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Violence

Silent scream in the Dark -> Weblog schauen! / Überarbeitungsstatus siehe Chara-Besch.
von

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P r o l o g


 

Prolog

Eine neue Stadt... ein neuer Anfang... eine neue Chance...
 

Als die Tür hinter ihr mit einem lauten Knall ins Schloss fiel, war es für sie, als würde ihre Verbindung zur Außenwelt abbrechen. Ihre letzte Fluchtmöglichkeit aus der persönlichen Hölle, in der sie sich befand.

Ihre bleichen Hände krallten sich noch ein wenig fester in den Karton, den sie in ihren Armen trug, als könnte er ihr den Halt bieten den sie so sehr vermisste.

Das nur spärlich einfallende Licht in dem langen Flur machte ihr die Situation auch nicht viel erträglicher. Es gab hier keine Lampe, die das Dunkel erhellt hätte, da ihr Vater dies für unnötige Geldverschwendung hielt.

Wie so vieles anderes auch.

Am liebsten hätte sie die schwere Kiste augenblicklich auf den Boden gestellt und wäre gerannt- einfach nur gelaufen um endlich frei zu sein. Dabei war ihr bewusst, dass sie niemals frei sein würde.

Nicht solange ihr Vater am Leben war.
 

Die wütende Stimme ihres Vaters riss sie dann auch aus ihren trübsinnigen Gedanken und brachte sie schneller in die kalte Realität zurück, als ihr lieb war.

“Verdammt Sakura! Beweg deinen nichtsnutzigen Arsch hierher und bring mir endlich mein Bier!” Sie zuckte schreckerfüllt zusammen und beeilte sich den Karton in die leere Küche zu bringen. Bevor sie jedoch die Küche betrat, wurde ihr ein vollgepackter Karton beinahe zum Verhängnis. Ihr Fuß blieb an der Kante hängen und brachte sie so ins Straucheln. Im letzten Moment fing sie sich jedoch an dem Türpfosten ab und umging das Hindernis, nun vorsichtiger geworden.

“Sakura!!!”, brüllte ihr Vater ungeduldig, “Wo bleibst du, soll ich hier noch ewig auf dich warten?!”

Es war nicht mal eine Minute vergangen, doch für ihren Vater war selbst das schon zuviel. Sie überschlug sich fast um in einer der vielen Kisten ein Bier zu finden. Ihre Finger zitterten dabei so stark das sie die Flasche, als sie endlich eine entdeckt hatte, fast wieder fallen ließ.

“SAKURA! Wenn du nicht sofort herkommst, kannst du was erleben!” Sie wusste ganz genau das dies kein leeres Versprechen war. Zu oft hatte sie die Folgen eines Ungehorsams schon zu spüren bekommen.
 

Sakura erhob sich zügig und beeilte sich in das Wohnzimmer zu kommen, um ihren Vater nicht noch mehr zu reizen. Kaum das sie neben ihm stand, riss er ihr unsanft die Flasche aus der Hand und brummte ärgerlich.

Für sie gab es dagegen kein Wort des Dankes oder der Wertschätzung.

Wäre es anders abgelaufen, hätte er sich bei ihr bedankt oder etwas nettes gesagt, wären ihr sicherlich Zweifel an ihrer geistigen Gesundheit gekommen.
 

Ihr Vater beschäftigte sich indes eingehend mit dem golden schimmernden Kronkorken und versuchte ihn irgendwie von der Flasche zu lösen.

Als sich auch nach dem dritten Versuch nichts tat, begann sein Gesicht rot anzulaufen. Sakura, die bereits ahnte, was geschehen würde, wurde totenbleich.

Warum hatte sie auch nicht daran gedacht einen Öffner mitzubringen?

Das rosahaarige Mädchen wusste einfach was nun passieren würde und wich immer weiter zurück. Vielleicht, wenn sie ganz viel Glück hatte, vielleicht... konnte sie sich davonstehlen und ihr Vater würde es nicht merken.

Oh mein Gott, bitte lass es ihn nicht merken... bitte nicht...

Leise, vorsichtig, als könne ein falsches Geräusch ein großes Unglück auslösen, trat sie einen Schritt nach hinten. Dann noch einen, noch einen und einen weiteren. Sie hatte schon fast den Türrahmen erreicht, wähnte sich schon in trügerischer Sicherheit, als ihre ganze Hoffnung brutal zerstört wurde.
 

Gerade als sie an der Türschwelle stand und schon leise aufatmete, begann ihr Vater wieder zu sprechen. “Sakura, komm her”, sagte er mit heiserer Stimme. Es war totenstill im Raum, als Sakura ganz vorsichtig zu dem Sessel schritt in dem ihr Vater saß.

Mit gesenktem Blick und am ganzen Körper zitternd, stand sie vor ihm und dachte nur noch an eines.

Bitte, bitte, lass es schnell vorübergehen. Lass ihn schon zu betrunken sein, oh bitte, mach das es schnell vorbei ist, bitte...

Sie hörte wie ihr Vater einen Schluck Bier trank, leise seufzte und dann rülpste. Seine Füße bewegten sich in den ausgetretenen Latschen und Sakura konnte nichts anderes tun als die fleckigen, grauen Pantoffeln anzuschauen. Plötzlich ließ er den Kronkorken zu Boden fallen. Das eigentlich so harmlose Geräusch ließ sie erschrocken zusammenzucken und die Hände unwillkürlich zu Fäusten ballen, doch fast sofort löste sie die verkrampfte Haltung ihrer Finger. Er sollte nicht denken das sie ihn nicht respektierte.

Bitte, lass es schnell vorbei sein, dachte sie erneut.

“Sakura”

Sie biss sich auf die blutleeren Lippen und kniff die Augen zusammen. Ihre Gedanken rasten, ihr Herz pochte ängstlich gegen ihre Brust und ihr Mund wurde staubtrocken. Sie hatte solche Angst, solche heftige, krampfartige Angst, dass ihr übel wurde und sie nur schwer an sich halten konnte, um nicht schreiend zusammenzubrechen und einfach nur noch zu weinen und zu flehen.

“Sieh mich an”, sagte ihr Vater mit schwerer Stimme. Das ‘S’ klang wie ein Zischen, ein listiges, hinterhältiges Zssssie...

Er hatte zu viel getrunken... er war schon so besoffen, dass er nicht normal reden konnte. Doch gerade das war es, was ihn noch gefährlicher machte. Gerade das machte ihr eine Heidenangst. Er verlor schnell die Kontrolle und in einem solchen Rausch würde die heutige Erziehungsmaßnahme eindeutig schmerzhaft werden.

“Sieh mich an”, wiederholte er nun drohender, noch undeutlicher als zuvor.

Ganz langsam hob Sakura den Kopf und blickte beunruhigt in das hochrote Gesicht ihres Vaters. Seine zu kleinen Schlitzen verengten Augen blickten sie unruhig an, konnten ihre Gestalt nicht mehr richtig fixieren. Sein aufgeschwemmtes Gesicht wirkte wie eine verzerrte Maske, ein halbfertiges Bild, dessen eine Seite schiefer war als die andere.

Als er sich dann ächzend aus dem Sessel erhob, wäre sie am liebsten instinktiv zurückgewichen. Statt dem schreienden Drang nachzugeben, zwang sie sich bewegungslos stehen zu bleiben. Besser sie verhielt sich ruhig und tat nichts unüberlegtes, um ihn nicht noch mehr anzustacheln.

Er trat einen Schritt näher zu ihr heran. Dabei schlug ihr sein warmer, nach Alkohol stinkender Atem entgegen. Sie verzog ohne weiter darüber nachzudenken ihre Miene zu einem Ausdruck des Ekels und erstarrte dann erschrocken. Sie hatte die Kontrolle über sich verloren und hatte eine Regung gezeigt, die sie sich besser verkniffen hätte.

Ihr Vater sah ihre, für ihn, beleidigendende Reaktion und wurde sofort noch wütender. Sein Gesicht verdunkelte sich zusehends.

“Wie kannst du es nur wagen!”, fing er dann urplötzlich an zu brüllen und hob eine Hand die er zur Faust ballte.

“Wie kannst du es wagen so unverschämt zu sein! Ich werde dir Manieren beibringen müssen, wenn du nicht verstehen willst, dass ein Mädchen seinem Vater zu gehorchen und Respekt zu erweisen hat!”

Er schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht, traf ihre Schläfe, sodass sie wie ein nasser Sack zu Boden ging. Greller Schmerz explodierte in ihrem Kopf und ihr wurde schwarz vor Augen. Alles um sie herum drehte sich und ihr war speiübel. Sie versuchte ein Würgen zu unterdrücken und sich unsicher aufzurichten, aber es war noch nicht vorbei. Es war noch lange nicht vorbei...

Ihr Vater kniete sich auf den Boden, griff sich den Kragen ihres Pullovers, schüttelte sie brutal und fuhr fort ihr seine Meinung einzubläuen.

“Du...” Er schlug sie mit der Faust ins Gesicht, “sollst...” Der zweite Schlag traf ihren Kiefer, “mir...” der dritte Fausthieb zielte auf ihr Auge, “gehorchen!”

Sakura schrie bei jedem Schlag auf und versuchte gleichzeitig ihre Reaktionen zu unterdrücken, was ihr zu ihrem Unglück nicht gelingen wollte.

Sie hatte das Gefühl zu sterben, zu bersten und zerreißen...

Es gab keine Worte für die Qualen, die sie durchstand, als sie am Boden lag und ihr Vater mit unveränderter Härte auf sie einschlug.

Schluchzend versuchte sie ihr Gesicht zu schützen, aber er riss ihr die Hände einfach weg, zog dabei ein paar ihrer Strähnen aus und machte weiter. Immer weiter.
 

Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, richtete sich ihr Vater schwankend auf und trat ihr ein letztes Mal hart in den Magen, sodass sie sich keuchend und würgend zusammenkauerte und leise wimmerte. “Damit du es vielleicht endlich mal lernst”, sagte er atemlos und mit verächtlich klingender Stimme. Durch einen milchiger Schleier vor ihren tränenden Augen sah sie, wie die Füße in den alten Pantoffeln sich entfernten. Dann hörte sie nach einigen weiteren Minuten die Haustür zufallen und schluchzte jetzt laut auf. Nasse, salzige Tränen liefen ihr über die bleichen Wangen und tropften auf den abgewetzten Teppichboden unter ihr.
 

Unerwarteterweise spürte sie nach einigen verstrichenen Momenten kühle, tastende Finger an ihrem geschwollenen Gesicht und öffnete langsam ihre verklebten Augen. Sie blickte in das besorgte Gesicht ihrer Mutter, welches nur knapp über ihrem schwebte.

“Sakura, steh auf”, murmelte sie leise und strich abermals über ihr Gesicht, das langsam aber sicher grün und blau anlief. Sie versenkte ihre Hand in ihrer Hosentasche, kramte kurz und zog dann ein Taschentuch hervor, mit dem sie Sakura die Tränen und den Rotz aus dem Gesicht wischte. Vorsichtig, um ihr nicht unnötige Schmerzen zu bereiten.

Danach half sie ihrer Tochter hoch und stützte sie dabei. Die beiden jungen Frauen verließen langsam und mühevoll das Wohnzimmer. Sakuras Mutter brachte sie so schnell sie es schaffte in ihr neues Zimmer und ließ das Mädchen dort ächzend zu Boden gleiten.

Sakura schluchzte trocken auf, robbte schwach an die Seite und lehnte sich dort gegen die kalte Wand. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt, damit ihre Mutter nicht sah wie sehr sie zitterten. Dafür bebte ihr Körper, so kräftig, dass sie kaum atmen konnte. Japsend schnappte sie nach Luft, weinte, schluchzte und biss sich vor Schmerz wie wild auf den Lippen herum, die schon voller Blut waren.
 

Nach einiger Zeit öffnete sie ihre Augen wieder und blickte ihr Mutter an, die die ganze Zeit über neben ihr gekniet hatte und abwartete, bis Sakura ihre Fassung einigermaßen wiedererlangt hatte.

“Warum nur?”, fragte sie mit gebrochener Stimme, in der ihre Pein mit jedem Buchstabe mitklang “Warum tut er das nur?”

“Ich weiß es nicht...”, erwiderte ihre Mutter leise und wandte den Blick von ihrer misshandelten Tochter ab, als könnte sie es nicht ertragen, so viel Leid und Schmerzen bei ihrem eigen Fleisch und Blut zu sehen. “Ich weiß es nicht, Kind...”, flüsterte sie traurig, erhob sich unbeholfen und verließ schleppend den leeren Raum, während ihre Tochter ihr erschöpft nachschaute.
 


 

Sakura schloss wieder die Augen und versuchte die pochenden Schmerzen in ihrem Körper zu ignorieren.

Darin hatte sie schon reichlich Übung.

Die letzten Jahren boten ihr fast unendliche Möglichkeiten, die verschiedensten Techniken zu erlernen und perfektionieren.

Verdrängen und Vergessen.

Das war ihre wirksamste Strategie, um nicht vollkommen den Verstand zu verlieren. Es half ihr am besten dabei mit dieser Situation umzugehen.

Nicht zeigen, wie sehr sie litt und wie sehr sie sich wünschte dem ganzen Mist hier entfliehen zu können. Niemals durfte jemand erfahren was tief in ihr vorging.

Keiner sollte je die dunklen Abgründe in ihr entdecken, den Schmerz ihrer Existenz oder die Verzweiflung die sie innerlich schier auffraß, mit jedem Tag, mit jeder Stunde, mit jeder Sekunde.
 

Niemals.

W h y

Warum?!?
 

Kapitel 1
 

Manchmal wünschte sie sich einfach, sie wäre tot. Nichts mehr fühlen, nicht mehr Denken müssen, keine Angst mehr haben. Einfach in der Dunkelheit des Vergessens versinken und niemals wieder auftauchen. Doch immer wenn sie sich in den langen Stunden der Nacht mit diesen Gedanken quälte, weil sie aus Angst vor Albträumen mal wieder nicht schlafen konnte, dann sagte sie sich das es bald ein Ende haben würde. Das ihre persönliche Hölle endlich vorbei sein würde, wenn ihr Vater nur zur Vernunft kommen würde.

An diese kindliche Hoffnung klammerte sie sich schon seit ihrem fünften Lebendjahr fest. Doch noch niemals in den seitdem vergangenen zwölf Jahren ihres Lebens hatte sie auch nur eine Andeutung einer Besserung gesehen.

Eher wurde es mit der Zeit immer schlimmer. Je älter sie wurde, desto mehr schien ihr Vater an ihr auszusetzen zu haben und sie konnte nichts dagegen tun.

Für ihn war sie noch immer nicht die perfekte Tochter- und würde es wohl auch niemals sein.
 

Ganz zu Anfang, gerade als er arbeitslos geworden war und mit dem Trinken begann, hatte er ihr nur dann und wann mal eine Ohrfeige gegeben. Er schlug sie auch nur dann wenn er betrunken war. Damals war sie etwa fünf Jahre alt und konnte noch nicht verstehen das ihre Familie langsam aber sicher auf den Abgrund zusteuerte. Doch selbst dann hätte sie es nicht verhindern können. Mit den gelegentlichen Ohrfeigen oder Schlägen auf den Hintern begnügte er sich ganze drei Jahre. Bis zu dem einen Tag in ihrem achten Lebensjahr, der das Ende ihrer mehr oder weniger unbeschwerten Kindheit markierte.
 

~Flashback~

Eines Abends, als sie von einem spontanen Treffen mit einer Klassenkameradin wiederkam, erwartete er sie schon. Er hatte mal wieder zuviel getrunken und wankte schon ein bisschen, doch das hielt ihm nicht davon ab,

das zu tun was er vorhatte. Zwar hatte ihn die Mutter des Mädchens angerufen und ihm mitgeteilt wo seine Tochter steckte, doch ihr Vater schien damit dennoch nicht einverstanden gewesen zu sein.

Sakuras Vater war ein Kontrollfreak, wenn irgendetwas nicht in seinen Händen lag oder sich gegen seine Planungen richtet, drehte er völlig durch.

Er sperrte Sakuras Mutter vorsorglich im Badezimmer ein damit sie ihn nicht stören- und ihrer Tochter auch nicht helfen konnte. Ihr flehendes Weinen war noch in der ganzen Wohnung zu hören, doch als ihre Tochter es endlich hörte war es für sie schon zu spät.

Als sie fröhlich die Tür aufschloss, mit den Gedanken noch bei dem vergnüglichen Nachmittag bei ihrer damalig einzigen Freundin, wurde sie unsanft aus ihren Gedanken gerissen.

Sie war noch nicht mal über die Schwelle getreten als ihr schon die Tür ruckartig aus der Hand geschlagen wurde, eine Hand sich in den Kragen ihrer Schuluniform krallte und sie rüde in die Wohnung zog.

Nur einen Augenblick später schlug ihr Vater ihr mit der geballten Hand ins Gesicht. Sakura schrie panisch auf, sie verstand nicht was los war, und versuchte sich zu wehren. Doch das schien ihren Vater nur noch wütender zu machen und auch auf ihr lautes Flehen und Weinen ging er nicht ein.

Während er sie verprügelte schrie er immer wieder was für ein Miststück sie sei, wie sie es wagen könne nicht nach Hause zu kommen und das er ihr schon noch zeigen würde was es hieß nicht zu gehorchen.

Im Nachhinein konnte sich Sakura sich nicht mehr genau daran erinnern, wann er aufgehört hatte sie immer und immer wieder zu schlagen. Das einzige was sie von diesem Abend noch erinnerte war das was sie gerochen hatte. Den scharfen, stechenden Geruch des Alkohols der von ihrem Vater ausging und ihr eigenes, metallisch riechendes Blut.

~Flachback Ende~
 

Danach wurde sie fast jeden Tag von ihrem Vater geschlagen und beschimpft. Da sie damals noch so jung war hatte sie naiverweise sogar geglaubt das es ihre Schuld sei das er sie schlug. Das sie irgendetwas getan hatte, was nicht richtig war. Doch mit den Jahren verlor sie diesen Glauben schnell.

Als sie nämlich gänzlich verwirrt feststellen musste das andere Kinder nicht täglich für Dinge verprügelt wurden, die gar nicht gerechtfertigt waren.

Sie entwickelte zudem mit der Zeit ihre eigenen Strategien, um die Schläge so gering oder schmerzlos wie möglich ausfallen zu lassen. Zum einen lernte sie das Schreien, Flehen, Treten, Weinen oder Flüchten nichts brachte. Sie regten ihren Vater nur zusätzlich auf, sodass er sie nur noch länger und härter schlug.

Zum anderen erfuhr sie, das sie am besten alles über sich ergehen ließ. Stumm, ohne eine Regung.

Nur wenn er endlich von ihr abließ und sie liegen ließ oder aus dem Raum schickte, dann konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und fing bitterlich zu weinen an.
 

Ihre Mutter konnte ihr auch nicht helfen, sie wurde selbst von ihrem Mann geschlagen und gedemütigt.

Er hielt sie in der Wohnung eingesperrt wie eine Gefangene. Sie durfte nur raus um einzukaufen oder sonstige Besorgungen zu machen- und auch nur dann, wenn er es erlaubte.

Sie hatte auch keine Familie mehr die ihr helfen konnte, denn alle ihre Verwandten waren tot und auch Freunde besaß sie keine. Mit Fremden durfte sie nur das nötigste Reden, am besten jedoch schwieg die ganze Zeit und ließ ihren Mann reden, der sie fast bei jedem Gang nach draußen begleitete. Außer wenn er zu betrunken war um sich der Öffentlichkeit zu zeigen, was neuerdings fast immer der Fall war.

Immer wenn das jedoch eintrat rief Sakuras Vater einen seiner zwielichtigen Kumpel an der ihre Mutter dann begleitete. Dazu war er selbst im größten Suff noch fähig. Von den Freunden ihres Mannes konnte sie auch keine Hilfe erwarten, machten sie doch dasselbe mit ihren eigenen Frauen. In ihren Augen waren ihre Ehefrauen nur dazu da um zu Kochen, zu Waschen, zu Putzen und für gelegentlichen Sex. Ob sie es wollten oder nicht.

Notfalls auch mit Gewalt.
 

Sakura wusste nicht mehr wie oft sie ihre Mutter schon weinend, fast nackt und mit blutverschmierten Unterleib im Bad fand, wo sie sie dann in den Arm nahm und tröstete. Nicht durch Worte, sondern durch ihre Taten. Sie wusste genau das ihr Vater sie dann mal wieder vergewaltigt und einfach aus dem Zimmer geschmissen hatte.

Genauso wie sie ihre Mutter unterstützte und ihre Tränen trocknete, half sie auch ihr wenn ihr Vater sie mal wieder geschlagen hatte. Sie hatten allerdings keine innige Mutter-Tochter-Beziehung, wie viele Mädchen ihres Alters. Es war das Leid, die Schmerzen, der Hass, der die beiden zusammenschweißte. Um eine liebevolle Bindung aufzubauen, war einfach kein Platz in ihren geschundenen Herzen.
 

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Kurz nachdem ihre Mutter den Raum verlassen hatte, kam sie auch schon wieder und gab ihr einen kalten Waschlappen, den sich Sakura aufs Gesicht legen sollte damit ihre Verletzungen nicht allzu schlimm wurden.

Das Mädchen nahm den feuchten Lappen dankbar an und legte ihn behutsam auf ihr geschwollenes Gesicht. Sie zuckte kurz zusammen und seufzte dann leise auf, als die Kälte ihre Schmerzen zu lindern begann. Einvernehmliches Schweigen begleitete die beiden jungen Frauen in den nächsten Momenten. Doch schon nur wenige Minuten später rief ihr Vater laut nach seiner Frau.

Die beiden zuckten erschrocken zusammen und warfen sich einen ängstlichen Blick zu.

Seine Stimme war schwer, er lallte jetzt schon deutlicher. Wahrscheinlich hatte er während sie beide hier saßen schon wieder mindestens fünf Flaschen Bier gekippt. Ihre Mutter stand so schnell auf wie es ging und beeilte sich zu ihrem Ehemann zu gehen. Sie wollte keine Schläge riskieren, doch er würde sowieso noch einen Grund finden sie zu schlagen. Genauso wie er auch bei Sakura immer einen neuen Grund fand. Ein falscher Blick, kein Blick, ein zu lauter Atemzug...... einfach alles war für ihn Rechtfertigung genug um sie zu prügeln. Alles.
 

Sakura lehnte sich wieder zurück und schloss die Augen. Vorsichtig betastet sie ihr geschwollenes Gesicht und zuckte zusammen, als ihre Fingerkuppen auf die wunde Haut ihrer Wange trafen.

Höchstwahrscheinlich würde sie morgen ein blaues Auge haben. Das wunderte sie.

Schon seit langem hatte ihr Vater nicht so die Beherrschung verloren. All die Jahre war er peinlich darauf bedacht gewesen, niemals nach außen dringen zu lassen was er mit seiner Frau und Tochter anstellte. Deshalb hatte er sie auch immer so geschlagen, das die Wunden, Prellungen und blauen Flecken unter der Kleidung versteckt werden konnten. Doch heute......... Das blaue Auge würde sie noch ein paar Tage begleiten- und in vier Tagen fing für sie die Schule an. Was würde ihr Vater mit ihr anstellen, wenn sie dann noch immer ein buntes Gesicht hatte? Wahrscheinlich kämen dann neuerliche Schläge , dachte Sakura wehmütig. Sie seufzte ganz leise und öffnete die Lider.

Ihr neues Zimmer war klein, sehr klein. Sie konnte gerade mal ihr winziges Bett, einen kleinen Kleiderschrank und höchstens noch ihren Mini-Sessel aufstellen. Durch ein schmales Fenster, dessen Scheiben vor Dreck starrten, fiel dämmeriges Licht hinein. Davor befanden sich alte, rostige Gitter.

Sie befanden sich hier im dritten Stock eines zehnstöckigen Hochhauses, springen kam also nicht in Frage. In ihrer alten Wohnung konnte sie immer bequem vom Fenster nach draußen hüpfen, um die ruhige Zeit zu genießen, die so selten war. Sie hatte jedoch immer darauf achten müssen, das ihr Vater davon nichts mitbekam, ansonsten hätte er sicherlich noch nachträglich Gitter vor das Fenster gemacht. Hier bekam er sie gratis dazu und musste nicht mal selbst einen Finger rühren. Sakura seufzte erneut und drehte den Kopf zur anderen Seite. Sie blieb noch einige Minuten so sitzen, bis sie sich aufraffen konnte aufzustehen. Dabei musste sie sich mit beiden Händen an der Wand abstützen, ansonsten wäre sie zweifellos wieder zu Boden gesunken.
 

