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Changing emotions

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Kapitel 1 - Soft Version

# Aoi #

Es war kurz nach null Uhr, als Reita und ich endlich unser Doppelzimmer betraten.

Eigentlich hätte jeder von uns fünf ein Einzelzimmer bekommen sollen, aber

irgendjemand hatte unsere Reservierung durcheinander geworfen und so standen wir

dann schlussendlich mit zwei Doppelzimmern und einem Einzelzimmer da.

Leader-sama hatte einen Tobsuchtsanfall bekommen, aber alles Zetern half nichts,

das Hotel war ausgebucht. Irgendeine Messe war in der Stadt. So viel hatte ich

noch mitbekommen, bevor ich meine Ohren auf Durchzug gestellt hatte. Sollten die

sich halt aufregen, ich war zu müde dazu.

Rei schien es auch egal zu sein, er stand nur still in der Ecke und versuchte

sein breites Grinsen wegen Kai’s Gezeter zu verstecken. Gut, dass er das

Nasenband um und den Kopf gesenkt hatte, denn Kai sah gerade in seine Richtung

und hätte ihn wahrscheinlich in der Luft zerrissen, wenn er es gesehen

hätte.

Ruki und Uruha schien es auch relativ egal zu sein. Das versuchten sie nun auch

Kai klar zu machen, der sich nach einigem Hin und Her dann auch wieder beruhigte

und gleich das Einzelzimmer für sich beanspruchte. Von wegen Leader und braucht

seine Ruhe, trägt die Verantwortung und so.

Ich zuckte nur mit den Schultern, schnappte mir Reita und einen Schlüssel und weg

waren wir. Es war sowieso klar, dass Ruki und Uruha sich das andere Zimmer teilen

würden. Die waren in letzter Zeit noch unzertrennlicher als sonst schon. Ich

war mir ja ziemlich sicher, dass da was zwischen den beiden lief, aber uns was

in der Richtung gesagt oder angedeutet hatten sie nicht. Allerdings brauchten

sie das auch gar nicht. Wer die beiden kannte, sah es ihnen an der Nasenspitze

an.
 

Auf dem Weg zum Aufzug warf ich einen Blick auf den Schlüssel. 2015. Also ab in

den zwanzigsten Stock. Im Aufzug drehte ich mich dann zu Reita um, der bis jetzt noch

keinen Ton gesagt hatte. Überhaupt war er so still. Auch schon auf dem Weg von

der Konzerthalle hier ins Hotel. Nachdenklich sah ich ihn an. Er stand lässig mit

seinem linken Ellenbogen an die Wand gelehnt, die andere Hand mit der Tasche

über dem Rücken. Den Blick hatte er auf die wechselnde Etagenanzeige

gerichtet.

„Alles ok mit dir?“ wollte ich wissen und sah ihn fragend an.

„Was?“ er zuckte zusammen und richtete seine braunen Augen auf mich.

„Ob alles ok ist, hab ich gefragt... Man, wo bist du denn wieder mit deinen

Gedanken, Rei?!“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Manchmal war er

echt verplant.

„In der Dusche…“ erwiderte er und seine Mundwinkel zuckten ebenfalls.

„Schon klar. Wird aber auch Zeit... Ist schon ganz muffig hier drin...“

Schnell sprang ich einen Schritt zurück um seinem Tritt auszuweichen.

„Boah, werd mal nicht frech, Schnittchen! Als wenn du so viel besser

riechst!“ motzte er auch gleich los. Genau darauf hatte ich gewartet. Ich

kannte meinen besten Freund halt.

Empört starrte ich ihn an. „Soll das heißen ich stinke?! Wie kannst du mir so

was nur ins Gesicht sagen!“ „Jetzt zick hier mal nicht rum. Du hast

schließlich damit angefangen“, lachte er auch prompt, als er meinen

Schmollmund sah. „Du bist so fies...Du...großer, böser... Reita!“ Damit

schritt ich erhobenen Hauptes aus dem Aufzug, der inzwischen unser Ziel erreicht

hatte, ohne ihn auch nur noch eines Blickes zu würdigen. Sein Lachen konnte ich

dennoch hören, ehe er schnellen Schrittes hinter mir her eilte. Vielleicht

sollte ich ihn einfach auf dem Flur schlafen lassen. Bester Freund hin oder

her.
 

Vor der Tür 2015 blieb ich schließlich stehen, öffnete sie mit der

Schlüsselkarte und trat in den dunklen Raum. Reita, der mich

inzwischen eingeholt hatte, tastete nach dem Lichtschalter, sodass ich mich

umsehen konnte. Links neben der Tür standen zwei gemütliche Sessel und ein

kleiner Tisch, dahinter hatte man einen super Panoramablick auf die dunkle

Stadt. Auf der rechten Seite des Zimmers stand vor Kopf an der Wand ein großes

Kingsize-Doppelbett, rechts vom Bett an der Wand befand sich eine Kommode auf

der ein Fernseher und ein DVD-Player standen. Daneben ging eine Tür ab, die wohl

ins Badezimmer führte. In die Wand direkt hinter der Tür war ein großer,

geräumig aussehender Kleiderschrank Wand eingelassen.
 

Reita schien das Zimmer nicht weiter zu interessieren, er ließ seine Tasche

fallen und stürmte sofort ins Badezimmer. In der Tür zu selbigen schienen ihm

seine Manieren wieder einzufallen und er drehte sich fragend zu mir um. „Jetzt

geh schon, du dreistes Stück. Ist ok.“ grinste ich. Er nickte ebenfalls

grinsend und war dann im Bad verschwunden. Das war so klar gewesen, schließlich

teilten wir nicht zum ersten Mal ein Zimmer. Es war doch jedes Mal dasselbe. Er

schmiss seine Tasche in irgendeine Ecke und ging dann direkt duschen. Mir machte

das nichts aus.
 

Ich stellte mich ans Fenster und warf einen Blick über die bunten Lichter der

Stadt. Welche es heute war, wusste ich nicht. Wenn man auf Tour war und jeden

Tag eine neue Stadt sah, verliert man leicht den Überblick. Ich öffnete eine

Tür, die ich bei meinem ersten Rundblick wohl übersehen hatte und trat auf

einen großen Balkon hinaus. Dort genoss ich die Stille und zündete mir erst

einmal eine Kippe an. Allerdings war es nicht gerade warm draußen und ich war

immer noch ein bisschen verschwitzt vom Konzert, weshalb ich auch schnell wieder

im Zimmer verschwand. Gerade rechtzeitig um Rei nur mit einem Handtuch um die

Hüften und noch nicht mal richtig abgetrocknet aus dem Bad kommen zu sehen.

Meine Kinnlage begann einen Freiflug, aber ich war nicht in der Lage sie zu

bremsen. Zum Glück schaffte ich es aber gerade noch rechtzeitig die Kippe

aufzufangen, bevor sie dem Teppich eine bleibende Erinnerung verpassen konnte.

Rei schien mich noch nicht bemerkt zu haben, denn er ging ungerührt zu seiner

Tasche und begann seine Klamotten über das halbe Zimmer zu verteilen. Nachdem

ich ein paar mal tief durchgeatmet und die ganzen schmutzigen Gedanken

verdrängt hatte, immerhin war er mein bester Freund und noch nicht mal

ansatzweise an Männern interessiert, räusperte ich mich. „Das räumst du

aber auch schön wieder auf. Ich hab keine Lust mir morgen die Knochen zu

brechen, weil ich mich in deinen Klamotten verheddere, klar?“ Reita zuckte

kurz erschrocken zusammen und drehte sich dann zu mir um. Dabei stemmte er eine

Hand in die Hüften und sah mich überheblich an. „Wieso ich? Was meinst, du

warum ich ein Zimmer mit dir teile?“ War ja klar, dass er jetzt wieder den

Macho raushängen lassen musste. Aber wir wollten ja mal sehen, wer nachher

wieder angekrochen kam, weil er kuscheln wollte...
 

Bevor ich antworten konnte, wurde an die Tür geklopft und ich hörte Ruki den

Flur zusammenbrüllen. „Aooooi, Reeeeeeeeeei, macht mal auf!“ Ich begab mich

zur Tür, warf Reita aber bevor ich sie öffnete noch einen vernichtenden Blick

zu. Der grinste nur weiter vor sich hin. Dann stürmten auch schon Ruki, Uruha

und Kai ins Zimmer und machten sich auf dem Bett breit. So schnell konnte ich

gar nicht gucken. Überrumpelt hielt ich noch immer die Tür in der Hand und sah

die anderen verwirrt an.
 

Ruki schien das mega lustig zu finden. Er kugelte sich regelrecht auf dem Bett

vor lachen, während Uruha Reita eingehend betrachtete, was mir mal überhaupt

nicht gefiel. Ich merkte wie ich Uruha mit meinen Blicken erdolchte, was Kai

bemerkte. Er sah von mir zu Uru und Reita und wieder zurück zu mir. „Stören

wir gerade? Sollen wir später wieder kommen?“ wollte er dann wissen und ließ

den Blick von mir wieder zurück zu dem, noch immer nur mit einem Handtuch

bekleideten, Bassisten gleiten.
 

Dieser Blick gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht. Der war irgendwie so wissend.

Richtig gruselig. Aber was mir noch weniger gefiel war Reitas Antwort.

„Schwachsinn! Ich bin nicht schwul, dass weißt du genau und Aoi ist mein

bester Freund, er wäre sowieso der Letzte den ich anpacken würde!“ schnaufte

der Blonde, schnappte sich seine inzwischen zusammen gesuchten Klamotten und

verschwand damit im Bad. Während er das sagte, hatte ich das Gefühl als würde

mir das Herz aus der Brust gerissen und ich zuckte innerlich zusammen, aufgrund des Gefühls. Ich versuchte den Anflug von Schmerz und Trauer aus meinem

Gesicht fernzuhalten, aber ob das bei meinen Augen auch klappte, wusste ich

nicht. Wenn Reita mich angesehen hätte, hätte er es wahrscheinlich so oder so

gemerkt. Aber das hatte er glücklicherweise nicht.
 

Mit einem lauten „RUMS“ schmiss ich die Tür ins Schloss. Alle starrten mich

erschrocken an. Ich schluckte und ging dann zu einem der Sessel hinüber. „Also,

wieso seid ihr hier?“ versuchte ich meine verletzten Gefühle mehr schlecht

als recht zu überspielen. Eine Schlag in den Magen von Reita hätte

nicht effektiver sein können. Aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken.

Kai schien das zu merken und reagierte als erster auf meine Frage. „Wir

wollten euch fragen ob ihr noch mit in nen Club oder so kommt. Ein bisschen

feiern und entspannen.“ Ruki sah mich erwartungsvoll an. So wie er aussah, war

es seine Idee. Kleines Energiebündel.
 

„Ich für meinen Teil möchte eigentlich nur noch ins Bett. Ich bin

erledigt.“ gab ich zu. Die anderen nickten verstehend. So ein Konzert war nun

mal anstrengend. Und außerdem brauchte ich auch hin und wieder etwas Zeit

für mich. Den Anderen ging es manchmal genauso, deswegen wurde meine

Entscheidung auch diskussionslos akzeptiert. „Also ich bin dabei! Schnecken

bringt euch in Sicherheit!“ kam es machohaft aus Richtung der Badezimmertür.

Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass Rei wieder da war.
 

Ruki spang freudig auf und zerrte Kai mit auf die Beine. „Na dann mal los!“

Und schon war er wieder zur Tür raus. Uruha stöhnte gequält.

„Vielleicht solltest du dir für ihn ne Leine zulegen, dann haut er nicht

immer so schnell ab und du armer, alter Mann musst nicht ständig hinterher

rennen“, meinte Reita mit einem fiesen Grinsen. Dann schnappte er sich sein

Handy, Portemonaie und die Schlüsselkarte, die ich vorhin im Vorbeigehen auf

den kleinen Tisch gelegt hatte und war mit eine „Tschüss, Aoi!“ zusammen

mit Kai und Uruha zur Tür hinaus.
 

Froh über die endlich eingekehrte Ruhe ließ ich mich aufs Bett fallen und

schloss kurz die Augen.
 


 

# Reita #

Nach einigem Hin und Her hatten wir uns, nachdem wir das Hotel verlassen hatten,

auf eine Disco in der Nähe geeinigt, da Ruki anscheinend immer noch nicht

richtig ausgepowert war. Und das, obwohl er auf der Bühne immer so abging…

Unglaublich. Kai, Uruha und ich waren eigentlich eher für eine chillige Bar gewesen, aber

Ruki’s Chibi- Blick hatte erst Uruha und schließlich auch Kai weichgespült.

Das war ja wieder klar gewesen…
 

Wenn Ruki was wollte, konnte er dann plötzlich einen auf klein und niedlich

machen. Aber wehe man bezeichnete ihn sonst so. Das konnte durchaus kritisch

werden, wenn die kleine Furie dann mit fliegenden Fäusten auf einen zugestürmt

kam… Aber meistens brauchte man ihn nur mit der Hand an der Stirn auf Abstand

halten. Bei seiner geringen Größe und mit den kleinen Ärmchen konnte er dann keinen Schaden mehr anrichten. Er traf einen ja nicht mal.
 

Und so saß ich also in einer relativ ruhigen und etwas abgetrennten Sitzecke bestehend aus gemütlichen Sofas. Uruha und Ruki waren irgendwann kurz nach unserer Ankunft und den ersten paar Drinks auf die Tanzfläche verschwunden. Wie ein altes Ehepaar die beiden... Kai hatte noch eine Weile länger bei mir rumgesessen, bis er eingesehen hatte, dass heute nicht mehr viel mit mir anzufangen war. Als dann noch ein relativ hübsches Mädel zu uns rüber kam und ihn ansprach, war auch er verschwunden.
 

Also saß ich hier allein mit meinem Wodka- Redbull, der wievielte das war wusste ich schon gar nicht mehr, und kam irgendwie nicht so richtig in Partystimmung… was wirklich ungewöhnlich für mich war. Das sagte mir auch Kai’s Blick, bevor er abgerauscht war. Der hatte eindeutig den Inhalt „hoffnungslos“. Und das, obwohl ich sonst nach nicht mal zehn Minuten schon jemanden klar gemacht hatte. Natürlich eine Frau. Ich war ja nicht schwul! Das ganz sicher nicht!
 

Trotzdem, ich bekam einfach Aoi’s Augen und den Gesichtsausdruck nicht aus dem

Kopf. Den Blick, als ich gesagt hatte, dass ich nicht schwul und Aoi der

Letzte wäre, den ich anmachen würde. Das stimmte ja auch. Immerhin war er mein

bester Freund… Dennoch verfolgte mich der Ausdruck seiner Augen. So unendlich

traurig und verletzt. Und nur für eine Millisekunde war es als hätte ich

Tränen schimmern sehen.

Er dachte wahrscheinlich ich hätte das nicht mitbekommen. Ich hatte ja auch

mehr zufällig als bewusst in seine Richtung gelinst, als ich das sagte und kurz

darauf ins Bad verschwand um mich endlich mal anzuziehen.

Nur, was hatte das zu bedeuten? Und wieso störte mich das jetzt bitte so? Klar,

ich wollte ihm nicht absichtlich wehtun und abwerten wollte ich ihn ganz sicher

auch nicht und das sollte er eigentlich auch wissen. Es war ja nicht das erste Mal,

dass ich so einen Spruch losgelassen hatte. Er war und blieb einer der wichtigsten

Menschen in meinem Leben, wenn nicht sogar der Wichtigste. Auf ihn konnte ich mich

immer verlassen, er war immer für mich da, egal worum es ging. Bei ihm konnte ich

ich selbst sein und manchmal kannte er mich besser als ich mich selbst. So gut, dass es manchmal regelrecht erschreckend war. Er war auch der einzige Mann, mit dem ich in einem Bett schlief. Und ja, ich hatte ihn lieb! Platonisch gesehen.

Und aus all diesen Gründen sollte er eigentlich genau wissen, wie das vorhin

gemeint war und dass er das nicht persönlich nehmen musste oder sollte... Also

warum zum Geier reagierte er so?
 

Ich nahm einen großen Schluck und knallte dann das leere Glas auf den Tisch. So

langsam wurde ich echt sauer. Ich hatte mich so gefreut heute noch was zu machen

und vielleicht noch jemanden abzuschleppen… Doch diese ganzen blöden Gedanken

trübten meine eigentlich gute Laune ganz erheblich. Ich wollte feiern,

verdammt! Stattdessen saß ich hier und kippte einen Drink nach dem nächsten,

in der Hoffnung so die Gedanken zu ertränken. Irgendwie war ich angepisst! Ich

brauchte Ablenkung. Ich ließ meinen Kennerblick über die Tanzfläche zur Bar

hinüber schweifen. An der Theke saßen Kai und das Mädel von vorhin und

schienen nett zu plaudern… Kai der alte Charmeur. Ich konnte mir ein Grinsen

nicht verkneifen. Neben den beiden saß verlassen eine schwarzhaarige

Schönheit. Sie sah ein bisschen wie das fünfte Rad am Wagen aus, schien eine

Freundin von Kai’s Bekanntschaft zu sein. Sie sah gut aus und machte einen

sympathischen Eindruck. Daher beschloss ich sie von ihrer offensichtlichen

Langeweile zu erlösen.
 

Es war sogar richtig leicht sie in ein Gespräch zu verwickeln. Ihr musste echt

langweilig gewesen sein. Andererseits würde ich mich auch von mir anquatschen

lassen. Ich sah ja nicht gerade schlecht aus. Bis auf meine Nase vielleicht,

aber ich hatte ja das Nasenband um sie zu verstecken. Ich erfuhr, dass

ihr Name Yuki war. Sie studierte irgendwas an der hiesigen Uni. Was, keine

Ahnung. Genauso wenig davon in welcher Stadt wir überhaupt gerade waren.

Jedenfalls gönnte sie sich mit ihrer Freundin eine Auszeit vom anstrengenden

Lernstress der letzten Wochen. Nach einer Weile beschlossen wir dann die

Tanzfläche unsicher zu machen. Tanzen konnte sie, dass musste ich zugeben. Und

schüchtern war sie auch nicht gerade. So wie sie sich teilweise an mir rieb,

gehörte das schon fast zensiert. Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte…
 

Wir tanzten schon eine ganze Weile, sie mit dem Rücken an meine Brust

geschmiegt und mit ihrem Po da, wo es mir Spaß machte, ich mit meinen

Händen an ihren Hüften. Durch den geringen Größenunterschied, lag ihr Kopf

an meiner Schulter. Allerdings veränderte sich ihr Aussehen plötzlich vor

meinen Augen. Sie wurde größer und die Haare etwas kürzer und ihre Züge, die

ich nur im Profil sehen konnte, nahmen immer mehr die von Aoi an. Verwirrt

blinzelte ich und schüttelte unbewusst den Kopf. Yuki hatte das wohl bemerkt.

Sie drehte sich in meinen Armen und sah mich fragend an. Ich konnte nicht hören

was sie sagte, aber an ihren Lippenbewegungen konnte ich erkennen, dass sie

fragte ob alles ok wäre. Ich nickte abwesend und sah weiter wie hypnotisiert

auf ihre leicht geöffneten und schimmernden Lippen, als sie mit ihrer Zunge

darüber glitt um sie zu befeuchten. Dann beugte ich mich vor und verschloss

ihre Lippen mit meinen, fuhr mit meiner Zunge leicht ihre Unterlippe entlang und

bat um Einlass. Den sie mir gewährte. Als ich den Kuss löste, sah sie mich mit

verschleierten Augen an, bevor sie mich mit einer Hand im Nacken wieder zu sich

zog. Ich bemerkte erst, dass wir uns gar nicht mehr zur Musik bewegten, als ich

einen Ellbogen in die Rippen bekam. Schmerzvoll verzog ich das Gesicht und sah

mich nach einem stilleren Ort um. Dann nahm ich Yuki bei der Hand und zog sie in

Richtung der Toiletten. Dort angekommen zog ich sie weiter bis zu einem Raum mit

der Aufschrift „privat“. Wir hatten Glück und die Tür war nicht

abgeschlossen. Ich zog sie in den Raum und ließ die Tür schwer hinter uns

zufallen.
 

Totale Dunkelheit umfing uns, aber das störte mich nicht. Ich zog sie zu mir,

presste sie gegen die Wand neben der Tür und küsste sie stürmisch. Meine Hand

griff nebenbei nach dem Saum ihres Tops und schob es nach oben. Sie unterbrach

den Kuss, hob die Arme damit ich es ihr ausziehen konnte und ich machte mir an

ihrem BH zu schaffen. Als ich dieses störende Teil geöffnet hatte, warf ich es

einfach zur Seite in die alles umhüllende Dunkelheit. Wieder küsste ich sie

leidenschaftlich und sie lehnte sich seufzend in den Kuss. Eine ihrer Hände

machte sich an meiner Gürtelschnalle zu schaffen und ich stöhnte erleichtert

auf, als sie mir die Hose runterschob.
 

[...]
 

„Mach endlich…“ bettelte sie.
 

[...]
 

Noch ein letztes Mal stieß ich zu und kam dann, beobachtete, wie sie auch

kam, sah ihr dabei tief in die Augen und genoss meinen Höhepunkt. Und

plötzlich war es nicht mehr Yuki, die ich vor mir hatte...

# Aoi #

Blinzelnd schlug ich die Augen auf. Verwirrt sah ich mich um, bis mir wieder einfiel, dass ich im Hotel war. Heute war das letzte Konzert unserer Tour gewesen und morgen oder wohl eher heute Abend, ging unser Flug nach Hause. Seufzend richtete ich mich auf. Irgendwie war mir kalt. Als ich an mir herunter sah, stellte ich fest, dass ich immer noch mein Bühnenoutfit trug. Wie spät war es überhaupt? Ich erhob mich und zog mein Handy aus der Hosentasche. 5:03 Uhr. So lange hatte ich geschlafen? Dabei hatte ich doch nur mal kurz die Augen zumachen wollen und anschließend eigentlich duschen. Egal, dann würde ich eben jetzt duschen gehen. Da ich keine Lust hatte Klamotten aus der Tasche zu suchen, ließ ich es bleiben. Das konnte ich auch nach der Dusche noch machen. Außerdem war ich ja sowieso alleine hier und mit Reita war in den nächsten 2 Stunden eigentlich nicht zu rechnen.
 

Im Badezimmer angekommen, stellte ich schon einmal die Dusche an und begann mich dann langsam aus meinen Klamotten zu schälen. Irgendwie fühlte ich mich steif und verspannt. Aber das hatte man davon, wenn man noch halb durchgeschwitzt einpennte... Dann endlich stand ich unter dem herrlich warmen Wasserstrahl und konnte regelrecht fühlen, wie sich meine Muskeln wieder entspannten. Erleichtert seufzte ich auf. Ich stützte meine Hände vor mir an der Wand ab und ließ mir das Wasser etwas mehr über den Nacken laufen. Das tat gut.
 

Ich weiß nicht wie lange ich einfach nur da stand und das Wasser auf mich herabprasseln ließ, aber ein kühler Luftzug ließ mich aufschrecken. Ich drehte meinen Kopf leicht Richtung Tür und stockte. Im Türrahmen stand Reita und sah mich mit einem seltsamen Blick, den ich bei ihm noch nie gesehen hatte, an. Auch ich sah ihn einfach nur an. Was machte er überhaupt schon wieder hier? Sonst kam er doch auch erst pünktlich zum Frühstück wieder ins Hotel…

Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als ich merkte dass er langsam auf mich zukam. Sie setzten erst wieder ein, als er die gläserne Duschkabinentür öffnete und zu mir in die Dusche kam. Mein Herz begann zu rasen und meine Gedanken liefen Amok. Er hatte immer noch seine Klamotten an und der Blick, mit dem er mich bedachte war immer noch seltsam. Am meisten beunruhigte mich, dass er keinen Ton sagte. Und auch ich schien meine Stimme verloren zu haben, konnte ihn nur stumm anstarren. Ich drehte mich ganz zu ihm um. Dass ich nackt war, störte mich nicht weiter. Es war nicht das erste Mal, dass er mich so sah. Und ich hatte ihn auch schon das eine oder andere Mal unbekleidet gesehen.
 

Plötzlich spürte ich seine Hand, die über meine Seite glitt. Noch immer sah ich ihm einfach nur in seine schönen braunen Augen. Es fehlte nicht mehr viel und ich würde mich in ihnen verlieren. Seine andere Hand glitt zu meinem Gesicht und strich ein paar meiner nassen Strähnen zurück.

Ich ließ es geschehen, als sein Gesicht dem meinem immer näher kam und seine Lippen die meinen in einem sanften Kuss berührten. Überrascht riss ich die Augen auf. Was tat er hier? Das war doch nicht Rei. Im nächsten Moment schloss ich meine Augen jedoch und erwiderte den Kuss.

Ich hatte viel zu lange auf so eine Chance gewartet um sie jetzt ungenutzt verstreichen zu lassen. Seine Lippen waren so unglaublich weich… Als er keinen Widerstand spürte vertiefte er den Kuss, fuhr mit seiner Zunge über meine Unterlippe und bat um Einlass. Diesen gewährte ich ihm auch. Als ich dann jedoch Alkohol schmeckte und den Geruch von Alkohol und Sex an ihm wahrnahm, bemerkte ich, dass das hier nicht richtig war. Es war schön von ihm geküsst zu werden, aber ich wollte, dass er mich küsste, ohne sich vorher mit Alkohol den Verstand zu ertränken. Traurigkeit breitete sich ein weiteres Mal in dieser Nacht in mir aus. Nur nebenbei bekam ich mit, wie er mich unsanft nach hinten gegen die Wand drängte. Seine Hand, die die ganze Zeit zärtlich über meine Seite gestreichelt hatte, wurde fordernder und begab sich langsam in tiefere Gefilde. Ich hielt seine Hand fest und löste den Kuss, der inzwischen auch leidenschaftlicher geworden war. So sehr ich mir das alles hier auch gewünscht hatte, es war nicht richtig. Zumindest nicht so.

Rei sah mich fragend an. „Was ist? Du willst das doch auch. Denkst du ich hab deine sehnsüchtigen Blicke in letzter Zeit nicht bemerkt? Oder die Art, wie du mich ansiehst?“ Und wieder versuchte er mich zu küssen. Geschockt weiteten sich meine Augen. Das konnte nicht…das durfte nicht…war das so offensichtlich gewesen?

Ehe seine Lippen meine berühren konnten, drehte ich den Kopf zu Seite und uns beide reflexartig um, sodass er nun direkt unter dem Strahl der Dusche stand. Ich trat einen Schritt zurück und maß ihn mit ernstem Blick. Er sah mich verwundert an, als das Wasser plötzlich direkt auf ihn niederprasselte. Doch dann zuckte er mit den Schultern und wollte mich wieder an sich ziehen. Aber ich löste seine Hände von meinen Hüften und trat noch einen kleinen Schritt zurück.

"Mag sein, dass ich mir das hier wünsche.“, begann ich flüsternd, „Aber nicht so! Du bist total betrunken, Akira! Und du riechst nach Sex! Und dann das hier!? Spinnst du jetzt total?!“

Meine Stimme war zum Ende hin immer lauter geworden, jedoch schrie ich ihn nicht an.
 

