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Porzellan

Nicht nur Glück ist zerbrechlich...
von

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Kapitel 3

Mir fällt ausnahmsweise mal nichts ein, was ich zu diesem Kapitel sagen könnte...ich glaub, ich werd alt... ;P
 

Farin kam es so vor, als hätte es nur eine Nacht von der übereilt gefassten Idee, gemeinsam zu verreisen, bis zu ihrem Abflug gedauert.

Tatsächlich aber waren mehrere Wochen vergangen, schließlich hatten sie bis zum Ende ihrer Tour abgewartet, um zu verreisen.

Und nun?

Nun ging Farin allein durch einen Gang des langen Flughafens, den Blick stumm auf den Boden gerichtet und nur das stetige Brummen seines Rollenkoffers hinter ihm im Ohr. Auf alle anderen Geräusche reagierte er merkwürdig taub – und ehrlich gesagt war er auch ganz froh drum.

Es fühlte sich nicht wie Urlaub an – eher so, als wäre er auf dem Weg zu seiner eigenen Beerdigung.

An seinem Terminal angekommen hob Farin den Kopf und sah sich mit ausdrucksloser Miene um. Erst jetzt fiel ihm auf, wie viele Menschenmassen den Flughafen bevölkerten. Wenn Farin es sich Recht überlegte, war diese Tatsache eigentlich auch ganz logisch – es war Winter, in ein paar Wochen war Weihnachten und die meisten Menschen wollten einfach nur noch aus diesem nasskalten Land flüchten. Verständlich. Er selbst verspürte diesen Drang schließlich das ganze Jahr über.

„Suchst du mich?“

Urplötzlich drangen diese Worte an Farins Ohren und rissen ihn so unsanft aus seinen Gedanken. Erschrocken wirbelte der Gitarrist herum und entdeckte Bela hinter sich, der ihn schief angrinste.

Farin kannte den Schlagzeuger lange genug, um zu wissen, dass dieses Lächeln nur gespielt war.

„Hey“, begrüßte Farin ihn mit einem unsicheren Lächeln.

„Hey“, kam es eben so unsicher zurück.

Kaum waren ihre Worte verklungen, legte sich eine merkwürdig angespannte Stille um sie. Keiner sagte etwas, keiner bewegte sich. Es war fast so, als wären sie zwei eingefroren inmitten des ganzen Trubels um sie herum.

Langsam wandte Farin seinen Blick ab und durchforstete sein Gehirn fieberhaft nach einem Gesprächsthema. Es wunderte ihn selbst, wie schwer es ihm fiel – schließlich redete er ständig ohne Punkt und Komma.

„Ähm…“, begann der Gitarrist schließlich leise und durchbrach somit die peinliche Situation, „wollen wir dann mal…los?“

Eine sprachliche Meisterleistung, wirklich, dachte Farin nur im Stillen und musste sich schwer zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. Bela jedoch nickte nur und wirkte erleichtert darüber, dass Farin etwas gesagt hatte, umfasste den Griff seines Rollkoffers ein wenig fester und folgte Farin dann langsam zum Check-In-Schalter.

Die Anspannung zwischen ihnen hielt an. Selbst als sie schließlich nebeneinander im Flugzeug saßen, blieben sie stumm.

Leise seufzend ließ sich Farin tiefer in seinen Sitz gleiten und warf dann einen Blick aus dem kleinen, ovalen Fenster. Langsam rollten sie über die Startbahn – dieser Anblick ließ Farin plötzlich das dringende Bedürfnis verspüren, aufzuspringen und den Piloten lautstark zum Anhalten zu bewegen. Bei dem Gedanken daran, dass er nun zwei Wochen mit der sprachlosen Gestalt neben ihm verbringen musste, wurde ihm ganz schlecht.

Schnapsidee. Eine verdammte Schnapsidee war das. Dieser Urlaub würde doch nur noch verdeutlichen, wie sehr sie sich voneinander entfernt hatten.

Mal ganz abgesehen davon, dass er die Distanz zwischen ihm und seinem Freund ja jetzt schon nicht mehr ertrug…

„Jan?“

Wie auf Befehl wandte Farin seinen Blick von dem Fenster ab und sah Bela mit großen Augen an.

„Warst du schon mal in Kanada?“

Na super. Smalltalk.

Und so sehr Farin auch eben jenen sonst so verachtete – in diesem Moment wunderte es ihn selbst, wie sehr er sich über die Frage des Schlagzeugers freute.

