. Sie lag starr da, auf Akira fixiert, dem Blut aus den Ohren tropfte und eine gelbe Flüssigkeit die Stirn entlang lief.

"Was tust du da?", schrie er voller Schmerzen und warf sich hin und her. "Hör auf ... hör auf!"

Dann bewegte er sich nicht mehr ...

Sakura löste ihre verkrampfte Haltung und schloss die Augen. Sie spürte plötzlich eine angenehme Wärme in sich aufsteigen und wusste, dass es endlich soweit war.

Der Tod war bereit, sie zu sich zu nehmen.

Wenigstens hatte sie noch etwas für Sasuke tun können. Akira konnte ihn nicht mehr töten ...

Es hatte sie alles gekostet, sie hatte es nie tun wollen ... aber dieses eine Mal, um den zu retten, der ihr Leben bedeutet hatte.

Der für sie weiterleben sollte ...

"Verzeih mir ...", flüsterte Sakura, ehe ihr Kopf leblos zur Seite fiel ...

Bitte geh nicht

Es waren starke Hände, die Sakuras Fesseln lösten und den bewegungslosen Körper der Rosahaarigen hoch nahmen.

Durch einen Schleier sah Sakura ein Gesicht, nicht wissend ob sie es kannte. War es ihr Vater? War sie bei ihm und ihrer Mutter im Himmel? War sie endlich erlöst?

Doch die Hände schüttelten sie, das eher unbekannte Gesicht sprach sie an.

Oder war es Sasuke? Hatte er sie gefunden? Nein, das wollte sie nicht mehr ...

"Will ... tot ...", Sakuras Stimme war kaum mehr zu hören. Warum ließ man sie nicht sterben? Warum konnte es nicht endlich vorbei sein?

"Nein", hörte sie es undeutlich. "Ich brauche dich noch."

"Wozu?"

Ein Lachen, wie Sakura es noch nie gehört hatte, drang an ihr Ohr. Voller Kälte und gleichzeitig so grausam. Und doch anders. Ein seltsames Lachen.

"Damit du für mich die Menschen vernichtest ..."

Sakura registrierte diese Antwort kaum. Was redete der Fremde da?

"Wer bist ... du?", hauchte sie.

Wieder dieses Lachen. "Nun, du hast sicher schon von mir gehört. Und ich von dir. Aber ich bin überrascht ..."

"...", Sakura krätzte, doch es waren keine Worte.

"Sei jetzt ruhig, sonst wirst du sterben."

"Will ..."

"Das kann ich momentan leider nicht zulassen. Du bist nützlicher als ich dachte. Du bist sogar das Wichtigste, was ich benötige. Aber derzeit bist du nutzlos. Mal sehen", der Fremde schien zu überlegen, dann schien er sich entschieden zu haben. Er setzte sich in Bewegung und Sakura spürte den Wind an ihrem erschlagenen Körper.

Als der Fremde mit ihr die Höhle verließ, schoss die Kälte an ihre nackte Haut, als bestände sie aus tausend kleine spitze Messer. Warum gönnte man ihr nicht den Tod?

Sakura, die in den Armen des Fremden lag, spürte dass er sehr schnell in eine bestimmte Richtung ging.

Und plötzlich erhob er seine Stimme, die so mächtig klang, dass Sakura fast die Augen öffnete.

"Uchiha!", schrie er und Sakura zuckte bei diesem Namen unmerklich zusammen.

Sasuke ...

Dann spürte sie seine Anwesenheit. Sie wusste nicht woher, aber sie wusste dass er da war. Dass er ihnen gegenüber stand. Langsam drehte sie ihren Kopf, aus Angst er könnte abfallen.

Und dann sah sie ihn. Mit angsterfüllten Augen, starr vor Entsetzen.

Warum? Sah sie so schlimm aus, oder lag es an ihrem verdammten Retter?

Wer konnte er sein?

Noch nie hatte sie Angst in Sasukes Augen gesehen.

Noch nie ...
 

Sasuke rührte sich nicht. Seine Glieder bewegten sich keinen Zentimeter, seine Augen ließen nicht von Sakura ab.

Und von dem Mann, der sie in den Armen hielt.

Nein ...