Ich griff an ihm vorbei nach dem Regler und drehte ihn komplett auf „kalt“. Rei quietschte erschrocken auf, aber das war mir egal. Damit verließ ich die Dusche und nahm mir ein großer Handtuch, dass ich mir um den Körper wickelte und ging zur Tür. Erst dort drehte ich mich noch einmal zu ihm um. Er stand noch immer mitten unter dem kalten Wasserstrahl und starrte mich mit offenem Mund sprachlos an. Mir viel der Vergleich mit einem begossenem Pudel ein, allerdings schaffte es die Vorstellung nicht, mir in dieser Situation ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Ohne ein weiteres Wort verließ ich das Badezimmer und schloss die Tür hinter mir. Kraftlos ließ ich mich dagegen sinken und konnte ein Zittern nicht mehr unterdrücken. Das tat so unglaublich weh. Tränen stiegen mir in die Augen, aber ich hatte diesmal nicht die Kraft sie zurückzuhalten.
 

Leise schluchzend erhob ich mich. Ich musste mich anziehen. Am liebsten hätte ich einfach das Zimmer verlassen, aber ich wusste nicht wo ich hin sollte. Die anderen waren bestimmt noch nicht wieder da. Ich kramte mir Boxershorts, meine Jogginghose und ein Langarmshirt aus der Tasche und zog mich an. Dann suchte ich noch nach warmen Socken. Mir war so unglaublich kalt… Das Zimmer war eigentlich recht warm, aber ich fror trotzdem und auch das Zittern wollte einfach nicht aufhören.
 

Genervt wischte ich mir über die Augen und beschloss mich schon mal ins Bett zu legen. Wenn Reita rauskam, würde ich einfach so tun, als ob ich schliefe. Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich wollte ja noch nicht mal mit ihm in diesem Raum sein momentan. So kroch ich auf das Bett und rollte mich auf der entfernten Seite unter der Bettdecke zusammen. Langsam ließ das Zittern nach und auch die innere Kälte wurde weniger, auch wenn sie nicht verschwand. Genauso wenig wie die Tränen, die noch immer unaufhörlich und unaufhaltsam aus meinen Augen liefen.
 

Ich schloss die Augen und atmete tief durch, als die Badezimmertür geöffnet wurde. Ich hörte Reis Schritte, die vom Teppich fast verschluckt wurden. Er kramte in seiner Tasche und schien sich anzuziehen. Dann löschte er das Licht und kam zum Bett. Ich verkrampfte mich, als ich spürte, wie die Matratze unter seinem Gewicht nachgab. Die Decke ein wenig angehoben und ich konnte Rei fast körperlich spüren, obwohl ich genau wusste, dass er nicht genau neben mir lag, sondern mit etwas Abstand. Eine Weile war es still, aber dann bewegte er sich wieder. Ich merkte, wie er sich mir näherte. Ich konnte seinen Atem an meinem Ohr spüren. „Es tut mir leid, Yuu.“ flüsterte er leise und strich mir ein paar Tränen von den Wangen. Als keine Reaktion meinerseits kam, legte er sich wieder auf seine Seite des Bettes und war auch wenig später eingeschlafen, was mir sein ruhiger und gleichmäßiger Atem mitteilte.

Langsam entspannte ich mich und wischte mir noch ein letztes Mal die Tränen weg, bevor auch ich in einen unruhigen Schlaf glitt.
 


 

Ich wachte auf, als ich bemerkte wie Rei sich bewegte. Ich hatte sowieso nur oberflächlich geschlafen und war, sobald er sich nur ein Stückchen bewegt hatte hochgeschreckt. Das machte mich fertig. Er war doch immer noch mein bester Freund, oder? Und ich vertraute ihm doch… Und das im Badezimmer, hatte doch nur am Alkohol gelegen, oder?

Da ich wusste, dass ich jetzt sowieso nicht mehr würde schlafen können, stand ich auf. Ich musste hier raus. Während ich mich umzog hörte ich halblaute Stimmen auf dem Flur und ich erkannte, dass es sich um Ruki, Uru und Kai handelte. Ruki war einfach nicht zu überhören. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es kurz vor sieben war. Richtig lange geschlafen hatte ich also nicht. Aber wie sollte ich das in dieser Situation auch… Resigniert schüttelte ich den Kopf.

Als die Stimmen auf dem Flur verklungen waren, nahm ich mir die Schlüsselkarte und verließ das Zimmer. Unschlüssig stand ich ein paar Minuten auf dem Flur und wusste nicht so recht wo ich hin sollte. Schlussendlich wurde ich aber von Kai’s Zimmertür angezogen. Ich atmete einmal tief durch und klopfte zögernd.

Nur in Boxershorts und T-Shirt öffnete Kai wenig später die Tür. Fragend sah er mich an.

„Aoi? Alles ok?“ wollte er überrascht wissen.

„Gar nichts ist ok. Kann ich reinkommen?“

Verwundert und besorgt sah Kai mich an. „Klar! “ erwiderte er und trat einen Schritt beiseite, damit ich eintreten konnte. Ich betrat das Zimmer und ließ mich auf die Bettkante sinken. Kai schloss die Tür und setzte sich dann neben mich. „Was ist passiert? Ist was mit Reita?“

„Ich…er…“ Ein Zittern durchlief meinen Körper in Erinnerung an die Aktion in der Dusche. Und auch die Tränen stiegen wieder auf. Fassungslos sah Kai mich an. Dann legte er tröstend seine Arme um mich und zog mich an sich. Ich ließ mich in seine Umarmung fallen und konnte ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken.

„Hey… Ist ja gut. Es ist alles ok. Ich bin da!“ Tröstend strich er mir über den Rücken. Nur langsam beruhigte ich mich wieder. Nach einer Weile löste sich Kai von mir und zog mich mit sich ganz auf das Bett. Er lehnte sich mit dem Rücken an das Kopfteil. Ich legte meinen Kopf auf seinen Bauch, so dass ich ihn ansehen konnte.

„Also, was war los? Habt ihr euch gestritten?“ hakte er nach. Er klang nicht neugierig, sondern einfach nur besorgt. Das sagte mir auch sein Gesichtsausdruck.

Ich schluckte und atmete tief durch, bevor ich anfing zu erzählen. „Ich war duschen. Dann ging die Tür auf und Rei kam rein. Bis in die Dusche.“

Kai’s Augen wurden größer.

„Er hat mich geküsst, Kai. Erst sanft zum Antesten und dann richtig. Leidenschaftlich. Aber als er mich an die Wand gepresst hat, hab ich den Kuss gelöst.“

Noch immer sah Kai mich fassungslos an und schien von Minute zu Minute fassungsloser zu werden. „Du scheinst ja aber nicht abgeneigt zu sein. Alleine deine Reaktion auf seinen Spruch vorhin…“ deutete Kai an.

„Es hat sich richtig und schön angefühlt. Ich hab mir das schon so lange gewünscht. Wie lange, weiß ich schon gar nicht mehr. Aber wir waren immer nur Freunde. Beste Freunde. Und er steht doch überhaupt nicht auf Männer. Ich habe den Alkohol geschmeckt und er roch nach Sex.“ Meine Stimme wurde immer leiser. „Das Schlimmste war, als er mir an den Kopf geknallt hat, ich wolle es doch auch und er wüsste, dass ich was von ihm will…“

„Oh man, was macht ihr nur…Und ich dachte unser guter Reita wäre hetero…“ grinste Kai. Seine Hand spielte abwesend mit meinen Haarsträhnen.

„Hey… Das ist nicht lustig, Kai.“ schmollte ich. Dann sah ich ihn wieder ernst an. „Er hat ja Recht. Ich wollte es auch! Aber nicht so! Verdammt! Nicht, wenn er betrunken ist und sich morgen wahrscheinlich an nichts mehr erinnert. Nicht, wenn er vorher eine Frau abgeschleppt hat! Und schon gar nicht, wenn er nicht das Gleiche fühlt wie ich!“ Wütend boxte ich auf die Bettdecke und wischte mir genervt die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich wollte nicht mehr weinen.

„Aoi…“ vorsichtig nahm Kai meine Hand und hielt sie fest. „Bist du in Rei verliebt?“ Sein Blick war sorgenvoll und mitfühlend zugleich.

Ich wandte den Blick ab und murmelte ein leises „ja“. Leugnen hatte sowieso keine Sinn.
 

„Ach Aoi...“ seufzte Kai und zog mich an meiner Hand zu sich hoch, sodass ich mit meinem Kopf an seiner Schulter lag und hielt mich einfach nur fest.

„Was soll ich denn jetzt machen, Kai? Ich kann das doch nicht einfach ignorieren. Er ist zwar mein bester Freund, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, mich so zu behandeln. Nur weil er es grade geil findet oder was weiß ich. Ok, er hat sich nachher entschuldigt, aber was, wenn so was noch mal passiert? Wenn er wieder betrunken halb über mich herfällt?“

„Ich weiß es nicht. Warte doch erstmal ab, ob er sich morgen noch erinnern kann. Wenn ja, dann sprecht darüber. Und wenn nicht… tja. Entweder du erzählst es ihm oder du lässt es gut sein.“

„Hm“ nuschelte ich. Ich wollte gerade nicht darüber nachdenken, was dann sein würde.

„Ich bezweifle, dass du es vergessen können wirst, aber wie du schon sagtest, er war betrunken und ist es wahrscheinlich immer noch. Wenig hat er nicht gerade getrunken… Und er war sowieso den ganzen Abend schon so seltsam drauf. So still und tief in Gedanken. Er hat wahrscheinlich noch nicht mal mitbekommen, wie er einen Wodka-Redbull nach dem Anderen weggekippt hat. Das waren bestimmt um die 10. Dass er überhaupt noch stehen, geschweige denn laufen konnte, grenzt schon an ein Wunder.“

„Aber was Ernstes kann es ja nicht gewesen sein, wenn er noch jemanden aufreißen konnte…“ warf ich ein.

„Tja, ich kann leider auch nicht in seinen Kopf gucken. Gefragt habe ich ihn aber auch nicht. Wenn er was hat und darüber reden will, wird er schon zu dir kommen.“

„Danke Kai!“ hauchte ich noch, bevor ich in seinen Armen einschlief.
 

Als ich das nächste Mal wach wurde, kuschelte ich mich erst einmal näher an die Wärmequelle neben mir. Rei… Dann fiel mir alles wieder ein und ich hob meinen Kopf um in Kai’s grinsendes Gesicht zu sehen. „Na, gut geschlafen?“ wollte er wissen.

„Ja…“ murmelte ich, noch nicht ganz wach. Ich streckte mich und blieb dann auf dem Rücken liegen. „Wie spät ist es?“

„Gleich 15 Uhr.“

„Was, so lange hab ich geschlafen?“ Ich richtete mich auf und stützte mich auf meine Ellbogen. Mein Magen knurrte. Kai konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Nachdem er sich wieder eingekriegt hatte standen wir auf. „Geh dich umziehen und dann treffen wir uns unten und essen was, ok?“ meinte Kai, ehe er durchs Zimmer wuselte und seine Sachen zusammenkramte. Ich suchte derweil meine Schlüsselkarte, die ich unter der Bettdecke fand und drehte mich noch einmal zu Kai um. „Ok, bis gleich.“
 

In unserem Zimmer angekommen, stellte ich fest, dass Reita noch schlief. Das war zu erwarten gewesen. Er hatte sich im Schlaf umgedreht und hatte einen Arm ausgestreckt auf meiner Seite des Bettes liegen, als würde er mich suchen. Ich zuckte die Schultern und holte frische Klamotten aus meiner Tasche, sowie den Kulturbeutel. Dann ging ich ins Badezimmer um mich fertig zu machen. Ich zog die vom Schlafen zerknitterten Sachen aus und schlüpfte in die Frischen, bevor ich mir die Zähne putze und mich schminkte. Schnell machte ich mir noch die Haare und betrat dann wieder das Zimmer um mich Rei gegenüber zu sehen. Er lag noch im Bett, aber er war wach und sah mich an.

„Hey…“ nuschelte er.

„Hey.“ antwortete ich und räumte meine Sachen zurück in die Tasche.

Rei richtete sich auf. „Oh mein Kopf...“ stöhnte er und sank mit einem "Scheiße" wieder zurück in die Kissen. Unbeeindruckt und ohne auch nur einen Funken Mitleid sah ich ihn an.

„Stell dich nicht so an. Musst du halt nicht so viel trinken.“ warf ich ungerührt ein. Beleidigt sah er mich an. „Sei nicht so gemein zu mir. Hab ich dir irgendwas getan?“ wollte er wissen.

„An was erinnerst du dich noch?“

„Ich war mit Kai, Uruha und Ruki in ner Disco. Und dann bin ich hier gerade aufgewacht. Wieso? Hab ich Mist gebaut?“ Unsicher sah er mich an.

Das hatte ich mir gedacht. Er erinnerte sich nicht mehr. Ich hatte meinen Blick gesenkt und ein kleiner weißer Zettel auf dem Boden zog mein Aufmerksamkeit auf sich. Ich bückte mich und hob ihn auf. ‚Die Nummer war super. Ruf mich an, wenn du mal wieder in der Stadt bist. xxx Yuki’ stand darauf und eine Telefonnummer. Na klasse. Da hatte ich also die Gewissheit, dass er vor der Sache mit mir noch ne Tusse flachgelegt hatte. Ganz toll, Reita! Scheiße…

„Aoi?“

Ich riss meinen Blick von dem Zettel los und sah ihn an. „Was?“

„Ob ich Mist gebaut habe? Ob du sauer auf mich bist? Hallo?“

„Schon ok, vergiss es.“ Ich zuckte unbeteiligt die Schultern und gab ihm den Zettel. „Hier, der gehört dir.“

Dann drehte ich mich um und verließ den Raum wieder um mich mit Kai zu treffen.

# Aoi #

Nachdem ich das Zimmer verlassen hatte, ging ich zielstrebig zum Fahrstuhl. ’Gut, dann konnte er sich halt nicht erinnern. Auch gut! Wunderbar! Ich hätte ausrasten können! Das war ja wieder klar gewesen. Ich mein, warum sollte es für mich auch ein Happy End geben?! Und dann noch dieser scheiß Zettel mit der scheiß Telefonnummer von dieser scheiß kleinen Schlampe. Ich könnte kotzen! Oder laut schreien! Aber das würde auch nichts an meiner Situation ändern…’
 

Der Fahrstuhl kam und ich atmete tief durch, schluckte meine Wut runter. Er konnte ja nichts für meine Eifersucht und auch nicht für meine Gefühle. Er hatte es ja nicht darauf angelegt, dass ich mich in ihn verliebe. Ich allerdings genauso wenig… Eines stand jedenfalls fest, ich musste die Küsse und am Besten die ganze Situation in der Dusche so schnell wie möglich vergessen. Oder zumindest ignorieren. Er konnte sich sowieso nicht erinnern. Und ich bezweifelte, dass er mir glauben würde, sollte ich es ihm erzählen. Vermutlich würde er glauben ich verarsche ihn bloß und wäre angepisst. Schließlich stand er ja nicht auf Männer. Ja klar, so wie gestern. Da sah es ja irgendwie anders aus. Oder es war einfach ein Ausrutscher… Wer weiß. War ja auch egal, denn wenn diese Sache unsere Freundschaft nicht beeinträchtigen sollte, musste ich sie vergessen. Schnell. Leichter gesagt als getan, wenn man erst einmal von der verbotenen Frucht gekostet hatte. Und ein lecker Früchtchen war Rei ja… Aber wenn ich ihn nicht verlieren wollte, hatte ich keine andere Wahl. Unsere Freundschaft war mir nun mal immens wichtig. Ich brauchte sie wie Luft zum Atmen. Seine Liebe wahrscheinlich auch, aber ich war kein Träumer und wusste, dass das eher aussichtslos war. Und soweit hatte ich meine Gefühle ja auch im Griff. Und ich konnte damit umgehen. Es war ja nicht so, dass es mir wehtat ihn um mich zu haben. Denn ich war es nicht anders gewohnt. Eigentlich hatte ich ihn sowieso ziemlich für mich. Zumindest alles, was er bereit war einem anderen Mann zu geben. Das Einzige, das mich fertig machte, waren die ganzen Weiber, die er ständig aufreißen musste…’
 

Der Fahrstuhl kam in der Lobby an und die sich rücksichtslos herein drängenden Leute unterbrachen mich in meinem inneren Monolog. Ich quetschte mich hinaus und stieß genauso rücksichtslos ein paar Leute an. Das interessierte mich aber nicht wirklich. Selbst Schuld, was ließen die einen auch nicht erst aussteigen… Ich verzog das Gesicht. Alles Idioten.

Kai wartete bereits und grinste blöd, als ich vor mich hin grummelt bei ihm ankam. Tse. Böse sah ich ihn an, aber er lachte nur unbeeindruckt. Ich verpasste ihm eine Kopfnuss und ging dann um einiges fröhlicher an ihm vorbei Richtung Speisesaal. Es war nicht viel los. Wir suchten uns einen Tisch am Rand des riesigen Raumes aus. Eine Kellnerin tauchte aus dem Nichts auf und wir bestellten Kaffee und Frühstück. Sie sah uns ein wenig dämlich an, sagte aber nichts und verschwand dann wieder.

Während wir auf unseren Kaffee warteten, erzählte ich ihm von meiner Begegnung mit Rei und von dem Zettel.

„Du weißt genau, dass er sich sowieso nicht bei der meldet. Macht er doch nie. Also mach dir nicht so einen Kopf. Der Zettel liegt wahrscheinlich schon längst zerknüllt im Papierkorb.“ Er lächelte mich an und zeigte mir sein Megawatt-Grinsen. Ich nickte nur. Das wusste ich doch alles. Aber es tat gut, das mal von jemand anderem zu hören.

„Was hab ich gestern sonst so verpasst?“

„Och ja, nicht so viel. Hab ein nettes Mädel kennen gelernt, mich gut mit ihr unterhalten, mit ihr getanzt. Kennst mich ja. Gelaufen ist da nichts, ich bin nun mal nicht der Typ für ONS. Also wisch dir dieses anzügliche Grinsen aus dem Gesicht.“ Mein Grinsen wurde breiter, aber weniger anzüglich.

„Boah benimm dich oder ich erzähl dir nicht, was ich auf der Toilette beobachtet hab!“ drohte Kai.

„Mou…“ nuschelte ich und machte einen Schmollmund. Kai konnte so gemein sein…

„Also gut. Als ich in den Vorraum kam standen da doch tatsächlich Ruki und Uru und haben rumgemacht...“ brach es aus ihm heraus.

Ungläubig sah ich ihn an. „Du verarschst mich!“

„Nein! Uru hatte den Zwerg an die Wand gepinnt, eine Hand unter Ruki’s Shirt und ein Bein zwischen Ruki’s Beinen. Seine Zunge hatte er so tief in Ruki’s Rachen, dass ich mir schon beinahe Sorgen gemacht hätte, wenn der Zwerg nicht so gestöhnt hätte.“

„Und du hast das nicht gefilmt? Wofür hast du so ein megacooles Handy!?“ fragte ich fassungslos und sah ihn anklagend an.

„Ja nee is klar, Aoi… Jedenfalls, es geht’s noch weiter. Im ersten Moment konnte ich mich nicht rühren, als ich die beiden da so gesehen hab. Ich meine, ich hab so was vermutet, aber das dann so bestätigt zu bekommen, ist schon ein bisschen krass…“ Kai schüttelte den Kopf. Ich nickte verstehend.

„Und dann?“ hakte ich nach, nachdem Kai minutenlang in Gedanken versunken war.

„Ich hab mich geräuspert, als Uru sich an Ruki’s Hose zu schaffen gemacht hat. Beide sind wie von der Tarantel gestochen auseinander gesprungen und knallrot geworden“, Kai schnappte lachend nach Luft, bevor er fortfuhr. „Ruki ist hinter Uruha in Deckung gegangen, hat sich die Hände vor’s Gesicht gehalten und die ganze Zeit ’ich seh dich nicht, dann siehst du mich auch nicht’ vor sich hingebrabbelt! Stell dir das mal vor!“

Ich lachte lauthals los… Das Bild war aber auch zu komisch… Und das passte so typisch zu Ruki… Ich konnte nicht mehr und wäre beinahe vor lachen vom Stuhl gerutscht, konnte mich gerade noch so an der Tischkante abfangen. Natürlich kam genau in dem Moment die Kellnerin mit dem Kaffee. Man war das peinlich…. Immer ich… Ich ignorierte es gekonnt und wandte mich wieder Kai zu.

„Wie geil! Und ich verpass so was natürlich wieder…“ brachte ich schließlich japsend heraus, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. “Ich musste den beiden hoch und heilig versprechen es niemandem zu erzählen, also kein Wort! Ok?“

„Schon kapiert. Ich sag keinen Ton.“ versprach ich. Dass er es mir erzählte, war ein Vertrauensbeweis seinerseits und ich würde ihn jetzt bestimmt nicht reinreiten.

Kurz darauf kam dann endlich unser Frühstück und wir machten uns hungrig darüber her.
 

# Reita #

Verwirrt sah ich Aoi hinterher, dann fiel mein Blick auf den Zettel in meiner Hand. Hm, schien so als ob ich gestern nen netten Abend gehabt hätte. Und wahrscheinlich war ich heute morgen einfach zu laut gewesen und Aoi war deshalb so mies drauf. Und wach war er wahrscheinlich auch noch nicht richtig. Vor seinem ersten Kaffee konnte er echt biestig sein.

Langsam stieg ich aus dem Bett und zog mich an. Dann verzog ich mich ins Bad um mich aufzustylen. Mein Spiegelbild erschreckte mich ein wenig, aber was sollte ich auch erwarten nach einer durchzechten Nacht. Ich schminkte mich und putzte mir noch schnell die Zähne. Ich hatte das Gefühl mein Schädel würde platzen, aber es half ja alles nichts. Zum Glück hatte ich auch immer Kopfschmerztabletten in meinem Kulturbeutel, eben für solche Fälle. Nachdem ich davon eine genommen hatte, ging ich zurück ins Zimmer und packte meine Tasche zusammen. Den Zettel von dieser Yuki, der noch immer auf dem Bett lag, warf ich weg. Ich konnte mich ja sowieso nicht an sie erinnern und meldete mich grundsätzlich nie nach nem ONS. Ich griff mir im Vorbeigehen meine Wertsachen von dem Tischchen und die Schlüsselkarte, die Aoi da gelassen hatte und verließ das Zimmer um mir was zu futtern zu organisieren. Ein Blick auf mein Handy sagte mir, dass es inzwischen kurz nach halb 4 war. Auf dem Flur begegnete ich Uruha und Ruki, die auch nicht besonders frisch aussahen. Und irgendwie lief Ruki komisch. Aber ich sagte nichts dazu. Ich begrüßte sie und zusammen fuhren wir im Fahrstuhl ins EG.
 

Dort machten wir uns auf die Suche nach Aoi. Dieser saß mit Kai im Speisesaal und frühstückte bereits. Wobei ich mich schon etwas wunderte, das sie um diese Uhrzeit überhaupt noch Frühstück bekamen. Den beiden schien es ja gut zu gehen. Beide hatten rote Ohren. Die mussten ja mächtig Spaß gehabt haben. Das gefiel mir gar nicht, aber was sollte ich machen? Und das Aoi auf einmal so dicke mit Kai war, war auch seltsam. Ich warf Kai einen bösen Blick zu und setzte mich neben Aoi an den runden Tisch. Ruki und Uruha quetschten sich neben Kai. Aoi drückte mir wortlos ein halbes Brötchen mit Leberwurst in die Hand. Beim bloßen Anblick des Brötchens wurde mir auf Anhieb schlecht. Böse sah ich Aoi an.

„Das machst du doch mit Absicht!“ fuhr ich ihn an. Er warf mir einen erschrockenen Blick zu und rückte ein Stück von mir ab.

„Sorry.“ nuschelte ich. Er nickte nur, legte das Brötchen zurück auf seinen Teller und trank weiter seinen Kaffee. Als die Kellnerin kam, bestellte ich mir auch Kaffee. Uruha und Ruki waren hart im Nehmen und bestellten sich auch gleich noch was zu essen. Mir war der Appetit vergangen.

Während wir auf unsere Bestellungen warteten, teilte uns Kai den heutigen Ablauf mit. „Wir haben heute keine Termine mehr. Unser Flug geht um 22 Uhr. Wir werden um 18 Uhr hier angeholt und zum Flughafen gefahren. Bis dahin könnt ihr meinetwegen machen, was ihr wollt.“

Er sah in die Runde. Allgemeines Nicken. „Morgen ist frei, Montag treffen wir uns um 11 Uhr zum Proben. Noch Fragen?“ Allgemeines Kopfschütteln. Dann kam unsere Bestellung.
 

Nachdem wir alle fertig waren gingen wir zurück auf unsere Zimmer. Uruha wollte shoppen und hatte Kai dazu verdonnert mitzugehen, da Ruki sich geweigert hatte. Mich hatte er auch fragend angesehen, aber ein vernichtender Blick und Prinzesschen hatte sich an Kai gewandt. Ich hatte null Bock. Mein Kopf dröhnte noch immer und außerdem wollte ich noch einmal in Ruhe mit Aoi reden.
 

Im Zimmer ließ Aoi sich aufs Bett fallen und stellte den Fernseher an. Ich setzte mich zu ihm auf die Bettkante und sah ihn an. „Aoi? Was hab ich gemacht, dass du so auf mich reagierst?“

„Ich weiß nicht, was du meinst. Ich hab nur nicht gut geschlafen.“ versuchte er sich rauszureden.

Irgendwas musste vorgefallen sein, nachdem ich aus der Disco zurückgekommen war. Aber ich konnte mich einfach nicht erinnern. Und wenn er es mir nicht sagen wollte, konnte ich ihn schlecht dazu zwingen. Aber dann kam mir ein Gedanke.

„Ist es wegen dem, was ich gesagt hab, bevor wir abgehauen sind?“ Er zuckte zusammen und sah mich jetzt auch direkt an.

„Nein. Auch wenn ich es echt nett fand, wie du dich ausgedrückt hast, Aki.“ Ich krabbelte zu ihm rüber.

„Du weißt, dass das nicht so gemeint war. Du kennst mich. Und du weißt, dass ich dich echt lieb hab. Und was auch immer heute morgen passiert ist, es tut mir ehrlich leid! Bitte glaub mir das.“ Dann kuschelte ich mich an ihn und umschlang ihn mit meinen Armen. Leicht lächelnd schüttelte er den Kopf. Bei ihm durfte ich das. Er wusste, dass ich manchmal ein bisschen verschmust war.

„Du bist echt unglaublich…“ Er zupfte an meinem Nasenband, denn er mochte es nicht, wenn ich das Ding trug. Und schon gar nicht, wenn wir alleine waren. Also nahm ich es ihm zu Liebe ab. Dann stupste er mit seiner Hand meine Nase und lachte leise, bevor er auch seine Arme um mich legte und wir beide auf den Fernseher konzentriert wieder einschliefen.

