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Mein Tischnachbar ist ein Idiot!

von

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Extra 1 (Basti und Javier)

Basti war ziemlich angekotzt von der Gesamtsituation, wie eigentlich immer.

Aber es war sein gutes Recht; jeder, absolut jeder hätte sich in diesem Fall zumindest stark verarscht gefühlt.

Zuerst wurde er gnadenlos gegen irgendeine komische Tusse eingetauscht und nun belästigte ihn auch noch so ein gestörter Vollidiot, mit dem er auf den Tod nichts zu tun haben wollte.

Warum disste ihn das Leben immer so unverschämt? Er hatte doch gar nichts getan!

Vielleicht war es einfach ein Fehler gewesen, sich vor einem guten halben Jahr als schwul zu outen; seitdem tanzten dauern seltsame Leute an, die ganz plötzlich etwas von ihm wollten.

Bei Tobi war er schon an niemand Einfachen geraten, aber was im Moment zur Auswahl stand, toppte wirklich alles. Damit hätte er nie gerechnet und es auch nicht in Erwägung gezogen.

Aber was sollte man machen, wenn man morgens nichts ahnend auf dem Pausenhof hockte, noch halb schlief und ohne Vorwarnung dieser wahnsinnige Javier ankam, wie blöd vor sich hinlächelte und verkündete, dass seine Geister ihm aufgetragen hätten, mit ihm zu schlafen.

Außer doof gucken und fast an einem Lachkrampf sterben erst mal nichts. Drei Stunden später war dann der Zeitpunkt erreicht, an dem Basti sich nur noch über diese dreiste und grottenschlechte Anmache aufgeregte und kurz davor stand, Javier wegen unglaublicher Dummheit anzuzeigen.

Verdient hätte der Spinner es.

Allerdings musste er dafür erst einmal die letzte Schulstunde hinter sich bringen, nach Hause kommen und natürlich wissen, wo er anrufen konnte, um seinem Wunsch nachzukommen.

Joy, selbsternannter bester Freund, Quasselstrippe und Nervensäge in einer Person, schob ihm schon den ganzen Tag, seit dem Vorfall, kleine Papierfetzchen zu und erwartete, auf die darauf gekritzelten Bemerkungen Antworten zu bekommen.

Nur hatte Basti gar keinen Bock, sich zu dämlichen Sachen wie Fick ihn bloß nicht, zum Schluss wirst du genauso strange wie er! oder Warum will der unbedingt dich? Ihr kennt euch doch gar nicht! Perverser oberflächlicher Idiot!!! zu äußern.

In Wirklichkeit interessierte es Joy sowieso nicht, er brauchte nur wieder seine Portion Aufmerksamkeit am Tag und glaubte, sie durch solche Nachrichten am Rande des Niveaus zu erhalten.

„Also ich an deiner Stelle würde mich nicht darauf einlassen“, fing Joy sofort an, kaum dass die Klingel sich bemerkbar gemacht und die ersten ihre Hefte weggeräumt hatten. „Wer weiß, auf was der steht, vielleicht bringt er dich nach dem Sex um und isst deine Asche zum Frühstück und...“

„Joy, Maul.“ Warum musste er immer so kranke Fantasien haben? Das hielt ja kein Mensch aus. „Ich pfeif auf den, der soll sich von seinen dummen Geistern einen runterholen lassen, aber nicht von mir, auf den hab ich keine Lust.“

Und das lag nicht daran, dass Javier superhässlich war – war er leider nicht, sonst wäre das die perfekte Ausrede gewesen –, sondern weil Bastis Ruf nach dem kleinen, schief gelaufenen Abenteuer mit Tobi sowieso schon ziemlich am Ende der Skala hing und kurz vorm Abstürzen stand.

„Gute Einstellung.“ Joy freute sich, dass er nicht der einzige war, der von Javier nichts hielt. „Kommst du nachher zu mir?“

„Geht nicht, muss arbeiten.“ Und wenn er noch einmal aus Faulheit nicht hinging, flog er mit großer Wahrscheinlichkeit raus. Dabei brauchte er das Geld, wer finanzierte ihm sonst sein Wochenende und die Kippen?

„Nie hast du Zeit für mich“, begann Joy sein übliches Nörgelthema.

Genervt verdrehte Basti die Augen, hörte dezent weg und stopfte seine Sachen in seine Tasche. Wieso hatte er manchmal das Gefühl, mit einem dauerjammernden Mädchen statt mit einem echten Kerl abzuhängen? Sogar sein Kaktus benahm sich männlicher, der schwieg nämlich durchgehend.

„Dann such dir bessere Termine aus.“ Wenn Joy zu blöd war, um sich zu merken, wann er nicht konnte, konnte er ihm auch nicht mehr helfen.

Beleidigt wie immer murmelte Joy einige unfreundliche Bemerkungen vor sich hin und flitzte schnell aus dem Saal ohne auf Basti zu warten. Aber daran hatte sich Basti in der halben Ewigkeit, seit sie sich kannten, schon gewöhnt, weshalb es ihm nichts ausmachte – jede Joyfreie Minute bedeutete etwas Entspannung –, denn er wusste, diese anstrengende Person würde spätestens heute Abend wieder mit ihm in Kontakt treten und ihm auf den Geist gehen wollen.

Theoretisch wäre er jetzt noch ein paar Minuten im Klassenraum geblieben und hätte vor sich hingechillt, wäre nicht jemand in den Saal getreten und auf ihn zugekommen, auf den er im Augenblick so was von keinen Bock hatte.

Eigentlich hatte er nie Bock auf Javier, der Typ war bei ihm allein durch die vielen Geschichten über seine netten Geister unten durch, aber dank heute Morgen hätte er ihn am liebsten in die nächste Mülltonne gepackt und diese nie wieder geöffnet.