"Oh Gott", flüsterte Hinata, die hinter ihm aufgetaucht war. "Nein, nicht du ...", ihre Stimme durchschnitt die Stille.

"Hallo Hinata", begrüßte sie der Fremde und lächelte. Er stand einige Meter von ihnen entfernt, aber seine Erscheinung flösste jedem Angst ein und strahlte eine unglaubliche Präsenz aus. "Wir haben uns lange nicht gesehen."

Hinata schluckte. Ihn hier zu treffen konnte nichts anderes bedeuten, als dass der Tod bevorstand.

Ihr aller Tod ...

"Nein", lachte der Schwarzhaarige und ein unglückseliger Wind kam auf, der seine langen glatten Haare wehen ließ. "Keine Sorge, heute wird niemand sterben."

"Neji ...", hauchte die Hyuuga, sich bewusst, dass er mittlerweile wohl Gedanken lesen konnte.

"Ja, wer denn sonst? Ich musste heute persönlich eingreifen, sonst hätte es vermutlich doch einen Toten unter uns gegeben ...", er sah auf die Rosahaarige in seinen Armen, die jedoch nur zu Sasuke blickte. "Ah ja, sie will wohl zu dir", sagte er an den Uchiha gewandt.

Sasuke löste sich langsam aus seiner Starre. Für einen Moment war er wie paralysiert gewesen. Doch Sakuras Blick hatte ihn zurück in die Realität gebracht.

"Was hast du mit ihr vor?", sagte er, doch seine Stimme klang nur halb so fest wie es sollte.

Das Neji das Oberhaupt der Hyuuga war zweifelt niemand mehr an.

Neji seufzte. "Eigentlich wollte ich sie mitnehmen, aber momentan ist sie nicht zu gebrauchen", er schien nachdenklich. "Außerdem ist sie noch nicht soweit."

"Was meinst du?", fragte Temari, die sich versuchte aus seinem Bann zu lösen.

Neji blickte sie interessiert an. "Hallo Jägerin. Es freut mich dich zu treffen ..."

Itachi stellte sich sofort vor seine Freundin, doch Neji lachte nur. "Keine Sorge", beruhigte er sie. "Heute wird niemand sterben, das sagte ich schon. Allerdings hält die Kleine hier nicht mehr lange durch. Hinata wird wohl eine Nachtschicht einlegen müssen ..."

"Du gibst sie uns freiwillig?", fragte Itachi und verengte seine Augen.

Neji nickte, als wäre es selbstverständlich. "Natürlich. Ich sagte bereits, dass sie unbrauchbar ist."

"Wie meinst du das?", wollte Hinata nun wissen, ohne den Blick von Sakura zu nehmen.

Neji lachte angsteinflössend. "Ihr habt es nicht gespürt?", wollte er amüsiert wissen. "Nein, habt ihr nicht", stellte er fest. "Oh, ich kenne jetzt das Versteck der Waffe. Es ist äußerst interessant."

"Die Waffe?", Sasuke starrte den Hyuuga fassungslos an, ohne sich zu rühren.

"Natürlich", Neji grinste. "Ich halte die Waffe in meinen Händen. Das ist irgendwie lustig, nicht wahr? Wir dachten die ganze Zeit, dieses Mädchen wüsste, wo die Waffe versteckt war. Und sie wusste es natürlich auch. Aber niemand hätte geahnt, dass die Waffe in ihr steckt. Dass SIE die Waffe ist."

"Woher ...", Itachi konnte es kaum glauben.

"Nun, weil ich in der Nähe war, als sie erwacht ist. Sie war vermutlich in ihr verschlossen. Aber Akira, dieser Idiot, oder Glückspilz für mich, hat Sakura dazu gebracht, gegen ihre Überzeugung zu handeln und die Waffe zu aktivieren. Sie wusste selbstverständlich, dass sie in ihr ist. Akira erzählte ihr kurz bevor er sie sich nehmen wollte, dass er Sasuke töten würde. Sakura hat wohl geglaubt, dass es das letzte ist was sie tut, wenn sie ihn für Sasukes Leben vernichtet. Sie dachte, die Waffe würde mit ihr sterben. Stattdessen ... ah es ist wirklich unglaublich ...."