Langsam und möglichst leise schlich sie in das Bad um sich im Spiegel zu betrachten. Ihr langes, blassrosanes Haar fiel glatt nach unten bis über ihre Brüste und reichte fast bis zu ihrer Hüfte hinunter. Schon seit einigen Tagen hatte sie nicht mehr duschen, geschweige denn Haare waschen können, weswegen ihr Harr stumpf, fettig und zudem noch blutverschmiert war. Sie durfte sich nur dann regelmäßig waschen, wenn sie in die Öffentlichkeit musste und dann auch nur so lange sodass sie es gerade schaffte sich einzuseifen und sich abzuduschen. Ihr Vater sah es gar nicht gerne wenn sie Wasser mit “stundenlangem, unnützen sich-teures-Wasser-über-den-Körper-gießen-Scheiß” verschwendete. Sie zupfte an einer der Strähnen und funkelte sich mit ihren jadegrünen Augen resignierend an.

Um ihr rechtes Auge prangte ein dicker, fetter Bluterguss, der in allen möglichen Farben schimmerte. Ihre Wange war geschwollen und aus einem kleinen Schnitt an ihrem Scheitel sickerte unablässig Blut.

Daher kommt also das ganze Blut in ihren Haaren , dachte sie trocken und nahm sich ein Tuch. Sollte sie einen der Waschlappen oder Handtücher dazu benutzen um das Blut wegzuwischen, würde ihr Vater sie sicherlich umbringen. Also nahm sie ein Blatt Klopapier und teilte es nochmal in vier Teile.

Verschwendetes Geld oder Material nahm ihr Vater ebenfalls nicht in Kauf.
 

Nachdem sie sich einigermaßen gesäubert hatte, verließ sie das Bad und ging wieder in ihr Zimmer, wo sie lustlos anfing ihre Sachen auszuräumen und das Bett aufzustellen. Hilfe konnte sie keine erwarten. Nicht von einem Vater wie ihrem und sie würde auch nicht so lebensmüde sein und ihn fragen.

Ihr Köper tat seine Arbeit, nahm die Teile des Bettes aus dem Karton, begannen sie zusammenzusetzen und bezog die Matratze mit ihrem Bettzeug. Doch ihre Gedanken waren woanders. Die Handgriffe gingen ihr leicht von der Hand, sie funktionierten ganz automatisch. Hätte ein Außenstehender sie betrachtet, dann wären ihm ihre roboterhaften Bewegungen und Gesichtzüge aufgefallen, die Abwesenheit, die niemals vergehende Angst in ihren Augen. Doch so richtete sie ihr Zimmer unbehelligt ganz alleine ein, bis sie nach etwa drei Stunden endlich fertig war. Da ihr ganzer Körper schmerzte und sie mit den vorausgegangenen Verletzungen noch zu kämpfen hatte, brauchte sie so lange dafür. Alles was sie ihr Eigen nennen konnte war schließlich in den wenigen Möbeln verstaut und weggeräumt. Sie besaß nicht viel, nur das allernötigste was ihr Vater ihr zu geben bereit war. Taschengeld bekam sie ja nicht. Sie verdiene kein Geld für ihr freches und ungehorsames Benehmen, sagte ihr Vater immer.
 

“Sakura!” ihre Mutter klopfte zögerlich an und steckte den Kopf in ihr Zimmer.

“Oh, du hast schon alles aufgebaut? Ich hätte dir doch geholfen.”

Auf Sakuras Gesicht erschien ein schwaches Lächeln. Wusste sie doch ganz genau, das ihr Mutter ihr nicht helfen könnte, selbst wenn sie es wollte. Davon mal abgesehen das ihr Vater das nicht erlaubt hätte, war ihre Mutter auch zu schwach und kränklich, als das sie einen Beitrag hätte leisten können.

“Danke, Mum.” sagte sie nur und stand allmählich auf.

Sie wusste das sie es nur gut meinte. Bei jedem Schritt den sie tat, durchfuhr sie ein scharfer Schmerz in ihrem Bauch der wahrscheinlich noch von dem Tritt stammte. Dennoch tat sie so als wäre nichts, wollte stark sein für ihre Mutter und sich selber, und folgte ihr in die Küche.
 

An dem Tisch saß schon ihr Vater und schaufelte das Essen in sich rein. Er sah nur kurz auf als die beiden den Raum betraten und widmete sich dann wieder seiner Gabel.

“Nächstes Mal kommst du eher.” brummte er nur an Sakura gewandt und schwieg dann.

Seine Aggression war für heute also erschöpft. Zumindest in Bezug auf seine Tochter. Das Mädchen, was sich bei seinen Worten schon voller Angst angespannt hatte, entkrampfte sich wieder etwas. Mit zitternden Händen nahm sie ihre Gabel und begann zögerlich zu essen. Sie aß immer nur sehr wenig, wenn überhaupt etwas. Ihre Mutter wusste das natürlich und füllte ihr immer nur sehr wenig auf, denn ihr Vater mochte es nicht wenn Essen weggeworfen werden musste. Sakura wusste nicht wie oft er sie schon deswegen geschlagen hatte. Sie hatte auch kein Bedürfnis es zu zählen. Doch obwohl sie kaum etwas auf ihrem Teller hatte, musste sie sich quälen noch die letzten Gabeln in ihrem Mund zu schieben und das zerkaute dann auch noch zu schlucken und bei sich zu behalten.

Als sie noch kleiner war, kurz nachdem ihr Vater angefangen hatte sie zu schlagen, hatte sich Sakura nach jedem Essen übergeben. Vor lauter Angst bekam sie nicht mehr runter und konnte auch keine Nahrung mehr bei sich behalten. Solange bis ihr Vater ihr sehr deutlich zu verstehen gab, das wenn sie so weitermache, gar nichts mehr zu Essen bekäme und jämmerlich verhungern würde. Ihre Mutter hatte es dann aber geschafft sie zum Essen- und damit zum Weiterleben zu animieren. Manchmal wünschte Sakura sich sie hätte das nicht getan.
 

Ihre Muter hatte noch gar nichts gegessen. Sie hatte bei jedem Bissen ihrer Tochter aufmunternd zugenickt und sie zum weiteressen ermuntert. Sie wollte das es ihr so gut ging wie es eben möglich war, damit sie die Schläge ihres Vaters aushalten konnte. Dennoch war Sakura fast nur noch Haut und Knochen.

Bleich wie der Tod und immer mit einem bangen Ausdruck in den Augen.
 

Nach dem in angespannter Atmosphäre abgelaufenem Essen krallte sich ihr Vater in den Arm seiner Frau und zerrte sie grob hoch. Ohne ein Wort zu sagen, schleifte er sie aus der Küche und kurz darauf hörte Sakura eine Tür zugehen. Dann das laute Klicken des Schlosses in dem ein Schlüssel gedreht wurde.

Sie schloss kurz die Augen und räumte dann möglichst schnell das Geschirr weg. Nur wenige Minuten später setzten die Schreie ein. Sakura drückte sich die Hände auf die Ohren und rannte in ihr Zimmer.

Doch noch immer hörte sie das schmerzerfüllte Kreischen, das gequälte Wimmern und Schluchzen ihrer Mutter. Es tönte in ihrem Kopf und ließ sie nicht in Ruhe. Auch als nach etwa einer Stunde endlich Ruhe einkehrte und das leise Weinen ihrer Mutter verstummte, hörte Sakura noch ihre Schreie in ihrem Kopf. Sie wusste ganz genau das ihre Mutter sich das nur antat, damit ihr Vater sich nicht an ihr verging.

Sie ließ sich vergewaltigen, demütigen und schlagen, um so ihrer Tochter wenigstens etwas Leid abzunehmen. Und wie jedes Mal fühlte sich Sakura auch jetzt wieder erleichtert, weil sie nicht diejenige war die vergewaltigt wurde und gleichzeitig schuldig wegen dieser Gedanken.
 

Wie fast jeden Abend schlief sie auch jetzt nicht ein. Sie lag auf dem Rücken und blickte zur dunklen Decke hoch. Sie konnte einfach nicht vergessen, welche Schmerzen und welche Gewalt ihre Mutter sich gerade über sich ergehen hatte lassen. Lautlos fing sie an zu weinen. Unablässig perlten Tränen aus ihren großen, jadegrünen Augen und tropften auf das Kissen. Zum wiederholten male fragte sie sich nur eines;

Warum nur wir?

Warum?

Warum?!?!

T h e B e g i n n i n g

The Beginning
 

Kapitel 2
 

Die nächsten vier Tage vergingen wie im Fluge. Sakura wusste jedoch nicht so Recht, ob sie das freuen oder verängstigen sollte. Denn mit jedem Tag der verstrich, rückte auch der Zeitpunkt ihres ersten Tages in der neuen Schule näher. Einerseits war sie zwar in der Schule außer Reichweite ihres Vaters, doch andererseits war er dann nur noch aggressiver wenn sie am späten Nachmittag wiederkehrte. Als hätte sich den ganzen Tag über seine Wut angestaut, die er dann an ihr auslassen musste, wenn sie wieder daheim war.
 

Außerdem hieß der Beginn der Schule auch wieder viele neue und vor allem neugierige Mitschüler.

Es war für sie schon in der alten Schule ziemlich schwer gewesen. Sie hatte keine Freunde gehabt, denn ihre Angst davor das jemand entdecken könnte was ihr Vater ihr antat, war viel zu groß gewesen. Sie war obendrein noch nie sehr offen oder selbstbewusst gewesen, was ihr die Freundessuche keineswegs erleichtert hätte. Schließlich hatte sie dann eines Tages aufgegeben und wurde immer mehr zu einer Außenseiterin über die sich alle lustig machten und sie verspotteten. Sakuras Gleichmütigkeit, mit der sie alles über sich ergehen ließ, war ein gefundenes Fressen für ihre ehemaligen Mitschüler gewesen. Sie hatten sich auf das blasse, stille rosahaarige Mädchen gestürzt und sie bei jeder Gelegenheit spüren lassen, das sie keineswegs in dieser Klasse willkommen war.

Jeder Tag war eine neue Qual gewesen. Es wurde bisweilen so schlimm, das sich Sakura vor Schulbeginn vor Angst übergab, weil sie den Gedanken an das kommende nicht ertragen konnte. Bis sie irgendwann anfing sich selbst Erleichterung zu suchen- und sie im Schmerz fand.
 

In einer ganz besonders schlimmen Zeit damals, hatte sie ernsthaft darüber nachgedacht sich umzubringen.

Wenn sie in den langen Nachtstunden, in denen sie nicht schlafen konnte, wach in ihrem dunklen Zimmer saß und auf ihre blassen Arme starrte, die von dünnen, weißen Narben übersäht waren, versuchte sie einen Grund zu finden am Leben zu bleiben. Ihr fielen nicht viele ein, was ihr die Entscheidung nicht gerade leichter machte. Mit einer Hand spielte sie in diesem Momenten, oft beinahe schon gedankenverloren, mit einer Rasierklinge. Bisweilen war sie schon rot vor Blut, gelegentlich noch sauber und blank. Wenn sie dann irgendwann ihren im Kreis drehen Gedanken überdrüssig wurde, die scharfe Klinge ansetzte und langsam begann durch die empfindliche, dünne Haut zu schneiden, den heißen Schmerz spürte und ihr dunkles Blut fließen sah, fühlte sie sich unendlich leicht. Frei von allen Sorgen. Das einzige, was sie dann noch sah, war ihr rotes Blut, das von ihrem weißen Arm tropfte. Sie sah nicht die Flecken auf dem Tuch, welches sie immer vorsorglich unter ihren Arm packte damit ihre Kleidung nicht schmutzig wurde, sie spürte auch nicht wirklich die Schmerzen. In diesen Augenblicken fühlte sich Sakura so gut wie schon seit Jahren nicht mehr. In diesem Momenten vergaß sie alles. Sie verlor sich selbst in der süßen Unendlichkeit des Schmerzes. Es war plötzlich einfach alles so leicht. So unkompliziert und schlicht.
 

Nach einiger Zeit reduzierte sie jedoch ihre regelmäßigen Selbstverletzungen. Jetzt nahm sie die Rasierklinge nicht mehr fast jeden Abend in die Hand, sondern nur noch höchstens ein, oder zweimal in der Woche.

Zu diesem Entschluss brachte sie nicht nur die Mittteilung, das sie umziehen würden. Auch das ihre Mutter ihr immer wieder ins Gewissen redete, endlich damit aufzuhören, da es sowieso nicht half aus diesem Albtraum eines Lebens auszubrechen, untermauerte diesen Werdegang. Sie hoffte zu jener Zeit wirklich das es in der anderen Stadt, in Konoha, besser werden würde. Heute fragte sie sich wie sie jemals so naiv sein konnte.

Warum hätte sich irgendetwas ändern sollen? Die Alkohol- und Aggressionsprobleme ihres Vaters würden nicht durch einen simplen Umzug verschwinden. Dennoch begann ihr einfältiges Herz zu hoffen. Sie erblühte in einem stillen Winkel ihres Bewusstseins, so klein und zart das sie die Blume erst bemerkte als es schon zu spät war und sie ihre Wurzel schon tief in ihre Seele geschlagen hatte.
 

Doch sie wurde kaltblütig niedergemetzelt von ihrem Vater. Durch seinen Ausraster gleich am ersten Tag in der neuen Wohnung, nahm er Sakura sofort jegliche Hoffnung auf ein besseres Leben. Auch wenn sie es tief in sich geahnt hatte, war Sakura am Boden zerstört. Die vorher so prachtvolle Blume der Zuversicht verkümmerte zusehend bis sie schließlich ganz verschwand. So, als hätte sie niemals existiert.
 

In der Nacht vor ihrem ersten Schultag stand Sakura vor ihrem winzigen Fenster und schaute durch die fast blinde Scheibe nach draußen. Sie hatte zwar versucht das Glas zu säubern, doch leider waren ihre Bemühungen nicht von viel Erfolg gekrönt gewesen. Nur ein winziges Loch war einigermaßen frei, durch das sie die ganze Zeit stierte.

Sie rieb sich leise seufzend die Augen und lehnte sich an die kalte Wand. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und schloss für einige Sekunden ihre jadegrünen Augen. Zwar konnte sie kaum etwas durch die Scheibe erkennen, doch alleine die Ahnung von der Welt da draußen war ihr Trost genug. Eine Welt, die nicht nur von Angst und Gewalt geprägt war, so wie die ihre.
 

Sie wollte es nicht zugeben, aber sie hatte Angst vor dem morgigen Tag. Am liebsten hätte sie gekniffen, doch als sie den Gedanken daran auch nur in Betracht zog, wurde ihr sofort klar das sie dann gleich ihr Testament schreiben konnte. Ihr Vater würde durchdrehen und sie schlimmer verprügeln denn je.

Also würde sie morgen- oder doch heute früh, wie ihr ein flüchtiger Blick auf den Wecker verriet- ihre Schuluniform anziehen und brav den Tag überstehen. Selbst wenn sie es innerlich zerriss. Sakura streckte langsam den Arm aus und berührte zögernd das kühle Glas des Fensters. Was würde sie nur darum geben sich wie jedes andere Mädchen das neu in eine Stadt zog und in eine neue Schule kam, auf die Herausforderung zu freuen. Wenn sie nur anders wäre, würde sie auf die vielen Jugendlichen gespannt sein, anstatt sich vor ihnen zu fürchten. Dann würde sie zwar aufgeregt, aber gleichzeitig froh bei diesem Gedanken sein. Ihr war jedoch nur schlecht vor Furcht.

Ihre Eingeweide zogen sich krampfhaft zusammen und schickten Wellen des Unwohlseins durch ihren schwachen Körper. Sie seufzte leise und strich sich eine rosa Strähne aus dem Gesicht.

Sie sollte wirklich zu Bett gehen. Heute würde ein langer Tag werden. Das Mädchen wandte sich vom Fenster ab und ging vorsichtig zu ihrem alten Bett, legte sich hin und versteckte sich unter der warmen Decke.

Instinktiv nahm sie die gleiche Haltung wie ein Embryo im Mutterleib ein. Die Beine an den Körper gezogen und die Wirbelsäule stark durchgedrückt. Selbst im Schlaf konnte sie nicht anders, als eine schutzsuchende Haltung einzunehmen. Es war wie ein Zwang, sie konnte das nicht ignorieren. Irgendwann fiel sie dann in einen leichten, unruhigen Schlaf und ließ sie ihre Ängste und Sorgen für wenige Stunden in den Hintergrund treten. Bis zu dem Moment wo sich aufwachen würde und sie stärker denn je quälen würden.
 

Als der Wecker laut klingelte und Sakura bedeutete endlich aufzustehen, schlug das Mädchen ruckartig die Augen auf. Ihre Hand flog zu dem kleinen Kasten und schalteten ihn aus. Sollte ihr Vater von dem Wecker erwachen, könnte sie sich auf neuerliche Prügel gefasst machen. Sie hielt den Atem an und lauschte angespannt. Doch in der Wohnung rührte sich nichts. Sie stieß erleichtert die Luft aus und schlug die Decke zur Seite. Anscheinend hatte sie Glück und ihr Vater schlief noch. Sie hatte heute keine Kraft seine Schläge zu ertragen. Die letzten Blessuren von gestern taten nämlich auch noch heute weh und machten sich bei jeder Bewegung bemerkbar. Sie verzog gequält das Gesicht als sie sich nach ihrer Uniform bückte und sie auf dem Bett ausbreitete. Doch bevor sie die neue Kleidung anzog, verschwand sie kurz im Bad um sich zu waschen und kam dann wieder in ihr Zimmer geschlichen. Ihr Blick fiel auf die Sachen auf ihrem Bett. Womit hatte sie nur sowas verdient? Fast hätte sie laut aufgestöhnt, doch der Gedanke an ihren Vater ließ sie stumm bleiben.
 

Die weiblichen Schüler der Konoha High mussten einen schwarzen Minirock, schwarze Kniestrümpfe, eine hellrote Bluse und einen schwarzen Blazer tragen. Die gesamte Kleidung war figurbetont und hob jede Rundung, sei sie vorteilhaft oder nicht, besonders hervor. Passend zu der eher in dunklen Farben gehaltenen Uniform, bekamen sie außerdem zwei paar flache, schwarze Schuhe mit jeweils einem kleinen silbernen Riemchen auf dem Fußrücken. Sakura nahm wiederwillig die neuen Kleidungsstücke an sich und zog sie an. Als sie sich dem Blazer überzog, erkannte sie das auf dem vorderen Teil das Emblem der Schule zu sehen war. Ein großes “K” in einem Kreis der mit roten Rosen umrankt wurde. Die langen blassrosa Haare band sie zu einem Zopf zusammen, doch einige der kürzeren Strähnen fielen vorne immer wieder heraus, sodass sie ihr blasses Gesicht umrahmten. Sakura störte das nicht, sie war es schon gewohnt. Sie zupfte nochmal an ihren Haaren herum bevor sie sich entschied das sie einigermaßen annehmbar aussah. Zumindest verdeckte die Kleidung ihre Verletzungen, Narben und blauen Flecken, sodass sie nicht befürchten musste darauf angesprochen zu werden. Sie wusste nicht was sie getan hätte, wäre es nicht so gewesen.
 

Sakura ging leise in die Küche und nahm sich lustlos den Apfel, den ihr ihre Mutter hingelegt hatte. Sie konnte es einfach nicht lassen sie zum Essen zu animieren. Doch auch Sakura sah ein, das sie nicht den ganzen Tag nichts essen konnte. Erstens würde sie ihren Körper nur noch mehr schwächen und zweitens war es ziemlich ungewöhnlich das sie an einem so langen Schultag keinen Hunger bekam. Also packte sie die rote Frucht in ihre schwarze Umhängetasche und verließ die spartanisch eingerichtete Küche wieder. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr das sie noch genügend Zeit hatte um zur Schule zu kommen. Mehr als genug. Dennoch zog es sie mit aller Macht nach draußen- weg von ihrem Vater. Vielleicht wachte er ja heute schon eher auf und ließ seine schlechte Laune an ihr aus. Die Gefahr war ihr einfach zu groß, also flüchtete sie lieber von vornherein.
 

Sakura ging langsam die Straße entlang und blickte sich aufmerksam um. Sie war immer wieder erstaunt wie sehr sich die verschiedensten Städte voneinander unterschieden.

In ihrer alten Heimatstadt war das hervorstechendste Merkmal sicherlich die vielen, gehetzten und missmutigen Menschen gewesen, die sich in den Straßen und Gassen tummelten. Die Bewohner wirkten irgendwie immer schlecht gelaunt und ärgerlich. Fast keinen sah sie lächeln oder langsam durch das Gewirr schlendern. Die ganze Stadt wirkte hektisch und abgekämpft.

Doch hier......... Konoha war so anders. Wo Sakura auch hinblickte, überall hatten die Menschen ein Lächeln im Gesicht oder wirkten wenigstens nicht so als würden sie gleich den nächsten ermorden der sie auch nur schief anschaute. Nicht das es hier nicht auch gehetzte Menschen gab, nur sahen sie selbst dann noch relativ glücklich aus.
 

Sie wüsste gerne, was die anderen in ihren Augen sahen. Was sie wohl über sie verrieten. Wieviel sie von ihrem Zustand preisgaben. Jeder der sie anschaute, sie mit seinem Blick streifte, wand ihn schnell wieder ab, als hätte er sich verbrannt. War ihr Leid so offensichtlich? Wenn ja, warum aber konnte sie dann keiner ansehen? Vielleicht weil sie die Aussichtslosigkeit ihrer Lage erkannten und instinktiv spürten das ihr nicht zu helfen war. Der Gedanke war auf eine merkwürdige Art und Weise witzig. Wenn selbst fremde Leute erkannten was mit ihr los war, konnte ihr wirklich keiner mehr helfen.
 

Noch immer lief sie durch die Straßen Konohas und näherte sich immer mehr ihrem Zielort. Der Schule. Zu ihrem Glück hatte sie einen alten Stadtplan auf dem Dachboden des Hauses gefunden. Sie war sich zwar nicht sicher gewesen ob er noch aktuell war, doch sie war ihm einfach mal gefolgt. Auf einen Versuch kam es ja an. Und anscheinend hatte sie zur Abwechslung mal Glück.
 

Nach einigen weiteren vergangenen Minuten sah sie ein großes, majestätisch wirkendes Gebäude das von einer hohen Backsteinmauer umschlossen war. Durch ein großes, schmiedeeisernes Tor konnte man das Gelände betreten. Die Schule hatte fünf Stockwerke und war von einem großen, weitläufigen Hof umschlossen zu dem auch noch ein kleiner Wald gehörte. Auf der linken Seite sah sie eine große Halle, von der sie vermutete das es die Sporthalle sein musste. Hinter dem hohen Dach konnte sie gerade noch eben die Wipfel der Bäume erkennen, die den Anfang des Waldes markierten. Bei dem Gedanken an Sport krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Sie hatte es schon immer verabscheut. Sie war einfach nicht dazu geboren um ein sportliches Mädchen zu sein. Außerdem hatte sie jedes mal Angst das jemand eine ihrer Verletzungen sehen könnte. In der alten Schule mussten sie nämlich immer ziemlich knappe Sportsachen tragen, die bei jedem Schritt rutschten und die Haut der Schüler entblößten. Besonders die der Mädchen. Es wurde so schlimm das Sakura letzendlich nur in der Ecke stand und sich kaum rührte. Deswegen hatte sie auch hier keine große Hoffnung das es besser werden würde.
 

Je näher sie dem Gebäude kam, desto mehr Schüler begegneten ihr. Sie strömten in kleinen Grüppchen, zu zweit oder auch manchmal alleine in Richtung Tor. Sakura hörte ihr lautes Lachen, das Murmeln der vielen Stimmen und auch dann und wann mal ärgerliches Geschrei. Im großen und Ganzen jedoch schien alles ziemlich friedlich zu sein. Bei ihrer alten Schule musste man immer aufpassen, das man nicht schon auf dem Weg zum Gebäude “verunglückte”. Besonders wenn die Schüler nicht gerade zu den beliebtesten zählten, so wie sie, war die Gefahr groß gewesen nicht unverletzt zur Schule zu erscheinen. Sie seufzte leise auf und setzte ihren Weg fort.
 

