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Die Insel der Vier Jahreszeiten

Zwei Hundebrüder, eine Insel und sehr seltsame Sitten
von

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Die Prüfung der Cassana

Im Verlauf des Seelenturniers haben die Hundejungen schon einmal gelernt, dass Zusammenarbeit nützlich sein kann - und sich einen gewissen Ruf erarbeitet. Das mag noch hilfreich sein.
 


 

10. Die Prüfung der Cassana
 

Die Hundebrüder folgten Ripchin durch die Stadt. Bei einem großen Haus, kurz vor dem Stadttor, blieb der Wüstenkrieger stehen: „Wartet einen Moment. Ich hole mein Lasttier.“ Er verschwand durch das offene Portal. Beide konnten darin einen dumpfen Geruch ausmachen.
 

Aber als Ripchin zurückkehrte, starrte Inuyasha das Etwas an, das er am Zügel führte: „Was ist das denn?“

„Mein Lasttier.“ Er klang verwundert, ehe er sich daran erinnerte, dass die beiden nicht von der Insel stammten und wohl noch nie ein derartiges Lebewesen gesehen hatten: „Ein Sandwurm.“

„Äh, ja, “ machte der Hanyou nicht sonderlich intelligent. Dass das ein Wurm war, hatte er auch gesehen. Allerdings von immerhin drei Metern Länge und mit diversen Gepäckstücken beladen. Überdies war er von Kopf bis Schwanz mit einem dichten, rötlichen Fell bewachsen.

„Kommt nun.“ Ripchin setzte sich in Bewegung und die beiden folgten ihm.
 

Auf dieser Seite der Stadt dehnte sich eine scheinbar endlose Ebene. Kleine Kiesel und zerfallenes Geröll bildeten den Untergrund. Allerdings war eine Art Weg zu erkennen, der nach Norden führte. Sicher kamen hier öfter Händler aus dem Mirtal in die Stadt.

„Wie lange brauchen wir zu deinem Stamm?“ erkundigte sich Inuyasha.

„Das hängt von euch ab. – Könnt ihr bei Nacht weitergehen?“

„Ja, klar.“ Auch, wenn er für sich zugab, dass er nach den Kämpfen in der Arena gern eine Runde geschlafen hätte. Aber diese Blamage vor einem Fremden und Sesshoumaru konnte er sich ersparen. Es würde noch ein bisschen dauern, ehe er wirklich ausruhen musste.

„Dann werden wir morgen Abend dort sein.“

Der Hanyou war in diesem Moment dankbar, dass er nach dem Arenaturnier noch etwas zu essen und zu trinken bekommen hatte. Wer wusste, wann er wieder etwas bekommen würde. „Gut“, sagte er aber nur.
 

Ohne Pause wanderten die drei immer tiefer in das Mirtal. In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne entdeckte der Hanyou, dass sie sich von dem Weg, wenn man das so nennen konnte, entfernten, weiter direkt nach Norden gingen. Schon zuvor war ihm aufgefallen, dass immer wieder Spuren abbogen. Die Besucher der Stadt waren wohl immer allein unterwegs. Eigenartige Gegend, eigenartige Leute und noch eigenartigere Tiere. Er betrachtete den Sandwurm, der neben ihm herglitt. Ein haariger Wurm, so etwas hatte er wirklich noch nie gesehen. Andererseits mochte es nützlich sein, sich hier zu bedecken.

Mit einem Seufzen dachte er plötzlich an seine Freunde. Sicher war Kagome inzwischen schon wieder zurückgekehrt und würde sich wundern, wo er steckte. Ganz bestimmt machte sie sich Sorgen um ihn. Hoffentlich fand diese Reise bald ein Ende und würden sie diese komische Quelle finden. Warum hatte er sich auch nur breitschlagen lassen, hierher mitzugehen? Außer dämlichen Bedingungshandeln und blöden Sprüchen seitens seines Herrn Halbbruders hatte diese Insel doch nichts zu bieten.
 

Wie Ripchin vorhergesagt hatte, erreichten die drei Reisenden am späten Nachmittag des folgenden Tages das Lager seines Stammes. Mehrere große Zelte standen dort im Kreis, eindeutig aus den Haaren von Sandwürmern gewebt. Diese Tiere schienen den Bewohnern des Mirtal nicht nur als Tragtiere von Nutzen zu sein.

