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Drachenkind

von

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Todsünde

Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Annie konnte einfach nicht fassen, dass er tatsächlich vor ihr stand.

„So überrascht mich zu sehen?“, fragte er und ging ihr weiter entgegen. Ihr Mund öffnete sich, als wollte sie Worte formen, doch kein Ton entwich ihr. Ihr Mund schloss sich und sie schluckte heftig.

Sie wich wenige Schritte zurück und zuckte zusammen, als sie im Rücken plötzlich die Mauer spürte. Ihre Augen zuckten nach rechts und sie sah die Stufen, die sie vor wenigen Augenblicken erst hinaufgekommen war. Sie würde niemals schnell genug sein, um vor ihm davon zu laufen. Aber es schien nur er allein zu sein. Vielleicht konnte sie ihm ja doch entkommen.

Doch mit seinem triumphierenden Lächeln schwand ihre Hoffnung auch wieder.

Jonathan Semerloy stand nun direkt vor ihr.

Annies Herz schlug laut und heftig in ihrer Brust. Ihr Atem ging stoßweise und Schweiß brach ihr aus allen Poren aus. Jonathan hob eine Hand und fuhr mit dem Daumen über ihre zitternde Unterlippe. Sie war starr vor Angst. „So rot und so verführerisch. Wie viele Männer haben diese Lippen wohl schon geküsst? Dabei hätte dir das gar nicht zugetraut.“, flüsterte er heißer.

Annie schluckte, doch ihre Kehle war so ausgetrocknet, dass es schmerzte. Ohne, dass er es direkt ausgesprochen hatte, wusste sie, dass er sie gesehen hatte. Aber wie? Es war doch dunkel!

„Du bist eine kleine Hure.“, fuhr Semerloy fort und nun war seine Stimme kalt und schneidend. „Wer hätte das gedacht? Ich bin fast ein wenig gekränkt.“

Bei dieser Beleidigung schnappte sie nach Luft. Noch nie hatte jemand sie so genannt. Wie konnte er es wagen! Er kannte sie nicht! Er hatte keine Ahnung!

Wütend funkelte sie ihn an. Jonathan Semerloy hob fragend und scheinbar auch amüsiert die Augenbrauen. Offenbar fand er es ganz erheiternd sich anzuhören, was sie zu sagen hatte.

„Ihr habt keine Ahnung!“, zischte sie und erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. Nie zuvor hatte sie so voller Verachtung und Hass gesprochen. „Wagt es nie wieder mich eine Hure zu nennen! Wenn ich eine Wahl gehabt hätte, wäre ich niemals die Frau von diesem... diesem Monster geworden! Ich habe immer einen anderen geliebt! Ihr kennt mich nicht! Ihr wisst nicht, wie es ist jemanden zu lieben, den man nicht lieben darf! Also urteilt nicht über mich! Heute Nacht habe ich das einzig richtige getan.“ Ihr Burstkorb hob und senkte sich heftig und ihr schwirrte von ihren eigenen Worten der Kopf.

Schweigend sah er sie an, dann verzog sich sein Gesicht zu seiner Maske aus Wut. Er holte mit der Hand aus. Annie hob die Hände, um ihren Kopf zu schützen, doch er schlug neben sie auf die Wand ein. „Du hast keine Ahnung!!!“, schrie er sie laut an. „Ich habe mich immer an die Regeln gehalten und konnte trotzdem nicht verhindern, dass-“ Plötzlich brach er ab, als wurde er sich erst richtig bewusst, was er hatte sagen wollen. Auf einmal fuhr er mit seiner Hand grob in ihre Haare. Im nächsten Augenblick konnte Annie seine Lippen auf ihren spüren.

„Nein.“, formte sie unter seinem Mund und versuchte ihn von sich zudrücken. Doch er ließ nicht von ihr ab, sondern küsste sie nur umso heftiger. Dieses Mal stemmte sie richtig ihre Arme gegen seine Brust. Seine rechte Hand fuhr ihren Körper entlang und berührte ihren Busen.

„Nein!“, sagte sie noch einmal. Nicht einmal schreien würde ihr etwas nützen, realisierte sie mit Schrecken. Niemand würde sie hören. Sie versuchte alle Kraft aufzubringen, die sie hatte. Tränen rannen ihr über die Wangen. „Warum tut ihr das?“, fragte sie verzweifelt, während er nun ihren Hals küsste.

„Ich nehme mir nur, was ich will.“, antwortete Jonathan und küsste ihr Ohr.

„Warum?“

„Ich weiß genau wie es ist.“, antwortete er und versiegelte ihren Mund erneut.

Das durfte nicht geschehen!, dachte Annie panisch. Ihr Leben war ihr egal, aber nicht das Kind. Sie musste sein Kind beschützen! Das war sie ihm schuldig, unter allen Umständen und egal was es sie kosten würde. Noch einmal versuchte sie all ihre Kräfte aufzubringen und Jonathan Semerloy mit einem Ruck von sich zu stoßen. Die Angst um ihr Kind verlieh ihr zusätzliche Kräfte. Sie fühlte sich stärker, als irgendwann schon einmal zuvor.

Zu ihrer eigenen Überraschung gelang es ihr sogar. Auch Jonathan war sichtbar überrascht. Das Staunen war offen in seinem Gesicht zu sehen.

Ein paar Schritte stolperte er zurück.

Zu viel.
 

Plötzlich kippte Jonathan Semerloys Körper nach hinten. Annie sah, wie sein linker Fuß in der Luft hing. Der rechte stand halb auf der Treppenstufe. Seine Arme suchten nach Gleichgewicht, wo es keines mehr gab. Sein Gesichtsausdruck änderte sich blitzschnell von Staunen zu Ungläubigkeit und schließlich, als er realisierte was geschah, in nackte Angst.