"Sakura trägt ... wie?", Temari verstand nicht wirklich, was Neji erzählte.

"Ah Jägerin, stell dich nicht dumm. Fugaku Uchiha sagte Sakura nicht einfach nur den Ort, wo die Waffe versteckt war. Er versteckte die Waffe in ihr! Das ist doch sehr faszinierend, findet ihr nicht? Darauf wäre niemand gekommen. Kaum einer weiß, was diese Waffe überhaupt ist. Aber ... wirklich unglaublich. Und für Sakura von Vorteil, oder auch nicht. Sie wollte sterben, sie hatte sich schon damit abgefunden und auf ihren Tod gewartet ...", Sasuke zuckte zusammen, als Neji das sagte. "Aber die Waffe sorgt dafür, dass sie nicht so einfach sterben kann. Und sie wird ab jetzt auch nicht mehr altern, wirklich ... ich bin sehr überrascht, also nein."

"Sie ... altert nicht mehr?", Temari dachte sich verhört zu haben.

"Oh ja. Damit ist es vorbei. Sie ist eine Unsterbliche, aber kein Vampir. Sie ist viel mehr. Sie ist die Wächterin der mächtigsten Waffe der Vampire. Die Hüterin. Ich bin gespannt, ob sie damit umgehen kann ...", Neji ließ Sakuras Beine zu Boden, hielt sie aber weiterhin fest da die Rosahaarige kaum alleine hätte stehen können. "Was nicht heißt, dass sie nicht sterben kann. Ah, ich weiß selbst noch nicht genug, ich muss mich wirklich besser informieren ...", er lachte kopfschüttelnd.

"Woher weißt du das überhaupt?", fragte Itachi scharf.

Neji zuckte mit den Schultern. "Das geht euch nichts an. Jeder hat seine Quellen. Oh ...", er drehte seinen Kopf leicht nach hinten. "Falls es euch interessiert, Akira ist nicht tot. Sein Hirn scheint sehr mitgenommen, aber er lebt und flüchtet gerade in die Berge. Ich denke, ich kann ihn euch überlassen?"

Er bekam keine Antwort, doch er wusste, dass Sasuke auf Rache aus war ...

Und das war Sasuke. Er sah zu Boden, hatte die Augen geschlossen. Als Neji Akiras Namen erwähnte riss er die Augen auf und sah den Hyuuga an.

Keine Angst lag mehr in ihnen, die auf einmal eine rote Farbe angenommen hatte, dass sogar Neji unmerklich zusammen zuckte.

"Oh, das ist ja auch interessant", sagte der Hyuuga und schien beeindruckt. "Das Erbe der Uchiha. Ich sehe es persönlich ... dann ist es wohl an der Zeit für mich zu gehen, nicht wahr?"

Sasuke sagte nichts, sondern fixierte den Schwarzhaarigen mit seinem bedrohlichen Blick.

Neji lachte. "Unglaublich. Wie das Schicksal seinen Lauf nimmt. Ich gebe dir einen Rat, Sasuke Uchiha. Aber ich weiß, dass du ihn kaum befolgen wirst ..."

"Dann lass es bleiben", zischte Sasuke kalt.

Neji grinste. "Halte dich von Sakura fern ...", seine Stimme klang furchterregend.

Sasuke rührte sich nicht. "Wieso sollte ich?"

"Nun ...", Neji strich Sakura über die Haare. "Weil unsere Kleine hier diejenige sein wird, die dich tötet. Das ist euer beider Schicksal ..."

Sasuke bewegte sich noch immer nicht, aber sein Gesicht schien versteinert. Man konnte keinerlei Emotionen darin lesen.

Neji nickte Hinata zu. "Kümmert euch gut um meinen Schatz. Ich werde sie holen, wenn sie soweit ist ..."

"Das wirst du nicht!", knurrte Sasuke, doch in dem Moment gab Neji Sakura einen Schubs und verschwand.

Sasuke schnellte nach vorne und fing Sakura sofort auf. "Sakura?", sprach er sie hektisch an, als er seine Hand von ihrem Rücken nahm, die voller Blut war. "Oh nein ... Hinata!"