# Aoi #

Seit dieser Nacht waren inzwischen einige Wochen vergangen. Wir waren zu Hause und der Alltag hatte uns wieder. Sofern man das bei uns überhaupt Alltag nennen konnte. Proben, Pressetermine, Foto-Shootings. Konzerte waren erst einmal nicht angesetzt, da wir uns auf unser neues Album konzentrieren sollten. Das hieß Songs schreiben, einstudieren, aufnehmen. An sich zwar eine Menge Arbeit, aber es machte auch jede Menge Spaß. Allerdings schrieb Ruki in letzter Zeit so viele Songs, dass es uns schwer fiel, uns darauf zu einigen, welche Stücke auf's Album sollten und welche nicht.

So kam es nicht selten vor, dass wir zwölf bis sechzehn Stunden im Proberaum saßen und an den Songs herumfeilten. Wenn ich dann endlich in den frühen Morgenstunden nach Hause kam, fiel ich meist nur noch wie tot ins Bett.
 

Heute war Sonntag und somit frei. Kami sei Dank! Ich war wieder erst am frühen Morgen, genauer gesagt um 8 Uhr, zu Hause gewesen. Meine Arme hatte ich schon fast nicht mehr gespürt und auch sonst war ich total erledigt. Deshalb dachte ich auch gar nicht daran, aufzustehen. Und wenn die Welt unterging, das war mir so was von egal! Ich hatte frei!

Viel geschlafen hatte ich nicht, denn es war gerade einmal vierzehn Uhr, wie mir ein Blick auf den Wecker mitteilte. Zu allem Übel hatte auch noch mein Magen angefangen zu knurren. Noch so früh und ich war schon gereizt... Ich drehte mich genervt auf den Bauch, in der Hoffnung, das Magenknurren in der Matratze zu ersticken und zog mir die Decke über den Kopf. Diese Stille war einfach herrlich…
 

Plötzlich zerriss das Geräusch meiner Klingel diese angenehme Ruhe. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein! Wer wagte es meine Ruhe zu stören?! Sowas Dreistes! Noch nicht mal an seinem wohlverdienten freien Tag wurde man in Ruhe gelassen. Mein unwilliges Knurren wurde von meinem Kopfkissen gedämpft. Sollte derjenige sich halt schwarz warten... Mir doch egal. Aufstehen und nachsehen würde ich jedenfalls nicht!!!
 

Es wurde noch zwei Mal geklingelt, dann war es wieder still. Erleichtert seufzte ich auf und schloss die Augen, dummelte weiter vor mich hin. Allerdings vernahm ich nach kurzer Zeit das Geräusch eines Schlüssels im Türschloss und dass meine Tür geöffnet wurde. Dann waren Schritte im Flur zu vernehmen, die Tür wurde geschlossen, der Schlüssel wurde auf mein Sideboard gelegt, Jacke und Schuhe ausgezogen und das Rascheln hörte sich ganz nach einer Einkaufstüte oder so an. Gleich darauf war geschäftiges Pfeifen aus der Küche zu hören, das Klappern von Töpfen oder Pfannen und Besteck. Hinzu kam das Scheppern von Tellern die schwungvoll aus dem Schrank gezogen und liebevoll auf den Tisch geknallt wurden.

Neugierig geworden, schob ich meine Nase unter der Bettdecke hervor und schnüffelte. Hm, der Geruch von Kaffee und Rührei war toll... Mein Magen schien das auch so zu sehen, denn er machte sich direkt wieder bemerkbar. Aber aufstehen wollte ich immer noch nicht... Menno. Gemeinheit.
 

Wieder hörte ich Schritte. Diesmal näherten sie sich meinem Schlafzimmer. Noch immer rührte ich mich nicht. Keine Lust. Ich wusste sowieso, wer es war. Es gab nicht viele Leute, die einen Schlüssel zu meiner Wohnung besaßen. Genau genommen gab es nur zwei. Rei und Kai. Und Letzterer hatte ihn nur für den Notfall und würde nie einfach so hier einfallen.

Die Tür wurde geöffnet und Rei betrat mein Schlafzimmer. Er stoppte neben meinem Bett und langsam wurde mir die Bettdecke vom Gesicht gezogen. Unwillig murrte ich.

„Hey Morgenmuffel, komm schon. Steh auf. Ich hab dir sogar Frühstück gemacht.“ kam es gut gelaunt von ihm.

Ich murrte wieder. Als ob ich mich bestechen lassen würde. Das Bett war so kuschelig und bequem. Und der Küchenstuhl so hart und unbequem.

„Boah jetzt stell dich nicht so an und beweg deinen Arsch in die Küche, bevor das Essen ganz kalt wird!“

Jetzt ruckelte der auch noch an meiner Schulter. Ich knurrte, drehte mich blitzschnell und zog ihn ins Bett.

„Das geht auch netter,“ schmollte ich und sah ihn beleidigt an. Er grinste nur und nahm mich in den Arm. „Och, armer kleiner Aoi-chan… War der große, böse Reita wieder gemein zu dir?” meinte er unbeeindruckt und tätschelte mir den Kopf. Also irgendwie kam ich mir gerade verarscht vor…

„Du bist blöd!“ nuschelte ich und schob ihn weg.

„Nicht schmollen… Komm schon…“ bat er und zog mich wieder zu sich. Er nahm mich in den Arm und knuddelte mich. Ich ließ es mir gefallen. Nach einer Weile machte er sich aber wieder los.

„Also, was ist jetzt? Frühstück?“ lockte er und stand auf.

Ich überließ meinem Magen die Antwort, der sich genau in dem Moment wieder lautstark bemerkbar machte. Ich erhob mich ebenfalls. Da ich grad keine Lust hatte, was Gescheites anzuziehen, griff ich mir im Vorbeigehen eine frische Boxershorts aus der Kommode und schlurfte ins Bad um zu duschen und mir die Zähne zu putzen.
 

# Reita #

Ich ging zurück in die Küche, goss mir schon mal Kaffee ein und trank einen Schluck, während ich auf Mr. Morgenmuffel wartete. Normalerweise war ich ja selber einer, aber ich war um 11 Uhr putzmunter aufgewacht, obwohl ich erst gegen acht zu Hause gewesen war. Fragte sich nur woran das lag. Vielleicht wollte ich den ersten freien Tag seit langem einfach nicht verschlafen…
 

Da ich wusste, dass Aoi kurzen Prozess mit mir machen würde, sollte ich es wagen um diese unmögliche Uhrzeit bei ihm aufzutauchen, zögerte ich es so lange wie möglich hinaus. Ich war zwar dreist, aber nicht lebensmüde... Also hatte ich angefangen meine Wohnung aufzuräumen. Was auch dringend nötig war. Man musste echt schon Angst haben, dass die Pizzareste Beine bekamen und einen anfielen. Außerdem hatte ich mir gestern fast den Hals gebrochen, als ich nachts im Dunkeln über die in der ganzen Wohnung verteilten Bierflaschen gestolpert war. Von dem Lärm mal ganz abgesehen. Und diese elendige Schreckschraube von Spießer-Nachbarin hatte sich auch lautstark bei mir beschwert vorhin. Jedenfalls hatte ich nach dem Aufräumen noch gespült und, weil es immer noch zu früh war, auch noch meine komplette Wohnung geputzt und sogar Wäsche gewaschen.
 

Beim Aufräumen hatte ich dann festgestellt, dass in meinem Kühlschrank gähnende Leere herrschte. Zum Glück hatten die Geschäfte auch sonntags auf und so war ich auf dem Weg hierher einkaufen gewesen. Für Aoi gleich mit, denn ich vermutete, dass es in seinem Kühlschrank ähnlich aussah, wie in meinem. Und ich hatte Recht behalten.
 

Ich nahm gerade einen weiteren Schluck Kaffee, als Aoi in die Küche kam. Mit nassen, verwuschelten Haaren und immer noch nur halb geöffneten Augen. In Boxershorts. Und die durch das Küchenfenster einstrahlende Sonne reflektierte sich in seinem Bauchnabelpiercing. Fasziniert beobachtete ich das Lichtspiel auf seinem flachen Bauch. Ja holla die Waldfee! Prompt verschluckte ich mich an meinem Kaffee und begann zu husten. Schnell stellte ich die Tasse auf den Tisch, bevor ich den Kaffee noch verschüttete. Aoi kam zu mir rüber geeilt und klopfte mir auf den Rücken.

„Alles ok?“ wollte er wissen, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Besorgt sah er mich an. Ich nickte und atmete tief durch. Beruhigt lächelte er mich an und setzte sich mir dann gegenüber an den Tisch, machte sich über Kaffee und Rührei her. Mir wurde erst bewusst, dass ich ihn anstarrte, als er schief grinsend mit einer Brötchenhälfte vor meinem Gesicht rumwedelte.

„Erde an Rei! Willst du nichts essen?“

„Hm? Was? Achso, doch.“ Ich nahm ihm das halbe Brötchen mit Rührei ab und biss herzhaft hinein. Ein Lob an den Küchenchef, das Rührei konnte man sogar essen. Eigentlich war ich in der Küche nicht so begabt und eher eine Gefahr für mich und andere. „Danke“, nuschelte ich verspätet und nickte in Richtung des Brötchens in meiner Hand.

Er schüttelte nur den Kopf, sagte aber weiter nichts. Schweigend genossen wir unser Frühstück.
 

„Wie kommt es, dass du mir Frühstück machst?“ wollte er dann wissen.

„Nur so. Ich dachte mir, wenn ich dich schon überfalle bringe ich lieber was zu essen mit. Um dich gnädig zu stimmen, sollte ich dich wecken.“ grinste ich. Bestechung half da meistens.

„Soso...“ erwiderte er nur und kaute weiter.

„Außerdem hab ich vermutet, dass du eh nichts zu futtern da hast und sowieso den ganzen Tag vor lauter Faulheit nicht aus der Koje gekrochen wärst.“ setzte ich noch hinterher und lachte, als er mir die Zunge rausstreckte.
 

Ich erhob mich, da wir mit essen fertig waren und begann den Tisch abzuräumen. Aoi trank noch seinen Kaffee aus und griff sich seine Kippen, die auf der Arbeitsplatte lagen. Er nahm zwei aus der Schachtel, ging zum Fenster rüber und öffnete es sperrangelweit. Er streckte sich ausgiebig und zündete dann beide Kippen an, gab mir eine davon. Ich nahm einen genussvollen Zug und klemmte mir die Kippe dann in den Mundwinkel, da ich ja immer noch damit beschäftigt war, das Chaos, dass ich hier vorhin fabriziert hatte, aufzuräumen. Aoi stand weiter im geöffneten Fenster hinter mir. Als ich fertig war, drehte ich mich zu ihm um. Er stand zwar genau in der Sonne, aber ich konnte sehen, dass er eine Gänsehaut hatte. Kein Wunder. Draußen war es noch kalt und er stand hier nur in Boxershorts…. Ich stellte mich hinter ihn und schlang meinen Arm um seine schmale Taille um ihn ein bisschen zu wärmen, die Kippe in der andren Hand haltend. Er drehte das Gesicht zu mir, öffnete seine Augen und sah mich verwundert an.
 

„Du holst dir noch den Tod…“ sagte ich und sah ihn anklagend an, nahm dann einen erneuten Zug von meiner Zigarette und pustete den Rauch zur Seite weg, damit er ihn nicht ins Gesicht bekam.

„Ach Quatsch keine Opern, so schnell wird ich nicht krank…“ nölte er und widmete seine Aufmerksamkeit dem Verkehr, der im Schneckentempo 3 Stockwerke unter uns vorbeizog. Er nahm einen letzten Zug, drückte die Kippe im Aschenbecher, der auf der Fensterbank stand aus. Meine Kippe war inzwischen auch aufgeraucht und ich tat es ihm gleich.

Noch immer stand er still in meiner Umarmung und lehnte sich jetzt sogar ein bisschen mehr an mich. Dann schloss er das Fenster wieder und drehte sich schließlich ganz zu mir um, legte seine Arme um mich und kuschelte sich an mich. Verwundert hob ich eine Augenbraue.

„Na, ist da heute einer ganz besonders kuschelbedürftig?“ neckte ich ihn und legte auch meinen anderen Arm um ihn, streichelte ihm sanft über den Rücken.

„Mhm…“ nuschelte es an meine Schulter. „Ärger mich nicht...“

„Schon gut. Wie wär’s, du ziehst dir jetzt erstmal was an, bevor du mir nachher doch noch krank wirst und dann machen wir es uns auf der Couch gemütlich und schauen einen Film?“ schlug ich vor und er nickte zustimmend, löste sich dann langsam von mir und ging in Richtung Schlafzimmer davon.
 

Erleichtert atmete ich auf. Ich hatte gerade das Bedürfnis gehabt ihn zu küssen! Woher kam das denn auf einmal? Das war mir ja noch nie passiert… Und dass er nur in Boxershorts so an mich geschmiegt war, beunruhigte mich auch. Es fühlte sich komisch an und ich hatte Mühe gehabt, meine Hände nicht über seinen, zugegebener Maßen mehr als ansehnlichen, Körper wandern zu lassen. Was war nur mit mir los? Sonst hatte mich so was doch auch nicht interessiert. Es verwirrte mich. Unwillig schüttelte ich den Kopf. Einfach ignorieren. Dann ging das schon weg. War bestimmt Vollmond oder so…
 

Immer noch reichlich verwirrt griff ich mir die Zigaretten, 2 Gläser und eine Flasche Cola und ging schon mal rüber ins Wohnzimmer. Aoi würde sicher auch gleich kommen. Ich fläzte mich gemütlich auf das Sofa und griff mir die Fernbedienung, schaltete das Gerät ein. Eine Weile zappte ich durch die Kanäle auf der Suche nach einem vernünftigen Film und wurde schließlich auch fündig, als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte.

Aoi kam kurze Zeit später auch in den Raum getapst und kuschelte sich zu mir auf die Couch, zog die Decke, die immer über der Lehne hing, über uns.

„Was läuft denn?“ wollte er wissen, nachdem er sich zurecht geruckelt hatte und bequem zu liegen schien.

„Das da.“ meinte ich knapp und deutete Richtung Fernseher. „Keine Ahnung wie der Film heißt.“ Ich zuckte die Achseln, war ja eigentlich auch egal, oder?

„Dann guck halt in den Videotext.“ schlug er vor.

„Nö, kein Bock. Jetzt sei still und guck den Film!“ motzte ich gespielt genervt und konzentrierte mich selbst auf den Film, bevor ich wegen Aoi wieder auf dumme Gedanken kommen konnte.

# Aoi #

Es war ein ruhiger und entspannter Tag mit Rei gewesen. Nach dem ganzen Stress der letzten Zeit war es ein schönes Stück Normalität. Ich hatte nicht einmal gemerkt, wie sehr ich das vermisst hatte.

Die Sache mit der Dusche in dem Hotelzimmer hatte ich ganz gut verdrängen können. Es hatte eine Weile gedauert, aber dann hatte ich es als das abgetan, was es war: ein einmaliger Ausrutscher.
 

Wir hatten den ganzen Nachmittag faul auf der Couch rumgegammelt und uns einen Film nach dem anderen reingezogen. Dabei vernichteten wir Unmengen Cola und bestellten uns, als wir Hunger bekamen, Sushi beim Lieferservice. Ich liebe Sushi… Deshalb hatte Rei, als er nicht aufgepasst hatte, plötzlich auch nur noch die Hälfte auf seinem Teller. Muhaha.
 

Nun lag Rei schlafend neben mir und ich brachte es einfach nicht über’s Herz ihn zu wecken. Er sah so süß aus. Die Nase gegen das Sonnenlicht gekräuselt und leise schmatzend. Allerdings hatte ich keine andere Wahl, denn wir mussten in einer Stunde zur Probe antanzen. Ich schüttelte ihn sanft an der Schulter, aber er reagierte nicht. Auch nicht, als ich fester rüttelte. Also beugte ich mich über ihn und hielt ihm die Nase zu. Das störte ihn aber auch nicht, denn er atmete einfach durch den Mund weiter.
 

Vorerst gab ich mich geschlagen. Ich stand auf, kramte mir Klamotten aus dem Schrank und schlurfte müde ins Bad, duschte und machte mich fertig. Dann nahm ich einen Waschlappen und hielt ihn unter kaltes Wasser. Die Schonfrist war vorbei. Da man Rei morgens nur sehr schwer bzw. fast gar nicht wach bekam und ich keine Zeit und Geduld mehr hatte, musste ich halt zu härteren Maßnahmen greifen.

Ich ging mit dem Waschlappen bewaffnet zurück ins Schlafzimmer und wandte mich meinem nichts ahnenden, noch tief und fest schlafenden Opfer zu. Ein kleines, sehr fieses Grinsen schlich sich auf meine Züge. Aus sicherer Entfernung warf ich den triefnassen Waschlappen zielsicher in Reita’s Nacken, da er auf dem Bauch lag.

„Uaaaaaaaaaaaah!“ Mit einem lauten Aufschrei war er wach und sah sich nach dem Übeltäter um.

„Aoi, du Miststück! Wenn ich dich in die Finger kriege, kannst du was erleben!“ schrie er und war mit einem Satz aus dem Bett. Ich quietschte erschrocken auf und rannte um mein Leben, Richtung Wohnzimmer. Wenn ich erst einmal das Sofa zwischen ihn und mich gebracht hatte, war ich in Sicherheit.

Rei kam hinterher gepoltert und erwischte mich an meinem Ärmel im Türrahmen zum Wohnzimmer. Mist! Er zog mich zu sich und ich sah ihn ängstlich von unten herauf an. Auf seinem Gesicht hatte sich ein mehr als sadistisches Grinsen gelegt. Ich bekam richtig Angst.

„So… mein lieber Aoi. Hab ich dich! Was mach ich denn jetzt Nettes mit dir?“ Ich zuckte zusammen und versuchte meinen Hundeblick, doch Reita schüttelte nur den Kopf. „Diesmal nicht, Schnittchen! Heute wirst du bezahlen!“ prophezeite er düster. Ich schluckte.
 

Er packte mich und ehe ich gucken konnte fand ich mich auf dem Boden wieder. Dann fing er an mich zu foltern. Mein Flehen nach Gnade wurde einfach geflissentlich überhört. Blöderweise wusste er, wie kitzelig ich war und kannte auch all meine empfindlichen Stellen, sodass ich nicht mal den Hauch einer Chance hatte. Ich lachte bis ich keine Luft mehr bekam.

Er machte eine Pause und ließ mich durchatmen, machte dann aber gnadenlos weiter, bis mir die ersten Lachtränen in die Augen stiegen. Dann hörte er plötzlich auf und sah mich seltsam an. Seine Hand wanderte zu meinem Gesicht und strich die Tränen weg. Verwirrt sah ich ihn an, doch er löste sich abrupt von mir.

„Das sollte dir eine Lehre sein, dich nicht mit einem Suzuki Akira anzulegen!“ sagte er abwesend, sah mich dabei auch nicht an, und verschwand im Bad.

Ich blieb zurück, noch immer auf dem Teppich liegend und sah ihm fragend nach. Ok... Was war das denn jetzt!?
 

# Reita #

Verwirrt starrte ich mein Spiegelbild an. Was war denn jetzt schon wieder kaputt? Woher kam schon wieder der Drang ihn zu küssen? Und seit wann stand ich überhaupt auf Männer? Ok, Aoi’s weibliche Seite konnte von Zeit zu Zeit sehr ausgeprägt sein… Aber trotzdem, er war ein Mann! Herrgott noch mal!

Ich drehte das Wasser kalt und spritzte es mir ins Gesicht, um wieder klar zu werden. War ich inzwischen so notgeil? Ok, zugegeben, in letzter Zeit war nicht so viel mit Sex. Außer mit mir selbst... Ich brauchte ne Frau! Und zwar noch heute!!

Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt hatte, zog ich mich aus und stieg unter die Dusche. Danach machte ich mich in Ruhe fertig, wollte die Begegnung mit Aoi so lange wie möglich hinaus zögern. Was sollte ich ihm sagen? Die Wahrheit sicher nicht. Am Besten einfach so tun, als wär nichts gewesen. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Aoi an die Tür hämmerte und meinte ich soll meinen Arsch bewegen, wir müssten bald los. Mit stylen war ich eh fertig, brauchte nur noch ein paar Klamotten. Ich konnte ja schlecht nackt gehen… So verließ ich das Bad und ging ins Schlafzimmer. Ich hatte immer ein paar meiner Klamotten in Aoi’s Schrank, weil ich sowieso fast hier wohnte. Andersrum war’s genauso. Ich zog mich an und ging dann in die Küche, wo Aoi saß und Kaffee trank. Ich setzte mich dazu und er goss mir auch eine Tasse ein. Ich nahm sie dankend an und wir tranken schweigend unseren Kaffee. Die Stille war unangenehm, nicht so entspannt wie sonst. Aber da ich eh nicht wusste, was ich groß sagen sollte, hielt ich die Klappe. Aoi schien auch nichts zu sagen zu haben oder er wartete einfach darauf, dass ich was sagte…

Innerlich zuckte ich die Schultern. Egal. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass wir los mussten. Noch immer wortlos stand ich auf und suchte meine Sache zusammen, zog mir dann im Flur Jacke und Schuhe an. Aoi tat es mir gleich. Dann verließen wir die Wohnung, Aoi schloss noch ab.

„Bist du mit dem Auto da?“ brach Aoi endlich das Schweigen, als wir unten angekommen waren.

„Nö, bin gelaufen. Ist ja nicht so weit.“ erwiderte ich.

„Sportlich!“ grinste er über beide Backen und ging vor in die Richtung in der vermutlich sein Auto stand. Ich folgte ihm und stieg dann auf der Beifahrerseite ein. Eigentlich hätte ich mich lieber auf den Rücksitz verzogen… Aoi’s Fahrstil war sehr… hm… wagemutig bis lebensmüde und ich hing nun mal an meinem Leben. Aber würde ich das tun, dann wäre er wieder eine Woche beleidigt und darauf hatte ich auch keine Lust. Also ein Stoßgebet an die Götter und es konnte los gehen. Während der Fahrt starrte ich abwesend aus dem Fenster.

„Rei?“ sprach Aoi mich nach einer Weile an.

„Hm?“ ich schreckte aus meinen Gedanken.

„Alles ok?“ besorgt schaute er mich an, konzentrierte sich dann aber zum Glück wieder auf die Straße.

„Ja, ich denk nur nach.“

„Wegen der Sache vorhin?“ hakte er nach.

„Auch…“ grummelte ich. Musste er das jetzt ansprechen? Darüber wollte ich jetzt ganz bestimmt nicht reden.

„Ich glaub du musst einfach mal wieder einen drauf machen. Wenn du das längere Zeit nicht gemacht hast, so wie jetzt, dann bist du immer seltsam drauf.“

Er sah mich nicht an und ich war ihm dankbar dafür. Sonst hätte er womöglich noch die leichte Röte auf meinem Gesicht gesehen. Obwohl, vielleicht auch nicht. Von wegen Nasenband und so.

„Weiß nicht. Kann sein...“ brummte ich.

„Oh man, wenn du Sexentzug hast, bist du echt ätzend!“ flötete er.

„Ja, danke. Ich dich auch!“ fauchte ich beleidigt und streckte ihm ganz erwachsen die Zunge raus. Das hatte er jetzt davon! So!

„Memme“, lachte er fies grinsend.

„Wird nicht frech, Schnittchen. Sonst muss ich dir wohl noch ne neue Lektion erteilen!“ kam es unheilvoll von mir zurück und ich pokte ihn in die Seite.

Er zuckte kurz und sah mich dann strafend an.

„Willst du uns umbringen? Es ist schon so schwer genug, uns heil zum Proberaum zu bringen, bei dem Verkehr hier“ schimpfte er. Und bei deinem Fahrstil, hängte ich in Gedanken an.

„Sorry.“ nuschelte ich.
 

Dann waren wir am Ziel. Zum Glück gab es an der PSC eine Tiefgarage. In Tokio einen Parkplatz zu finden war sonst ein Ding der Unmöglichkeit. Aoi parkte den Wagen schwungvoll ein und mir wurde schon wieder schlecht, denn ich war mir sicher, er würde die nebenstehenden Autos beschädigen… Auf dem Weg vom Parkhaus zum Proberaum holten wir uns noch einen Kaffee vom Automaten. Wer wusste schon wann wir den Nächsten bekommen würden, wenn Kai uns erstmal in seinen Griffeln hatte…

Eben genannter war auch schon da, als wir den Proberaum dann betraten und sah uns böse an.

„Ihr seid zu spät!“ meckerte er auch direkt los.

„Gerade mal fünf Minuten.“ versuchte Aoi Kai zu beschwichtigen.

„Das lag an dem Stau, der durch den Unfall...“ Der Blick von Kai ließ mich verstummen.

„Netter Versuch, Rei. Aber ich glaub dir kein Wort.“ Schade aber auch. Vielleicht sollte ich mir mal eine neue Ausrede einfallen lassen, wenn Kai mir diese nicht mehr abkaufte…

Kurz darauf kamen auch Ruki und Uruha angestürmt und duckten sich unter Kai’s tödlichem Blick. Dann begannen wir zu proben.

# Reita #

Die Probe war anstrengend gewesen. Aber es hatte auch echt Spaß gemacht. Und sie hatte mich abgelenkt. Müde schloss ich meine Wohnungstür auf und betrat die Wohnung. Ich zog Jacke und Schuhe aus und schlurfte erst einmal in die Küche. Durst. Dann schlurfte ich direkt weiter ins Bad unter die Dusche. Diese verließ ich erst wieder, als das Wasser kalt wurde. Ich trocknete mich ab und band mir anschließend das Handtuch um die Hüfte und ließ mich dann so ins Bett fallen, rollte mich in die Bettdecke ein.
 

Nachdem ich die Disco verlassen hatte, ging ich langsam ins Hotel zurück. Und wieder überfielen mich diese Gedanken an Aoi. Was war nur los mit mir, dass ich auf einmal so viel an ihn und über ihn nachdachte? Das war doch vorher nicht so gewesen. Und es regte mich auf. Ich stand verdammt noch mal nicht auf Männer! Yuki war doch das beste Beispiel dafür. Ich stand auf Frauen. Sonst hätte ich sie ja wohl gerade nicht vernascht.

Unwirsch schüttelte ich den Kopf um ihn wieder frei zu bekommen. Dass das keine gute Idee war merkte ich, als mir leicht schwindelig wurde und ich mich erst einmal an der nächsten Hauswand abstützen musste. Ich atmete tief durch und wartete bis sich der Schwindel langsam wieder legte. So viel hatte ich doch auch wieder nicht getrunken... Höchstens 5 oder 6 Drinks.

Als das Schwindelgefühl abgeklungen war ging ich weiter, nur um festzustellen, dass dies hier nicht der Weg war, den wir auf dem Hinweg genommen hatte. Ging ich überhaupt in die richtige Richtung? Vermutlich nicht. Das bekam ich schließlich auch bestätigt, als ich eine Gruppe Jugendlicher nach dem Weg fragte. Also drehte ich mich um, ging den Weg zurück bis zu der Disco und weiter an ihr vorbei. Nach einer halben Stunde hatte ich endlich das Hotel gefunden. Zielstrebig steuerte ich auf den Aufzug zu. Vor unserem Zimmer angekommen, stellte ich jedoch fest, dass ich die Schlüsselkarte anscheinend verloren hatte.