„Was ist?“, fauchte Basti, als das schwarzhaarige Etwas sich auf seinen Tisch setzte und auf eine Reaktion wartete. „Geh weg, ich hab kein Interesse.“

„Aber...“

„Nein! Nur weil ich schwul bin und du nicht so scheiße aussiehst wie die meisten Kerle hier, heißt das nicht, dass ich mit dir ins Bett will, klar?“ Und wenn er das nicht verstand, würde Basti es auch gerne noch einmal für ihn wiederholen, solange bis der Depp kapierte, wie arm er eigentlich war, um einen fremden Typ so dumm anzuquatschen.

„Aber meine Geister...“

„Scheiß auf deine Geister! Die können sich auf den Kopf stellen und dabei Cola trinken, ich machs nicht! Wenn die sagen, du sollst aus dem Fenster springen, machst du es ja auch nicht.“ Obwohl, er würde es Javier irgendwie zutrauen, das würde sein bescheuertes Verhalten erklären.

„Aber ich...“ Anscheinend fiel Javier kein gutes Scheinargument mehr ein, denn er schwieg und rutschte auf der Tischplatte hin und her. Endlich hielt er die Klappe.

Um sich vor weiteren Dummschwätzattacken zu retten, verließ Basti etwas schneller als nötig gewesen wäre die Schule, ging zu seinem Fahrrad und fuhr nach Hause.

Er musste jetzt noch irgendetwas zum Ablenken tun, bevor er in den Supermarkt fuhr, sonst pflaumte er vielleicht wegen schlechter Laune die Kunden an und dann trat ihm sein Chef auch in den Arsch. Super Voraussetzungen für diesen Nachmittag.

Daheim wärmte er sich erst einmal ein Süppchen in der Mikrowelle auf, hockte sich auf die Couch und durchsuchte das Fernsehprogramm nach Sendungen, die wenig Hirn forderten und dafür Entspannung lieferten.

Ersteres traf ziemlich oft zu, letzteres funktionierte gar nicht. Scheiße gelaufen, aber wenigstens schmeckte das Essen.

Halbwegs zufrieden stellte Basti den leeren Plastikbecher auf den Wohnzimmertisch und bekam fast den Schreck seines Lebens, als er eher zufällig zur Terrassentür sah und dort jemand stand. Und ihm zuwinkte.

„Der hat doch nicht mehr alle.“ Langsam wurde es wirklich nervig. Was verstand Javier an dem Satz Ich will nicht! nicht? Sollte Basti es sich auf die Stirn schreiben? Tag und Nacht mit einem Schild, auf dem das stand, herumlaufen? Es Javier per Brief schicken?

Ignorieren, einfach ignorieren, das half eigentlich bei allem, also auch bei so einem wie Javier. Seine coolen Geister würden irgendwann verstehen, dass sie hier im Diesseits nicht das Sagen hatten.

Aus Protest wegen des störenden Besuchers vor der Glastür verließ Basti schlecht gelaunt das Wohnzimmer und verbarrikadierte sich in seinem Zimmer, das zum Glück im ersten Stock lag, sodass kein komischer Vogel sich vor das Fenster stellen und reinsehen konnte. Einen Baum gab es auch nicht in der Nähe und wenn Javier so blöd war und die Regenrinne hochklettern wollte, würde Basti ihn da ganz schnell wieder runter scheuchen und das Rohr ansägen.

Probeweise warf Basti einen Blick aus dem Fenster nach unten auf die Wiese vor dem Haus und überlegte, ob er nicht ein paar Backsteine ausversehen fallen lassen sollte, da dort unten ein gewisses Etwas saß und zu warten schien.

Bei dem tickte doch nicht mehr alles richtig, da fehlten nicht nur ein paar Tassen, sondern gleich der ganze Geschirrschrank.

Basti fing schon wieder an, sich tierisch selbst leid zu tun. Warum ging sein Schicksal nicht anderen Menschen auf die Nerven?
 

Sein Schicksal pfiff auf seinen Wunsch und Basti lief eigentlich nur noch permanent mit einem genervten Gesichtsausdruck durch die Gegend. Was sollte er auch sonst tun, wenn an allen Ecken und Enden der größte Psycho der ganzen Schule auf ihn wartete?

Das schlimmste war ja eigentlich, dass Javier nichts tat, außer nett zu lächeln, sich ziemlich zum Affen zu machen und ab und zu mit einem Schild aufzukreuzen, auf dem dick und fett entweder Hallo oder Ich seh dich, Basti gekritzelt worden war.

Hätte er ihn irgend bedrängt oder dumm angemacht, hätte Basti wenigstens etwas Handfestes gegen ihn, aber so wirkte das doch alles eher wie auf Kindergartenniveau ohne viel Sinn.

Joy lachte sich inzwischen halbtot, wenn Javier fast vor Bastis Haus sein Zelt aufschlug oder die ganze Pause im Türrahmen des Klassensaals stand ohne auch nur einen Schritt näher zu kommen.

„Du hast wohl endlich deinen größten Fan gefunden, oder?“

„Klappe.“ Es reichte doch, wenn der Rest der Klasse ihm immer schiefe Blicke schenkte, weil er sich nicht gegen Javier durchsetzen konnte, jetzt musste nicht auch noch Joy damit anfangen.

„Das ist ein freies Land, ich darf sagen, was ich will.“

„Aber nicht in meiner Gegenwart! Und vor allem nicht über den da.“ Sogar Bastis Eltern hatten ihn schon gefragt, was zwischen ihm und Javier lief und sich natürlich nicht mit einem unfreundlichen Nichts! zufrieden gegeben.