Ripchin wandte den Kopf: „Ich muss euch bitten, hier auf dem Platz kurz zu warten.“

Sesshoumaru blieb stehen und so tat es auch Inuyasha, auch, wenn sich der Jüngere neugierig umsah. Männer und Frauen trugen hier anscheinend die gleiche Tracht, diese weiten Gewänder. Und die Stammesleute musterten ihn und seinen Halbbruder mit der gleichartigen Neugier. Nicht weiter verwunderlich, sah man ihnen die Fremden doch wohl an. Ripchin übergab die Zügel seines Sandwurms einem anderen Mann, ehe er selbst in ein Zelt ging, das deutlich kleiner war als die anderen. Kurz darauf kehrte er mit einer Frau mittleren Alters zurück, in der die Hundebrüder zu Recht die Cassana, die Hüterin des Wassers, vermuteten. Sie trug die gleiche Kleidung wie alle anderen Frauen. Nur um ihren Hals lag eine Kette mit einem großen, blauen Anhänger daran, wohl das Zeichen ihres Status. Sie musterte die Halbbrüder.

Ripchin hob ein wenig die Hand: „Dies ist Sesshoumaru und dies Inuyasha, Cassana. Wie ich bereits erwähnte, stellten sie sich dem Turnier der Seelen und gewannen, nur, um eine Auskunft über die Hüterinnen des Wassers zu bekommen.“

„Was bedeutet, dass es euch beiden sehr wichtig ist.“ Sie betrachtete sie erneut: „Youkai, Hundeyoukai von jenseits des Meeres, vermute ich. Was wollt ihr wissen?“

„Wo finden wir die Quelle des Lebens?“ fragte Inuyasha prompt.

Die Cassana zog ihre Brauen hoch: „Gleich das höchste Ziel im Auge, junger Hund? Wollt ihr darin baden?“

„Wir weniger“, gab er zu: „Nur die Schwertscheiden.“

Das Erstaunen der Hüterin war deutlich sichtbar: „Eure Schwertscheiden? Sie sind aus Holz…aber aus besonderem Holz, nicht wahr?“ Sie blickte zu dem Älteren.

„In der Tat,“ bestätigte Sesshoumaru, um zu verhindern, dass Inuyasha noch in ein Fettnäpfchen ungeahnten Ausmaßes sprang. Was meinte die Cassana mit dem „höchsten Ziel“? „Die Scheiden stammen aus dem Holz des Baumgeistes Bokuseno. Und dieser gab uns den Rat, sie in das Wasser der Quelle zu tauchen, ehe er stirbt.“

„Ich verstehe.“

„Dieser Bokuseno“, ergänzte der Hanyou, ärgerlich, übergangen zu werden: „Meinte noch, in dieser Quelle würden Baumgeister geboren. Deswegen. Also, wo ist sie? Oder weißt du das nicht?“

„Niemand außer der Cassana, die sie hütet, weiß das. – Ich könnte euch jedoch einen Hinweis geben, wenn ihr meine Bedingung erfüllt.“

Die Hundebrüder unterdrückten ihr Seufzen. Konnte auf dieser Insel nichts ohne das gehen? Aber Sesshoumaru sagte nur: „Weiter.“

„Einer von euch beiden – und ich wäre für dich – stellt sich einem Duell mit einem von mir ausgewählten Kämpfer. Siegst du nach unserem Recht, werde ich euch die Auskunft nicht verweigern.“

„Und ich?“ fragte Inuyasha prompt.

„Du willst auch kämpfen? Hat dir die Arena nicht gereicht?“

„Keh! Traust du mir nichts zu?“

Die Cassana lächelte ein wenig: „Doch. Und genau darum soll dein Bruder kämpfen.“

Die Halbbrüder sahen sich an, selten einig in der Ansicht, dass sie kaum genauere Auskunft bekommen würden.

Daher fuhr sie fort: „Ripchin, bitte lass einen Kampfplatz abtrennen. Sesshoumaru, der Kampf muss nach unseren Regeln stattfinden. Darum lege dein Schwert ab und kämpfe mit dem Dolch. Es mag schwerer für dich sein, aber so lautet die Bedingung.“

Statt einer Antwort zog der Hundeyoukai Tenseiga samt Scheide aus seinem Gürtel und reichte beides Inuyasha.

