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Die Prophezeiung

SPOILERS!!!!
von

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Sayuka Kira

Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch mal schaffe. >.> Wie immer tut es mir furchtbar Leid, aber ich kann euch gleich sagen, es wird noch schlimmer oder besser, die Wartezeiten länger. Nächstes Jahr im Februar beginnt meine Prüfungszeit und ich werde also mit Schulrecht und Pädagogik mehr beschäftigt sein, als mit VK. So gern ich es auch anders herum hätte, glaubt mir. ;_;
 

Trotzdem versuche ich mein möglichstes zu tun.
 

Jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Spaß mit diesem Kapitel und als kleine Einstimmung – auch wenn es in der FF nicht Dezember ist – muss ich dieses Lied hier anbringen. Warum? Weil ich es erstens liebe und zweites, weil es schon zum Inhalt des Chaps passt.

Viel Spaß!
 

Linkin Park-My December

http://www.youtube.com/watch?v=cI59cpkFxPo

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Sayuka Kira
 

Wenige Stunden vor Kanames Ankunft in Koritokái...
 

Zero erreichte die Tür und riss sie scheinbar ohne größere Anstrengung auf. Ohne sich noch einmal umzudrehen, stieß er Yuki und Ai in die Hütte hinein, die noch immer gebannt auf die Massen aus Schnee starrten. Er knallte die Tür hinter sich zu und verriegelte sie mit drei schweren Holzbalken, die direkt neben der Tür standen. Danach drehte er sich sofort zu Ai und Yuki um und nahm beide schützend in seine Arme.

Dies alles geschah in sekundenbruchteilen und wäre Zero auch nur ein wenig langsamer gewesen oder hätte gezögert, hätte es für sie alle drei das Verderben bedeutet. Denn kaum war er bei Yuki und Ai gewesen, donnerte die Lawine direkt über ihre Köpfe hinweg. Das Geräusch war ohrenbetäubend. Der Boden unten ihnen bebte und Yuki vernahm das Rütteln von Glasschreiben, Türen und Porzellan. Jedem Moment glaubte sie, würden die Schneemassen die Hütte in Stücke zerreisen und sie lebendig begraben.

Yuki klammerte sich so fest sie konnte an Zero und Ai, dem einzigen Halt, den sie spüren konnte und der sie davon abhielt vor Angst zu sterben. Denn genauso fühlte sie sich. Die Wärme, die Zeros und Ais Körper ausstrahlten, gaben ihr Sicherheit und die Gewissheit, dass sie nicht allein war.

Es dauerte eine Ewigkeit, ehe das Donnern aufhörte und auch der Boden und die Wände nicht mehr zitterten

Yuki stöhnte vor Erleichterung auf. Doch kaum war es vorbei, ließ Zero sie los. Sofort fühlte sie sich allein, hilflos und schutzlos. Wie von selbst suchten ihre Hände nach Ai und zog diese in ihre Arme. Sie brauchte etwas woran sie sich festhalten konnte. Ais zitterender Körper sagte ihr, dass es ihr wohl genauso gehen musste. Ai fest in den Armen haltend, beobachtete wie Zero zum Kamin ging, den sie nun auf der gegenüberliegenden Wandseite entdeckte und sich daran zu schaffen machte. Unter den lauten Geräuschen des Schneesturms, der draußen tobte und den noch immer anhaltenden Nachwehen der Lawine, sah sie mehr, als das sie es hörte, wie er ein Streichholz entzündetet. Nur einen Moment später sah sie einen schwachen, winzigen, orangen Schein. Zero hatte ein Feuer entfacht.

Yuki erstaunte dies, warum konnte sie aber selbst nicht sagen. Vielleicht weil ihr das warme Orange und die roten Flammen so fremd nach all dem Weiß erschien. Dann kam Zero zu ihnen zurück und schloss sie wieder fest in die Arme. Er küsste sowohl Ai als auch sie auf das Haar.

Yuki konnte nicht anders und seufzte leise. Diese vertraute Geste, vertrieb die Angst augenblicklich, die in ihrem Herzen gesessen hatte. So lange, wie er da war, würde alles gut werden, dachte sie.

„Geht es euch gut?“, fragte Zero schließlich und seine Stimme klang leicht brüchig. Dabei strich er ihr über den Rücken. Erst da sah Yuki ihn an. Auch im standen Angst und Schrecken noch ins Gesicht geschrieben, so blass war er.

Sie nickte kurz, doch Ai antwortete nicht. Yuki sah, dass sie weinte.

„Bist du verletzt?“, fragte Zero seine Ziehtochter und seine Stimme klang weitaus nervöser, als sonst. Sie lockerte ihren Griff ein wenig, als Ai kurz den Kopf schüttelte.

„Es wird alles wieder gut.“, begann Zero sanft auf sie einzureden. „Ich bin dir nicht böse und Yuki auch nicht. Uns wird schon was einfallen, aber wir werden uns nicht trennen. Hast du gehört?“

Ai nickte schwach und Yuki schloss die Augen. Sie ließ ihren Kopf gegen Zeros Schulter sinken und genoss die Wärme und den Schutz, die die sein Körper spendeten. Sie hörte sein Herz schlagen. Es schlug genauso schnell und unruhig wie ihr eigenes. Doch merkwürdigerweise beruhigte sie dies sogar.
 

„Es ist vorbei.“, sagte Zero irgendwann und löste seinen Griff von ihr. Erst da öffnete Yuki die Augen. Zero erhob sich und ging mit Ai an der Hand zum Kamin. Zuvor hatte er Yuki aufgeholfen und diese sah sich das erste Mal richtig in der Hütte um.

Schräg neben dem Kamin stand ein Sofa, zu dem Zero Ai führte. Links an der Wand standen drei große Schränke, aus massiv wirkendem Holz, die alle fest verschlossen schienen. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Tisch mit vier Stühlen darum gruppiert und wenn sie richtig sah sogar ein Holzkohleofen, der dahinter stand. Die andere Wand wurde vom Kamin eingenommen auf dem sie nun ein Bild wahrnahm. Dennoch ließ diese Wand noch genügend freien Raum.

Langsam ging sie zu Ai und Zero und stellte sich an den Kamin. Es war inzwischen warm im Raum, dennoch fror sie immer noch sehr

Zero strich Ai liebevoll über das Gesicht.

„Bist du nicht böse?“, fragte Ai schließlich und ihre Lippen zitterten dabei leicht. Sie hatte aufgehört zu weinen und sah Zero direkt an.

