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Drachenkind

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein neues Kapitel ist endlich da und dieses Mal hat es nicht so lange gedauert, bis ich es geschrieben hatte, sondern die Korrektur. ;_; Ehrlich... ich weiß auch nicht... und dann werden ja immer noch so viele Fehler darin sein... ich geb mir aber immer Mühe. Nur sieht man dann den Wald vor lauter Bäumen nicht. Verzeiht mir...
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Unerwartete Begegnung

Er saß am Rande des Waldes und sah auf die weite Ebene, die ihm inzwischen so vertraut war, wie es zuvor Annies Hütte gewesen war. Die Nacht war klar und warm. Eine der ersten seit dem langen Winter und er genoss es sogar. Auch, wenn seine Gedanken woanders waren. Hinter den erleuchteten Fenstern des Hauses konnte er Susan und Alexanders Schatten hin und wieder sehen. Der Rest der Gebäude lag still da, obwohl er wusste, dass sich darin lebende Tiere verbargen. Draco sah zu dem zweiten, kleinerem Stall. Er war erst wenige Tage alt. Alexander und er hatten ihn innerhalb weniger Wochen aufgebaut. Für Dinge, die sie nicht selbst erledigen konnten, hatte Alexander Fachmänner kommen lassen. Keinen davon hatte Draco je gesehen. Immer hatte Alexander ihn in den Wald geschickt und er war nur zu bereitwillig gegangen. Der neue Pferdestall war nicht nur in seiner Breite und Länger kleiner, als der alte, sondern auch in seiner Höhe. Den Tieren schien das nichts auszumachen und er war sogar froh, nun weniger säubern zu müssen.

Und in diesem Gebäude hatte Alexander ihn irgendeiner Sache beschuldigt, die er noch immer nicht verstand.

Wie lange saß er schon hier?

Kurz hatte er daran gezweifelt, ob es wirklich richtig gewesen war, diese Worte an Alexander zu richten. Aber es war geschehen und er konnte es nicht rückgängig machen. Er hatte Alexander schließlich nur geantwortet. Und die Erinnerung an Alexanders Gesicht in jenem Moment, war all das wert, was nun vielleicht geschehen würde, sagte er sich.

Draco atmete kurz aus. Dennoch hatte er immer noch keine Antworten. Warum hatte Alexander so gehandelt? Annie hatte ihn ebenfalls schon einmal geschlagen, doch der Schmerz damals war nichts im Vergleich zu dem gewesen, wie er ihn jetzt empfand. Dieser würde nicht so schnell vergehen.

Alexanders Worte ergaben für ihn noch immer genauso wenig Sinn, wie das erste Mal als er ihn danach gefragt hatte. Er würde eine Erklärung von ihm verlangen, wenn er kam.

Aber er konnte nicht leugnen, dass es ihn nicht auch verwunderte, dass Alexander noch nicht da war. Nicht, dass er beabsichtigte ihm alles zu erzählen, aber er wollte Alexanders Gesichtsausdruck noch etwas genießen.

Warum ging er nicht einfach?, fragte er sich selbst. Er verstand es nicht. Es wäre doch klüger zu gehen oder nicht? Was sollte er noch an diesem Ort? Alexander würde ihn nicht mehr aufnehmen, keinesfalls. Vielleicht wartete Draco deswegen. Er wollte die Sache mit Alexander abschließen, denn auch wenn er es nicht mochte, aber er verdankte ihm etwas. Und irgendwie... fühlte es sich richtiger an, ihm nicht im Unklaren zu lassen.

Aber wohin sollte er gehen? Darauf gab es keine Antwort, denn es gab keinen Ort zu dem er gehörte.

Sollte er also gleich zu Barrington gehen? Nein, dazu war er noch nicht bereit. Draco wusste das und er war nicht so dumm und würde sich ihm jetzt stellen und seinen sicheren Tod in Kauf nehmen. Nicht, wenn er nicht in der Lage wäre Barrington vorher zu Fall zu bringen.

Plötzlich vernahm Draco eine Bewegung am Haus, ein Schatten nur, der durch die Tür getreten war. Er war sich sicher, dass es Alexander war. Schon bald würde er ihn hier oben gefunden haben.
 

So geschah es auch. Draco sah, wie Alexanders Gestalt die Wiese überquerte und den sanften Hügel nach oben kam. Er selbst stand nicht auf. Annies Bruder würde schon zu ihm kommen. Doch Draco folgte jeder seine Bewegungen, nicht bereit von sich aus etwas zu sagen.

Als Alexander nur noch wenige Meter von ihm entfernt war zog dieser sein Schwert. Draco bemerkte es, bewegte sich aber noch immer noch. Mit einer fließenden Bewegung, wie sie Draco schon oft bei ihm gesehen hatte, lag die Spitze der Klinge unter seinem Kinn, so dass Draco das Metall fühlen konnte. Draco sah ihm direkt in die Augen, ohne Angst, dass er ihn vielleicht töten würde. Alexanders zitternde Hände verrieten ihn.

„Was … Was sollte das? Was hast du damit gemeint?“, fragte Alexander und Draco realisierte mit einer gewissen Genugtuung, dass auch seine Stimme bebte.

„Womit?“, fragte Draco spitz zurück. Er bereitete ihm Freude zu sehen, wie Alexander sich sichtlich in seiner Antwort wandte.

„Das … was du vorhin gesagt hast... Annie hätte den Drachen gefunden und mit zu sich genommen.“, Alexander schluckte, bevor er weiter sprach. „ Woher weißt du es?“

Dracos Mundwinkel zog sich langsam nach oben und er lächelte gefährlich. Dabei ließ er Alexander nicht aus den Augen. Er konnte in dessen Blick sehen, dass er der Antwort nah war, dass er es ahnte. Aber er war noch nicht bereit es zu akzeptieren.

„Ich war dabei.“, sagte er schließlich mit leiser Stimme.

„Wie ...“

Draco sah Annies Bruder noch immer in die Augen, lang und durchdringend. Der Mond schien direkt über ihnen. Er war zwar nur halbvoll, doch Draco wusste, dass es genügen würde. Annie hatte oft genug gesagt, dass sein Gesicht im Mondlicht, anders wirkte, weniger wie das eines gewöhnlichen Menschen. Draco sah, wie Alexander nach wenigen Augenblicken regelrecht zusammenzuckte und einen Schritt zurückwich. Auch das Schwert senkte er, wenn auch nur unbewusst. Jetzt sollte er es endlich begriffen haben.