Die Cassana nickte: „Eine weitere unserer Regeln lautet, dass ihr gefesselt kämpft. Deine Hände, und die deines Gegners werden jeweils mit Ketten aneinander gebunden…oh…verzeih.“ Sie hatte nun erst festgestellt, dass ihr Vertragspartner nur einen Arm besaß. „Bitte, entschuldige.“

Sesshoumarus Augen schienen aus Eis zu sein: „Weiter.“

„Hm. Man könnte deine Hand an eine Kette um deine Taille legen, so dass auch du nur eingeschränkt kämpfen kannst. Gewöhnlich liegen die Handgelenke ungefähr fünfzig Zentimeter auseinander. Wärst du damit einverstanden?“

Bei einem Kampf mit einem Dolch wäre es ein zusätzliches Hindernis, die Hand nicht weiter als fünfzig Zentimeter von der eigenen Taille entfernen zu können. Sein Gegner hätte zwar die Hände ebenfalls nur so weit auseinander, könnte aber die Arme frei bewegen, auch mit der Faust zuschlagen.

„Wenn mein Gegner ebenfalls die Hände an der Hüfte befestigt.“

„Gut. So lautet unser Vertrag. Siegst du nach unseren Regeln, werde ich euch keine Auskunft verweigern.“

Ein Raunen lief durch die Umstehenden, das sich die Hundebrüder nicht ganz zu erklären wussten. War es so selten, dass eine Hüterin Fremden Auskunft gab? War das Vorfreude auf einen interessanten Kampf? Aber warum betonte die Cassana immer, dass es nach ihren Regeln gehen sollte?

Gleich, dachte Sesshoumaru. Er würde siegen. Wenn er mit dem Dolch nicht zu Rande kam, blieb ihm immer noch seine Giftklaue. Oder, Moment mal. Durfte er die nach den Regeln nicht einsetzen? „Eine Frage.“

„Nun?“

„Verbieten eure Regeln den Einsatz von Gift?“

Sie musterte ihn erstaunt: „Ein Hundeyoukai mit Gift? Ja, das wäre gegen die Regel. Siege mit dem Dolch oder mit der Hand. Aber ohne Gift.“

Hatte er es sich doch gedacht, dass es da einen Haken gab.
 

Ripchin kehrte zurück: „Es ist vorbereitet, Cassana. Wer soll der Gegner sein?“

„Ripo.“ Sie sah sich um: „Wärst du so freundlich?“

Ein Youkai, sicher einen Kopf größer als Sesshoumaru, trat hervor und verneigte sich: „Ja, Cassana.“

„Gut. Dann geh mit Ripchin hinüber. Oh, die Art der Fesselung ist diesmal ein wenig anders, Ripchin, da Sesshoumaru nur einen Arm hat.“ Sie erklärte es rasch: „Wenn die beiden bereit sind, werden wir zum Zusehen kommen.“

Inuyasha sah seinem Halbbruder hinterher. „Keh“ machte er leise.

Die Hüterin blickte zu ihm: „Was meinst du?“

„Dieser Kampf ist unfair, und das weißt du auch.“

„Wegen der Art der Fesselung? Du hast in gewisser Weise Recht. Ripo hat auf diese begrenzte Art schon gewonnen, dein Bruder hat jedoch nie zuvor so beengt gekämpft. Aber es ist nicht einfach, die Quelle des Lebens zu finden, selbst, wenn du nicht darin baden willst.“

Was sollte diese Bemerkung? „Und warum darf ich nicht? Ich hätte immerhin zwei Hände….“ War genau das der Grund? „Oder willst du nicht du nur nicht, dass ein wertloser Hanyou gegen einen Youkai kämpft?“

Das fassungslose Erstaunen der Cassana war echt: „Eigentlich eher im Gegenteil“, sagte sie dann langsam: „Ich würde nie das kostbare Blut eines Hanyou auch nur im Ansatz vergießen.“

Inuyasha fiel nun ein, dass auch schon die Harpyien davon gesprochen hatten, wie wertvoll sein Blut sei. Hatten Mischlinge auf dieser Insel etwa einen besonderen Status? Dann wäre der Trip hierher doch recht amüsant. Zu schade, dass das der Herr Halbbruder nicht gehört hatte. Der war schon bei den Harpyien alles andere als begeistert über diese Aussage gewesen.

„Komm nun, gehen wir, Inuyasha. Ripchin hat gewiss schon die Ketten angebracht.“ Der Rest des Stammes schloss sich ihnen an.
 

Außerhalb des Lagers standen Ripchin und die beiden Duellanten. Beide trugen nun eine schmale Kette um die Taille. Eine fünfzig Zentimeter lange Fessel verband ihre Handgelenke damit. Alle zwei hatten den Dolch als Waffe.