„Reg dich nicht so auf, Basti. Irgendwann wird er einsehen, dass er bei dir keine Chance hat. Der wird schon nicht so bekloppt sein und dir nur noch hinterher rennen, sogar der muss doch ein Hobby haben.“

Hatte Javier ja, nur lautete das 'Leuten mit Ignoranz auf die Nerven gehen' und das übte er ohne Pause gefühlte 24 Stunden am Tag aus.

„Ja ja“, grummelte Basti undeutlich, „Wers glaubt wird selig.“

Etwas hilflos grinste Joy ihn an und begann zur Ablenkung über sein neues Computerspiel zu plappern, was Basti ungefähr genauso spannend fand und stattdessen überlegte, wie er sich diese penetrante Person vom Leib halten sollte.

Ignorieren half irgendwie doch nicht so gut, wie er vermutet hatte, außerdem hielt er es sicher keine zwei Wochen mehr aus und wurde dann irre.

Drohungen waren auch nicht das Wahre, zum Schluss zeigte Javier ihn an und das wäre ja wohl der dümmste Fail des Jahres.

Vor ihm verstecken hatte noch kein einziges Mal funktioniert und seine Eltern fanden es sicher auch nicht besonders lustig, wenn er wegen eines fehlgeleiteten Möchtegernmediums den Unterricht schwänzte und nicht mehr vor die Tür ging.

Mit Javier reden verlief sicher auch ohne Erfolg, so wie der von seinem Plan überzeugt war.

Blieb eigentlich nur eine Möglichkeit, auf die Basti wirklich keine Lust hatte, aber wenn Javier ihn danach für immer und ewig in Ruhe ließ, klang sogar die Option, von Ghostyboy gefickt zu werden, ganz angenehm.

Aber Joy würde er das nicht mitteilen, der fiel doch tot um oder machte solange Terror, bis er die Idee dann doch wieder scheiße fand und sich lieber rund um die Uhr beobachten ließ.

„Und wenn man nicht aufpasst, muss man das ganze Level noch mal von vorne anfangen und das ist echt bescheuert...“ Joy hatte gar nicht bemerkt, dass Basti nicht einmal so tat, als würde er ihm zuhören. Entweder weil er wieder so in sein Geschwätz vertieft war oder er hatte es sogar gemerkt, aber es interessierte ihn einfach nicht. Hauptsache, er musste nicht den Mund halten.

„Schnabel, Joy, erzähl das deiner Mutter, aber ich will es nicht wissen.“ Immerhin musste er sich innerlich auf seinen Plan vorbereiten, da störten diese Endlosmonologe seines persönlichen Dauerbegleiters – in diesem Fall nicht Javier – nur.

„Mann.“ Schon wieder war Joy beleidigt, allerdings kam das so oft vor, dass sich Basti deswegen schon gar keine Gedanken mehr machte und ein schlechtes Gewissen bekam er erst recht nicht. „Warum denn jetzt? Egal was ich sage, du bist dauernd am Nörgeln. Übst schon mal für später oder was?“

„Nein.“ Dafür brauchte er gar nicht zu üben, das konnte er auch so. „Aber es nervt einfach, sieh es ein.“

Ein böser Blick versuchte Basti zu durchbohren. „Dann mach ich es halt anders.“ Endlich schloss er den Mund und schwieg tatsächlich, was wirklich ganz selten vorkam und wofür ihm Basti sehr dankbar war und, falls die Möglichkeit bestanden hätte, einen Orden verliehen hätte.

Dass Joy ihn jedoch ohne Vorwarnung in einem Grinsekatzenmodus ansah und so wie die schlechte Kopie von Javier wirkte, hätte er sich auch sparen können, dafür bekam er von Basti nämlich nur eins auf die Mütze.

Was für gestörte Menschen um ihn abhingen, es war kaum auszuhalten.
 

Basti wusste nicht, ob er aufgeregt war oder ob die Übelkeit von den fünf Muffins kam, die er sich am Morgen aus eine plötzlich Eingebung heraus innerhalb von zehn Minuten reingezogen hatte.

Eigentlich war es nicht wichtig, auf jeden Fall hätte er am liebsten gekotzt, keine gute Voraussetzung für das, was er geplant hatte, nämlich mit Javier den Deal 'Sex gegen kein Generve' zu schließen.

Lustigerweise musste er heute erst fünf Minuten warten, bis er Javier entdeckte – sonst fand dieser ihn immer schneller als ihm lieb war –, und den Drang bekämpfen, ihn erst einmal eine reinzuhauen, weil er ihm zeigen wollte, was er von der ganzen Aktion, die seit Tagen ablief, hielt.

Er riss sich allerdings zusammen, näherte sich gekonnt cool Javier, der ihn ansah, als wäre er gerade aus einem Paralleluniversum geflohen, und stellte sich direkt vor ihn.

„Haben deine Geister immer noch nicht ihre Meinung geändert?“ Lieber fragte man mal nach, bevor man sich ziemlich zum Affen machte, weil Javier inzwischen nur noch aus Prinzip hinter ihm herlief.

„Nein, wieso sollten sie auch?“ Javier grinste ihn an und legte den Kopf schief.

Am liebsten hätte Basti ihm mitgeteilt, dass er mit der 'Ich bin so süß und unschuldig wie ein Zuckergußengel' Masche bei ihm eher das Gegenteil von dem erreichte, was er wohl erhoffte. Basti ließ es aber bleiben, immerhin musste er ihm jetzt trotzdem sagen, dass er inzwischen doch einverstanden war, obwohl er Javiers Benehmen affig, idiotisch und auch irgendwie schon fast nuttig empfand.

„Dann ist gut.“ Die dümmste Feststellung seines Lebens, hoffentlich erfuhr Joy nie etwas von dem, was er hier veranstaltete.

„Wieso? Willst du auf einmal doch?“ Javier fielen fast die Augen aus dem Kopf, aber ein erfreutes Grinsen zog sich über sein Gesicht, was Basti gar nicht gefiel.