„Du willst mir weis machen, dass du ... dass Annie ... dass...“, rang Alexander nach Worten und ließ schließlich das Schwert ganz sinken.

„Wie ich sehe, scheinst du zu begreifen.“, merkte Draco spitz an.

„Aber... warum? Ich meine... Warum hast du mir geantwortet. Das tust du doch sonst nie.“, sagte Alexander und klang nun schon etwas gefasster. Seine ganze Körperhaltung verriet aber, dass dem nicht so war.

Draco zuckte gleichgültig mit dem Schultern. Es gab keinen Grund Alexander über seine eigentlichen Beweggründe aufzuklären.

Alexander begann nervös auf und ab zu laufen, immer wieder fuhr er sich dabei durch die Haare. Draco beobachtete ihn einen Moment.

„Wie hat sie das gemacht?!“, fragte er schließlich. Draco schnaubte kurz durch die Nase. Das war alles, was ihm dazu einfiel?, fragte er sich ungläubig. Offenbar fand Alexander die Tatsache, dass er ein Drache gewesen war, nicht so aufrüttelnd, wie die Frage nach dem ‚wie‘.

Wieder zuckte er nur mit den Schultern. Das hatte er sich selbst oft genug gefragt und nie eine Antwort erhalten, auch von Annie nicht. Immer nur hatte sie geheimnisvoll gelächelt.

„Ist es wirklich wahr? Bist du... warst du... ein... Dr-Dra“, Alexander brach ab und sah ihn mit großen Augen an. Nein, Angst konnte Draco nicht darin entdecken. Fassungslosigkeit ja, vielleicht auch Staunen. Aber keine Angst. Fast war er sogar ein wenig enttäuscht. Aber Alexander ließ ihn nicht einmal zu einer Antwort kommen. „Deswegen Draco oder? Sie hat dir den Namen gegeben.“, murmelte er, doch Draco verstand ihn sehr gut.

„Es ist wahr.“, antwortete er ihm kurz. Warum brauchten die Menschen so lange, bis sie die Wahrheit glaubten?

„Warum hat sie das getan? Was war passiert?“, wollte Alexander weiter wissen. Dennoch hörte er nicht auf hin und her zu laufen, was Draco langsam auf die Nerven ging.

Er seufzte leicht. Das waren genau die Fragen, die er erwartet hatte. Manchmal sind die Menschen wirklich leicht zu durchschauen.

„Es wäre mein Tod gewesen.“, erklärte er etwas gelangweilt. Warum machte er sich überhaupt die Mühe?

„Barrington... Dann war es also wahr, was er gesagt hat. Er hatte den ... Dra-Drachen schon fast gehabt und dann ist er ihm doch entkommen.“ Nach diesen Worten sah er Draco an und fuhr fort: „Weil Annie ihn in einen... Ich glaub ich muss mich setzen.“

Draco konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Hätte er gewusst, dass Alexander dadurch so sehr aus der Fassung zu bringen war, hätte er sich ihm schon viel früher offenbart. Alexander ließ sich regelrecht neben ihm ins Gras fallen und verbarg das Gesicht hinter den großen Händen.

„Ich glaube es einfach nicht... Deswegen wollte sie nicht, dass ich es erfahre.“

„Was wollte sie nicht?“, fragte Draco nun aufmerksam.

Jetzt war es Alexander der seufzte. „Sie wollte mir nie erzählen, woher sie dich kennt oder woher du kommst oder was sie so sicher macht, dass-“, plötzlich brach er ab und sah Draco entgeistert an.

„Wenn du ein Drache bist... dann... dann...“ Selbst im Licht des Mondes konnte Draco sehen, wie Alexander erbleichte. „Du hast... Hast... du...“

„Ich war.“, fiel Draco ihm ins Wort und bereute es auch schon im nächsten Augenblick. Alexander hatte sicher gehört, wie schwer es ihm fiel diese Wahrheit zu akzeptieren. Selbst jetzt noch.

„Was?“

„Ich war ein Drache. Nun bin ich es nicht mehr...“

„Aber du...“

„Nein!“, sagte Draco scharf. Er wollte nicht weiter darüber reden oder gar nachdenken. Es war zu spät. Für ihn gab es kein Zurück mehr, nie wieder. „Ich bin ein Mensch.“, wisperte er und konnte nicht anders, als den Kopf zu senken. Als würde die Wahrheit dadurch leichter zu ertragen sein.

Dann senkte sich Schweigen über sie, aber Draco sah aus den Augenwinkeln, dass Alexander immer noch nervös war. Er kaute auf seiner Unterlippe und bewege den Daumen hin und her. Lag es an dem, was er gerade erfahren hatte?, fragte Draco sich. Anzunehmen wäre es. Dennoch erschien ihm diese Reaktion etwas zu spät. Er hatte es doch vor wenigen Augenblicken noch recht schnell akzeptiert.

„Annie wollte nicht, dass ich weiß, wer du bist oder warst.“, sagte Alexander schließlich. „Sie glaubte, es würde mich und Susan nur noch mehr in Gefahr bringen. Jetzt weiß ich auch warum. Barrington sucht noch immer nach seinem Drachen.“

Draco blickte ihn finster an, sagte aber nichts. Er war kein Eigentum dieses Mannes!!!

„Deswegen konntest du weder lesen noch Schreiben oder Mathematik. Sicher ist das nichts allzu ungewöhnliches, allerdings erschienst du mir nicht wie jemand aus der untersten Schicht.“, murmelte Alexander. „Was noch? Was musstest du noch lernen.“

Er wandte den Blick von Annies Bruder ab, der ihn nun neugierig musterte.

Draco presste den Kiefer zusammen. Die Erinnerungen an seine erste Zeit in diesem Körper waren so schmerzhaft wie zuvor. Die Schwäche, Unsicherheit und Angst kehrten für einen kurzen Moment zurück und führten ihm einmal mehr vor Augen, wie verwundbar er gewesen war.

„Alles.“, presste er schließlich zwischen den Zähnen hervor.