Hinata war schon neben ihn und blickte den schrecklich zugerichteten Rücken an. "Ich kann es nicht heilen, bevor die Wunde desinfiziert ist!", sagte sie voller Panik. "Sie würde nicht heilen ohne sich zu infizieren. Wir müssen sie schnellstens in Hotel bringen und die Wunde reinigen. Dann kann ich sofort anfangen. Und sie brauch Wärme. Ihr Körper ist vollkommen unterkühlt!"

Sasuke wusste im ersten Moment nicht, wie er reagieren sollte.

"Akira wird uns nicht entkommen", sagte Itachi und war neben Sasuke. "Du bist der Schnellste von uns. Bring sie zurück und reinige die Wunde. Sobald wir da sind wird Hinata sie heilen. Denk nicht über Akira nach, zuerst müssen wir Sakura retten!"

Sasuke nickte und schon im nächsten Moment war er verschwunden.

Itachi wandte sich zu Temari, die sich noch immer nicht rührte. "Temari?", sprach er sie vorsichtig an.

Temari schluckte. Ihr Blick wirkte verstört. "Soviel Blut ... und ihre Lippen waren so blau ...", Tränen rannten ihr übers Gesicht.

"Keine Sorge, sie schafft es!", beruhigte Itachi und nahm Temari in die Arme. "Geh schon vor Hinata!", sagte er zu der Schwarzhaarigen, die nur nickte und ebenfalls verschwand.
 

Es dauerte nicht lange, bis Sasuke das Hotel erreichte und mit Sakura im Zimmer verschwand. Niemand hatte ihn bemerkt.

Hoffentlich dauerte es nicht lange, bis Hinata da sein würde. Jetzt zählte vermutlich jede Sekunde ...

Sasuke schluckte, als er Sakura ins Bad brachte. Ausdruckslos starrte sie ins Leere. Er setzte sie vorsichtig auf einen Hocker, ohne sie jedoch los zulassen. Sie konnte sich vermutlich nicht selbst halten.

"Sakura?", sprach er sie an und versuchte dabei ihren blutenden Rücken zu ignorieren. "Sakura, wir müssen deine Wunden reinigen ..."

Sakura bewegte ihren Kopf leicht in seine Richtung. "Sasuke ...", flüsterte sie kaum hörbar.

Sasuke blickte seine Freundin an, sein Gesicht war noch immer wie erstarrt, aber innerlich tobte ein Kampf. Sie war eiskalt, ihre Lippen blau und ihr Körper halbnackt. Für all das würde Akira bezahlen. Er würde lange um seinen Tod flehen müssen ...

"Sakura, ich muss dir das Hemd ausziehen", sagte Sasuke vorsichtig. Er wusste nicht wie sie darauf reagieren würde, nicht nachdem Akira sie fast ...

Er schüttelte diesen grausamen Gedanken ab und trat hinter die Rosahaarige. "Ich werde aufpassen, dass ich dir nicht wehtue, okay?", flüsterte er und seine Stimme zitterte beinah. "Sakura, hörst du mich?"

Sakura nickte langsam. "Okay", sagte sie schwach.

Sasuke schluckte, als er ihr das Hemd aus zog und die vielen Messerstiche und tiefen Schnitte sah. Das Sakura nun nackt vor ihm saß interessierte ihn kaum und er hoffte, dass sie damit klar kam und kein Panik bekam.

Wo blieb nur´Hinata?

"Es tut mir so leid", flüsterte er, während er nun die Wunden säuberte. "Ich habe dich ...", seine Stimme versagte, als Sakura zusammen zuckte. "Tut mir leid, ich werde vorsichtiger sein", meinte er, während er das getrocknete und frische Blut abtupfte. "Ich werde ihn dafür töten, Sakura. Das schwöre ich dir. Er wird nie wieder ..."

"Sasuke ...", hauchte Sakura plötzlich und Sasuke hielt inne.

"Ja?"

"Geh ... geh nicht ...", flüsterte sie und ihre Hand griff kraftlos nach hinten. Sasuke riss die Augen auf, die mittlerweile wieder tiefschwarz waren, und nahm ihre Hand in seine. Er lehnte sich leicht gegen sie und legte seinen anderen Arm um ihren eiskalten Körper. "Lass mich ...", sie musste einen Moment Luft holen. "Lass mich nicht alleine ..."