„Aber nur, wenn du mich dafür in Ruhe lässt; du rennst mir nicht mehr hinter her, nicht in der Schule, auf der Arbeit und vor unserem Haus hängst du auch nicht mehr ab, kapiert?“ Ansonsten wäre die ganze Aktion ziemlich fürn Arsch. Obwohl, das war sie irgendwie ja sowieso.

„Kein Problem, auf Dauer wird es eh etwas langweilig. Willst du sofort hier oder hast du irgendwelche Sonderwünsche?“

Dass er es an einem Samstagmorgen vor seiner Haustür vor jeder Menge Publikum mit ihm machen wollte, überhörte Basti einfach mal – wahrscheinlich hätte er sich sonst nur fürchterlich aufgeregt – und teilte mit, dass heute Nachmittag der beste Zeitpunkt für ihn wäre. Und zwar nicht im Freien.

„Okay, dann nachher bei mir. Kannst kommen, wann du willst, ich bin den ganzen Tag daheim.“ Javier angelte einen Block und einen Bleistift aus seiner Umhängetasche, pinselte seine Adresse samt einem unförmigen Herz darauf und drückte sie Basti in die Hand. „Und wenn du nicht kommst, dann komm ich zu dir.“

Mit einem vielsagenden Grinsen drehte Javier sich um und Basti ärgerte sich, dass er ihm doch nicht vor die Füße gekotzt hatte. Verdient hätte der kleine Depp es allemal.
 

Kurz nach sechs klingelte Basti bei Javier zuhause an der Tür. Seinen Eltern hatte er einfach erzählt, er wäre bei Joy; hoffentlich kam der nicht auf die Idee, bei ihm anzurufen und nach ihm zu fragen, das wäre verdammt schlechtes Timing.

Warum ging denn keine Sau an die Tür? Hatte ihm Geistfuzzi die falsche Straße aufgeschrieben, um ihn zu ärgern? Oder kannte sich Basti in seiner Heimatstadt nicht mehr aus und war falsch abgebogen?

Bevor er genervt wieder das Weite suchen konnte, öffnete sich doch noch die Tür und ein abgehetzter Javier zerrte ihn nach drinnen. „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“

Mit dem Gedanken hatte Basti mindestens alle halbe Minute nachgedacht, aber die Vorstellung, in seinem eigenen Zimmer von Javier angefallen zu werden, gruselte ihn dann doch eine Spur mehr.

Energisch fasste Javier Basti am Handgelenk und zog ihn die Treppe hinauf – dass Basti fast auf die Fresse flog, wurde unter den Teppich gekehrt – in sein Zimmer, wo er Basti kaum Zeit ließ, sich umzusehen, und ihn sofort in Richtung Bett drängte.

Da hatte es aber jemand sehr nötig.

„Willst du nicht mal die Tür zumachen?“ Nicht, dass sie mittendrin unerwünschte Zuschauer bekamen, darauf verzichtete Basti nur zu gerne.

„Nicht nötig, es ist nur meine Schwester da und die ahnt schon, was hier passiert, deswegen hockt sie seit drei Stunden vor der Glotze und kommt wahrscheinlich erst dann hoch, wenn du weg bist.“

Toll, und was wäre, wenn die Schwester plötzlich mal Bock hatte, ihren Bruder beim Sex zu bespannen? Neugierige Mädchen, die ihm sozusagen bei seinem ersten Mal dazwischenfunkten, brauchte er nicht, vor allem wenn eigentlich keiner wissen sollte, dass er sich hier mit Javier einließ.

„Und deine Eltern?“ Wenn die irgendwann antanzten, während er noch hier war, würde er freiwillig das Haus durchs Fenster verlassen.

„Sind arbeiten, die kommen nicht vor acht nach Hause, wir haben also Zeit.“ Grinsend legte Javier sein Arme um Basti und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.

„Lass das.“ Genervt schob er seinen größten Fan ein Stück von sich weg. Reichte es ihm nicht, dass sie das taten, was seine toten Freunde ihm ins Ohr flüsterten, musste er ihm dann noch die Zunge in den Hals schieben? Definitiv nicht!

„Ist ja gut“, seufzte Javier – anscheinend war das für ihn inklusive gewesen, Pech gehabt – und bugsierte Basti mehr oder weniger elegant in Richtung Bett. „Aber der Rest ist okay, oder?“

„Kommt drauf an. Wenn ich dich anschreie, merkst du, dass ich das nicht will.“ Zur Not imitierte er Tobi und schlug zu.

Über diese Ansage schien Javier nicht sehr erfreut, aber er beschwerte sich nicht darüber, sondern streifte Basti das Oberteil über den Kopf und drückte sich an ihn.

Basti musste sich zusammenreißen, um nicht die Augen bei so einer lachhaften Attacke zu verdrehen. Er war doch kein überdimensionaler Teddybär, da hätte Javier ja auch jemand anderen Dummes dafür benutzen oder sich im Spielzeugladen ein richtiges Kuscheltier kaufen können.

„Haben deine Geister auch bestimmt, dass du mich erdrückst?“

„Dir gefällt aber auch gar nichts.“ Javier rückte von Basti ab und überlegte einige Sekunden. „Wenn du jetzt auch noch spontan keinen Bock mehr hast, mit mir zu schlafen, tret ich dir in den Arsch.“ Er zauberte sein freundlichstes Lächeln aufs Gesicht, schubste Basti mit aller Kraft auf sein Bett und krabbelte zu ihm. „Und laufe dir die nächsten zehn Jahre hinterher, kapiert?“ Seine Finger fummelten an Bastis Hose herum.

Bei dieser ultimativen Drohung hielt Basti lieber den Mund.
 

Wenn DAS Sex unter Kerlen gewesen war, war jeder Kindergeburtstag härter.