„Kuso!“, fluchte ich. Hatte ich die Karte in der Disco verloren? Möglich wäre es. Vielleicht sogar bei der kleinen Nummer mit Yuki. Egal, also wieder nach unten. An der Rezeption bekam ich dann auch anstandslos die zweite Schlüsselkarte. Natürlich hatte ich nicht gesagt, dass ich sie verloren hatte. Ich sagte einfach ich hätte sie im Zimmer vergessen und mein Mitbewohner würde schon schlafen. Das mir das Mädel an der Rezeption die ganze Zeit schöne Augen machte, half da eventuell auch immens.
 

Endlich im Zimmer angekommen, stellte ich fest, dass von Aoi weit und breit keine Spur zu sehen war. Das Bettzeug war ein wenig zerknautscht, also musste er da wohl drauf gelegen haben. Unbewusst machte ich einen Schritt auf das Bett zu und strich über die Bettdecke auf der er gelegen hatte. Im selben Augenblick wurde mir klar, was ich da eigentlich tat und zog meine Hand wieder zurück. Erst da nahm ich das Rauschen der Dusche war. Ich ging zur Badtür und öffnete sie leise. Der Anblick der sich mir bot, ließ mich erstarren. Dort stand Aoi in seiner vollen Pracht und Schönheit unter der Brause. Er hatte die Arme an der Wand vor sich abgestützt und mir den Rücken zugewandt. Meine Augen folgten dem Wasser, das über seinen Rücken floss, verharrten auf seinem wohlgeformten Po und wanderten wieder hinauf.

Gerade legte er den Kopf in den Nacken und seufzte auf. Dann drehte er den Kopf in meine Richtung und sah mich an. Ich konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, aber er sagte kein Wort, sah mich einfach nur an. Bevor ich bemerkte, dass ich mich bewegt hatte, stand ich auch schon bei ihm in der Dusche. Mit Klamotten und allem. Nur die Schuhe hatte ich beim Betreten des Zimmers ausgezogen, wie es sich gehörte.
 

Er drehte sich zu mir um. Ich hob meine Hand und strich ihm leicht über seine Seite. Ich wollte wissen ob sich seine Haut so zart anfühlte wie sie schimmerte. Immer noch sah ich ihn an. Langsam näherte ich mich seinen Lippen, wurde magisch von ihnen angezogen. Es fühlte sich gut an. Irgendwie nicht anders als mit einer Frau auch. Nur das Aoi halt keine Frau war. Erst dachte ich, er würde mich jeden Moment wegstoßen, aber das tat er nicht. Im Gegenteil, nach minimalem Zögern erwiderte er den Kuss sogar. Als von ihm keine weitere Gegenwehr kam, begann ich den Kuss zu vertiefen. Ohne Gegenwehr öffnete ich mit meiner Zunge seine Lippen. Von den auf mich einströmenden neuen Gefühlen geleitet, wurde der Kuss leidenschaftlicher und ich drängte ihn zurück an die Wand. Meine Hand begann derweil eine kleine Erkundungstour über seinen Körper und wanderte, ohne das ich es wirklich wahrnahm, in tiefere Gefilde. Plötzlich jedoch hielt er meine Hand fest und löste den Kuss. Den Ausdruck seiner Augen konnte ich nicht deuten. Erst mitmachen und dann auf einmal aufhören wollen. Und dann kamen auch die Gedanken an seinen Blick vorhin wieder. Ich war mir sicher, dass es das hier war, was er wollte. Oder nicht? Fragend sah ich ihn an.

„Was ist? Du willst das doch auch. Denkst du ich hab deine sehnsüchtigen Blicke in letzter Zeit nicht bemerkt? Oder die Art, wie du mich ansiehst?“
 

Ich sah seinen fassungslosen Blick. Erwischt, mein Lieber. Dann beugte ich mich wieder vor um ihn erneut zu küssen. Doch er drehte den Kopf weg. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich plötzlich direkt unter dem Wasserstrahl stand. Er sah mich ernst an. Ich wusste nichts mit dieser Wende anzufangen. Daher zuckte ich nur mit den Schultern und wollte ihn wieder an mich ziehen, da mir das Gefühl von seinem Körper an meinem irgendwie gefiel. Aber Aoi trat noch einen Schritt zurück. Er sprach so leise, dass ich ihn beinahe überhaupt nicht gehört hätte.

„Mag sein, dass ich mir das hier wünsche“, begann er flüsternd, wurde dann lauter „Aber nicht so! Du bist total betrunken, Akira! Und du riechst nach Sex! Und dann das hier!? Spinnst du jetzt total?!“ Und dann war es auf einmal kalt. Mein Gehirn sagte mir, dass es am Wasser lag. Mir klappte die Kinnlade runter und ich sah ihn einfach nur fassungslos nach, wie er die Dusche verließ. Er hatte mich nicht angeschrien, aber dass er mich Akira nannte war noch viel schlimmer. Unbeweglich stand ich noch immer unter dem eiskalten Wasserstrahl und starrte ihm hinterher. Bevor er den Raum verließ, drehte er sich nochmals zu mir um. Er sagte kein Wort, aber seine Augen sagten mir alles, was ich wissen musste…

Ich wollte ihm hinterher, aber konnte mich nicht rühren. Es war als wäre ich festgewachsen.
 

„Kuso!“ fluchte ich leise, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Was hatte ich nur getan?? Ich hatte einen Mann geküsst und gestreichelt. Und als wenn das noch nicht schlimm genug wäre, war es auch noch Yuu gewesen. Mein bester Freund. Der aber offensichtlich Gefühle für mich hatte, sonst hätte er das nicht zugelassen. Oh verdammt! Was sollte ich denn jetzt machen??

‚Erstmal das Wasser wärmer drehen, du Schwachkopf’, merkte eine innere Stimme an. Das tat ich dann auch und entledigte mich auch gleich meiner nassen Klamotten. Zum Glück hatte ich mein Handy und den restlichen Kram vorher auf dem kleinen Tisch abgelegt... Da ich so oder so vorm schlafen gehen noch geduscht hätte, konnte ich das eigentlich auch direkt erledigen. Ich schnappte mir das Duschgel und begann mich zu waschen. Als ich fertig war, stellte ich die Dusche ab und stieg hinaus. Dort griff mir ein Handtuch von der Ablage und begann mich abzutrocknen. Anschließend band ich mir das Handtuch um die Hüften und sammelte meine nassen Klamotten auf, die ich vorher einfach achtlos auf den Boden vor der Dusche geworfen hatte. Ich wrang die Sachen so gut es ging in der Dusche aus und hing sie dann zum Trocknen über die Heizung. Dann nahm ich mir noch ein Handtuch von der Ablage und begann die Pfützen, die meine Klamotten und Aoi hinterlassen hatten aufzuwischen. Danach ging ich zum Waschbecken und putzte meine Zähne.

Bei all dem ließ ich mir Zeit. Zeit, die Aoi brauchen würde, um sich ein wenig zu beruhigen. Das wusste ich. Vorher machte es auch keinen Sinn mit ihm reden zu wollen, was ich aber definitiv musste. Nachdem ich dann fertig war und auch nichts mehr zum Aufräumen fand, bemerkte ich, dass meine Galgenfrist abgelaufen war. Ich seufzte. Wenn ich nur nicht so nervös wäre… Was wenn er fragen stellte, die ich ihm nicht beantworten konnte? Fragen auf die ich ja noch nicht einmal selber eine Antwort hatte?
 

Ich öffnete die Tür, machte im Vorbeigehen das Licht aus und betrat das Zimmer. Aoi lag schon im Bett. Er hatte sich auf der von mir entfernten Seite mit dem Rücken zu mir zusammengerollt und schien zu schlafen. Ich wusste, dass er es nicht tat, aber ließ mir nichts anmerken. Er wollte also nicht reden. Auch gut. Ich lief zu meiner Tasche, nahm meine Schlafsachen heraus und zog mich an. Anschließend löschte ich das Zimmerlicht und ging zum Bett. Dann legte ich mich hin und krabbelte unter die Decke. Scheiß Doppelzimmer, scheiß Doppelbett und nur eine scheiß Bettdecke! Meine Laune war echt im Keller. Und dann auch noch das schlechte Gewissen. Mist. So konnte ich nicht schlafen. Ich richtete mich ein wenig auf und krabbelte zu Yuu. Ich bemerkte wie er sich dabei versteifte. Leicht beugte ich mich über ihn, damit er mich auch verstehen würde und sah die Tränen auf seiner Wange schimmern. Traurig sah ich ihn an. Das hatte ich nicht gewollt. Ich machte auch echt alles falsch…

„Es tut mir leid, Yuu…“ flüsterte ich und strich ihm vorsichtig ein paar Tränen weg. Er reagierte nicht darauf. Also gab ich auf und legte mich wieder zurück auf meine Seite des Bettes. Mit dem Bild seiner Tränen vor Augen schlief ich schließlich ein.
 

Schweißgebadet saß ich senkrecht im Bett. Scheiße! Scheiße, scheiße, scheiße! Wieso träumte ich jetzt plötzlich sowas? Von Aoi? Aaaaaargh!!! Ich wurde langsam verrückt... Das musste es sein! Genau.

Nein, nicht wirklich. Erst begaffte ich ihn und sabberte fast dabei, wollte ich ihn auf einmal berühren, dann küssen und jetzt vögelte ich ihn im Traum fast in der Dusche... Über die Bedeutung wollte ich gar nicht nachdenken! Nein! Einfach nur NEIN! Am Besten ich ignorierte es. War ja nichts passiert. Das war bestimmt nur eine Phase und lag am ganzen Stress.

Und heute Abend würde ich mir eine Frau aufreißen! Probe hin oder her! Laut Kai lagen wir sowieso gut im Zeitplan, da konnten wir doch bestimmt auch mal ne Probe ausfallen lassen, oder? So, beschlossene Sache!
 

Ich hievte mich aus dem Bett und ging ein weiteres Mal duschen. Danach zog ich mir dann doch noch Schlafklamotten an und kuschelte mich wieder ins Bett. Diesmal schlief ich traumlos durch.
 

Natürlich verschlief ich auch prompt und musste mich richtig beeilen, um noch einigermaßen pünktlich zu den Proben zu kommen. Konnte der Tag noch beschissener anfangen? Eigentlich nicht… Ich sprang genervt aus dem Bett, stolperte über einige Klamotten, die auf dem Boden lagen und konnte mich noch gerade so am Türrahmen abfangen, bevor mein Gesicht Bekanntschaft mit den Fliesen im Flur machen konnte. Ich fluchte laut und farbenfroh und stürmte weiter ins Bad. Duschen war ich ja gestern Nacht noch gewesen, so putzte ich nur schnell die Zähne, spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht um den Schlaf aus den Augen zu bekommen und machte meine Haare. Zurück im Schlafzimmer zog ich mich schnell an und griff im Vorbeigehen mein Zeug von der Ablage im Flur, zog Schuhe und Jacke an und ab die Post.
 

Wenigstens war der Verkehr heute zur Abwechslung mal erträglich und so war ich am Ende doch noch pünktlich gewesen. Zum Glück! Wenn Kai sauer auf einen war, konnte man ihm immer so schlecht einen freien Tag abquatschen.

# Aoi #

Nach den Proben hatte Kai einen freien Tag verkündet. Rei hatte Kai den ganzen Tag genervt hatte und Kai ihn einfach nur zum Schweigen bringen wollen... Aber egal, ein freier Tag war ein freier Tag.

Auf Rei’s Vorschlag alle zusammen in einen Club zu gehen, hatten sich Ruki und Uruha ausgeklinkt. Sie wollten ins Kino. Oder eher Ruki wollte und bei dem Hundeblick wäre selbst ein Eisberg geschmolzen, also ergab sich Uru seinem Schicksal.

Mir ging es schon den ganzen Tag nicht gut. Ich hatte Kopfschmerzen und schlecht war mir auch. Vielleicht hätte ich die Sushi-Reste vom Vortag doch lieber entsorgen sollen, anstatt sie zum Frühstück zu essen…

Also verzichtete ich darauf mit Kai und Rei mitzugehen. Außerdem hatte ich keine Lust den beiden beim Weiber aufreißen zuzugucken.

So beschloss ich mich in die Badewanne zu legen und mal richtig auszuspannen.
 

Genau das tat ich dann auch. Das Wasser hatte ich schon einlaufen lassen. Ich zündete noch ein paar Kerzen an und stellte das tragbare CD-Radio mit meiner Lieblingsmusik an. Dann ließ ich mich in das duftende Wasser sinken und schloss tief seufzend die Augen. Das tat gut. Ich lauschte der Musik und meine Gedanken schweiften in die Ferne.
 

Ich stieg erst aus der Wanne, als mir das Wasser zu kühl wurde und ich Gänsehaut bekam. Meine Wohlfühl-Klamotten lagen schon auf dem Schränkchen bereit. Schnell trocknete ich mich ab und schlüpfte hinein.

Die Kerzen pustete ich aus und zog den Stöpsel, bevor ich das Bad verließ und in die Küche ging um mir eine schöne Tasse Tee zu kochen. Normalerweise hätte ich ein Bier vorgezogen, aber da mein Magen sowieso schon gereizt war, verzichtete ich darauf.

Mit dem Tee ging ich ins Wohnzimmer und mummelte mich dort in meine kuschelige Decke. Ich trank erst einmal einen Schluck Tee und schaltete dann den Fernseher an. Ich hatte Glück und es fing gerade ein relativ guter Film an. Ich hatte den zwar schon einmal gesehen, jedoch nur bis zur Hälfte, dann war ich eingeschlafen…
 

Von dem Geräusch meiner sich öffnenden Wohnungstür wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Einbrecher? Blinzelnd setzte ich mich auf und drehte mich Richtung Flur. Keine zwei Minuten später kam auch schon ein hackedichter Reita reingetorkelt. Natürlich von halblautem Fluchen begeleitet, da ihm meine Kommode mal wieder ein Beinchen gestellt hatte. Ich verkniff mir das Lachen, als er sich darüber bei mir beschwerte. Die Kommode war aber auch fies… Also wirklich… Wie konnte sie nur? Und ich hatte auch ganz genau gesehen, dass sie gewartet hatte, bis er auf ihrer Höhe war und dann blitzschnell einen Fuß ausgestellt hatte…
 

„Aoi-chaaan“ flötete Rei fröhlich und kam auf mich zu, ließ sich dann einfach fallen. Mit Mühe und Not konnte ich ihn gerade so noch auffangen, bevor er auf den Boden knallte. Da hatte sich der Gute wohl ein wenig mit der Entfernung verschätzt.

„Woah, Rei! Nicht so stürmisch!“ lachte ich.

Er zog ne Schnute und sah mich kurz beleidigt an. Dann friemelte er plötzlich an seinem Nasenband herum, bekam es aber nicht ab. Ich half ihm und löste den Knoten in seinem Nacken, er schmiss das Band dann einfach neben das Sofa auf den Boden. Auch gut. Nun sah er mich mit großen Augen unschuldig an und kuschelte sich in meine Arme.

„Wie viel hast du getrunken?“

„Nur swei gaaans kleine Drinks.“ lallte er und kicherte.

„Ja, das sehe ich. Von wegen, mein Lieber!“ Strafend sah ich ihn an.

„Doch! Die waren gaaans klisseklein.“ schwor er. Ja nee, is klar.

„Und wieso bist du hier?“

„Ich wollte dir was geben.“ Mit kindlichem Gesicht sah er mich an. Oha. Na da war ich ja mal gespannt.

„Und was wolltest du mir geben?“ Neugierig war ich überhaupt nicht. Nein!
 

Er sah mir tief in die Augen, sein Gesicht war ernst. Langsam kam er meinem Gesicht immer näher. Atemlos sah ich ihn an, schloss aber dann wie er die Augen. Dann berührten seine Lippen sanft meine. Es war nur ein kurzer Kuss gewesen, ja nicht viel mehr als ein Hauch. Er löste sich wieder von mir und sah mich unsicher an. Er legte seine Hand an meine Wange, strich sanft darüber. Ich schmiegte mich in die Berührung und schloss die Augen wieder, ließ ihn gewähren.

„Ich hab dich sooo lieb, Aoi-chan!“ murmelte er, bevor er mich erneut küsste. Dieses Mal etwas länger. Jedoch löste er sich plötzlich wieder von mir und stieß mich zur Seite. Erschrocken schlug ich die Augen auf und sah ihn weggetreten an. Was war denn jetzt kaputt?

Er hielt sich beide Hände vor den Mund und sah mich panisch an. Schnell sprang er auf und war im Badezimmer verschwunden, bevor ich überhaupt reagieren konnte. Ich hörte die Tür zuknallen.
 

Langsam fing ich mich wieder und stand dann auch auf, folgte Rei zum Bad. Unsicher blieb ich vor der Tür stehen. Was sollte ich denn jetzt machen? Was sollte ich sagen? Leise Würgegeräusche unterbrachen meine Gedanken und ich öffnete besorgt die Tür. Leise trat ich ein und betrachtete das Bild, welches sich mir bot. Rei kniete vor der Toilette, umarmte die Schüssel und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Zwei klitzekleine Drinks… Das ich nicht lache… Kopfschüttelnd kniete ich mich neben ihn und hielt ihm die Überreste seines sich auflösenden Iro’s aus dem Gesicht.

„Oh man, was machst du nur… Dich kann man auch nicht mal einen Abend alleine lassen…“ Ich nahm mit der freien Hand einen Waschlappen und hielt ihn unter kaltes Wasser, so gut es in dieser Position ging, um ihn anschließend Rei in den Nacken zu legen.

Nachdem er sich entleert hatte, richtete er sich langsam auf. Während er sich den Mund ausspülte und die Zähne putzte, stellte ich schon mal die Dusche für ihn an und legte ihm ein sauberes Handtuch hin.

„Geh duschen, ich hol dir Sachen.“ ordnete ich an und verschwand ins Schlafzimmer. In den Tiefen meines Kleiderschranks suchte ich Rei’s Schlafsachen und ne Boxershorts raus. Dies brachte ich ins Bad, wo Rei gerade dabei war sich aus seinem Shirt zu kämpfen, fluchend. Also ging es ihm besser… Ich legte die Sachen auf das Schränkchen und ging zurück ins Wohnzimmer um die Tasse wegzuräumen und den Fernseher auszuschalten. Die Tasse räumte ich in die Spülmaschine und holte noch ne Tablette für Rei aus dem Schrank und nahm eine Flasche Wasser mit. Ich beschloss mich schon mal umzuziehen, während ich auch Rei wartete.

Kurze Zeit später kam er auch aus dem Bad geschlurft. Ganz so elendig wie zuvor sah er schon nicht mehr aus und ein bisschen Farbe hatte er auch wieder.

„Leg dich schon mal hin. Ich komm auch gleich.“ Kurz putzte ich mir im Bad noch die Zähne, schaltete überall das Licht aus und ging zurück ins Schlafzimmer. Rei hatte sich schon hingelegt und er lugte unter der Bettdecke versteckt zu mir empor. Na da schämte sich aber einer.

Ich schaltete auch hier das Licht aus und krabbelte dann über Rei drüber auf meine Seite des Bettes und unter die Decke. Rei beobachtete mich dabei, machte aber keine Anstalten näher zu rücken. Ich seufzte und streckte meinen Arm nach ihm aus.

„Jetzt komm schon her, du Schissbuchse.“ meinte ich und er kam rüber, schmuste sich an.

Ich lag auf der Seite und er auf dem Rücken neben mir. Ich legte meinen Arm auf seinem Bauch und er sah mich an. Dann beugte ich mich über ihn und küsste ihn leicht auf den Mund. Nur kurz. Als Gute-Nacht-Kuss. Zum ersten Mal. Er lächelte als wir uns wieder voneinander lösten.
 

# Reita #

Ich wachte am Morgen oder wohl eher Mittag als Erster auf. Seufzend kuschelte ich mich näher an die Wärmequelle neben mir. Näher an Aoi. Er lag auf der Seite hinter mir und hatte einen Arm um mich geschlungen. Es war nicht wirklich neu, so neben ihm aufzuwachen. Wir hatten schön öfter zusammen geschlafen, auch in dieser Position. Trotzdem war es irgendwie anders. Wegen dem Kuss. Ich hatte keine Ahnung, was gestern in mich gefahren war.
 

Kai und ich waren in unserem Stammclub gewesen. Hatten ausgiebig getrunken und Weiber aufgerissen. Aber irgendwie wollte sich da bei mir nichts einstellen. Sie war hübsch, nett und wäre sicherlich nen Fick wert gewesen. Nur fehlte mir irgendwie die Lust dazu…

Erst die Situation wo ich Aoi küssen wollte, dann der Traum und jetzt wurde ich von Frauen nicht mehr erregt… Das durfte doch einfach alles nicht war sein… Vielleicht lag es wirklich einfach am Stress und ich brauchte mal wieder ausgiebig Urlaub.
 

Aber das änderte auch nichts daran, dass ich Aoi gestern geküsst hatte und es auch noch schön fand. Sogar besser als mit der Tusse im Club. Besser als mit irgendeiner Frau bisher. Aber das konnte und wollte ich mir nicht eingestehen. Ich war nicht schwul! Hoffte ich… Nichts gegen Schwule oder so, aber das war einfach nicht meins. Oder??? Wieso dann Aoi? Ausgerechnet er? Klar, für nen Mann ist er unglaublich hübsch. Und nett. Und hat nen super Charakter. Er ist absolut liebenswert. Als Mensch. Oh man. Ich drehte langsam wirklich durch…
 

Was sollte ich Aoi jetzt wegen dem Kuss sagen? Wieso hatte er ihn überhaupt erwidert? Ich seufzte erneut, abgrundtief und schüttelte den Kopf. Zu viele Gedanken, zu wenig Antworten.

„Hey…“ nuschelte es verschlafen in meinen Nacken. Ich lächelte leicht und drehte meinen Kopf ein wenig, um ihn ansehen zu können.

„Hey…“ erwiderte ich.

„Wie geht’s dir? Kater? Schlecht?“ fragte er.

„Nö. Nicht wirklich. Danke für die Tablette und so.“

„Na, da bin ich ja beruhigt. Dafür nicht.“

Eine Weile sahen wir uns wortlos einfach nur an, bis ich mich schließlich ganz zu ihm umdrehte. Ich legte den Kopf auf meinen angewinkelten Arm und sah ihn weiterhin an.

„Aoi…“ fing ich an, doch er legte mir einen Finger auf die Lippen.

„Du musst nichts sagen, ok?“ Ich küsste seine Fingerspitze, weil mir einfach danach war und nahm dann seine Hand in meine.

„Ich will aber was sagen… Ich war gestern nicht so betrunken, dass ich nicht mehr weiß, was ich getan habe. Und ich habe es bewusst getan. Denke ich. Und ich fands schön.“ Leichte Röte breitete sich bei beim letzten Satz auf meinen Wangen aus. Er lächelte und strich mir über die gerötete Wange.

„Ach Rei, mach dir keinen Stress, ok? An unserer Freundschaft ändert das nichts.“ versuchte er mich zu beruhigen und es klappte. Erleichtert atmete ich aus. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich die Luft angehalten hatte. In seinen Augen erkannte ich, dass er das eben Gesagte auch wirklich ernst meinte.

„Und wenn ich es wieder tun will?“ fragte ich schelmisch grinsend.

„Was denn?“ machte er einen auf unwissend. Ich beugte mich vor und küsste ihn. Sanft berührten sich unsere Lippen. Immer und immer wieder. Ich konnte gar nicht mehr aufhören ihn zu küssen und ihm schien es ähnlich zu gehen. Mein Magen kribbelte fürchterlich und mein Herz schlug so unglaublich schnell…

Langsam wurde ich mutiger, strich mit meiner Zunge über seine Lippen, lockte ihn den Kuss zu vertiefen. Er zögerte nicht einen Moment und öffnete seine Lippen einen Spalt breit, ließ seine Zunge meine berühren, lockte sie in seine Höhle. Ich hatte das Gefühl unter Strom zu stehen. Unsere Zungen begannen einen langsamen Tanz, der aber schnell fordernder, intensiver, leidenschaftlicher wurde. Als würden wir ohne den Anderen ertrinken müssen…

Leider mussten wir uns auf Grund von Luftmangel nach einiger Zeit wieder von einander lösen.

„Gott, Rei! Hätte ich gewusst, dass du so küssen kannst, hätte ich es schon eher ausprobiert.“ grinste Aoi weggetreten mit glänzenden Augen, rot geküssten Lippen und geröteten Wangen.

Ich merkte, dass ich rot wurde und versuchte mein Gesicht zu verstecken, doch er hinderte mich daran. Er fasste mit seiner Hand nach meinem Kinn und hielt es fest. Beschämt senkte ich den Blick.

„Wie süüüüüüüüß!“ quietschte er und ich hätte ihn am Liebsten erschlagen. Ich war nicht s-ü-ß! Wie ich dieses Wort hasste…

„Ach, halt die Klappe!“ murrte ich und starrte immer noch auf die Bettdecke. Irgendwie war mir das peinlich und andererseits war es unbeschreiblich. Es fühlte sich gut an. Besser als es mit einer Frau je gewesen war. Woran das lag konnte ich nicht sagen. Vielleicht weil ich ihn schon so lange und gut kannte, ihm vertraute. Keine Ahnung. Scheiße.

Mein Kinn wurde sanft angehoben, sodass ich ihn ansehen musste und sündig weiche Lippen senkten sich auf meine, seine Zunge drängte an meine Lippen, schlüpfte in meinen Mund. Oh Gott…. Bevor ich meine Augen schloss sah ich noch den leuchtenden Glanz in Yuu’s Augen und das war für lange Zeit das Letzte, was ich sah.

# Aoi #

Ich konnte es immer noch nicht ganz glauben. Und dieses vollkommen idiotische Grinsen bekam ich auch nicht mehr aus dem Gesicht. Aber war ja eigentlich auch egal, sah ja niemand. Ich lag auf meiner Couch. Alleine. Und starrte glücklich lächelnd Löcher in die Decke. Reita war vorhin nach Hause gegangen.
 

Die Ereignisse hatten sich ja ziemlich überschlagen und ich kam immer noch nicht ganz hinterher. Fakt war, Aki und ich hatten den ganzen Tag im Bett verbracht. Hatten geknutscht, gekuschelt, ein bisschen geschmust. Aber alles oberhalb der Gürtellinie und auch mehr oder weniger oberhalb der Klamotten. Wollte ihn ja nicht verschrecken. Es war einfach himmlisch und so zahm kannte ich ihn dann doch nicht.
 

Eigentlich hatte ich befürchtet, dass er sich wieder an nichts würde erinnern können. Aber dieses Mal hatte ich wohl Glück gehabt. Die andere Angst oder mehr Befürchtung war gewesen, dass er es abstreiten oder einfach abhauen würde. Aber auch das war nicht passiert. Ich war einfach froh darüber. Und unglaublich glücklich.

Ich wusste immer noch nicht, was von seiner Seite aus an Gefühlen da war, aber so unsicher und nervös, wie er zu Anfang gewesen war, wusste er das wahrscheinlich selbst noch nicht. Fragte sich nur, wie er reagieren würde, wenn er sich seiner Gefühle sicher war. Ob er es akzeptieren konnte oder wollte…

Ich würde jedenfalls keine Forderungen an ihn stellen oder ihn unter Druck setzen. Das musste, wenn, alles von ihm ausgehen, sonst machte es wenig Sinn. Natürlich war das für mich nicht gerade einfach, aber dieser Nachmittag machte mir deutlich, dass sich das Warten gelohnt hatte und auch weiter lohnen würde!