„Natürlich nicht. Ai, ich kann es mir zwar fast denken, aber warum hast du das getan? Warum bist du allein gegangen? Du wusstest doch, wie gefährlich es sein kann.“

„I-Ich wollte allein gehen, weil du doch... Ich wollte nicht, dass du dich wieder von Yuki trennen musst und es ist... meine... Schuld...“

„Schon gut.“, sagte er sanft und nahm sie in den Arm. Yuki war bei Ais Worten leicht errötet, doch eigentlich sollte sie Ais Ehrlichkeit nicht mehr überraschen. Aber noch etwas anderes war ihr durch den Kopf geschossen und sie sprach es laut aus: „Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, wenn ich euch nicht begleitet hätte.“

Zero hatte sie kurz angesehen und dann wieder Ai. „Ja, vielleicht wäre es das gewesen.“, erwiderte er. Danach lauschte Zero kurz dem Heulen des Windes, das auch Yuki schon aufgefallen war und schüttelte dann den Kopf. „So wie es aussieht, werden wir hier ein paar Tage bleiben.“, sprach er schließlich. Fragend sah Yuki ihn an, doch er antwortete nicht. Zero stand auf und ging zu der Stelle zurück, an der sie vorhin zusammengekauert gesessen hatten. Er bückte sich und griff scheinbar nach etwas. Als er den Arm wieder nach oben zog, öffnete er eine Luke, die sich im Boden befand.

„Was meinst du damit?“, fragte Yuki als erstes, von den vielen anderen Fragen, die ihr durch den Kopf gingen.

„Der Winter ist angebrochen und draußen tobt ein Schneesturm. Man nennt es hier die „Weiße Mächtig“.“

„Was?“, hatte sie nachgefragt, weil sie ihm überhaupt nicht hatte folgen können.

„Die Lawine...“, hatte nun Ai gesprochen, „... jedes Jahr beginnt der Winter hier mit ihr. Sie nennen sie die „Weiße Mächtige“ und meinen damit die Natur im Allgemeinen. Die Lawine kommt immer schnell und ohne Ankündigung. Jeder der sich zu der Zeit im Wald befindet, ist eigentlich so gut wie...“

Sie brauchte nicht weiter sprechen, Yuki verstand sie auch so. Ihnen wäre es gerade ähnlich gegangen. „Danach setzt immer ein Schneesturm ein, der so heftig ist, dass niemand mehr den Wald durchqueren kann. Papa hat es einmal versucht, aber auch ihm ist es nicht gelungen. Niemand weiß, wie lange der Schneesturm anhalten wird.“

„Wo ist er?“, fragte Yuki auf einmal, denn Zero schien plötzlich verschwunden. Sie stand auf und lief zu der Stelle, an der die Luke noch immer geöffnet war. Im Licht, welches der Kamin erzeugte, sah sie eine Treppe, die nach unten führte und hörte von dort Geräusche.

„Das ist der Lagerraum.“, sagte Ai, die plötzlich neben ihr stand.

Ai setzte gerade einen Fuß auf die Treppe, als sie Zeros Stimme hörten. „Bleibt oben, ich komme gleich. Hier unten ist es zu dunkel.“

„Was ist da unten?“, fragte Yuki Ai.

„Der Lagerraum, hab ich doch gesagt. Dort unten stehen Tonkrüge mit Reis, Kartoffeln und Möhren. Außerdem gibt es eingekochtes Gemüse und Obst und so, aber vor allem einen Brunnen.“

„Einen Brunnen?“, fragte sie ungläubig. „Aber wird er nicht-“

„Er wird nicht zufrieren, wenn du das denkst.“

„Warum nicht? Wenn der Schneesturm anhält, dann wird...“

„Sie hat recht.“, unterbrach Zero sie. Er stieg die Treppen von unten nach oben, als er sprach. In der einen Hand hatte er einen Korb, in dem eine Schüssel Reis war, ebenso zwei Kartoffeln und drei Möhren und ein Glas mit einer braunen Flüssigkeit.

„Der Grundwasserspiegel liegt hier so tief, dass es nicht gefrieren wird. Allerdings dauert das Pumpen länger. Ich werde gleich noch einmal runter gehen und Wasser holen. Kannst du ein Feuer im Ofen machen?“, wandte er sich an Yuki. Diese war von den vielen neuen Informationen aber vollkommen überfordert und starrte ihn nur an. Ai und Zero benahmen sich vollkommen normal. So als wäre es etwas ganz alltägliches einer Schneelawine entkommen zu sein und von einem Schneesturm gefangen in einer Hütte zu sitzen. Dabei schwirrten ihr so viele Dinge durch den Kopf, sie wusste gar nicht wo sie anfangen sollte.

„Was ist, kannst du das? Sonst mach ich es selbst.“, fragte Zero sie noch einmal.

„Was? Ja, kann ich. Aber Zero...“

„Ich weiß.“, unterbrach er sie etwas sanfter. „Ich erkläre es dir, sobald ich Wasser geholt und eine Suppe aufgesetzt habe. Ai sieh nach dem Feuer im Kamin. Du weißt, dass es richtig brennen muss.“

Seine Ziehtochter nickte kurz und rannte zum Kamin, während Zero eine Kerze aus einer Schublade nahm, die sich offenbar unter dem Tisch befand. Er hatte die Kerze mit Streichhölzern entzündet und Ai legte noch ein paar Holzscheit auf, auf die sich die Flammen genüsslich stürzten und bald noch größer wurden. Yuki schüttelte den Kopf und ging dann zum Ofen. Bisher hatte sie so etwas zwar noch nicht anheizen müssen, aber so schwer konnte es schließlich nicht sein. Sie öffnete die Ofenklappe und fand bereits ordentlich aufgeschichtete Holzscheite vor. Zero reichte ihr die Streichholzschachtel. Dann zündete sie das Papier, welches zwischen den Holzscheiten lag, an. Als sie sicher war, dass es gut brannte schloss sie die Ofenklappe wieder. Das müsste eigentlich reichen, dachte sie.

Im nächsten Augenblick hörte sie schon Pumpgeräusche aus dem Lagerraum. Unschlüssig sah sie sich um. Noch immer verstand sie nicht im geringsten, was eigentlich geschehen war. Wissend, dass Zero es ihr aber erst später erklären würde, setzte sie sich zu Ai und musterte das Mädchen einen Moment. Sie sah in die Flammen und schien mit ihren Gedanken ganz wo anderes zu sein.

„Hast du denn gar keine Angst?“, fragte Yuki sie und verlieh damit einem Teil ihrer eigenen Angst Ausdruck.

„Nein.“, antwortete Ai schlicht. „Du und Papa seid doch da.“, lächelte sie schwach. „Außerdem ist Kira ja auch da.“ Sie zeigte auf das Bild, welches auf dem Kamin stand. Yuki erhob sich und ging hinüber. Behutsam nahm sie das Bild vom Sims und setzte sich damit wieder neben Ai. Yuki blickte auf einen Jungen von ungefähr 14 oder 15 Jahren. Sie konnte es nicht genau sagen. Er trug ein breites Grinsen im Gesicht, bei dem man meinen konnte, es würde von einem Ohr zum anderen reichen. Seine braunen Augen leuchteten vor Freude und versprühten eine solche Wärme, dass Yuki den Schrecken der letzten Stunde zu vergessen schien. Schwarze Haaren hingen ihm in die Stirn und standen an den Seiten leicht ab, so als wären sie nur schwer zu bändigen. Es muss ein fröhlicher und lebhafter Junge sein, vielleicht Ai nicht einmal so unähnlich.