Ohne nachzudenken machte Annie einen Satz nach vorn und streckte die Arme nach ihm aus. Obwohl sich die Zeit plötzlich endlich auszudehnen schien, verfehlte sie ihn knapp. Ihre Finger griffen ins Leere.

Einen Wimpernschlag lang schien Jonathan Semerloy in der Luft zu schweben. Sein Körper zeichnete einen Bogen. Dann war der Moment vorbei und es ging rasend schnell. Er fiel nach unten.

Hart schlug sein Körper auf den Stufen auf. Er überschlug sich zwei oder dreimal, bevor er die restlichen Stufen nach unten stürzte.

Annie hörte seine Schmerzensschreie.

Und das Brechen von Knochen.

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bevor er zum erliegen kam.

Jonathan Semerloy lag mit dem Bauch auf dem kalten Boden. Sein Kopf war zur Seite gedreht, die Augen noch geöffnet. Der linke Arm war merkwürdig verdreht, ebenso das rechte und linke Bein. Der rechte Arm lag unter seinem Körper, als hätte er versucht den Sturz abzufangen. Er rührte sich nicht.

Steif vor Entsetzen starrte Annie ihn an. Sie wartete darauf, dass er sich bewegten oder einen Laut von sich gab. Ein Stöhnen oder Ächzen oder eine seiner Beleidigungen, ganz egal was.

Nichts dergleichen geschah.

Er rührte sich nicht.

Zitternd machte sie einen Schritt nach vorn. Ihre Hände fanden Halt am Mauerwerk. Ohne dass sie es bemerkte, rutschte ihr Körper die Wand nach unten, so dass sie schließlich die Stufen mit den Fingern berührte. Daran hielt sie sich nun fest. Sie kroch die Stufen nach unten. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden.

„Jonathan?“, flüsterte sie heißer und mit kaum hörbarer Stimme. Sie erhielt keine Antwort.

Langsam kroch sie neben ihn, bis sie in seine grünen Augen blicken konnte. Sie schienen blind, starrten leblos ins Leere.

Mit bebenden Fingern berührte Annie ihn an der Schulter, hoffte so ein Zeichen von ihm zu bekommen. Als nichts geschah, schüttelte sie ihn sogar leicht. So, wie sie es früher am Abend mit Draco getan hatte. Gleichzeitig rann eine Träne ihre Wange hinab, als das Geschehene langsam in ihr Bewusstsein drang.

Auch dieses Mal erhielt sie keine Reaktion.

Erst jetzt begriff Annie, was wirklich geschehen war, was sie getan hatte. Entsetzt schlug sie beide Hände vor den Mund um ihren Schrei zu unterdrücken.
 

Sie hatte ihn umgebracht.
 

Sie schrie gegen ihre Handflächen und biss schließlich hinein. Schmerz schoss durch ihre Hand. Es war wahr. Es war nicht nur ein Traum, dachte sie panisch. Ihr Atem ging hektisch, gleichzeitig liefen ihr Tränen in Bächen die Wangen herunter. Als sie schließlich keine Luft mehr bekam, musste sie die Hände wegnehmen. Sie beugte sich nach vorn, stützte sich mit den Händen ab und atmet durch den Mund. Ihr Körper wurde von Krämpfen geschüttelt und sie begann zu würgen.

Ungläubig schüttelte sie den Kopf.

Das hatte sie nicht gewollt! Sie hatte doch nur das Kind schützen wollen!

Sie hatte jemanden getötet! Sie war eine Mörderin!

Wenn Barrington davon erfuhr... Man würde sie bestrafen, sie verurteilen und dann hängen, hinrichten oder bei lebendigem Leib verbrennen.

Sie hatte all dies verdient.

Aber das Kind, rief eine leise Stimme in ihr.

„Das Kind.“, wiederholte sie die Worte laut. Sie musste das Kind in Sicherheit bringen.

Auf einmal spürte sie ein starkes Ziehen im Unterleib, der sie schmerzhaft zusammensinken ließ. Sie musste sich verstecken, dachte sie ängstlich. Sie brauchte ein Versteck, bis das Kind geboren war. Sie musste es in Sicherheit wissen.

Erst dann würde sie sich ihrer gerechten Strafe stellen können.

Sie musste die Burg verlassen, überlegte sie, während ihre Tränen langsam versiegten.

Mit zitternden Knien stand sie auf und machte vorsichtig einen Schritt zurück. Dann noch einen und noch einen. Langsam entfernte sie sich immer weiter vom grausigen Ort ihrer Todsünde. Erst als sie Jonathans Semerloys Leiche nicht mehr sehen konnte, wagte sie es sich umzudrehen. So schnell es ihr möglich war lief sie zum Seiteneingang, von dem sie zuvor gekommen war.

Sie kannte nur noch einen Gedanken: Sie musste fliehen und das so schnell wie möglich und so weit wie möglich.

Ihre Angst trieb sie direkt zum Pferdestall.

Auf dem Hof war es stockdunkel. Annie achtete nicht auf den Weg und sie stolperte hin und wieder, schaffte es aber sich zu fangen, bevor sie fiel. Sie wurde allein von dem Gedanken, ihr Kind in Sicherheit zu bringen, getrieben. Auch, wenn sie wusste, dass ihr eigenes Leben verwirkte war.