All das setzte allerdings voraus, dass Rei sich darauf einließ es zu versuchen…
 

Oh je, worauf hatte ich mich da nur wieder eingelassen? Ich war mir da nicht so sicher. Momentan lief das alles wohl noch unter erweiterter Freundschaft, wenn man denn kategorisieren wollte. Fragte sich nur, ob ich meine Hoffnungen nicht zu hoch hängte… Keiner von uns hatte dem anderen gegenüber irgendwas eingestanden. Wir hatten nicht darüber geredet. Ok, wir hatten sowieso sehr wenig, um genauer zu sein, so gut wie überhaupt nicht geredet.
 

Schon wieder schlich sich bei der Erinnerung an den Nachmittag ein verträumtes Lächeln auf mein Gesicht. Ja, ich liebte ihn. Sehr sogar. Alles an ihm. Mit Ausnahme von diesem Nasenband… Das Ding war echt so was von daneben… Aber gut. Er mochte seine Nase nun mal nicht. Sie war ihm nicht „männlich“ genug. Tse. Na gut, sie ließ ihn zum Knuddeln niedlich aussehen. Und das passte als Obermacho und großer Macker natürlich nicht ins Schema. Egal. Zumindest wenn wir unter uns waren, ließ er es ja ab. Immerhin etwas.
 

# Reita #

Ich war zu Hause direkt ins Bett gegangen. Ich war total durcheinander. Aoi und ich hatten rumgeknutscht und uns sogar ein wenig gestreichelt. Den ganzen Tag lang…

Es war super schön gewesen und so wie bei ihm hatte ich mich noch nie gefühlt. Irgendwie fehlte bei den ganzen Weibern was Entscheidendes. Aber hieß das jetzt, dass ich schwul war? Oder lag es einfach nur daran, dass es Aoi war? Ich wusste es nicht. Ich wusste es einfach nicht…

Und je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger kam ich zu einem sinnvollen – oder für mich akzeptablen – Ergebnis. Ich kniff die Augen zusammen und zog mir das Kissen über den Kopf. Ich hätte laut Schreien können vor lauter Frust! Ich wollte das alles hier doch gar nicht. Warum konnte es nicht einfach so weiter gehen wie bisher? Ich riss weiter Frauen auf und gut. Aber nein! Die Frau gestern hatte mich noch nicht mal ansatzweise geil gemacht. So sehr sie es auch versucht hatte. Es tat sich bei mir einfach nichts. Dabei hatte sie alles, was dafür nötig war. Große Titten, schlank, schmale Figur, nen netten Knackarsch, schwarze Haare und braune Augen.

Also wo war mein Problem?!
 

Aoi war das Problem! Ich bekam ihn einfach nicht mehr aus meinem Kopf! Seine schönen, glänzenden braunen Augen, seine sündigen Lippen, der flache Bauch inklusive Piercing… alles. Einfach alles! Scheiße!

Am Liebsten hätte ich mich betrunken um die ganzen Gedanken und wirren Gefühle einfach wegzuspülen….

Irgendwann war ich über meinen Gedanken eingeschlafen. Mein Traum war mehr als merkwürdig.
 

Aoi und ich tanzten händchenhaltend in rosa Tutu’s über eine sommerliche Blumenwiese. Die Vögel umschwärmten und sangen mit uns und wir hatten selbst geflochtene Blumenkränze im Haar. Und wir benahmen und so richtig… schwul. Alles war ein einziger Wust aus pink und rosa und ich selbst verhielt mich wie die absolute Obertucke. Total weichgespült…
 

Mit einem entsetzten Schrei wachte ich auf. Das war zuviel! So konnte es auf keinen Fall weitergehen. Soweit würde ich es nicht kommen lassen!
 

Als sich mein Herzschlag wieder beruhigt hatte, schlief ich wieder ein.
 

Am frühen Morgen wachte ich mit Kopfschmerzen auf. Na klasse. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Mir ging’s ja noch nicht bescheiden genug oder so. Dieser Albtraum war echt übel gewesen… Aber eins war klar, jetzt war Schluss. Ich war keine weichgespülte Tucke, die im Tutu über Blumenwiesen tanzte! Und ich würde ganz sicher keine werden! Allein bei der Vorstellung drehte sich mir der Magen um! Ich war stark und männlich, vor allem männlich!

Ok, ich achtete auf mein Äußeres, aber das musste man, wenn man in der Öffentlichkeit stand.

Oh man, die Fans wären bestimmt begeistert von mir im Tutu. Und meine Eltern erst…. Schluss damit! Ich war ein Mann und stand auf Frauen. Punkt. Aus. Ende. Den Rest würde ich einfach unter Neugierde abharken.
 

Ich stand auf, als mein Handywecker klingelte, suchte mir Anziehsachen raus und ging rüber ins Bad um mich fertig zu machen, nahm bei der Gelegenheit auch gleich ein Tablette gegen mein Kopfschmerzen. Anschließend setzte ich mir in der Küche Kaffee auf. Während ich wartet, dass er durchlief, zündete ich mir eine Zigarette an. Als die aufgeraucht war, direkt eine Zweite. Ich brauchte das jetzt einfach. Gestern war ich gar nicht zum Rauchen gekommen, hatte aber auch nicht das Bedürfnis danach gehabt. War ja auch abgelenkt gewesen. Boah, nicht schon wieder daran denken.

Der Kaffee war inzwischen durchgelaufen. So nahm ich mir eine große Tasse aus dem Schrank und goss mir welchen ein. Ich hatte noch genug Zeit, bis ich ins Studio musste, denn heute standen die letzten Aufnehmen für das neue Album an. Daher genehmigte ich mir auch noch was zu essen. Das Magenknurren war auf die Dauer dann doch nervig. Ein Blick auf die Uhr sagte mir anschließend, dass ich langsam los musste. Ich räumte das Geschirr in die Spülmaschine, holte mein Handy aus dem Schlafzimmer und zog mir im Flur Jacke und Schuhe an. Geldbeutel und Schlüssel lagen auf der Ablage und ich nahm beides an mich. Ein letzter Blick in die Küche, ja, Kaffeemaschine war ausgeschaltet und ich verließ die Wohnung, schloss ab.
 

Ich kam gut durch und war sogar als Erster im Proberaum. Die Uhr zeigte gerade mal 07:50. Zielstrebig griff ich mir meinen Bass, stimmte ihn kurz und begann dann zu spielen um mir die Wartezeit ein wenig zu versüßen.

Die Anderen trudelten dann auch nach und nach ein. Richtig frisch sahen sie alle nicht aus, aber kein Wunder bei dieser Uhrzeit.. Aoi kam auf mich zu und umarmte mich wie gewohnt zur Begrüßung. Erst befürchtete ich, er würde mich küssen oder so, aber nichts der gleichen geschah. Er sprach auch den gestrigen Tag mit keinem Wort an, wofür ich ihm sehr dankbar war.

Anschließend sammelten wir unsere Instrumente zusammen und fuhren geschlossen ein paar Etagen höher ins Tonstudio.
 

Nach 14 Stunden konzentrierter Arbeit und sehr viel Kaffee, waren wir dann fertig. Die Feinabmischung würden die Tontechniker zusammen mit Kai übernehmen. Wie dem auch sei, dass musste gefeiert werden! Genauso wie die 3 Wochen Urlaub, die wir jetzt hatten! Ich schlug vor gemeinsam einen Trinken zu gehen und die Jungs stimmten zu. So verabredeten wir uns für 23:30 Uhr vor unserem Stammclub.

Hallo ihr Lieben!
 

Vielen Dank für eure Kommis! Ich habe mich riesig darüber gefreut, dass die Story so gut bei euch ankommt. Besonders, da es ja meine erste Fic ist. Also danke, danke, danke. Natürlich auch für die Favo-Addings. ^^
 

Hier also das nächste Kappi. Viel Spaß!
 

Eure Aya
 

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# Aoi #

Als ich am Club ankam, war Kai schon da und begrüßte mich freudig. Wir unterheilten uns ein wenig während wir warteten. Das hieß, ich erzählte ihm von der Sache mit Rei. Es dauerte nicht lange, bis die Anderen auftauchten.

Rei sah klasse aus. Er schien ja jemanden mächtig beeindrucken zu wollen… Mich vielleicht? Wer wusste das schon. Ich würde mich jedenfalls an meinen Entschluss halten und ihm die Zeit geben, die er brauchte.
 

Wir gingen rein und direkt in den VIP-Bereich. Hier waren wir ungestörter. Keine nervigen Fangirlies, die an unserem Tisch auftauchten und Fotografen hatten sowieso keinen Zutritt.

Kaum dass wir saßen, kam auch schon ein Kellner zu uns und nahm die Bestellung auf, die auch gleich danach eintraf. War schon ein Vorteil berühmt zu sein…
 

Ich nahm einen Schluck von meinem Bier und lehnte mich genüsslich zurück. Ahh, das tat gut…

Rei und Kai waren derweil dabei Ruki zu ärgern, der mal wieder mit Hundeblick versuchte Uruha seinen Willen aufzudrücken, diesmal aber keinen Erfolg hatte. Uruha grinste nur fies, als Ruki anfing zu schmollen. Reita zwicke ihm in die Wange und lachte sich halb schlapp. Ich beobachtete ihn heimlich dabei, bis mich jemand anstupste.

„Hey, du Träumer! Sabber nicht!“ hörte ich eine Stimme an meinem Ohr. Erschrocken fuhr ich zusammen sah Kai böse an.

„Erschreck mich doch nicht so..“ meckerte ich.

„Sorry, aber du warst so schön weggetreten!“ lachte er. Hauptsache er hat seinen Spaß. Blödmann.

„Gehen wir tanzen?“ fragte er, nachdem er sich wieder eingekriegt hatte.

„Warum nicht?“ beschloss ich und stand auf. Kai tat es mir gleich und wir begaben uns Richtung Tanzfläche. Wir suchten uns eine Stelle, wo wir ein bisschen Platz hatten und legten los. Die Musik war gut und es machte mega Spaß. Zum ersten Mal seit Wochen war mein Kopf wieder frei. Keine störenden Gedanken, keine nervigen Fragen ohne Antworten. Einfach nur Leere.

Ruki und Uruha kamen auch irgendwann dazu. Sie schafften es sogar sich nicht zu befummeln. Ich war echt beeindruckt.
 

Nach schier unendlicher Zeit bekam ich Durst und klinkte mich aus. Zurück am Tisch, leerte ich mein Glas in einem Zug und bestellte direkt ein Neues. Die Zeit, die ich auf das Bier wartet, ließ ich meinen Blick durch de Club schweifen. Unbewusster Weise Reita suchend, den ich aber nicht fand. Als das Bier kam, nahm ich noch einmal einen große Schluck und stand dann wieder auf um zu Kai zurückzugehen. Was sollte ich auch alleine am Tisch rumsitzen? Von Rei war ja auch weit und breit keine Spur gewesen, aber der würde schon wieder auftauchen. Und vielleicht würde er ja später noch mit zu mir kommen… Wäre zumindest schön. Egal, darüber konnte ich mir später auch noch Gedanken machen.
 

Irgendwann machte Kai dann schlapp und wir machten erstmal eine Tanzpause. Wir gingen zurück zu unserem Tisch und tranken erst einmal etwas, beobachteten dann die Leute auf der Tanzfläche. Zum unterhalten war es mittlerweile einfach zu laut.

Nach einer Weile meldete sich meine Blase und ich begab mich zu den sanitären Einrichtungen. Dort bog ich auch direkt falsch ab und fand mich auf dem in pink gehaltenen Damenklo wieder. Ich drehte mich um, um den Raum wieder zu verlassen, als eine Bewegung im Augenwinkel mich stocken ließ. Ich blickte in die Richtung und erstarrte.
 

Das konnte nicht…durfte nicht…

Da stand Reita, irgendeine Tusse an die Wand gepresst. Seine Zunge in ihrem Hals, eine Hand unter ihrem Rock, die andere an ihren Titten. Seine Hose hing ihm in den Kniekehlen und beide stöhnten. Die beiden waren so in ihr Liebesspiel vertieft, dass sie mich nicht zu bemerken schienen.
 

Ich hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können und mir stiegen Tränen in die Augen. Der Druck auf meinen Lungen wurde unerträglich und ich schnappte keuchend nach Luft. Abrupt drehte ich mich um und verließ die Toilette, den Club. Ich musste hier weg. Einfach nur weg. Ich rannte, rannte einfach immer weiter.

Ein Schluchzen verließ meine Kehle, als ich die Straße runter zu U-Bahn hastete. Ich versuchte erst gar nicht es zu unterdrücken. Das hätte sowieso nicht geklappt. Dazu tat es einfach viel zu weh.

Ich weiß nicht mehr genau, wie ich nach Hause gekommen bin, nur das ich plötzlich in meinem Wohnzimmer stand. Ich ließ mich auf das Sofa sinken und zog die Beine an meine Brust, schlang meine Arme um sie. Leise weinte ich vor mich hin. Wie konnte er mir das antun? War das alles für ihn nur ein Spiel? Ein Zeitvertreib, bis zur nächsten Frau? Was sollte ich jetzt bloß machen? Wie hatte ich es nur geschafft, mich so selbst zu verarschen? Reita und was von mir wollen? Ja klar… War ja offensichtlich.
 

Für sowas war ich einfach nicht stark genug. In jemanden verliebt sein und wissen, dass man ihn nicht haben kann ist eine Sache. Damit kann man umgehen, ich zumindest. Aber wenn dieser jemand dann einen ganzen Tag mit dir rumknutscht und gleich danach die nächstbeste Tussi fickt, ist das was Anderes. Damit konnte ich definitiv nicht umgehen. Wie sollte es nur weiter gehen?
 

# Reita #

Ich konnte es also noch!

Nachdem Aoi und der Rest auf die Tanzfläche verschwunden waren und ich sie ein Weile beobachtet hatte, hatte ich mir das Angebot an Frauen mal näher angeschaut. Es waren auch ein paar optisch nette Mädels dabei. Ich begab mich auf die Tanzfläche und tanzte eine schlanke Schwarzhaarige an. Sie ließ sich darauf ein und kurze Zeit später fand ich mich mit herunter gelassenen Hosen zwischen ihren Beinen auf der Damentoilette wieder. Ich war total geil und sie willig wie sonst was. Schneller als ich gucken konnte, hatte sie auch schon meinen Schwanz gepackt und in sich versenkt. Laut stöhnend begann ich in sie zu stoßen, immer fordernder und härter. Ihre Lustschreie sagten mir, dass es ihr gefiel. Kurz darauf kam sie und auch ich spritzte tief in ihr ab, zog mich dann zurück. Ich zog den Gummi ab, ließ ihn einfach auf dem Boden fallen und zog mich an. Ich küsste sie kurz, zum Dank und verließ gut gelaunt das Klo.
 

Als ich zum Tisch zurück kam, fand ich nur Kai vor.

„Hey!“ grüßte ich ihn mit breitem Grinsen.

„Hey.“ grinste er zurück.

„Wo sind die Anderen?“ wollte ich wissen, da Kai sich anscheinend suchend umblickte.

„Ruha und Ruki sind noch tanzen glaub ich.“

„Und Aoi?“

„Keine Ahnung. Der ist weg.“

„Wie weg?“ hakte ich verwundert nach.

„Na er wollte vor ner halben Stunde aufs Klo und ist nicht wieder aufgetaucht.“ erklärte Kai besorgt.

„Vielleicht hat er jemanden aufgerissen?“ versuchte ich ihn aufzumuntern.

„Wohl eher nicht.“ erklang eine Stimme hinter mir. Verwundert sah ich Uruha an.

„Was meinst du damit?“ fragte ich auf seinen anklagenden Blick.

„Ich hab gesehen wie er aus dem Damenklo und dann aus dem Club gestürmt ist.“

„Aha.“ meinte ich unbeeindruckt. „Und?“

„Und ich hab nachgesehen, was los ist.“

„Netten Fick gehabt?“ fragte Ruki spitz, der bisher schweigend neben Uruha gestanden und mich böse angestarrt hatte.

„Was!? Ja klar, was ne Frage.“ erwiderte ich großspurig und plötzlich machte es „klick“ in meinen Kopf. „Scheiße!“ schrie ich auf.

„Genau. Ganz meine Meinung.“ sagte Kai und sah mich mit einem Todesblick vom Feinsten an. Konnte es sein, dass er so ziemlich bescheid wusste, was bei Aoi und mir gelaufen war?

„Ich weiß zwar nicht, was bei euch los ist, aber das Aoi in dir mehr als nur seinen besten Freund sieht, hab sogar ich mitgekriegt!“ schnauzte mich der Nervzwerg an und meine Laune sank rapide weiter.
 

Ich drehte mich wortlos um und verließ den Club. Ich musste mit Aoi reden! Sofort! Warum hatte er nie was gesagt, verdammt?! Warum hatte ich es nicht gemerkt? Jetzt wo ich es wusste, machte es Sinn. Es musste echt übel für ihn gewesen sein, mich so zu sehen. Mit der Frau. Scheiße! Das wollte ich doch nicht! Ich wollte ihm doch nicht wehtun!
 

Bei Aoi angekommen, sparte ich mir das Klingeln, da ich wusste, dass er sowieso nicht aufmachen würde. Also ließ ich mich selbst rein. Dafür war der Schlüssel zwar eigentlich nicht gedacht, aber irgendwie war das ja ein Notfall.

Ich fand Aoi im Wohnzimmer. Es war kein Licht an, aber ich konnte seine Silhouette im Mondlicht erkennen, dass schwach einfiel. Er saß zusammen gekauert auf dem Sofa. Reglos starrte er vor sich hin. Ich schaltete das Licht an, doch er blinzelte nicht einmal. Vor dem Sofa blieb ich stehen, doch er regte sich immer noch nicht. Langsam bekam ich Angst. So kannte ich ihn nicht.

„Aoi?“

„Verschwinde.“ sagte er. Seine Stimme war nicht mehr als ein Hauch, klang so unglaublich müde und resigniert.

„Aber ich…“ ich streckte den Arm nach ihm aus, doch er rutschte weg.

„Fass mich nicht an!“ zischte er und sah mich endlich an. Der Ausdruck seiner Augen ließ mich zurückweichen. So unglaublich traurig und verletzt und doch so wütend.

„Aoi…“

„Was willst du hier?“

„Ich… ich wollte mit dir…“ stotterte ich hilflos, doch er ließ mich nicht ausreden.

„Vergiss es, ich will es nicht wissen!“ entschied er. Er stand auf und ging zum Fenster, starrte hinaus, ignorierte mich.

Das machte mich wütend. Er gab mir nicht einmal die Chance etwas zu erklären! Warum wollte ich es ihm überhaupt erklären? Ich war ihm keine Rechenschaft schuldig. Er benahm sich hier wie eine betrogene Ehefrau, dabei waren wir nicht einmal ansatzweise ein Paar.

„Boah, was ist dein Problem?“ fuhr ich ihn an.

Zornig drehte er sich zu mir um, traktierte mich mit seinen Blicken.

„Was MEIN Problem ist? Die Frage sollte doch wohl eher lauten wo DEIN Problem liegt!“ zischte er unbeherrscht.

„Herrgott Aoi! Das waren doch bloß Küsse zwischen uns! Jetzt übertreib mal nicht so!“

Seine Augen verengten sich bedrohlich.

„Du tauchst hier auf und hast den Nerv mir zu sagen es waren nur Küsse??? Seit Wochen benimmst du dich seltsam, machst mir Frühstück; sabberst fast, als ich nur mit Boxershorts in die Küche komme; du betrinkst dich und tauchst dann hier auf um mir etwas zu ‚geben’; machst gestern den ganzen Tag mit mir rum und heute knallst du auf dem Klo die nächstbeste kleine Schlampe! Mal ganz abgesehen von der Sache mit der Hoteldusche am letzten Abend der Tour! Und dann fragst du, wo mein Problem ist? Tickst du noch ganz richtig?!“ schrie er mich an und sah dabei aus, wie der Racheengel persönlich.

Sprachlos sah ich ihn an und schluckte.

„Das… Das mit dem Hotel war gar kein Traum?“ fragte ich fassungslos.

„Ein Traum? Nein, es hat sich sehr real angefühlt.“ sagte er wieder ruhiger und sah mich bedeutungsvoll an.

FUCK!!!

„Es tut mir leid.“ nuschelte ich.

„Das ist ja wohl das Mindeste. Ich bin keines deiner Flittchen, mit denen du so umgehen kannst. Und ich bin auch nicht dein Spielzeug. Und nur weil ich Gefühle für dich habe, gibt dir das nicht das Recht so mit mir umzugehen! Und wenn das für dich alles keine Bedeutung hatte, es für dich ‚nur Küsse’ waren, dann solltest du jetzt einfach gehen.“

Er hatte diese letzten Worte in einem so ruhigen und beherrschten Ton gesagt, dass ich Gänsehaut bekam. So hatte ich ihn noch nie erlebt und es beunruhigte mich. Er wandte den Blick ab und sah wieder aus dem Fenster, hatte die Arme schützend um seinen Oberkörper geschlungen.

„Aber Yuu… ich wollte nie…“ ich wollte ihm so viel sagen, fand aber nicht die richtigen Worte. Hilflos sah ich ihn an. Konnte nicht einfach wieder alles so sein wie vorher?

„Geh, Akira!“ sagte er nachdrücklich und ich gab auf, warf ihm einen unglücklichen Blick zu, doch er starrte nur weiter aus dem Fenster in die dunkle Nacht.
 

Wortlos drehte ich mich um und verließ die Wohnung. Ich fühlte mich leer. Leer und allein. Ich hatte soeben meinen besten Freund verloren, den Menschen, der mir am Allerwichtigsten war. Und ich konnte nichts dagegen tun. War es Ironie des Schicksals, dass ich in so einer Situation sonst immer zu Yuu gegangen wäre, der mich aufgefangen und mir geholfen hätte? Eine einzelne Träne verließ meinen Augenwinkel und wurde von meinem Nasenband aufgefangen.

Sooo, neues Kapitel. Kimochi-chans Bettelblick hat mich überzeugt und ich wollte auch verhindern, das worthless weiter verzweifelt im Kreis rennt. *g*
 

Nein, um ehrlich zu sein, ich hab noch ein paar Kapitelchen auf Lager, bevor ich mich mal wieder ransetzen und weiterschreiben muss.

Ich werd versuchen etwa einmal die Woche was hochzuladen, damit ihr nicht zu lange warten müsst. Ich weiß wie schlimm das ist, wenn man unbedingt wissen will, wie es weitergeht, aber einfach nichts hochgeladen wird...
 

@ worthless:

Jaa, ich wollte Reita auch in seinen geilen Arsch treten, den hat er übrigens wirklich *sabber*, aber er war schneller und ist weggerannt... *heul*
 

@ Armaterasu:

Da hat Paperflower den Nagel auf den Kopf getroffen. Fand ich soooo geil, die Fics.
 

Und natürlich auch allen anderen herzlichen Dank für eure Kommis... Ich werd noch mal Kommi-geil, wenn das so weitergeht... ^^
 

LG

Aya

°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°
 

# Aoi #

Nachdem Rei gegangen war, war es mit meiner Beherrschung vorbei gewesen und ich schluchzte laut auf. Wie konnte er mir das antun? Offenbar wusste er ja um meine Gefühle. Und trotzdem hatte er sich darauf eingelassen. Ich verstand es einfach nicht.

Meine Beine gaben nach und ich sank zu Boden, kauerte mich zusammen. Unaufhörlich liefen die Tränen über mein Gesicht. Es tat so unglaublich weh. Wie sollte es nur weitergehen?

Irgendwann war ich vor Erschöpfung eingeschlafen. Immer noch zusammengerollt auf dem Boden liegend.
 

Als ich aufwachte, wusste ich zuerst nicht wo ich war. Vorsichtig sah ich mich um, nur um festzustellen, dass ich mich in meinem Wohnzimmer befand. Und schlagartig viel mir auch wieder der Rest ein.

Ich richtete mich auf alle vier auf und krabbelte so zum Sofa rüber, gequält stöhnend. Jede Bewegung tat weh. Meine Schultern waren verspannt und auch mein Rücken schmerzte höllisch. Das hatte ich nun davon, dass ich auf dem Boden geschlafen hatte. Und mein Herz tat auch weh. Aber das hatte ja eine andere Ursache als den harten Boden. Aki... Unwillig schüttelte ich den Kopf. Ich wollte nicht schon wieder daran denken, konnte es aber nicht verhindern. Und ich wurde wütend. Richtig wütend. Ruckartig stand ich auf, ignorierte den Schmerz. Am liebsten hätte ich jetzt irgendwas zertrümmert. Aber ich mochte meine Wohnung und auch die Gegenstände in ihr. Also ballte ich die Fäuste und atmete tief durch.
 

Nachdem der Wutanfall halbwegs vorbei war, ging ich duschen. Danach machte ich mir in Ruhe Kaffee. Den trank ich stehend am Küchenfenster. Das erinnerte mich an den Morgen mit Rei. An das Frühstück und wie wir hier am Fenster gestanden hatten… Hätte ich gekonnt, wäre ich wieder in Tränen ausgebrochen, aber ich konnte nicht. Ich hatte keine Tränen mehr. Und selbst wenn ich noch welche übrig gehabt hätte, was hätte es mir gebracht? Das änderte auch nichts an dieser beschissenen Situation.

Es änderte nichts daran, dass Rei offensichtlich mit meinen Gefühlen gespielt hatte. Dass ich mich so von ihm hatte verarschen lassen. Dabei hatte ich gedacht ihn zu kennen. Ich hatte ihm vertraut! Aber wie gut konnte man einen anderen Menschen schon wirklich kennen? Offenbar nicht gut genug, wenn dies hier das Ergebnis war. Wäre es nicht so traurig würde ich darüber lachen… Wie pathetisch… Und wie naiv.
 

Mir wurde klar, dass ich hier raus musste. Einfach weg. Weit weg. Einfach was anderes sehen. Hier erinnerte mich alles an Rei und die gemeinsamen Stunden. Die gemeinsamen Stunden als Freunde. Aber auch die anderen Stunden. Stunden voller Geborgenheit. Stunden voller Zärtlichkeit. Pah! Wie blöd ich doch war… Es war einfach zu schön um wahr zu sein… Und wäre ich nicht so damit beschäftigt gewesen auf Wolken zu schweben, wäre mir das vielleicht schon früher aufgefallen. Aber genug davon jetzt.
 

Zielstrebig ging ich ins Schlafzimmer und begann wahllos Klamotten in meine Reisetasche zu stopfen, die ich unter dem Bett hervorgeholt hatte. Shirts, Pullover, Hosen, Unterwäsche. Alles fand seinen Weg in die Tasche. Anschließend ging ich ins Bad und packte meinen Kulturbeutel, der auch in die Tasche wanderte. Als ich alles hatte, nahm ich die Tasche und stellte sie an die Garderobe. Danach ging ich noch einmal durch alle Räume, zog Vorhänge zu und ließ Rollos runter. In der Küche prüfte ich noch, ob ich auch alle Geräte ausgeschaltet hatte und begab mich zurück in den Flur. Ich zog mir Schuhe und Jacke an, packte mein Portemonaie ein und nahm den Schlüssel vom Brett. Dann verließ ich die Wohnung. Mein Handy nahm ich nicht mit. Ich wollte mit niemandem sprechen.
 