Von überall her spürte Sakura dann auch die neugierigen Blicke der anderen Jugendlichen. Sie musterten sie ausführlich, begannen zu tuscheln und wandten sich zu ihr um. Sie spürte wie ihr Gesicht immer heißer wurde und sie errötete. Wie sie es doch hasste so angestarrt zu werden. Doch auch bei dem Gedanken das ihr noch die Vorstellung vor der Klasse bevorstand, würde ihr speiübel. Schon jetzt wühlte die Angst schmerzhaft in ihrem Magen und ließ sie keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie krallte die Hände so fest in den Riemen ihrer Tasche das ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie holte tief Luft und trat mit den anderen Schülern durch das Tor auf das Gelände. Jetzt gab es kein zurück mehr. Ihr erster Schultag begann nun unweigerlich.

C o l l i s i o n

Collision
 

Kapitel 3
 

Das dieser Tag nicht sehr erfolgreich für sie verlaufen würde, war Sakura schon im Vorfeld klar. Doch das es gleich so ein Desaster werden würde, hatte sie sich nichtmal in ihren kühnsten Träumen vorgestellt.
 

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Als sie die Schule betrat, ahnte sie noch nichts von dem Unglück das sie schon bald ereilen würde.

Die unablässigen Blicke, das Geflüster was ihr folgte, war ihr jedoch umso mehr bewusst und trieb sie an den Rande des Nervenzusammenbruchs. Trotz dessen gelang es ihr die meisten Menschen um sich herum auszublenden, was sie wohl am Meisten verwunderte. Was ihr aber sehr viel schwerer fiel als die Jugendlichen zu ignorieren, war ihren Fluchtinstinkt zu unterdrücken. Sakura hasste solche Menschenaufläufe. So etwas führte unweigerlich zu Berührungen- und vor Körperkontakt hatte sie panische Angst. Niemand außer ihrer Mutter gestatte es Sakura freiwillig, sie zu berühren. Das hier brachte sie fast um den Verstand. Überall liefen Schüler, lachten, redeten und stritten sich. Die ganze Schule schien vor Emotionen zu beben und zittern- und sie war mittendrin. Sie, die jegliche Ansammlung von Menschen scheute und mied wo sie nur konnte. Schon als sie in den weitläufigen Raum getreten war, beschleunigte sich ihre Atmung, der Puls begann zu rasen und ihre Hände wurden feucht.
 

Suchend blickte sie sich um und versuchte an den vielen Körpern und Gesichtern vorbei etwas von ihrer Umgebung zu erkennen. Je eher sie das Sekretariat fand, wo sie sich melden sollte, desto früher konnte sie dieser menschlichen Enge hier entfliehen. Sie streckte sich und stellte sich sogar auf ihre Zehenspitzen. Ihre jadegrünen Augen glitten langsam umher. Hielten nach einem Hinweis oder einem Schild ausschau.

Schließlich sah sie eine schlichte Holztür am anderen Ende des Raumes auf der mit goldenen Lettern “Sekretariat” stand. Fast hätte sie es übersehen, da es mehr als nur schlicht war. Erleichtert seufzte sie auf und machte sich auf den Weg quer durch die große Eingangshalle hin zu dieser Tür. Dabei achtete sie genauestens darauf, das sie niemanden im Vorbeigehen berührte.
 

Dennoch war sie wohl so im Gedanken und darauf fixiert, den vielen Menschen um sich herum zu entkommen, das sie ihn nicht bemerkte.
 

Sakura wich einem großen Trupp Mädchen aus, die krampfhaft nach jemanden Ausschau hielten. Sie blickten sich in alle Richtungen um und plapperten wild durcheinander. Im Vorübergehen hörte sie einige Wortfetzen ihres Gespräches. “.....muss hier irgendwo sein” “Ich hab ihn auch gesehen......” “...... wo zum Teufel ist er?” Dann war sie außer Hörweite und atmete innerlich auf. Wenigesten diese Mädchen starrten sie nicht an, weil sie die Neue war. Sie hatten ihre eigenen Probleme.
 

Sakura ging in Gedanken versunken weiter und prallte dann urplötzlich frontal gegen ein ziemlich unnachgiebiges Hindernis. Sie strauchelte, versuchte sich noch abzufangen, doch es war vergeblich.

Der Aufprall auf dem Boden war sehr hart und ließ Sakura erschrocken aufkeuchen. Es wurde fast augenblicklich totenstill um sie herum. Sakura wagte es kaum aufzusehen, doch irgendwann war der Drang stärker als ihre Angst. Ganz langsam hob sie ihren Kopf und blickte in ein Paar nachtschwarze Augen. Das blasse Gesicht, zu dem sie gehörten, wurde von ebenfalls schwarzem Haar umrahmt, das ihm knapp bis zu den Schultern reichte.

Er blickte sie wütend an. Doch zusätzlich zu der Verärgerung strahlten seine Augen auch eine Kälte aus, die fast körperlich wehtat. Genauso sah auch ihr Vater sie immer an, wenn er zur Abwechslung mal relativ nüchtern war. Kurz bevor er sie wieder schlug. Unwillkürlich begann Sakura zu zittern und sie konnte nichts dagegen tun, das ihr die Angst in der Kehle hochkroch und sie fast bewegungsunfähig machte. Fast schon zwanghaft wandte sie den Blick von seinen Augen ab und sah zu Boden. Es war ihr allemal lieber als in diese Augen zu schauen, die die ihres Vaters so sehr glichen.
 

“Kannst du nicht aufpassen?” Die dunkle Stimme, in der eine Spur von mühsam beherrschten Zorn mitschwang, riss sie unsanft aus ihrer Starre. Sakura konnte gar nicht anders als wieder zu diesem Jungen hochzublicken. Erst jetzt fiel ihr auf, wie attraktiv er eigentlich war. Sie sah zum ersten Mal in sein ganzes Gesicht, nicht nur in seine unheimlichen Augen. Zwar war er sehr blass, doch es stand ihm und auch die pechschwarzen Haare passten zu seinem eher dunklen und bedrohlichen Auftreten. Dieser nicht gerade ermunternde erste Eindruck, wurde auch durch die dunkle Schuluniform nur noch unterstrichen. Schwarze Hosen, eine schwarze Jacke und ein weißes Hemd gaben ihm einen zusätzlichen unheilvollen Anstrich. Die Hände hatte er locker in seiner Hosentasche vergraben, aber seine gesamte Haltung war angespannt, als wäre er immer bereit zu reagieren, sollte etwas geschehen, das nicht nach seinem Willen verlief. Alles in allem war er so ein Typ auf den die meisten Mädchen flogen, weil sie sein gutes Aussehen liebten, aber auch den Hauch der Gefahr und des Verbotenen die von ihm ausging.
 

“Hallo? Hörst du schlecht, oder was?! Ich rede mit dir!” Sakura schüttelte leicht den Kopf und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das was der Junge sagte. “N....Nein” stotterte sie und schlug beschämt die Augen nieder als sein Blick sie fast durchbohrte. “Und warum kannst du dann nicht antworten?” “Ich-Ich war im.....im Gedanken.” erwiderte Sakura leise. “Im Gedanken?” hörte sie ihn spotten, “Anscheinend war dein gesamter Verstand nicht anwesend.” Ein paar Schüler um sie herum lachten. Doch es war kein ehrliches Lachen, es schien, als würde von ihnen verlangt werden das sie so reagierten.

Sakura konnte währenddessen nichts dagegen tun das ihr Tränen in die Augen stiegen. Es fing alles so an wie in der alten Schule. Alles ging wieder schief und sie konnte nichts dagegen unternehmen. Sie krallte ihre Finger in ihren Rock, zog ihre Beine näher an den Körper und schwieg. “Tse” Plötzlich spürte sie wie ein Schatten über sie fiel und hob erschrocken den Kopf. Der beängstigende Junge hatte sich hingehockt und blickte sie aus seinen kalten, undurchschaubaren Augen hart an. Plötzlich hob er seinen Arm und Sakura zuckte unwillkürlich zusammen. Ihr Atem ging stoßweise und ihr Herz holperte kurz und schlug dann in doppelter Geschwindigkeit weiter. Sie kniff die Augen zusammen und spürte das ihr heiße Tränen die Wangen runterliefen. Sie machte sich innerlich schon auf den Schlag gefasst der nun zwangsläufig kommen würde- und musste- und war überrascht als sie dann nur seine kühlen Finger unter ihrem Kinn spürte und keine knallende Ohrfeige.

Fast schon sanft, aber dennoch unnachgiebig zwang er sie den Kopf zu drehen und ihn anzublicken. “Pass das nächste Mal besser auf wo du hingehst.” murmelte er. Sein Gesicht zeigte keine Regung als er sprach. Noch niemals war Sakura jemandem begegnet der so wenig von dem preisgab was er dachte oder fühlte. Doch bei seinen nächsten Worten lief ihr ein kalter Schauer den Rücken runter und ließ sie frösteln. “Ich behalte dich im Auge, also pass bloß auf was du tust. So etwas lasse ich nicht ungestraft davonkommen.” Mit diesem Worten erhob er sich wieder und wandte sich dann einfach von ihr ab. Sakuras weit aufgerissene Augen folgten seiner dunklen Gestalt die sich so sicher durch die Schülermassen bewegte, als täte sie nie etwas anderes. Ihr fiel aber auch auf, das ihm von den anderen Schülern immer Platz gemacht wurde. Anscheinend wagte es keiner sich ihm in den Weg zu stellen. Und das wortwörtlich.
 

Sakura senkte den Blick. Auch die Traube die sich um sie gebildet hatte, löste sich langsam auf und verstreute sich. Keiner machte auch nur Anstalten ihr zu helfen. Sie wischte sich verstohlen die Tränen von den Wangen und richtete sich langsam und unendlich vorsichtig auf. Trotzdem konnte sie es nicht verhindern, das ein scharfer Schmerz durch ihre linke Seite fuhr. Sie schlug ihre Hand wenig unauffällig auf die Stelle und verzog ihr Gesicht zu einer gequälten Grimasse. Als sie jedoch bemerkte was sie tat, ließ sie ihre Hand sofort sinken und versuchte wieder eine nichtssagende Miene aufzusetzen. Sie war sich nicht sicher ob ihr das gelang, doch zumindest fühlte sie sich für den Moment wieder sicher. Langsam setzte sie sich in Bewegung und steuerte erneut das Sekretariat an. Sie merkte nicht, das sie die ganze Zeit über beobachtete wurde.
 

Sakura hob ihre Hand und klopfte zaghaft an die hölzerne Tür. Dann wartete sie und trocknete noch schnell ihre letzten Tränen. Hoffentlich sah man ihr nicht allzu deutlich an das sie geweint hatte. Doch diese kalten Augen des Jungens, sein Arm der sich hob, als wenn er sie gleich schlagen wollte, all das war zuviel für sie gewesen. Sie hatte die Tränen nicht zurückhalten können, obwohl sie es fast immer schaffte sich zu beherrschen. Zumindest bis sie alleine war und keiner sie dabei beobachten konnte wie sie weinte.

Dann jedoch riss sie eine dumpf klingende Frauenstimme, die ein freundliches “Herein” rief, aus ihren trübsinnigen Gedanken. Sie drückte die Tür auf und trat vorsichtig ein. Sofort schlug ihr eine angenehme Wärme entgegen. Sakura schloss schnell die Tür, sperrte mit ihr den Lärm der Schüler in der Halle hinter ihr aus und sah sich dann zum ersten Mal um. Das Sekretariat war sehr einfach, aber dennoch gemütlich eingerichtet.

Die gesamte linke Seite wurde von einem langen Schreibtisch, an dem etwas, das wie ein Tresen aussah anschloss, eingenommen. Vor der langen Holzplatte standen mehrere unbequem aussehende Stühle und ein kleiner Tisch auf dem ziemlich zerlesene Zeitschriften lagen. Der gesamte Raum wurde von einer großen Lampe erleuchtet die in der Mitte des Zimmers an der Decke hing und die Form eines Würfels hatte. Gegenüber von der Tür, durch die sie gerade gekommen war, befand sich eine weitere. Sie war ebenfalls aus Holz, doch die gesamte obere Seite wurde von einer milchigen Glasscheibe eingenommen auf der mit schwarzen Letter “Büro der Direktorin” zu lesen war.
 

Ihre Aufmerksamkeit wurde dann von einer freundlichen Frau beansprucht die sie herzlich begrüßte.

“Hallo? Wer bist du denn?” Sakura sah sie überrascht an. Sie hatte die Frau bei ihrem Eintreten gar nicht bemerkt, sosehr weilten ihre Gedanken noch bei dem demütigenden Vorfall eben.

Sie schätzte die Frau die hinter dem Tresen saß auf ungefähr Ende zwanzig. Sie hatte kurze, schwarze Haare die vorne länger und hinten kürzer waren und dunkelbraune Augen. Auf ihren Lippen lag ein offenes Lächeln, das in keinster Weise gestellt wirkte. Sie stand auf und streckte Sakura die Hand entgegen. “Wie unhöflich von mir.” sagte sie und zwinkerte ihr kurz zu, “Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Shizune. Schön dich kennen zu lernen.” Sakura ging zu dem Tresen, doch die angebotene Hand nahm sie nicht. Sie wusste ganz genau das das ziemlich unhöflich war, doch sie verabscheute Körperkontakt, auch wenn es nur das flüchtige berühren zweier Handflächen war. Die nette Frau nahm ihr das anscheinend aber nicht übel, denn ohne ein Wort zu sagen nahm sie ihre Hand wieder runter und blickte sie weiterhin freundlich, aber dennoch schweigend an.

“Sakura Haruno.” sagte Sakura schließlich, als sie merkte das Shizune darauf wartete das sie etwas sagte. “Ich bin neu hier und sollte mich in Sekretariat melden.” “Ah, ja Sakura! Schön das du hierher gefunden hast. Einen Moment bitte. Ich werde der Direktorin melden das du da bist.” Shizune wandte sich ab und ging zu der Tür die zum Büro der Schulleiterin führte. Sie klopfte an, wartete kurz und trat dann ein. Währenddessen blieb Sakura alleine.
 

Zum Glück musste sie nicht lange warten. Schon nach fünf Minuten kam Shizune wieder und bedeutete ihr mit einer knappen Handbewegung mit ihr zu kommen. Als sich Sakura auf einer Höhe mit ihr befand, trat sie beiseite und ließ sie an sich vorbei in das Büro gehen. Das rosahaarige Mädchen zögerte kurz und setzte dann ihren Fuß über die Schwelle.
 

Das Büro der Direktorin war hell, schlicht und zweckmäßig eingerichtet. Nirgends sah Sakura irgendwelchen unnützen Nippeskram, bunte Häkeldeckchen oder kitschige Figürchen herumstehen. Die einzigen Möbelstücke die sich hier befanden waren ein großer Schrank für die Ordner und Akten der Schüler, ein beiges Sofa auf dem zwei Personen Platz hatten und ein Schreibtisch mit zwei Stühlen, hinter dem die Direktorin saß.

Tsunade selber hatte helle blonde Haare die zu zwei Zöpfen an ihrem Hinterkopf gebunden waren. Was bei fast allen Frauen nur peinlich aussah, weil sie unbedingt so süß und unschuldig wie ein Schulmädchen aussehen wollten, wirkte bei der Schulleiterin natürlich und passend. Ihre braunen Augen waren aufmerksam und blickten sie interessiert an. Sakura spürte sofort das mit ihr nicht gut Kirschen essen war. Tsunade wirkte nicht so, aber sie war sich sicher das sie, wenn nötig, hart durchgreifen konnte und keine Konfrontation scheute.

Sakura schluckte und trat auf einen Wink der Direktorin näher zu dem Schreibtisch. Auf eine weitere Handbewegung Tsunades setzte sie sich auf einen der Stühle und wartete darauf was nun geschehen würde. “Du bist also Sakura Haruno.” Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, also zog Sakura vor zu schweigen. Die Direktorin seufzte leise auf und stieß mit einem Finger die Akte an die vor ihr auf dem Tisch lag. Als Sakuras Blick auf die Mappe fiel, war sie sich nicht sicher ob sie Weinen oder Lachen sollte. Denn sie wusste nur zu gut das besonders ihre Weigerungen beim Sport ihr mehr als genug Einträge eingebracht hatten. Außerdem war auch noch das eine oder andere vorgefallen, woran sie jetzt nicht denken wollte.
 

Die Direktorin seufzte erneut auf und sah sie wieder an. Sie stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf und legte ihren Kopf auf ihre gefalteten Hände. “Vielleicht sollte ich mich erstmal vorstellen. Ich bin Tsunade Senju, die Direktorin der Konoha High. Aber alle nennen mich bei meinem Vornamen, folglich kannst auch du das tun. Ich wollte dich herzlich hier in meiner Schule willkommen heißen und hoffe wirklich das es dir hier gefällt. Ich habe Shizune schon Bescheid gegeben das sie deinen neuen Klassenlehrer holen soll. Sie müsste eigentlich gleich mit ihm da sein. Währenddessen kann ich dir aber schon deine Bücher und den Stundenplan geben. Einen Moment”

Noch bevor sie die letzten Sätze vollendet hatte, wühlte Tsunade schon in ihren Schubläden und zog einige Bücher und einen Zettel hervor. Den fertigen Stapel schob sie vorsichtig über ihren Schreibtisch zu dem Mädchen hin. Sakura nickte zum Dank und begann die Sachen wortlos in ihre Tasche einzuräumen. “Hast du irgendwelche Fragen, Sakura?” Die Rosahaarige schaute überrascht auf, überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. “Ich glaube nicht, Tsunade-sama.” antwortete sie ehrlich. “Gut.” sagte die blonde Direktorin und ließ Sakuras Akte wieder in einem der Schränke verschwinden. “Wahrscheinlich wirst du dir die ersten paar Tage noch ein wenig Fehl am Platz vorkommen, aber das legt sich mit der Zeit.” sagte Tsunade, wie um die Stille zu durchbrechen. Sakura nickte nur und schwieg weiterhin. Sie wandte den Kopf ab und schaute aus dem Fenster das sich hinter dem Schreibtisch befand. Die nun eintretende Stille empfand Sakura als angenehm, Tsunade dagegen eher drückend. Es verstrichen einige Minuten bis es plötzlich an der Tür klopfte. Tsunades erleichtertes “Herein!” ließ Sakura fast Lächeln, doch eben nur fast.
 

“Ahhh, Kakashi. Schön das Sie endlich da sind.” Tsunade stand auf und kam einem grauhaarigen, noch ziemlich jungen Lehrer entgegen. “Sie haben mir ja keine andere Wahl gelassen, Tsunade-sama.” meinte er lächelnd. Zumindest vermutete Sakura das er lächelte, denn die untere Hälfte seines Gesichtes wurde von einer eng anliegenden Maske bedeckt. Sie wunderte sich kurz, doch dann überlegte sie das er vielleicht einen Unfall gehabt hatte und damit eine Verletzung verdeckte. So wie sie ihre Blessuren und Verletzungen unter der Kleidung verbarg. “Das ist Sakura Haruno, Ihre neue Schülerin.” sagte in diesem Moment Tsunade und das Mädchen sah den Lehrer vorsichtig an. Doch er lächelte nur unverbindlich und nickte ihr zu. “Na, dann komm mal mit.” Er wollte sich umdrehen und das Büro verlassen, als ihm noch etwas einfiel. “Sie sind fertig mit ihr, Tsunade-sama?” Die Direktorin nickte. “Ja, ich habe alles mit ihr geklärt.” Der Lehrer nickte und bedeutet Sakura ihm zu folgen.
 

Als sie das Büro und schließlich auch das Sekretariat verließen, fing er dann an zu sprechen. “Bist du schon aufgeregt, Sakura?” Das Mädchen zuckte zusammen und blickte ihn kurz an, bevor sie beinahe schon hektisch die Augen wieder abwandte. “Mhmmm.....” machte sie nur und strich sich fahrig eine Strähne ihres blassrosa Haares aus ihrem Gesicht. “Ein bisschen vielleicht.” gab sie zu, “Vielleicht auch ein bisschen mehr als nur ein bisschen.” fügte sie dann hinzu und schwieg wieder. “Keine Angst, deine neuen Mitschüler werden dich nicht auffressen.” meine Kakashi lachend und berührte sie ganz leicht an der Schulter. Das Mädchen zuckte sofort zusammen und wich von ihm zurück, als hätte er sie geschlagen. Er zog verwundert eine Braue hoch, sagte aber nichts dazu. Doch er merkte sich ihre Reaktion und nahm sich vor verstärkt auf dieses Mädchen zu achten. Er spürte das mit ihr irgendetwas nicht stimmte. Nur was es war, konnte er nicht mal erahnen.
 

Sakura hätte fast aufgeschrien, als ihr Lehrer sie flüchtig an der Schulter berührte. Sofort trat sie den Rückzug an und wich von ihm zurück. Für diesen Reflex hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt. Doch nun konnte sie es nicht mehr ungeschehen machen und zu ihrem Glück ging der Lehrer auch nicht näher darauf ein.
 

Nach wenigen Minuten kamen sie vor einem der vielen Klassenräumen der Schule an. An einem Schild, das an der Wand befestigt war, stand in schwarzen Lettern 11b. “Das ist deine neue Klasse.” sagte Kakashi und blieb stehen. “Warte noch einen Moment, ich muss die anderen erstmal auf deine Anwesenheit vorbereiten.” Sakura nickte nur und sah ihm nach wie er die Tür aufschob und den Raum betrat. Kurz hörte sie das Gemurmel von vielen Stimmen, doch als die Tür ins Schloss fiel, herrschte wieder die alles erdrückende Stille. Angst schnürte ihr die Kehle zu und rumorte unangenehm in ihrem Magen. Ihr war übel und sie spürte den kalten Schweiß der aus ihren Poren kroch und sich langsam ihren Weg über ihre Haut bahnte. Dann, nach viel zu kurzer Zeit wie es ihr vorkam, öffnete sich die Tür wieder und ein lächelnder Kakashi stand vor ihr. Er bedeutete ihr mit einem aufmunternden Nicken einzutreten. Sakura atmete tief ein und kam seiner Aufforderung dann langsam nach.

U n w a n t e d A t t e n t i o n

Unwanted Attention
 

Kapitel 4
 

Alle starrten sie an als wäre sie eine Außerirdische. Sofort schlug Sakura mit hochrotem Gesicht die Augen nieder und tappte weiter in den Raum. Es war so still in dem Klassenraum, das man eine Stecknadel hätte fallen hören. Alle waren gespannt auf die Neue und darauf, was sie sagen würde.

Kakashi stand locker an seinem Pult gelehnt und grinste wie ein Honigkuchenpferd. “So, meine wissbegierigen Schüler. Das ist Sakura Haruno, eure neue Mitschülerin. Seid nett zu ihr und helft ihr so gut ihr könnt dabei sich hier einzuleben.” Er wartete keine Antwort ab, sondern sprach gleich weiter. “Erzähl uns doch ein bisschen von dir Sakura.” Er nickte ihr aufmunternd zu, als hätte er nicht gerade ihr Todesurteil verkündet.

Das Mädchen schloss kurz die Augen und öffnete sie dann wieder. Sie hoffte das ihr Gesicht nicht allzu einer roten Tomate glich und schaute die gespannt wartende Klasse an. Sie holte tief Luft und wollte gerade anfangen zu sprechen, als ihr Blick einen ihr nur allzu bekannten Jungen traf. Seine schwarzen Augen waren noch immer so kalt und gefühllos wie vorhin, doch seine Lippen waren zu einem spöttischen Lächeln verzogen. Er tat nichts um zu zeigen das er sie erkannte, doch alleine schon sein bohrender Blick sagte ihr mehr als tausend Worte.
 

“Ich-Ich......” stotterte sie und spürte wie sie noch röter wurde. “Ich- Ich heiße Sakura Haruno und bin siebzehn Jahre alt und gerade hierher gezogen...und....und.....” Sie verstummte und ließ den Kopf sinken.

“Nun gut.” räusperte sich Kakashi vernehmlich, als er merkte das sie nichts mehr sagen würde und die Stille drückend zu werden drohte, “Setz dich bitte neben Sasuke Uchiha.” Sakuras Kopf ruckte hoch und folgte seinem Blick. Fast hätte sie laut aufgestöhnt, als sie erkannte wer Sasuke Uchiha war. Hatte sie gedacht das es nicht mehr schlimmer kommen konnte, so wurde sie nun eines besseren belehrt. Anscheinend reichte es für heute noch nicht mit den Katastrophen. Denn Sasuke Uchiha war jener schwarzäugige Junge, der ihr vorhin gedroht hatte.
 