Annie war erleichtert, dass sie keinen der Stallburschen wach an traf. Zwei von ihnen schliefen schon vor dem Tor. Es stand noch offen und Annie trat in das dunkle Gebäude ein. Nur eine einzelne Lampe flackerte noch schwach und erhellte den Raum spärlich. Ohne zu überlegen, lief sie weiter in den Stall hinein. Ohne Sattel würde sie nicht reiten können, dachte sie. Selbst mit Sattel war es fraglich, ob sie sich auf dem Pferd würde halten können. Ob es gut oder schlecht für ihren Zustand war, daran verschwendete sie keinen Gedanken. Sie musste weg und das um jeden Preis. Am Ende des Stalles sah sie plötzlich einen braunen, ledernen Sattel auf einem Strohballen abgelegt. Sicher sollte er noch weggeräumt werden, aber das hatten die Burschen nicht mehr geschafft.

So schnell sie konnte, ging sie darauf zu. Neben sich tänzelten die Pferde leicht. Sie waren aufgewacht und eine Box stand sogar offen. Das musste die von Hera sein. Sobald sie merkten, dass Hera verschwunden war, würde sich Dracos Flucht von selber erklären. Vor dem Sattel blieb sie stehen und atmete tief durch. Als sie daneben auch noch das passend Zaumzeug liegen sah, konnte sie ihr Glück kaum glauben.

Mit beiden Armen versuchte Annie den Sattel anzuheben. Nur mäßig gelang es ihr, aber sie würde ihn auf keinen Fall bis in die Box und dann auf das Pferd bekommen. Zuerst einmal musste sie also das Pferd holen. Annie nahm das Zaumzeug in die Hände und ging damit zu der Box, die ihr am nächsten war. Sie hatte keine Zeit wählerisch zu sein. Sie kannte die Tiere sowieso nicht.

Vorsichtig öffnete sie die Tür. Es war ein gräulicher Hengst. Wage kam er Annie bekannt vor. Das Pferd ging misstrauisch einen Schritt zurück und Annie wartete in der Tür, bis es sich beruhigt hatte. Erst dann machte sie einen weiteren Schritt und streckte dabei ihre Hand aus. Vorsichtig kam das Tier näher und ließ sich dann von ihr am Kopf berühren.

„Gutes Pferd.“, flüsterte Annie und redete sanft auf es ein. „Du bist ganz bestimmt ein sehr schnelles Tier und sehr stark. Du wirst mich und mein Kind sicher hier fortschaffen, nicht wahr? Brav.“ Mit geübten Griffen legten sie dem Hengst das Zaumzeug an, während sie weiter auf ihn einredete. Gleichzeitig war sie ihrem Bruder unendlich dankbar, dass er ihr gegen den Willen ihrer Eltern das Reiten gelehrt hatte.

Nachdem fertig war, führte sie das Pferd aus der Box heraus, nahe zu der Stelle an der auch der Sattel lag. Dann strich sie dem Tier noch einmal beruhigend über die Nase. Anschließend beugte sie sich noch einmal über den Sattel. Sie würde nur einen Versuch haben. Würde es misslingen, würde sie das Tier nur unnötig scheu machen und vor allem keine Kraft mehr für einen zweiten Versuch haben.

Zuerst drehte sie den Sattel so, dass sie ihn auf den Rücken des Tieres schwingen konnte. Dann umfasste sie den Sattel mit beiden Händen und begann bis drei zu zählen: „Eins, zwei, drei.“ Bei drei nahm sie all ihre Kraft zusammen, riss den Sattel hoch und schwang ihn auf den Rücken des Tieres. Er lag schief und ein Steigbügel hatte sich zwischen Sattel und Pferderücken verklemmt. Das Tier wurde unruhig. Annie wusste, dass sie ihm wehtat, aber zuerst musste sie den Sattel richtig auf seinen Rücken platzieren. Erst, als sie das geschafft hatte, ging sie um das Tier herum. Kurz streichelte sie das Pferd auf dem Nasenrücken. Dann stemmte sie eine Hand unter den Sattel. Mit der anderen zog sie den Steigbügel hervor. Sie rückte den Sattel noch ein wenig zurecht und redete die ganze Zeit weiter auf das Tier ein. Langsam beruhigt es sich wieder. Als sie sicher war, dass der Sattel gut saß, schloss sie den Verschluss.

Kurz verspürte sie ein neues Ziehen im Bauch und sie blieb einen Moment regungslos stehen. Es war zu anstrengend. Aber es würde bald vorbei sein, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sie wusste zwar noch nicht, was sie tun würde, aber wenn sie erst einmal weg von der Burg war, würde ihr sicher etwas einfallen.

Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, stellte sie sich nun auf den Strohballen. Es war so fest gebunden, dass es sie tragen konnte. Von dort aus, setzte sie einen Fuß in den Steigbügel. So fiel es ihr leichter aufzusitzen. Doch das Sitzen war ihr unangenehm. Ihr runder Bauch drückt gegen den Knauf und ihr Kleid hatte sich irgendwo verhakt. Sie versucht es hervorzuziehen, doch es gelang ihr kaum. Also ließ sie es bleiben. Es raubte ihr nur wertvolle Zeit.

Mit einem kurzen Schnalzen der Zunge brachte sie das Tier dazu sich in Bewegung zu setzen. Das Geräusch der Hufe, die auf den steinernen Boden aufschlugen, war das einzige in das Nacht. Es bereitete Annie eine Gänsehaut. Die Burg lag wie ausgestorben da. Und dann musste sie an denjenigen denken, der am Fuße der Treppe lag.