An meinem Auto angekommen, schmiss ich die Tasche auf den Rücksitz und schwang mich hinters Lenkrad. Ich fuhr einfach los, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen. Einfach immer geradeaus. Zwischendurch machte ich ein paar kleine Pausen, aber nur wenn es gar nicht mehr anders ging.

Am frühen Abend fand ich mich dann in einem kleinen, abgelegenen Fischerdorf wieder. Meer soweit das Auge reichte. Und Strand.

Ich parkte und lief zum Strand hinüber. Zog mir die Schuhe aus und lief barfuß durch den Sand. Ließ das Wasser meine Füße umspülen. Tief atmete ich durch und genoss die frische Brise. Alle Anspannung schien von mir abzufallen und auch die Gedanken an Rei verschwanden. Zum ersten Mal seit ich zu Hause losgefahren war. Ich fühlte mich frei.
 

Als es mir kalt wurde, ging ich zum Auto zurück. Dann machte ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft. Im Auto schlafen wollte ich eigentlich nicht und es war zu kalt um am Strand zu schlafen. Durch Zufall sah ich ein Schild für zu vermietende Ferienhäuser. Ich parkte und betrat den kleinen Laden, in dessen Fenster das Schild hing. Die ältere Dame hinter dem Tresen musterte mich neugierig, als ich mein Anliegen vortrug. Eigentlich war ja auch noch keine Saison. Aber was störte mich das?! Ich wollte schließlich Ruhe und Abgeschiedenheit. Hatte sie gesucht. Nach kurzem hin und her und nachdem ich einen Zettel ausgefüllt hatte, gab die alte Frau mir den Schlüssel. Das Häuschen sollte sich am anderen Ende des Dorfes, etwas außerhalb, befinden. Ich bedankte mich und verließ den Laden, nachdem ich noch ein paar Lebensmittel gekauft hatte. Dann begab mich auf die Suche nach dem Haus, das ich schließlich auch fand.
 

Es war ein schönes kleines Fischerhäuschen, direkt am Strand, bestehend aus einer Wohnküche, einem Schlafzimmer und einem kleinen Bad. Nicht besonders luxuriös, aber mir würde es reichen.
 

Erschöpft von der langen Fahrt ließ ich mich auf das Bett sinken und war binnen Sekunden eingeschlafen.
 

Am nächsten Morgen wurde ich von Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht geweckt. Da ich gestern die Vorhänge nicht mehr vor das Fenster gezogen hatte, schien mir die Sonne nun direkt ins Gesicht. Ein sanftes Lächeln breitete sich auf meinen angespannten Zügen aus. Es war schön so geweckt zu werden.

Langsam setzte ich mich auf, gähnte und streckte mich ausgiebig.

Der Blick aus dem Fenster verschlug mir fast den Atem. Meer! So weit das Auge reichte. Dazu strahlend blauer Himmel. Einfach schön.
 

Da das Wetter viel zu schön war, um den Tag zu vergeuden, beschloss ich aufzustehen. Nach einer ausgiebigen Dusche, die auch noch den letzten Rest Müdigkeit vertrieben hatte, fand ich mich in der Küche ein um Kaffee zu kochen. Mit der Tasse setzte ich mich dann nach draußen auf die kleine Terrasse hinterm Haus, die ich am Vorabend wohl übersehen hatte.
 

Die Probleme mit Reita und alles andere, schienen mit einem Mal soweit weg zu sein. Das einzige was zählte war die Ruhe und Ausgeglichenheit, die sich langsam auch auf mich übertrug.
 

Siedendheiß fiel mir plötzlich ein, dass ich Kai noch Bescheid geben musste! Mal abgesehen davon, dass er sich wahrscheinlich Sorgen machte, weil er mich nicht erreichen konnte, war er ja schließlich der Leader und wenn wir weg fuhren mussten wir uns abmelden.
 

Da ich sowieso noch ein paar Kleinigkeiten besorgen wollte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Zunächst machte ich die Besorgungen und benutzte dann das Telefon in dem Laden, da es hier keine Telefonzelle und auch in meinem Haus kein Telefon gab. Die Frau ließ mich taktvoll alleine und räumte weiter hinten ein paar Regale ein. Ich wählte Kais Nummer und wartete.

„Moshi moshi“ kam es verschlafen aus dem Hörer.

„Kai? Aoi desu.“

„Aoi?! Verdammt wo steckst du? Ist was mit deinem Handy nicht in Ordnung?“ Jetzt schien Kai hellwach zu sein.

„Mit meinem Handy ist alles ok, es liegt irgendwo zu Hause.“

„Man, ich hab dir deinen AB und die Mailbox voll gequatscht, dir mehrere SMS geschickt! Ich hab gedacht du hättest dir Gott weiß was angetan!“ Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören.

„Tut mir leid, das wollte ich nicht. Mir geht es gut. Ich mach Urlaub.“

„Aha. Und wo bist du?“

„In so einem kleinen Fischerdorf am Meer. Keine Ahnung wo genau. Ich bin einfach ins Auto gestiegen und losgefahren.“

„Was war noch nachdem Rei dir hinterher ist?“

„Nichts.“

„Klar, und deshalb haust du auch Hals über Kopf am nächsten Morgen ab. Erzähl mir keinen Scheiß! Also?“

„Was soll schon gewesen sein? Es hat geknallt. Er will nichts von mir und ich hab ihn am Ende rausgeworfen.“

„Oh. Tut mir leid.“

„Ja, mir auch...“

„Wann kommst du wieder?“

„Ich weiß nicht. In ein, zwei Wochen. Wenn ich mit der Situation soweit klar komme, dass ich Rei gegenüber treten kann.“

“Gut. Die nächsten drei Wochen sind ja sowieso mehr oder weniger frei.“

„Und Kai?“

„Ja?“

„Sag Rei nichts davon, ok? Und den Anderen auch nicht...“

„Versprochen.“

„Und... kümmer dich um Rei.“

„Wieso das denn?“

„Weil ich es nicht kann. Er ist sensibler als du denkst... Und halt ihn vom Alkohol fern...“

„Ich glaub’s nicht. Dir geht’s scheiße, aber du kümmerst dich trotz allem um ihn.“ Ich konnte ihn regelrecht den Kopf schütteln sehen. Er seufzte. „Aber ok.“

„Danke, Kai. Ich meld mich wieder. Bis dann.“

„Bye, Aoi.“
 

# Reita #

Ich fand mich in meinem Wohnzimmer wieder. Der Fernseher lief, was er wohl die ganze Nacht getan hatte. Und mein Schädel dröhnte.

Wie ich nach der Szene mit Aoi nach Hause gekommen war, wusste ich nicht mehr. Auch nicht, wo die Alkoholflaschen herkamen, die leer im ganzen Wohnzimmer verteilt lagen. Aber zumindest wusste ich jetzt, wo die Kopfschmerzen herkamen.

Fragte sich nur, wie ich die wieder los wurde. Aspirin? Ich erhob mich langsam und schlurfte in die Küche auf der Suche nach einer Tablette.

Die ganzen Gefühle und Gedanken von letzter Nacht kamen wieder hoch und drohten mich zu überwältigen. Der Alkohol hatte sie wenigstens etwas betäuben können. Und auch jetzt wollte ich sie wieder betäuben. Wollte nicht denken, nicht fühlen. Einfach vergessen. Ich wusste, dass das unmöglich war, aber einen Versuch war es wert. Denn was machte das alles hier ohne meinen besten Freund - meinen engsten Vertrauten - überhaupt für einen Sinn? Würde es ohne ihn je wieder Sinn machen? Vermutlich nicht. Und alles nur wegen dieser komischen Gefühle, die ich nur in seiner Nähe hatte. Gefühle, die mir Angst machten, deren Intensität mir Angst machte.
 

Ich beschloss auf die Tablette zu verzichten und stattdessen lieber die nächste Flasche Sake zu begrüßen. Mit dieser ließ ich mich wieder auf der Couch nieder und starrte abwesend auf die Flimmerkiste.
 

So sahen auch die nächsten 3 Tage bei mir aus. Trinken, schlafen und wieder trinken.

Mein Telefon klingelte in unregelmäßigen Abständen und mein AB war voll mit Nachrichten von Kai, Ruki und Uruha. Und auch mein Handy hatte ständig gepiepst, ehe der Akku den Geist aufgegeben hatte. Ich war nicht ans Telefon gegangen und hatte auch den AB nicht abgehört, sondern alles direkt gelöscht. War unwichtig, war ja keine Nachricht von Aoi dabei. Aber von ihm kam nichts und ich wusste auch, dass auch in Zukunft nichts von ihm kommen würde. Und ich hatte es verdient. Schließlich hatte ich ihm weh getan und unsere Freundschaft zerstört.
 

Nachdem ich nicht auf die Anrufe und Nachrichten reagiert hatte, stand am vierten Tag dann Kai in meiner Wohnung. Er saß mir im Sessel gegenüber, als ich nach traumlosem Schlaf mal wieder aufwachte. Ich erschrak so dermaßen, dass ich laut aufschrie und vom Sofa fiel.

„Willst du mich umbringen?“ schnauzte ich ihn an und rappelte mich wieder auf.

„Nö, das machst du schon selbst…“ kam es gelassen von ihm, was mich nur noch wütender machte.

„Was willst du hier?“

„Gucken ob du noch lebst oder ob du dir auch noch die letzten gesunden Hirnzellen weggesoffen hast!“

„Ach leck mich!“ Ich schmiss mich aufs Sofa und ignorierte ihn.

„Mensch Reita! Jetzt reiß dich mal zusammen! Wenn es nur um dich gehen würde, könntest du dich meinetwegen ins Koma saufen! Aber es geht hier nicht nur um dich, sondern auch um Ruki, Uruha, Aoi und mich! Um die Band!“

Bei der Erwähnung seines Namens zuckte ich zusammen und ruckte wieder herum. „Aoi…“ seufzte ich und wandte traurig den Blick ab.

„Rei, was ist los?“

„Aoi und ich haben uns… wir sind keine Freunde mehr…!“

„Was redest du für einen Mist? Natürlich seid ihr noch befreundet.“

„Er hat mich rausgeworfen!“

„Weil du ihn verletzt hast! Weil er dich liebt!“

„Ja…“

„Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“ Böse sah Kai mich an. „Was fühlst du für Aoi?“

„Ich weiß es nicht…“

„Doch, du weißt es.“

„Aber ich komm damit nicht klar. Ich bin nicht schwul, Kai!“

„Vielleicht bi?“

„Nein, verdammt!“

„Also nur Aoi?“

„Ja.“

„Hm. Bist du dir sicher?“

„Ja! Nein! Ach scheiße!“

Schweigend und nachdenklich sah Kai mich an, musterte mich genau.

„Ok, pass auf. Du gehst jetzt duschen und packst dann ein paar Klamotten ein. Ich nehm dich erstmal mit zu mir.“

„Ich will alleine sein und meine Ruhe haben!“ meckerte ich.

„Damit du dich wieder sinnlos zuschütten kannst? Vergiss es! Du kommst mit und Schluss!“

Geschlagen erhob ich mich und trottete ins Bad. Duschen war vielleicht doch keine so schlechte Idee. Irgendwie roch ich schon ein wenig streng.
 

Nach dem Duschen packte ich dann wie von Kai befohlen meine Tasche und begab mich dann wieder ins Wohnzimmer. Kai hatte inzwischen Ordnung geschaffen. Alle Flaschen standen in einer Klappkiste bei der Tür, das Fenster war sperrangelweit geöffnet und der Aschenbecher war auch wieder leer. Von Kai war nichts zu sehen, aber die Geräusche aus der Küche sagten mir, dass er dort rumhantierte. Ich ging zu ihm, um ihm bescheid zu geben, dass ich fertig war. Er empfing mich mit seinem typischen Grinsen. Ja, Mama Kai war wieder in voller Aktion… Das der Kerl so dabei aufgehen konnte, anderen zu helfen… Ich verzog das Gesicht.

„Fertig, Rei-chan?“

Ich nickte.

„Dann können wir ja los.“

Er ging noch einmal ins Wohnzimmer und schloss das Fenster, während ich mich schon mal anzog. Als er dann auch soweit war, verließen wir die Wohnung. Auf dem Weg zu Kai, hielten wir noch am Glascontainer und entsorgten die leeren Flaschen, die Kai mitgenommen hatte.
 

Bei ihm angekommen, verfrachtete Kai mich ins Gästezimmer und verschwand direkt in die Küche um was zu kochen. Hunger hatte ich nicht wirklich. Das Aoi-Drama war mir zu sehr auf den Magen geschlagen…

Da ich nichts mit mir anzufangen wusste, folgte ich Kai in die Küche und beschloss ihm Gesellschaft zu leisten. Helfen lassen würde er mich nicht, das wusste ich. Das ließ er nie zu, aus Angst ich würde ihn oder mich umbringen oder das Essen ruinieren…

Ich setzte mich an den Küchentisch und sah Kai zu, wie er herumwerkelte und nebenbei noch zur Radiomusik tanzte. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und war im Nachhinein irgendwie doch froh, dass er mich mitgeschleift hatte. Sagen würde ich ihm das natürlich nicht.

#Reita#

Als ich am nächsten Morgen in die Küche kam, legte Kai gerade das schnurlose Telefon zur Seite und widmete sich wieder dem Herd.

„Ohayo…“ nuschelte ich ihm entgegen und ließ mich auf einen der Stühle sinken.

„Ohayo, Rei-chan. Gut geschlafen?“ Bäh, ausgeschlafene, gut gelaunte Menschen konnte ich am frühen Morgen ja mal gar nicht haben… Da zog sich bei mir alles zusammen.

„Hm.“ murrte ich nur. „Kaffee?“

„Klar. Warte kurz, muss das hier mal eben im Auge behalten, bevor es anbrennt.“ Er lächelte entschuldigend und drehte den Inhalt der Pfanne um. Einen prüfenden Blick darauf werfend drehte er sich dann zur Kaffeemaschine um. Er holte eine Tasse aus den Schrank darüber und goss mir Kaffee ein, reichte mir dann die Tasse.

Ich nahm einen großen Schluck und seufzte. So, jetzt konnte der Tag beginnen.

„Was machst du denn da Leckeres?“ Neugierig war ich ja schon, denn es roch ziemlich gut.

„Pfannkuchen. Die magst du doch, ne?“

„Ja. Wer war am Telefon?“

Kai wurde ein wenig rot um die Nase und wandte sich lieber wieder seiner Pfanne zu.

„Also nicht Ruki oder Uru.“

Keine Antwort.

„Aoi?“

Auch keine Antwort.

„Deine Freundin?“

Noch immer ignorierte er mich. Ok, dann letzter Versuch.

„Dein Freund?“ Kai, der gerade einen Schluck Kaffee trank verschluckte sich prompt und fing an zu Husten. Volltreffer. Aber…

„Aber seit wann stehst du auf Männer?“

Nachdem Kai sich ein wenig beruhigt hatte, nahm er den Teller mit den Pfannkuchen und kam damit zum Tisch, der schon gedeckt war, als ich in die Küche kam und setzte sich mir gegenüber.

Er war noch immer knallrot und das bestimmt nicht nur vom Husten.

„Ano… Eto… Ähm….“ stotterte er sich einen zurecht.

„Ganz ruhig Kai. Ich find’s cool. Also, seit wann? Und wer ist es?“

“Ich weiß schon ein bisschen länger, dass ich bi bin. Und mit ihm zusammen bin ich noch nicht richtig…“ Verlegen wandte er seine Aufmerksamkeit den Pfannkuchen zu.

„Wie hast du es gemerkt?“

“Ich weiß nicht genau. Irgendwann war ich mal in ner Disco und da war so ein Typ. Der hat mich den ganzen Abend angeflirtet und angebaggert. Und ich fand ihn auch nicht unsympathisch. Nach ein paar Drinks hab ich dann festgestellt, dass ich ihn geil fand. Tja.“

„Einfach so? Und du hattest da kein Problem mit?“

“Einfach so. Nein, warum denn auch?“

„Naja, es war ein Mann?“ Ich konnte das einfach nicht verstehen.

„Und? Du hast ja auch mit Aoi rumgeknutscht.“

„Hm.“

„Rei, du musst weg von diesem Denken. Das macht dich fertig und bringt nichts. Wenn man sich verliebt, dann ist es doch egal ob Mann oder Frau. Man verliebt sich in die Person. So wie sie ist. Liebe kennt kein Geschlecht.“

„Vielleicht hast du recht.“

„Und was Aoi angeht, es hat dir doch gefallen, oder?“

„Ja, schon…“ antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Siehst du. Und wenn du jetzt mal außer Acht lässt, welches Geschlecht er hat, hast du Spaß mit ihm? Bist du gerne in seiner Nähe? Fühlst du dich geborgen bei ihm? Magst du es mit ihm zu schmusen, ihn zu küssen? Hast du Schmetterlinge im Bauch, wenn er dich nur berührt oder küsst? Kannst du dich fallen lassen bei ihm und weißt, dass er dich immer auffängt? Hast du das Gefühl, dass alles andere unwichtig wird, wenn ihr beide nur zusammen seid?“
 

Überrascht und überrumpelt sah ich ihn eine Weile einfach nur an. Ja, ich hatte Spaß mit ihm und war gerne in seiner Nähe. Ja, ich fühlte mich sicher und geborgen in seinen Armen. Ja, ich schmuste gerne mit ihm und ihn zu Küssen war der Hammer. Diese weichen sündigen Lippen…. Und das Kribbeln, das alleine der Gedanken daran in mir auslöste…. Und ja, alles andere wurde unwichtig, solange er nur bei mir war….

Fassungslos sah ich Kai an.

„Ich liebe Aoi.“ Eine einfache Feststellung. Aber doch eine ungemein wichtige. Ich liebte ihn.

Ein Lächeln breitete sich in meinem Gesicht aus. Kai hatte ein breites Grinsen im Gesicht.

„Na endlich… Ich dachte schon, du raffst das nie…“

„Ey!“ maulte ich ihn an. Musste der mich jetzt verarschen… Und plötzlich fiel mir Aoi wieder ein.

„Was mach ich denn jetzt? Meinst du ich habe noch eine Chance bei ihm?“ Traurig starrte ich meinen unbenutzten Teller an.

„Ach, Rei. Das wird schon wieder. Lass ihm etwas Zeit, dann renkt sich das schon wieder ein.“ Er strich mir über den Arm und lächelte mich aufbauend an und ich lächelte dankbar zurück.
 

Kai setzte gerade an noch etwas zu sagen, als uns die Türklingel unterbrach.

„Jetzt schon?“ verwirrt sah Kai sich nach der Küchenuhr um. „Oh, so spät schon.“

Hastig stand er auf und ging zu Tür um sie zu öffnen. Ich folgte ihm und fragte wer es sei.

„Uru und Ruki. Sie wollten shoppen und haben gefragt ob wir mitkommen.“

„Wann das denn?“

„Gestern Abend, da hast du schon geschlafen.“

Ich zuckte die Schultern und ging zurück in die Küche um meinen Kaffee auszutrinken und doch noch ein paar der sicherlich leckeren Pfannkuchen in Sicherheit zu bringen, bevor das Krümelmonster, auch Ruki genannt, zuschlug.

„Ohayo, Kai-chaaaaaaan.“ flötete besagtes Krümelmonster. „Uiiiiiiiiiiiiiiii, rieche ich da Pfannkuchen?“ So schnell konnte man gar nicht gucken wie Ruki in die Küche rauschte und sich auf Kai’s Platz sitzend über die restlichen Pfannkuchen hermachte. Zwischen zwei Bissen nuschelte er noch ein „Ohayo, Rei-chan.“

Ich knurrte nur unwillig und aß weiter meine Pfannkuchen.

Kai und Uruha kamen nun auch in die Küche und ich begrüßte Uru freundlich im Gegensatz zum Nervzwerg. Keine zwei Minuten hier und schon ging er mir auf den Sack….

Uruha sah Ruki an und schüttelte fassungslos den Kopf.

„Keine Manieren…“ brummelte er und verpasste Ruki eine Kopfnuss.

„Itai!“ quengelte der. „Waf soll daf?“ fragte er mit vollem Mund.

„Du bist unmöglich… Du kannst hier doch nicht einfach reinstürmen und dich direkt auf die Pfannkuchen stürzen… Man fragt erst bevor man sich was nimmt und mit vollem Mund spricht man auch nicht!“ schimpfte Uruha und verpasste ihm noch eine zweite Kopfnuss. Ruki heulte auf und sah Uruha mit großen wässrigen Augen an. Als das nichts brachte, wandte er sich an Kai. „Tut mir leid, Kai.“ nuschelte er beschämt und senkte den Kopf.

„Schon ok. Uru, wenn du Kaffee möchtest nimm dir welchen, ich geh grad mal duschen.“ Damit war er verschwunden.

Uruha nahm zwei Tassen aus dem Schrank und machte für sich und Ruki Kaffee fertig, dann bot er auch mir noch welchen an, was ich dankend annahm. Schweigend aßen wir weiter.

Kai kam gestylt und fertig angezogen in die Küche als ich gerade fertig war mit essen. Also begab ich mich dann ins Bad.
 

Als wir wieder bei Kai ankamen, war es später Abend und wir waren beide erledigt. Shoppen mit Uru und Ruki war anstrengender als ein Marathon und wir hatten nur knapp überlebt.. Ok, Kai und ich hatten auch ne Menge Klamotten gefunden, aber die anderen beiden hatten trotzdem jeder bestimmt 15 Tüten zu tragen gehabt…

Wir brachten die Tüten ins unsere Zimmer, also Kai in sein Schlafzimmer und ich in sein Gästezimmer und ließen uns dann zusammen im Wohnzimmer aufs Sofa fallen. Gemeinerweise weigerte sich Kai auch noch standhaft mir zu verraten, was er in dieser unheimlich unauffälligen schwarzen Tüte hatte. Die anderen schienen zu denken es wär mir nicht aufgefallen, dass Kai und Ruki sich irgendwann heimlich davon gemacht hatten, während Uru mich anscheinend hatte ablenken sollen. Irgendwie waren die ja alle Trottel und für blöd hielten die mich anscheinend auch noch…
 


 

# Aoi #

Den gestrigen Tag hatte ich am Strand verbracht. Nachdem ich aus dem Dorf zurück war, hatte ich mir was zu essen gemacht. Das Wetter war noch immer schön und auch relativ warm, im Gegensatz zum Wetter in Tokio. So hatte ich ein großes Handtuch und meinen MP3-Player eingepackt und war die paar Meter zum Strand spaziert.

Dort hatte ich mich auf mein ausgebreitetes Handtuch gelegt und die Sonne genossen, Musik gehört. An Rei hatte ich nicht ein Mal gedacht. Entspannt hatte ich den ganzen Tag vor mich hingepennt.
 

Und heute tat ich auch nichts anderes. Nur, dass ich diesmal nicht alleine war. Ich war noch einmal im Dorfladen gewesen, weil ich gestern keine Sonnencreme gekauft hatte.

Kaum das ich den Laden betreten hatte, wurde ich auch schon von einem Wollknäuel angesprungen und angesabbert. Es war der Hund der Besitzerin, wie sich herausstellte. Normalerweise lag er aber anscheinend immer teilnahmslos hinterm Tresen und pennte. Heute schien er dagegen seinen aktiven Tag zu haben.

Als ich den Laden verlassen wollte, war er herzzerreißend jaulend hinter mir hergelaufen und Megumi-san, wie die alte Dame hieß, hatte sich schlapp gelacht. Da ich ja ein großer Herz hatte und den Kleinen niedlich fand, hatte ich ihn mitgenommen. Megumi-san war sehr dankbar gewesen, weil sie selbst kaum Zeit hatte mit ihm spazieren zu gehen und ihre alten Knochen nicht mehr so wollten wie sie.
 

Jetzt hatte ich also einen Hund. Einen geliehenen. Was für eine Rasse er sein sollte, wusste ich nicht. Auf jeden Fall etwas europäisches oder so. Solche Hunde gab es in Japan eigentlich nicht, da war ich mir ziemlich sicher. Er hieß Sammy.
 

Natürlich holten mich igendwann die Gedanken an Reita ein. Ich dachte viel über ihn und mich nach. Über unsere Freundschaft oder an das was davon noch übrig war. Darüber wie es weitergehen sollte. Wenn ich unsere Freundschaft retten wollte, musste ich meine Gefühle für ihn vergessen. Anders ging es nicht. Sonst würde ich ihn nachher nur ganz verlieren. Aber konnte ich das? Die Gefühle für Rei einfach vergessen? Ich war ja noch nicht einmal mehr wütend auf ihn.

Klar, er war nicht unschuldig an der ganzen Misere, aber da ich ihm nie etwas von meinen Gefühlen gesagt hatte… Wir waren ja auch nicht zusammen gewesen und somit konnte er tun und lassen, was er wollte – egal mit wem. Er war mir keine Rechenschaft schuldig, das wusste ich ganz genau. Aber dennoch...

Eins war jedenfalls klar. Ich musste die Gefühle vergessen. Ohne wenn und aber. Denn Reita hatte mir ja klar gemacht, dass er nichts von mir wollte und dass es ihm nichts bedeutet hatte. Zum Glück hatten wir nie miteinander geschlafen. Ich glaub dann könnte ich mir selbst nicht mehr in die Augen sehen… Und Reita schon gar nicht mehr. Das würde mir so auch schon schwer genug fallen…
 

Wenn ich zurück war, musste ich mit ihm reden. Aber für dieses Gespräch musste ich erst einmal Kraft sammeln. Deswegen war ich ja auch hier. Unter anderem. Ok, ich hatte einfach Panik bekommen und war abgehauen, ja! Aber wer hätte das nicht gemacht an meiner Stelle? Ich hatte das Gefühl zusammenzubrechen unter den ganzen Erinnerungen an Rei und mich, die meine Wohnung ausstrahlte. Ich brauchte einfach Abstand.
 

Den hatte ich jetzt. Zumindest räumlich... Emotional gesehen bei weitem noch nicht… Aber ich hatte einen Entschluss gefasst: ich würde die Gefühle für Reita vergessen und unsere Freundschaft retten. Fragte sich nur, wie lange das dauern würde, bis ich die Gefühle los war.

# Reita #

Ich wusste immer noch nicht, was in dieser verdammten Tüte war… 3 Tage war die Shoppingorgie jetzt her und meine Neugierde brachte mich fast um. Gefunden hatte ich die Tüte auch nicht, Kai hatte sie anscheinend vor mir in Sicherheit gebracht… Irgendwo, wo ich sie nicht finden konnte, denn ich hatte wirklich alles auf den Kopf gestellt, als er gestern Abend mit seinem Freund, von dem ich auch immer noch nicht wusste, wie er hieß, im Kino gewesen war. Warum erzählte mir eigentlich nie einer was?! Scheiß Geheimniskrämerei… Tse. Und nein, ich war nicht beleidigt. Männer sind nie beleidigt!
 