„Aha.“, machte Alexander bloß und Draco bemühte sich erst gar nicht, diesen Laut zu deuten. Wieder begann Alexander ihn zu mustern. Ausdruckslos blickte Draco ihn an. Vielleicht würde er jetzt endlich erfahren, was genau Alexander ihm vorgeworfen hat.

„Ich begreife es noch immer nicht.“, sagte Alexander dann.

„Was bedeutet es?“, wollte Draco schließlich wissen. „Entehrt? Was bedeutet es?“

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, verfinsterte sich Alexanders Blick wieder und seine Miene versteinerte sich. Als hätte ihn die Frage an etwas Unliebsames erinnert.

„Nichts.“, antwortet er gedehnt.

Draco erhob sich und stellte sich direkt vor ihn, so dass Alexander ihn von unten anblicken musste. Offenbar war ihm dies selbst unangenehm, denn er stand ebenso auf, bis sie sich gegenüber standen. „Ich glaube dir nicht. Wenn es nichts bedeuten würde, hättest du mich nicht geschlagen.“, flüsterte Draco bedrohlich und fixierte Alexander weiterhin.

„Es bedeutet, dass meine Schwerster sich dir versprochen hat.“, erwiderte Alexander, offenbar nicht bereit sich von ihm einschüchtern zu lassen.

Stumm sah Draco sein Gegenüber an. Nicht weil dessen Worte ihn so sehr erschreckten, sondern weil die Erinnerungen an diese bittersüßen, unglaublichen Momente, umso heftiger geworden waren. Kurz konnte er ihren schlanken Körper noch immer in seinem Armen spüren, konnte er immer noch ihre Haut schmecken und diesen lieblichen Laut von ihren Lippen hören.

Im nächsten Augenblick schüttelte er den Kopf und bemühte sich diese Bilder, Geräusche und Gerüche wieder in dem dunkelsten Teil seines Gedächtnisses zu verbannen.

„Ja, das hat sie.“, antwortete er schließlich. Er sah, wie Alexander heftig schlucken musste, um seine Wut im Zaun zu halten und es verschaffte Draco abermals eine gewisse Genugtuung.

„Weißt du überhaupt, was das bedeutet?!“, fuhr er ihn schließlich an. „Sollte das Barrington jemals erfahren, sind wir alle so gut wie tot!“

„Warum?“

„Weil es eine außereheliche Vereinigung war! Ihr hattet nicht das Recht dazu! Nur, wenn man...“, er brach ab, als er Dracos Gesichtsausdruck sah. „Du hast keine Ahnung wovon ich rede oder? Und Annie hat es dir auch nicht erklärt.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

„Nein.“, erwiderte er ehrlich. „Was heißt es?“

„Unwichtig. Das spielt keine Rolle mehr, jetzt ist es eh zu spät.“

„Wird Barrington es herausfinden?“, fragte Draco weiter. Er verstand nicht ganz was an den Dingen, die er und Annie getan haben so schlimm gewesen war, dennoch wollte er nicht, dass sie deshalb in Schwierigkeiten geriet. Genauso wenig, wie er das für Susan und Alexander wollte. Dafür hatten sie ihm zu oft geholfen.

„Ich denke nicht.“, antwortete Alexander und atmete schwer aus. „Sie hat es geschafft ihn zu täuschen, aber das...“ Alexander tat noch ein paar tiefe Atemzüge und Draco beobachtete ihn dabei. Er wartet darauf, dass er zu Ende sprach, aber das tat er nicht. Stattdessen sagte er: „Es bringt nichts, wenn ich mich hier aufrege. Es ändert nichts, gar nichts.“ Die Frustration in seiner Stimme war deutlich zu hören.

„Was soll ich jetzt mit dir machen?“, richtete sich Alexander wieder an ihn und sah ihn abwartend an.

Draco zuckte abermals mit den Schultern.

„Hast du Angst vor mir?“, fragte er Annies Bruder geradeheraus.

„Ich weiß es nicht. Angst würde ich es vielleicht nicht nennen, aber es ist... beklemmend. Ich mache mir mehr Sorgen um Susan und das Kind, als um mich.“

„Du wirst es ihr sagen?“

„Nein!“, erwiderte Alexander sofort. „Auf keinen Fall werde ich das.“ Er atmete schwer aus. „Ich nehme an, du hast keinen anderen Ort an den du gehen kannst und was passiert, wenn man sich dir selbst überlässt haben wir ja auch gesehen.“

Draco brummte kurz. Das Alexander das sagen würde, war ebenso vorhersehbar gewesen.

„Ich habe Annie das Versprechen gegeben, mich um dich zu kümmern. Ich werde es halten. Ich kann so schon wenig für sie tun. Allerdings muss ich wissen, was du eigentlich willst.“

Verwirrt sah Draco ihn an. Er verstand nicht so recht, was er damit meinte. Alexander handelte nur so, weil er es seiner Schwester versprochen hatte. Er hätte ihn sofort hinaus gejagt, wenn es anders gewesen wäre. Doch nur bei Alexander zu bleiben, weil er sonst keinen anderen Ort hatte, an den er gehen konnte, nur weil dieser vielleicht Mitleid mit ihm hatte, war ihm beinah noch mehr zu wider. Und doch... Alexander war nun einmal der einzige der ihm helfen konnte, sein wahres Ziel zu erreichen.

„Rache.“, sagte er knapp und beantwortete somit Alexanders Frage.

„An Barrington?“

Er nickte kurz.

„Und dafür brauchst du mich. Du brauchst jemanden, der dir die Schwerkunst beibringt.“

„Ja.“, antwortete er wieder ehrlich.

Alexander nickte verstehend.

„Wirst du Susan etwas antun?“

„Warum sollte ich das?“, fragte Draco und klang ehrlich überrascht.

„Du bist schwer einzuschätzen. Ich kann nie sagen, was du wirklich denkst. Woher soll ich wissen, dass etwas von deinem... alten Ich nicht doch wieder zum Vorschein kommt?“

Draco warf Alexander einen kurzen Blick zu, dann wandte er sich ab. Er hielt es nicht für nötig darauf zu antworten, doch er war zu sehr gereizt. Es war ein langer Abend gewesen du seine Wange fühlte sich noch immer heiß an. „Wenn ich deiner Frau oder dir wirklich etwas antun wollte, dann hätte ich es schon längst getan.“, zischte er.