Er lächelte sie kalt an, als sie sich auf dem Weg durch die Reihen machte und sich neben ihm niederließ.

Sakura versuchte so weit es ging von ihm wegzurutschen, doch leider bot der Tisch nicht viel Platz. Ihre Knie berührten sich fast, doch während Sakura ihre Beine fest zusammendrückte, ließ Sasuke Uchiha sich von ihrem offensichtlichen Bemühen ihn nicht zu berühren, in keinster Weise beeindrucken. Er war ihr einfach zu nahe und das machte sie halb wahnsinnig. Sie bildete sich sogar ein seine Körperwärme zu spüren, doch das war natürlich völliger Unsinn. Dennoch konnte sie dieses beengende Gefühl nicht abstellen, im Gegenteil, es schnürte ihr die Luftröhre zu und ließ ihr kaum Luft zu atmen. Sie ließ ihre Tasche vorsichtig von ihrer Schulter zu Boden gleiten und krallte sich zum zweiten Mal an diesem Tag krampfhaft in ihrem Rock fest. Die jadegrünen Augen richtete sie fest nach vorne zur Tafel hin. Selbst die neidischen und wütenden Blicke ihrer neuen Mitschülerinnen nahm sie nicht wahr. Zu sehr kämpfte sie um ihre schwindende Selbstbeherrschung.
 

Sasuke betrachtete den inneren Kampf des Mädchens neben ihm belustigt. Wie sie versuchte so weit es ging von ihm wegzurücken und ihn möglichst zu ignorieren. Die großen grünen Augen starr nach vorne gerichtet.

Große, grüne und vor allem hübsche Augen , dachte er nachdenklich. Er war überrascht sie schon so früh wiederzusehen. Der Vorfall in der Pausehalle kam ihm wieder in den Sinn. Als sie ihn angerempelt hatte und er ihr ganz offen gedroht hatte. Er war wirklich wütend gewesen und hatte einfach die Beherrschung verloren. Doch die Angst in ihrem Blick hatte ihn irgendwie befriedigt. Zu sehen was er für eine Wirkung auf das andere Geschlecht hatte, ließ ihn immer wieder schmunzeln. Entweder lagen sie ihm zu Füßen, oder sie fürchteten ihn. Es war ihm eigentlich egal was vom beiden eintrat. Beides hatte seine Reize. Wobei die anhänglichen Fangirls ihn vor allem störten. Immerzu klebten sie an ihm und nervten ihn. Dabei hatte er lieber seine Ruhe.

Sasuke seufzte und fuhr sich lässig durch die pechschwarzen Haare. Im Hintergrund hörte er ein vielstimmiges Seufzen, was ihn süffisant grinsen ließ. Niemand konnte ihm wiederstehen- und auch diese Neue, Sakura Haruno würde noch sehen was es hieß sich gleich am ersten Tag einen Sasuke Uchiha zum Feind zu machen.
 


 

Von den dunklen Gedankengängen ihres Banknachbarns ahnte Sakura zum Glück nichts. Doch auch so war sie sich sicher das er sich noch rächen würde für den Vorfall heute morgen. Als es dann zum Ende der Stunde klingelte, atmete Sakura innerlich auf. Doch schon im nächsten Augenblick stockte ihr der Atem, als nämlich fast die halbe Klasse zu ihrem Tisch stürzte und sie umzingelte. Instinktiv blickte sie zu Boden.

Doch sie wollten gar nicht zu ihr. Die Augen aller waren auf ihren Sitznachbarn, Sasuke Uchiha gerichtet. Die Mädchen gurrten Liebesschwüre in seine Richtung, während die Jungs derbe Scherze machten. Sakura beschloss einfach sich still und heimlich aus dem Staub zu machen, griff sich ihre Tasche und stand auf.
 

Doch das war anscheinend die falsche Entscheidung gewesen, denn sofort wandten sich ihr alle Augenpaare zu. Das Mädchen lief rot an und fingerte nervös an dem Riemen ihrer Tasche herum. “Sakura, also......” meinte ein blondes Mädchen, welches ihr am nächsten stand, abfällig. Sie hatte himmelblaue Augen und das Aussehen eines Models. “Ich bin Ino Yamanaka und nur damit du es weißt..... Sasuke gehört MIR!!!”

Ihre Worte riefen einen Sturm der Entrüstung hervor, denn die anderen Mädchen protestierten lautstark, während die Jungs nur genervt das Gesicht verzogen.

“Keine Sorge......” murmelte Sakura abwesend und sah zur Seite, “Ich habe sowieso kein Interesse.” Auf ihre unbedachten Worte folgte erschrockenes Schweigen, bis die blonde Ino die Stille mit ihrer schrillen Stimme durchbrach. “WAS?!?! Soll das etwa heißen das Sasuke nicht gut genug für dich ist, häh? Bist wohl zu fein für ihn, oder was?!” Bei jedem Wort rammte sie ihren Finger in Sakuras Bauch.

Bei dem letzten Stich traf sie eine der Stellen wo ihr Vater sie gestern mal wieder getreten hatte. Sakura zuckte zusammen und unterdrückte einen lauten Schmerzensschrei, doch das sich ihr Gesicht verzerrte, konnte sie nicht verhindern. Das Mädchen namens Ino hob die Brauen, öffnete die Lippen und setzte anscheinend an etwas zu sagen, doch schließlich überlegte sie es sich anscheinend anders und blieb stumm. Auch den anderen blieb Sakuras Reaktion nicht verborgen, doch bevor jemand etwas sagen konnte, drängelte sich das rosahaarige Mädchen durch die Schüler hindurch, ihre Hand auf der linken Körperhälfte liegend, und flüchtete so schnell die ihre Füße trugen aus der Klasse. Die Gruppe Jugendlicher starrte ihr schweigend nach.
 


 

Ein schwarzhaariger Junge durchbrach die Stille als erster. “Na Ino, hast du es schon wieder mal geschafft jemanden rauszuekeln.” “Halts Maul, Sai!” fauchte die Blonde sauer und funkelte ihn wütend an. Der Junge zuckte nur mit den Schultern und grinste wortlos. Er brauchte auch nichts zu sagen, seine schwarzen Augen verrieten alles.

“Warum musst du auch immer gleich so ausrasten Ino.” sagte ein braunhaariges Mädchen kopfschüttelnd, während ihre Banknachbarin, eine blonde Schönheit, zustimmend nickte.

“Tenten und Temari haben Recht” stimmte ihnen ein blonder, blauäugiger Junge zu. “Sie ist doch noch neu hier und du schreist sie gleich so an! Kein Wunder das sie Angst bekommt.” “Davon verstehst du nichts Naruto!” gab Ino bissig zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

“Sie sah so aus, als hätte sie Schmerzen.” ertönte plötzlich eine ruhige, leise Stimme. Die Jugendlichen drehten sich zu dem Mädchen um das gesprochen hatte und hoben fast gleichzeitig ihre Augenbrauen. “Ich mein ja nur.” sagte das blauhaarige Mädchen errötend und knetet nervös ihre Hände. Ihre hellen, fast schon weißen Augen sahen keinen von ihnen an. “Ich sag es ja nicht gerne, aber du hast Recht Hinata.” seufzte ein braunhaariger Junge, dessen lange Haare ihm fast bis zur Hüfte reichten. “Neji?!” fragte seine Cousine überrascht und auch die anderen wandten sich dem wortkargen Jungen zu, dessen weiße Augen sich zu einer dünnen Linie zogen. Von ihm hätte sie am wenigsten eine Zustimmung erwartet.

“Anstrengend.” Ein braunhaariger Junge dessen Haare zu einem Zopf gebunden waren, was ihm irgendwie das Aussehen einer menschlichen Ananas gab, gähnte übertrieben laut und streckte sich auf seinem Stuhl. Dafür kassierte er von Ino eine deftige Kopfnuss. “Aua!” Er rieb sich den schmerzen Kopf und blickte das blonde Mädchen ärgerlich an. “Wofür war das denn?” “Dafür das du mal wieder nicht richtig zuhörst und lieber pennst!” “Aber ich habe zugehört!” protestierte er schwach und kassierte dafür einen bösen Blick von Ino.

“Lasst sie doch.” Sasukes tiefe Stimme ließ sie alle wieder ihre Köpfe zu ihm drehen. Die schwarzen Augen glitzerten boshaft. “Was hast du nun schon wieder vor?” frage der blonde Junge namens Naruto argwöhnisch. “Nichts.” erwiderte Sasuke mit einem Grinsen, das seine Worte Lügen strafte, “Nichts, Naruto.”
 


 

Sakura lief durch die Gänge und wusste schon bald nicht mehr wo sie sich befand. Doch es war ihr egal, solange sie nicht mehr bei den anderen Schülern sein musste. Ohne es richtig zu merken, rannen ihr die Tränen über die Wangen und tropften auf ihren Blazer. Warum musste dieser Tag nur so schlimm anfangen? Dabei hatte sie sosehr gehofft das es hier besser werden würde. Warum nur konnte nicht mal einmal, einfach nur ein einziges Mal, alles gut gehen? Sie schluchzte auf und presste sich die Hand vor den Mund um weitere verräterische Geräusche zu unterdrücken. Irgendwann wurde sie langsamer und blieb schließlich in einem verlassenen Gang stehen. Der Kopf lag auf ihrer Brust und ihre Arme hingen nach unten, die Hände zu Fäusten geballt. So fest, das ihre Nägel schon in die empfindliche Haut schnitten und ihr warmes Blut an ihren Handflächen hinablief. Ihre linke Seite pochte noch immer schmerzhaft und sie musste den Drang unterdrücken danach zu tasten, was ihr sicherlich nur noch mehr Schmerzen bereitet hätte. Sie wusste nicht wie lange sie so dastand, als eine ruhige, schüchtern klingende Stimme sie aus ihren Gedanken riss.
 

“Sa-Sakura?” Die Angesprochene fuhr erschrocken zusammen und drehte sich langsam auf dem Absatz um. Vor ihr stand das blauhaarige Mädchen, welches auch schon eben in der Gruppe, die sich um Sasuke geschert hatte, gewesen war. Als sie sah wie Sakura weinte, riss sie ihre Augen auf und trat einen Schritt näher zu ihr.

Doch das rosahaarige Mädchen wich zurück und hob abwehrend ihre Hände. “Nicht.....”flüsterte sie mit erstickter Stimme, “Nicht näher kommen, bitte.” Das blauhaarige Mädchen blieb abrupt stehen, blickte auf ihre blutverschmierten Handflächen und nickte kaum merklich. “Ich heiße Hinata Hyuuga.” sagte sie und lächelte leicht. “Hallo Hinata.” sagte Sakura zaghaft und wagte es nun endlich in die fast weißen Augen des Mädchens zu blicken. Wobei ihr auffiel das sie einen leichten violetten Schimmer besaßen der je nach Lichteinfall mal stärker, mal schwächer leuchtete. Hinata begann in ihrer Tasche zu wühlen und zog ein weißes Taschentuch hervor. “Hier.” sie streckte Sakura das Tuch entgegen, “Du blutest.” erklärte sie, als sie Sakuras verwirrten Blick bemerkte. “Oh.” Das rosahaarige Mädchen sah verwundert auf ihre Handflächen aus denen noch immer Blut quoll. Sie nahm Hinata vorsichtig das Tuch ab und säuberte ihre Hände. “Danke.” sagte sie und steckte das blutverschmierte Taschentuch in ihre Tasche. Bestimmt wollte Hinata das Tuch nicht wieder haben und da sie nichts dazu sagte, nahm Sakura an, das sie mit ihrer Überlegung richtig lag. “Es tut mir Leid was Ino gesagt hat.” fing Hinata dann entschuldigend an, “Sie ist ein bisschen eigen, wenn es um Sasuke geht. In Wahrheit hat sie nichts gegen dich. Es ist nur so, das die Mädchen ziemlich sauer sind das du jetzt neben Sasuke sitzt. Es war ein offenes Geheimniss, das jede nur darauf hoffte, das Sasuke eines Tages zu ihr sagen würde, das sie neben ihm sitzen könnte. Wobei natürlich jede das als seine offizielle Freundin machen wollte.” Sakura hatte der erstaunlich langen Rede schweigend zugehört. Das waren sehr viel Worte für die schüchterne Hyuuga gewesen, sodass sie jetzt mit rosa Wangen verstummte und zu Boden schaute. “Ich hoffe du bist ihr nicht allzu böse.” fügte sie leise hinzu.
 

“Nein” sagte Sakura leise und ging zu dem Fenster. Sie blickte wehmütig hinaus und berührte mit ihren Fingerspitzen die kühle Scheibe. Zwar war es draußen angenehm warm, doch die Fenster blieben unerklärlicherweise immer kalt. “Es hätte mich gewundert, wenn es einmal anders abgelaufen wäre....” sagte sie mehr zu sich selbst, als zu dem blauhaarigen Mädchen. “Wieso?” fragte Hinata die sich etwa einen Meter von ihr entfernt ebenfalls ans Fenster stellte und hinausblickte. Wie Sakura beobachtete sie das Basketballspiel draußen auf dem Hof. Es verstrichen einige Sekunden bis Sakura antwortete. Dabei klang ihre Stimme alles andere als glücklich. “Weil es immer wo endet.” murmelte sie leise, doch eine weitere Erklärung folgte nicht. Plötzlich spürte sie wieder ihre pochende linke Körperseite und stöhnte leise auf. “Sakura?” Hinata kam besorgt einen Schritt näher. “Nicht.” presste Sakura zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. “Es ist nichts.” “Du lügst.” Hinata wirkte traurig, “Du hast Schmerzen, was ist los?” “Nichts.” wiederholte Sakura nun fast verzweifelt. Warum musste gerade heute jemand sie beachten? Und warum gerade dann, wenn ihre Verletzungen sich mal wieder bemerkbar machten? Hinata musste spüren das Sakura es ernst meinte, denn sie ließ das Thema, wenn auch widerwillig, fallen. “Kommst du mit zur Klasse? Es klingelt gleich.” sagte die Hyuuga nach einigen Minuten einvernehmlichen Schweigens, bei dem sie weiterhin aus dem Fenster schauten. Das Spiel unten kam zum Ende und der Basketballplatz war binnen wenigen Augenblicken wieder verwaist. Sakura nickte nur und stieß sich von dem Fenster ab.
 

Die beiden Mädchen gingen wortlos nebeneinander her, doch sie brauchten nicht zu sprechen.

Hinata war einfach nur für Sakura da, während das rosahaarige Mädchen ihren stummen Beistand genoss. Irgendwie, auch wenn es für Sakura eine ganz neue Empfindung war, hatte sie das Gefühl der blauhaarigen Hyuuga vertrauen zu können. Es war ein schönes Gefühl, doch gleichzeitig hatte sie auch Angst davor.

Sie hatte ihrem Vater auch mal vertraut- und heute schlug und demütigte er sie ständig. Doch sie wollte dem Mädchen ja vertrauen, es fiel ihr nur so schwer sich zu öffnen. Doch sie hatte Zeit. Heute war ja erst ihr erster Schultag. Vor ihr lagen noch Jahre des Lernens. Was einerseits beruhigend, andererseits erschreckend war.
 

Inzwischen waren die beiden Mädchen bei der Klasse angekommen. Gerade noch rechtzeitig mit dem letzten Klingeln huschten sie in die Klasse. Während Hinata sich neben einen blonden Jungen setzte, dessen azurblaue Augen sie freudig anstrahlten, machte sich Sakura auf den Weg zu ihrem Platz.

Als ihr Blick auf Sasuke fiel, wurde sie unwillkürlich langsamer, doch sie riss sich zusammen und setzte sich auf ihren Stuhl. Der schwarzhaarige Junge grinste sie höhnisch an, doch er schwieg zu Sakuras Erleichterung.

Dennoch wurde sie das Gefühl nicht los das er irgendetwas vorhatte.

Irgendetwas, was ihr sicherlich nicht gefallen würde.

P a i n

Pain

Kapitel 5
 

Der restliche Schultag verlief relativ ereignislos. Zu Sakuras Erleichterung wurde sie nun von allen ignoriert. Von den Mädchen aus Hass und Neid und von den Jungen, weil sie es sich nicht mit Sasuke verscherzen wollten. Der machte nämlich kein Geheimnis aus seiner Abneigung gegen sie. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit sagte er irgendetwas verletzendes oder gemeines. Meistens verpackte er die Beleidigung jedoch geschickt in eigentlich harmlose Sätze. Was es für sie nur umso demütigender machte.

Aber selbst Hinata, das nette blauhaarige Mädchen, kam nicht zu ihr. Sie stand bei ihren Freunden, lachte und scherzte mit ihnen und tat so als wäre nichts geschehen. Sakura wusste nicht ob sie das freuen oder ärgern sollte, aber sie konnte dennoch nichts dagegen tun, das sie enttäuscht war.

Sie hatte sich dem irrsinnigen Glauben hingegeben, das Hinata vielleicht anders war. Das dieses blauhaarige Mädchen sogar womöglich so etwas wie eine Freundin für sein könnte. Anscheinend hatte sie sich darin aber getäuscht. Es schmerzte, doch bei dem vielen anderen Leid das sie ertragen musste, fiel es ihr kaum noch auf.
 

~*~*~*~*~
 

Die Schülermassen strömten an ihr vorbei Richtung Tor. Plapperten und lachten vor Freude mal wieder einen Schultag überstanden zu haben. Sie gingen ohne Sorgen, außer vielleicht nichtgemachten Hausaufgaben und der neueste Korb ihres Schwarms, in den Nachmittag. Planten Ausflüge und Treffen mit ihren vielen Freunden, tauschten den aktuellsten Klatsch und Tratsch aus. Doch das rosahaarige Mädchen in ihrer Mitte wurde einfach übersehen. Niemand beachtete sie oder wunderte sich über ihre verkrampfte Haltung, die so gar nicht zu der fröhlichen Stimmung passen wollte.
 

Sakura hielt den Kopf gesenkt und setzte ganz automatisch einen Fuß vor den anderen. Ihre Gedanken waren ihr schon längst vorausgeeilt und verweilten bei den vor ihr liegenden Stunden. Sie war sich sicher, das ihr Vater schon wieder betrunken sein und seine schlechte Laune an ihr auslassen würde. Zum wiederholten Male fragte sie sich warum sie sich das überhaupt antat. Warum sie nicht schon längst abgehauen war. Doch darauf konnte sie sich sofort eine Antwort geben. Sie tat es, weil sie ihre Mutter nicht alleine lassen konnte. Sonst wäre sie den Aggressionen ihres Vaters ganz alleine ausgesetzt. Dann würde sich niemand um sie kümmern.
 

Plötzlich rempelte jemand sie hart an der Schulter an, sodass Sakura den Halt verlor und zu Boden fiel. Der Aufprall auf dem Betonboden war heftig und ihr fehlte kurzzeitig die Luft. Sobald der erste Sauerstoff wieder ihre Lungen erreichte, keuchte sie auf und schaute fast schon ärgerlich nach, wer sie gestoßen hatte. Sie war sich sicher, das es Absicht gewesen war und als ihr Blick auf denjenigen fiel, der breitbeinig über ihr stand, wusste sie es mit Sicherheit. Es war Sasuke Uchiha, der mit den kalten schwarzen Augen. Er beugte sich betont langsam zu ihr herunter und hauchte ihr dann zu “Das war meine Rache für vorhin, Süße.” Er richtete sich wieder auf und ließ sie einfach liegen. Sie hörte seine leisen Schritte, die sich immer weiter von ihr entfernten, wie ein Echo in ihren Ohren.

Sakura riss ihre Augen weit auf und spürte nasse Tränen die ihre Wangen hinunterliefen. Dann fiel ihr bedrückter Blick auf die Jungendlichen die Sasuke gefolgt waren, die, wie sie inzwischen wusste, Hinata Hyuuga, Tenten Ama, Ino Yamanaka, Temari Sabakuno, Naruto Uzumaki, Neji Hyuuga, Sai und Shikamaru Nara hießen. Alle vermieden es, ihr in die Augen zu sehen und gingen einfach an ihr vorbei. Selbst Hinata wandte ihre weißen Augen ab und folgte wortlos den anderen. Doch nicht ohne ihren Kopf nochmal zu dem am Boden sitzenden Mädchen zu drehen und die zusammengekauerte Gestalt mitleidig zu betrachten, deren Tränen still und leise auf den grauen Betonboden fielen.
 

Sakura wischte sich die Tränen von den Wangen und stand unsicher auf, als sich der Schulhof schon fast gänzlich geleert hatte. Sie war durch diesen Vorfall schon ziemlich spät dran und sie wusste was das hieß.

Ihr Vater würde sie grün und blau prügeln. Verdammter Sasuke Uchiha! Selbst wenn sie ihrem Vater versuchen würde zu erklären, das die Verspätung nicht ihre Schuld war, würde er ihr nicht zuhören. Er hörte ihr nie zu. Ihr Vater schlug erst zu, bevor er sprach. Sie begann unkontrolliert zu zittern, doch dann riss sie sich zusammen. Noch musste sie ihre Fassade aufrecht erhalten, erst Zuhause konnte sie sich wieder Schwäche erlauben. Das Mädchen setzte ihren Weg fort und rannte fast schon zu ihrer Wohnung.
 

Sie kam trotz ihrer Bemühungen fast eine halbe Stunde zu spät nach Hause, obwohl sie sich so beeilt hatte. Sie schloss mit bebender Hand die Tür auf und trat in den Flur. Möglichst leise ließ sie die Tür zufallen und schlich beinahe in Richtung ihres Zimmers. Vielleicht hatte sie Glück und ihr Vater bemerkte ihr Zuspätkommen nicht. Oder zumindest nicht sofort. Sie war schon fast bei der Tür zu ihrem Zimmer angekommen, als die harsche Stimme ihres Vaters aus dem Wohnzimmer ertönte. “Sakura, komm her!” Das Mädchen zuckte ertappt zusammen und ließ ihre Tasche vorsichtig zu Boden gleiten. “Sakura!” wiederholte er diesmal ungeduldiger. Sie erkannte sofort was dieser Tonfall bedeutete und überschlug sich fast um in das Wohnzimmer zu kommen.
 

Dort fand sie ihren Vater in der selben Haltung vor, in der er sich eigentlich immer befand, wenn er nicht gerade seine Tochter oder seine Frau verprügelte. Im Sessel sitzend, mit einer Flasche Bier in der Hand. Das Gesicht vom vielen Alkohol gerötet, die Augen zu einem dünnen Strich zusammengezogen. Doch vor allem war er schlecht gelaunt. Sakura erkannte es sofort und bekam höllische Angst. Ihr Vater war wirklich sehr sauer.

Auf eine knappe Handbewegung seinerseits kam sie näher und stand nur noch eine Handbreit von dem Sessel entfernt in dem er saß. “Sakura” fing er mit schwerer Stimme an zu sprechen, “Weißt du wie viel Uhr es ist?” Sie nickte langsam und wagte es nicht in seine blutunterlaufenen Augen zu blicken. “Dann weißt du sicherlich das du zu spät bist und was ich dir übers zu spät kommen erzählt habe?” Wieder nickte sie und fing an zu zittern.

Er stand langsam auf, wankte leicht, doch er hielt sich noch einigermaßen gerade. Mit einem leisen “Klonk” stellte er die Flasche auf den Beistelltisch neben den Sessel ab, was Sakura heftig zusammenfahren ließ. Ihr Vater legte ihr seine Finger unters Kinn und zwang sie ihn anzuschauen. Genauso wie Sasuke einige Stunden vorher, durchzuckte es sie und sie musste sich zwingen nicht die Augen abzuwenden oder zu schließen.

“Dann wirst du sicherlich verstehen, das ich dir das nicht durchgehen lassen kann, oder?” Er richtete sich wieder auf und riss seine Finger brutal von ihrer Haut weg. Betont langsam krempelte er die Ärmel seines dreckigen Pullovers hoch und meinte dann “Ich muss dir Gehorsam beibringen, das ist die Pflicht eines jeden Vaters. Ich kann nicht zulassen das meine Tochter mich nicht respektiert und einfach das tut was sie will. Hier herrscht noch Recht und Ordnung, oder Sakura? Da stimmst du mir doch bestimmt zu? Oder?”