Sie ritt durch das große Tor und begann gleichzeitig zu überlegen, wo sie eigentlich hinwollte. Zu Alexander konnte sie auf keinen Fall gehen, denn das würde gewiss der erste Ort sein, an dem Barrington nach ihr suchen würde. Vielleicht konnte sie in die Richtung reiten, in die Draco geritten war. Vielleicht würde sie ihn einholen können. Für einen kurzen Moment gab sie sich der Illusion hin, dass sie gemeinsam fliehen könnten. Dann schüttelte sie den Kopf. Nein, für sie gab es keine glückliche Zukunft. Nicht nachdem, was sie getan hatte.
 

Annie konnte nur im Trapp reiten. An einen schnellen Galopp war nicht zu denken. Zu sehr schmerzte es in ihrem Unterleib und das Stechen kehrte zurück. Die Stadt verließ sie. Sie war dankbar dafür, dass Barringtons in seiner Eitelkeit die Stadtmauer hatte abreisen lassen, um eine neue, größere zu errichten. So hatte Draco zuvor schon ungehindert die Stadt verlassen können und nun auch sie.

Der Vollmond spendete ihr Licht und Annie wählte einen Weg weiter abseits, der an einem schmalen Waldweg entlangführte. Es hatte seit Tagen nicht geregnet und das Gras war trocken. Sie würde keine sehr auffälligen Spuren hinterlassen. Und wenn, dann bestand immer noch die Möglichkeit, dass Wildtiere sie wieder unkenntlich machten.

Alles um sie herum war still und bei jedem Knacken, welches aus dem Wald drang, zuckte sie ängstlich zusammen. Für Wegelagerer oder Diebe war sie eine leichte Beute. Dabei hatte sie nicht einmal etwas, was man ihr stehlen konnte. Sie besaß nichts, außer dem Kleid auf ihrem Leib und vielleicht noch ihren Haarschmuck.

Plötzlich hörte sie neben sich ein Rascheln und sie umklammerte die Zügel fester. Gleichzeitig versuchte sie sich einzureden, dass es nur ein Tier gewesen war. Vielleicht ein Reh oder Fuchs. Doch das Rascheln kam noch einmal und kurz darauf hörte sie ein kurzes Kichern. Annie sträubten sich die Haare und trotz der Schmerzen, die es ihr bringen würde, trieb sie das Pferd dazu an, schneller zu werden. Aber das Kichern und das Geräusch von Hufen verfolgte sie. Zuerst konnte sie es nur hinter sich hören. Sie blickte nach links, doch konnte sie nichts ausmachen. Es war zu dunkel und das Licht des Mondes reichte nicht bis in das tiefe Astwerk der Bäume hinein. Dann war es plötzlich neben ihr und verstummte auf einmal so schnell, wie es gekommen war. Annie zog an den Zügeln und das Pferd blieb stehen. Mit hämmernden Herzen horchte sie in die Nacht hinein, strengte ihre Augen an, in der Hoffnung, etwas erkennen zu können. Doch der Wald lag schwarz und unheimlich neben ihr. Nur ein paar Grillen hörte sie zirpen und sie atmete erleichtert aus. Sie waren an ihr vorbei geritten. Was wollten sie auch mit einer schwangeren Frau, die nichts bei sich hatte? Sicher hatten sie das eingesehen und waren weiter geritten.

Abermals schnalzte sie mit der Zunge und das Pferd machte einen Schritt nach vorn. Jäh sprang etwas Riesiges, Dunkles aus dem Wald hervor und stellte sich ihr mitten in den Weg. Vor Schreck schrie Annie und das Pferd bäumte sich auf.

„Wohin des Weges schöne Frau?“, sagte eine Männerstimme vor ihr. Erst jetzt wurde sich Annie bewusst, dass es sich um ein Mann und sein Pferd handelte, die plötzlich vor ihr standen. Doch nicht nur vor ihr, realisierte sie mit Entsetzen. Auch hinter ihr tauchte ein Mann zwischen den Büschen auf, gefolgt von einem Weiteren.

„Was für einen interessanten Fang wir doch gemacht haben.“, sagte der Mann vor ihr. „Ihr könnt es leicht haben oder schwer, das liegt ganz bei euch. Gebt uns einfach alles wertvolle was ihr besitzt und das Pferd und wir lassen euch gehen oder wir müssen ein wenig nachhelfen und das würde uns nicht sonderlich gefallen.“, grinste er sie an.

Trotz ihrer Angst konnte Annie nur daran denken, dass sie ohne Pferd noch hilfloser wäre. Barrington hätte sie ohne weiteres eingeholt. Sie schüttelte zitternd den Kopf und flüsterte heißer: „Nein... Ich kann euch das Pferd nicht geben. Ich... Ich habe nur das Tier und das was ich auf dem Leib trage. Ihr könnte es mir nicht wegnehmen.“

„Ach, das tut uns aber leid. Bevor wir es euch wegnehmen, verratet uns doch, warum ihr das Pferd so dringend braucht. Dann haben wir hinterher mehr zu Lachen.“, sagte er hämisch und die anderen beiden lachten laut. Annie strafte die Schultern und sah ihr Gegenüber an. Es gab nicht mehr viel, was sie zu verlieren hatte.

„Ich brauche es, um zu fliehen.“, antwortete sie ehrlich.

Spöttisch sah der Mann sie an. „Ach und wovor?“

„Vor meinem Mann.“

„Ts, was habt ihr ihm denn getan, dass ihr noch in der Nacht vor ihm davon laufen müsst. Wolltet ihr ihm nicht gefällig sein?“ Wieder ertönte schallendes Lachen hinter hier. Annie wurde ganz kalt, als sie daran dachte, was sie tatsächlich getan hatte.

