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Auf den ersten Blick

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Auf den ersten Blick

Kapitel 2
 

Jerry biss sich auf die Lippen und ging vorsorglich schon mal einen Schritt zurück, als Rick sich ohne weiteres Kopfstoßen aus dem Kühlschrank befreite, regelrecht herumfuhr und ihn mit vollkommen entgeistertem Gesicht anstarrte.

„Was?!“

„Äh…“

„Hast du grad mit *Geiler Arsch* meinen gemeint?!“

Scheiße. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Scheiße! Jetzt war er dran!

„Äh…Jap.“

Jerry kniff die Augen zusammen und spannte seine Muskeln an in Erwartung gleich von einem dieser zarten Händchen die Nase gebrochen zu bekommen oder von einem dieser unglaublich langen Beine plus schmalen, in grauen Chucks steckenden Füße in die Eier getreten zu werden.

Doch nichts passierte. Verwundert blinzelnd öffnete er seine Augen wieder und traute ihnen im nächsten Moment gar nicht zu, das richtige zu sehen. Rick stand vor ihm, in einer Hand einen Bier-Tequila-Mix und in der anderen eine große Flasche Cola. Aber das war nicht der Grund für Jerrys Unglauben.

Rick war rot. Tomatenrot. Und nicht vor Wut. Er schien eher verlegen zu sein. Und geschmeichelt. Denn seine Stimme hörte sich eher zittrig und unsicher an, als wütend.

„Danke…“

Jerry schluckte den Kloß herunter, der sich in seiner Kehle festgesetzt zu haben schien. Dann räusperte er sich und schob seine bis jetzt zu Fäusten geballten Hände verunsichert in seine Hosentaschen.

„Äh…ja…Kein Problem.“

So standen sie da und schwiegen sich an. Jerry fühlte sich unwohl. Er wusste absolut nicht, was er von der Situation halten sollte. Unangenehm berührt räusperte er sich noch einmal und löste eine Hand aus seiner Hosentasche, um sich durch seine rotbraunen, unordentlichen Haare zu fahren. Er fühlte sich gerade schrecklich nüchtern.

„Hm…Äh…Was willst du trinken? Ich hab hier Bier mit Tequila oder Cola mit Whiskey -die hab ich selbst zusammengemichst…oder wir haben hier auch noch Wodka-Lemon…“

Jerry wusste nicht, was er sagen sollte. Er war um ehrlich zu sein ein wenig überfordert mit dieser ganzen Sache. Also gab er keine Antwort und zuckte erst einmal nur die Schultern.

„…Wir…wir haben auch Bier da, wenn du möchtest! Aber dafür müssten wir dann zum Gartenhäuschen…Äh…“

Jerry schluckte seine überforderte Stimmung herunter und trat auf den anderen zu. Bemüht entschlossen nahm er ihm die kleinere Flasche mit dem Biermix ab und hob sie mit einem leichten, unsicheren Lächeln an.

„Mir reicht das.“

„Hm. Ok. Dann reicht mir das hier.“

Jerrys Augen weiteten sich, als der Kleine die riesige Flasche mit der Whisky-Cola aufschraubte, sie an die Lippen setzte und sie innerhalb kurzer Zeit ein Viertel leerte. Mann. Hatte der Knirps einen Zug!

Leicht frech, aber gleichzeitig scheu grinsend setzte Rick die Flasche wieder ab und drehte sie zu. Er seufzte leise und zuckte die Schultern.

„Hab ich jetzt gebraucht.“

Jerry nickte nur. Dann standen sie wieder schweigend da. Verdammt. Was sollte er denn jetzt machen?! Der Kleine war so süß! Und dieses *Danke.* war so verflucht überraschend gekommen! Was sollte er denn jetzt davon halten?!

