Erstaunen
Ohne zu zögern vertraute sie ihm, wusste selbst nicht wieso sie dies tat, aber wenn man sich liebte tat man manchmal die seltsamsten Dinge. Sie hatte ihn ziehen lassen, erfuhr nicht mehr, aber das war okay. Neji wusste schon was er tat, dafür kannte sie ihn gut genug.
Doch wie sollte sie die Hochzeit aufschieben? Sollte sie sich in ihrem Zimmer einsperren und warten oder lieber mit offenen Karten spielen, dass der Bräutigam sich verspäten würde? Doch wie lange musste sie warten? Eine Stunde, einen Tag oder gar eine Woche? Vielleicht kam Neji auch erst nach einem Monat wieder oder gar nicht. Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie ihm vertrauen musste. Bedingungslos.
Am nächsten Morgen klopfte sie sachte an die Tür des jetzigen Oberhauptes und wartete darauf, dass ihr Einlass geboten wurde. Sie lag fast die ganze Nacht wach, verbrach sich den Kopf und entschied sich nach langen hin und her für den direkten Weg. Es brachte nichts ein falsches Spiel zu spielen, immerhin währt Ehrlichkeit am längsten.
Hiashi gewährte ihr den Zugang und sie tat vorsichtig ein.
„Störe ich?“, fragte sie behutsam und gab sich so zu erkennen, denn Hiashi sah nicht von seinen Akten auf.
Als er ihre Stimme hörte, schaute er jedoch auf.
„Tenten.“ Er klang weder überrascht, noch verärgert. „Was kann ich für dich tun.“
Sie wusste nicht genau was sie sagen sollte, geschweige denn, was sie überhaupt wollte.
„Ich soll Ihnen von Neji ausrichten, dass er für eine unbestimmte Zeit die Stadt verlassen muss.“
Kaum hatte sie diese Nachricht ausgesprochen wechselte Hiashis Gesichtsausdruck ins Undefinierbare. Sie konnte nicht genau sagen, ob er bestürzt oder erzürnt war, doch ein Gefühl zwischen den beiden schien die Sache gut zu erklären.
„Für eine unbestimmte Zeit? Ihm ist schon klar, dass die Hochzeit heute ist?“
Sie nickte schwach. „Aber er hat verspochen pünktlich wieder zurück zu sein.“
„Dann sollten wir wie gewohnt weitermachen, auch wenn der Bräutigam sich verspäten wird. Hide wird dich gleich schminken und frisieren, Tenten“, sagte Hiashi und wandte sich wieder seinen Akten zu.
„Hide?“, fragte Tenten irritiert.
„Gibt es ein Problem?“
„Natürlich nicht“, sagte sie schnell.
„Ich hoffe wirklich für meinen Neffen, dass er pünktlich ist. Wer weiß, vielleicht steht sonst jemand anderes vor dem Altar.“
„Soweit wird es nicht kommen“, sagte Tenten zuversichtlich. Doch im Stillen hoffte sie, dass Neji sich beeilen würde. „Hiashi? Ich hätte vielleicht doch eine Frage.“
„Worum geht es?“, fragte er und legte seine Lesebrille ab.
„Denken sie wirklich, dass ich die Position der Frau des Oberhauptes meistern könnte? Ich habe gestern die Bilder meiner Vorgängerinnen gesehen und sie waren alle so bewundernswert und strahlten eine gewisse Ruhe aus. Und sie waren vorher alle Hyuugas. Ich denke nicht, dass meine Augen in die Tradition passen würden. Immerhin sind sie braun.“
Sie war überrascht wie viel sie an einem Stück vor Hiashi gesagt hatte.
„Tenten. Eigentlich ist es ganz einfach“, begann er und lächelte schwach. „Traditionen sind da um irgendwann gebrochen zu werden. Ich will nicht den Fehler den ich bei Hinata gemacht habe noch einmal machen.“
Tenten nickte. Vielleicht hatte Hiashi eingesehen, dass eine Hochzeit unter Zwang nichts bringen würde.
„Ich habe übrigens dein Team zur Hochzeit eingeladen. Ich dachte du würdest dich darüber freuen.“
„Mein- mein Team?“, fragte sie unsicher.
Plötzlich flog die Tür auf und zwei Männer traten ein.
