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Otterflügel

von

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Otterflügel
 

Es war einmal eine kleine Höhle am Silberbach in den Purpurwäldern. In dieser Höhle wohnte Dobhran, ein junger Otter mit weißem Fell. Im Sommer schwamm er gerne in dem kleinen Bach, fing Fische oder sonnte sich auf den Wiesen. Im Winter rutschte er über die Eisfläche des zugefrorenen Baches oder tollte im Schnee herum. Am liebsten spielte er mit den Vögeln, denn sie waren seine Freunde und flatterten immer um ihn herum. Doch wenn es kalt wurde flogen sie fort und ließen ihn allein. Dann blieb er einsam zurück und sehnte sich nach dem Frühling. Nur ein paar blieben das ganze Jahr über bei Dobhran und leisteten ihm in den kalten Monaten Gesellschaft.

Der Winteranbruch war nicht mehr fern als ihn die Ersten seiner Freunde verließen. „Nehmt mich bitte mit!“ „Aber Dobhran, du weißt, dass das nicht geht. Wir fliegen weit weg, über das große Meer und die schwarzen Berge. Außerdem fliegen wir zu schnell, du würdest nicht mithalten können.“ Und so musste Dobhran wieder mit ansehen wie ihn die Vögel zurückließen. Traurig blickte er ihnen nach, bis sie hinter den Baumkronen verschwunden waren. „Ich will auch fliegen können, dann kann ich mit ihnen ziehen.“

Mit diesem neuen Wunsch ging er zu einem Rotkehlchen, das in der Nähe seiner Höhle wohnte. Es saß auf einem dünnen Ast und beobachtete ihn. „Hallo, Rotkehlchen. Darf ich dir eine Frage stellen?“ „Guten Tag, Dobhran. Was willst du denn wissen?“ „Woher hast du deine Flügel?“ Der Vogel sah ihn erwundert an. „Ich habe sie seit ich denken kann. Aber warum fragst du mich das?“ „Ich wünsche mir so sehr Flügel, damit ich in den Süden fliegen kann. Und ich dachte, wenn du mir sagst wo du deine her hast bekomme ich dort vielleicht auch welche.“ Des Rotkehlchen schüttelte den kleinen Kopf. „Ich kann dir nicht sagen woher du Flügel bekommst. Frag doch mal die Amsel, aber Dobhran du bist doch ein Otter, du brauchst keine Flügel, Otter fliegen nicht in den Süden.“ Traurig ging Dobhran davon, befolgte aber den Rat und ging zur Amsel.

Sie wusste es auch nicht und schickte ihn weiter, so kam es dass er nach der Suche nach den Flügeln die Purpurwälder verließ. Auf seinem Weg traf er viele Tiere, doch wusste keines eine Antwort auf seine Frage. Die meisten lachten ihn sogar aus und sagten es wäre lächerlich, dass ein Otter fliegen will, doch Dobhran gab sich nicht geschlagen und zog weiter.

Nach vielen Wochen gab ihm ein Zaunkönig den Rat, eine alte Schleiereule aufzusuchen, die am Rande der nördlichen Wälder lebte. Er fand ihren Baum und klopfte an die harte Rinde. Erst tat sich nichts, doch schließlich blickten zwei große Augen auf ihn herunter. Die Eule flog zu ihm herab und musterte ihn. „Was ist dein Begehr?“ „Ich bin Dobhran aus den Purpurwäldern und habe eine Frage an dich.“ „Und die wäre?“ „Weißt du wie man Flügel bekommt? Ich will mit meinen Freunden den Vögeln in den Süden ziehen, aber sie sagen, dass ich es zu Fuß nicht schaffe.“ Die Eule nickte nachdenklich und blickte ihn bedauernd an. „ Es tut mir leid, aber Otter können keine Flügel bekommen. Geh wieder nach Hause und finde dich damit ab.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und verschwand wieder in der Baumkrone. Enttäuscht trat Dobhran den Rückweg an.

Als er wieder in seinen Wald kam, war es schon Weihnachten. Alle Tiere waren fröhlich und damit beschäftigt ihre Freunde zu besuchen, um ihnen Geschenke zu bringen. Nur Dobhran konnte sich nicht freuen, denn sein größter Wunsch war scheinbar unmöglich.

Geknickt ging er in seine Höhle um sich dort zu verkriechen. Als er gerade in sein Bett steigen wollte sah er auf dem Boden eine große Nuss liegen. Sie war fast so groß wie sein Kopf und auf ihr waren Buchstaben eingeritzt. „Knack mich“ stand darauf. Dobhran machte sich sogleich daran die Nuss zu öffnen, was ihm nach langem Ausprobieren endlich gelang. Sie war gefüllt mit Erde, weiter nichts. Voll Enttäuschung ließ er sie fallen und fing an zu weinen. Die Tränen tropften von seinem Gesicht und tränkten den Boden. Plötzlich flammte ein kleines Licht inmitten der Nuss auf, das zu einem schwachen Glimmen heranwuchs. Verwundert sah Dobhran die kaputte Nuss an. Das Licht erlosch und ein kleiner Keimling schob seinen Kopf durch die Erde. Der Sprössling wuchs in Windeseile zu einer großen Pflanze heran, verzweigte sich, bekam Blätter und eine große Knospe, die sich langsam öffnete. Aus der Blüte tanzten viele kleine Lichtpunkte, die sich im Raum verteilten und langsam durch die Luft schwebten. Als sich die Blume ganz geöffnet hatte erhob sich ein größerer Lichtfleck, der langsam die Gestalt eines Schmetterling ähnlichen Wesens annahm. Es schwirrte um ihn herum und blieb dann vor seinem Gesicht stehen. „Hallo kleiner Otter, warum bist du so traurig?“ „Meine Freunde, die Vögel sind in den Süden gezogen und ich konnte nicht mit weil ich keine Flügel besitze. Ich habe überall gefragt woher ich welche bekomme, aber alle haben gesagt, dass Otter nicht fliegen können.“ Eine dicke Träne rollte über seine Wange hinab zum Kinn, doch die Fee fing sie auf, bevor sie herunterfallen konnte und hielt sie in den kleinen Händen. „Dann soll sich dein Wünsch erfüllen.“ Mit einem Lächeln löste sie sich auf und die Blume verdorrte. Die kleinen Lichtpunkte flogen auf Dobhran zu und setzten sich an seinen Rücken. Er spürte ein schwaches Kribbeln und als er nach hinten sah erblickte er zwei weiße Flügel. Überglücklich rannte er hinaus, versuchte erst etwas unbeholfen sich vom Boden abzustoßen, erhob sich dann aber in die Lüfte und flog gen Himmel davon.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sencha
2012-02-10T16:40:44+00:00 10.02.2012 17:40
Süßes Märchen^^
Vor allem der Abschnitt mit der Fee war sehr lebendig und anschaulich geschrieben.


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