Inuyasha betrachtete seinen Halbbruder. Er war stark, das wusste er, aber soweit er sich erinnern konnte, hatte der doch noch nie mit einem Messer gekämpft? Nun, er auch nicht. Aber es war davon auszugehen, dass man das von diesem Ripo nicht behaupten konnte. Und er war größer und breiter als Sesshoumaru. Das war jedoch gleich. Der war schließlich kein Youkai vom letzten Haken. Er würde gewinnen.

Die Cassana hatte den Blick bemerkt. Da sie keinerlei Besorgnis darin fand, meinte sie: „Du vertraust darauf, dass dein Bruder...Halbbruder siegt. Ich weiß, dass ihr in der Arena der Seelen bestanden habt. Aber dies ist etwas anderes.“

„Kampf ist Kampf.“

„So sicher?“

Inuyasha sah sie an: „Hast du etwa eine Falle eingebaut?“

„Nein, natürlich nicht.“ Sie war gekränkt: „Das ist ein Bedingungshandel!“

„Aber?“

„Ich sagte, dass er nach unseren Regeln gewinnen muss.“

„Äh, und du hast nicht alle gesagt?“

„Nur eine nicht. Die entscheidende, warum nicht du, der Hanyou, sondern der Youkai kämpfen soll.“

„Ach. Und?“

Sie bemerkte, dass er wütend wurde: „Inuyasha, bitte. Ich kann dir doch die entscheidende Frage nicht sagen, oder? Du würdest es sofort deinem Bruder mitteilen. Was wäre das für eine Prüfung?“

„Eine Prüfung.“ Dann sollte das gar nicht tödlich enden? Ach du Schande, dachte er dann. Sesshoumaru erledigte doch jeden, der es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen. Dieser Ripo war schon so tot, wie nur wer. Dann würde die Cassana ihnen keinen Hinweis geben und sie müssten weitersuchen…

„Du hast es erfasst.“ Die Hüterin hatte sein Gesicht aufmerksam beobachtet. „Die Quelle des Lebens soll sicher niemand finden, der Vergnügen am Töten hat. Und ein Hanyou hat ein menschliches Herz. Du hättest eher ohne Mord gewonnen, nicht wahr? Ripo hätte dir Leid getan.“

„Ja, aber warum kämpft er dann, wenn er weiß, dass er sterben wird?“

„Oh, Inuyasha. Ripo wird natürlich gewinnen. Auch, wenn ihr in der Seelenarena bestanden habt, wie ich schon sagte: das ist ein anderer Kampf. Hier zählt die Technik mit dem Messer und der Fessel umzugehen. Nichts anderes. Und da ist Ripo sicher deinem Halbbruder überlegen.“

„Keh“, wiederholte sich der Hanyou: „Ich weiß nicht, was der Typ draufhat. Aber Sesshoumaru verliert nie. - Außer gegen mich, “ ergänzte er ehrlich.

„Wir werden es gleich sehen.“ Die Cassana wandte sich dem Duell zu, wo Ripchin zur Seite gewichen war.

„Nun gut“, rief er, um auch von den Zuschauern verstanden zu werden: „Dann möge der Kampf beginnen.“
 

Ripo duckte unverzüglich ab und hob ein wenig das Messer, so weit es die Kette zuließ, bereit, abzuwehren oder anzugreifen.

Sesshoumaru blieb aufrecht stehen. Er hatte noch nie mit einem Dolch gekämpft und eigentlich wollte er es auch nicht. Ein Schwert war die ihm ziemende Waffe. Aber es musste wohl sein. Würde er es fallenlassen, einen Klauenangriff starten, müsste dieser trotz der Behinderung durch die Kette seinen Gegner zerfetzen, ehe der mit dem Messer angreifen konnte. Hm. Wie stark und beweglich war dieser Ripo? Die Cassana hatte ihn sicher nicht ohne Grund bestimmt. Und ganz gewiss besaß er Erfahrung mit dieser gefesselten Kampfart. Was tun? Das Messer fallen lassen und einen Klauenangriff losjagen? Damit begab er sich womöglich freiwillig in Nachteil. Diese Ketten waren zwar nicht unzerreißbar, er hätte sich befreien können, aber dann war der Bedingungshandel gewiss nicht erfüllt.