Ohne Vorwarnung gab er ihr eine schallende Ohrfeige die seine Tochter einige Schritte zurücktaumeln ließ. “Ich habe dir nicht erlaubt abzuhauen!!!” fing er dann an zu brüllen, packte den Kragen ihres Blazers und riss sie brutal zu sich. Sakura keuchte auf und versuchte sich wider besseren Wissen aus seinem Griff zu befreien. Doch das fachte die Wut ihres Vaters nur noch mehr an. Wieder brüllte er irgendetwas, doch Sakura verstand kein Wort mehr. In ihren Ohren rauschte ihr eigenes Blut und das einzige was sie noch mitbekam waren die schnellen, kraftvollen Schläge auf ihren Oberkörper, in den Bauch und als sie am Boden lag, die vielen Tritte in ihren ungeschützten Leib.
 

Heute dauerte es noch länger, bis er wieder von ihr abließ und schwer atmend einige Schritte zurücktrat. “So.....” keuchte er und wischte sich den Schweiß aus den Augen, “.... damit du mal..... verstehst, was es heißt..... zu gehorchen. Und jetzt geh!” Sakura schluchzte auf und richtete sich schwerfällig auf. Sie hörte wie ihr Vater sich wieder setzte und die Flasche Bier in die Hand nahm, einem Schluck trank und erschöpft seufzte. Das Mädchen stand mit zitternden Knien auf und taumelte halb blind vor Tränen aus dem Raum.
 

~*~*~*~*~
 


 

Sie wusste nicht mehr wie sie es in ihr Zimmer schaffte, doch als sie wieder aus ihrer Ohnmacht erwachte, lag sie mitten im Raum auf dem bloßen Boden. Ihr tat alles weh. Ihr ganzer Körper war ein einziger, großer Schmerz. Sie stöhnte leise auf und drehte sich auf den Rücken. Ihre trüben Augen blickten zur Decke hoch und schlossen sich dann wieder kraftlos. Eine einsame Träne rollte über ihre Wange, doch schnell bekam sie Gesellschaft. Sakura schluchzte leise auf und kauerte sich wie ein Embryo in einer schützenden Haltung ein. Oder wie ein Igel, der seine spitzen Stacheln trotzig der Umwelt zeigte und innerlich dennoch vor Angst verging. Nur das sie nicht einmal die Stacheln besaß, die sie hätten schützen können. Sie schnappte nach Luft, ihr zarter Körper wurde von Krämpfen geschüttelt die sie unablässig zittern ließen. Warum nur? Wieso immer sie?!?
 

Nach einer schier endlosen Zeit beruhigte sie sich langsam wieder und ließ die vergangenen Stunden Revue passieren. Es endete damit, das sie erkannte das zumindest für den heutigen Ausraster eine Person Schuld trug. Nicht sie, nicht ihr Vater, der sowieso nicht mehr für vernünftige Argumente zugänglich war. Nein..... Es war Sasuke Uchiha der ihr diese Schmerzen eingebrockt hatte. Nur weil er sich für seinen verletzten Stolz rächen wollte. Wobei sie ihm gar nichts getan hatte, was so einen abgrundtiefen Hass rechtfertigten könnte. Außer das sie ihn aus versehen angerempelt hatte. Und das sie gesagt hatte das sie kein Interesse an ihm hatte. War es letztendlich nur verletzte Eitelkeit? Sein zu großer Stolz? Ein schlechter Grund für das, was er ihr im Endeffekt angetan hatte. Auch wenn er nicht einmal ansatzweise ahnen konnte, was er durch seine Rache-Aktion vorhin abgerichtet hatte.
 

Sie schlug die Augen auf und drehte den Kopf ein Stückchen zur Seite um auf ihren Wecker zu schauen. 17.30 Uhr. Eigentlich hatten sie noch Hausaufgaben auf, doch Sakura wusste nicht wie sie das machen sollte.

Sie schaffte es ja noch nicht mal sich aufzurichten, geschweige denn überhaupt einen Finger zu rühren. Wie sollte sie da einen Stift halten?
 

Also blieb sie liegen und machte eine geistige Bestandsaufnahme ihres Körpers. Es war zum Glück nichts gebrochen, nicht mal geprellt, doch höchstwahrscheinlich würde ihr gesamter Torso morgen in allen Regenbogenfarben leuchten und bei jeder kleinsten Bewegung schmerzen.
 

Während sie so dalag und ihre Gedanken treiben ließ, kam ihr immer wieder ein Gesicht in den Sinn. Auch wenn sie versuchte es zu ignorieren, hörte es nicht auf in ihrem Kopf herum zu spuken. Ein blasses Gesicht, welches von schwarzen Haaren umrahmt wurde und dessen nachtschwarze Augen sie immer eiskalt anblickten. “ Das war meine Rache für vorhin, Süße......Rache für vorhin, Süße.... Rache.....Rache....Rache.....” hallte seine dunkle Stimme unheilverkündend in ihrem Kopf. Sie schüttelte heftig den Kopf um seine Stimme nicht mehr zu hören, auch wenn sie dadurch nur pochende Kopfschmerzen bekam. Sein Gesicht, sein Spott und der Hass der aus seinen Augen sprach wollten nicht gehen und quälten sie weiter, bis sie laut aufschluchzte und erneut anfing zu weinen.

Dann tat sie etwas, was selbst ihr Vater noch nicht von ihr bekommen hatte, weil sie bisher einfach nicht dazu fähig gewesen war. Sie fing an zu hassen. In den Ruinen ihres Herzens entstand unbändiger, kalter Hass auf diesen Jungen. Er durchtränkte jede Zelle ihres Körpers und vernebele ihr Denken. Oh ja, sie hasste ihn. Dafür, das er ihr so etwas antat. Dafür, das er gar nicht wusste was er ihr antat. Das er es sich einfach nicht vorstellen konnte.
 

Sakura richtete sich langsam und schwerfällig auf. Ihr entfloh ein gequältes Stöhnen und sie verzog schmerzhaft das Gesicht, dennoch hörte sie nicht auf sich hochzustemmen.

Die jadegrünen Augen strahlten reinen, puren Hass aus. Sie war schwach, naiv und wehleidig, ja. Aber sie würde nicht zulassen, das sie durch diesen Jungen noch mehr leiden musste als zuvor.
 

Sie kroch zu ihrem Bett und zog ein kleines Kästchen unter der Matratze hervor. Das Mädchen musste sich gegen die Wand lehnen um nicht sofort wieder zu Boden zu fallen und öffnete zitternd den Deckel. Ihr Blick verschwamm, doch sie blinzelte ein paar mal und sah dann wieder klar. Noch durfte sie nicht in Ohnmacht fallen. Nicht bevor sie das getan hatte, was sie eigentlich niemals wieder tun wollte.

Zum Vorschein kam eine blanke, scharfe Rasierklinge die auf dem Boden des Kästchens lag. Sie scherte sich nicht um das Versprechen das sie ihrer Mutter gegeben hatte als sie Sakura einmal beim Ritzen erwischte. Das sie aufhören würde und als Symbol dafür die Klinge in diese Kiste packte und versteckte. Es war ihr egal. Alles war jetzt egal. Sie nahm das scharfe Metall heraus, ließ das Kästchen zu Boden fallen und setzte die Klinge an ihrer Haut an.
 

~*~*~*~*~
 

Klappernd fiel die Rasierklinge wenig später zu Boden. Das ehemals silberne Material war nicht mehr zu erkennen. Überall war Blut darauf verteilt, es tropfte auf den Boden, über die Kleidung des Mädchens, ihre Beine entlang und sammelte sich in kleinen Pfützen auf dem Holzboden. Sakura legte ihren Kopf in den Nacken und schloss erleichtert die Augen. Der Kloß in ihrem Inneren hatte sich gelöst, sie war endlich wieder frei.

Ihre blutüberströmten Arme nahm sie gar nicht wahr. Aus den vielen kleinen, aber dafür umso zahlreicheren Schnitten quoll rotes Blut hervor und lief ihren weißen Arm hinab. Sie hatte in ihrem Wahn nicht darauf geachtet wo genau sie schnitt, sodass sogar ihre Hände von Verletzungen bedeckt waren.
 

Doch eines hatte sie nicht getan. Zu einer Sache hatte sie sich nicht überwinden können. Ihre Pulsadern hatte sie nicht angerührt. Diese winzigen Schnitte würden sie nicht umbringen, sie sorgten nur für ausreichend Schmerz, sodass sie sich endlich wieder einmal lebendig fühlen konnte. Nicht mehr und nicht weniger.
 

Sakuras Kopf sank leblos zur Seite als sie ohnmächtig wurde und endlich in tiefer Schwärze versank.
 

~*~*~*~
 

Fast eine Stunde später kam ihre Mutter ins Zimmer und fand ihre Tochter reglos, blutüberströmt und mit getrockneten Tränenspuren im Gesicht vor. Sakura merkte nicht, wie ihre Mutter sie vorsichtig säuberte und die Rasierklinge wieder in dem Kästchen versteckte und unter ihre Matratze schob.

Sie missbilligte das, was ihre Tochter sich selber noch zusätzlich antat, doch sie konnte es verstehen. Nachdem sie es mit einer Mühe geschafft hatte ihre, jetzt schlafende Tochter, auf ihr Bett zu heben, verließ Sakuras Mutter so leise wie es ging das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Mehr konnte sie nicht tun. Mehr nicht.

C o n f r o n t a t i o n

Confrontation

Kapitel 6
 

Als Sakura durch das große Tor trat und auf die Schule zuging, überkam sie Angst. Lähmende Angst. Sie ging ganz langsam und vorsichtig und versuchte nicht allzu stark aufzutreten, denn bei jeder ihrer kleinsten Bewegungen tat ihr gesamter Körper von der gestrigen Prügelattacke weh.

So schlich sie beinahe in das große Schulgebäude und quälte sich die endlos wirkenden Stufen hoch. Zu ihrem Glück begegnete ihr jetzt noch keiner der Schüler, die immer um den schwarzhaarigen Uchiha herumschlichen.

Diejenigen, an denen sie vorbeiging, würdigten der in sich zusammengesunkenen Gestalt Sakuras nicht einmal einen Blick. Ihre Gestalten zogen wie konturlose Schemen an Sakuras Augen vorbei, ohne Gesichter, ohne eine Spur von Individualität. Kein Zeichen, das sie das rosahaarige Mädchen bemerkten oder sonst irgendwie zur Notiz nahmen. War sie wirklich schon so unbedeutende und austauschbar, das keiner bemerkte wie kaputt sie innerlich doch war? Anscheinend musste das so sein, doch so würde sie ihren Klassenkameraden erst bei Stundenbeginn wieder gegenüberstehen, was ihr noch eine kleine Verschnaufpause verschaffte, um sich ein wenig zu sammeln.
 

Sakura betrat dennoch zögernd den Gang, der zu ihrem Klassenraum führte. Mit einer Hand hielt sie ständigen Kontakt zur Wand, die andere hatte sie zu einer Faust geballt.

Sie setzte sich wieder in Bewegung und richtete ihre jadegrünen Augen starr nach vorne. Selbst wenn sie nun einen von ihnen sehen sollte, oder vielleicht sogar Sasuke Uchiha selber begegnete, würde sie ihre gleichgültige Miene beibehalten. Zumindest hoffte sie das inständig.
 

Sie hatte Glück. Vor der Klasse stand noch keine Menschenseele, obwohl es schon kurz vor Acht war. Das rosahaarige Mädchen seufzte leise auf und lehnte sich kraftlos an die Wand. Diese tägliche Anspannung war kaum zum Aushalten. Jeden Morgen verfluchte sie den Moment, in dem sie erwachte und ihr klar wurde, dass der Albtraum kein Ende hatte. Sondern ganz im Gegenteil, immer weiter ging. Weiter und weiter und weiter. Ein Perpetuum Mobile der makaberen Art.

Sie schloss die Lider über ihren Augen und genoss diese, für sie, seltene Stille. Diese Momente ohne ihren Vater, ohne die ständige Angst vor Fehltritten die sicherlich noch mehr Schläge bedeutet hätten und ohne die Spötteleien ihrer neuen Mitschüler, fühlte sich Sakura fast schon wohl. Aber auch nur fast. Denn kaum das sie diesen Gedanken auch nur beendet hatte, bogen die anderen Schüler laut plappernd um die Ecke.
 

Als sie Sakura sahen, verlangsamten sich ihre Schritte deutlich hörbar. Das rosahaarige Mädchen hielt die Augen noch immer geschlossen, doch als sie spürte das die Schüler sie schon fast erreicht hatten, öffneten sich ihre Lider schwerfällig. Ihr Kopf fiel fast schon zur Seite, als das sie ihn drehte und ihre Augen wirkten trübe als sie die Jugendlichen ansah. Als erstes fiel ihr Blick auf den verhassten Sasuke Uchiha, dann auf die anderen die ihn umringten und als letztes auf Hinata. Das blauhaarige Mädchen riss erschrocken die Augen auf als sie Sakuras Schwäche bemerkte und schluckte hart. Dennoch blieb sie hinter Narutos breiten Rücken stehen und rührte sich nicht. Einzig ihre Augen sagten Sakura, dass sie etwas bei ihrem Anblick fühlte.
 

Der schwarzhaarige Uchiha begann hämisch zu lächeln und stemmte eine Hand auf seine Hüfte.

“Hast du gestern zuviel gesoffen? Du siehst echt scheiße aus, Haruno.” meinte er spottend und grinste dann breit, als hätte er einen super Witz gemacht.

“Halt die Klappe Uchiha.” gab Sakura murmelnd zurück und wandte den Blick ab. Jedes seiner Worte schlug ihr wie ein Hammerschlag in den Magen. Sie ... gesoffen ... Gerade sie ... Es erinnerte sie unangenehm an ihren Vater, früher, als es noch nicht normal war das er täglich trank, hatte ihre Mutter auch immer gefragt, ob er gestern mal wieder zu lange gesoffen hatte. Die Folge war meistens ein Streit, irgendwann blieb es allerdings nicht mehr bei Worten. Irgendwann nahm ihr Vater seine Fäuste zu Hilfe, um seine Ansichten kund zu tun.
 

Die Stille, die nun bei den Schülern einsetzte, war von Überraschung und erwartungsvoller Anspannung geprägt. Wenn es nicht so verdammt ernst wäre, hätte Sakura sicherlich gelacht. So aber schwieg sie.

“Was hast du gerade gesagt?” durchbrach die leise, kontrollierte Stimme Sasukes schließlich das Schweigen. Sakura hörte deutlich die unterdrückte Wut in seinem Tonfall.

“Ich glaube, sie hat gesagt, dass du die Klappe halten sollst, Teme.” half Naruto ihm freundlicherweise weiter. Er grinste, doch seine Augen strahlten pure Verblüffung aus. So hatte noch niemals jemand zuvor mit Sasuke gesprochen. Er war sich unsicher, wie er mit dieser Situation umgehen sollte und ob das gut oder schlecht für Sakura war. Doch eines wusste er ganz genau, dieses Mädchen würde Sasuke noch viel Kopfzerbrechen bereiten.
 

Der schwarzhaarige Uchiha ging langsam auf Sakura zu, die noch immer geschwächt an der Wand lehnte und ihm unbewegt entgegensah. Als er sich ihr jedoch bis auf einen Meter näherte, begann sie zurückzuweichen und hielt sich mit ihren Händen an der Mauer fest. Er nahm es mit einem Lächeln zur Notiz und grinste.

Anscheinend mochte sie keine Nähe. Soviel hatte er inzwischen schon herausgefunden. Er ignorierte ihre halbherzigen Versuche zu flüchten und stand schließlich direkt vor ihr. Er hob seine Hand, sah wie sie zusammenzuckte und runzelte kurz die Brauen deswegen, doch er führte die Bewegung dennoch zu Ende und legte seine Finger unter ihr Kinn. Als er ihren Kopf zu sich drehte, bemerkte er, wie sie ihre Hände hob und anscheinend versuchen wollte seine wegzuschlagen. Auf halben Weg erstarrte sie hingegen und ließ ihre Arme wieder sinken. Augenscheinlich hatte sie vor seiner Anwesenheit kapituliert.

Dennoch hatte er die vielen Schnittwunden auf ihrem Handrücken und der Handfläche gesehen, die sich sogar noch bis unter den Ärmel ihrer Bluse erstreckten. Er zog eine Augenbraue hoch und schaute prüfend in ihr Gesicht.

“Hast du gerade wirklich gesagt das ich die Klappe halten soll?” fragte er und legte seinen Kopf schief. Sakura wich seinem Blick erneut aus und starrte stattdessen auf den Boden.

Als er schon nicht mehr erwartete, dass sie einen Ton von sich geben würde, öffneten sich ihre vollen Lippen und sagte leise “Und was wäre wenn?”

Er verstärkte den Druck seiner Finger auf ihr Kinn. “Dann würde ich dir raten, dass niemals wieder zu machen.” hauchte er ihr zu und sah wie sie erschauderte. Es befriedigte ihn zu sehen, wie sehr sie ihn fürchtete.

“Halt deinen Mund.” flüsterte Sakura und richtete ihre grünen Augen auf sein Gesicht. Diesmal unterbrach sie den Blickkontakt nicht sofort wieder, sondern starrte ihn geradezu herausfordernd an.
 

Sasuke verlor nun endgültig die Beherrschung. Wie konnte dieses Mädchen es nur wagen ihn so vor allen bloßzustellen? Seine Hand legte sich blitzschnell um ihren Hals und drückte zu.

Sakura keuchte und konnte nichts gegen den Reflex tun, ihre Hände um seine zu legen und sie wegzerren zu wollen. Als sie seine kühle Haut berührte, durchzuckte sie solch ein unermesslicher Schmerz, als hätte sie sich verbrannt. Sie unterdrückte einen lauten Schrei und ließ wie von der Tarantel gestochen seine Hand los.

Plötzlich schob sich der blonde Junge namens Naruto in ihr Blickfeld und legte seine Hand auf Sasukes Schulter. “Lass sie los Teme, oder willst du sie umbringen?”

Sasukes Augen verengten sich zu Schlitzen und glitten zur Seite wo sein Freund stand und ihn lächelnd, aber dennoch nachdrücklich anblickte. Seine Miene ließ keinen Zweifel daran erkennen, dass er ihn notfalls auch mit Gewalt dazu bringen würde das rosahaarige Mädchen loszulassen. Dann wanderten seine Augen wieder zu Sakura und er beugte sich langsam vor, sodass seine Lippen fast ihr Ohr berührten und seine Wange nur Millimeter von ihrer entfernt war. Sakura zitterte unkontrolliert, doch sie konnte sich nicht rühren. Sie war vor Angst wie gelähmt.

Als er ihr dann mit seiner rauen, dunklen Stimme leise Worte in ihr Ohr hauchte, wäre sie fast ohnmächtig geworden. “Du hast nochmal Glück gehabt Süße. Für den Moment bist du in Sicherheit, doch das wird noch ein Nachspiel haben. Niemand führt mich vor meinen Freunden so vor ohne bestraft zu werden. Ich lasse mir etwas Schönes für dich einfallen. Das wirst du noch bereuen!”

Abrupt ließ er ihren Hals los und trat einige Schritte zurück. Seine kalten Augen lagen erbarmungslos auf dem Mädchen. Dann drehte er sich um und ging zu seinen fassungslosen Freunden zurück. Naruto warf Sakura einen undeutbaren Blick zu und wandte sich dann ebenfalls um und ließ sie alleine stehen.
 

Sakura schloss am ganzen Körper bebend die Augen und wischte sich fahrig über ihre aschfahles Gesicht. Er hatte sie berührt. Sasuke Uchiha hatte sie angefasst. Das machte ihr mehr Probleme als seine kalte Art ihr gegenüber. Seine unverhohlene Drohung bereitete ihre keine Sorge, so etwas war sie schon gewöhnt.

Von ihrem Vater bekam sie fast täglich eine. Nein, das er sie schon zum zweiten mal in zwei Tagen berührt hatte, ließ sie fast den Verstand verlieren. Ihr Atem ging stoßweise und ihr Herz raste. Sakura verzog schmerzerfüllt das Gesicht und legte den Kopf in Nacken. Ihre Hände strichen tastend über die kalte Wand, hielten sie im Hier und Jetzt und ließen nicht zu, dass ihr Geist in den Wahnsinn abdriftete.
 

Plötzlich ertönte dumpf eine leise, besorgt klingende Stimme. Sie spürte plötzlich einen leichten Druck auf ihrer Schulter und wich automatisch zurück. Sie riss die Augen auf und blickte in zwei weiße Augen die von blauen Haaren umrahmt wurden. Hinata. Es war nur Hinata.

“Sakura?” fragte sie wieder und machte erneut einen Schritt in ihre Richtung. Doch das rosahaarige Mädchen wich wieder zurück. “Nicht. Bitte nicht näherkommen.....” flüsterte sie mit erstickter Stimme.

“Was ist los mit dir?” fragte Hinata umsichtig und blieb auf der Stelle stehen. “Was interessiert dich das?” gab Sakura zurück und richtete ihre Augen zu Boden.

“Ich sehe doch das dich etwas quält. Gestern hattest du schon Schmerzen und heute siehst du wie der leibhaftige Tod aus.” sagte Hinata eindringlich. “Was ist passiert, was ist bloß mit dir los?”
 

Sakura wandte sich widerwillig zu dem blauhaarigen Mädchen um und sah ihr fest in die Augen. Von der vorherigen Schwäche und Unsicherheit war keine Spur mehr zu erkennen. Sie strahlte eine kalte Entschlossenheit aus, die Hinata frösteln ließ. “Es. Ist. Nichts.” sie betonte jede Silbe extra deutlich und ballte unwillkürlich ihre schlanken Hände zu Fäusten. Es kostete Sakura all ihre Kraft diese kalte, undurchdringliche Maske aufrecht zu erhalten und lange würde sie das nicht mehr durchstehen. “Lass mich einfach in Ruhe und geh zu deinen Freunden. Dein geheucheltes Mitleid brauche ich nicht. Hau einfach ab und lass mich endlich zu Frieden!” fügte sie abweisend hinzu.
 

Sie drehte sich zur Seite um Hinatas verletzten Gesichtsausdruck nicht mehr sehen zu müssen und kniff die Augen reuevoll zusammen. Sie wollte diesem netten Mädchen nicht so wehtun, doch sie war einfach zu aufmerksam. Sakura konnte- und wollte nicht riskieren das jemand herausfand was alles in ihrer Familie ablief. In diesen zwei Tagen hatte die Hyuuga schon mehr bemerkte als alle Menschen in ihrem Umfeld, in den vorherigen siebzehn Jahren zusammen. Sie brachte ihr Geheimnis in Gefahr und deshalb musste Sakura sie verjagen, auch wenn es ihr schwer fiel, den einzigen Menschen, der sich für sie interessierte, so in den Rücken fallen zu müssen.
 

Sie konnte hören wie Hinata zurückwich, abrupt herumwirbelte und wegrannte.

Sie hatte keinen Ton mehr zu ihr gesagt.
 

Sakura spürte wie ihr Tränen in die Augen stiegen und kämpfte sie zurück. Sie durfte jetzt nicht schwach werden. Langsam ließ sie ihre Stirn gegen die Wand sinken und seufzte auf. Sie war sich der vielen Blicke ihrer Klassenkameraden bewusst. Auch, das Hinatas Freunde sie wahrscheinlich jetzt noch mehr hassten als vorher, weil sie das freundliche Mädchen so verletzt hatte. Am liebsten hätte sie ihnen ins Gesicht geschrien, dass es nicht anders ging. Das sie keine andere Wahl hatte. Keiner durfte je hinter ihre Fassade blicken und erkennen, wie nah sie schon am Abgrund stand. Niemals durfte jemand sehen wie zerbrochen und zerstört sie innerlich doch war.
 

Weitere Grübeleien wurden jedoch im Keim erstickt, als ihr Klassenlehrer Hatake Kakashi um die Ecke bog und fröhlich summend die Klasse aufschloss. Er bemerkte die angespannte Stimmung seiner Schüler nicht. Ebensowenig die bösen Blicke die von allen Seiten auf Sakura einprasselten. Er betrat gut gelaunt und völlig sorglos den Klassenraum und ließ seine Schüler an ihm vorbeigehen.

Sakura reihte sich schweigend und mit gesenktem Kopf in die Schülerschar ein. Als sie gerade die Klasse betreten wollte, wurde sie hart angerempelt. Gleich darauf platzierte jemand seinen Ellbogen in ihre Rippen und ein anderer schubste sie so grob in den Raum hinein, das sie beinahe hinfiel. Sakura schwieg und ließ alles über sich ergehen. Ihre langen blassrosa Haare verdeckten den Ausdruck in ihrem Gesicht, sonst hätten sie gesehen das ihre Augen leer waren. Ohne eine Regung. Als stecke kein Leben mehr in ihr.
 