Sasuke brauchte alle Kraft um sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. "Ich muss ihn vernichten, Sakura", sagte er ruhig. "Aber vorerst bleibe ich bei dir, ich lass dich keine Sekunde aus den Augen, okay?"

Sakura nickte und Tränen traten ihr in die Augen. "Mir ist so kalt", wisperte sie zitternd.

Sasuke bekam Panik. Warum brauchte Hinata so lange? Was sollte er jetzt tun?

"Ich hole dir Decken", schlug er vor, doch Sakuras Hand fasste seine nur noch fester.

"Nicht gehen", sagte sie ängstlich.

Sasuke nickte, als er die Zimmertür hörte und erleichtert aufatmete.

Endlich ...

Ein schöner Traum

So, jetzt hab ich es doch getan ... eigentlich wollte ich mit diesem Kapitel etwas warten, aber es ist fertig und nun lad ich es einfach hoch! An dieser Stelle vielen lieben dank für all die super tollen Kommentare!!! Freu mich, wie jedes mal und wie ich es schon oft sagte!! Freu mich freu mich freu mich *g*

Und nun viel Spaß beim Lesen:
 

Genervt humpelte Sakura zum Kühlschrank, der bis zum Bersten gefüllt war. Sie stellte ihre Krücken beiseite und versuchte einen Jogurt ausfindig zu machen. Doch so langsam verlor sie wirklich den Überblick. Es wurde Zeit, dass dieser Fuß heilte und sie wieder selbst einkaufen gehen konnte!

Sakura seufzte und griff statt des Jogurts eine Banane, die fälschlicherweise im Kühlschrank lag.

Seit einer Woche waren Sakura und die anderen wieder zurück in Chitose. Hinata hatte alle ihre Verletzungen heilen können, nur der Fuß brauchte etwas länger.

Und vermutlich auch ihre seelischen Verletzungen, aber Sakura machte gute Miene zum bösen Spiel und versuchte immer zu lächeln. Sie wollte niemanden Kummer bereiten, ihre Freunde hatten wegen ihr genug gelitten.

Dem einzigen, dem sie nichts vor machen konnte, war natürlich Sasuke.

Er war fast jede Sekunde bei ihr, und darüber war Sakura unendlich froh. Jedesmal wenn sie alleine war überkam sie eine unvermeidliche Panik, die sie sich nicht erklären konnte. Und es war nur Sasuke, der durch seine Anwesenheit dafür sorgen konnte, dass es ihr besser ging.

Vermutlich würde sie diese Angst loswerden, wenn Akira endlich vernichtet war.

Denn Akira lebte. Er war ihnen entkommen ...

"Was ist?", fragte Sakura, als sie Sasuke hinter sich spürte.

Etwas, was sie vorher nie gekonnt hatte. Sasuke bemerken, bevor er sich bemerkbar machte.

Doch sie hatte sich verändert, und dessen war sie sich bewusst.

Sie wusste und hasste es, aber konnte nichts dagegen tun. Sie hatte keine Wahl gehabt außer Akira aufzuhalten. Zu groß war ihre Angst um Sasuke gewesen.

Sie hatte die Waffe des Uchihaclans aktiviert. Sie hatte sie für sich selbst genutzt.

Und sich damit zu einer unsterblichen Wächterin gemacht, die sie nicht sein wollte.

Sasuke seufzte. "Es ist langweilig, wenn du dich nicht erschreckst."

"Entschuldige", grinste Sakura und tat überrascht. "Huch, wo kommst du denn her?", spielte sie die Unwissende.

Sasuke lachte und nahm Sakura in die Arme. "Du bist unmöglich."

"Und du unglaublich laut beim Anschleichen."

"Daran muss ich mich erst gewöhnen", sagte Sasuke über Sakuras neue Fähigkeiten.

"Ich auch", stöhnte Sakura und wollte ihre Krücken nehmen, doch Sasuke hatte sie schon auf den Armen.

"Wo solls hingehen?", fragte er grinsend und verließ die Küche.