„Ich tötete seinen besten Freund.“, antwortete sie heißer und hielt dennoch dem Blick des Mannes stand. Sie sah wie sich seine Augen vor Schreck weiteten. Die anderen verstummten schlagartig. Sie empfand eine gewisse Genugtuung dabei und das machte ihr noch mehr Angst.

„Ich mache euch ein Angebot.“, fuhr Annie fort, ehe einer der Männer etwas sagen konnte. Sie sagte zwar etwas, doch sie wusste nicht, ob es wirklich sie war, die da sprach. Nie zuvor hatte sie sich so reden gehört.

„Was für eines?“, fragte der fremde Mann und klang schon nicht mehr so spöttisch. Offenbar hatte ihn ihre Antwort nachhaltig beeindruckt.

„Versteckt mich über den Tag, bis zu Einbruch der Nacht. Danach bringt mich zu meinen Bruder. Im Gegenzug verspreche ich euch, das Pferd, meine Kleider, die sich sicher teuer verkaufen lassen, meinen Haarschmuck und noch ein paar extra Goldmünzen.“

„Und wo wollt ihr die Goldmünzen hernehmen? Ihr sagtet doch gerade, dass ihr nichts bei euch habt.“

„Mein Bruder wird sie euch natürlich geben. Er ist ein angesehener Mann und wird euch belohnen.“

„Ich weiß nicht, einen Handel mit einer Frau nimmt nie ein gutes Ende.“, murmelte einer hinter ihr und Annie warf ihm einen abfälligen Blick zu. „Habt ihr Angst vor mir?“, fragte sie und nun war sie es die spöttisch klang. „Ich bin doch nur eine einfache Frau, die eure Hilfe erbittet.“

„Ihr könntet uns jederzeit in einer Falle locken!“, wiedersprach er heftig.

Annie schüttelte den Kopf. „Und wie sollte ich das anstellen? Ihr seid mir zahlenmäßig überlegen, eure Stärke einmal ungeachtet. Ihr habt nichts zu verlieren, sondern könnt nur gewinnen. Alles was ich dafür verlange, ist ein wenig Schutz.“ Genau in jenem Moment spürte sie abermals dieses schmerzhafte Ziehen in ihrem Unterleib und sie zog scharf die Luft ein.

„Wie heißt euer Mann?“, fragte der Mann vor ihr und schien offenbar der Anführer zu sein. Anscheinend war von ihrer Antwort, seine Entscheidung abhängig. Annie zögerte. Sollte die Wahrheit sagen oder wäre dies erst recht ein Grund, sie sofort auszurauben und einfach ihrem Schicksal zu überlassen? Barrington war gefürchtet, gewiss auch bei den wage mutigsten Männern.

„Was ist? Ist euch der Name entfallen?“, drängte er sie zu einer Antwort.

„John Barrington.“, stieß sie aus und schloss die Augen. „Es ist John Barrington, er ist mein Mann.“, flüsterte sie.

Schweigen folgte und unsicher sah Annie die Männer einen nach dem anderen an. Sie konnte in ihren Gesichtern nicht lesen, was sie dachten.

„John Barrington?“, wiederholte er ungläubig. „Als ihr sagte, ihr habt seinen Freund getötet, meintet ihr den, der immer mit ihm unterwegs ist? So ein großer, blonder?“, fragte der Anführer schließlich. Annie nickte und zog die Schultern nach oben. Wenn sie daran dachte, wie Jonathan die Treppe herunterfiel, an seinem überraschten Gesichtsausdruck und die starren Augen, wurde ihr ganz schlecht.

„Wie ist es passiert?“

„Es... es war ein Unfall... Er wollte mich ber- berühren und ich habe ihn die Treppe heruntergestoßen.“, stammelte Annie und Tränen traten in ihre Augen. Mörderin!

„Er hat es verdient.“, stieß ihr Gegenüber auf einmal so heftig aus, dass sie zusammenzuckte. „Auch ich habe schon meine Bekanntschaft mit ihm gemacht oder besser gesagt meine Frau. Zumindest war sie das damals noch. Keine Ahnung was jetzt aus ihr geworden ist.“, sagte er verächtlich und Annie konnte den Schmerz aus seiner Stimme hören. Sie musste nicht einmal fragen, was geschehen war. „Was immer sie getan haben, er hat es verdient. Wir werden sie morgen Nacht sicher zu ihrem Bruder bringen, sie haben mein Wort darauf.“, sagte der Mann. Überrascht blickte Annie ihn an. Doch noch bevor sie ihm danken konnte, gab er einem der Männer hinter ihr ein Zeichen und dieser griff nach ihren Zügeln. Zum Dank nickte Annie stumm. Sie fragte nicht einmal danach, wo man sie hinbrachte, sondern legte ihr Schicksal ganz in die Hände dieser fremden Männer. Sie hatte wirklich nichts mehr zu verlieren.
 

Die Sonne war kurz vorm Aufgehen, als sie endlich anhielten. Vollkommen erschöpft hob Annie den Kopf. Sie standen vor einem heruntergekommenen Haus, irgendwo am Rande der Stadt. Die Fenster waren an einigen Stellen eingeschlagen und das Dach teilweise eingefallen. Niemand würde wohl auf die Vermutung kommen, dass sich hier überhaupt jemand aufhielt, dachte sie

Einer der Männer stieg ab und half ihr vom Pferd. Inzwischen war sie so schwach, dass ihre Beine sofort nachgaben, als ihre Füße den Boden berührten. Der Unbekannte stützte sie. Auch ihr Blick war verschwommen. In ihrem Nacken spürte sie den Atem des Pferdes und sie sah es an. Vorsichtig strich sie ihm über die Nase. Es hatte sie weit gebracht. Doch als sie erkannte, welche Farbe sein Fell wirklich hatte, erstarrte sie. Es war ein schneeweiser Schimmel. Ein großartiges, prächtiges Tier. Genau so einen Schimmel hatte Jonathan... Entsetzt ließ Annie die Hand sinken. Ein wahnsinniges Lachen bildete sich tief in ihr und nur mit Mühe unterdrückte sie es. Von all den Pferden in Barringtons Stall, wählte sie ausgerechnet, dass, dessen Besitzer sie umgebracht hatte.