„Du bist auf uns angewiesen. Das ist es, was dich so ärgert.“, stellte Alexander fest.

Draco erwiderte nichts, sondern starrte die Eben hinab. Er hatte genug von diesem Gespräch.

„Wofür wirst du dich entscheiden?“, fragte er dann und sah Alexander noch immer nicht an.

„Ich würde dich wegschicken wollen. Es ist zu gefährlich. Irgendetwas von dem Wesen, das du einst warst, ist noch da. Man braucht dich nur anzusehen und weiß, dass du anders bist. Mir war bisher nur nicht klar, woran das liegt.

„Doch wie ich schon sagte: Ich habe meiner Schwester etwas versprochen und daran werde ich mich halten. Du kannst bleiben. Unter der Bedingung, dass du deine Arbeiten genauso erledigst wie bisher. Was ich dir auftrage, wirst du ausführen, ohne Widerworte. Ich werde dich weiter unterrichten. Nicht nur in der Schwertkunst, sondern auch in anderen Fächern. Und noch etwas verlange ich von dir und ich erwarte, dass du dich daran hältst, sonst werde ich dich persönlich zu John Barrington schleifen.“

Nun sah Draco ihn doch an. Er hatte Alexander schon oft Drohungen aussprechen gehört, doch bisher hatte keine so dunkel geklungen wie diese. „ Ich will, dass du bei allem was du tust stets Annies Wohl im Sinne hast. Mir ist egal, was Barrington dir angetan hat und wie sehr du deine Rache willst. Aber du solltest immer daran denken, dass alles was du tust sich immer auf Annie auswirken kann und wird.“

Draco spannte den Kiefer an, nickte dann aber. Annie zu schaden lag ihm fern, aber bisher hatte er auch noch nie so darüber gedacht. Doch würde er Barrington töten, würde auch Annie wieder sein werden.

„Ich hab ein ungutes Gefühl bei all dem.“, sagte Alexander und machte sich dann auf den Rückweg.

„Ja.“, erwiderte Draco und Annies Bruder sah ihn überrascht an.
 

„Alexander? Alexander?! Was ist los?“, Annie sah ihren Bruder besorgt an und nahm die Hand herunter, mit der sie gerade noch vor seinen Augen gewunken hat.

„Was?“, fragte er sie erstaunt.

„Ich rede mit dir und du ignorierst mich einfach!“, beschwerte sie sich. „Endlich sehe ich dich wieder und du bist nur körperlich da. Wo warst du mit deinen Gedanken?“

„Oh ich... Entschuldige ich habe einfach so viel zu tun in letzter Zeit.“, antwortete er ausweichend, wie Annie vermutete. Misstrauisch sah sie ihren Bruder an. So kannte sie ihn gar nicht. Normalerweise widmete er der Sache, mit der er gerade beschäftigt war, seine volle Aufmerksamkeit. Besonders wenn es um sie ging! Sie fühlte sich fast ein wenige beleidigt. Noch nie, war er ihr so ausgewichen.

„Ist irgendetwas vorgefallen, seit deinem letzten Besuch? Hast du irgendwas... gemacht?“, fragte sie vorsichtig. Sie wusste, dass Alexander sich sehr aufgeregt hatte. Deswegen hatte sie seit jenem Tag die Befürchtung, dass er seine Wut anderweitig ausgelassen hatte. Nur wusste sie nicht, ob sie das so genau wissen wollte.

„Na ja... ich... habe ihn geschlagen.“, gestand er ihr schließlich, schien es aber keinesfalls zu bedauern.

„Was?!“

„Ich war wütend, weil ich ihn genau danach schon gefragt hatte und er hatte es... Ach vergiss es!“

„Was hat er gesagt.“

„Er hat gesagt, dass er nicht wüsste wovon ich spreche. Ich habe es als ein nein gedeutet. Ich musste mich einfach abreagieren und er war nun mal ausgerechnet der Erste der mit begegnete.“

„Alexander!“, sagte Annie scharf.

„Reg dich nicht auf.“, versuchte er sie zu beschwichtigen. „Ihm geht es gut und er hat nicht mal ein paar Spuren davon getragen. Leider.“

Annie stand abrupt auf und lief ihm Zimmer auf und ab. Sie musste sich erst wieder beruhigen, ehe sie überhaupt weiter sprechen konnte. Sie hatte gewusst, dass es Alexander nicht leicht aufnehmen würde, aber dass er gleich so reagierte!

„Wie konntest du das tun?“, fuhr sie ihn dennoch an. „Du weißt sehr wohl, dass ich es nicht im Geringsten bereue. Ihm kannst du keine Vorwürfe machen!“

„Oh doch, dass kann ich sehr wohl! Immerhin gehören zu so etwas immer zwei!“

„Das-“, sie bracht ab und schnappte nach Luft. Dem konnte sie nicht einmal wiedersprechen. Außer das Draco nicht wusste, welche Konsequenzen es haben könnte. Aber das konnte sie Alexander nicht sagen.

„Das bringt doch nichts.“, lenkte Alexander schließlich ein. „Man kann es ja leider auch nicht mehr rückgängig machen.“

Annie atmete tief durch. „Du hast recht.“, sagte sie dann, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen. Es konntet sie Mühe nicht noch weiter mit ihrem Bruder zu diskutieren. Sie setzt sich wieder und die Geschwister sahen sich kurz an.

„Annie, ich mache mir wirklich nur sorgen um dich. Du scheinst das alles so leicht zu nehmen.“

„Das tue ich nicht.“, wiedersprach sie. Wie konnte er das nur glauben? Doch Alexander sprach ruhig weiter. „Mal abgesehen von deinem Gemahl machst du dir keine Gedanken wegen dem Kind selbst?“

„Wie meinst du das?“ Seine Frage überraschte sie und sie verstand sie auch nicht. Hatte sie ihm nicht mehrmals versichert, dass sie glücklich ist. Genauso glücklich, wie sie es nur in der Zeit mit Draco war?

„Ich mein... Was weißt du eigentlich über ihn? Du weißt doch nicht, was er für einen... Hintergrund hat und wie sich dieser... auf das Kind auswirken könnte. Du musst doch selbst zugeben, dass er … irgendwie anders ist, als andere...“

„Wie anders?“, fragte sie, sah ihren Bruder mit großen Augen an. Ihren immer schneller werdenden Herzschlag versuchte sie dabei zu überhören.