"Die Couch wäre ganz angenehm", lächelte Sakura und gab ihrem Freund einen Kuss, als er sie vorsichtig absetzte und sich neben sie fallen ließ.

Eine Weile sahen sie sich die Nachrichten an, als das Telefon neben Sakura klingelte.

"Haruno", meldete sie sich. "Oh, ja. Einen Moment ...", sie reichte Sasuke das Schnurlostelefon und flüsterte, es sei seine Arbeit.

Sasuke nahm es ihr ab und drehte sich etwas ab. Dann führte er ein knappes Gespräch und erklärte am Ende, dass er erst nächste Woche wiederkommen würde. Dann legte er genervt auf.

"Wegen mir musst du nicht blau machen", seufzte Sakura und lehnte sich gegen ihren Freund.

Sasuke sah sie skeptisch an. "Ich lasse dich jetzt mit Sicherheit nicht alleine."

"Aber Akira könnte doch gar nicht in die Wohnung kommen, ich müsste ihn ja rein bitten", bemerkte Sakura und musste unwillkürlich zittern. Der Gedanke an den Vampir flösste ihr immer noch Angst ein, aber es war ja auch kaum erst eine Woche seit der Entführung vergangen.

"Nicht nur wegen Akira ..."

Sakura sah Sasuke traurig an. "Glaubst du sie kommt zurück, wenn Itachi sie findet?", fragte Sakura und schluckte. Ihr Herz schmerzte immer wieder, wenn sie an ihre beste Freundin dachte.

An Temari, die seit jenem Tag ihrer Rettung verschwunden war.

Ohne ein Wort des Abschieds, ohne ihnen ihre Gründe zu erklären.

Ihre Brüder, Gaara und Kankuro waren etwas später aufgetaucht, mit einer Nachricht. Aber das war nicht das Gleiche.

Temari war gegangen, weil sie bei Sakuras Anblick gemerkt hatte, wie schwach sie war. Nicht körperlich, aber psychisch. Damit konnte sie sich nicht abfinden, deswegen war sie ohne ein Auf Wiedersehen gegangen.

Itachi hatte es am schwersten getroffen und sobald er wusste, dass Sakura alles ohne bleibenden Schäden überstanden hatte, war er aufgebrochen um sie zu suchen.

Irgendwo, irgendwann würde er sie finden und zurückholen.

Das hatte er Sakura versprochen.

Sasuke nickte nun langsam. "Bestimmt. Sie muss sich selbst wieder finden. Ihre Zweifel besiegen ..."

"Aber ...", Sakura biss sich auf die Lippe. "Ich verstehe es trotzdem nicht! Es ist doch alles gut gegangen, ich ..."

"Sakura!", Sasuke schüttelte energisch den Kopf. "Du warst fast tot! Neji sagte uns, du hattest sterben wollen! Das war für niemanden einfach zu hören! Und dein Blut ... im Schnee, Temari ...", Sasuke wusste nicht, wie er es am Besten erklären konnte. "Diese Machtlosigkeit, dich in seinen Händen zu sehen. Verstehst du, dass hat uns alle schwer getroffen. Und Temari hat für sich entschieden, dass sie stärker werden muss, um dich besser beschützen zu können. Genau wie ich."

"Aber", Sakura sah Sasuke irritiert an, fast panisch. "Du würdest doch nicht ... gehen, oder?"

Sasuke lachte und lächelte Sakura liebevoll an. "Dummerchen, ich würde dich niemals alleine lassen! Du bist mein Leben. Du bist alles für mich. Ohne dich ... ohne dich wäre ich nicht mehr komplett. Ich wäre leer."

"Und ich ohne dich auch", lächelte Sakura zurück.

"Wir werden immer zusammen bleiben ..."

"Zur Unsterblichkeit verdammt ...", Sakura stöhnte bei dem Gedanken, mit dem sie sich nach wie vor nicht abfinden konnte.

Unsterblich, war das gerecht? Wollte sie es sein? Für immer Leben? Alles sterben sehen?

"Vielleicht sind wir dazu verdammt, aber vielleicht ... nur vielleicht sind wir dafür bestimmt eine glückliche Ewigkeit zu leben."

Sakura grinste. "Ja, und ich hoffe auf dieses vielleicht", sie kuschelte sich enger an Sasuke und schloss die Augen.