„Wer ist das?“, fragte sie schließlich.

„Kira, der jüngste Sohn der Sayukas.“

„Sieht ihnen gar nicht ähnlich.“, entfuhr es Yuki spontan.

„Nein, nicht wahr? Aber Frau Sayuka sagt, dass er das wohl von seinem Großvater hat. Sasuke sieht ganz ähnlich aus. Das ist ihr ältester Sohn.“

In dem Moment war Zero wieder aus dem Lagerraum gekommen und hielt nun einen Eimer und zwei Flaschen Wasser in der Hand.

„Wir müssen es noch abkochen und dann können wir es trinken.“, erklärte er kurz. „Ihr könnt mir helfen.“

„Zero, wo sind wir eigentlich?“, fragte Yuki noch einmal ungeduldig.

Er sah sie kurz an, erwiderte aber nichts, sondern wandte ihr den Rücken zu. Als er den Eimer und die Flaschen abgestellt hatte, ging er zu einem der Schränke und nahm drei Kerzenleuchter und Kerzen heraus. Zwei Kerzenleuchter stellte er auf den Tisch, den dritten auf den Kaminsims. Dann steckte er die Kerzen hinein und entzündete sie schließlich.

Als nächtest nahm er Töpfe aus dem gleichen Schrank heraus und ging damit zum Ofen. Dort kippte er das Wasser hinein. Im Anschluss griff er nach einem der großen Messer, die über den Ofen hingen und ging damit zum Tisch. Wieder zog er eine Schublade auf und holte ein Brettchen hervor. Dann begann er die Kartoffeln zu schälen.

„Zero!“, sagte Yuki noch einmal mit Nachdruck. Warum antwortete er ihr nicht?

„Die Hütte wurde genau für so einen Fall wie unseren gebaut.“, sagte er nun doch.

„Was?“

„Die Winter beginnen jedes Jahr auf die gleiche Weise. Erst löst sich eine gewaltige Lawine von den Bergen und rollt in das Tal, dann setzt ein Schneesturm ein, der Tage dauert. Danach ist der Wald unpassierbar.“

Sie nickte kurz genickt. Es war das gleiche, was ihr Ai auch schon erzählt hatte.

„Für jemanden der gerade im Wald ist oder von der anderen Seite kommt, ist es so gut wie unmöglich zu entkommen. Deswegen wurde diese Hütte gebaut, um denen, die davon überrascht werden, eine Überlebensmöglichkeit zu geben, wenn sie es bis hierher schaffen.“

„Aber woher sollen sie davon wissen?“, fragte sie skeptisch.

„Die Hütte steht seit 10 Jahren, die umliegenden Dörfer wissen Bescheid und diejenigen, die über den Pass in die „Stille Welt“ gelangt sind, haben es weiter getragen. Die Lawine kündigt sich durch absolute Stille an. Das hast du ja selbst gemerkt. Mit etwas Glück und, wenn man nicht zu weit entfernt ist, sind die Chancen hoch, dass man es bis hierher schafft.“

„Aber wie... Ich meine... Woher sollen andere wissen, wo sich die Hütte im Wald befindet.“ Ihr war klar, dass Zero es wusste, weil er schon ein paar Jahre hier lebte, aber Leute die vollkommen neu in dieser Gegend waren, konnte es doch unmöglich finden.

„Die beiden Blutbuche, die hinter der Hütte stehen, weisen den Weg.“, antwortete Zero weiter, ließ sich dabei aber nicht von seiner Arbeit ablenken. Ai hatte sich inzwischen zu ihm gesellt und begonnen die Möhren zu säubern. „Sie sind die einzigen Laubbäume hier und größer, als die anderen Bäume. Hat man sie erst einmal gesehen, helfen sie einem sich zu orientieren. Außerdem sind an bestimmten Punkten Hinweise angebracht.“

Yuki schüttelte verwirrt den Kopf. Das alles ergab für sie keinen rechten Sinn.

„Hier drin sind wir mit ausreichend Lebensmitteln versorgt, so dass wir gut ein paar Wochen bleiben könnten. Es wird also nichts geschehen. Wir müssen nur dafür sorgen, dass das Dach nicht zuschneit. Deswegen muss der Kamin immer brennen. Das Dach wird unser einziger Ausgang sein wird, wenn sich der Sturm gelegt hat.“

„Woher willst du das wissen? Ich meine woher willst du wissen, dass die Hütte hält?“

„Das wird sie und Kira wird uns beschützen.“

„Und was hat es mit Kira auf sich?“ Warum sollte ein Bild sie beschützen können? Zero sah sie kurz an und dann Ai, anschließend schüttelte er wieder den Kopf. „Heute nicht mehr.“, antwortete er. „Für heute ist schon genug trauriges geschehen.“

Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte und Zero würde ihr im Moment ohnehin nichts weiter erzählen, egal wie sehr sie nachfragte. Yuki sah Zero und Ai eine Weile zu, wie sie das Gemüse schnitten. Wie konnten sie jetzt ans Kochen denken?!, fragte sie sich ungläubig und schüttelte wieder den Kopf. Zero hob daraufhin kurz den Kopf und sah sie durchdringend an, als hätte er sie auch so verstanden.

„Es hindert mich daran über andere Dinge nachzudenken.“, sagte er, wie zur Antwort und ging dann zum Ofen, auf dem das Wasser bereits kochte.

Einen Moment sah sie in entgeistert an, dann ärgerte sie sich über sich selbst. Natürlich, dachte sie, wie hatte sie auch nur eine Sekunde an seinem Verhalten zweifeln können? Sie konnte sich gar nicht vorstellen, was nun in ihm vorging. Mit einem Mal wurde ihr klar, was dieser Schneesturm wirklich bedeutete. Sie würden umkehren müssen, direkt nach Koritokái zurück, wo man sie bereits erwarten würde.

Ein kalter Schauer lief Yuki über den Rücken. Zero hatte recht. Es war besser sich mit anderen Dingen zu beschäftigt, als darüber nachzudenken. Im Moment konnten sie nichts tun, um ihre Lage zu ändern. Eine Gewissheit die Panik in Yuki aufsteigen ließ.

„Kann ich euch helfen?“, fragte sie deswegen und schluckte heftig.

„Ai, warum zeigst du Yuki nicht, was in den Schränken ist? Dann könnt ihr auch gleich die Bettsachen herausnehmen und zurecht machen.“, sagte Zero, so als wäre es das normalste auf der Welt. Doch Yuki entging nicht die Anspannung, die in seinen Schultern lag.

„Komm Yuki.“, sagte Ai und nahm sie an der Hand und führte sie zu den Schränken. Sie öffnete den linken, aus dem Zero zuvor schon die Töpfe genommen hatte.