Basti konnte es immer noch nicht fassen; er hatte sich auf alle möglichen kranken Sachen von Javier eingestellt und dann hatte dieser eigentlich fast zwei Stunden nur an ihm herumgespielt und am Ende sich noch von ihm einen runterholen lassen.

Ende der Geschichte, Basti hätte am liebsten gefeiert. Wenn er gewusst hätte, wie leicht er sich von Javiers Interesse 'freikaufen' konnte, hätte er schon am ersten Tag zugestimmt und es nicht in diese unnötige Verfolgungsvariante laufen lassen.

Jetzt musste er nur noch nach Hause und die Sache wäre ein für alle mal beendet. Kein Javier, keine Gerüchte, kein gar nichts.

Sein Problem bestand nur darin, dass er hier nicht wegkam, da er ziemlich eingequetscht zwischen Matratze und Javier dalag und egal wie oft er versuchte, sich bemerkbar zu machen, Javier kuschelte sich einfach noch enger an ihn und ließ ihn nicht los.

„Javier, ich muss weg.“ Sonst riefen seine Eltern bei Joy an, um zu erfahren, ob er dort übernachtete und dann brach hundertprozentig das Chaos aus. „Hallo, hör mal zu, Mann!“

„Nein, du bleibst hier.“ Javiers Lippen drückten gegen seinen Hals und kitzelten ihn.

„Willst du, dass meine Eltern die Polizei einschalte, weil sie nicht wissen, wo ich bin?“ Dann bekam Basti sicher bis zum seinem achtzehnten Geburtstag Hausarrest und Joy wäre bestimmt auch nicht so stolz, als schlechtes Alibi benutzt worden zu sein.

„Nein, natürlich nicht.“ Seufzend rutschte Javier von ihm weg, sodass Basti nach seiner Hose und seinem Handy in der Tasche angeln konnte und teilte seinen Eltern kurz per SMS mit, dass er erst morgen früh zurückkam. Um halb elf im Dunkeln noch nach Hause zu wandern gehörte wirklich nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, da gammelte er eher die nächsten zwölf Stunden in Javiers Klauen und ließ sich als Kissen verwenden, immerhin würde er ihn voraussichtlich sehr sehr lange nicht mehr treffen.

Außer wenn er Pech hatte und Javier wieder in einem Anfall von Gestörtheit über den Schulhof jumpte und verkündete, dass seine Geister den Weltuntergang vorausgesehen hatten.

Keine Minute später lag Basti schon wieder in Javiers Umarmung, döste leicht vor sich hin, aber spürte trotzdem, dass da jemand seinen Wunsch – Sex ja, Kuss nein – nicht Folge leistete.

Hatten dem Typ nicht die zwei Stunden plus fast drei Stunden Rumliegen gereicht, in denen Basti vor Langweile alle Lieder, die er auswendig kannte, gesummt hatte? Sogar das Zimmer hatte er betrachtet; kleiner Raum mit dunkelblauer Tapete, an der silberne Alufoliensterne und –monde klebten, auf dem Wandregal lag eine milchige Wahrsageglaskugel und vor dem Bett lag ein blauer Teppich mit komischen Mustern.

Da durfte man doch verlangen, auch mal für fünf Minuten in Ruhe gelassen zu werden.

Aber das entsprach sicher nicht dem Wille der holy Gespensterviecher, na super.
 

„Hä? Wo ist der?“ Joy konnte es kaum fassen, dass Javier weder vor der Schule, noch während der ersten und zweiten Pause aufgetaucht war. „Ist er krank? Hast du ihn verschwinden lassen?“ Sein Blick konnte man als einziges Fragezeichen verstehen.

„Keine Ahnung“, brummte Basti leise in sich hinein und schrieb ein paar Zahlen auf seinen Collegeblock. Er konnte ihm ja schlecht die Wahrheit sagen, dann wäre Joy sauer, weil er nicht früher eingeweiht worden war.

„Mysteriös.“ Mit einem Kugelschreiber bemalte Joy die Tischoberfläche mit kleinen Pentagrammen und Mondsicheln. „Vielleicht hat er endlich keine Lust mehr, dich zu nerven?“

Wollte sein Sitznachbar mal das Thema wechseln? Javier verschwand aus seinem Leben und der Hohlkopf hatte nichts Besseres zu tun als munter weiter über ihn zu quasseln. Wo blieb da der Sinn?

„Hallo, gibst du mal richtige Antworten?“ Die Kulispitze bohrte sich in Bastis Arm und hinterließ ein blaues Pünktchen. „Du bist schon den ganzen Tag so komisch. Ist was passiert?“

„Nein.“ Lüüüge! Natürlich hatte er allen Grund, etwas seltsam drauf zu sein.

„Moment...“ Dass sie mitten im Unterricht saßen und eigentlich Rechnungen von der Tafel abschreiben sollten, machte Joy im Moment nichts aus, weswegen er wie verrückt auf seinem Stuhl herum hibbelte und Basti noch ein bisschen bunter anmalte. „Du hast doch nicht mit ihm...“

Erwischt! Basti sah diskret auf die andere Seite, wo kein hyperaktiver Joy ihm auf den Keks ging und tat so, als würde er ihn nicht hören.

„Hat er dich in den Arsch gefickt...?“

„Joy!“ Na toll, warum plärrte der Idiot das so laut durch die Gegend? Jetzt glotzte so gut wie die ganze Klasse zu ihnen und selbst ihr Lehrer sah von seinem Buch auf; peinlicher konnte es kaum werden. „Bist du bekloppt?“

„Wenns doch so ist.“ Eingeschnappt funkelte ihn Joy an. „Erst machst du mit dem Typen rum und dann sagst du es mir nicht mal. Wie scheiße bist du denn?“

„Könnt ihr eure privaten Probleme bitte zuhause besprechen?“ Ihr Lehrer befürchtete wohl, dass da noch ein paar Details auftauchten, die nicht für die Ohren von braven Schülern gemacht waren.