„Ja“, murmelte Farin und zwang sich dann zu einem Lächeln, „das ist aber schon ein bisschen länger her…“

„Also…da ist es doch jetzt kalt, oder?“, fragte Bela zögernd weiter und Farin schnaubte belustigt.

„Bingo“

„Also kein Sommer, oder so?“

„‚Da ist es doch jetzt kalt‘ bedeutet, dass da ‚kein Sommer‘ ist, du Intelligenzbestie. Nee, Kanada liegt auf der Nordhalbkugel. Die haben Winter, wenn wir Winter haben. Ganz einfach.“

Mit einem Grinsen auf den Lippen musterte Farin seinen Sitznachbar und schüttelte dann schwach seinen Kopf. Er wurde das Gefühl nicht los, dass dem Schlagzeuger die Antworten auf seine Fragen durchaus schon bewusst waren und er einfach nur ihr Gespräch im Gange halten wollte. Als wollte Bela diese Vermutung bestätigen, verzogen sich seine Mundwinkel zu einem selbstzufriedenen Lächeln.

Doch bevor sich Farin ernsthaft Hoffnung darauf machen konnte, dass vielleicht doch noch eine Unterhaltung zwischen ihnen möglich war, wurde diese schon wieder zunichte gemacht. Die altbekannte Stille holte sie wieder ein, die Gesprächsthemen blieben aus und Farin beschlich das ungute Gefühl, dass die Tage bis zum Ende der Band eigentlich schon lange gezählt waren….
 

Zu lang. Will schlafen.

Das waren zugegebenermaßen wenig intelligente Gedanken, aber zu mehr war Bela in diesem Moment einfach nicht mehr fähig. Der Flug nach Vancouver war nervenzerreißend lang gewesen und da das Schicksal Bela nicht wirklich gnädig gestimmt war, saßen in der Sitzreihe hinter ihm mehrere anscheinend hyperaktive Kinder, die das Schlafen undenkbar gemacht hatten.

Nachdem er schließlich diesen Flug und einen kurz darauf folgenden von Vancouver zum Flughafen in Whitehorse überlebt hatte, wurden sie vom Vermieter ihres gebuchten Ferienhauses in einem massiven Geländewagen abgeholt.

Schon zu diesem Zeitpunkt war Bela nicht mehr in der Lage gewesen, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Ihr Vermieter, Frank, jedoch war für Belas Verhältnisse um einiges zu wach. Munter redete er die ganze Fahrt über auf Bela und Farin ein - bzw. nur auf Bela, denn der Gitarrist hatte sich sobald sie das Auto betreten hatten ins Reich der Träume verabschiedet. So war Bela alleine dem Redeschwall des Fahrers ausgesetzt, erfuhr von seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern und davon, dass er sogar einige Brocken Deutsch könne, weil sein Großvater aus Deutschland stammte.

Bela nickte nur desinteressiert und betrachtete verstohlen den Gitarristen neben ihm, dessen Kopf immer wieder gegen das Seitenfenster des Autos schlug. Wenn Bela nicht so müde wäre, hätte er sich bestimmt gewundert, warum Farin nicht von diesen Schmerzen aufwachte. „Spatzenhirn“, grummelte Bela nur leise.

„Oh, that was German, too, wasn’t it?”, tönte es sogleich von vorne und ließ Bela verwirrt blinzeln. Die nächsten zehn Minuten verbrachte Frank damit, das Wort Spatzenhirn richtig auszusprechen, was dann schließlich in lautstarkes Gelächter seinerseits endete.

„And what does it mean?“

“Fucking idiot”, antwortete Bela ohne lange zu überlegen, streckte sich leicht und gähnte dann herzhaft. Was darauf folgte war ein noch lauteres Lachen von Frank und ein Vortrag darüber, dass sein ältester Sohn auch dauernd Schimpfwörter verwendete.

Langsam wandte sich Bela dem Fenster zu und betrachtete die vorbeiziehenden Bäume. Je länger sie fuhren, desto wilder und menschenleerer wurde auch gleichzeitig die Landschaft.

Bäume…Schnee…noch mehr Bäume…

„Okay, that’s the end of our little journey“

Franks Lachen ließ Bela hochschrecken. Für einen kurzen Moment blickte er sich nur verwirrt in dem fremden Auto um, dann wurde ihm klar, dass er wohl doch noch eingenickt sein musste. Seufzend richtete sich der Schlagzeuger auf und warf dann einen Blick nach draußen. Zwischen all dem Schnee erstreckte sich eine einsame, kleine Blockhütte, hinter der ein Tannenwald zu beginnen schien.