Wie grausam konnte das Schicksal sein?

Am ganzen Körper zitternd würde sie in das Haus geführt, zu einer windgeschützten Ecke. Dort war ein einfaches Lager errichtet worden, ausgestattet mit Decken und sogar Kissen. Man hatte sie anscheinend direkt in ihren Unterschlupf gebracht.

„Mann, sie sehen echt fertig aus.“, sagte der Anführer und strich ihr über die Wange. „Sie können sich hier beruhig ausruhen. Es wird sie niemand finden und wenn, dann schaffen wir sie vorher weg. Niemand sollte den Zorn von John Barrington ausgesetzt sein und schon gar nicht, nachdem was sie getan haben.“

Ohne seine Worte richtig verarbeitet zu haben, nickte Annie trotzdem und ließ sich dann in die Decken sinken. Bevor sie in den Schlaf glitt spürte sie noch einmal das Ziehen.
 

Mühsam öffnete er die Augen. Seit einiger Zeit war Hera langsamer geworden. War sie zu Beginn ihrer Reise im schnellen Galopp geritten, trappte sie nun mehr vor sich hin. Ihr Rücken schaukelte in einem gleichmäßigen Takt unter ihm und hatte ihn immer wieder in den Schlaf gelockt.

Nur wage erkannte Draco, das sie durch einen Wald ritten. Doch welcher Wald es war oder wie lange sie eigentlich schon unterwegs waren, konnte er nicht sagen. Seine Erinnerungen verschwammen, wenn er versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen. Etwas, was ihm zuvor noch nie passiert war.

Obwohl Hera die ganze Arbeit geleistet hatte, so war es ihm doch, als hätte er die Strecke zu Fuß zurückgelegt. Er wollte ausruhen, schlafen. Für einen kurzen Moment, kam ihm in den Sinn, wie erbärmlich das klang. Der Drache, der er einst gewesen war, war endgültig gestorben.

Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen, doch es währte nur kurz.

Plötzlich kam Hera zum Stehen. Bewegungslos verharrte Draco auf ihrem Rücken, zu schwach das Seil zu lösen. Erst da nahm er das vertraute Gurgeln eines Bachlaufs war. Ein Blick nach unten bestätigte es ihm. Hera hatte an einer Quelle halt gemacht. Sie trank bereits davon. Er sollte auch etwas trinken, dachte Draco langsam. Er war ausgedorrt. Mit der rechten, gesunden Hand, tastete er an den Taschen entlang, die an dem Sattel befestigt waren. Er musste seinen Körper ein wenig krümmen, damit seine Hand in die Tasche fassen konnte. Zuerst spürte er nur Stoff und Leder. Seine Finger stießen schließlich auf etwas festes, ledernes und schließlich kaltes Metall.

Erleichtert atmete Draco auf. Er hatte gewusst, dass Alexander an so etwas gedacht haben würde. Draco zog den Dolch aus der Satteltasche. Er legte den Zeigefinger auf die Klinge, um ein besseres Gefühl dafür zu haben, wie er den Dolch führte. Anschließend führte er ihn unter das Seil und mit einer schnellen Ruckbewegung schnitt er es durch. Er spürte, wie sein Körper nun etwas lose auf dem Rücken lag. Wäre er nicht an der einen Seite noch festgebunden, wäre er sicher heruntergefallen. Mühsam hob Draco den rechten Arm und gleichzeitig den linken und nahm den Dolch so in die linke Hand. Dann machte er das gleiche auf der anderen Seite. Sobald das Seil durchschnitten war, hielt ihn nichts mehr auf Hera und er glitt seitlich von ihrem Rücken herunter. Unsanft landete er mit dem Rücken auf der Erde, den Dolch noch immer fest umklammert.

Er würde ihn auch nicht loslassen.

Zitternd drehte er sich um. Der Bach lag direkt vor ihm. Mit den Händen klammerte sich Draco am Gras fest und zog sich nach vorn. Sein Kopf war etwas über dem Ufer und er streckte die rechte Hand nach dem Wasser aus. Er nahm eine Hand voll und trank es gierig, genauso wie es Hera neben ihm tat. Das wiederholte er noch eins, zwei Mal, dann verließen ihn wieder die Kräfte. Er brauchte einen Unterschlupf. Vorsichtig drehte er den Kopf ein wenig. Dieser Teil des Waldes war von Büschen und Hecken überwuchert. Niemand würde ihn sehen können, wenn er darin ein Versteck fand. Hera würde besser auf sich aufpassen können, als er jemals in der Lage dazu gewesen war, dachte er bitter. Auf die Ellenbogen gestützt kroch Draco nach vorn. Sein Blick war starr auf den Busch vor ihm geheftet. Unten, nahe dem Boden, war er nicht ganz so stark bewachsen. Es sah sogar beinah so aus, als wäre es das Versteck eines Rehs gewesen. Wenn er dort war, würde er ausruhen können, sagte er sich immer wieder. Nur noch ein Stückchen.

Mit letzter Kraft schleppte sich Draco unter den Busch. Den Dolch hatte er noch immer in der Hand und platzierte ihn schützend vor seinem Körper. Kaum war er im Schatten der Zweige, Äste und Blätter gelegen, verschwand die Welt um ihn herum auf ein Neues.
 