Sie schritt langsam zu ihrem Platz, ließ die Tasche zu Boden fallen und setzte sich behutsam hin. Noch immer konnte man keinen Blick auf ihr Gesicht erhaschen. Sakura stützte einen Ellbogen auf die Holzplatte und legte den Kopf in ihre Hand, damit das auch so blieb.
 

Sie spürte dennoch wie sich Sasuke neben sie setzte, den Stuhl noch ein wenig zurecht schob und dann leise seufzte. Sakura regte sich nicht, obwohl sie spürte wie seine schwarzen Augen sie prüfend ansahen.

Ihre freie Hand glitt allmählich von ihrem Bein und fiel schlapp nach unten, wo sie hängen blieb und sanft hin und her baumelte. Sie bemerkte es nicht.
 

Sasuke beobachtete Sakura aus den Augenwinkeln und wunderte sich immer mehr. Dieses Mädchen jetzt hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem, welches gerade vor wenigen Minuten Hinata angeschnauzt und übelst verletzt hatte. Dabei wollte ihr die Hyuuga nur helfen, auch wenn Sasuke nicht recht verstand weshalb. Hinata hatte dazu auch nichts weiteres gesagt als er sie darauf angesprochen hatte, sie hatte nur gemeint “Sie leidet.” Mehr war aus ihr nicht rauszubekommen. Und jetzt war sie am Boden zerstört, von den Worten, die ihr Sakura an den Kopf geschmissen hatte, dennoch wollte sie nicht das sie sich an ihr rächten.

Diejenigen die eben Sakura gestoßen und geschubst hatten, funkelte sie sofort wütend an und befahl ihnen damit aufzuhören. Sasuke seufzte erneut auf und fuhr sich durch seine schwarzen Haare. Dann fiel sein Blick wieder auf Sakuras Arme. Schon vorhin waren ihm die zahlreichen Schnitte aufgefallen, doch jetzt sah er noch deutlicher. Der Blazer und die Bluse die sie trug, waren ein Stückchen nach oben gerutscht und enthüllte ihre blasse, von Wunden übersähte Haut. Er konnte die vielen Einschnitte gar nicht zählen, so reichlich waren sie vorhanden. Doch er bemerkte auch, das sie noch relativ frisch waren. Das konnte höchstens einen Tag zurückliegen. Wenn überhaupt.
 

Er runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Mädchen. Er hielt seinen Kopf weiterhin nach vorne gerichtet, doch seine Augen versuchten einen Blick auf ihr Gesicht zu erhaschen. Ihre langen rosafarbenen Haare hingen jedoch wie ein Vorhang zwischen ihnen und verhinderten eine klare Sicht.

Irgendwie frustrierte ihn diese Tatsache. Auch wenn er sich nicht erklären konnte weshalb. Immer wieder huschten seine schwarzen Augen zu der schlanken Gestalt Sakuras. Hin zu ihrem zerschnittenen Arm und wieder zu ihrem Gesicht. Er fuhr sich seufzend durch die pechschwarzen Haare und streckte die Beine weit von sich.
 

Plötzlich regte sich das Mädchen neben ihn. Er reagierte sofort und heftete seine Augen auf sie. Sie zog ihren Arm wieder hoch, als hätte sie erst jetzt bemerkt das er herunterbaumelte, und zerrte ihre Kleidung wieder über die Schnitte. Dann rutschte sie auf ihrem Stuhl hoch und stöhnte urplötzlich leise auf. Fast sofort unterdrückte sie dieses verräterische Geräusch jedoch wieder und legte eine Hand auf ihren Bauch.
 

Sasuke der das beobachtet hatte, konnte sich keinen Reim auf ihr Verhalten machen, doch letztendlich konnte es ihm auch egal sein. Was ging ihn dieses merkwürdige Mädchen denn eigentlich an? Sie konnte ihm gestohlen bleiben. Ihn interessierte nur wie er sich für die erlittene Demütigung am besten rächen konnte. So, dass auch Hinatas verletzte Gefühle noch vergeltet werden konnten. Auch wenn die Hyuuga selber das nicht wollte.

Sie gehörte zu seiner Clique und deshalb konnte er das nicht durchgehen lassen. Ansonsten würden sich bald alle an seinen Freunden vergreifen und sich dabei denken, sie würden ungestraft davonkommen. Das würde er nicht zulassen. Zwar empfand er die Gesellschaft der Jugendlichen als angenehm, doch größere, intensivere Gefühle hegte er nicht für sie. Dennoch nannte er sie seine Freunde und diese Bezeichnung brachte auch Pflichten mit sich. Deshalb musste er sich auch etwas gutes einfallen lassen um Sakura richtig auflaufen zu lassen.

Er freute sich schon darauf.

R u n

Run

Kapitel 7
 

Sakura hatte schon beim Aufwachen gespürt, dass dieser Tag schlimm werden würde.
 

Erst warf sie Hinata diese gemeine Dinge an den Kopf, legte sich unüberlegterweise mit Sasuke Uchiha an und dann, als grausamen Abschluss dieses Tages, hatte sie in der letzten Stunde auch noch Sport mit einem Lehrer namens Gai.
 

Was die ganze Sache noch schlechter machte, war die einheitliche Sportkleidung der Konoha High.

Denn die Schule nahm oftmals an Wettkämpfen, Veranstaltungen und Turnieren teil und legte deshalb auch viel Wert auf die äußerliche Wiedererkennung ihrer Schüler. Die Mädchen bekamen eng anliegende, schwarze Hosen und knappe T-Shirts in der selben Farbe und die Jungs trugen ebenfalls ganz in schwarz gehaltene Klamotten. Alles in allem sahen die Schüler eher düster aus, was bei einigen Personen verheerende Wirkung hatte, da sie sowieso schon alles andere als freundlich aussahen.
 

Doch das war nicht der Hauptgrund für Sakura Verzweiflung. Es war ihre Angst vor dem Unterricht selber. Sie konnte sich nicht einem Millimeter bewegen ohne Schmerzen zu empfinden und Bewegung war bei Sport Pflicht.

Sich zu weigern war auch keine Option, denn dann würde ihr Lehrer höchstwahrscheinlich bei ihr Zuhause anrufen oder ein Attest vom Arzt fordern. Weder das eine, noch das andere war für sie zu erfüllen. Es war eine Katastrophe. Ihr Vater wäre sicher nicht begeistert, wenn ihr Lehrer Zuhause anrufen würde. Und sie wusste genau, wenn ihr Vater schlechte Laune hatte, wäre sie die erste Person an die er es auslassen würde.

Also blieb ihr nur eine Möglichkeit- sie musste wohl oder übel teilnehmen. Auch wenn sich ihr schon bei dem Gedanken der Magen umdrehte.
 

Die gesamte Klasse machte sich vor Beginn der letzten beiden Stunden auf den Weg zur Turnhalle. Sie plapperten und scherzten fröhlich miteinander. Fast alle freuten sich schon auf den Sportunterricht, auch wenn ihr Lehrer wohl ziemlich sonderbar sein musste, von den Satzfetzen ausgehend, die Sakura so aufschnappte. Sie hörte irgendetwas von “... von wegen, Kraft der Jugend...” “Strampelanzug...” und “... kleines, grünes Männchen vom Mars...”

Auf all das konnte sie sich noch keinen Reim machen, aber sie würde es ja bald erfahren was ihre Klassenkameraden damit meinten. Sehr vertrauenserweckend hörten sich diese Worte allerdings nicht an, sodass ihr Unwohlsein sich nur noch verstärkte.

Sie ging bis dahin den anderen einfach hinterher und versuchte möglichst nicht aufzufallen. Noch immer spürte sie die Wut und den Hass ihrer Mitschüler die sich gegen sie richtete, wegen dem was sie Hinata angetan hatte. Es machte ihr nicht so viel aus, denn auch auf ihrer alten Schule war es so gewesen. Sie wollte es auch gar nicht anders. Oder besser gesagt, es ging nicht anders. Besser den Hass der anderen ertragen, als wenn jemand herausfand, was bei ihr Zuhause alles ablief.

Sie seufzte leise auf und stolperte plötzlich über einen hervorstehenden Stein auf dem Weg. Sakura strauchelte heftig, doch sie fiel zum Glück nicht hin. Dafür verursachten ihr die schnellen Verrenkungen, die sie vollführte um sich gerade zu halten, starke Schmerzen. Sie verzog automatisch das Gesicht und fasste sich an ihre pochende Seite. Trotz der Schmerzen lief sie weiter und versuchte nicht den Anschluss zu den Schülern zu verlieren. Zum Glück hatte niemand den Vorfall bemerkt, so dass sie unbehelligt ihren Weg fortsetzen konnte und von weiteren Spötteleien verschont blieb.
 

Nach wenigen Minuten kamen sie bei der großen Turnhalle an, die Sakura auch schon an ihrem ersten Tag von weitem gesehen hatte und gingen zu einer zweiflügligen Glastür die hineinführte.

Die Schüler ganz vorne drückten sie auf und hielten sie für ihren Hintermann auf. Als jedoch Sakura an die Reihe kam, wurde die Tür einfach losgelassen sodass sie sie erst wieder öffnen musste, bevor sie eintreten konnte. Wieder ein kleiner, aber dennoch verletzender Beweis dafür, dass die anderen sie ablehnten.
 

Sie trat ein und fand sich in einen kleinen Vorraum der Turnhalle wieder, von der die Umkleiden für die Mädchen, die Jungen und den Lehrer abzweigten. Ebenso wie eine breite Tür, die in die Halle selber führte.

Sakura folgte den Mädchen in die Umkleide und bemerkte zu ihrer großen Erleichterung, dass es für fast jedes Mädchen eine eigene kleine Kabine zum Umziehen gab.

Die anderen gingen jedoch meist paarweise in eine, sodass für Sakura sogar noch eine Einzelkabine ganz für sie alleine überblieb. Sie mochte nicht recht daran glauben, dass diese Fügung nur Zufall war, sondern eher, dass keines der anderen Mädchen sich mit ihr den Platz teilen wollte.

Der ganze Raum war schon von dem Kichern der Mädchen und ihrem lauten Gemurmel erfüllt und hätte einem leicht die Illusion geben können, dass alles sei perfekt. Für Sakura hingegen, bedeutete diese so offen zur Schau getragene Fröhlichkeit jedes Mal einen Stich ins Herz.
 

Erleichtert das sie mit keinem eine Kabine teilen musste, ging sie hinein und schloss sorgfältig hinter sich ab. Nicht das jemand noch auf die Idee kam und die Tür aufriss, wenn sie gerade halbnackt- und ihre Verletzungen dadurch ersichtlich waren. Es war sehr eng hier drin, doch für Sakura reichte es allemal.

Sie war die Enge schon seit ihrer Kindheit gewöhnt. Früher hatte ihr Vater sie zur Bestrafung öfters einmal für einige Stunden in die Vorratskammer gesperrt und die war viel kleiner als diese Umkleidekabine gewesen und zudem noch vollgestopft mit Lebensmitteln und sonstigen unwichtigen Dingen.

So schnell es ihr möglich war, zog sie sich um und stopfte ihre Uniform in die Schultasche. Diese ließ sie in der Kabine liegen und verließ sie schließlich zögernd. Sie hoffte inständig, dass ihre Sache am Ende der Sportstunde noch alle da sein würden und keiner auf die glorreiche Idee kam, ihre Kleidung zu verstecken.
 

Als Sakura die Kabine verließ und die Tür leise zudrückte, sah sie schon, wie die anderen Mädchen in Richtung Halle strebten. Das rosahaarige Mädchen schloss sich ihnen schweigend an und staunte nicht schlecht, als sie als letzte Schülerin den Raum betrat. Dieser Saal war fast doppelt so groß wie die Turnhalle in ihrer alten Schule. An den beiden kurzen Seiten der Halle hingen große Basketballkörbe und ließen Sakura frösteln. Ein riesiges, braunes Rolltor auf der gegenüberliegenden Seite, führte wohl zu den Lagerräumen für die Sportgeräte und anderen Übungssachen, die man für den Unterricht benötigte.
 

Dann fiel ihr Blick auf die Jungen, die schon in der Halle standen und auf ihren Lehrer und die Mädchen warteten. Ihre Augen wanderten sofort über die versammelte weibliche Schülerschar. Einige waren lüstern, andere abgestoßen und wieder andere einfach nur neugierig. Sakura wandte schnell den Blick ab und bemerkte so nicht, dass auch sie beobachtet wurde.
 

“Hallo meine Schüler mit der vitalen Kraft der Jugend!” ertönte plötzlich eine erfreute Stimme von der Seite und ließ fast alle Anwesenden genervt aufstöhnen. Sakura wandte ihren Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam und riss geschockt ihre Augen auf. Auf einmal verstand sie die merkwürdigen Bemerkungen ihrer Mitschüler. Der Mann, der gerade eben die Halle betreten hatte, sah selbst in ihren Augen merkwürdig aus. Sie konnte einfach nicht anders und starrte ihn verschreckt an.
 

Ihr Lehrer trug einen giftgrünen Ganzkörper-Strampelanzug. Seine schwarzen Haare glänzten, als hätte er sie mit Tonnen von Haargel eingeschmiert und dann zu dieser merkwürdigen Frisur geformt. Irgendwie erinnerte Sakura dieser eigenwillige Haarschnitt an einen Helm. Einen sehr stabilen, sehr festen Helm. Als sie dann in sein Gesicht blickte, dachte sie zuerst er hätte zwei Raupen über den Augen hängen, bis sie erkannte das es seine eigenen Augenbrauen waren. Und dieser `Marsmensch` wie ihn die anderen nannten, kam nun zu ihnen geschritten und lächelte breit.

Auch wenn sie alles andere als ein positiv denkender Mensch war, dieser Mann brachte selbst sie dazu eigenartige Metaphern für sein Aussehen zu suchen.

Sofort löste sich einer der Jungen aus der Gruppe und stürmte auf den Lehrer zu. “Sensei Gai, Sensei Gai!!” hörte Sakura ihn begeistert brüllen und sah nur noch, wie der Junge kurz vor seinem Lehrer stoppte und sich mehrfach verbeugte. Er hatte genau die selbe Frisur wie der merkwürdige Marsmensch und ebensolche dicken Augenbrauen. Vielleicht sind sie verwandt, überlegte Sakura.

Hoffentlich, ansonsten wäre diese Inbrunst füreinander und diese äußerliche Ähnlichkeit mehr als unheimlich.

“Ach Lee, mein jugendlicher Schüler. Zeige die Kraft deiner Jugend und schäme dich nicht dafür!” Der Marsmansch grinste breit, hob seinen Arm und zeigte seinen hochgereckten Daum. In seinen Augen glitzerten Tränen und als der Junge namens Lee seinen Kopf hob sah Sakura auch in seinen Augen Tränen.

Sie schüttelte unwillkürlich den Kopf.
 

Diese offene Heiterkeit fand Sakura abstoßend. So viele Gefühle verängstigten sie einfach. Ohne darüber nachzudenken trat sie einige Schritte zurück und bemerkte nicht den panischen Gesichtsausdruck den sie innehatte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und sie biss sich auf ihre Unterlippe. So fest, das die dünne Haut fast riss und ihr Blut geflossen wäre, wenn ihre Aufmerksamkeit nicht plötzlich von dem Lehrer in dem grünen Strampelanzug beansprucht werden würde.

“Heh, du.” sagte er und kam lächelnd auf Sakura zugelaufen. Seine schwarzen Haare bewegten sich dabei keinen Millimeter.

“Du bist sicherlich die Neue. Sakura Haruno, oder?” fragte er freundlich. Sakura brachte nur ein schwaches Nicken zustande.

“Gut!” strahlte der Marsmensch und klatschte in die Hände, sodass die Klasse fast geschlossen zusammenzuckte, “Dann lass deine Kraft der Jugend erstrahlen!” Sakura starrte ihn nur sprachlos an und wich zurück, als er eine Hand austreckte, um sie an der Schulter zu berühren. Er hob die gewaltigen Brauen, sagte aber nichts dazu.

“Nenn mich einfach Gai, oder Sensei” sagte er noch, bevor er sich zu der restlichen Klasse umdrehte und sich grinsend vor sie stellte.

“So meine Lieben. Heute machen wir wie versprochen ein Spiel und das wäre...” Er machte eine wirkungsvolle Pause und grinste breit, “Merkball! Allerdings diesmal ohne Ball, denn irgendein Idiot ... ähm, Schüler meinte ich natürlich... hat bei jedem Ball in der Schule die Luft rausgelassen...” Seine Augen fixierten fast wie zufällig Sasuke Uchiha, der deutlich sichtbar ein Grinsen unterdrückte.
 

Sakura bekam davon jedoch nichts mit, sie hörte nur das vielstimmiges Stöhnen und Ächzen. Auch sie war nicht gerade begeistert. Beim Merkball musste man laufen. Soviel Bewegung. Sie schüttelte leicht den Kopf. Es konnte nur schlecht enden, das stand definitiv für sie fest.
 

Ihr Lehrer, Sensei Gai, teilte die Gruppen ein. Er mischte die Jungen und Mädchen möglichst gerecht und nach deren sportlichen Fähigkeiten entsprechend. Da er nicht wusste wie gut Sakura war, wurde sie in die Gruppe gesteckt, in der die besten Sportler waren.

Liebend gerne hätte sie dagegen protestiert, doch ihre angelernte Vorsicht gegenüber erwachsenen Männern und ihr Drang, möglichst unauffällig zu bleiben, hielten sie davon ab sich bemerkbar zu machen.

In der Gruppe waren unter anderem Tenten Ama, Ino Yamanaka, Temari Sabakuno, Neji Hyuuga, Sai und Sasuke Uchiha. Als Sakura den jungen Uchiha sah, verkrampfte sich ihr Innerstes und sie suchte sich den Platz, der am weitesten von ihr entfernt war.
 

“Fangt an!” rief Sensei Gai und klatschte in die Hände.

Sakuras Gruppe sollte zuerst fangen. Kaum das die andere Gruppe losgelaufen war und die anderen sich an deren Verfolgung machen wollten, ertönte ein durchdringender Schrei.

Sofort verharrten alle auf der Stelle und sahen zu der Gestalt, die mit schmerzerfülltem Gesicht auf dem Boden kniete.

“Hinata!” Naruto, Neji und die Mädchen liefen sofort zu dem blauhaarigen Mädchen, das ihren Knöchel fest umklammert hielt. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.

“Was ist passiert, Hina?” fragte Naruto und hockte sich neben die Hyuuga.

“Ich- Ich bin umgeknickt, als ich loslaufen wollte.” erwiderte sie und schaute in Narutos blaue Augen. Während sie sprach, begann ihr Knöchel anzuschwellen und grün und blau anzulaufen.

“Ich bring dich ins Krankenzimmer.” bestimmte Naruto nach einem Blick auf ihren Knöchel und hob die protestierende Hyuuga einfach auf seine Arme. Sofort lief das blauhaarige Mädchen rot an und senkte beschämt den Kopf. Nur zögerlich schlang sie ihre Arme um Narutos Hals und errötete noch heftiger.

“Ist das in Ordnung, Sensei Gai?” fragte der Uzumaki, doch seinem Tonfall war anzuhören, dass er ein “Nein.” von seinem Lehrer nicht akzeptieren würde. Deshalb gab ihm Sensei Gai seine schweigende Zustimmung und sah den beiden nach, wie sie die Turnhalle verließen.
 

Während alle zu Hinata liefen und sich um sie versammelten, war Sakura immer weiter zurückgewichen bis sie fast die Wand im Rücken spürte. Sie konnte sich nicht erklären, was sie an dieser Situation so betroffen machte. Geprellte Knöchel hatte sie schon oft gesehen und wusste auch selber wie schmerzhaft das war, doch etwas an diesem Vorfall berührte sie gefühlsmäßig. Ihre jadegrünen Augen lagen auch auf Naruto, als er die blauhaarige Hyuuga auf seine Arme hob und sie hinaustrug. Sie sah auch ganz deutlich, wie Hinata rot anlief, Narutos Sorge und die Angst in seinen tiefblauen Augen.

Das Mitgefühl aller Schüler war wie ein Schlag ins Gesicht. Kurz und heftig. Narutos Schrecken übertraf alles. Er musste mehr für das Mädchen empfinden als er zugab, wenn er so heftig reagierte. Alleine schon seine, ebenso wie Hinatas Reaktion ließen darauf schließen, dass sie mehr als Freunde waren. Auch wenn die beiden es anscheinend selbst noch nicht wussten oder es sich gesagt hatten.
 

Und mit überraschender Klarheit wusste Sakura nun, was ihr so wehtat. Was ihr tausend Dornen in ihr Herz stach und sie nach Luft schnappen ließ. Dieses Mitgefühl für eine fremde Person war es, was sie so verblüffte.

Die Angst der anderen, das etwas schlimmes hätte passiert sein können, obwohl Hinata nur eine Klassenkameradin war. Keine Blutsverwandte, keine enge Freundin, keine Geliebte und doch waren alle besorgt um ihr Wohlergehen und nahmen an ihrem Verletzungen teil, als wäre sie es.
 

Sie fasste sich an ihr Shirt, dort wo sich ihr Herz befand, krallte sich fest und wandte nun endgültig den Blick ab. Bei jedem Schlag pumpte es nicht nur Blut durch ihren Körper, sondern auch eine Welle des Schmerzes. In ihren Augen sammelten sich Tränen, doch Sakura drängte sie zurück.

Unwillkürlich war sie weiter nach hinten gegangen und stieß nun an die Wand. Haltesuchend legte sie ihre freie Hand auf die kalte Mauer und atmete tief durch. Ihre Augen hatte sie zusammengekniffen um nichts mehr sehen zu müssen. Um diese Sorge um eine fremde Person nicht sehen zu müssen. Die Angst, Furcht und die Aufmerksamkeit. Sie ertrug es nicht länger. Konnte dem nicht mehr zusehen. Es zerriss ihr schier das Herz zu wissen, das solch eine Anteilnahme ihr niemals zuteil werden würde.
 

“So...” drang die Stimme des Lehrers zu ihr durch, “Da wir nun zwei Mitspieler weniger haben, die auch noch im selben Team waren, muss einer von der anderen Gruppe leider wechseln.”

Er sah suchend über die Schüler und hob dann seine Brauen.

“Wo ist denn... Ach, da ist sie ja...” Seine Augen hatten Sakura erblickt, die an der Wand lehnte.

“Sakura, du gehst in die andere Gruppe! Ist dir nicht gut?”

Das rosahaarige Mädchen schreckte auf und blickte mit aschfahlem Gesicht zu den anderen.

“Es... es ist nichts.” murmelte sie so leise, dass sie kaum zu verstehen war und stieß sich von der Wand ab. Langsam ging sie zu den anderen Schülern, welche ihr schon wieder hasserfüllte Blicke zuwarfen, die Sakura aber gekonnt ignorierte. So fiel ihr auch nicht auf, das seit Hinatas Unfall ein einziges Augenpaar nicht auf der Hyuuga lag, sondern auf ihr. Zwei Augen, die sie durchdringend und abschätzig musterten.
 

Nun war Sakura also in der Gruppe die zuerst gefangen werden sollten. Das hieß für sie, dass sie weglaufen musste. Als der Lehrer zum zweiten Mal das Zeichen gab anzufangen, rannte Sakura los.

Sie war nicht sonderlich schnell, da jede Bewegung eine Qual für sie war und wurde deshalb auch rasch als leichtes Opfer auserkoren. Und zwar von niemand geringerem als Sasuke Uchiha persönlich. Er lief ihr nach, war manchmal fast hinter ihr und ließ sich wieder zurückfallen.

Als sei sie die verschreckte Beute und er der gelassene Jäger, der sich sicher war, sein Opfer irgendwann zu erwischen und sich deshalb nicht besonders anstrengte um es zu erreichen. Genau wie jemand, der den Weg mehr schätzte als das Ziel und es deshalb auch bis zuletzt auskostete und sich an der Angst und der Hoffnung labte.

Schon nach kurzer Zeit wurde Sakura immer langsamer, keuchte heftiger und spürte ihre Verletzungen immer stärker. Plötzlich sah sie Sasuke wieder aus den Augenwinkeln näherkommen und schlug blitzschnell einen Haken um ihm zu entkommen.

Die anderen Schüler hatten schon längst akzeptiert, dass der Uchiha sie fangen wollte und machten deshalb auch keine Anstalten ihm in die Quere zu kommen. Sakura hätte direkt vor einem anderen aus der gegnerischen Gruppe stehen bleiben können und sie hätten nichts gemacht.