Die Türen standen weit offen und Yuki sah in der obersten Reihe Tassen und Teller. In der zweiten standen Gläser verschiedener Größe und Form. Im dritten Fach fanden sich Besteckkästen mit Messern, Gabeln, Löffeln, Stäbchen und diversen anderen Küchenutensilien zum Kochen. Im vierten Regal waren schließlich Krüge und Schüsseln, über einander gestapelt und noch ein paar Kerzenleuchter. Und im letzten ganz unten fanden sich Töpfe und Pfannen. Das ganze sah sehr übersichtlich und organisiert aus, als wäre wirklich an alles und vor allem an einen längeren Aufenthalt gedacht worden.

Im zweiten Schrank fanden sich diverse Kleidungsstücke: Hosen, Shirts, Pullover, Strümpfe, ja sogar Jacken und ein wenig Unterwäsche, sowohl für Männer, als auch für Frauen und Kinder. Ai hatte ihr erklärt, dass die Sayukas sehr darauf geachtet haben, dass für jeden Fall etwas dabei ist. Natürlich waren es nicht ganz genau die richtigen Größen, aber es würde reichen. Yuki konnte nur erstaunt darüber nicken und fragte sich still, wie viel Mühe und Arbeit das alles gekostet hatte.

Im dritten Schrank befand sich schließlich Bettwäsche sowie mehrere Decken und Kissen. Außerdem auch vier Schlafsäcke. Unten standen Bücher und ein paar Spiele, wenn Yuki das richtig erkannte. Ai erklärte ihr, dass man das Sofa zu einem Bett umbauen konnte und dass sich in dem Bettkasten zwei weitere zusammenklappbare Liegen befinden würden.

Yuki wusste am Ende der kleinen Führung nicht was sie dazu noch sagen sollte. Es war einfach ganz und gar erstaunlich, wie viel diese Menschen geleistet hatte, um anderen eine Chance auf Rettung zu geben.

All dies faszinierte sie, doch etwas schien es hier nicht zu geben und sie fragte sich, wie man das gelöst hatte, denn ein Problem würde es sicher werden.

„Ähm... Zero... Was ist eigentlich mit... also...“ Sie wusste nicht, wie sie es formulieren sollte und es war ihr auch recht peinlich danach zu fragen. „Also... ich würde mich gern... frisch machen.“, sagte sie dann und hoffte, dass er wusste, was sie meinte.

Zero sah kurz vom Ofen auf und sie an. „Ja, natürlich. Daran hab ich noch gar nicht gedacht.“, sagte er und klang verwirrt, als hätte sie ihn aus weiter Ferne in die Gegenwart zurückgeholt. Sie ahnte, wo er mit seinem Gedanken gewesen war, sagte aber nichts dazu.

„Ich zeige es dir und Ai, du ziehst dir etwas anderes an. Warum habe ich nicht gleich daran gedacht?“, murmelte er und ärgerte sich ehrlich darüber. „Nehmt euch ein paar Sachen heraus.“

Zero nahm einen der Kerzenleuchter vom Tisch und führte sie wieder zu der Luke. Er öffnete sie ohne große Anstrengung und führte sie nach unten.

„Seid vorsichtig.“, mahnte er sie noch, bevor er voran ging. Doch als Yuki den Raum sah, blieb sie sprachlos stehen. Der unterirdische Raum war komplett mit Holz vertäfelt, Wände ebenso wie der Fußboden. An der Wand vor ihr standen wie oben drei hohe Schränke. Rechts davon befanden sich riesige Tonkrügen, die alle fest verschlossen schienen und links Unmengen an Holz.

Doch am meisten faszinierte sie die Wasserpumpe, die direkt in der Mitte des Raumes stand und die sie ungläubig anstarrte. Ein hoher Sockel bildete die Grundlage und darauf befand sich die metallene Pumpe, mit einem Hebel an der Seite, mit dem das Wasser dann offenbar nach oben gepumpt wurde. Es gab sogar ein kleinen Abflussschacht, in den das überflüssige Wasser ablaufen konnte. Daneben stand bereits ein Eimer mit Wasser.

„In den Schränken findest du eingekochtes Gemüse und Obst sowie getrocknete Früchte und Wein. Außerdem noch ein paar kleinere Schüsseln. In den Tonkrügen sind Reis sowie Kartoffeln, Möhren und noch ein paar andere Feldfrüchte, die man gut in Sand lagern kann.“, erklärte Zero und sie gleichzeitig nach links geführt. Nachdem es ihr gelungen war den Blick von all den anderen unglaublichen Dingen zu lösen, erkannte sie ein weitere Tür. Zero öffnete sie und trag einen Schritt zurück. Yuki stand nun endgültig der Mund offen, denn ihr Blick fiel geradewegs auf ein Bad.

Es befand sich eine Toilette darin, ein Waschbecken und sogar ein kleiner Schrank und es war komplett gefliest!

„Wie ist das möglich?“, flüsterte sie staunend.

„Es liegt etwas ungünstig direkt neben dem Lagerraum, aber es geht schon. Hier nehmt die Kerze und macht euch den Heizlüfter an.“, sagte Zero und ging dann zum Ausgang zurück.

„Funktioniert das wirklich alles?“, fragte Yuki Ai und konnte es immer noch nicht glauben. Sie glaubte zu träumen.

„Natürlich.“, antwortete das Mädchen und trat gleichzeitig ein. Aus dem Schrank nahm sie zwei Handtücher heraus und Waschlappen und reichte jeweils eines davon Yuki. Dann ging sie zu dem Heizlüfter und stellte ihn an.

„Aber wie kann das sein? Ich meine, wir sind unter der Erde, draußen tobt ein Schneesturm, das ist einfach... unglaublich.“

„Ich weiß nicht, wie es geht. Aber wie Papa schon sagte, der Grundwasserspiegelt liegt sehr tief und als sie das hier gebaut haben, haben sie an alles gedacht.“, hatte Ai geantwortet und gleichzeitig mit den Schultern gezuckt. „Aber wie es genau geht, kann ich dir auch nicht sagen. Da musst du Herr Sayuka nochmal genauer fragen.“

„Ja... Das werde ich wohl.“, hatte Yuki schließlich zugestimmt und ihre Verwunderung vorerst beiseitegeschoben. Sie beschloss, dass es wohl wirklich einfacher war, das alles erst einmal zu akzeptieren. Dachte sie weiter darüber nach, würde sie wohl Kopfschmerzen bekommen.

Die beiden hatten sich kurz gewaschen. Yuki war noch immer so überwältigt von all den Dingen, dass sie nicht wusste, wie ihr eigentlich geschah. Es kam sogar warmes Wasser aus dem Wasserhahn! Trotzdem beeilten sie sich und zogen sich rasch um. Sofort fühlte sie sich wie ein anderer Mensch und hatte zum ersten Mal an diesem Tag das Gefühl, das Ganze endlich verarbeiten zu können. Yuki warf einen Seitenblick auf Ai. Das Kind sah immer noch furchtbar müde aus, auch wenn sie sich vielleicht nichts anmerken ließ.