Geblendet von diesem Anblick blinzelte Bela einige Male perplex, dann drehte er sich zu Farin und boxte ihm unsanft die Faust in die Seite. Mit einer schnellen Bewegung schrak nun auch der Gitarrist hoch.

„Wasn los?“, murmelte er nur schlaftrunken, schien sich aber kurz darauf die Frage selbst zu beantworten, als er die Blockhütte entdeckte.

Nachdem Frank munter weiterplappernd ausgestiegen war, tat Bela es ihm nach und versank sogleich in 15 Zentimeter Puderschnee.

„Kalt“, schoss es ihm bitter durch den Kopf. Wenn er erst mal dieses verdammte Haus betreten hatte, würde er sich mit einer Wärmflasche ins Bett legen und zwei Tage lang durchschlafen.

„Oh my God, that’s so fantastic“, hörte er Farin sagen, der mittlerweile auch ausgestiegen war, und zusammen mit Frank die Koffer aus dem Kofferraum hievte.

Bela verdrehte nur die Augen und schüttelte dann kaum merklich den Kopf. Wenn es darum ging, anderen zu beweisen, wie gut man andere Fremdsprachen doch beherrschte, war Farin ganz vorn dabei. Und so wurde Bela stumm Zeuge davon, wie sich Farin und Frank laut schnatternd über das Haus unterhielten.

„…and in starlit nights you can see the Northern Lights“, sagte Frank lächelnd und deutete mit seinem Mittelfinger nach oben, „very romantic“

Mittlerweile hatte sich Bela zu den Beiden gestellt und nach seinem Koffer gegriffen, so dass er sehen konnte, wie Frank bei dem Wort „romantic“ Farin und Bela zuzwinkerte.

Farin lachte und Bela blinzelte verwirrt.

„Der denkt, wir sind schwul“, stellte Bela nüchtern fest und sah Farin dann stirnrunzelnd an.

„Schwul“, wiederholte Frank grinsend in seinem kaum verständlichen Akzent und reckte den Beiden seinen Daumen so euphorisch entgegen, dass ein Außenstehender sicherlich davon ausgegangen wäre, dass Frank wohl regelmäßiger Besucher des Christopher Street Days wäre.

„Schwul…what does that mean?“

„Ähm…doesn’t really matter“, murmelte Farin nur irritiert, griff dann auch schnell nach seinem Koffer und reichte Frank schließlich die Hand.

„Thank you very much for your help, I’m still…”

Ab diesem Moment klinkte sich Bela aus dem Gespräch aus und begnügte sich damit, Farin weiter reden zu lassen und dabei einige Male zustimmend zu nicken.

„Have fun, guys“

Das waren die Worte, mit denen sich Frank schließlich nach einem weiteren Rededuell zwischen Farin und ihm verabschiedete. Ein weiteres vielsagendes Zwinkern, ein anzügliches Grinsen und schon waren Bela und Farin um einen mitteilungsbedürftigen Gesprächspartner ärmer.

Lächelnd winkte Farin dem Auto hinterher, dann drehte er sich seufzend zu Bela um und die Beiden stiefelten schwer bepackt zu ihrer Blockhütte.

„Netter Mann“, gähnte Farin und grinste schwach.

„Der Typ denkt, wir sind schwul“, wiederholte Bela trocken. Ihm war kalt, er hatte Hunger und vor allem war er müde. Das alles war nicht unbedingt förderlich für seine Laune.

„Das weißt du doch gar nicht“, murmelte Farin und steckte dann den Schlüssel, den er vor einigen Minuten in die Hand gedrückt bekommen hatte, in das Schloss des Hauses.

„Jan, wir zwei machen alleine Urlaub in einer verlassenen Holzhütte mitten im Schnee. Was soll der Mann denn sonst denken, wenn nicht, dass wir hier einen romantischen Liebesurlaub machen?“

Farin reagierte nicht. Anscheinend war er zu sehr damit beschäftigt, das Innere der Hütte auszukundschaften. Momentan standen sie in einem großen, gemütlichen Raum mit Kamin und mehreren Sitzgelegenheiten. Das war wohl das Herzstück des Hauses. Während sich der Schlagzeuger umsah, entdeckte er vier weitere Türen. Laut Frank waren das die Küche, ein Bad und zwei Schlafräume.