Alexander räusperte sich. „Ich finde nur, dass er manchmal... anders wirkt. Ich kann es dir nicht beschreiben... es ist eben nicht... wie...“

„Das ist mir noch nie aufgefallen.“, fiel sie ihm ins Wort. Sie hatte fast den Eindruck, dass Alexander plötzlich sehr viel mehr wusste, als noch vor wenigen Tagen. Warum sonst sollte er plötzlich auf die Idee kommen und so etwas zu fragen? Aber das war vollkommen unmöglich. Draco hätte es ihm niemals erzählt und von ihr hatte er es auch nicht erfahren. Sie bildete es sich sicher nur ein und vielleicht war sie auch ungerecht ihm gegenüber. Er machte sich schließlich wirklich nur sorgen um sie. Sie sollte dankbar dafür sein und nicht gleich so abweisend reagieren.

„Es tut mir Leid.“, sagte sie schließlich. „Aber... es ist mir vollkommen egal, wo er herkommt oder was er früher einmal getan hat. Mir ist nur wichtig, wie ich ihn kennengelernt haben und das ist es auch, was ich so liebe.“

Alexander sah sie einen Moment lang schweigend an und Annie spürte, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Dann schüttelte er den Kopf. „Vielleicht hast du recht. Es geht mich auch nichts an. Es ist zu spät um etwas zu ändern.“, wiederholte er seine Worte. „Möglicherweise mache ich mir ja auch zu viele Gedanken.“

„Ich bin dir dankbar dafür, wirklich. Doch es ist geschehen und ich will es auch nicht anders.“ Sie lächelte matt, als sie sah wie Alexander die Augen verdrehte. „Er ist ein wundervoller Mensch, ein wenige eigen ja, aber sehr liebenswert. Immerhin hältst du es ja auch schon eine ganze Weile mit ihm aus.“, neckte sie ihn.

„Du weiß warum.“, brummte Alexander, dabei fiel Annie auf, wie er die Hände rang, als wäre er nervös oder angespannt.

„Du hast es ihm nicht erzählt oder?“

„Nein. Er wollte zwar wissen, warum ich ihn geschlagen habe, aber ich habe mich rausgeredet. Es würde ohnehin nichts bringen, wenn er es wüsste, höchstens noch mehr Ärger.“

„Da könntest du recht haben.“

„Lass uns nicht mehr darü-“

Die Tür wurde ohne Vorankündigung aufgestoßen und Barrington trat ein. Auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen. Sofort sackte Annie das Herz nach unten. Hatte er ihr Gespräch belauscht?!

„Alexander! Wie schön euch endlich wieder zu sehen. Die letzten Male haben wir uns leider ständig verpasst!“, begrüßte Barrington ihn freundlich und Annie musste sich bemühen, um nicht zu erleichter zu wirke. Noch dazu hatte sie ihn in letzter Zeit so wenig gesehen, dass sie es manchmal sogar vorzog ganz und gar zu vergessen, dass er existierte. Offenbar fiel es ihrem Bruder nicht so schwer angemessen zu reagieren. Er hatte sich schon erhoben und verbeugte sich galant vor John Barrington.

„Es ist mir eine Freude euch zu treffen, Sir.“, begrüßte er ihn ausgesucht höflich. Was mochte gerade in Alexander vorgehen?, fragte sich Annie. Plötzlich hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Alexander so viel anvertraut und nicht daran gedacht, wie er sich damit fühlen würde, würde er jemals Barrington gegenüberstehen müssen. Wie hatte sie nur so selbstsüchtig sein können? Doch jetzt war es zu spät... die Worte waren gesprochen. Aber sie wollte ihn in Zukunft nicht noch mehr belasten. Alles andere würde sie für sich behalten, versprach sie sich selbst.

„Das Vergnügen ist ganz meinerseits. Wie ich hörte erwartet eure Frau ebenfalls ein Kind. Wie kommt es, dass ich es erst jetzt erfahre?“

Annie glaubte so etwas wie einen Vorwurf darin zu hören und sofort war alles in ihr noch mehr anspannt. Wenn seine Stimme so war, war es nie ein gutes Zeichen.

„Oh, das bedaure ich zutiefst. Ich wollte euch nicht damit behelligen, wo ich doch weiß, wie sehr ihr beschäftigt seid.“, sagte Alexander höflich und Annie wunderte sich einmal mehr, wie leicht es ihrem Bruder offenbar gelang, John Barrington das zu erzählen, was er hören wollte. Lieber wäre sie erstickt, als ihm so zu schmeicheln.

„In der Tat, ich bin wirklich sehr beschäftigt.“, nahm Barrington die Entschuldigung an. „Wann wird es denn bei eurer Frau so weit sein?“ Annie wurde misstrauisch. Seit wann interessierte er sich so sehr dafür?

„Wir vermuten, dass es im Juni oder Juli soweit sein wird.“

„Welch ein Zufall. Dann wird eure Schwester ebenfalls meinen Erben zur Welt bringen. Ist das nicht ein äußerst glücklicher Zufall.“

„In der Tat.“, bestätigte Alexander, doch auch seine Stimme klang vorsichtiger. Der Blick, den John Barrington ihr dabei aber zugeworfen hatte, war unmissverständlich. Wieder ging es um diese ungeheuerliche Drohung und Beschuldigung, sie und Alexander... Wut stieg in ihr auf und sie musste mehrmals schlucken, um überhaupt wieder klar denken zu können. Wie konnte man nur auf so einen absurden und widerwärtigen Gedanken kommen?! Wusste dieser Mann überhaupt, was er da sagte?!

Gut, dass sie Alexander davon nicht berichtet hatte. Sie wusste, dass selbst er bei solch einer Aussage nicht hätte ruhig bleiben können.

„Nun, ich nehme an, sie werden nicht mehr allzu viel Freizeit haben.“, fuhr John unbekümmert fort.

„Ich verstehe nicht ganz.“, erwiderte Alexander und auch Annie konnte ihm nicht ganz folgen.