Als sie wieder nach oben kamen, stand Zero immer noch am Ofen und rührte in der Suppe. „Du solltest dich auch umziehen.“, riet Yuki ihm und trat an den Ofen heran. Es roch herrlich und ihr Magen knurrte leicht.

„Mach ich später.“, antwortete er kurz. „Wir können gleich Essen.“
 

Circa 10 Minuten später saßen sie alle drei am Tisch, jeder einen dampfenden Teller Suppe vor sich, den sie anfangs schweigend löffelten. Es war eine einfache Reissuppe mit ein paar Kartoffelstückchen und Möhren dazwischen. Aber sie war heiß und wärmte Yuki sofort von innen. Erst nach und nach wurde ihr bewusst, dass das ihr erstes Essen seit Stunden war.

„Du solltest dich dann erst einmal um dich selbst kümmern.“, sagte Yuki schließlich, weil sie die Stille nicht mehr ertragen konnte. „Ai und ich machen das Geschirr.“

„Yuki hat recht.“, stimmte auch Ai zu.

„Wie die Damen wüschen.“, sagte er und Yuki glaubte sogar den Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht zu sehen. „Aber vorher mache ich euch noch das Sofa zurecht. Du solltest dich hinlegen Ai, du siehst furchtbar müde aus.“

„Aber ich bin nicht müde.“ Wieder hatte Zero schwach gelächelt und auch Yuki hatte nicht anders gekonnt. Offenbar führten sie diese Diskussion öfter.

Dieses Mal antwortete Zero nicht, sondern strich seiner Ziehtochter liebevoll über das Haar. Dann stand er auf und zu dritt bauten sie das Sofa in ein Bett um. Yuki hatte mit Ai die Decken bezogen, doch gleichzeitig hatte sie sich gefragt, wie sie zu dritt auf das Bett passen sollte. Sicher war es für sie alle breit genug, doch die Vorstellung mit Zero ein Nachtlager zu teilen, trieb ihr die Röte ins Gesicht – selbst wenn Ai dabei war. Als sie diesen Gedanken äußerte, weil er ihr einfach keine Ruhe mehr ließ, antwortete Zero wie selbstverständlich: „Ihr schlaft auf dem Bett, ich nehme mir einen Schlafsack.“

„Was ist mit den Liegen? Du könntest eine von ihnen nehmen.“

„Nein, nicht nötig. Das geht auch so.“

„Wie du meinst.“, antwortete Yuki ausweichend und schluckte den Klos in ihrem Hals herunter. Sie fragte sich wo das Gefühl der Enttäuschung plötzlich herkam.

„Ich gehe nach unten. Ihr könnt euch schon hinlegen, ich erledige den Rest.“, hatte Zero gesprochen nachdem alles soweit vorbereitet war.

Yuki nickte zwar, doch sobald Zero nach unten gegangen war, machte sie sich daran den Abwasch zu beseitigen – das Wasser hatte inzwischen die richtige Temperatur. Sie holte eine große Schüssel aus dem Schrank und mit Ais Hilfe ging es recht schnell. Als Zero nach oben kam, waren sie auch schon fertig.

Dann konnte sie den einladenden Decken und Kissen nicht mehr länger wiederstehen und noch bevor Zero etwas sagen konnte, wandte sie sich an Ai.

„Na komm Ai, lass uns Schlafen gehen. Vielleicht klappt es ja.“

„Aber ich kann nicht schlafen.“, wiedersprach dieses nochmals.

„Ich weiß, ich bestimmt auch nicht.“, stimmte Yuki ihr zu. „Aber es ist spät und wir haben einen anstrengenden Tag hinter uns. Lass es uns wenigstens versuchen.“

„Mmh.“, brummte Ai und legte sich dann doch hin. Yuki tat es ihr gleich und sobald sie unter die Decke geschlüpft war und auf der Matratze lag, spürte sie die bleierne Müdigkeit, die sie plötzlich überfiel.

„Geht es auch wirklich so?“, fragte sie Zero noch einmal, der sich wieder dem Kamin zugewandt hatte und Holz nachlegte.

„Ja, mach dir keine Gedanken.“, antwortete er leise. Yuki seufzte über seine Sturheit und kuschelte sich dann an Ai. Erst dann nahm sie das Pfeifen des Schneesturms wieder wahr. Vorher muss sie es schon gar nicht mehr gehört haben. Dann schloss sie die Augen und schlief sofort ein.
 

Zero beugte sich über Yuki und Ai und strich ihnen über die Wange. Noch immer war es ihm, als würde eine eisige Faust seine Herz umklammert halten. Allein der Gedanken, was geschehen wäre, wenn sie es nicht geschafft hätten, ließ ihn erzittern. Er hatte versucht sich nichts anmerken zu lassen, um sie nicht zusätzlich zu ängstigen, aber ihm war selbst jetzt bei der Vorstellung noch übel.

Er durfte sie nicht verlieren.

Keine von ihnen.
 

Langsam erwachte Yuki wieder. Mit den Händen rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und versuchte sich daran zu erinnern, wo sie sich eigentlich befand. Sie war mit Ai davon gelaufen, das Schiff, der Zug, Koritokái und der Wald, eine riesige Lawine... die Hütte. Sie stöhnte auf, als die Bilder an ihrem inneren Auge vorbeizogen. Wie spät mochte es wohl sein?, fragte sie sich still. Sie hörte ein Geräusch von rechts kommen und nachdem ihre Augen sich an das orange Licht gewöhnt hatten, sah sie Zero über den Tisch gebeugt. Es sah so aus als knetet er etwas oder bildete sie sich das nur ein?

Yuki richtete sich langsam auf und blickte auf Ai hinab. In ihre Decke gewickelt schlief sie noch tief und fest.

Sie strich sich noch einmal mit den Händen über das Gesicht, um auch den letzten Schlaf zu vertreiben und stand auf. Als ihre Füße den Boden berührten, drehte sich Zero kurz zu ihr um.

„Wie spät ist es?“, murmelte sie leise und noch immer leicht verschlafen. Sie fühlte sich furchtbar.

„Kurz nach Sonnenaufgang, zumindest theoretisch.“, antwortete er und wandte sich dann wieder dem zu, dass er in den Händen hielt.

„Was machst du?“, fragte sie und kam zu ihm herüber. Sie unterhielten sich nur gedämpft, um Ai nicht zu wecken.

„Ich backe Brot. Wir werden es brauchen. Sie haben gesagt, dieses Jahr würde der Schneesturm nur vier Tage dauern, aber es kann sich immer ändern. Letztes Jahr waren es nur zwei Tage, davor das Jahr sechs, aber es waren nur drei angekündigt. Es ist unberechenbar.“

Sie seufzte abermals.

„Hast du schlecht geschlafen?“, fragte er sie schließlich.

„Was? Nein, eigentlich nicht. Warum fragst du?“

„Ich habe dich gerade gehört.“

„Nein, das war nur, weil mir eingefallen ist, was eigentlich passiert ist.“, antwortete sie leise. Er nickte knapp, als wüsste er genau, was sie meinte.