„Reiii-chan, komm essen!“ Grummelnd erhob ich mich von meinem Bett, auf dem ich jetzt seit knapp 3 Stunden rumgammelte und begab mich in die Küche, wo Kai inzwischen das Mittagessen fertig hatte. Ich ließ mich auf meinem Stammplatz Kai gegenüber nieder und betrachtete meinen Teller. Reis mit Fleisch und Gemüse. Lecker.

„Riecht gut.“

„Es schmeckt auch gut.“ grinste Kai und setzte sich ebenfalls.

„Ich weiß. Tut es bei dir ja eigentlich immer.“ grinste ich zurück.

„Wie bitte?! Eigentlich?“ empört sah er mich an und blies die Backen auf.

Ich lachte darauf nur und Kai zog einen Schmollmund.

„Och, Kai-chan… War doch nicht so gemeint. Dein Essen schmeckt immer gut!“

„Schleimen hilft dir jetzt auch nicht mehr… Ab morgen kriegst du nur noch Wasser und trockenes Brot!“ Er verschränkte die Arme und sah mich böse an.

„Aber das war doch gar nicht ernst gemeint, Kai-chan… Bitte tu mir das nicht an, oh großer Meister…“ flehte ich grinsend mit gefalteten Händen und auch Kai konnte sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Er streckte mir die Zunge raus und griff dann nach seinen Stäbchen. Ich tat es ihm gleich und machte mich über meine Portion her.
 

„Wie war dein Date gestern?“ konnte ich irgendwann meine Neugier nicht mehr bändigen.

„Nett.“ Das Grinsen auf Kai’s Gesicht sprach Bände.

„Oh, nett also. Dein Grinsen sagt Sex.“ Ich zwinkerte ihm zu.

Plötzlich zierte eine leichte Röte Kai’s Wangen und er wand den Blick ab, sah auf seinen Teller.

„Mou Rei~…“

„Volltreffer.“ Die Röte nahm zu und auch sein Teller schien immer interessanter zu werden.

„Du bist gemein. Und ja.“

„Na, du gehst ja ganz schön ran…“ lachte ich. Irgendwie war er ja niedlich, wenn er so verlegen war.

„Ach halt die Klappe!“ Ui, wenn Blicke töten könnten...

„Schon gut. Ich hör ja schon auf.“ gab ich nach. Verärgern wollte ich ihn schließlich nicht. Allerdings hätte ich schon gern gewusst ob er seinem Namen alle Ehre machte, so als Uke. Aber das konnte ich ihn ja später immer noch mal fragen.
 

Inzwischen waren wir fertig mit Essen. Ich sammelte die Teller ein und stellte sie in die Spülmaschine, während Kai den Rest aufräumte. Dann gingen wir ins Wohnzimmer. Erst mal Pause machen und das Essen verdauen.

„Kai?“ fragte ich nach einer Weile. Ich hatte da noch was, was ich unbedingt ausprobieren wollte.

„Rei?“ fragte er zurück und sah mich an.

„Darf ich mal was an dir ausprobieren?“ Eine Augenbraue wanderte in die Höhe.

„Kommt ganz drauf an, was du ausprobieren willst.“

„Naja, also…“ druckste ich rum. Die zweite Augenbraue wanderte ebenfalls hoch.

Es konnte doch nicht so schwer sein, ihn zu fragen, ob ich ihn mal kurz küssen dürfte. Nur damit ich einen Vergleich zu Aoi hatte. Der Gedanke war mir schon die ganze Zeit im Kopf herumgespukt.

„Rei, spuck’s aus, so schlimm kann es doch nicht sein.“ Jetzt oder nie.

„Darf ich dich mal küssen?“

„Nani?!“ Kai riss die Augen auf.

„Nicht so wie du denkst. Ich will nichts von dir. Ich brauche aber ne Vergleichsmöglichkeit und ich weiß nicht mit wem ich das sonst probieren soll… Bitte Kai.“

„Oh man, Rei… Du bringst mich noch mal ins Grab. Ich dachte du bist dir sicher, dass du Aoi liebst oder zumindest in ihn verknallt bist.“

„Bin ich mir ja auch. Zumindest so ziemlich.“ Ich zuckte die Achseln. Mir war schon klar, dass sich das total idiotisch anhörte, aber ich wollte es halt wissen. Konnte ja sein, dass ich vielleicht doch auf einmal schwul geworden war oder so und es gar nicht nur an Aoi lag.

Das sagte ich Kai dann auch. Einen Moment sah er mich regungslos dann, dann fing er an breit zu grinsen.

„Ok. Aber nur einmal. Und nicht mit Zunge.“ stellte er die Bedingung.

Ich nickte und rutschte dann zu ihm rüber. Ganz vorsichtig näherte ich mich seinem Mund und schloss die Augen. Seine Lippen waren fast genauso weich wie Aoi’s. Und es fühlte sich auch nicht schlecht an. Nur anders. Leicht bewegte ich meine Lippen gegen seine und er erwiderte diesen sanften Druck. Hm, das Kribbeln, dass ich bei Aoi spürte, fehlte. Langsam löste ich mich wieder von Kai.

„Und?“ fragte Kai erwartungsvoll. Ich grinste, ganz der Macho, und lehnte mich wieder zurück.

„Nicht schlecht. Aber auch nicht wie bei Aoi. Das Kribbeln hat gefehlt… Aber ich mag es dich zu küssen. Danke.“ hängte ich an, zwinkerte und grinste breit.

„Also bist du auch bi.“ Sah ganz so aus.

„Hm.“ Themenwechsel. „Was machen wir heute noch?“

„DVD-Abend bei Uru. Wir sollen um halb sechs da sein. Schon vergessen?“ erinnerte er mich.

„Stimmt, da war was.“

„Jaja, in deinem Alter ist das auch nicht mehr so mit dem Gedächtnis, nicht wahr?“

„Tse.“ Ich streckte ihm die Zunge raus und stand auf. „Ich geh dann mal duschen.“

Obwohl es schon 16 Uhr war, lief ich immer noch nur in T-Shirt und Boxershorts rum und meine Haare standen auch wirr ab.
 

Fertig gestylt und angezogen ging ich zurück ins Wohnzimmer um Kai bescheid zu sagen, dass er ins Bad konnte, aber kein Kai da. Ich machte kehrt und lief zu seinem Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen, was mich schon ein wenig stutzig machte. Nicht weiter drüber nachdenkend öffnete ich sie einen Spalt und lugte ins Zimmer. Ein raues Stöhnen kam mir entgegen.

„Oh jaaa, gib’s mir… aaah… jaaa… schneller…. Aaah…“

WHAT THE FUCK? Ich öffnete die Tür ein Stück weiter und sah Kai auf dem Bett liegen. Die eine Hand hielt das Telefon an sein Ohr, die andere bewegte sich in seiner geöffneten Hose. Ja holla die Waldfee.

„Aaah, Miya ich… haa… kann nicht mehr… Aaah…“

Ich merkte wie mir das Blut ins Gesicht schoss. So leise ich konnte trat ich den Rückzug an und schloss die Tür wieder. Fassungslos ging ich zurück ins Wohnzimmer und musste mich erst einmal setzen.

Ok, jetzt noch mal ganz langsam… Kai lag auf dem Bett und holte sich einen runter, während er telefonierte… Ich konnte es einfach nicht fassen… Unser unschuldiger, kleiner Kai… Ich schüttelte den Kopf. Nee, das ging ja mal gar nicht…

Je länger ich dieses Bild vor Augen hatte, begann ich plötzlich zu grinsen. Kai war versaut. Aber so was von… Wer hätte das gedacht… Und er ging wirklich ziemlich ran…

„Was grinst du so dreckig?“ wurde ich von dem kleinen Sexmonster kurze Zeit später aus den Gedanken gerissen.

„Na, Kai-chan? Spaß gehabt?“

„…“ Und schwupps machte Kai einer Tomate Konkurrenz.

„Nana, wer wird denn da gleich schüchtern? Gerade warst du es doch auch nicht…“ lachte ich dunkel. Der Rotton wurde noch einige Nuancen dunkler. Ja, es machte Spaß ihn zu aufzuziehen.

„Wer ist Miya? Vielleicht Miyavi?“

Sein Kopf ruckte nach oben und er sah mich mit weit aufgerissenen Augen fassungslos an.

„Also ja. Warum hast du’s mir nicht erzählt?“ Irgendwie war ich deswegen verletzt. Vertraute Kai mir nicht? War ich kein Freund für ihn?

„Ach Rei-chan.“ bedrückt sah er mich an, setzte sich neben mich. „Schau mal, ich… wir sind doch noch nicht so lange zusammen und ich wollte damit noch warten. Ich hätte es euch schon erzählt.“

Ich zog ne Schnute.

„Kawaiiiiiiiiiii!“ quietschte Kai und umarmte mich stürmisch. Ich schnappte verzweifelt nach Luft und versuchte ihn von mir zu lösen, bevor ich erstickte. Letztlich ließ er von mir ab. Böse sah ich ihn an.

„Ich bin NICHT süß!“ funkelte ich ihn an.

„Oh doch. Besonders wenn du so schaust wie jetzt.“ Damit sprang er auf und flüchtete ins Bad, bevor ich ihn erwischen konnte.
 


 

# Aoi #

Nach einer Woche hatte ich genug davon im Selbstmitleid zu versinken. Das brachte doch eh nichts. Reita wollte nicht mit mir zusammen sein. Gut, ich war bereit das zu akzeptieren. Auch wenn ich immer noch der Meinung war, dass da sehr wohl Gefühle von seiner Seite her vorhanden waren. Aber die Entscheidung lag bei ihm und er hatte sich entschieden. Er wollte meine Freundschaft, also war das auch alles, was er zukünftig von mir erwarten konnte. Ich war nicht sein Spielzeug und ich würde es auch nicht noch einmal werden!
 

Ich packte die letzten Sachen in meine kleine Tasche und zog den Reißverschluss zu. Dann ging ich in das kleine Bad und suchte die benutzten Handtücher zusammen. Diese stopfte ich zusammen mit der Bettwäsche, die ich schon abgezogen hatte in einen Wäschesack, den ich durch Zufall im Schrank gefunden hatte. Ich würde dich Sachen zusammen mit dem Schlüssel bei Megumi-san abliefern, damit sie deshalb nicht extra noch hier rauskommen musste. Mit der Tasche und dem Wäschesack trat ich in den kleinen Flur und legte die Sachen dort ab um noch einen letzten Rundgang zu machen. Ich zog die Läden zu und verriegelte die Hintertür. Dann nahm ich meine Sachen und verließ das kleine Häuschen und schloss ab.
 

Im Dorf lieferte ich den Schlüssel und die Wäsche ab und bedankte mich für ihre Gastfreundschaft. Kurz rief ich noch bei Kai an, um Bescheid zu geben, dass ich nach Mie fahren würde. Danach schwang ich mich hinters Lenkrad und verließ das schnuckelige kleine Dorf.
 

Da ich früh los gefahren war, kam ich gegen 15 Uhr endlich in Mie an. Nun stand ich vor dem Haus und wartete darauf, dass einer die Tür aufmachen würde. War sie etwa nicht da?

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. „Yuu!“ rief meine Mum und umarmte mich stürmisch.

„Hey Mum.“ Lächelte ich glücklich und erwiderte die Umarmung.

„Komm rein.“ bat sie und löste sich von mir. Ich hob meine Tasche auf, die ich hatte fallen lassen, als die Tür geöffnet wurde und folgte ihr ins Haus. Hier hatte sich nichts verändert, seit ich das letzte Mal hier gewesen war. Das war vor etwa einem halben Jahr gewesen.

Meine Mutter nahm mir meine Tasche ab, stellte sie neben die Garderobe und schob mich in die Küche. Dort begann sie Tee aufzusetzen. Unschlüssig setzte ich mich erst einmal und wartete auf dem Tee. Als er fertig war, setzte sie sich zu mir.

„Und, wie geht es dir? Wie komme ich zu deinem Besuch?“

„Gut. Wir haben Urlaub. Ich wollte mal raus. Und da dachte ich, ich komme dich mal besuchen.“

„Soso. Du hast Farbe gekriegt.“

„Ich war ja auch ne Woche am Meer.“ grinste ich.

„Mit Akira?“ Mein Grinsen verschwand.

„Also nicht.“ beantwortete sie sich die Frage gleich selbst. „Habt ihr Streit?“

“Sowas in der Art.“ Ich zuckte die Schultern, wollte eigentlich nicht darüber reden, wusste aber, dass ich ihr nicht entkommen konnte.

„Und das heißt?“

„Ich will nicht darüber reden.“

„Yuu, friss nicht immer alles in dich hinein, dass ist nicht gut für dich.“ Stirnrunzelnd sah sie mich an.

„Ich weiß. Aber trotzdem. Wo ist Torai-san?“ versuchte ich das Thema zu wechseln.

„Er ist auf Geschäftsreise. Für 2 Wochen. Vorgestern ist er losgefahren.“

„Oh. Dann bist du ja ganz alleine.“

„Nicht wirklich. Deine Schwestern und Nichten sind oft hier.“

„Wie geht es ihnen?“

„Gut. Du kannst sie ja besuchen, wenn du sowieso schon mal da bist.“ lächelte sie mich an.

Ich trank meinen Tee aus und stand auf. „Ich bring mal meine Sachen nach oben.“

„Mach das. Um 6 gibt es Abendessen.“

„Ich weiß. Danke Mum.“ Ich hauchte ihr ein Küsschen auf die Wange und verließ dann die Küche. Ich holte meine Tasche und stieg dann die Treppen rauf zu meinem alten Zimmer. Auch dieser Raum hatte sich kein Stück verändert, seitdem ich ausgezogen war. An der Wand hingen immer noch die Poster der Bands, die ich damals gut fand und teilweise auch heute noch gut finde. Einige der Bands kenne ich inzwischen sogar persönlich. Seufzend schmiss ich die Tasche auf den Sessel in der Ecke und öffnete die Fenster. Die Luft war ein wenig abgestanden. Dann ließ ich mich auf’s Bett fallen.
 

Die letzten Male, die ich hier war, war immer Rei dabei gewesen. Wir hatten dann zusammen hier in meinem relativ kleinen Bett geschlafen, eng aneinander gekuschelt. Und das vorletzte Mal hatten wir den neuen Freund meiner Mutter, Torai-san, getestet. Das war aber jetzt auch schon anderthalb Jahre her und sie waren immer noch glücklich zusammen. Am Anfang war es komisch gewesen, meine Mum nach dem Tod meines Vaters mit einem anderen Mann zu sehen. Aber sie war glücklich und das war alles was zählte. Außerdem war Torai-san ein sehr netter und sympathischer Mann.
 

Um das sicherzustellen, hatten Rei und ich keine Möglichkeit aufgelassen ihn zu provozieren. Wir waren Händchen haltend durch die Gegend spaziert, uns immer wieder kleine Küsse zuhauchend. Hatten uns in seiner Gegenwart alle möglichen Schweinereien zugeflüstert, aber laut genug, dass er auch ja alles mitbekam.
 

Einen Nachmittag hatten wir uns pünktlich als er von der Arbeit kam, mit nackten Oberkörpern auf’s Sofa gelegt und so getan als würden wir rummachen. Rei hatte seinen Mund an meinen Brustwarzen und seine Hand in meinem Schritt gehabt. Sein einziger Kommentar dazu war gewesen, dass wir bloß keine Flecken in das neue Sofa meiner Mutter machen, oder sie anschließend wenigstens wieder beseitigen sollten, bevor er sich ins Schlafzimmer verzogen hatte.
 

Und Abends hatten wir nebeneinander auf meinem Bett gelegen und immer wieder „aaaaaah jaaa…. tiefer…. schneller…härter“ oder „jetzt fick mich endlich richtig!“ um die Wette gestöhnt. Anschließend hatten wir ins Kopfkissen gebissen um unseren Lachflash in den Griff zu kriegen…
 

Im Nachhinein war mir das alles natürlich mehr als peinlich. Aber Torai-san hatte das alles ausgestanden ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Damit hatte er sich dann meinen Respekt verdient.
 

Rei war damals schon unglaublich anziehend und sexy für mich gewesen…
 

„Yuu, Schatz, kommst du essen?“ Die Stimme meiner Mutter riss mich aus meinen Erinnerungen. War es schon so spät? Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie schnell die Zeit vergangen war. Mein Magen begann wie auf Kommando zu knurren und ich tapste runter in die Küche.

„Hast du dich ein wenig ausgeruht?“

„Ja. Die Fahrt war doch recht anstrengend. Aber größtenteils war ich in Gedanken versunken. Ich musste daran denken wie Aki und ich Torai-san getestet hatten.“ Ich grinste schief.

„Oh je… Ja, das war auch so eine Aktion von euch beiden. Wobei ich es euch auch abgekauft hätte, an seiner Stelle.“

„Wir sind halt gute Schauspieler.“ zwinkerte ich.

„Ich denke nicht, dass das daran lag. Die Chemie zwischen euch beiden stimmt einfach. Und es fliegt auch der eine oder andere Funken zwischen euch.“

Fragend sah ich sie an.

„Wenn ihr zusammen hier wart, hatte ich genug Gelegenheiten euch zu beobachten. Da ist irgendwas zwischen euch beiden, dass über Freundschaft hinaus geht. Schon immer. Seit du Akira kennst.“

„Echt?“ ich zuckte die Achseln, versuchte das Thema damit abzutun.

„Ja, echt. Also was ist zwischen euch vorgefallen? Hast du es ihm endlich gesagt?“ Verwirrt sah ich sie an.

„Nani? Was gesagt?“ Sie schüttelte den Kopf und lächelte mich an.

„Dass du in ihn verliebt bist.“

Geschockt starrte ich sie an. Ich hatte ihr das nie erzählt. Und auch nicht, dass ich schwul war.

„Jetzt guck nicht so. Mutterinstinkt.“

„Ist es schlimm, wenn ich schwul bin?“ Unsicher blickte ich sie an.

„Nein! Natürlich nicht! Du bist und bleibst mein Sohn, egal wen du liebst.“ Sie stand auf und nahm mich in den Arm. „Und ich mag Akira.“ lächelte sie sanft und strich mir kurz durch die Haare.

Dann ließ sie von mir ab und begann den Tisch abzuräumen, da wir inzwischen fertig waren mit essen.

„Komm wir gehen ins Wohnzimmer und du erzählst mir, was passiert ist, ok?“

Ich nickte und stand auf. Vielleicht war es mal ganz gut, mit jemandem darüber zu reden…
 

„Er hat Angst.“ Das war das erste, was meine Mum sagte, nachdem ich ihr alles erzählt hatte.

„Ich denke er braucht Zeit zu akzeptieren, dass er dich sexuell anziehend findet.“

„Oder er will einfach nichts von mir. Probleme damit das ich schwul bin hat er jedenfalls nicht. Und küssen konnte er mich ja auch.“

„Oh ich denke schon, dass er Gefühle für dich hat. Ob er sich dessen bewusst ist, ist wieder eine andere Sache. Und nachdem, was du mir erzählt hast, scheint er es zumindest unterbewusst zu merken.“

„Ja klar…“ Von wegen. Schön wär’s, aber daran glauben tat ich nicht mehr.

„Yuu, ich hab doch gesehen, wie er mit dir umgeht, wie seine Augen leuchten und die Blicke, die er dir zuwirft. Glaub deiner alten weisen Mutter.“ Hm.

„Ist doch eigentlich auch inzwischen egal, oder? Er will, dass alles wieder so wird, wie es war.“

„Weil er Angst hat.“

“Du wiederholst dich…“

„Ich weiß. Und ich werde es so lange wiederholen, bis du mir glaubst.“ Ich murrte und streckte ihr die Zunge raus.

„Shiroyama Yuu, werd nicht frech!“ schimpfte sie lachend mit erhobenem Zeigefinger.

„Ach Mum, wenn ich dich nicht hätte…“ Ich nahm sie in den Arm und drückte sie ganz fest.
 

Nach einer Weile löste sie sich von mir und sah mich streng an.

„So, genug und jetzt ab ins Bett mit dir. Es ist schon spät.“

„Mum, ich bin keine 5 mehr“ quengelte ich, musste aber kurz darauf auch schon gähnen. Und so beschloss ich, dass es vielleicht doch ne ganz gute Idee war, schlafen zu gehen. Ich wünschte meiner Mum noch eine gute Nacht und trollte mich dann.

# Reita #

Ich lag in Kai’s Gästezimmer im Bett und starrte schon seit einer Stunde die Wand an. Schlafen konnte ich nicht mehr.

Inzwischen war ich schon fast 2 Wochen bei Kai. Es war Mittwoch und ab Montag hatten wir wieder Proben. Sonntag war ich bei Aoi gewesen, aber es hatte niemand aufgemacht. Einfach die Tür aufzuschließen und reinzugehen, hatte ich mich nicht getraut.

Von einer Nachbarin hatte ich erfahren, dass er anscheinend weggefahren war.

Schon wieder etwas, was mir keiner erzählt hatte, denn ich war mir ziemlich sicher, dass zumindest Kai wusste, wo er war. Ich wollte das alles endlich aus der Welt schaffen. Und ich vermisste ihn unheimlich. Auch wenn die Anderen mich weitestgehend ablenkten. Wir waren fast nur unterwegs gewesen in den letzten Tagen. Schwimmen, im Zoo, im Kino, Minigolfen und was weiß ich nicht noch alles. Dennoch war mir die ganze Zeit schmerzlich bewusst, dass jemand fehlte.
 

Wir waren heute morgen erst um 7 Uhr bei Ruki und Uruha abgehauen. Geschlafen hatte ich zwar in etwa 12 Stunden, aber ausgeschlafen fühlte ich mich nicht. Eher wie gerädert. Ok, vielleicht hatte ich es auch ein wenig mit dem Alkohol übertrieben gestern. Und im Schlaf war mir immer wieder das Bild von Aoi erschienen. Aoi, wie er gestrahlt hatte, als ich ihn geküsst hatte. Aoi mit nassen Haaren und nacktem Oberkörper in der Küche. Yuu schlafend an mich gekuschelt. Und Yuu mit traurigen, verheulten Augen, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte… Verdammt…
 

Ich zuckte zusammen, als sich plötzlich die Matratze neben mir senkte.

„Grübeln gibt Falten, Rei.“ grinste mir Kai entgegen. Ich murrte nur.

„Was ist denn los mit dir? Du verkriechst dich schon den ganzen Tag hier im Bett. Gegessen hast du auch noch nichts…“ Ich spürte seine Hand, die mir durch die Haare streichelte. Das war schön. Normalerweise machte das Aoi immer, wenn ich mies drauf war. Traurig sah ich Kai an.

„Jetzt guck doch nicht wie ein ausgesetztes Hundebaby.“ Er nahm die Hand aus meinen Haaren und legte sich neben mich, zog mich in seine Arme. Ich kuschelte mich ein wenig an ihn und er strich mir über den Rücken.

„Hey… was ist los?“ Seine Stimme klang besorgt.

„Ich vermisse ihn.“ nuschelte ich betrübt. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass er weggefahren ist? Ich hab mir 3 Stunden die Beine in den Bauch gestanden vor seiner Tür.“

„Wann warst du bei ihm?“ fragte Kai überrascht.

„Sonntag.“

„Oh. Tut mir leid, Rei-chan. Aber er wollte nicht, dass ich es wem sage. Uru und Ruki wissen es auch nicht.“

„Das ist was anderes. Mir hättest du es trotzdem sagen müssen.“ Ich spürte Tränen aufsteigen und versteckte mein Gesicht an Kai’s Schulter, damit er sie nicht sah. Das war mir hier sowieso alles schon peinlich genug, da musste er nicht auch noch sehen, wie ich heulte.

„Er ist in Mie bei seiner Familie und davor war er irgendwo anders. Wo weiß ich auch nicht. Ehrlich.“ Ich hmte nur. War doch jetzt eh egal. „Mensch! Rei sieh mich an.“ Ich schüttelte den Kopf, schluckte die Tränen runter. So lagen wir eine Weile, bis ich ihn dann doch ansah.

„Was’n?“ wollte ich wissen.

„Du hast ja ganz rote Augen.“ Überrascht fuhr Kai’s Hand zu meinem Gesicht.

„Ey, nicht.“ meckerte ich und schnappte nach seinen Fingern. Er grinste schief. „So gefällst du mir schon besser.“ Er beugte sich vor und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Verwirrt sah ich ihn an. „Kai?!“

„Schon gut. Ich wollte dich bloß ein wenig aufmuntern.“

Er streckte mir die Zunge raus und ich pokte ihn in die Seite.

„Unfair!“ nölte Kai und kicherte, da er kitzelig war. Ich lachte nur und löste mich dann aus der Umarmung.

„Kai, ich möchte morgen wieder nach Hause.“

„Klar, kein Problem. Du bist ja kein Gefangener.“

„Ich weiß. Ich brauch noch ein bisschen Zeit für mich, bevor der ganze Trott wieder los geht. Und bevor Aoi wieder kommt.“

„Sollen wir dann nachher zusammen deine Wohnung sauber machen? Dürfte alles ein bisschen staubig und so sein.“

„Ja, wär lieb. Wir können ja den Besen und den Wischmopp fragen ob sie auch mitmachen wollen. Dann veranstalten wir ne Putzparty.“ schlug ich begeistert vor.

„Besen und Wischmopp?“ irritiert sah Kai mich an.

„Prinzesschen und Nervzwerg?“

„Uru und Ruki?“

„Ja. Boah Kai, wie alt warst du noch gleich?“ lachte ich und stand auf. „Wie war das vorhin mit dem Essen? Ich hab Hunger.“

„War klar. Du denkst auch immer nur an das Eine, wenn du bei mir bist.“ maulte Kai gespielt beleidigt und kam dann lachend hinter mir her.
 

Nach dem Essen hatte ich mich dann schnell geduscht. Kai hatte währenddessen Ruki und Uru angerufen um zu fragen ob sie uns bei meiner Wohnung helfen wollten, aber die beiden weigerten sich strikt. Sollten sie doch. Dann würden Kai und ich das eben alleine machen.
 

Anschließend warfen wir uns aufs Sofa und schauten fern. Es lief zwar nur Müll, aber zum Abschalten war das genau richtig. Irgendwann zog Kai mich in seine Arme und ich ließ es mir gefallen, brauchte das jetzt einfach. Und? Dann wusste er eben, dass ich nicht halb so stark war, wie ich immer tat. Er war ja ein guter Freund. Zwar nicht mein bester, aber dennoch gut genug. Yuu konnte eben niemand ersetzen und Kai würde es auch sicher nicht versuchen.

Mein Nasenband nahm ich in seiner Gegenwart allerdings nicht ab.
 


 

# Aoi #

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, musste ich erst einmal überlegen wo ich war. Das Zimmer kam mir bekannt vor. Meine Wohnung war das nicht und auch nicht das kleine Strandhaus… Ich hörte wie die Tür leise geöffnet wurde.

„Yuu-chan, aufstehen. Es ist schon Nachmittag und du kannst doch nicht den ganzen Tag verschlafen.“ Ah ja. Meine Mum. Das erklärte auch, warum mir der Raum so vertraut vorkam…

„Bin ja wach… Ich steh gleich auf…“ murrte ich und drehte mich noch einmal um.

Meine Mum lachte und ließ mich dann wieder alleine.
 

Ich kroch aus dem Bett und holte frische Sachen aus meiner Tasche, bevor ich ins Bad ging.