„Ihre Frau wird doch ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Haben sie noch Zeit für ihre Pferde und ihr Geschäft? Was die Pferde anbelangt, kann ich ihnen gern Abhilfe schaffen. Und dieser Kräuterladen...nun... sie wissen, dass es ohnehin besser wäre, gänzlich damit aufzuhören, bevor noch jemand auf falsche Gedanken kommt.“

Alexander schwieg einen Moment und Annies Herz hämmerte in ihrer Brust. Er hatte ihrem Bruder gerade ganz offensichtlich gedroht und das in einer so unverschämten und hinterhältigen Weise, wie sie es noch nie erlebt hatte. Dieser Mann war skrupellos und sah in allem einen Vorteil für sich, den er bereit war schamlos auszunutzen.

„Ich muss sie leider enttäuschen.“, antwortete Alexander und seine Stimme war steif und kalt. „Meinen Geschäften geht es hervorragend. Ich habe gerade noch ein paar neue Kunden hinzugewonnen. Offenbar ist besonders die Küche des Adels daran interessiert neue Geschmackserlebnisse zu kreieren. Natürlich versuche ich meiner Frau zur Hand zugehen, aber mir bleibt noch immer genügend Zeit, mich um die Pferde und die anderen Tiere zu kümmern. Aber ich fühle mich geehrt, dass ihr euch solche Gedanken um mich macht.“, endete ihr Bruder mit einer anschließenden Verbeugung. Annie war tief beeindruckt, wie es ihm gelungen war sich so geschickt herauszureden.

„Das freut mich für euch.“, antwortete Barrington, aber Annie sah, dass dem gar nicht so war. Gerade deswegen empfand sie Genugtuung. Sie bewunderte ihren Bruder dafür und wünschte sie selbst hätte auch nur ein wenig von dieser Courage und Selbstbeherrschtheit. Stattdessen handelte sie oft impulsiv und unüberlegt. Etwas, was sie schon oft in Schwierigkeiten oder Verlegenheit gebracht hatte.

„Wenn dem so ist“, fuhr Barrington fort, „habt ihr doch sicher einen Zuchthengst oder Stute, die ihr mir für meinen Stall überlassen könntet. Eurer Pferd, mit dem ihr immer her reitet ist ein echtes Prachtexemplar.“

„Ich danke euch sehr für dieses Kompliment. Aber seid ihr denn nicht zufrieden mit den Tieren, die ich euch zu eurer Hochzeit zukommen ließ.“

„Doch sehr! Aber ich finden einfach keine Tiere die edel genug wären, um sie damit zu paaren. Nur eure scheinen dafür in Frage zu kommen. Wie macht ihr das bloß? Ihr müsst meinem Stallmeister eurer Geheimnis verraten, sonst muss ich noch annehmen, das Ganze geht nicht mit rechten Dingen zu.“

Wieder spürte Annie einen Stich im Herzen und sie musste sich wahrlich zusammenreisen um diesem Mann nicht zu sagen, was sie dachte. Aber sie durfte sich nicht unnötig aufregen und es würde ihnen allen nur noch mehr Ärger einbringen. Das war eigentlich der hauptsächliche Grund warum sie schwieg.

„Ihr könnt euch gern überzeugen, wenn es euch beliebt. Besucht mich und meine Frau in unserem bescheidenen Heim und ihr werdet sehen, dass meine Zuchterfolge nur auf Glück basieren. Vielleicht findet sich auch ein Hengst, den ihr verwenden könnt. Aber ich kann euch versichern, dass ich euch meine besten Pferde bereits gegeben habe.“

„Das ist eine hervorragende Idee!“, sagte Barrington sofort begeistert und Annie wurde das Gefühl nicht los, dass er nur darauf gewartet hatte. Sie warf Alexander einen entsetzten Blick zu, doch er beachtete sie nicht.

„Was meint ihr, wollen wir eurem Bruder und seiner Frau nicht einen Besuch abstatten?“, wandte sich Barrington nun an Annie. Es war das erste Mal seit Wochen, dass er überhaupt mit ihr sprach.

Was sollte das?!, fragte sie sich verzweifelt. Wieso tat er auf einmal so, als sei alles in bester Ordnung? Was bezweckte er?

„Ich weiß nicht.“, antwortete sie mit trockener Kehle, dann schluckte sie und fuhr etwas gefasster fort: „Ich bin nicht sicher, ob eine so weite Reise gut für mich und das Kind ist. Außerdem wissen wir nicht, wie der Weg mit einer Kutsche zu passieren ist. Es ist anzunehmen, dass der Winter Spuren hinterlassen hat.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass euch das abhält. Ich nahm viel eher an, dass ihr euch darüber freuen würdet euren Bruder und Schwägerin endlich einmal zu besuchen. Oder habt ihr einen anderen Grund?“

Annie erwiderte seinen Blick, wie sie es schon so oft getan hatte. Natürlich hatte sie einen anderen Grund! Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn Draco da wäre! Nie wieder würde sie sich von ihm trennen können.

Barrington sollte nicht zu Alexander! Er würde Draco sehen und er würde... würde er ihn erkennen? Beim Festumzug hatte er sie so seltsam gefragt, aber seitdem auch nie wieder. Er konnte ihn unmöglich erkannt haben. Man hatte Dracos Gesicht gar nicht gesehen und dann wusste er ja auch nicht, dass Draco überhaupt bei Alexander war. Nein, also welche Absicht verfolgte er dann?

„Ich werde mit Doktor Storm sprechen und ihn fragen, was er davon hält. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich meine Schwägerin sehen könnte. Ich bin sicher, wir würde uns sehr angenehm unterhalten, während ihr nach den Pferden seht.“

„Dann ist es beschlossene Sache!“, rief Barrington offenbar sehr erfreut. „ Ich kann ihnen noch nicht mitteilen, wann es denn wäre. Wie sie gehört haben, warten wir erst die Zustimmung von Doktor Storm ab, aber allzu lange will ich es nicht hinauszögern.“

„Wann immer es ihnen recht ist, ihr seid jederzeit bei uns willkommen.“, sagte Alexander und verbeugte sich noch einmal. „Auch, wenn ich selbst gerade geschäftlich unterwegs sein sollte, so wird meine Frau sie doch mit Freuden bewirten, bis ich zurück bin.“

„Das höre ich doch gern!“, sagte Barrington und schlug sich auf den Bauch.