Den Tag verbrachte Annie in einem halbwachen Zustand. Ihr Körper war zwar vollkommen erschöpft, doch ihr Geist war zu aufgewühlt, um erholsamen Schlaf zu finden. Immer wenn sie dabei war in den Schlaf abzudriften, sah sie wie sie Jonathan Semerloy die Treppen herunter stieß und er tot an dessen Ende liegen blieb.

Einer der Männer ging irgendwann. Die anderen gaben ihr Wasser und einen Kanten Brot, wobei sie das Brot nicht herunterwürgen konnte. Sie hatte keinerlei Appetit. Nicht einmal der Gedanke an das Kind, konnte sie dazu bringen etwas zu essen.

Erst am Nachmittag kam der Mann zurück. Abermals war sie aus einem Albtraum erwacht und streichelte ihren Bauch. Das Ziehen in ihrem Unterleib kam und ging und sie betete, dass es so bleiben würde. Inzwischen war ihr nur zu bewusst, was es eigentlich bedeutete. Aber es durfte einfach noch nicht sein.

„Ich kann Ihnen sagen, sie haben ganze Arbeit geleistet.“, sagte einer der Männer zu ihr. Annie schaute ihn mit verschleiertem Blick an.

„Was meinen sie?“, brachte sie zwischen trockenen Lippen hervor. Der Mann vor ihr hatte schwarzes, lockiges Haar, das ihm bis auf die Schultern reichte. Es sah schmutzig und strähnig aus, doch es tat seinem Gesicht keinen Abbruch. Denn das war recht hübsch, stellte Annie fest. Glatte, ebenmäßige Züge, volle Lippen und grau-blaue Augen. Über seine Nase zog sich eine rosa Narbe, die ihn gefährlich wirken ließ, auch wenn Annie den Eindruck hatte, das er das eigentlich gar nicht war oder sein wollte. Seine Kleidung war abgetragen und doch bewegte er sich mit einer Gewandtheit, die vermuten ließ, dass er eine anständige Bildung und Erziehung genossen hatte. Nach seinen Namen hatte sie nicht gefragt und das würde sie auch nicht. Er würde ihnen allen nur zum Verhängnis werden.

Ein anderer reichte ihr noch einmal einem Becher Wasser und sie trank es dankbar. Dieser Mann war klein und ein wenig untersetzt, doch unter seinem Hemd und der ledernen Weste konnte sie feste Muskeln sehen. Er hatte fliehendes, aschblondes Haar und seine Augen waren braun. Seine Nase war ein wenig Schief, als wäre sie schon einmal gebrochen gewesen. Doch auch sein Gesicht wirkte auf sie freundlich. Sie konnte gar nicht glaube, dass diese Männer Wegelagerer sein sollten und unschuldige Reisende ausraubten. Genauso erging es ihr auch mit dem dritten Mann. Er hatte rötliches Haar und Sommersprossen im Gesicht verteilt. Seine Augen waren grün, braun und er war von großer und kräftiger Statur.

„Nun, ihr Gatte lässt sie im ganzen Land suchen. Sie und noch einen Gefangenen, den er als groß, sehr hellhaarig und blauäugig beschreiben ließ. Außerdem sollte er wohl eine Brandmarkung in der linken Hand haben. Auch er ist gestern Nacht aus der Burg verschwunden. Eure Flucht und die des Anderen hängen nicht zufällig zusammen?“, fragte der schwarzhaarige Mann und musterte sie eindringlich.

„Nein.“, flüsterte Annie und widerstand dem Drang den Kopf zu senken. Diese Geste hätte sonst alles verraten. Dennoch konnte sie in seinem Gesicht sehen, dass er ihr nicht richtig glaubte.

„Es ist eine hohe Belohnung, sowohl auf sie als auch auf den Kerl ausgesetzt.“, fuhr er fort und zog dabei seinen Dolch aus der Scheide. Scheinbar in Gedanken versunken, warf er ihn von einer Hand in die andere.

Einen Moment war Annie über dieser Nachricht erschrocken. Ihre Bedeutung war ihr nur allzu verständlich. Doch dann besann sie sich. Diese Männer waren nicht dumm und jeder von ihnen hatte wohl schon genug über John Barrington gehört. „Sie wissen, dass sie ihre Belohnung niemals erhalten werden, auch wenn sie mich jetzt auf der Stelle zu ihm bringen.“

„Ts, ja.“, antwortete er verächtlich. „Es bringt uns wirklich mehr, wenn wir dann ihr Pferd nehmen und das verkaufen. Würden wir sie zurückbringen, würden wir wahrscheinlich mit am Galgen landen.“

Annie nickte leicht. Sie war froh, dass diese Männer sich nicht so leicht von Gold und Versprechungen täuschen ließen. Auch, wenn sie ihr nur aus eben diesem Grund halfen. Sie sog scharf die Luft ein, als das Ziehen plötzlich wieder durch ihren Körper fuhr. Sie hielt sich den Bauch.

„Sie bekommen jetzt aber nicht ihr Kind?“, fragte der Blonde. Annie musste bei der Panik in seiner Stimme sogar leicht lächeln.

„Ich denke, es ist noch Zeit.“, antwortete sie und schloss die Augen. Sie hoffte, sie würde es noch bis zu Alexander schaffen – wenn Barringtons nicht seine Wut an ihm ausgelassen hätte. Zweifelsohne würde er bei ihm zuerst nach ihr suchen.
 