Also lief sie unbehelligt durch die Schülerschar und versuchte den Uchiha abzuhängen, was ihr natürlich nicht gelang. Selbst wenn sie kerngesund gewesen wäre, hätte sie Sasuke niemals abhängen können. Dafür war er einfach zu schnell und wendig. Schon nach kurzer Zeit war er direkt hinter ihr und beschloss nun anscheinend auch das Spiel zu beenden. Als Sakura erkannte, dass er Anstalten machte, nach ihr zu greifen, breitete sich Panik in ihr aus und sie beschleunigte ihre Schritte, ohne auf die pochenden Schmerzen zu achten, die ihren Körper regelmäßig durchzuckten.
 

Gerade als sie dachte, das sie ihn doch abgehängt hatte und wilde Erleichterung sie befiel, spürte sie, wie sich ein muskulöser Arm um ihre Taille schlang und sie festhielt.

Sakura keuchte erschrocken auf, als Sasuke sie kurz, aber heftig, an seinen Körper drückte und sie seinen schnellen Atem an ihrem Gesicht spüren konnte. Wenigstens war die Verfolgungsjagd auch an ihm nicht ohne Spuren vorbeigegangen, was Sakura einen gewisse Befriedung verschaffte. Doch das war ihr jetzt nur ein kleiner Trost. Es machte sie fast wahnsinnig, dass er sie berührte und das sogar schon zum wiederholten Male. Es war definitiv zu oft nach Sakuras Geschmack. Viel zu oft.

“Hab ich dich, Süße.” murmelte er an ihrem Ohr und verstärkte den Griff um ihre Taille, sodass Sakura fast aufgeschrien hätte. Sein Atem kitzelte ihre empfindliche Haut und jagte ihr einen Schauer über den ganzen Körper. Sie war wie gelähmt von dem Gefühl seines warmen Körpers der sich an ihren presste.

Von seinem erhitzen Atem in ihrem Nacken und vor allem seinen intensiven Geruch, der ihr jetzt zum ersten Mal in die Nase stieg. Es verwirrte sie zutiefst und brachte eine Saite in ihr zum Klingen, von deren Existenz sie vorher nicht gewusst hatte. Vor allem aber tat es weh. Es tat ihr so weh. Ihr Körper schien von innen heraus zu verbrennen, sie glaubte zu ersticken, zu ertrinken an ihren Gefühlen. Doch bevor sie ganz in den Wahnsinn abdriften konnte, ließ Sasuke sie abrupt los und stieß sie grob von sich.
 

Sakura strauchelte und fiel fast zu Boden. Sein Griff hatte nur wenige Sekunden gedauert, doch für sie fühlte es sich an wie Stunden. Sie fing sich jedoch wieder und schloss mühsam beherrscht die Augen.

Sich zu dem Uchiha umzudrehen wagte sie nicht, also ging sie mit gesenktem Kopf an ihm vorbei und setzte sich auf die Bank zu den ebenfalls gefangenen Schülern. Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen, dass sie nochmal ins Feld musste- Sasuke würde keiner fangen, da war sie sich sicher.

Und sie behielt Recht.
 

Sie nutzte die Zeit bis zum Ende des Spiels um sich innerlich wieder zu sammeln.

Ihre Maske, die sie allen zeigte, wieder zu festigen. Die Gefühle, welche sie bei der Berührung des Uchihas gespürt hatte, verbannte sie in den hintersten Winkel ihres Verstandes. Sie verstand sie nicht, sie waren lästig und nicht wichtig genug, um sie länger zu beschäftigen als nötig. Zumindest redete sie sich das ein.

Vor allem aber versuchte sie die stechenden Schmerzen zu ignorieren, die wie Wellen durch ihren Körper jagten. Verfluchte Sportstunde! dachte sie nur und lehnte sich an die Wand.
 

Zum Glück für sie war die Stunde schon so weit vorangeschritten, dass sie keine zweite Runde machen konnten.

Der Lehrer entließ sie schweren Herzens und deutete schon an, das er etwas ganz Aufregendes in der nächsten Sportstunde geplant hatte. Sakuras Magen krampfte sich bei dieser Ankündigung schon zusammen und sie versuchte nicht an die nächste Stunde zu denken, die sie schon in zwei Tagen wieder haben würden. Sie verschwand so unauffällig wie möglich in der Umkleidekabine und zog sich schleunigst um.
 


 

Sie musste sich beeilen. Bestimmt wartete ihr Vater schon auf sie. Sie wollte ihm durch eine Verspätung nicht noch einen zusätzlichen Vorwand für neue Prügel bieten.
 

Höchstwahrscheinlich wartete er sowieso schon ungeduldig.
 

Mit einem Bier in der Hand, hochgekrempelten Hemdsärmeln und einem sadistischen Lächeln auf den Lippen.

I g n o r a n c e

Ignorance

Kapitel 8
 

Sakura schleppte sich weinend in ihr abgedunkeltes Zimmer und brach vor ihrem Bett zusammen. Wimmernd zog sie ihre Beine an den Körper und schluchzte stockend auf. Es tat weh, so verdammt weh...

Warum konnte sie nicht sterben, warum brachte er sie nicht endlich um? Dann müsste sie nicht mehr leiden. Sie wäre erlöst von diesem Leben, frei und schwerelos.

Die Sorgen, die Angst und die Ungewissheit würden sie nicht länger jede Sekunde ihres Seins quälen.
 

Dann wären auch die ganzen Demütigungen in der Schule vergessen, vorbei. Es zerfetzte sie innerlich, brachte ihr Herz schmerzhaft zu schlagen, wenn sie wie jeden Tag den Hass und die Abneigung ertragen musste.
 

Den Hass ihrer Mitschüler.
 

Der Hass ihres Vaters.
 

Der Hass auf sich selber, weil sie zu schwach war, um sich zu wehren.
 

Sie konnte einfach nicht mehr. Ihr Körper war taub, ihr Geist erloschen, ihre Seele in der Finsternis gefangen. Es war ein ewiger Kreislauf, ihr Kreislauf aus Schmerzen und Pein. Unveränderlich, unzerstörbar in seinem Reigen.

Sakura biss in ihren Arm, spürte, wie der Druck die Haut einriss und warmes Blut aus der frischen Wunde austrat und sich mit ihren herabtropfenden Tränen vermischte.

Salz und Blut bahnten sich den Weg über ihre Arme, über die Beine, während sich ihre Kleidung gierig mit der Mischung vollsog, als könnte sie die entstandenen Spuren dadurch auslöschen.

Sie blinzelte, als ihre Lider immer schwerer wurden und sie die verheulten Augen kaum noch aufhalten konnte, bis ihre Erschöpfung siegte und Sakura in einen unruhigen Dämmerzustand fiel.

Selbst hier schaffte sie es nicht, ihre Gedanken zum Verstummen zu bringen, sie fingen an, sie auch jetzt zu quälen und führten ihr Vergangenes vor Augen, das sie lieber nicht erinnern wollte.

Ihr Verstand scherte sich nicht um ihre Wünsche, sondern ließ sie brutal die letzten Wochen erneut durchleben.
 


 

Ihre Gedanken wanderten wie von selbst zu den Geschehnissen der letzten Wochen. Wie sie während dieser Zeit gelitten hatte. Sie konnte nicht zur Schule gehen, ohne das Blicke voller Abscheu auf sie niederprasselten, hämische Bemerkungen gemacht wurden oder ihre Schulsachen verschwanden.

Es war auch schon häufiger vorgekommen, dass ihre Hausaufgaben gestohlen wurden und sie einen Eintrag deswegen bekam, weil sie nichts zum Vorzeigen besaß, als die Lehrer ihren Kontrollgang durchführten.

Ihr Klassenlehrer hatte ihr auch schon angedroht, dass er ihrem Vater einen Brief schreiben würde, wenn sie dieses Verhalten nicht änderte.

Sakura hatte verständlichweise wahnsinnige Angst davor und versteckte ihre Hefte nun immer an anderen Orten.

Doch manchmal wurden ihr die Sachen trotzdem geklaut und der angedrohte Brief rückte mit jedem Mal näher.
 

Außerdem hatten ihre Mitschüler begonnen, ihr ständig gemeine Dinge an den Kopf zu werfen. Sie hörte solche noch recht netten Ausdrücke wie “Miststück” “Hure” und “dreckige Schlampe” fast immer, wenn sie einem anderen Schüler begegnete.

Selbst die Jugendlichen aus den anderen Klassen schienen sie abgrundtief zu verabscheuen. Leute, die sie gar nicht persönlich kannten und die auch sie nicht erinnern konnte, beschimpften sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit als “hinterhältiges Biest”. Stellten ihr Beine, wenn sie durch den Gang ging, schubsten sie andauernd und versuchten sie, wo sie nur konnten, zu provozieren.

Sakura reagierte jedoch nie auf diese Aktionen und ging immer wieder vorbei, ohne ein einziges Wort darauf zu erwidern. Auch wenn sie in diesen Momenten am Liebsten in Tränen ausgebrochen wäre und sich in der dunkelsten Ecke verkriechen wollte.

Sie musste stark sein. Sie durfte sich keinesfalls ansehen lassen, wie sehr sie diese Behandlung verletzte.
 


 

Trotz der fast geschlossenen Anfeindungen der gesamten Schülerschar, waren die Hänseleien ihrer eigenen Klasse immer noch die grausamsten. Nicht nur das sie ihr ständig ihre Sachen klauten und sie pausenlos beleidigten, ihre Klassenkameraden lauerten ihr immer öfter auf, um ihr eine “Abreibung”, wie sie es nannten, zu verpassen.

Die Gründe dafür waren vielfältig. Manchmal hatte sie jemanden falsch angesehen, mal wollten sie Sakura als Rache für ihre Worte gegenüber Hinata verprügeln und wieder ein anderes Mal hatten sie einfach Langeweile und wollten jemanden dafür büßen lassen.

Bisher hatte Sakura es immer geschafft, ihnen auszuweichen. Doch sie wusste ganz genau, dass sie nicht immer auf diese scheue Glück zählen konnte, weswegen sie in ständiger Angst vor Übergriffen lebte.

Bis es plötzlich aufhörte. Sie hatte zwar keine Ahnung wieso, aber die immerzu angedrohten Prügel wurden von niemandem in die Tat umgesetzt.

Sie hatte keine Ahnung, warum das so war. Allerdings war sie auch nicht so dumm, einen ihrer Mitschüler darauf anzusprechen. Sie ließ das auf sich beruhen und dankte im Stillen dafür, dass sich wenigstens ein Problem in Luft ausgelöst hatte.
 

Sie konnte ja nicht ahnen, dass jemand das aus einem ganz bestimmten Grund verboten hatte - nämlich um es selbst zu tun.
 


 

Etwa einen Monat nachdem sie nach Konoha gezogen waren und Sakura ihre neue Schule betreten hatte, saß die gesamte Klasse im Unterricht bei ihrem Lehrer Hatake Kakashi und lauschten mehr oder weniger interessiert, was er ihnen erzählte. Keiner der Anwesenden hatte so recht Lust, dem langwierigen Stoff zu folgen und träumten stattdessen vor sich hin. Briefe wurden tuschelnd und kichernd weitergereicht, Plänen für die Freizeit geschmiedet. Der ganz normale Ablauf eines jugendlichen Lebens, Freizeit, Freunde und Spaß. Ein Leben ohne größere Sorgen und Ängste, ohne regelmäßige Schmerzen und Blamagen.
 


 


 

Sakura saß angespannt auf ihrem Stuhl und bemühte sich nicht ihre entschwindende Fassung zu verlieren.

Es war der Tag, nachdem sie vor ihrem Bett zusammengebrochen war. Gestern hatte ihr Vater sie so schlimm verprügelt, wie schon seit langem nicht mehr.

Sollte ihr Lehrer ihr aber noch den angedeuteten Brief für ihren Vater mitgeben, wäre das vom gestrigen Tag nur eine kleine Übung gewesen und die Kür würde heute folgen.

Doch nicht nur die Angst vor dem Elternbrief machte ihr zu schaffen, auch die Schmerzen von Gestern ließen sie nicht zur Ruhe kommen.

Wobei sie ihren ganzen Körper eigentlich kaum noch spürte. Es war als wären ihre Glieder taub und regten sich nur noch, weil ihr Gehirn ihnen dazu Impulse sendete.

Heute Morgen wäre sie beinahe zusammengebrochen, als sie vom Boden aufstehen wollte, wo sie die Nacht verbracht hatte.

Die Mehrheit der Zeit war sie ohnmächtig gewesen. Alle paar Minuten schreckte sie wimmernd hoch, weil sie sich einbildete, Schritte zu hören, einen Atem an ihrem Gesicht zu spüren, eine Faust in ihrem Magen.

Sie wusste auch nicht mehr genau, wie sie den Weg in die Schule geschafft hatte, aber als sie einigermaßen klar im Kopf war, stand sie plötzlich vor ihrem Klassenraum.

Auch der Weg zu ihrem Platz hier, war nur ein verschwommener Schemen in ihrem Gedächtnis, eine flüchtige Berührung eines Geschehnisses, das sie nicht mehr fassen konnte.
 

Jetzt saß sie hier und versuchte nicht wieder ohnmächtig zu werden.
 

Kurz bevor Kakashi nämlich den Unterricht begann, war Sakura einige Sekunden bewusstlos gewesen. Da sie glücklicherweise die ganze Zeit über den Kopf auf dem Tisch liegen hatte und die Arme verschränkt davor, war ihre plötzliche Ohnmacht keinem aufgefallen.

Erst als sie erschrocken die Augen aufriss und die Schmerzen in ihre Glieder zurückkehrten, realisierte sie, dass sie an diesem Tag keineswegs in der Lage war, ihre Sinne beisammen zu halten.

Sie fühlte sich schlecht, wenn man es nett ausdrückte. Jede Bewegung, jeder Atemzug tat weh. Selbst der Hass der ihr wie immer entgegenschlug, nahm sie kaum noch wahr. Es wäre ihr sogar egal gewesen, wenn die gesamte Schule geschlossen vor ihr stehen würde und sie beschimpft hätte.

Das einzige, was sie sich jetzt wünschte, war etwas Ruhe und ihr Bett.

Sie war so müde. So unendlich müde von diesem Leben.

Ihre Lider fielen ihr immer wieder zu, doch sie schaffte es immer wieder im letzten Moment zu verhindern, dass sie gänzlich einschlief.
 

Auch jetzt driftete sie hin und her, wechselte zwischen der Realität und dem Trug, dessen Kanten immer mehr zu verwischen schienen.
 

Erst das laute, durchdringende Klingeln der Schulglocke, die vom Ende der Unterrichtsstunde kündete, zerrte sie unsanft zurück ins Klassenzimmer.
 

Sakura schreckte hoch und sackte fast sofort wieder zusammen, weil ihr bei der hektischen Bewegung ein stechender Schmerz durch ganzen den Körper schoss.

Ohne das sie es verhindern wollte, entschlüpfte ihr ein schmerzerfülltes Stöhnen. Sie stützte den Ellbogen auf den Tisch auf und legte den Kopf in ihre Hand. Ihre Augen schlossen sich wie von selbst, während sie gleichzeitig versuchte, regelmäßig zu atmen um ihr wild pochendes Herz zu beruhigen.
 

Sie wollte nicht mehr.

All das schaffte sie nicht länger.
 

Sakura war am verzweifeln.

Sie begann zu zittern, als würde sie frieren und krümmte sich auf ihrem Stuhl zusammen.
 

Erst eine leise Stimme holte sie zurück in die Wirklichkeit.

Es war ihr Klassenlehrer, Hatake Kakashi.
 

Sakura hob langsam ihren Kopf und blickte in die dunklen Augen ihres Lehrers.

Wie durch dichten Nebel hörte sie seine besorgt klingende Stimme “... Sakura? Was ist los mit dir?”

Sie schüttelte die letzte Benommenheit ab und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt.

“Sakura?”, fragte er erneut und streckte eine Hand aus, um sie an der Schulter zu berühren. Das rosahaarige Mädchen zuckte zurück, als hätte sie eine Tarantel gestochen und sprang auf.

Das stellte sich als keine gute Idee heraus, denn ihr wurde urplötzlich schwindelig und sie musste sich am Tisch abstützen um nicht wieder zu fallen.

“Soll ich bei dir Zuhause anrufen, dass es dir nicht gut geht und jemand dich abholen sollen?”, fragte Kakashi und sagte zu ihrem merkwürdigen Verhalten kein Wort.

“Nein!”, stieß Sakura heftig und voller Panik hervor. Ihre Finger krallten sich in die Tischplatte.

“Mir geht es gut, ich muss nicht nach Hause und Sie brauchen auch nicht anzurufen”, brachte Sakura nach einigen Momenten des Schweigens raus. Sie versuchte ein Lächeln, was ihr gänzlich missglückte.

“Was ist los mit dir Sakura?”

Der Lehrer setzte sich seufzend auf die Tischplatte und verschränkte die Arme vor der Brust. “Nichts”, versuchte sie sich herauszureden, doch sie wusste, dass der Lehrer diese `Erklärung` nicht akzeptieren würde.

Er seufzte erneut auf und schüttelte leicht seinen Kopf. “Mach mir nichts vor. Selbst ein Blinder könnte sehen, dass es dir nicht gut geht, sondern eher von Tag zu Tag schlechter. Irgendetwas muss dich doch beschäftigen. Ist es irgendetwas in der Schule? Hast du Probleme mit deinen Mitschülern?”

Sakura verneinte stumm, indem sie den Kopf schüttelte. “Es ist nichts”, behauptete sie wieder.

Warum musste er nur heute, damit anfangen? Gerade jetzt, wo sie sich kaum auf den Beinen halten konnte, geschweige denn dazu fähig war sich eine gescheite Ausrede einfallen zu lassen. Sakura senkte den Blick und ließ ihre rosafarbenen Haare dabei wie ein Vorhang vor ihr Gesicht fallen.

“Denkst du wirklich, dass ich nichts mitbekomme?”, fragte er ernst und schaute sie an, “Ich habe schon längst bemerkte das dich alle meiden und beleidigen Sakura. Bisher hast du nichts gesagt oder getan, aber ich weiß das da etwas ist was dich bedrückt. Irgendetwas verschweigst du mir und deinen Mitschülern. Wir können dich nicht verstehen, wenn du nichts sagst und alles in dich hineinfrisst. Ich bin mir sicher, dass wir dir helfen können, wenn du nur...”
 

“Seien Sie still!!”, schrie Sakura plötzlich los.

Sie ballte eine Hand zur Faust und spürte nicht, dass ihre Fingernägel in das empfindliche Fleisch ihrer Haut schnitten. Auch die Tropfen von Blut, die sich in ihrer Hand sammelten, spürte sie nicht.

Das war das erste Mal seit langem, dass sie ihre Maske fallen ließ und ihrer Gefühle freien Lauf lies.
 

“Sie können mir nicht helfen. Keiner kann mir helfen. Niemand, einfach Niemand!!! Lassen Sie mich einfach in Ruhe und kümmern sich um Ihre Angelegenheiten. Ich brauche keine Hilfe, verstehen Sie?!”

Ungehindert liefen ihr Tränen übers Gesicht und sie schluchzte laut auf. Sie wusste das ihr ganzes Verhalten ihrer Worte Lügen straften, doch es war ihr egal. Sie wollte nur noch weg von hier. Weg aus diesem Klassenraum, weg von ihrem Lehrer, der sie mit seinen dunklen Augen viel zu wissend anschaute.
 

Sakura griff nach ihrer Tasche und stürmte fast blind an ihrem Lehrer vorbei und dann aus dem Raum.

So das sie auch nicht die Person sah, welche an der Wand gelehnt neben der offenen Tür stand und alles mitangehört hatte, was sie besprochen hatten.
 

Besagte Person sah ihr währenddessen mit undeutbarer Miene nach. Irgendetwas ging hier vor, von dem er keine Ahnung hatte. Es wurmte ihn und machte ihn zugleich auch wütend.
 

Nur ein paar Sekunden nachdem das rosahaarige Mädchen an ihm vorbeigestürmt war, trat sein Klassenlehrer aus dem Raum. Natürlich bemerkte er ihn sofort.

Die dunklen Augen des Lehrers bohrten sich in seine schwarzen.

“Du hast alles gehört?” Es war keine Frage, sondern eine Feststellung und so nickte er nur zur Antwort.

Kakashi seufzte.

“Warum hasst ihr sie so?”, fragte er, schaute ihn dabei aber nicht an. Ebenso wie er selbst, schaute der Lehrer die Wand gegenüber an, als wäre dort etwas interessantes zu sehen.

“Sie hat Hinata verletzt”, erwiderte er leise, “Sie hat mich gedemütigt.”

“Nur weil sie gesagt hat, dass sie kein Interesse an dir hätte?”, meinte Kakashi leicht amüsiert und richtete seine Augen nun doch auf ihn.

“Hat dich das so in deinem Stolz verletzt, dass ein Mädchen kein Interesse an einem Uchiha hat?”

Sasuke zuckte leicht zusammen, hatte sein Lehrer doch den Nagel auf den Kopf getroffen. Er war tatsächlich in seinem Stolz verletzt, auch wenn er das nur wiederstrebend zugab. So etwas wie dieses Mädchen hatte noch niemand zu ihm gesagt, obwohl er zugeben musste, dass es ihn irgendwie anmachte, dass sie sich ihm so verweigerte. Außerdem war es angenehm, dass sie ihn nicht so anhimmelte wie die anderen Mädchen. Dennoch war sein Selbstbewusstsein ein bisschen angekratzt deswegen. Es geschah nicht alle Tage das ein Mädchen dem Charme eines Uchihas nicht erlag.
 

Plötzlich bemerkte er, dass der Lehrer noch immer eine Antwort erwartete, die er durch sein Schweigen eigentlich schon bekommen hatte. “Das ist es nicht”, sagte Sasuke viel zu spät. Er wusste das, aber es war ihm egal.

Kakashi seufzte erneut auf und zupfte an seiner Jacke.

“Lasst sie einfach in Ruhe”, meinte er und schloss die Tür hinter sich ab. Dann drehte er sich doch noch zu dem Uchiha um. Seine Augen, die fast so dunkel waren wie die Sasukes, ließen deutlich seine Sorge erkennen.

“Irgendetwas verbirgt sie. Etwas schlimmes muss ihr widerfahren sein, dass sie sich so merkwürdig benimmt. Dir ist es doch sicherlich auch schon aufgefallen, oder?” Sasuke nickte unwillkürlich.

Sakuras Verhalten war wirklich alles andere als normal. Sie schien ständig Schmerzen zu haben und hütete sich stets davor, einem ihrer männlichen Mitschüler in die Augen zu sehen. Einmal hatte er sogar beobachtet, wie sie zusammengezuckt war, nachdem ein Junge, der einige Meter neben ihr stand, den Arm gehoben hatte um sich am Kopf zu kratzen.

“Dann verletzt sie nicht noch zusätzlich oder sie wird irgendwann zusammenbrechen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis etwas Schreckliches passiert. Wenn ihr das nicht unterlässt, dann werde ich persönlich einschreiten”, fügte er noch hinzu und entfernte sich von seinem Schüler.

Kakashi hoffe inständig, dass seine Mahnung bei Sasuke nicht auf taube Ohren stoßen würde.

Er gab es nur ungern zu, aber der Uchiha flößte selbst ihm Respekt ein.

Der Lehrer wusste genau, dass nicht der Schulleiter, oder er und sein Kollegium die Schule kontrollierten.

Die wahre Macht über die Geschehnisse hier, lag in den kalten Händen dieses berechnenden Jungens.

Wenn er etwas sagte, war es Gesetz- daran konnte kein Lehrer etwas ändern.

Sollte Sasuke Uchiha mit den Anfeindungen gegen Sakura aufhören, so würde es ihm die ganze Schule nachmachen und das Mädchen in Ruhe lassen.

Jedoch bezweifelte er, dass der Uchiha seine unsinnige Rache aufgeben würde.

Dafür war der Junge viel zu stolz und stur.
 


 

Sasuke blickte seinem Klassenlehrer nach und fuhr sich frustriert durch seine schwarzen Haare. Doch bevor er über all das nachdenken konnte, was er gerade eben gehört hatte, bog sein bester Freund Naruto um die Ecke.

“Hey, Teme. Da bist du ja. Ich hab dich schon überall gesucht.”