„Ich verabschiede mich dann. Die Pflicht ruft, aber ich freue mich schon sehr!“

„Ich ebenso.“ Noch einmal verbeugte sich Alexander und Barrington verließ daraufhin den Raum. Bis sich die Tür geschlossen hatte und selbst einige Augenblicke danach, wagte es weder Annie noch Alexander zu sprechen. Erst als sie vollkommen sicher war, dass er außer Hörweite war, atmete Annie erleichter auf.

„Verdammt!“, stieß Alexander im gleichen Moment aus.

„Bist du wahnsinnig?!“, zischte sie leise. „Was hast du dir dabei gedacht?! Wenn er ihn sieht, dann ist alles vorbei! Dann war alles umsonst!“ Schnell hatte sich in ihre Stimme Verzweiflung gemischt und sie kämpfte bereits mit den Tränen.

„Ich weiß! Aber was hätte ich den tun sollen?! Was er sagte und eigentlich meinte, war doch wohl offensichtlich! Ich hatte gar keine andere Wahl!“

„Aber... Er... darf ihn nicht sehen!!!“

„Wird er auch nicht!“, sagte Alexander etwas zu heftig.

„Wie soll das gehen!?“, fragte sie ebenso heftig zurück. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schwer und ihr wurde leicht schwindlig. Das konnte alles nicht wahr sein! Es war ein Traum und gleich würde sie aufwachen, ganz bestimmt.

„Ich werde ihn wegschicken...“

„Was?!“

„Ich werde ihm jeden Tag eine andere Aufgabe geben, irgendwo im Wald. Etwas, was ihn den ganzen Tag über beschäftigt halten wird. Mach dir keine Sorgen, mir wird schon was einfallen.“

„Ich soll mir keine Sorgen machen? Wie stellst du dir das vor?!“

„Vertrau mir einfach. Immerhin hab ich ihn ohne zu fragen einfach bei mir aufgenommen.“, erwiderte Alexander und Annie schwieg betroffen. Natürlich hatte er das, sie konnte nichts dagegen sagen. Sie war ihm so dankbar dafür. Ihm würde sicher etwas einfallen, versuchte sie sich selbst zu überzeugen. Aber wie sollte ihm das möglich sein?!

„Wirst du mitkommen?“, fragte er sie dann.

„Nein.“, antwortete sie sofort. „Das würde ich einfach nicht verkraften. Ich werde Doktor Storm bitten mir das zu bestätigen, wenn auch aus anderen Gründen.“

„Eigentlich schade.“, sagte ihr Bruder und klang etwas wehmütig. „Ich hätte mich sehr gefreut, dich wieder in meinem Haus zu haben und Susan ganz gewiss ebenso.“

Annie war nun versöhnlicher. Sie wusste ja, dass Alexander mit allem, was er getan hatte, recht hatte und das es besser so war. Dennoch...

„Ich mich auch.“, antwortete sie schlicht. Dann schwiegen sie eine Weile, bis Annie das Wort wieder an ihn richtete. „Alexander sei mir nicht böse, aber ich glaube ich muss mich etwas hinlegen.“

„Geht es dir nicht gut?“, fragte er voller Sorge.

„Das Ganze hat mich gerade doch sehr mitgenommen und mir ist leicht schwindlig. Ich glaube ich brauche einfach ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken.“

„Natürlich. Tut mir leid, dass es plötzlich so gekommen ist.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich weiß ja, dass du gar keine andere Wahl hattest. Das ist schon in Ordnung. Nur frage ich mich, was er damit beabsichtigt.“

„Ich mich auch, aber wir werden es sicher noch herausfinden.“

„Ja. Ich hoffe nur, dass es dann nicht zu spät ist.“

Alexander umarmte seine Schwester zum Abschied und ging dann ebenfalls. Annie legte sich auf das Bett und schaffte es nur eine dünne Decke über sich zu ziehen, dann war sie bereits eingeschlafen und erwachte abermals in den Erinnerungen eines anderen Wesens.
 

Draco stand im Stall und sattelte Hera. Er überprüfte gerade, ob der Sattel richtig saß, nicht zu eng und auch nicht zu locker. Er hatte es inzwischen zwar schon so oft getan, aber er wollte es lieber noch einmal überprüfen. Sie war ihm zwar sehr angetan, trotzdem auch sehr anspruchsvoll. Ein wenig musste er darüber schmunzeln. Obwohl sie wohl ganz genau wusste, dass er kein gewöhnlicher Mensch war, scheute sie sich nicht, ihn genau wie solch einen zu behandeln. Sie besaß den gleichen Stolz, wie er, musste er sich eingestehen. Und auf keinen Fall wollte er es sich mit ihr verscherzen.

Danach machte er sich an das Zaumzeug und legt es ihr an. Eigentlich gehört es sich wohl anders herum, aber irgendwie hatte er es sich so angewöhnt, ohne das er sagen konnte warum. Nachdem auch das erledigt war, befestigte er die Satteltaschen, um anschließend den Proviant hineinzulegen, den Susan ihm bereitet hatte. Seit drei Tagen tat er nichts anderes, als bereits nach dem Frühstück in den Wald zu reiten. Alexander hatte ihm den Auftrag gegeben, die Bäumen, die von dem langem Winter beschädigt worden waren, zu fällen, ebenso wie bei den jungen Bäumen Äste auszudünnen, damit sie besser wuchsen. Sein Geist wurde dabei nicht sehr beansprucht, aber immerhin beschäftigte es ihn körperlich wieder etwas mehr. Wenn er sich mal einen Tag nicht körperlich sehr anstrengte, fühlte er sich unzufrieden mit sich selbst. Es gab ihm ein besseres Gefühl erschöpft nach der langen Arbeit zu sein und zu wissen, dass er nicht untätig gewesen war. Zudem hatte ihm das Bäume fällen und Holz hacken gezeigt, dass er stärker geworden war. Es zeigt ihm, dass der Zeitpunkt langsam näher rückte.

Wenn er bei Sonnenuntergang zurückkehrte lehrte Alexander ihm noch ein wenig die Schwertkunst, bis die Sonnen vollkommen am Horizont verschwunden war. Über Dracos wahre Natur sprachen sie nicht mehr. An jenem Abend war alles gesagt worden.