Nach Einbruch der Dunkelheit wurde sie von einem Rütteln an der Schulter geweckt. Irgendwann war sie schließlich doch vor Erschöpfung eingeschlafen. Der rothaarige Mann kniete über ihr und half ihr nach oben.

„Es ist alles ruhig und aus der Stadt gab es auch nichts Neues.“

„Wissen sie ob Barrington bei meinem Bruder gewesen ist?“, fragte Annie ängstlich.

„Nein, wie gesagt man hört nichts. Es wird sogar erzählt, dass Barrington seit heute Morgen nicht wieder in die Burg zurückgekehrt ist. Wir sollten jetzt aufbrechen. Sie reiten mit mir im Sattel. So wie sie aussehen, würden sie ohnehin nur sofort wieder vom Pferd rutschen.“

Wiederstandlos ließ Annie sich auf die brauen Stute aufhelfen und ließ auch zu, dass er die Arme um ihren Taille legte. Sie lehnte sich sogar gegen seine Brust, einfach um ihren eigenen Körper zu entlasten.

Bereits am Tag hatte Annie ihnen beschrieben, wie sie zu Alexander gelangen könnten. Mit gleichmäßigen Atemzügen versuchte sie den Schmerz, den die Wehen verursachten abzuschwächen. Die Abstände waren geringer geworden und noch mehr Angst machte sich in ihr breit. Warum wollte es jetzt schon geboren werden?, dachte sie verzweifelt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
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Dieses Mal will ich euch nicht einfach am Ende eines Chaps einfach so im „Regen stehen“ lassen. Aber was soll ich sagen?
Die Szene von Jonathans Tod zu schreiben, ist mir sehr, sehr schwer gefallen. Ich habe nebenbei gerade Angefangen Supernatural Season One zu schauen (das war also im August letzten Jahres) und trotzdem, konnte ich es nicht über mich bringen. Für diesen doch relativ kurzen Abschnitt, brauchte ich ungefähr 2 Stunden und jetzt bei der Überarbeitung hat es noch mal so lange gedauert.
Ich mag Jonathan sehr und es tut mir leid, dass er hier als der totale Arsch rüber kommt. Ich wünschte, ich hätte Gelegenheit gehabt ihn mir zu entwickeln und vor allem Einblick in seine Geschichte zu geben. Denn das würde einiges erklären. So müsst ihr euch mit Andeutungen zufrieden geben (oder auch nicht) und vielleicht in der Hoffnung leben, dass da doch noch mal was zu ihm kommt. (Ich habe es zumindest vor. -.^)
Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen. Mit seinem Tod wurde das Ende definitiv eingeläutet und ich freue mich schon darauf, es endlich hochladen zu können. Wenn ich mich nicht irre, sind es nur noch vier Kapitel – wenn sie sich nicht wieder verselbstständigen und teilen. Das hier war auch mal sehr viel länger.

CU
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: enni
2012-06-07T07:01:18+00:00 07.06.2012 09:01
Treppenstufen? Du bringst so einen genialen Kerl mit sowas banalem wie Treppenstufen um? *Heul!!!!* Das war für mich jetzt mal eben die absolut schockierenste Stelle im ganzen Kapitel! Man ich mochte diesen hinterhältigen Sohn einer Schxxxx! ;______; (man was benutz ich denn für ausdrücke [grad über sich selber ziemlich entsetzt ist] daran siehst du aber mal, wie tief du mich da wirklich jetzt erwischt hast. ^^;

Nun von dem mal abgesehen, hat es eine gewisse Ironie das Annies Flucht nun wirklich Semerloy zu verdanken ist, wenn auch auf etwas andere art und weise, wie ich mir das eigentlich vorgestellt hatte. ^^; Noch Ironischer finde ich eigentlich nur noch das Annie dann auch noch Jonathans Pferd erwischt hat. Auch wenn Annie ihr wahnsinniges Gelächter bei der entdecktung nicht entwichen ist, so ist es auf jedenfall mir entkommen. Ich hatte mich darüber köstlich amüsiert. XD

Nun diese "Räuber" sind aber auch nicht unbedingt uninteressant. Es freut mich das sie in ihnen so eine art Helfer gefunden hat, auch wenn ich nicht sagen kann, daß ich einem von denen vertraue. Gut sie werden sie nicht ausliefern, aber Annie sollte trotzdem auf der Hut sein, schaden kann es nie.

Tja die guten sind jetzt auf dem Weg zu Alexander, nur was erwartet Annie da jetzt vorzufinden? Ich weiß sie hatte in letzter zeit viel im Kopf, aber wie sie schon gedacht hatte, Barrington wird doch zuerst da suchen udn sie glaubt doch wohl nicht allem ernstes er wird da einen Stein auf dem anderen lassen. Auserdem egal was Alexander auch zu seiner verteidigung sagen könnte und auch wenn Barrington nicht weiß das Alexander bei der Flucht beteiligt war, er wird ihm nicht verzeihen was Annie getan hat, seinem kranken Geist traue ich verzeihen nicht zu. Was glaubt sie also vorzufinden? Ich frage mich überhaupt was sich die beiden da gedacht haben. Haben sie nicht weiter als bis zu Flucht gedacht? Es verwundert mich und bringt mich zum Kopfschütteln, aber vllt. gibst du mir im nächsten Kapitel ja eine logische Erklärung dazu. XD

Bis dahin fühl dich kräftig geknuddelt!
>.< enni
Von:  funnymarie
2012-03-01T15:03:46+00:00 01.03.2012 16:03
spannend spannend spannend^^
hoffentlich findet barrington draco und anni nicht
und wie hoffentlich bringt sie ein gesundes kind zur welt^^
ich freu mich auf das nächste kapitel
lg funnymarie


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