Plötzlich sprang Ripo vor, der die Nachdenklichkeit seines Widersachers bemerkt hatte und schlug mit der Faust der freien, linken Hand zu. Es war schnell, fast erschreckend schnell, aber Sesshoumaru legte nur in kühler Überlegung den Kopf auf die Seite. Alle, was er spürte, war der Luftzug. Ripo setzte jedoch sofort nach, stand er doch nun direkt vor seinem Gegner und stieß diesmal mit dem Messer nach seinem Kontrahenten, gegen den durch die Rüstung nur teilweise geschützten Oberschenkel. Der Hundeyoukai riss den rechten Arm herunter, schlug Unterarm gegen Unterarm und lenkte so den Stoß seitlich neben ihm hinweg, ehe er zurücksprang. Das war knapp gewesen. Ein wenig tiefer und seine Kette hätte nicht mehr ausgereicht, die Attacke abzuwehren. Diese Fesselung war ein eindeutiges Problem. Die Hüterin des Wassers hatte sich in der Tat eine schwere Aufgabe ausgedacht. Wenn natürlich nicht unlösbar.

Moment.

Die Hüterin des Wassers, die Hüterin des Lebens nannte man die Cassana. Warum sollte eine dieser Frauen einen Kampf auf Leben und Tod als Bedingung setzen? War das der Haken? Hatte sie darum immer so betont, nach ihren Regeln? Dann durfte er Ripo nicht töten. Und dieser wollte ihn nicht umbringen. Wohl darum auch der Stoß gegen den Oberschenkel, nicht gegen den Kopf oder Hals.

Ripo war etwas zurückgewichen und Sesshoumaru betrachtete ihn kühl. Natürlich. Das war der Haken an diesem Bedingungshandel. Und dann gab es für ihn nur eine Lösung.

Er hob den rechten Arm, soweit es die Fessel zuließ, ehe er einen Sprung nach vorne machte. Es sah elegant aus, war aber nichts desto trotz sehr gut berechnet. Die gespannte Kette war genau in Höhe von Ripos Hals. Der Hundeyoukai landete schräg hinter seinem Gegner, riss seinen Arm zu sich zurück, damit das Metall um die Kehle des Wüstenkriegers schließend. Unter dem Druck, dem überraschenden Würgegriff, fiel Ripo zurück, fing sich gerade noch zum Knien ab. Er war jedoch ein zu erfahrener Kämpfer, um nicht doch noch unverzüglich zu versuchen, den Würgegriff zu brechen. Er stieß mit dem Messer zurück. Sesshoumaru hatte seines bereits fallengelassen und fasste nun das Handgelenk in eisernem Griff. Damit zog er gleichzeitig die Kette zwischen seiner Hüfte und seinem Arm straffer um die Kehle seines Widersachers. Ripo rang nach Luft, aus Atemnot durch das Metall um seinen Hals, aber auch durch den Schmerz in seinem Handgelenk, dessen Knochen knirschten.

Sesshoumaru blickte zur Cassana: „Genug?“

„Genug“, sagte diese, ebenso fassungslos wie ihr Stamm. Nie zuvor hatte jemand aus der Fessel eine Waffe gemacht. Kein Wunder, dass diese beiden die Arena der Seelen überlebt hatten. „Du hast gewonnen, meine Bedingung erfüllt. Ein Youkai vom Festland, der nicht tötet…“

Der Hundeyoukai gab Ripo frei, der keuchend nach vorn fiel, sich abstützte. Dann war sein Einfall in der Tat richtig gewesen. Eine Hüterin des Lebens wollte kein Stammesmitglied tot sehen. Dieser Kerl hier war allerdings ein hohes Risiko eingegangen. „Ripchin.“

Der Angesprochene verstand das richtig und kam heran, um die Kette zu lösen. „Nicht schlecht“, meinte er dabei leise: „Du, oder wohl eher, ihr beide, seid wirklich ungewöhnlich.“

Sesshoumaru fand, dass dies keiner Antwort bedurfte, und drehte sich zur Hüterin um. Diese nickte.

„Kommt, folgt mir in mein Zelt. Ich werde euch den gewünschten Hinweis geben.“ Sie ging, gefolgt von den Halbbrüdern.
 

Das Innere ihres Zeltes war mit Decken ausgelegt, ebenfalls aus den Haaren eines Sandwurms gewebt. Einige Dinge hingen an den Zeltstangen, die Inuyasha nie gesehen hatte und er musterte sie neugierig.