„Hast du geschlafen?“, fragte sie ihn schließlich.

„Ein bisschen vor dem Kamin. Ich habe darauf geachtet, dass das Feuer nicht ausgeht.“ Wieder sah er sie an, doch dieses Mal blieb sein Blick ein bisschen länger auf ihr hängen.

„Du siehst furchtbar aus.“, merkte er trocken an.

„Vielen Dank auch!“, zischte sie zurück. „Das Kompliment gebe ich gern zurück.“ Dann streckte sie ihm die Zunge heraus.

Zero konnte nicht anders, als leise in sich hineinlachen. In dieser Beziehung hatte sie sich wirklich nicht geändert. Aber dass er sie angesehen hatte, hatte noch einen anderen Grund gehabt. Er hatte wissen wollen, wie durstig sie war. Er wusste nicht, wann sie das letzte Mal getrunken oder die Bluttabletten genommen hatte und vor allem wusste er nicht, wie lange sie es ohne aushalten würde. Nur zu gut wusste er, dass es plötzlich und ohne Vorwarnung kam.

Er wusste inzwischen, dass Yuki Ai niemals etwas absichtlich antun würde, aber er wusste ebenso, was die Wesen, die sie waren, anrichten konnten.

„Kann ich dir helfen?“, fragte sie schließlich und er schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin gleich fertig.“

Yuki seufzte. „Was werden wir die nächsten Tage tun?“, fragte sie anschließend.

„Ich weiß es nicht. Es sind Bücher hier und einige Gesellschaftsspiele.“, sagte er, doch sie glaubte einen sarkastischen Unterton aus seiner Stimme zu hören.

Sie schwieg weiter und beobachtete Zero dabei, wie er den Brotteig in eine Form gab und diese anschließend in den Ofen stellte. Das alles sah so routiniert bei ihm aus, dass sie neidisch wurde. Sie konnte kein Brot backen. Sie konnte ja nicht einmal so eine einfache Suppe machen, wie er am Abend zuvor.

Sie hatte sich wirklich zu sehr verwöhnen lassen, gestand sie sich ein. Sie hatte sich ja schon vorgenommen, dass es sich ändern sollte, aber so einfach war das auch nicht. Wenn sie erst einmal zurück waren... wenn...

„Was werden wir tun, wenn der Schneesturm aufgehört hat?“, stellte sie nun die Frage, deren Antwort sie eigentlich schon kannte.

Zero wusch sich die Hände in einer Wasserschüssel und setzte sich an den Tisch. Auf eine Hand stützte er sein Kinn und blickte eine lange Zeit gedankenverloren in die Flammen des Kerzenleuchters.

„Wir haben gar keine andere Wahl als zurückzugehen.“, sagte er schließlich irgendwann. „Wir können den Pass nicht durchqueren. Wir würden nicht einmal weiter in den Wald hineinkommen. Uns bleibt nur der Weg zurück. Etwas anderes geht gar nicht.“

„Sie werden da sein, nicht wahr?“, fragte sie leise.

„Ja. Sie werden auf mich warten und auf Ai.“, dann hängte er mit bitterer Stimme an, „Und auf dich wahrscheinlich auch, da ich dich ja entführt habe.“

„Zero, ich habe Onii-sama einen Brief dagelassen, in dem ich ihm alles erklärt habe und ich übernehme auch die volle Verantwortung.“

„Auch wenn du den Brief hinterlassen hast, heißt das nicht, dass die anderen es glauben werden oder dass er es sie überhaupt wissen lässt. Kaito hat nur geraten, aber ich denke, Kaname wird ihm nur zu gern zustimmen.“

Yuki antwortete ihm nicht, sondern sah traurig auf das Muster der Tischplatte. Dann sagte sie: „Was wird dann passieren?“

Zero zuckte mit dem Schultern. „Ich werde um sie kämpfen.“, antwortet er schlicht. Yuki glaubte schon, dass damit dieses Thema für ihn beendet war, deswegen war sie überrascht, als er doch weiter sprach. „Ich kann den Gedanken nicht ertragen sie zu verlieren.“, flüsterte er heißer. Er legte die Hand auf die Augen, so dass sie seinen Blick nicht sah, aber sie konnte sich ihn nur zu gut vorstellen und allein das ließ ihr Herz schmerzen.

„Nicht noch jemanden, nicht noch einmal, nicht wieder an sie.“

Yuki schwieg und doch rang sie nach Worten, aber alles wäre falsch gewesen. Dann hörte sie Zero kurz leise lachen und sah ihn verwundert an. Es klang verzweifelt. Noch immer hielt er seinen Blick verborgen.

„Es ist einfach zum verzweifeln. Da bringst du sie mir zurück und wir schaffen es bis hierher und ich bin trotzdem nicht in der Lage sie zu beschützen. Erst läuft sie davon und wäre beinah von der Lawine... Wenn wir ihr verschwinden auch nur einen Augenblick später bemerkt hätten, dann...“ Er schluckte heftig. „Und wofür? Nur damit sie sie doch bekommen sollen.“ Er wusste nicht, warum er ihr das erzählt, warum er ihr so etwas anvertraute, wo er sich doch geschworen hatte, es nie wieder zu tun. Doch die Gedanken erdrückten ihn fast und nur dadurch, dass er sie mit jemanden teilte, hatte er das Gefühl, dass sie etwas leichter wurden.

„Das werden sie nicht.“, erwiderte Yuki mit fester Stimme. Er sah sie durch einen verschleierten Blick an. „Was macht dich da so sicher?“, fragte er fast spöttisch.

„Du wirst für sie kämpfen und ich ebenso. Gemeinsam werden wir es schaffen.“

Wieder lächelte er, doch es war keinesfalls ermutigend. „Ich hoffe du hast recht. Es werden viele sein.“

„Das macht keinen Unterschied.“, antwortete sie und blinzelte nicht einmal. Zero wunderte sich, wo sie dieses Kraft hernahm, die Selbstsicherheit. Oder war es nur eine weitere Eigenschaft der Reinblüter? Auch das hatte er oft genug zu spüren bekommen.

Dann verfielen sie wieder in Schweigen und obwohl Yuki so viele Fragen an Zero hatte spürte sie, dass es ein ungünstiger Zeitpunkt war ihn danach zu fragen. Wenn sie wirklich einige Tage in dieser Hütte verbringen würden, würde immer noch genügend Zeit sein. Dann viel ihr Blick auf das Bild, welches Ai auf den Tisch gestellt hatte und eine andere Frage kam ihr in den Sinn.

„Erzählst du mir jetzt, was es mit Kira auf sich hat?“

Zero atmete einmal schwer aus und sie glaubte schon abermals eine falsche Frage gestellt zu haben, doch sein Blick war keineswegs wütend, sondern... irgendwie traurig.

„Das ist eigentlich keine Geschichte, die ich erzählen möchte. Besonders jetzt ist sie... umso furchtbarer. Ich kann nachempfinden, wie sie sich gefühlt haben.“

„Ich verstehe nicht ganz.“, gab Yuki ehrlich verwirrt zu. Zero atmete noch einmal durch und dann fing er an zu erzählen.