“Halts Maul Dobe”, sagte Sasuke gelangweilt, stieß sich aber von der Wand ab und ging dem blonden Jungen entgegen. Der grinste breit. “Hast dich wieder vor deinen Fangirls versteckt?”

“Nein”, erwiderte der Uchiha knapp und lief einfach an Naruto vorbei, der sich beeilen musste, um wieder zu ihm aufzuschließen.
 

Der blonde Junge musterte seinen Freund kritisch. Zwar wusste er nicht wieso, aber der Uchiha schien über etwas nachzudenken.

Naruto zuckte bloß mit den Schultern, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und fing an fröhlich ein Lied zu pfeifen.
 

Auch wenn es kaum zu glauben war, hatte Naruto tatsächlich Recht mit seiner Vermutung.

Sasuke war tatsächlich mit seinen Gedanken abwesend.

Er grübelte über dieses eigentümliche Mädchen nach. Eigentlich war es gar nicht typisch für ihn, sich über ein Mädchen den Kopf zu zerbrechen, doch etwas an Sakura fesselte ihn.
 

Er würde schon herauskriegen, was sie für ein Geheimnis verbarg.
 

Noch immer hallten ihre verzweifelten Worte in seinen Ohren.
 

“Sie können mir nicht helfen. Keiner kann mir helfen. Niemand, einfach Niemand!!! Lassen Sie mich einfach in Ruhe und kümmern sich um Ihre Angelegenheiten. Ich brauche keine Hilfe, verstehen Sie?!”
 

Der Sinn in ihren Worten konnte sich ihm noch nicht erschließen, doch er wäre kein Uchiha, wenn er nicht herauskriegen würde, was sie damit meinte.

Denn ihre unbedachten Worte bewiesen, obwohl sie es eigentlich die ganze Zeit leugnete, dass sie Hilfe benötigte.

L o o s i n g C o n t r o l

Loosing Control

Kapitel 9
 

Sakura hatte niemals zu der Sorte von Menschen gehört, die einfach die Kontrolle über sich verlieren. Das Leben hatte sie nichts anderes gelehrt, als immer folgsam zu sein, Angst vor dem nächsten Tag zu haben, der darauffolgenden Nacht, den Stunden zwischen Wachen und Traum.

Dennoch war sie heute handgreiflich geworden.

Sie begriff einfach nicht, wie sowas hatte passieren können. Niemals zuvor war sie auf eine Provokation offen eingegangen, hatte sich gewehrt oder auch nur reagiert.

Wieso dann heute?

Wieso in dieser Situation?
 

Ihr Verhalten war unentschuldbar, auch wenn der Auslöser für sie eigentlich noch viel schlimmer war als die Tat an sich... schließlich war es kein geplanter Übergriff gewesen, sondern rein spontan. Auch eine der Eigenschaften, die Sakura eigentlich nicht ihr Eigen nannte.
 

Keuchend lehnte sie sich an die Wand hinter ihr, fuhr mit zitternden Fingern die raue Oberfläche nach. Laut pochend schlug ihr Herz und pumpte ihr Blut schneller denn je durch die Adern und Venen.
 

Es war zuviel gewesen, aber warum zum Teufel tat er auch so etwas? Er musste verrückt geworden sein, war betrunken oder auf Drogen oder irgendwas anderes. Sie wusste es nicht, aber alleine schon die Suche nach seinem Beweggrund nahm fast ihr gesamtes aktives Denken in Beschlag.
 

Ihre rechte Handfläche brannte wie Feuer, genauso wie ihre erhitzten Wangen. Sie war sich sicher, dass sie einen hochroten Kopf hatte. So warm wie ihr war- und das nicht nur von dem Spurt durch die Schulgänge.
 

Wie gebannt starrte sie auf ihre gerötete Hand und fragte sich immer wieder welcher Teufel sie geritten hatte, dass sie das getan hatte. Obwohl sie eigentlich allen Grund dazu gehabt hatte, wenn sie es sich recht überlegte. Zumindest von ihrem Standpunkt aus gesehen, er sah das sicherlich ganz anders...
 

Noch einmal ließ sie die Geschehnisse vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Vielleicht begriff sie dann, warum gerade in diesem Moment alle Nerven mit ihr durchgegangen waren...
 

~Flashback~
 

Sakura stand mit den anderen Schülern vor der Klasse und wartete auf ihren Klassenlehrer der wie so oft viel zu spät dran war. Dabei waren dies die ersten Stunden an diesem Tag, der normale Schulalltag hatte noch nicht einmal richtig begonnen. Dennoch kam er- wie immer- zu spät. Jetzt war ihr auch klar, warum die meisten Schüler immer erst kurz nach Acht kamen. Kakashi schien die Unpünktlichkeit zu seinem Steckenpferd gemacht zu haben, denn er kam nie rechtzeitig zu Stundenbeginn. Und das ausnahmslos jeden Tag.
 

Er war immer der Letzte der den Gang entlanglief und kam frühestens um viertel nach Acht zur Klasse. Aber man musste ihm lassen, dass er immer die besten Ausreden hatte. An Kreativität mangelte es ihm nicht, nur an einer funktionierenden Armbanduhr.
 

Würde Sakura jeden Tag zu spät nach Hause kommen, wüsste sie ganz genau, was ihr Vater machen würde. Sie würde gar nicht zu Wort kommen, seine Faust wäre schneller in ihrem Magen als sie Luftholen konnte.
 

Kakashi benutzte, wie eben schon erwähnt, sehr gerne Ausreden. Eine alte Frau an einer vielbefahrenen Straße, die sich nicht traute alleine hinüberzugehen, war eine seiner Favoriten. Manchmal war aber auch ein Gespräch mit der Direktorin Schuld und ein anderes mal hatte ein Kollege ihn aufgehalten. Kakashis Einfallsreichtum kannte, bei dem Versuch sein regelmäßiges Zuspätkommen zu entschuldigen, keine Grenzen.
 


 

Jedenfalls standen sie alle vor dem verschlossenen Raum und warteten. Sakura stand ganz alleine, etwas abseits von den anderen Schülern an der Wand gelehnt.

Sie hatte die Augen von der Klasse abgewand. Da niemand auf die törichte Idee kam, sie ansprechen zu wollen, war sie gänzlich ungestört in ihrem stummen Leiden. Ihre Mitschüler redeten und lachten locker miteinander, doch für Sakura war diese Fröhlichkeit nur reiner Hohn.
 

Das einzige was ihr den Tag ein wenig leichter machte, war die Aussicht darauf, dass ihr Vater heute Abend nicht da sein würde. Einer seiner Saufkumpane hatte ihn zu einer Runde durch die Kneipen eingeladen. Das konnte ihr Vater natürlich nicht ausschlagen, also würde er diese Nacht nicht bei ihnen sein. Natürlich hatte er für die Zeit seiner Abwesenheit schon Vorsorge getroffen, so dass sie keinen Mist anstellen konnten, wie er es nannte.

Er würde erst gehen, wenn Sakura von der Schule kam und sie dann einschließen. Zusätzlich das Telefon ausstöpseln und wegschließen, die Fenster absperren und die Schlüssel mitnehmen und den Strom abstellen. So würden die beiden bis morgen früh, ohne Möglichkeit der Kontaktaufnahme nach Außen, gefangen sein. Dafür waren sie alleine und mussten eine ganze Nacht keine Angst vor Schlägen oder einer Vergewaltigung haben.
 

Sakura hätte bei diesem Gedanken fast gelächelt, aber auch nur fast. Denn heute morgen hatte ihr Vater ihr so heftig eine gescheuert, dass sie fast ohnmächtig geworden wäre. Ihre rechte Wange war auch immer noch geschwollen und empfindlich.

Zum Glück hatte sie kein blaues Auge bekommen. Ansonsten hätte sie wahrscheinlich heute nicht zur Schule kommen können. So aber würde sie sagen, falls sie jemand wieder Erwarten fragen würde, dass sie gefallen und ihre Wange deshalb geschwollen sei.
 

Dann endlich, mit zwanzigminütiger Verspätung, kam auch ihr Klassenlehrer um die Ecke gelaufen. “Verzeihung!”, rief er ihnen schon von weitem entgegen und winkte beschwichtigend, “Ich hatte noch ein...” “...wichtiges Gespräch mit der Direktorin”, vollendete die Klasse den Satz für ihn. “Woher wisst ihr das nur wieder?”, fragte Kakashi verlegen und schloss den Raum auf. Einstimmiges Stöhnen antwortete ihm auf diese intelligente Aussage.
 


 

Als es zur Pause klingelte, wollte Sakura gerade aufstehen und sich vor den anderen Schülern wie jedes Mal verkriechen, doch diesmal ließ sie unerwartet eine kalte, dunkle Stimme auf der Stelle verharren.
 

“Bleib stehen”
 

Sakura versteinerte kaum merklich und sah zu dem Sprecher. Er lehnte locker gegen die Fensterbank und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Seine fast schulterlangen, pechschwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht und vor seine schwarzen Augen, sodass seine ganze Miene drohend wirkte.

Der Uchiha sah sie nicht wirklich an, doch seine augenscheinlich entspannte Haltung täuschte. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt und wartete nur auf eine falsche Bewegung ihrerseits.

“Warum?”, fragte sie und bemühte sich ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen.

“Weil ich es sage”, erwiderte der Uchiha aalglatt und sah sie nun endlich an. Seine unheimlich schwarzen Augen bohrten sich in ihre jadegrünen.

Unwillkürlich fing Sakura an zu zittern. Sasuke stieß sich von dem Fensterbrett ab und kam zu ihr herüber. Sakuras erster Impuls war wegzulaufen, doch sie wusste das dies keine gute Idee wäre. Also blieb sie stehen und wartete ab, was der Junge von ihr wollte.

Alle Augenpaare waren auf die beiden Schüler gerichtet, um ja keine Einzelheit ihrer Auseinandersetzung zu verpassen.
 

Er stoppte erst, als er nur noch etwas weniger als einen Meter von ihr entfernt stand. Sakura fühlte sich mehr als unwohl, er war ihr einfach viel zu nahe. Zurückzuweichen traute sie sich nicht, so wie sich der Uchiha ihr gegenüber bisher verhalten hatte, glaubte sie auch nicht, dass sie vor ihm fliehen konnte. Es war wahrscheinlicher, dass er ihr sofort nachsetzen würde, also blieb sie stehen. Auch wenn es sie ihre ganze Willenskraft erforderte.
 

Sie ballte die Hände zu Fäusten um ihren inneren Fluchtinstinkt zu unterdrücken und wandte die Augen ab um nicht in seine schauen zu müssen. Jedes Mal wieder hatte sie das Gefühl in diesen schwarzen Seen zu ertrinken, also mied sie den direkten Blickkontakt wie ein Maulwurf die Sonne. “Was willst du?”, presste sie hervor und kniff sekundenlang die Augen zusammen, als erwarte sie einen heftigen Schlag für ihre unbedachte Äußerung.
 

Erst herrschte völlige Stille, bis sie plötzlich eine sanfte- und vor allem unerwartete Bewegung ihrer Haare spürte.
 

Sie drehte erschrocken den Kopf zu dem Uchiha und sah mit großen Augen dabei zu, wie er ihr die rosanen Haare ganz sachte hinter ihr Ohr schob. Seine Augen blickten sie nicht an, erst als er seine Finger zärtlich unter ihr Kinn schob und es anhob, sah er sie an. Die schwarzen Augen ernst und unbewegt. Ohne eine Regung. Selbst als er sein Gesicht zu ihr beugte und auch als es nur noch Millimeter von ihrem entfernt war, konnte Sakura keinerlei Emotionen aus seinem Blick deuten. Es war, als seien seine Augen erloschen... leer... so wie ihre.
 

Sakura konnte sich nicht bewegen. Ihr Körper schien vom Geist isoliert. Die Vernunft schrie ihr aus Leibeskräften zu sich zu rühren, wegzulaufen, aber ihr Körper verlangte von ihr zu bleiben, abzuwarten.

Warm streifte sein Atem ihr Gesicht. Zum ersten Mal stieg ihr sein Geruch in die Nase und ließ sie kurzzeitig vergessen wer er war und was sie hier überhaupt tat.

Niemand, wirklich niemand, war ihr bisher so nahe gekommen. Außer ihrer Mutter, erlaubte Sakura es keiner Person sich ihr zu nähern. Nur ihr Vater durchbrach immer wieder die Grenze, wenn er sie verprügelte und demütigte.
 

Sie bewegte sich auch dann nicht, als er die letzte Distanz zwischen ihnen überwand und seine Lippen sanft auf ihre legte.
 

Sakura riss die Augen auf und starrte ihn entgeistert an.
 

Sasuke drückte sachte gegen ihre Lippen und strich nach einigen Momenten mit seiner Zunge über ihre Unterlippe. Langsam schob er eine Hand über ihre Taille, zog sie so etwas mehr zu sich und ließ sie dann an ihrem Rücken verweilen. Seine Augen waren weit geöffnet und beobachteten ihre Reaktion genau.
 

Sakura schrie innerlich und hätte am liebsten wie wild um sich geschlagen, doch ein anderer Teil von ihr genoss Sasukes unerwarteten Kuss. Noch niemals fühlte sie sich so zerissen wie jetzt. Einerseits wollte sie nicht das dieser Moment endete, doch andererseits wusste sie, dass sie das nicht länger aushalten konnte.

Ihr Herz schlug jetzt schon protestierend schnell in ihrer Brust und sie spürte die Tränen, die sich in ihren Augen sammelten.

Bevor sie ihre Gefühle ordnen konnte, ja überhaupt Zeit hatte zu reagieren, war es schon wieder vorbei.
 

Sasuke löste sich bestimmt von ihr, doch sein Gesicht blieb ganz nah bei ihrem, sodass sie seinen warmen Atem erneut auf ihrer erhitzten Haut spüren konnte. Zu ihrem Erstauen rang er kaum merklich nach Luft. Es war nicht mehr als das zischende Einatmen, was ihr diese Tatsache verriet- und doch ein so wichtiges, interessantes Detail über das sie später nachdenken musste.
 

Sasuke fuhr mit seiner Hand vom Kinn hoch zu ihrer Wange, strich behutsam über ihre blasse Haut. Dabei streifte er auch die Schwellung ihrer rechten Wange. Sakura zuckte zusammen, als ein leichtes Pochen einsetzte und drehte automatisch den Kopf wenige Millimeter zur Seite. Er schien es nicht zu bemerken, zumindest ließ er sich nichts anmerken. Seine schwarzen Augen hingen wie gebannt an ihren Lippen, als könne er sich nur schwer von ihnen losreißen.
 

Sakura erwachte langsam aus ihrer Verwirrtheit und schnappte bestürzt nach Luft. Sie atmete stoßweise ein und aus, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ihr Herz raste und ihr brach kalter Schweiß aus. Sie hasste Nähe, doch das eben hatte alles bisher dagewesene übertroffen. Sie war nahe daran, den Verstand zu verlieren. Endgültig.
 

“Willst du nochmal, Süße?”, hörte sie plötzlich Sasukes raunende Stimme. Es war wie ein Schlag in ihre Magengrube. Nicht seine Worte. Sie waren bedeutungslos, da er das eben Geschehene sowieso nicht weiter beachten würde. Nein, es war der Tonfall, in dem er ihr das sagte. Er war so kalt und herablassend, als würde er sie verspotten und sich nur lustig über sie machen. Ohne es wirklich zu merken, liefen ihr nun Tränen über ihre Haut und tropften auch auf Sasukes Hand, die noch immer an ihrer Wange lag.
 

Plötzlich verlor Sakura ihre Beherrschung. Sie hob ihre Hand, holte aus und versetzte dem schwarzhaarigen Uchiha eine schallende Ohrfeige. “Wie kannst du es nur wagen!”, schrie sie ihn mit tränenerstickter Stimme an und zitterte haltlos am ganzen Körper.
 

Die Umstehen hielten die Luft an und sahen keinen Augenblick weg. Sie konnten nicht fassen was geschehen war und waren nun unsicher, ob sie einschreiten oder weiterhin nur beobachten sollten.
 

Totenstille machte sich breit. Niemand wagte auch nur laut zu atmen.
 

Sasuke selber hielt fassungslos seine feuerrote Wange, auf der sich noch die Fingerabdrücke Sakuras abzeichneten.
 

“Wie kannst du es nur wagen”, wiederholte Sakura völlig außer sich und schluchzte laut auf. Sie presste eine Hand auf ihren Mund um das verräterische Geräusch zu ersticken. Als sie sich nach einigen Momenten etwas gefangen hatte glitt ihre Hand nach unten und legte sich auf ihr Herz. Sie merkte es nichtmal.

“Mach das ja nie wieder!”, schrie sie ihn erneut an, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte weinend aus der Klasse.

Zurück blieb ein sprachloser Uchiha und eine noch viel fassungslosere Klasse.
 

~Flashback Ende~
 

Nun stand sie völlig außer Atem in diesem Gang und versuchte ihre wild unherwirbelnden Gedanken zu ordnen. Doch nicht nur ihr Denken spielte verrückt, auch ihr Körper machte ihr schwer zu schaffen. Nicht nur das sie wie Espenlaub zitterte, ihr kalter Schweiß aus allen Poren lief und ihre Knie merkwürdig weich waren, auch ihre Wangen brannten heiß vor Scham. Und plötzlich wurde ihr mit überwältigender Klarheit bewusst, dass sie gerade ihren ersten Kuss bekommen hatte. Oder vielmehr, das er ihr gestohlen wurde.
 

Niemals hätte sie gedacht, dass es jemals so weit kommen würde. Oder wenn, dass es dann wenigstens ein Mann sein würde, der sie von ganzen Herzen liebte und den sie ebenso innig liebte.
 

Nicht dieser eiskalten Uchiha, der sie zutiefst verabscheute und für den sie auch keinerlei Sympathien übrig hatte.
 

Sakura schloss die Augen und legte den Kopf in Nacken. Was hatte er sich dabei nur gedacht? fragte sie sich zum wiederholten Male. Warum hatte er das getan? Wollte er sie nur demütigen? Er musste doch gemerkt haben, dass sie sich nicht wehren konnte und hat das vielleicht als wortlose Zustimmung gewertet. Sie wusste es nicht, aber es interessierte sie warum er sie geküsst hatte. Besser gesagt, sie verlangte zu wissen, warum.
 

Zwar erwartete sie nicht wirklich eine ehrliche Antwort zu bekommen, dennoch verstummten die Fragen in ihrem Kopf nicht. Sakura zwang sich diese Überlegungen ruhen zu lassen, doch sobald sie das Thema fallen ließ, kam das nächste Problem in Sicht.
 

Sie hatte Sasuke, dem Sasuke Uchiha eine deftige Ohrfeige verpasst. Und das vor der ganzen Klasse. Er musste zutiefst gedemütigt sein.
 

Sakura zuckte bei diesem Gedanken unwillkürlich zusammen. Für dieses Schmach würde er sich sicherlich noch rächen, da war sie sich sicher. Diese Begebenheit würde er nicht auf sich beruhen lassen. Dafür war der Uchiha viel zu stolz.

Sie hatte in diesem Moment allerdings keinen anderen Ausweg gesehen um ihn loszuwerden. Wenn sie daran dachte, dass sich sogar ihre Finger auf seiner blassen Haut abgezeichnet hatten, musste sie lächeln. Es war eine gänzlich neue Erfahrung für sie mal nicht diejenige zu sein die geschlagen wurde, sondern die selber schlug.

Das Lächeln erstarb.

Es war kein schönes Gefühl.

Sie wurde eher von Reue geplagt, als von Freude über die gelungene Rache.
 

Sie sank an der Wand zu Boden und zog die Knie an den Körper. Zwar durchfuhr sie dabei ein heftiger Schmerz, doch das war ihr egal. Noch immer rannen ihr Tränen über die blassen Wangen und tropften auf ihren Blazer hinab.

Sakura fühlte sich innerlich so taub, als hätte Sasukes Kuss jegliche Kraft aus ihr gesaugt. Eben war sie noch viel zu aufgewühlt gewesen um das zu spüren, doch jetzt, als sie ein wenig zur Ruhe gekommen war, merkte sie es umso mehr. Sie vergrub das Gesicht an ihren Beinen und versuchte die stoßweisen Schluchzer zu unterdrücken, die ihren Körper schüttelten.
 


 

Sakura wusste einfach nicht, ob sie Freude oder Scham, Trauer oder Wut empfinden sollte. Sie war schlicht und einfach... verwirrt. Besser konnte sie ihren jetzigen Zustand nicht beschreiben.
 

Sie stöhnte auf und schlang ihre Arme enger um die Knie. Da bekam sie ihren allerersten Kuss von einem Typen der sie nicht leiden konnte, sie demütigte wann immer er konnte und sie knallte ihm nach seinem erzwungenen Kuss eine und rannte dann noch weinend aus der Klasse.
 

Dieser Tag war einfach nur ein Reinfall gewesen. Sie ersehnte schon jetzt den Zeitpunkt da endlich Schulschluss war. Hoffentlich würde die Rache des Uchihas nicht allzu schlimm ausfallen. Auch wenn das eine naive und irrsinnige Vorstellung war.
 

Wenigstens würde sie heute Abend keine Prügel von ihrem Vater beziehen.
 

Ein kleiner Lichtblick in der Trübheit dieses Tages.



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Von:  xXSakuraHarunoXx
2013-02-23T08:46:02+00:00 23.02.2013 09:46
ich habe deine ff doeuch gelesen. ich fand die kuss zene toll:-) biss dann.
Von:  blackMirai
2011-12-28T22:01:57+00:00 28.12.2011 23:01
hab grad deine ff gelesen und muss sagen ist echt ergreifend^^
ich hab die ganze zeit dazu das lied von luxuslärm gehört schrei so laut ich kann das passt da echt gut rein ;) hoffe du machst bald mal weiter...
dein schreibstil ist auch sehr sehr gut :)
ツglg blackMirai
Von:  Hina09
2011-10-12T15:28:02+00:00 12.10.2011 17:28
Eine Tolle ff ^^
Auch wenn es echt dramatisch ist :(
Ich hoffe du schreibst irgendwann mal weiter :)
(Und wenn nicht, bitte nicht die ff löschen bitte)
Du hast einen super schreibstil und die handlung ist genial, mal was ganz anderes als sonst ;)

Lg Hina09
Von:  The-Sunn
2010-08-08T18:51:03+00:00 08.08.2010 20:51
super kapitel
Von:  nastja265
2010-06-03T21:57:15+00:00 03.06.2010 23:57
*heul* ich finde es schrecklich *heul*
also ich habe die ganzen Kapitel gelesen und bin nur am weinen
wie kann mann seine Kinder schlagen bzw. Kind und dann die Mutter vergewaltigen und erst Sasuke mann ich könnte beide umbringen
wenn man zu hause geschlagen wird in der schule sasuke hat die arme sakura.
ich finde es gut das du über das thema so schreibst weile es viele Kindern das gleiche passiert (FASt alle ) und ich kenne die Gefühle von Sakura :( naja danke das du die FF schreibst lg nastja265
Von: abgemeldet
2010-05-02T22:42:34+00:00 03.05.2010 00:42
toooooooooooooooooollllllll
machhhhh biitte schnelll weiter <3
Von:  -Lika-
2010-03-19T19:00:11+00:00 19.03.2010 20:00
oh mein gott! sasuke ist unfair >.< wahrscheinlich hatte er gedacht, das sakura sich in ihn verliebt wenn er sie küsst, und das sie wie alle anderen weiber ihm hinterherlauen. aber sie ist nicht so!
sakura tut mir sooo leid >.< schrecklich!
du hast das alles so real geschrieben!
einfach klasse!
bitte schreib schnell weiter! ich kanns kaum aushalten..
lg
Von: abgemeldet
2009-12-24T01:06:31+00:00 24.12.2009 02:06
toll
schreib schenll weiter >:<
Von:  XxGirlyxX
2009-12-21T20:56:31+00:00 21.12.2009 21:56
Das Kapitel hast du echt toll beschrieben.
Was hat Sasuke sich eig. dabei gedacht? Küsst er jemanden immer einfach so? und dann die Ohrfeige xD Geil so müsste sie sich bei ihrem Vater währen ... aber der würde sie dann bestimmt tot schlagen ...
Zum Glück ist ihr Vater nicht da.
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel
gglg
Von: abgemeldet
2009-12-20T09:06:07+00:00 20.12.2009 10:06
hey super kapitel
ist dir super gut gelungen.
ich bin gespannt was sasuke so denkt.
mach weiter sooo
lg, yesilli


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