„Ja ja, Sie mich auch.“ Basti wollte sowieso nicht deswegen mit Joy darüber streiten, vor allem nicht vor einer Horde Kinder, die allein beim Gedanken von zwei schwulen Kerlen halb in Ohnmacht fiel. „Ist gut.“

Die folgende halbe Stunde schwiegen alle, doch kaum klingelte es zum Schulschluss, beendete Joy seine seltene Stummheit und redete ohne Punkt und Komma auf Basti ein, bis dieser sich genervt die Ohren zuhielt und sich wegdrehte.

„Joy, ist gut, reg dich ab.“

„Und warum hast du mir nichts gesagt? Stell dir vor, der hätte nicht so 0815 Methoden gewollt, wer hätte dich ganz cool aus seinem Zimmer gerettet?“

„Alter, Klappe.“ Als ob Joy den Helden gespielt hätte, er hätte eher die Polizei gerufen und dann so getan, als wäre alles seine Arbeit gewesen.

„Es sollte halt keiner wissen, auch du nicht.“ So was war verdammt peinlich, checkte das keiner?

„Na danke.“ Jetzt schmollte Joy wieder vor sich hin, das konnte noch lustig werden. „Und, wars wenigstens gut? Würdest du es noch mal tun?“

„Jein und nein.“ Etwas mehr hätte sicher nicht geschadet und mit Javier hatte er abgeschlossen, seine kleinen Geisterfreunde waren jetzt hoffentlich befriedigt und so wie er Javier kannte, würde der gleich den nächsten anmachen.

„Aha.“ Kommunikation am Ende. „Cool.“
 

Es war seltsam, auf dem Nachhauseweg nur von Joy und nicht noch von einem aufdringlichen, schwarzhaarigen Etwas verfolgt zu werden. Vor allem, als Joy irgendwann abbog und Basti nun endgültig allein durch die Straßen schlich.

Naja, eigentlich sollte er sich freuen, Party feiern und seine neue Freiheit genießen statt sich darüber aufzuregen.

Warum funktionierte das denn nicht?

Basti war verwirrt, angekotzt und ärgerte sich über seine Unfähigkeit; so ging das einfach nicht, da stimmte was nicht. Was für ein Schrott.

Das Essen schmeckte unterirdisch, das Fernsehprogramm langweilte ihn noch mehr als sonst zu Tode, die Aussicht, die nächsten Stunden an der Kasse zu sitzen und dumme Menschen zu sehen, verdarb ihm noch den Rest und außerdem musste er sich gefasst machen, dass Joy mit seiner großen Klappe nicht lange still sein konnte und bald die halbe Nation von seinem kleinen Ausflug zu Javier erfuhr.

Alles scheiße, am besten legte er sich jetzt ins Bett und schlief fünf Jahrhunderte durch.

Natürlich tat Basti das nicht, sondern quälte sich zum Supermarkt – nur die Kohle, die er hoffentlich bekam, motivierte ihn – und wäre sehr gerne wieder umgedreht, als er eine gewisse Person erkannte, die bei den Fahrradständern herumgammelten und damit beschäftigt war, einem Kerl, den Basti ab und zu der Schule gesehen hatte, mit irgendwas vollzutexten. Warum er dafür auf dessen Schoß sitzen musste, wusste wohl nur der Heilige Geist.

Sollte er halt, Basti interessierte das nicht die Bohne, solange sie nicht planten, den Supermarkt abzufackeln, während er noch drinnen hockte. Die Episode mit Ghostyboy war abgehakt, sollten seine imaginären Freunde doch bestimmt haben, dass er gleich den nächstbesten Typen ansprang. Basti gings am Arsch vorbei!

Leise summend lief Basti an den beiden vorbei, betrat widerwillig den Laden und tat das, was man von ihm verlangte. Nicht, auf was er Lust hatte, ansonsten wären alle älteren Damen sofort vor die Tür gesetzt worden – die gingen Basti immer auf die Nerven – und alle Menschen mit Kleinkindern im Schlepptau hätten Schmerzensgeld wegen dem Lärm, den die Kleinen permanent veranstalteten, zahlen müssen. An Basti natürlich, an wen denn sonst.

Gefühlte drei Jahre später floh er aus dem Supermarkt, weil ihm die Kunden so dermaßen auf den Wecker gingen, dass er am liebsten Konservendosen nach ihnen geworfen hätte, und stellte fest, dass Javier wohl kein Zuhause hatte – das vom Samstag war bloß gemietet gewesen, ganz bestimmt –, denn er hing immer noch an derselben Stelle herum, nur mit einem anderen Kerl.

Soweit es Basti aus der Entfernung verstand, erklärte er diesem gerade die Grundlage von Geisterverständigung und den eigentlichen Sinn dahinter.

Bedeutete wohl, dass er sich ein neues Opfer suchte, dem er solange hinterher rannte, bis er seinen dummen Willen durchsetzte. Was für ein Deppchef; und so einem hatte er wirklich einen runtergeholt. Na dann gute Nacht.
 

„Mann, Basti, du hast in letzter Zeit so schlechte Laune, das nervt.“

„Halts Maul, ich hab keine schlechte Laune! Und der einzige, der nervt, bist du!“

„Eigentor.“ Joy wirkte schon wieder wie ein eingeschnapptes Kleinkind, was Basti noch mehr auf den Keks ging als sonst. „Hallo, du kannst mit mir reden, wenn was ist, hast du das schon vergessen?“

„Bin ich ein Mädchen oder was?“ Die hockten doch dauernd in kleinen Grüppchen zusammen und heulten sich gegenseitig das Gehirn aus dem Kopf, bis keiner mehr ansprechbar war. So etwas hatte Basti definitiv nicht nötig.