„Äh…Sind die Getränke nicht eigentlich nur draußen im Gartenhäuschen? Hat uns jedenfalls Timo gesagt…Also…“

Rick nickte leicht. Entzückt fiel Jerry auf, dass der Kleine seine Fußspitzen süß nach innen gedreht hatte. Mein Gott…Das kannte er bis jetzt nur aus Filmen! Wie niedlich.

„Das stimmt. Aber das hier ist mein eigenes Zeug. Dass ich meinen Alkohol vor euch trinkwütigen hier im Kühlschrank verstecken kann, ist die Voraussetzung, dass Timo seine Fete feiern darf.“

„Hä?“

Verwirrt blinzelte Jerry den Emo an. Das verstand er jetzt nicht. Was hatte Rick denn damit zu, dass Timo eine Feier machen durfte? Gespannt auf die Antwort ging er zum Esstisch und ließ sich zwei Plätze neben der weggetretenen Studentin auf einem der Stühle nieder.

„Das versteh ich jetzt nicht. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“

Jetzt lachte Rick. Amüsiert schüttelte er den Kopf und lehnte sich mit der Hüfte –für Jerry auf unglaublich anregende Art- an die Küchenarbeitsplatte. Das erinnerte ihn wieder daran, dass er den Süßen sexy fand.

„Na, Timo ist mein Bruder. Und weil unsere Eltern ja weg sind, wollte Timo eine Fete machen. Allerdings hasse ich seine Feten normalerweise und ertrage sie nicht ohne betrunken zu sein. Wenn ich meinen Alkohol also nicht vor euch verstecken dürfte, würde ich unseren Eltern verraten, dass Timo unerlaubterweise gefeiert hat. Verstanden?!“

Jerry fiel es wie Schuppen von den Augen.

„Ah!! Jetzt fällt‘s mir wieder ein!! Du hast doch Timo und mich mal von der Uni abgeholt, als sein Auto in Reparatur war!“

„Genau.“

Das war ihm vorher gar nicht aufgefallen, dass er den Kleineren kannte. Aber da hatte der auch eine andere Haarfarbe gehabt. Nämlich strohblond, wie die Haare seines Bruders Timo auch waren.

„Du hast dir die Haare gefärbt.“

„Ja.“

„Sieht gut aus.“

„Danke.“

Jerry biss sich leicht auf die Unterlippe. Und jetzt? Erst einmal was trinken. Er hob die noch verschlossene Flasche an seinen Mund und hebelte den Kronkorken mit den Zähnen ab.

„Hilfe! Was machst du denn da?!“

Erschrocken trat Rick an ihn heran. Jerry hob grinsend eine Augenbraue und hielt ihm den leicht verbogenen Verschluss hin. Er fand es wahnsinnig putzig, wie besorgt der Andere um ihn war.

„Nichts passiert. Wenn kein Flaschenöffner in der Nähe ist, mach ich das immer so.“

„Aber hier ist ein Flaschenöffner in der Nähe!“

Jerry folgte Ricks Finger, der zur Arbeitsplatte zeigte. Auf der lag ganz friedlich und zufrieden ein Flaschenöffner. Egal. Jerry grinste noch breiter und zuckte die Achseln. Rick schüttelte über ihn nur den Kopf.

„Sollen wir wieder rausgehen?“

Jerry nickte und erhob sich wieder von seinem Stuhl. Sie kamen beide an der Tür an und Jerry ließ –ganz der Gentleman- Rick vorgehen. Allerdings hatte dazu er einen ganz anderen Grund als Höflichkeit…

Dieser Hintern…

Jerry grinste still vor sich hin, folgte dem Kleineren wieder durch das Wohnzimmer und auf die Terrasse. Sie wurden kurz von zwei Kommilitonen in eine kurze, aber äußerst hitzige Diskussion über die Brüste einer ihrer Dozentinnen gezogen, dann konnten sie weitergehen.

„Mein Gott…Was manche Leute für einen Mist erzählen, wenn sie getrunken haben…“

Rick grinste ihn an und zwinkerte. Jerry glaubte sein Herz bliebe stehen.