Leise seufzend ließ Bela seinen Koffer fallen und steuerte das Sofa in der Mitte des Raumes an.

„Der Typ denkt, wir sind schwul“, stellte er zum dritten Mal nüchtern fest, „wenn ich mit meiner Freundin hier wäre, hätte ich doch auch nichts anderes zu tun, als bis zur Besinnungslosigkeit zu fick…“

Bela brach ab. Erst langsam dämmerte ihm, dass diese Wortwahl in Anbetracht des Vorfalls zwischen ihm und Farin vor einigen Wochen eher unglücklich gewählt war. Das Gleiche schien auch Farin zu denken.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte er den Schlagzeuger an und wirkte tatsächlich so, als wäre er drauf und dran laut kreischend vor Bela zu flüchten.

„Ähm…aber ich bin ja mit dir hier und nicht mit meiner Freundin“, nuschelte Bela schnell und schluckte.

Anstatt wirklich zufrieden mit diesem Zusatz zu sein, griff Farin einfach nur seufzend nach seinem Koffer und ging dann auf eines der Schlafzimmer zu.

„Ich geh pennen“, murmelte er nur und bevor Bela etwas antworten konnte, war der Gitarrist schon verschwunden.

Wenigstens hatten sie die anfängliche Sprachlosigkeit zwischen ihnen überwundern, dachte Bela bitter und stand wieder vom Sofa auf, um es Farin nachzutun und das andere Schlafzimmer für sich zu beschlagnahmen.

Im Grunde genommen war es ihm in diesem Moment sogar ziemlich egal, was Farin von ihm dachte – Hauptsache er bekam etwas Schlaf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-12-28T13:00:12+00:00 28.12.2008 14:00
Farin und sprachlos?
Das hat mich ziemlich verwirrt, aber angesichts der lage.....

Bitte bitte lass die beiden zueinanderfinden *flehend gucken tu*
Ist doch romantisch so abgeschieden von der welt in einer Hütte mit ganz viel SChnee drumrum: Da kann man den ganzen Tag- und dieganze nacht lang- f****n....*hüstel* XD
Schreib weiter! Mach dass es romantisch wird!*büdde*
Lg Vanitas
Von:  Kelandria13
2008-12-27T15:48:00+00:00 27.12.2008 16:48
da hat die "Nacht der Slasher" doch was gebracht *lach*
ich sag nur "Frank der Urlaubsplaner" *wegschmeiß*
hoffentlich streiten sich die beiden noch so richtig (mit anschließendem versöhnungsbeischlaf *hust*)
Schnell weitermachen!
*n Sack Reis hinstell*
LG
Kela
Von: abgemeldet
2008-12-27T15:29:26+00:00 27.12.2008 16:29
very romantic.. aiai bäumchen..
haha geil.. aber was tun die denn da..
uuh ich bin gespannt.. schnell weiterschreiben
was ein glück das du ferien hast *diabolischlach*

lg das rättchen
Von:  Mebell
2008-12-27T15:04:04+00:00 27.12.2008 16:04
Mir ist schon total kalt, jetzt frier ich noch mehr *Lach*
Wie immer klasse geschrieben,schönes Reisziel.Okay aktuell wär mir der Süden lieber ;)
Aber in einem hat Bela volkommen Recht:
"Wenn er erst mal dieses verdammte Haus betreten hatte, würde er sich mit einer Wärmflasche ins Bett legen und zwei Tage lang durchschlafen."
Würd ich auch tun *g* Also hübsch weitermachen :)
Von: abgemeldet
2008-12-27T14:31:25+00:00 27.12.2008 15:31
Hahaha, Belas grösste Sorge: "Der Typ denkt, wir sind schwul" geil wie du seine Gleichgültigkeit beschreibtst. Manchmal stelle ich mir Bela wirklich etwas so vor. Eifach mal reden vor dem Denken. Und man merkt richtig, wie Farin langsam sauer wird. Diese Spannung hast du super dargestellt. Weiterrrr! :)
Von:  Joanne-Lilian_Jannis
2008-12-27T14:14:47+00:00 27.12.2008 15:14
menno und ich hatte gehofft es geht endlich berg auf mit den beiden><
ich hoffe das wird noch...^^
sehr romantisch*kicher*


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