„Noch nicht, aber wenn du so weiter machst, würde es mich nicht wundern.“

„Joy...“ Der Kerl schaffte es unglaublich gut, sich verdammt unbeliebt bei ihm zu machen. „Geh sterben. Oder kleb dir Tesa vors Gesicht, aber sei endlich leise!“

„Ich rede wann ich will, wir sind...“

„Nicht schon wieder der dumme Spruch.“ Wenn er noch einmal Deutschland ist ein freies Land sagte, würde Basti ihm zeigen, dass das nicht nur für ihn galt.

„Und außerdem sollen wir Gruppenarbeit machen, da muss man reden.“

„Kannst auch schweigen, ist schöner.“

„Arschloch.“ Inzwischen war Joy wirklich sauer. „Mach doch deinen Schrott allein, ich such mir eine andere Gruppe. Freu dich.“ Er packte seinen Stuhl und zog mit ihm auf die andere Seite des Klassensaals um.

Super gemacht, Basti hätte sich selbst applaudiert, wenn die Situation nicht so dumm gewesen wäre. Aber Joys anhaltendes Geplapper reizte ihn im Moment halt, was konnte er dafür? Er hatte genügend andere Probleme, die eigentlich keine Probleme waren.

Erstens hockte inzwischen fast jeden Tag das Möchtegernmedium mit ständig wechselnden Begleitern vorm Supermarkt und ignorierte ihn die ganze Zeit, zweitens hatte er sich immer noch nicht damit zurecht gefunden, nicht bei jedem Blick aus dem Fenster angegrinst zu werden und drittens wusste Basti nicht, warum er aus der ganzen Sache so ein Drama machte und das regte ihn auf.

Vielleicht war er von einem Geist besessen, der ihm das Gehirn geklaut hatte, weshalb er sich so bescheuert benahm. Oder Javier hatte ihn heimlich verflucht und das ließ sich nicht mehr rückgängig machen.

Oder er drehte einfach so am Rädchen, weil er keine andere Beschäftigung hatte und Aufmerksamkeit brauchte, was dermaßen peinlich wäre, dass er lieber mal seine Identität ändern sollte.

Der Unterricht dümpelte fast unbemerkt an Basti vorbei, nur ab und zu hörte er Joy, der sich wirklich für den ganzen Tag von ihm weggesetzt hatte, irgendwelche dummen Kommentare abgeben.

Alles scheiße hoch hundert; Basti war kurz davor, einen Antrag auf Schicksaländerung zu stellen, damit er nicht komplett verzweifelte. Egal wie dumm er sich gerne zu Joy benahm, wenn der sogar schon flüchtete, konnte es kaum schlimmer werden.

Haha, von wegen. Natürlich kam es noch schlimmer, zumindest empfand es Basti so, als er sich mit der schlechtesten Stimmung des Jahrtausends auf den Heimweg machen wollte und plötzlich Javier vor ihm auftauchte und nicht einsah, warum er ihn vorbei lassen sollte.

„Geh weg, du Vogel oder hast du unsere Vereinbarung vergessen?“ Mit einer unfreundlichen Handbewegung wollte er ihn zum Verschwinden animieren, aber Javier beeindruckte das Schauspiel kein Stück, stattdessen hielt er Basti an den Handgelenken fest und zog ihn mit sich.

„Hallo, bist du dumm oder so?“ Basti konnte es einfach nicht fassen, was hier schon wieder ablief.

„Nein, bin ich nicht, danke der Nachfrage.“ Javier warf ihm sein schönstes Lächeln an den Kopf und zerrte den sich sträubenden Basti mit sich in eine etwas abgelegene Ecke des Flurs.

„Was ist dann dein Problem?“ Auf unsinnige Diskussionen verzichtete Basti freiwillig, er wollte nach Hause, etwas essen und schlafen. Warum akzeptierte das keiner?

„Ich hab kein Problem. Aber du.“ Javier kam einen Schritt näher.

„Und wer sagt das? Halt, warte... deine Gruselfreunde, stimmts?“ Die Wurzel allen Übels, irgendwann reiste er ins Jenseits und trat den Viechern in die Eier.

„Nein, meine Intuition. Oder willst du mir erzählen, es ist Zufall, dass du seit unserem Treffen so rumhängst? Und so wie du mich da am Supermarkt angesehen hast... das sagt alles.“

„Verarsch mich nicht, woher willst du wissen, wie ich drauf bin, du bist doch nie in der Nähe. Oder spionierst du mir immer noch hinter her?“ Eine Überraschung wäre das nicht.

„Nein, aber ich weiß es trotzdem. Oder glaubst du, Joy findet es gut, dass du noch schlimmer drauf bist als sonst, und tut nichts dagegen?“

Jetzt wurde es krass; Joy hatte sich doch nicht im Ernst mit diesem Freak in Verbindung gesetzt, weil er sich Sorgen machte? Hallo, schlechter Aprilscherz?

„Wir wollen dir helfen, Basti.“ Witz des Jahres, geh nach Hause.

Bevor Basti Javier verkünden konnte, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollten und er ihm nicht half, indem er ihn in der Schule verschleppte, hatte Javier ihm auf einfache und wirkungsvolle Weise daran gehindert, indem er ihm nicht ganz sanft mit der Zunge in seinen Mund vorgedrungen war.

Einige Sekunden spielte Basti mit dem Gedanken, Javier zu beißen – der Typ hatte doch auch einen Schaden –, entschied sich dann aber spontan um. Das konnte er später noch nachholen. Irgendwann mal.

„Und, hast dir gefallen?“ Eine der Fragen, die man eigentlich nie stellen sollte.

„Nein.“ Doch, allerdings würde Basti das nur über seine Leiche zugeben. Zum Schluss glaubte Javier auch noch, mit seinen unzivilisierten Methoden Erfolg bei ihm zu haben.