"Vorausgesetzt, dass du mich nicht tötest", sagte Sasuke im Scherz, obwohl er diesen Gedanken für sehr besorgniserregend befand. Nicht, weil Sakura ihn auslöschen würde, sondern weil sie am meisten darunter zu leiden hätte.

Aber es war Sakura, die plötzlich lachte.

"Das findest du so lustig?", fragte Sasuke überrascht.

"Natürlich!", grinste sie. "Nichts auf dieser Welt würde mich je dazu bewegen können, dir etwas anzutun. Dich zu töten ... selbst wenn es mein Schicksal sein sollte ... es ist so absurd ...", sie seufzte und wirkte plötzlich ernst. "Nein, mein Schicksal bist du, Sasuke. Du, an meiner Seite. Für die Ewigkeit. Nicht vielleicht, sondern ganz sicher. Wenn es ein anderes Schicksal geben sollte ... dann heißt das doch nur, dass ich irgendwann eine Entscheidung treffen muss, oder nicht? Und meine Entscheidungen werden immer nur für unsere Liebe entschieden. Niemals für etwas anderes."

"Du hast recht", sagte Sasuke zustimmend.

Eine Weile sagte Sakura nichts und sie schien wieder in Gedanken versunken.

"So still?", flüsterte Sasuke lächelnd und drückte sie mehr an sich. "Denkst du wieder an Temari? Sie kommt zurecht, macht dir keine Gedanken deswegen. Und Itachi bringt sie bald zurück."

"Nein, daran hab ich gerade nicht gedacht", meinte Sakura seufzend. "ICh ... ich meine, Temari ist gegangen, um sich zu finden, oder? Sie will wissen, wer sie ist. Aber ... wer bin ich Sasuke? Was bin ich?"

"Wer kann das schon sagen? Sieh mich an", er wirkte bedrückt. "Wer kann mir sagen, was ich bin? Weder das eine noch das andere ...Kein ganzer Mensch, kein reiner Vampir ..."

Sakura sah den Schwarzhaarigen lächelnd an. "Ich kann es dir sagen."

Erstaunt blickte Sasuke sie an. "Tatsächlich?", er schien es nicht zu glauben.

"Du bist ein Vampir in einer menschlichen Seele ...", Sakura gab Sasuke einen liebevollen Kuss. "Ein Unsterblicher mit einer sterblichen Passion ..."

Sasukes Augen weiteten sich bei ihren Worten.

Seit zweihundert Jahren hatte er sich immer wieder gefragt, was er war. Wer er war ...

Zweihundert Jahre lang auf der Suche nach einer zufriedenstellenden Antwort.

Nie hatte er eine Antwort bekommen.

Aber nun ...

Es war so einfach, so simpel ... und doch wären ihm solche Worte nie in den Sinn gekommen.

Sakura hatte sie gesagt.

Und vermutlich schon immer gewusst.

Er hätte sich nur eher öffnen müssen. Es eher aussprechen. Eher fragen sollen ...

"Das ...", er schluckte leicht. "Das wird es ... ja, so ist es", lächelte er schließlich. "Soll ich dir jetzt sagen, was du bist?"

Sakura nickte kichernd. "Na los, raus damit."

"Du bist das Licht."

Sakura stutzte. "Was bin ich? Licht?"

Sasuke grinste. "Oh ja ... Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis konnte es nicht auslöschen", zitierte er. "Egal, ob diese Waffe in dir Böses tun kann, Sakura ... du bist es nicht! Du wirst immer dafür sorgen, dass diese Waffe nichts anrichten kann, was die Finsternis hervorbringt."

Sakura lächelte sanft. Dass sie dieser Gedanke beschäftigte hatte Sasuke also bemerkt. "Danke", flüsterte sie.

Wieder senkte sich ein einstimmiges Schweigen über das junge Paar, bis Sakura kurz vor dem Einschlafen schien. "Ich mache mir Sorgen um Kakashi", murmelte sie plötzlich mit geschlossenen Lidern. "Ob Temaris Brüder ihn finden werden?"

Sasuke nickte. "Bestimmt."

Dann war Sakura eingeschlafen.