„Kira ist... war der jüngste Sohn der Sayukas. Er war 14 als er starb, sein Bruder Sasuke war damals 19. Herr Sayuka sagte mir, dass die beiden als Kinder immer sehr viel zusammen unternommen haben, doch als Sasuke älter wurde und seine erste Freundin hatte, änderte sich das. Kira hatte aber auch so sehr viele Freunde. Herr Sayuka sagte, dass er Ai in vielerlei Hinsicht wohl sehr ähnlich gewesen war. Ich glaube, sie haben ihr Herz deswegen so schnell an sie gehängt.

„Obwohl er so viele Freunde hatte, war Kira trotzdem hin und wieder gern allein. Er las auch sehr gern und hat sich dafür immer zurückgezogen, um ungestört zu sein. Nicht selten ging er dafür im Sommer auch in den Wald.“

Zero räusperte sich, bevor er weiter sprach. Offenbar fielen ihm die nächsten Worte noch schwerer.

„Im Oktober, November setzt die Lawine meistens ein. Die Menschen stellen sich darauf ein und richtigen sich in ihren Arbeiten und Vorbereitungen danach. Nur ganz selten kommt sie schon früher. Aber in diesem Jahr war es so. Es war Anfang September, als Kira wieder allein im Wald war. Herr Sayuka sagte, dass sich plötzlich diese erdrückende Stille über die Stadt legte und sie ahnten was geschehen würde. Mit seiner Frau machte er sich sofort auf sie Suche nach Kira. Sie sind der Lawine regelrecht entgegengelaufen, doch von Kira keine Spur.

„Frau Sayuka wollte weiter suchen, selbst als die ersten Schneemassen sich von den Gipfeln lösten. Nur mit Mühe konnte Herr Sayuka sich und seine Frau in Sicherheit bringen, hinaus aus dem Wald zurück zur Stadtgrenze. Sie hofften, dass Kira schon zurück war, aber das war er nicht.“

„Oh mein Gott...“, flüsterte Yuki starr und ihr Herz schlug auf einmal hektisch in ihrer Brust. Sie wollte nicht hören, was er noch erzählen würde. Sie glaubte den Ausgang der Geschichte bereits zu kennen.

„Am Anfang glaubten sie noch, dass er vielleicht gar nicht im Wald gewesen war, sondern bei Freunden. Aber auch dort hatte ihn niemand gesehen. Der Schneesturm dauerte drei Tage an. Drei Tage in denen die Sayukas nichts weiter tun konnte, als zu warten, zu hoffen und zu beten, dass er es irgendwie geschafft hatte.

„Nachdem sich das Wetter beruhigt hatte, machten sie sich sofort auf die Suche nach ihm, ungeachtet der Schneemassen, die sie überwinden mussten. Die ganze Stadt half mit, doch man fand ihn nicht.“

Zero stockte in seiner Erzählung und suchte selbst nach Worten. Immer wieder hatte er das Bild von Herr Sayuka vor Augen, wie er ihm davon erzählt hatte. Kurz bevor er ihn das erste Mal mit zu dieser Hütte genommen hatte. Und er sah Ai vor sich, die das selbe Schicksal ereilt hätte, wären sie auch nur ein paar Sekunden später losgelaufen. Er atmete tief ein, bevor er weitersprach.

„Die Suche dauert an und täglich ging man weiter in den Wald hinein. Es war zwar unwahrscheinlich, dass er so weit hingelaufen war, aber man wollte keine Möglichkeit ausschließen. Die Temperaturen lagen inzwischen weit unter Null und...

„Herr Sayuka sagte, sei haben gewusst, dass sie mit dem Schlimmsten rechnen mussten, aber dennoch war da immer dieser Funken Hoffnung gewesen. Doch am fünften Tag...“

Yuki schnappte hörbar nach Luft und ihre Augen begannen zu brennen. Sie versuchte die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten und wollte Zero daran hindern weiter zu erzählen. Gleichzeitig aber konnte sie das nicht. Sie musste das Ende hören.

„Sie fanden ihn hier an dieser Stelle. Vor zehn Jahren standen hier einmal sieben Blutbuchen, alles mächtige und alte Bäume. Sie glauben, dass Kira so von der Lawine überrascht worden war, dass er sich im Wald verlief. Anders konnte sie sich nicht erklären, warum er weiter in den Wald hineingelaufen war, anstatt zur Stadt zurück. Irgendwann musste er hiergekommen sein und um nicht von der Lawine überrollt zu werden, kletterte er einen der Bäume nach oben und rettete sich auf die oberen Äste.

Aber er...“

Zero leckte sich über die Lippen. Sie waren ganz trocken und rau und auch sein Mund fühlte sich trocken an. Nicht einmal Ai hatte er dies so genau erzählt.

„Er ist jämmerlich erfroren.“, flüsterte er leise. „Er hatte die Lawine zwar überlebt, aber er war ohne jeglichen Schutz gewesen. Die wenigen Blätter, die noch an den Bäumen hingen, reichten nicht einmal annähernd, um ihn vor dem Schneesturm zu schützen und die Suche hatte so lange gedauert und... Sie fanden nur noch seine Leiche, das Buch, das er mitgenommen hatte, fest an seine Brust gedrückt, als wäre es sein einziger Halt, sein einziger Trost gewesen.

„Ich will mir gar nicht vorstellen, wie die Sayukas sich gefühlt haben oder was Kira in diesen Stunden gedacht haben muss. Sasuke machte sich schreckliche Vorwürfe. Deswegen ging er zur See. Er konnte es nicht ertragen hier zu bleiben. Alles erinnerte ihn an seinem Bruder. Es hat Jahre gedauert, ehe Herr und Frau Sayuka den Tod ihres Sohnes überwinden konnten. Aber in jedem Winter setzt der Schrecken erneut ein.“

Yuki entfuhr ein Schluchzen und sie spürte, wie eine Träne ihre Wange hinunter lief. Ein Kind auf diese grausame Weise zu verlieren, überhaupt ein Kind zu verlieren, es gab wohl keine größere Qual. Sie sah zu Ai und am liebsten wäre sie sofort zu ihr gerannt, um sich zu vergewissern, ob es ihr auch wirklich gut ging. Jetzt wusste sie, was Zero gemeint hatte.

Zero streckt eine Hand nach ihr aus und wischte eine Träne von ihrer Wange. Kurz verweilte seine Hanf auf ihrem Gesicht, bevor er sie zurückzog und weiter sprach. Seine Fingerspitzen prickelten von der Berührung.