„Äh…ja…hast Recht…Manche Leute…äh hä hä…“

Er stoppte sein peinliches Gestammel und räusperte sich stattdessen. Schweigend folgten sie der Treppe nach unten auf den Rasen. Es war wieder leerer geworden. Dafür herrschte am Gartenhäuschen, wo der Alkohol in zwei kleinen Kühlschränken gelagert wurde, reger Betrieb.

„Ich seh‘ schon, Timo wird sicher morgen seine Freude dabei haben, die ganzen Schnapsleichen aus dem Garten zu entfernen.“

Jerry grinste auf Ricks Bemerkung hin. Er fand es lustig, dass der Kleine seinem Bruder gegenüber so schadenfroh war. Die zwei schienen sich gut zu verstehen. Allerdings zeigten Ricks Sticheleien, dass sie sich –für Geschwister typisch- immer wieder mal ärgerten. Wie viele Jahre waren die beiden eigentlich auseinander?

„Wie alt bist du, Rike?“

„Boah…Rike. Fies!“

Jerry setzte sich wieder auf die Bank und nahm einen großen Schluck aus seiner Flasche. Rick kam neben ihn und Jerry fühlte ein leichtes Prickeln und Kribbeln im Bauch, als er merkte, wie nah sie sich waren. Er könnte eines der langen, schlanken Beine mit seinem berühren…

„Also, ich bin 18. Und du, Jerry, bist du so alt wie Timo?“

Erst 18?!

Jerry schluckte und musterte den Kleineren. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Rick wirklich noch jung wirkte. Das war ihm am Anfang gar nicht aufgefallen.

„Nein. Ich bin 22. Wird Timo doch erst im November, oder?!“

„Ja, stimmt.“

Rick hob die große Colaflasche wieder an die Lippen. Er trank und trank und trank…Schließlich löste er seine Lippen wieder keuchend davon. Jerry währenddessen konnte die Augen nicht von ihm nehmen. Nicht nur, dass der Knirps wahnsinnig schnell und viel auf einmal trinken konnte, zudem Alkohol. Nein! Rick sah dabei auch noch wahnsinnig sexy aus!

Wie sich diese so zart aussehenden Augenlider mit den langen, dunklen Wimpern flatternd vor Genuss schlossen. Wie sich diese rosigen Lippen fest und gleichzeitig anschmiegsam um die Flaschenöffnung legten. Wie sich dieser zierliche Hals mit der blassen, unglaublich weich wirkenden Haut während des Trinkens bewegte.

Jerry war hin und weg.

„Geht’s dir gut?!“

Rick hatte die Flasche wieder zugedreht und neben sich gestellt. Er hatte wohl Jerrys immer noch anhaltendes Starren bemerkt –was nicht schwer war, so offen und verträumt, wie er das tat-, denn er beugte sich nah zu ihm und sah ihm verwirrt ins Gesicht.

Jerrys Augen schlossen sich halb, als er warmen, von der Whisky-Cola süßen Atem auf seinem Gesicht fühlte und direkt und aus verdammt geringer Nähe in diese wunderschönen, algengrünen Augen sehen konnte. Er wollte gerade etwas sagen –es wäre bestimmt etwas total dämliches aus seinem Mund gekommen-, da streckte Rick seine Hand aus und strich ihm mit unglaublich weichen und wunderbar kühlen Fingern eine seiner lockigen Strähnen aus der Stirn. Vor Überraschung hielt er die Luft an. Und entließ sie im nächsten Moment mit einem Seufzen, da sich auf der blassen, ebenmäßigen Haut des Kleinen eine süße Röte ausbreitete, die Jerry schier wahnsinnig machte.

Ein starker, eiskalter Wasserstrahl traf sie beide.

Rick schrie erschrocken auf, mit überraschend heller Stimme, während Jerry vor Schreck und plötzlicher Kälte einfach nur die Luft wegblieb.

Fuck! Was war das denn?!



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