Friedlich schlummernd träumte sie von ihrem zukünftigen Leben als Unsterbliche, die Jahrhunderte überdauernd, aber immer an Sasukes Seite.

Es war ein schöner Traum ...
 

THE END
 

Okay, das wars also! Die FF Sympathy with the Devil ist hiermit offiziell beendet. Naja, vielleicht folgt ein zweiter Teil, eine Fortsetzung ... sind ja immerhin einige Sachen offen geblieben *g* Vorrausgesetzt natürlich ihr wollt eine Fortsetzung überhaupt haben ...

Also dann, danke an alle Leser,

Eure Schreiberin!



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Kommentare zu dieser Fanfic (195)
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Von:  Stevy
2017-03-27T18:24:57+00:00 27.03.2017 20:24
Wow, so eine schöne ff und alles dabei, Drama, liebe, angst, Spannung, Freundschaft, Verzweiflung...... echt toll wie du das alles zusammen gebracht hast. Und jetzt lese ich mir Teil 2 durch 😚😚😚😆
Von:  Haruka-Chan
2016-10-22T16:10:21+00:00 22.10.2016 18:10
Wundershöne Geschichte mir sind manchmal echt die Tränen gekommen :)
Antwort von:  Haruka-Chan
22.10.2016 18:11
wunderschöne
Von:  Hidan_1975
2015-05-28T21:02:38+00:00 28.05.2015 23:02
DIESE FF FASZHNIERT MICH UND WOW KANN MICH DEN VOREINGELESTEN NUR ANSCHLIESSEN.

HOFFENTL. VERZEIHT SAKURA IHREM BESTEN FREUND NARUTO ODER UMGEKEHRT?

LG ♥♥♥♥♥
Von:  -Louise
2015-01-02T12:17:02+00:00 02.01.2015 13:17
Klasse Geschichte! Ich mag sie wirklich*-*
Von:  MokkaBanana
2013-04-14T20:42:40+00:00 14.04.2013 22:42
Deine Story ist einfach nur wunderschön. Das hätte ich ehrlich nicht erwartet.
Wie du geschrieben hast. Genial. Du hast echt einen klasse Schreibstil. Du führst Sätze gut aus. Du beschreibst Details und bringst immer wieder neue Gedanken hinein.
Ich musste mich echt zum Schlafen zwingen. :D Ich konnte einfach nicht aufhören.
Freue mich ehrlich über eine Fortsetzung.
Mach weiter so. :O
Von:  MokkaBanana
2013-04-14T20:42:40+00:00 14.04.2013 22:42
Deine Story ist einfach nur wunderschön. Das hätte ich ehrlich nicht erwartet.
Wie du geschrieben hast. Genial. Du hast echt einen klasse Schreibstil. Du führst Sätze gut aus. Du beschreibst Details und bringst immer wieder neue Gedanken hinein.
Ich musste mich echt zum Schlafen zwingen. :D Ich konnte einfach nicht aufhören.
Freue mich ehrlich über eine Fortsetzung.
Mach weiter so. :O
Von:  Meeryem
2013-02-21T13:06:34+00:00 21.02.2013 14:06
NE Fortsetzung zum Mitnehmen ....
:P
die geschichte ist der hammer
& ich bin happy das ich endlich wieder normal schlafen kann ohne darüber nachzudenken was
als nächstes passiert das hat mich echt fertig gemacht xD
aber es wars mir wert haha
echt toll
& freu mich auf die forti ( wenns eine gibt , ich hoffe es )
glg meeryem
Von:  Meeryem
2013-02-21T12:44:57+00:00 21.02.2013 13:44
Verdammter !!!!! ich kann den typen nicht ab
hoffentlich findet Sasuke sie sonst ....
ich will nichtmal darüber nachdenken
oh mann
glg meeryem
Von:  Meeryem
2013-02-19T22:32:03+00:00 19.02.2013 23:32
Karin ist soo ein waaaaaaaah
ich hasse sie
& oh mann temari und itachi echt der wahnsinn xD
glg meeryem
Von:  Meeryem
2013-02-19T20:29:06+00:00 19.02.2013 21:29
ich trau mich nicht weiter zu lesen bitte nicht sasuke bitte nicht er :(


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