„Nehmt Platz.“ Die Cassana ließ sich nieder und deutete vor sich. „Ihr sucht die Quelle des Lebens, um darin die magischen Fähigkeiten eurer Schwertscheiden zu erhalten. Was geschieht denn, wenn sie sie verlieren?“

„Dann müssen die Schwerter zerstört werden“, antwortete der Hanyou ehrlich. „Und in meinem Fall würde ich wahnsinnig werden, alles um mich töten und am Ende selbst draufgehen.“

„Ich verstehe. Darum macht ihr euch diese Mühen. – Ich weiß nicht genau, wo der Stamm der Hüterin der Quelle des Lebens nun weidet, da sie ebenso wie wir herumziehen. Aber um in die Gegend zu kommen, in der dieser Stamm lebt, müsst ihr von hier aus gerade nach Osten gehen.“ Sie bemerkte das unwillkürliche Aufatmen Inuyashas und schüttelte ein wenig den Kopf: „Freu dich nicht zu früh. Dieser Weg ist gefährlich, denn er führt durch die Salzwüste. Dort, wo einstmals das Binnenmeer lag. Heute ist dort nur Salz – und der Tod. Kaum ein Bewohner des Mirtal wagt sich dorthin, wir nehmen lieber einen sehr großen Umweg in Kauf, wenn man etwas in der jeweils entgegengesetzten Richtung sucht. Aber ich vermute, dass ihr den kürzesten Weg gehen wollt und müsst, um zu verhindern, dass dieser Baumgeist stirbt, ehe eure Scheiden im Wasser des Lebens waren.“

„Und wie weit ist es?“

„Das Herz des Mirtal ist tot.“ Die Hüterin des Wassers klang traurig: „ Aber es war einst ein großes Herz. Ihr habt von der Stadt bis hier zwei Tage und eine Nacht benötigt. Von hier bis an das andere Ende der Salzwüste sind es für euch dann gewiss vier Tage.“

Die Halbbrüder sahen sich unwillkürlich an. Sie waren mit Ripchin hergekommen, hatten sich daher dessen Tempo angepasst. Sie konnten auch weitaus schneller sein.

Die Cassana fuhr fort: „Wenn euch nichts aufhält. Das Wetter gerade dort ist unberechenbar. Und die Stürme dort können auch einem starken Youkai gefährlich werden. Ich weiß von einigen, die sich dorthin wagten und nicht wieder zurückkehrten. – Wollt ihr die Nacht hier bleiben oder unverzüglich euch auf den Weg machen?“ Da Sesshoumaru bereits aufstand und sein Halbbruder diesem Beispiel folgte: „Nun gut. Genau nach Osten müsst ihr euch halten, denkt daran. Wenn ihr zu weit nach Süden abtreibt, besteht die Gefahr, dass ihr euch in den Weiten der Salzwüste verlauft.“ Sie erhob sich ebenfalls und begleitete die beiden aus dem Zelt: „Dann ist unser Bedingungshandel abgeschlossen. – Möget ihr euer Ziel erreichen.“

Sie sah den Hundebrüdern hinterher, als Ripchin zu ihr trat: „Du hast ihnen gesagt, dass das tote Herz des Mirtal gefährlich ist und dennoch gehen sie?“

„Ja. Aber sie haben wohl nur die Wahl, das Ziel rasch zu erreichen oder anders zu sterben.“

„Es wird ein Sturm kommen.“

„Ich weiß. Aber das ist ihr Weg und sie gehen ihn.“
 

*********************************
 

Gut, dass Sesshoumaru auch mal auf Mord verzichten kann, wenn es sinnvoll ist. Und besser für seine Nerven, dass er das erneute Lob über Mischlinge nicht hörte.

Aber Sturm in einer Salzwüste klingt nicht sonderlich verheissungsvoll. Das nächste Kapitel heisst: Wege in der Wüste.
 