„Tenten. Meine junge Schülerin. Ich freu mich ja so für dich“, sagte ihr Sensei Gai und strahlte über das ganze Gesicht. „Endlich ist das Feuer der Liebe in euch erwacht.“
Das Mädchen verzog das Gesicht und sah zu Nejis Onkel. „Danke“, murrte sie gequält und versuchte dankbar zu wirken.
„Das Anwesen ist so riesig. Eine Schande, dass Neji uns noch nie alles gezeigt hat“, beschwerte sich Lee und sah sich interessiert im Büro des Oberhauptes um.
„Ich habe eine Idee“, sagte Tenten und schob Gai und Lee zur Tür. „Ihr sehr euch das Anwesen in Ruhe an und ich werde mich für die Hochzeit fertig machen. Bis später, Hiashi“, fügte sie noch schnell hinzu und verließ das Büro.
Die beiden hatten ihr gerade noch gefehlt…
---
Obwohl Gai und Lee enttäuscht waren, dass Neji nicht im Hause war und Tenten sich auch wieder verabschiedete, ließen die beiden sie gehen. Sie hatte die Wahl zwischen ihrem Team und Hide, da waren ihr kleine Sticheleien lieber als Ohrenschmerzen.
„Du bist spät“, sagte Hide nur, als Tenten den Raum betrat. „Setz dich.“ Sie deutete auf einen Stuhl in der Mitte des Zimmers.
„Wehe du machst irgendwelche Dummheiten“, warnte Tenten sie. „Die Hochzeit ist bereits so gut wie unter Dach und Fach, da wird ein miserables Make-up auch nichts mehr dran ändern.“
„Wer sagt, dass ich schlampig arbeiten werde? Immer diese Unterstellungen. Du traust mir ja wirklich eine Menge zu.“
„Immerhin lügst du wie gedruckt.“
„Ich lüge?“, fragte Hide mit Unschuldsmiene. „Ich habe nur gesagt, dass zwischen mir und Neji etwas gelaufen ist. Ich habe nie gesagt wann das war. Und nun halt still.“
Hide tupfte Tenten Puder auf die Wangen und war scheinbar darauf bedacht das es ordentlich war.
„Wann war das denn?“, fragte Tenten und wagte nicht sich zu rühren.
„Lange bevor Neji dich überhaupt geliebt hat. Ich war fünfzehn, er sechszehn. Es war auch nicht sonderlich lange.“
Tenten wusste nicht ob es gut oder schlecht war, dass Neji mit Hide zusammen war bevor er sie liebte. Wahrscheinlich war es gut, denn Neji hatte offensichtlich keine Gefühle mehr für Hide.
„Du weißt nicht zufällig wo Neji hingegangen sein könnte?“, fragte Tenten.
„Neji ist gegangen?“
„Ja, gestern Abend.“
„Vielleicht wollte Neji auch nur vor der Hochzeit fliehen. Wahrscheinlich hatte er keine Lust mehr dich zu heiraten oder sonst was“, murmelte Hide und verteilte Rouge auf Tentens Wangen.
„Dann wäre ich doch nicht hier, oder?“
Tenten zuckte zusammen. Diese Stimme, das war - Neji.
Sie drehte ihren Kopf in Richtung Tür und sah in die Augen ihres Verlobten. „Neji, du bist wieder da“, freute sie sich, stand blitzschnell auf und klammerte sich an ihn. „Ich habe schon beführtet, dass du nicht kommst.“
„Ich habe doch gesagt, dass ich rechtzeitig zurück bin.“
„Wo warst du denn?“, fragte Tenten und löste sich widerwillig aus der Umarmung, um ihn besser zu sehen.
„Ich habe jemanden mitgebracht, der dir vielleicht helfen könnte dein Problem mit der Unsicherheit zu lösen“, sagte Neji, strich ihr durchs Haar und lächelte.
„Jemanden… mitgebracht?“, fragte sie unsicher.
Sie beugte sich zur Seite, um hinter Neji zu sehen und entdeckte die zweite Überraschung an diesem Tag, der erst so trübe anfing.
Sie hatten sich solange nicht gesehen, hatte nicht miteinander gesprochen und in dieser schweren Phase brauchte sie die Person mehr denn je.
„Du bist zurück“, sagte Tenten nahezu atemlos.
„Ich sagte doch, dass wir uns irgendwann wieder sehen werden“, antwortete Hinata und schloss ihre Freundin in ihre Arme…