Dennoch konnte Draco nicht umhin sich zu fragen, wie Alexander damit umging. Vielleicht lag es daran, dass ihm seine Reaktion einfach noch immer unverständlich war. Er konnte sie einfach nicht verstehen. Annie hätte sicher ganz anders reagiert, dachte er. Sie war in ihrem Wesen sehr viel aufbrausender als ihr Bruder, das hatte er schnell gemerkt. Alexander konnte das zwar auch sein, aber er überdachte die Dinge mehrmals. Entschied er sich dann aber für eines, blieb er auch dabei.

So zumindest schätzte Draco ihn bisher ein.

Und noch etwas wunderte Draco: Warum hatte Alexander ihm gerade jetzt eine Aufgabe gegeben, die ihn jeden Tag in den Wald führte? Immerhin wäre dazu auch noch den ganzen Sommer über Zeit gewesen und Susans Zustand war weiterhin schwankend. Draco erschien es vernünftiger, wenn jemand bei ihr blieb und ihr zur Hand gehen konnte, denn Alexander war häufig geschäftlich unterwegs. Draco mochte Susan irgendwie, wenn er darüber nachdachte. Von Anfang an hatte sie ihn gleichberechtig behandelt und ihn so akzeptiert wie er war: verschwiegen und in sich gekehrt – wie sie es einmal genannt hatte.

Doch natürlich hätte er ihr das nicht gesagt.

Plötzlich drehte Hera den Kopf und ihre Ohren zuckten. Draco drehte ebenfalls den Kopf. Er hatte es auch gehört. Jemand hatte den Hof erreicht. Es wunderte ihn. Es war noch viel zu früh am Morgen und auch sonst hatte er hier keine Besucher gesehen, bis auf den Arzt, der Susan regelmäßig untersuchte. Einen Moment überlegte er, ob er warten sollte bis derjenige wieder gegangen war, doch andererseits hatte er keinen Grund dazu. Er vermied fremde Menschen zwar, doch wusste er auch nicht, wann diese wieder gehen würde. Wenn es einer von Alexanders Kunden war, könnte es länger dauern. Aber wenn dem so war, warum hatte Alexander ihm dann nichts gesagt? Er hielt es für unwahrscheinlich, dass dieser selbst nichts davon wusste.

An den Zügeln führte Draco Hera zum Tor. Inzwischen war Alexander aus dem Haus gekommen und begrüßte seine Gäste. Draco blieb einen Moment stehen und versuchte etwas von ihrem Gespräch zu verstehen. Ein sanfter Wind trug die Stimmen der Männer zu ihm hin. Alexander begrüßte seinen Besuch höflich und zuvorkommend. Noch nie hatte Draco ihn so reden gehört.

„Ich freue mich sie endlich in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Ungeduldig haben wir ihren Besuch bereits erwartet.“, sagte Alexander gerade.

„Haha.“, lachte der Mann schallend und Draco gefror das Blut in den Adern. Doch schon im nächsten Moment wurde ihm unsäglich heiß. Der Zorn brachte sein Blut regelrecht zum kochen.

Barrington!!!

Überall würde er diese Stimme erkennen.

„Sie schmeicheln mir zu sehr. Ich hoffe, ich störe sie zu dieser frühen Stunde nicht.“

„Nein ganz und gar nicht. Ich war schon lange auf und wollte mich gerade an die Arbeit machen.“

„Sie werden doch Zeit für mich haben, damit ich mir ihre Prachtexemplare ansehen kann.“

„Selbstverständlich. Ganz wie sie es wünschen, aber wie ich bereits sagte, werden sie keinen allzu großen Unterschied zu ihren eigenen feststellen können.“

„Das werden wir sehen.“

Wie angewurzelt stand Draco an der Tür, die halb geöffnet war. Er war nicht darauf vorbereitet Barrington jetzt schon gegenüber zu treten. Er hatte es sein wollen, der den Ort und die Zeit ihres Aufeinandertreffens festlegte!

Doch er musste ihm nicht begegnen. Er konnte hier bleiben und wirklich warten bis sie wieder verschwunden waren. Obwohl... was meinte er mit Prachtexemplaren?, überlegte er.

Nein!, dachte er entschlossen.

Er würde keine Angst mehr vor diesem Mann empfinden. Angst machte ihn nur schwächer und Barrington stärker. Außerdem würde er ihn nicht erkennen. Draco schloss kurz die Augen und hörte in sich selbst hinein. Noch war er nicht bereit sich diesem Menschen im Kampf zu stellen. Er konnte es mit jeder Faser seines Körpers spüren. Dennoch wollte er nicht mehr zögern.

Eine Bewegung Heras riss ihn aus seinen Gedanken, doch sein Entschluss stand bereits fest.

Draco öffnete die Tür ganz und trat hinaus. Jetzt sah er Barrington, der bereits abgesessen war, zusammen mit zwei weiteren Männern. Sie unterhielte sich weiterhin mit Alexander. Er hörte nicht mehr was die Männer sprachen. Es interessierte ihn ganz und gar nicht und doch... die Befürchtung und gleichzeitige Hoffnung, die in seinem Herzen wuchs konnte er nicht ignorieren. Vielleicht würde er etwas über Annie erfahren.

Gleich darauf ärgerte er sich selbst über diesen Gedanken.

Hera wieherte leicht neben ihm und scharrte ungeduldig mit dem Hufen. Sie mochte es nicht, wenn man sie warten ließ.

Ohne weiter zu zögern saß Draco auf. Dann trabte er auf die kleine Gruppe von Männern zu und nur einen Augenblick später hatte man ihn bemerkt.

Sein Blick ruhte hasserfüllt auf dem dicken Mann in der Mitte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Tja... und nun? Was passiert nun?
Lassen wie uns überraschen und hoffen, dass ich es schaffe, ein weiteres Kapitel noch in diesem Jahr online zu bringen. Ich bete zumindest dafür! Vielleicht zum zweijährigem Jubiläum? Mal schauen...^^° Ich geb mir Mühe und verspreche... erst einmal nichts... ich weiß nämlich gerade nicht, was im nächsten Kapitel geschehen soll. Ist schon zu lange her, dass ich darüber nachgedacht habe. Muss erst mal nachschauen. Inzwischen hoffe ich aber, dass ihr mit dem her Spaß hattet.

lg maidlin
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