Der behaarte Sandwurm hat übrigens als kleineres Vorbild Meeresborstenwürmer.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (23)
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Von:  Schalmali
2010-07-09T10:06:20+00:00 09.07.2010 12:06
Hihi Hanyou haben hier scheinbar echt einen hohen Status, man wird neugierig wieso. Vielelicht weil es eben von zwei Wesen - unterschiedlichem Leben - gleich beies in sich hat, Doppelleben? *grins* Na jedenfalls ein Youkai vom Festland der nicht tötet... wohl eher der, der schlau genug ist zu erahnen was eine Lebenshüterin gern hätte. So oder so, hat Sesshoumaru aber mal wieder gewonnen. Sandstürme... Salzwüsten, das zusammen könnte brennzlich werden, im warsten Sinne des Wortes.
Von:  DoctorMcCoy
2009-08-03T14:53:50+00:00 03.08.2009 16:53
Die Prüfung von der Cassana war wirklich gut gelungen. Zum Glück denkt unser werter Herr Sesshoumaru erst nach, bevor er irgendetwas tut. Zumindest kann er logisch kombinieren, wenn eine Hüterin des Lebens wohl keinen sterben sehen will.
Die Stelle, wo die Cassana meinte, dass Inuyasha etwas Besonderes sei, fand ich cool. Gut, dass Sessy das nicht gehört hat. Aber da das jetzt schon zum zweiten Mal erwähnt wurde, kann ich den Gedanken nicht mehr verdrängen, dass das bestimmt noch wichtig sein wird für irgendwas, was noch kommen wird.
Den Sandwurm fand ich auch genial. Was du dir alles einfallen lässt. Aber am Besten war, wie Inuyasha darauf reagiert hat. So, ich sehe auch, dass das ein Wurm ist. Woher soll den der arme Ripchin wissen, was es alles auf dem normalen Festland gibt?
Ich bin schon sehr gespannt, was ihnen alles in der Salzwüste begegnen wird. Das hört sich an sich ja schon schrecklich an und wenn dann jetzt auch noch ein Sturm aufzieht. Bei dem Gedanken an das ganze Salz auf der Haut, kriege ich ja jetzt schon die Krätze.
So, bis zum nächsten Kapitel dann.
LG Lady_Sharif
Von:  chaska
2009-07-05T19:49:07+00:00 05.07.2009 21:49
Das Seelentunier haben unsere beiden Hundebrüder glücklich überstanden. Doch damit haben sie nicht den 2Krieg" gewonnen nur eine "Schlacht". Der Kampf der Cassana erweist sich auf den zweiten Blick als geschickt getarnte Prüfung. Zum Glück ist "Selbstbeherrschung" der zweite Vorname von Sesshomaru. Er durchschaut das und handelt richtig. Wieder haben sie die nächste Etappe genannt bekommen.
Ihr weg führt sie nun direkt in die Wüste. Doch ist diw wirklich so leer? Auf jeden Fall laufen sie genau auf einen Sandsturm zu. Drücken wir ihnenen die Daumen.
Liebe Grüße
chaska
Von:  angel-sama
2009-04-28T15:46:48+00:00 28.04.2009 17:46
Uuh, und schon wieder ist Inuyasha was besseres. Das würde Sesshoumaru gar nicht gefallen:) Schade das er es nicht gehört hat, vllt hätte das seine Sichtweise auf Inuyasha noch ein bisschen verändert.
Der Kampf war echt gut. Sesshoumaru hat mal wieder gezeigt, dass man sich mit ihm besser nicht anlegt, auch wenn er nur einen Arm hat^^

Den komischen Borstenwürmern will ich lieber nicht begegnen. Die hören sich irgendwie gruslig an.

Inuyasha hätte sich wirklich noch kurz ausruhen sollen. Es wird bestimmt nicht ungefährlicher. Vorallem weil die Cassana schon vor der Salzwüste gewarnt hat.
Von:  ayakoshino
2009-04-27T17:47:43+00:00 27.04.2009 19:47
Stimmt, zum Glück kann Sesshomaru sich beherrschen und um seine Beherrschung zu behalten war es wohl wirklich gut das er den Komentar der Cassana über Hanyous nicht gehört hat.^^ Gut das er sein Köpchen einsetzen kann und es auch tut, sonst hätten sie noch weitersuchen müssen. Aber die nächst Wanderung wird sicher nicht ganz einfach. Ob sie wirklich weniger als vier Tage brauchen werden oder doch eher mehr?^^
Bin schon total gespannt wie es weiter geht!
Lg ayako
Von:  Teilchenzoo
2009-04-26T16:29:35+00:00 26.04.2009 18:29
*Honigkuchenpferdgrinsen*
Aaaah^^ ... danke, dass Mirtal so sehr nach Vorderem Orient aussieht... da fühl ich mich doch glatt zu Hause (auch wenn ich noch nie da war).

Der Wurm ... nun, in gewisser Weise hat er was von einem Dromedar^^°° ...

Hm. Sess hat ja sehr schnell geschaltet. gut für ihn, dass sein Verstand so rege ist.

Hanyou-Blut ist wertvoll ... genauso wie es in der Wüste ein Leben ist.

Nyaa ... Salzwüsten sind wertvoll, sind sie doch wichtig für die Wirtschaft, den Handel. Es sollte also eine Route dorthin geben. Nur, durch müssen sie schon von alleine finden ... und das im Salzsturm, bäääh ...

Obwohl dieser Ripo als geübt im Kampf mit Kette und dolch gepriesen wurde, hat er nie mit der Kette selbst gekämpft? Ungewöhnlich ...