„Genau ein halbes Jahr später schlug an dieser Stelle ein Blitz ein und zerstörte fünf der Blutbuchen. Herr Sayuka sah es als Zeichen und baute aus ihrem Holz diese Hütte. Als Unterschlupf für all diejenigen, die von der Lawine überrascht wurden und sonst sterben würden. Nach und nach beteiligte sich auch die ganze Stadt und jeder tat was er konnte. Mehrmals im Jahr kommt Herr Sayuka hierher und überprüft die Vorräte und das Holz, ob noch alles in Ordnung ist und den nächsten Winter überstehen kann. Ich war die letzten vier Jahre mit ihm hier. Deswegen kenne ich mich aus. Kiras Bild steht immer hier, um denen, die es bis hierher geschafft haben zu zeigen, dass sie nicht allein sein, das über sie gewacht wird. Kira wird uns beschützen.“

Yuki nickte kurz und sagte dann mit brüchiger Stimme: „Haben es noch andere, außer uns...“ Sie wusste nicht, wie sie es formulieren sollte, aber er konnte ihre Gedanken auch so erraten.

„Schon drei Mal und das sind Leben, die ohne dem umgekommen wären.“

Wieder nickte sie kurz. Dann stand sie auf und nahm das Bild von Kira vom Tisch und versank in diesem ansteckenden Lachen.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Ich hoffe es hat euch gefallen, auch wenn es am Ende doch recht traurig war, wie ich fand. Es geht so weiter.^^°

Wir lesen uns bei Chap 23, hoffe ich!!!
 

GLG Maidlin
 

PS: Schöne Feiertage!!!



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Vampire-Mad-Hatter
2011-02-01T15:51:43+00:00 01.02.2011 16:51
Ja ich weiß, bin mal wieder seeeeehr früh dann was Kommi schreiben angeht! =___="

Aber es war ein tolles Kapitel! Aber auch Traurig. Die Geschichte über Kira! Hätte damals schon die Hütte gestanden... *seufz* aber leider kann man es nicht mehr ändern. :/
Aber erstaunlich wie gut die Hütte doch eingerichtet ist.
Für´s erste sind sie ja versorgt. Jetzt ist die Frage wie lange sie darin aushalten müssen. Denn auf Dauer muss das doch schlimm sein. Von Schnee eingeschlossen und das wohl Tagelang! x_____x
Von: zerocool
2010-12-26T14:46:49+00:00 26.12.2010 15:46
wunderschönes, aber auch trauriges kapitel. und trotzdem bin ich ein yume fan und hoffe, dass sie am ende wieder zusammenkommen
Von:  funnymarie
2010-12-20T16:35:01+00:00 20.12.2010 17:35
ein sehr schönes kapi, vor allen, dass sich mal nicht alles um die flucht dreht und sie endlich auch mal zu ruhe kommen^^
aber auch ganz schön traurig!
dennoch großes lob für dieses wieder mal herzerwärmende
kapi^^
ich fand es toll und habe mal wieder richtig mitgefühlt mit den charakteren!
hoffentlich kommt kaname doch nicht so schnell, aber wahrscheinlich schon, da du ja geschrieben hast "wenige stunden vor kananmes ankunft"
bin sehr gespannt, wie es weiter geht und was kananme unternimmt!
ob yuki ihr versprechen halten kann und ai sowie auch zero beschützen kann?
ich freu mich schon auf dein nächstes kapi^^
lg funnymarie
Von:  Sabakukage
2010-12-20T00:39:09+00:00 20.12.2010 01:39
O.O Krass! Was ne tolle Hütte, die ist ja fast wie das Grenzenlose Haus.
Echt super beschrieben, wie sie aussieht, was da so drin ist.^^
Da könnte man es fast gemütlich haben (wenn man nicht wüsste, dass man von Schneemassen umgeben ist, die einen hätten das Leben kosten können.)
Und man ist sicher vor Vampiren!
Bei Kiras Geschichte bin ich in Tränen ausgebrochen, ich hatte ja noch erwartet, dass ihn die Lawine erwischt hat. Aber als ich erfuhr, dass er erfroren ist da lief es mir zu aller erst eiskalt den Rücken herunter und dann brachen bei mir die Dämme.
Es ist ja schon schrecklich genug dem Tod ins Auge zu sehen, aber dem Größten Unheil zu entkommen, und dann am Ende doch noch zu sterben, dass finde ich um vieles schrecklicher.
Vor kurzem erst habe ich ein Buch gelesen, indem der Sinngehalt(In ein riesen Problem zu gertaen, zu entkommen, und dann doch zu verlieren) der gleiche ist.
Das geht einem echt durch Mark und Bein.

Ein prima kapi, ein bissel kurz, aber schön geschrieben (die Musikuntermalung war gut gewählt. Ich hab das Lied, während ich las, im Hinteergrund spielen lasen. Q.Q Was kann man da noch anderes tun außer zu heulen.
BUWÄÄÄÄHHH *sturzbäche heul*

Mach weiter so, ich freue mich schon aufs nächste Kapitel^^
Von:  Asu91
2010-12-19T14:47:13+00:00 19.12.2010 15:47
Da ich in letzter Zeit nie weiß, was ich als Kommi schreiben soll, mach ich das jetzt nebenbei beim Lesen. Also, könnte es was länger werden ;)

Sie sind wohlauf! :) Ja, wäre sonst auch doof gewesen, aber ich freu mich trotzdem^^

Awww Zero hält auch Yuuki fest. Was Schönes für mein Herz *_* Yuuki vermisst Zeros Nähe! Strike! xD Und dann umarmt er sie wieder! Aww, es wird Weihnachten, oder? xD Danke für diese schöne Szene! :)

Find ich super, dass die Sayukas so eine Notfallhütte gebaut und eingerichtet haben. Warum kommt das nicht jeder drauf? xD Soso jetzt werden sie also ein paar Tage oder Wochen aufeinander hocken müssen. Interessant...xD

Mit diesem Kira machst du mich aber neugierig...

Awww und dann diese liebevolle Über-Wange-Streich Geste und dann will er auch Yuuki nicht verlieren. Du machst mich grad super glücklich!! *___*

Oh und dann diese traurige Geschichte ._. Armer Junge :( Aber solche Sachen passieren halt. Und machmal braucht es halt sowas, um überhaupt auf so eine Idee zu kommen eine Schutzhütte zu bauen. Und so wurden schon Leben gerettet. Das ist dann ein kleiner Trost.

Und ein halb-Cliffhänger!!! Ich sollte mich eigentlich schon dran gewöhnt haben, aber ich finde deine FF immer noch so toll, dass mich jedes Kapitelende wieder ungeduldig macht xD Aber du hast ja geschrieben, dass du demnächst Prüfungen hast und die sind wichtiger. Ich wünsch dir jetzt schon mal viel Glück!

Und egal wann das neue Kapitel kommt, ich freu mich jetzt schon drauf :)

Und ich muss noch ein Kompliment da lassen. Da ich ja selbst eine etwas längere FF schreibe, weiß ich wie schwer es ist über viele Kapitel hinweg die Leser immer noch glücklich zu machen. Ich kann nur sagen, dass dir immer noch perfekt gelingt. Ich war bisher noch von keinem Kapitel enttäuscht und ich bin mir sicher, dass wird auch nicht mehr passieren!

Liebe Grüße! :)




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