„Sagen sie alle.“ Javiers Finger glitten irgendwo im Bereich seiner Schulter herum und Basti wusste nicht, ob er sich aus Prinzip wehren oder es sich gefallen lassen sollte. Scheiß Zwickmühle zwischen Stolz und etwas anderem, was er nicht unbedingt benennen wollte. „Was würdest du dazu sagen, wenn meine verstorbene Großmutter von dir erwartet, dass du es nochmal mit mir machen sollst?“ Inzwischen wanderten Javiers Hände an seiner Wirbelsäule herunter.

Als allererstes würde er die Dame als die perverseste Oma der Stadt einordnen. Und dann nein sagen, um Javier zu ärgern. Und Joy. Und alle anderen, die geglaubt hatten, er wäre so leicht zu schnappen.

„Ja... scheiße, ich würds machen.“ Nein, er hatte es tatsächlich gesagt, Schande über ihn und seine unkontrollierte Klappe. Wie tief konnte er denn noch sinken? Und daran waren nur Joy und Javier schuld, genau, er selbst konnte nichts dafür!

„Hoffe ich doch für dich.“ Zufrieden schlang Javier seine Arme um Basti und lachte leise. „Jetzt sofort?“

Der hatte wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Bist du irre?“ Die Schulleitung warf sie vor die Tür, wenn sie erfuhr, dass sie es nach Schulschluss auf dem Flur getrieben hätten.

„Ein bisschen.“ Wo er Recht hatte... „Aber du bist auch nicht ganz richtig im Kopf, also passt das schon.“

Das war das böseste Kompliment, dass Basti in seinem ganzen Leben bekommen hatte; es machte ihn trotzdem irgendwie nichts aus.
 

„Hä? Und ihr seid jetzt zusammen? So irgendwie?“ Joy konnte es kaum fassen.

„Ja, kann man so sagen.“ Obwohl sie das nie besprochen, keine Hochzeitsvorbereitung getroffen und auch nicht großartig im Internet verkündet hatten. Aber Basti nahm es einfach mal an, da Javier es sich nicht nehmen ließ, ihn jetzt jeden Morgen von zuhause abzuholen und ihn am Nachmittag zu sich zu entführen.

Und selbst wenn sie nicht offiziell zusammen waren, irgendwas klebte sie trotzdem aneinander und sei es nur Javiers Bedürfnis, ihn so oft wie möglich zu begrabbeln.

„Und warum jetzt genau? Bist du doch irgendwie verknallt oder willst du ihn nur vögeln?“

Eine typische Joyfrage, darauf bekam er ganz sicher keine Antwort, das verriet schon allein Bastis böser Blick, mit dem er ihn aufspießte und über einen imaginären Grill hängte. Als ob Basti das selbst so genau wusste, das stellte sich mit der Zeit heraus.

Und zur Not, nur Sex war auch was Gutes.

„Ist ja gut, ich hab nichts gesagt. Ist deine Sache. Und nein, ich bin nicht neidisch.“

Wahrscheinlich war niemand neidisch auf Basti, weil er Javier an der Angel hatte, aber es störte ihn nicht, solange nicht Javiers spezielle Freunde angeflogen kamen und ihn aufforderten, Joy zu heiraten.

Aber solange er einigermaßen zufrieden mit der Situation war, ging ihm der Rest der Umgebung mal so richtig schön am Arsch vorbei. Und die Gruselfraktion sowieso.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Eleven
2010-10-08T16:19:35+00:00 08.10.2010 18:19
hallöö x3
hab mir deine FF angesehen und ich find sie echt gut :)
besonders gut fand ich, dass die geschichte und auch die charaktere sich erst entwickelt haben. also nciht, dass sie ganz plötzlich mega aufeinander standen und übereinander hergefallen sind -.-
das war echt klasse! x3
auch, dass sie nachdem sie irgendwie zusammen gekommen sind, trotzdem noch diese kleinen diskussionen hatten und nicht ganz plötzlich alles wunderherrlich war. das hat die geschichte realistischer wirken lassen x3
nen weiteren plus punkt geb ich dir dafür, dass du dich generell (meiner meinung nach) recht an die realität gehalten hast, zum beispiel war kein extremer kitsch dabei, was für jungs untypisch gewesen wäre :)
man konnte sich auch gut in Jo rein versetzen, dass er immer noch irgendwie geglaubt hat, an sonder art pupertären geschmacksverirrung zu leiden xD
generell haben mir deine charaktere gut gefallen, das war ziemlich... amüsant x'D
dein schreibstil ist auch sehr gut und hat meiner meinung nach auf jeden fall potential! ich liebe es wenn man sarkasmus in seine geschichten einbringt, und das hast du perfekt hinbekommen :'D also somit genau meinen geschmack getroffen
eine winzig kleine sache hätte ich zu bemängeln, aber das soll nicht böse gemeint sein, viel mehr hoffe ich, dass es dir vielleicht hilft noch besser zu werden. vielleicht seh ja aber auch nur ich das so, also sehr als persönlichen kritikfaktor von mir xD
ich mochte es, dass du zu anfang, wo tobi jo im unterricht so 'angegrabscht' hat, extra geschrieben hast, jo fände das gar nicht allzu schlimm, nur eben peinlich. das ging fand ich nach einiger zeit leider unter, also ich hatte manchmal das gefühl es könnte noch ein wenig mehr beschrieben werden, wie er sich in einigen momenten fühlt, die das 'verliebt sein' ausmachen. (sowas wie bauchkribbeln, ect.)
ist nur konstruktive kritik, wie gesagt, ich hätts dann noch besser gefunden, aber das ist meine meinung und auch so war es eine sehr sehr tolle geschichte :D
greezes. <3


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