Bye lg
Von:  -Suhani-
2009-04-25T15:30:34+00:00 25.04.2009 17:30
Und der nächste Kommi. ^^
Die Story gefällt mir auch sehr gut. Eine Insel, auf der es alle vier Jahreszeiten gleichzeitig gibt... ich würde wohl im Sommer leben, ich mag keine Kälte und Nasskälte schon gar nicht. v.v
Dass es so viele verschiedene Lebewesen gibt find ich eine klasse Idee. Und wer weiß, ob deine Sandwürmer nur Fiktion sind oder ob es die vor ein paar Millionen Jahren nicht wirklich mal gegeben hat... ich hab einen Bildband von Fossilien geschenkt bekommen, seitdem stelle ich mir diese versteinerten Wesen alle vor. -.-
Diese Bedingungshandel-Geschichten sind auf Dauer glaub ich ziemlich lästig - unsere lieben Hundebrüder haben ja jetzt schon genug von diesen Handeln und sind noch lange nicht wieder weg - besonders nervig wird es wohl, wenn der Handlungspartner mit so kleinen, fiesen Aufgaben ankommt, wie den Schweinestall ausmisten... bääähh, ich miste noch nicht mal die Box meines Pferdes selbst aus. Ich weiß, manchmal bin ich eine verwöhnte Göre. :)
Die Harpyien fand ich cool. Ein bisschen pervers aber cool. Besonders gut war die Stelle, wo Megaira sagte, dass Inu Yashas Blut wertvoller sei, als das seines Bruders. xD Sesshoumarus Gesicht dabei stell ich mir einfach klasse vor.
Diese Kampf-Arena war auch super. Wenn die Brüder mal zusammen arbeiten sind sie einfach unschlagbar. Leider wollen diese Sturköpfe nicht so häufig an einem Strang ziehen.
Cassana... klingt ein bisschen wie der Name einer römischen oder griechischen Therme... Zum Glück hat Sesshoumaru diesmal nicht gehört, dass das Blut eines Hanyou wertvoller ist als seins. Sonst wäre noch einer gestorben, womöglich dieser Ripo, sodass dann auch noch die Prüfung nicht bestanden und Sesshoumaru doppelt als Idiot dargestellt wäre.
Obwohl... die Vorstellung ist schon ziemlich witzig. xD
Bin ja mal gespannt, was du die Halbbrüder sonst noch alles erleben lässt, die Story ist ja noch nihct mal zur Hälfte abgeschlossen.
Freu mich aufs nächste Kappi. Und auf den Vampirkrimi. ^^
lg
Hani
Von:  chaska
2009-04-24T20:45:05+00:00 24.04.2009 22:45
UPS... das ist ja gerade noch einmal gutgegangen. Den Göttern sei Dank, hat das feine Gehör des Inuyoukai die bestimmte Betonung in der Formulierung der Priesterin vernommen und sein logischer Verstand hat dann den Rest erledigt.
Für Inu Yasha war es sicher Balsam für die Seele, dass auch hier sein Blut als zu kostbar eingeschätzt wird um das Risiko einzughen, das es vergossen wird. Schade das Sesshomaru das nicht mitbekommen hat.
Nun kennen die beiden den weiteren Weg. Quer durch eine unwirkliche Salzwüste. Trotz ihrer Schnelligkeit sollten die beiden ihre Beine in die Hand nhemen, denn sonst könnte es doch recht unangehm werden.
Ich freu mich schon, wenn es weitergeht.
Liebe Grüße
chaska
Von:  Ayako_san
2009-04-23T15:28:26+00:00 23.04.2009 17:28
super kapi ^^
gut das sessy sein hirn einsetzt ^^
ich finds super das da hanyou mehr wert sind ^^
würd mich aber interessiern warum
aber des werd ma sicher noch erfahren
bin schon aufs nächste kapi gspannt ^^
mfg
aya
Von:  Minerva_Noctua
2009-04-22T19:02:41+00:00 22.04.2009 21:02
Die Cassana war symphatisch.
Sesshoumaru hatte in diesem Kapitel die Ruhe weg, was sich wohl geändert hätte, dass sein Blut vor dem eines Hanyou verschwendet werden soll.
Langsam wird es für In Yasha Zeit etwas zu trinken und etwas zu schlafen.
Wasser sollte notwendig werden, wenn sie ausgerechnet durch eine Salzwüste wandern müssen.
Ich bin gespannt, wie sich die beiden schlagen werden^^.

Bye

Minerva


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