Nach einer halben Stunde war ich fertig, neuer Rekord. Aber auch nur, weil ich mich nicht geschminkt hatte und die Haare waren auch nicht gestylt. War ja schließlich hier zu Hause. Ich stieg die Treppen runter und folgte dem Geruch von Essen und Kaffee in die Küche.

Meine Mum saß schon am Tisch und nippte an ihrem Kaffee. Ich setzte mich dazu und bediente mich. Es war schön mal wieder mit meiner Mum in Ruhe zu essen. Früher war immer ein bitterer Beigeschmack da gewesen, nach dem Tod meines Vaters. Aber jetzt konnte ich ihn nicht wahrnehmen. Wahrscheinlich, weil wir beide den Verlust inzwischen verarbeitet hatten. Klar vermisste ich ihn und sie sicher auch. Aber heute konnten wir unbeschwert über die alten Zeiten reden.
 

Nach dem Essen beschloss ich mich mal in der Gegend umzusehen, ein paar alte Plätze abzuklappern und zu sehen, was sich hier verändert hatte. Da war ich in den letzten Tagen nicht zu gekommen. Ich hatte viel Zeit mit meinen Schwestern und ihren Familien verbracht, da ich sie so selten sah. Auch sie schienen anfangs verwundert, dass ich alleine nach Mie gekommen war, aber sie sprachen mich nicht auf Reita an. Wahrscheinlich hatte meine Mum da ihre Finger im Spiel, aber ich war nicht böse deswegen, eher dankbar. Noch einmal wollte ich das ganze Thema nicht durchkauen. Die Kinder der beiden waren echt Wonneproppen, alles Mädchen und in etwa gleich alt. Mir dröhnten immer noch die Ohren vom ganzen Gequietsche und Gekreische, aber süß waren sie trotz ihrer Lautstärke.
 

Und meine Mum und ich hatten viel geredet. Über alles Mögliche. Dad, seinen Tod, meine Schwestern, Torai-san, die Band, Rei. Es hatte gut getan mit ihr zu sprechen. Da sie nun mal in Mie wohnte und ich in Tokio, hatten wir nicht oft die Gelegenheit dazu. Klar, wir telefonierten regelmäßig, aber wenn man zusammen saß und Tee trank, war das schon etwas anderes.
 

Als ich Abends in mein Auto stieg um nach Hause zu fahren, viel mir der Abschied ungewohnt schwer. Schwerer als sonst. Aber ich musste ja so oder so zurück nach Tokio. Es war immerhin schon Mittwoch. Montag würden wir wieder Proben und am folgenden Wochenende war ein Konzert geplant. So würde ich spät in der Nacht in meiner Wohnung ankommen, konnte dann ausschlafen, meine Wohnung auf Vordermann bringen und hatte dann noch ein paar Tage für mich, bevor ich Montag auf Reita treffen würde.
 

Wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte, wusste ich nicht. In den Arm nehmen würde ich ihn nicht können, denn ich wollte ihm auf keiner Weise körperlich zu Nahe kommen oder ihn gar berühren. Ich konnte das einfach nicht. Egal. Da konnte ich mir auch morgen noch Gedanken drüber machen.
 

Erschöpft betrat ich spät in der Nacht endlich meine Wohnung. Die Tasche ließ ich an der Garderobe liegen, nachdem ich mich meiner Jacke und der Schuhe entledigt hatte. Auf Socken tapste ich direkt in Schlafzimmer und schloss die Tür hinter mir. Schnell zog ich mich bis auf die Boxershorts aus und ließ mich ins Bett fallen, rollte mich in die Decke und war auch schon eingeschlafen.
 

Gegen Mittag war ich dann aus meinem komaartigen Schlaf aufgewacht. Ich stand auf und öffnete erstmal das Fenster sperrangelweit, da es doch ziemlich muffig war. Das Gleiche tat ich mit sämtlichen anderen Fenstern in der Wohnung.

Anschließend hatte mich mein Weg in die Küche geführt, wo ich erst einmal Kaffee aufsetzte. Danach ging ich ins Bad und duschte ausgiebig, bevor ich mich in meine besten Wohlfühlsachen kuschelte. Der Kaffee war inzwischen fertig und so goss ich mir welchen in meine Lieblingstasse und trank einen Schluck. Hunger hatte ich auch, aber mein Kühlschrank war leer. Kai musste hier gewesen sein um nach dem rechten zu sehen. Wahrscheinlich hatte er dann auch gleich die verdorbenen Lebensmittel entsorgt und den Rest mitgenommen. Ich war ja immerhin zweieinhalb Wochen weg gewesen. Naja, dann würd ich mir halt später was bestellen oder so.

Ich nahm die halbvolle Kaffeetasse mit ins Wohnzimmer und schaltete dort den Fernseher an, setzte mich aufs Sofa. Und jetzt? Ich musste auf jeden Fall nachher mal Kai anrufen.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kappi 15 - soft version

# Reita #

Hier saß ich nun auf meinem Sofa und starrte sie an – die schwarze Tüte. Kai’s schwarze Tüte. Und auch wenn ich gestern noch vor Neugier beinahe umgekommen wäre, wünschte ich mir inzwischen es nicht zu wissen. Definitiv.
 

Kai und ich waren gegen Mittag zu meiner Wohnung aufgebrochen. Auf dem Weg dorthin hatten wir noch einen Abstecher in den Supermarkt gemacht, da ich sowieso nichts Essbares mehr zu Hause hatte. Das, was noch da war konnte ich wahrscheinlich direkt entsorgen.

In meiner Wohnung angekommen, stellten wir meine Tasche und die Lebensmittel auf dem Küchentisch ab. Kai setzte Kaffee auf und begann die Tüten auszupacken, während ich erstmal alle Fenster aufriss und Musik anmachte. Mit Musik putzte es sich einfach besser. Danach holte ich meine Tasche aus der Küche in der Kai geschäftig rumwuselte und stellte sie im Bad vor der Waschmaschine ab. Dann begab ich mich ins Schlafzimmer um auch dort die Schmutzwäsche, die kreuz und quer im Zimmer verstreut lag, zusammenzusammeln. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel sein würde, aber da ich bestimmt schon vier Wochen nicht mehr gewaschen hatte, kein Wunder. Es war mir noch nicht einmal wirklich aufgefallen bei der Menge an Klamotten, die ich besaß. Eindeutig zu viele. Ich klemmte mir den Wäschekorb unter den Arm und trabte ins Bad zurück. Ich sortierte die Wäsche, packte die aus der Tasche auch noch dazu und stopfte dann die erste Ladung in die Waschmaschine, wobei mir einfiel, dass ich die Bettwäsche eventuell auch direkt wechseln und mit waschen sollte. Also holte ich die auch noch.
 

Als ich zurück in die Küche kam, hatte Kai die Tüten ausgeräumt und trank gerade Kaffee. Mir hatte er auch eine Tasse voll hingestellt. Nachdem wir den Kaffee leer hatten, machten wir uns ans Werk. Es war lustig und wir alberten viel herum und lachten uns halb tot. Wenn uns jemand gesehen hätte, hätte er auch gedacht wir wären komplett durchgeknallt…
 

Gegen Abend waren wir dann endlich fertig. Um Glück besaß ich einen Trockner… Auf bügeln hätte ich ja so gar keine Lust gehabt. Kai hatte inzwischen lecker was gekocht und danach hatten wir uns gemütlich aufs Sofa geknallt. Bis Kai’s Handy geklingelt hatte. Miyavi. So hatte Kai sich dann auch recht schnell verabschiedet. Der Röte auf seinem Gesicht nach, hatte Miyavi ihm nicht gerade jugendfreie Sachen ins Handy gehaucht.

An der Tür war Kai noch kurz stehen geblieben und hatte mir die schwarze Tüte in die Hand gedrückt. Dabei hatte er so ein abnorm breites Grinsen im Gesicht, dass es schon schmerzhaft sein musste und mir ne heiden Angst einjagte. Überrascht hatte ich erst Kai und dann die Tüte in meiner Hand angesehen. Als ich schließlich Anstalten machte hineinzulinsen, hielt Kai mich zurück.

„Erst reingucken wenn ich weg bin.“ Meinte er, umarmte mich kurz und war dann zur Tür raus, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte. Nun vollkommen verwirrt schloss ich die Tür. Ein paar Minuten blieb ich dort noch stehen und starrte die Tüte an. Reingucken oder nicht? Reingucken!
 

Ich ging zurück ins Wohnzimmer und warf einen Blick in die Tüte und wünschte mir im selben Moment es nicht getan zu haben. Dann setzte ich mich erstmal, bevor der Schock mich von den Beinen reißen konnte. Fassungslos erdolchte ich die Tüte mit Blicken, die zwar nicht dafür konnte, aber Kai war ja nun mal nicht mehr da. Ich ballte meine Fäuste.

„KAI!“ presste ich zischend zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Der konnte echt von Glück reden, dass er nicht mehr anwesend war! Ich hätte ihn windelweich geprügelt!!! Aber aufgeschoben war ja bekanntlich nicht aufgehoben. Morgen bei der Probe konnte der Kerl was erleben!

Mir einen gottverdammten Vibrator zu schenken! Einen Riesenvibrator wohlgemerkt! Hatte der sie noch alle beisammen?! Und Gleitgel! Ok, Gleitgel war auch bei der Handarbeit recht anregend. Aber ein Vibrator! Glaubte der allen Ernstes nur weil ich in Aoi verliebt war, würde ich mir gleich so ein Ding in den Arsch schieben?!

Ooh, Schmerzen! Große Schmerzen, würde Kai erleiden, wenn ich ihn morgen zu packen kriegte! Dann hatte sein letztes Stündlein geschlagen! Und als ob Vibrator und Gleitgel noch nicht genug wären, war da auch noch ein Hardcore Gay-Porno in der Tüte! Als ich einen Blick auf das Cover warf, spürte ich wie mein Gesicht heiß wurde.

Der eine Typ sah Aoi verblüffend ähnlich und der andere mir! Das durfte doch nicht war sein! „VERDAMMT NOCH MAL, KAI! ICH MACH DICH KALT!“

Um mich zu beruhigen packte ich die Sachen wieder in die Tüte und stellte sie auf den Tisch, nur um sie dann in Grund und Boden zu starren.

Als ich mich wieder einigermaßen unter Kontrolle und keinen Puls von 180 mehr hatte, holte ich mein Handy hervor.

»Hallo, Kai-chan. Ich hoffe du genießt den Abend mit deinem Schatz… Es könnte dein Letzter sein!«

Es dauerte nicht lange bis mein Handy piepste. »Was kann ich dafür, dass man bei dir ständig nachhelfen muss??? Probier es aus, es wird dir gefallen! Miyavi war auch ganz begeistert von dem Spielzeug. *gg* Und wenn es dir nicht gefällt, kannst du mich immer noch umbringen, Aki-chan!«

Uaaah! Zu viele Informationen! Zu viele Bilder! Leicht angeekelt schüttelte ich mich. Ich wollte mir Miyavi mit diesem Ding im Arsch einfach nicht vorstellen. Es gab Dinge, die musste ich einfach nicht wissen oder sehen…

Mit dem umbringen hatte Kai allerdings recht. Na toll. Und mit dem Nachhelfen wohl auch. So ein Mist. Irgendwie war mir das dann grad doch ein wenig peinlich…

Außerdem hatte ich ja null Ahnung wie das funktionieren sollte. Eine gewisse Vorstellung, klar, aber nichts Konkretes. Ich mein, mal angenommen, ich würde mir rein theoretisch dieses Ding reinschieben wollen, das ging doch nicht einfach so. Also nach dem Motto Gleitgel drauf und rein damit. Das musste doch wehtun. Also nee, für mich war das nichts. Was wiederum ja nicht hieß, dass ichs bei Aoi nicht machen würde. Also ihn vögeln halt. Aber umgekehrt, keine Chance. Da diskutierte ich auch nicht drüber. Außer hier gerade mit mir selbst… Oh man, wie arm war das denn? Ich schüttelte den Kopf.

Andererseits packte mich was den Porno anging schon die Neugier. Ich nahm ihn aus der Tüte und spielte in den Händen damit rum, unschlüssig ob ich ihn nun anschauen sollte oder nicht. Schließlich gab ich mir einen Ruck und stand auf, legte die DVD in den Player und schaltete den Fernseher ein. Danach setzte ich mich wieder aufs Sofa und starrte gebannt auf die Mattscheibe.
 

Gleich die erste Szene trieb mir gleich wieder die Röte ins Gesicht.

...

...

...

Ich brauchte einige Momente um meine Atmung zu beruhigen und schaltete den Film dann aus. Für einen Abend hatte ich genug. Ich fischte mir die Packung Taschentücher vom Tisch, die glücklicherweise dort rumlag und säuberte mich ein wenig, bevor ich aufstand und im Bad verschwand um zu duschen.
 

# Aoi #
 

Der Tag der Probe. Heute würde ich Reita wieder sehen. Drei Wochen war das Desaster jetzt her. Und ich wusste immer noch nicht wie ich mich nachher ihm gegenüber verhalten sollte.
 

Es war 8 Uhr morgens und ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Angezogen saß ich in der Küche, trank meine vierte Tasse Kaffee und starrte Löcher in die Luft.

Ich war nervös. Himmel war ich nervös. Dabei war die Probe heute erst um 13 Uhr. Fragte sich nur, wie ich die Zeit bis dahin totschlagen sollte.

Vom Kaffee genug habend erhob ich mich und tapste ziel- und planlos durch meine Wohnung. Im Schlafzimmer machte ich das Bett, was ich sonst so gut wie nie tat. Dann räumte ich meinen Kleiderschrank aus und dann wieder neu ein, sortierte ein, zwei Teile aus. Reita’s Klamotten packte ich in einen Karton. Es machte mich traurig, aber so wie es gerade zwischen uns stand, war es nicht sehr wahrscheinlich, dass er in nächster Zeit oft hier sein, geschweige denn hier übernachten würde. Ich seufzte und stellte den Karton unter mein Bett. So erinnerten mich die Sachen wenigstens nicht ständig an ihn. Was an sich schon lächerlich war, denn in dieser Wohnung erinnerte mich eigentlich fast alles an ihn. Er hatte ja praktisch hier gewohnt...

Die restliche Zeit verbrachte ich mit Fernseh gucken. Um kurz nach 12 Uhr machte ich mich auf den Weg.
 

Kai und Ruki waren schon da, als ich ankam und Uruha betrat kurz nach mir den Raum, mit Kaffeebechern beladen. Ich begrüßte alle und schnappte mir direkt meine Gitarre, mein Baby, um sie zu stimmen und ein wenig darauf rumzuklimpern. Total vertieft bekam ich nicht mit, dass Reita schließlich auftauchte. Dementsprechend erschrak ich auch, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

„Reita.“ nuschelte ich und sah betreten zu Boden.

„Hallo Aoi.“ murmelte er.

Ich legte die Gitarre zur Seite und wollte zu den Anderen rüber gehen, weil ich mich irgendwie unbehaglich fühlte in Reita’s Gegenwart und auch nicht recht wusste, worüber ich mit ihm reden sollte, aber von denen war weit und breit nichts zu sehen. Miese Verräter, alle miteinander!!!

Also drehte ich mich wieder zu Rei um und wir sahen uns eine Weile stumm an. Dann machte er einen Schritt auf mich zu und umarmte mich kurz, so wie wir es bisher immer getan hatten. Ich ließ es geschehen, erwiderte die Umarmung aber nicht. Es fühlte sich seltsam an, genauso seltsam wie jetzt, nach allem, was passiert war, mit ihm alleine zu sein. Er ließ recht schnell wieder von mir ab, als er keine Reaktion meinerseits spürte und ließ den Kopf hängen. Dann seufzte er geschlagen und wand sich seinem Bass zu, begann sich einzuspielen. Ich sah ihm etwas dabei zu, bevor ich mir meine Gitarre griff und es ihm gleich tat.

Wenig später kamen die Anderen zurück. Kai sah erwartungsvoll zwischen Rei und mir hin und her. Ich schüttelte den Kopf. Er seufzte, verdrehte die Augen, zuckte dann die Achseln und setzte sich hinter sein Schlagzeug. Uruha hatte sich inzwischen auch seine Gitarre umgehängt und angeschlossen und Ruki griff gerade nach seinem Mikro. Na dann konnten es ja endlich losgehen.
 

Irgendwie konnte ich es jetzt nicht mehr erwarten loszulegen. Drei Wochen Urlaub waren ja schön und gut, aber ohne die Musik konnte ich auch nicht lange leben, geschweige denn ohne meine Gitarre. Zärtlich strich ich über das schwarzlackierte Objekt meiner derzeitigen Begierde. Ja, ich liebte meine Gitarre. Was dagegen?!

Endlich schlug Kai den Takt an und die Probe begann.
 

Sechs Stunden und 3 Pausen, in denen ich mich an Ruki und Uruha geklettet hatte, später beendete Kai dann die Probe. Zum Glück, denn so langsam ging mir die Kraft aus. Ich hatte mich richtig reingesteigert und jegliche negativen Gefühle, den Frust der letzten Wochen, einfach weggespielt. Ich fühlte mich erleichtert du auf seltsame Art befreit, glücklich.

Die Gitarre stellte ich zurück in den Ständer, nachdem ich den Amp ausgeschaltet hatte. Uruha und Ruki waren schon weg, als ich mich wieder umdrehte. Reita schien auch schon weg zu sein, worüber ich froh war. Gerade jetzt, wo ich mich seit Wochen wieder gut fühlte, wollte ich mir das nicht sofort wieder kaputt machen (lassen).

Ich ging zu Kai rüber der auf dem Sofa saß, den Kopf in den Nacken gelegt und versuchte seine schwer beanspruchten Arme zu entspannen. Ich musste grinsen und setzte mich zu ihm.

„Na, Kai-chan, hast es mal wieder übertrieben? Tun dir die Arme weh?“

„Klar! Nach 3 Wochen auch kein Wunder!“ lachte er.

„Hast recht, ich merk’s ja auch.“ Gab ich zu.

„Und wie geht’s dir?“ hakte Kai nach. Eigentlich hatte ich ja schon viel eher mit dieser Frage gerechnet.

„Soweit ganz gut. Und momentan schweb ich grad so’n bisschen.“

„High vom Gitarre spielen…“ kicherte Kai bevor er mich ernst ansah. „Was ist jetzt mit dir und Rei?“

„Keine Ahnung. Es ist komisch. Ich hätte gedacht es würde mir mehr ausmachen ihn zu sehen. Eigentlich hätte ich gedacht ich krieg nen Heulkrampf oder so. Er hat mich zur Begrüßung umarmt, so wie immer halt, aber erwidern konnte ich es nicht.“

„Du hast Angst ihn wieder so nah an dich heran zu lassen.“ Stellte Kai fest.

„Das auch. Und ich weiß nicht, wie ich mit all dem umgehen soll. Ich kann das doch nicht einfach vergessen und weiter machen als wäre nie etwas gewesen.“

„Das verlangt doch auch keiner und am allerwenigsten Rei. Glaub mir, er hat genauso viel Angst, Angst dich zu verlieren.“

„Mag sein, aber er wurde nicht von mir verarscht.“

“Ihr solltet euch mal aussprechen. Du würdest dich über das Ergebnis wundern, glaub mir.“ prophezeite Kai.

„Soll das ne Anspielung sein? Hat Rei was gesagt?“

„Das musst du schon allein rausfinden.“

„Na vielen Dank auch! Du bist mir echt ne große Hilfe…“ vorwurfsvoll sah ich ihn an und verschränkte die Arme.

„Red mit ihm, sprecht euch aus.“ sagte Kai, stand auf und ging.

Ganz toll! Und jetzt? Der Blödmann hatte doch den Schlüssel… Echt mal. Auch egal.

Ich erhob mich ebenfalls und verließ den Raum. Irgendwer würde schon abschließen. Und hier klaute auch niemand.
 

Langsam lief ich den Flur entlang zum Aufzug. Kai’s Worte gingen mir nicht aus dem Kopf. ‚Du würdest dich über das Ergebnis wundern’. Unwillig schüttelte ich den Kopf. Noch immer in Gedanken drückte ich den Knopf und hatte Glück, denn es kam direkt ein Fahrstuhl. Ich stieg ein und führ ins Erdgeschoss. Unten angekommen stieg ich aus und bleib abrupt stehen.

„Reita.“

„Aoi“ Stumm sahen wir uns wieder an und der Drang zu flüchten wurde in mir immer größer. Rei räusperte sich.

„Aoi, können wir reden? Es ist wichtig. Es gibt da was, was ich dir unbedingt sagen muss.“ Erwartungsvoll und hoffend zugleich sah er mich an.

Was jetzt? „Ich kann nicht…“

„Bitte, Yuu. Es ist wirklich sehr wichtig.“ Er streckte seine Hand nach mir aus und ich wich zurück.

„Nein, Rei, ich kann das nicht. Nicht jetzt. Gib mir Zeit. Ich kann nicht einfach so tun, als wäre das alle nie geschehen, ok? Du willst mit mir befreundet sein, aber das geht grad einfach nicht!“ ich drehte mich um und lief davon, ohne ihm auch nur die Chance zu geben, mir zu antworten. Er wollte mich zurückhalten, schaffte es aber nicht. Als ich mich umdrehte, sah ich wie sich seine Lippen bewegten, aber was er sagte, konnte ich nicht mehr verstehen.

# Reita #

Ich hatte noch versucht ihn festzuhalten, ihn aufzuhalten, doch er war weg, bevor ich noch etwas sagen konnte.

„Aber… Ich liebe dich!“ hatte ich mit gesenkten Kopf gemurmelt, denn hören konnte er mich sowieso nicht mehr und ich hatte nicht den Nerv die halbe PS Company zusammen zubrüllen.
 

Seitdem war jetzt eine Woche vergangen und wir gingen uns so gut es eben ging aus dem Weg, sprachen nur das Nötigste miteinander. Es war komisch und es tat weh. Sehr weh. So hatten wir uns dem Anderen gegenüber noch nie verhalten. Aber bisher hatten wir auch noch nie gestritten und das Geschehene war weit schlimmer als ein einfacher Streit. Und ich war Schuld. Weil ich mir meine Gefühle einfach nicht eingestehen wollte. Es nicht konnte. Dabei hatte ich ihn wahrscheinlich schon die ganze Zeit geliebt. Inzwischen war es mir egal, dass es ein Mann war, den ich liebte, denn es war Aoi. Und nur darum ging es.
 

# Aoi #

Tag des Konzerts. Es fand glücklicherweise in Tokio statt, also keine lange Anreise und auch kein Hotel. Wir saßen in der Umkleide und machten uns fertig. Das hieß Ruki, Uru und ich. Kai und Rei waren noch draußen eine Rauchen. Ruki war jetzt schon total überdreht, dabei hatten wir noch fast zwei Stunden Zeit. Er sprang durch die Gegend, zappelte rum und konnte einfach nicht stillsitzen. Uruha verdrehte genervt die Augen.

„Nimm’s nicht so schwer, Uru-Pon, du kennst das doch!“ lachend klopfte ich ihm auf die Schulter.

„Jaja“ murrte er nur gequält und widmete sich wieder seinem Augen-Make-up. Die Tür ging auf und Kai kam rein. Er sah ziemlich gestresst aus.

„Alles ok?“ wollte ich wissen. Er seufzte nur und lehnte sich mir gegenüber an den Tisch. „Stress?“

„Hier geht alles drunter und drüber. Unser Manager dreht am Rad, ich könnte diesen unfähigen Spinner killen, aber das wird alles schon. Sind ja noch fast 2 Stunden…“ Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Ich stand auf und nahm ihn einfach mal in den Arm und knuddelte ihn. Prompt kam auch Ruki angesprungen und wollte mitmachen. „Gruppenkuscheln!“ warf er die Arme in die Luft. Im Spiegel hinter Kai konnte ich sehen, dass Rei den Raum betrat. Er warf uns oder eher mir einen undeutbaren Blick zu und verschwand im angrenzenden Bad. Ok. Wir gingen uns aus dem Weg und redeten nur miteinander wenn es nicht anders ging.

Kai löste sich aus der Umarmung. „Genug jetzt. Ihr zerquetscht mich noch!“ meckerte er leicht und schob Ruki weg, der immer noch an ihm hing. Der schmollte daraufhin und verzog sich zu Uruha. Kai warf einen Blick in die Runde. „Jungs, wir müssen heute mal wieder mehr Fanservice machen. Anweisung von oben.“

„Au ja“ quietschte Ruki freudig und warf Uruha eindeutige Blicke zu.

„Vergiss es! Ich mach doch nicht mit dir auf der Bühne rum! Ich hab kein Bock auf Fotos mit dir in der Zeitung. Am Besten noch knutschend! Was sollen die Leute von mir denken? Bei dir hackt’s wohl!“ kam es patzig von Uruha und Ruki entglitten die Gesichtszüge. Genauso wie allen Anderen, mich eingeschlossen. Was war denn jetzt kaputt?

Ruki öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, schloss ihn dann aber direkt wieder und stand auf. Er sah Uruha kurz an und verließ dann schweigend den Raum.

„Ruha?“ kam es fragend von Rei.

Doch der winkte nur ab. Wollte wohl nicht in großer Runde darüber reden? War ja anscheinend ne Sache zwischen den beiden. Kai rührte sich und wollte wohl Ruki hinterher, doch ich hielt ihn zurück. „Ich gehe.“

„Viel Glück.“ lächelte Kai mich aufmunternd an. Ich nickte und machte mich auf die Suche. Nach ein paar Minuten des ziellosen Herumirrens fand ich ihn dann auch. Er saß im ausgeladenen Equipment-Truck, Beine an den Körper gezogen und die Arme darum geschlungen. Ich konnte schon von Weitem sehen, dass er weinte.
 

Bei ihm angekommen, setzte ich mich neben ihn und zog ihn in meine Arme.

„Ru-chan.“ Er schluchzte.

„Warum will er mich nicht?“ Verwirrt runzelte ich die Stirn.

„Wovon redest du?“ „Warum will er meine Liebe nicht? Warum will er MICH nicht?“

„Uruha?“

„Ja. Warum stößt er mich ständig weg?“ Da war ich überfragt. „Tut er das denn?“

“Ja. Jedes Mal, wenn andere dabei sind.“

„Will er eure Beziehung geheim halten?“ versuchte ich einen Vorstoß. Ich hatte ja keine Ahnung, was bei den beiden abging.

Ruki strich sich die letzten Tränen weg und sah mich dann aus todtraurigen Augen an. „Wir sind nicht zusammen.“

„Aber ich dachte… Ihr habt doch Sex und seid euch auch sonst so nah.“

„Freundschaft mit Extras, wie es Uruha so schön nennt. Klar sind wir uns nah und alles, wir sind beste Freunde.“

„Weiß er, dass du in ihn verliebt bist?“

„Ich denke schon.“

„Hast du es ihm gesagt?“

„Nein!“ er seufzte. Ich seufzte auch. „Woher soll er es dann wissen?“

„Er kennt mich besser als ich mich selbst, er muss es gemerkt haben.“

“Rei hat auch nie gemerkt, dass ich ihn geliebt habe.“ gab ich zu bedenken.

„Hast recht. Aber immer wenn ich versuche mich ihm zu nähern, geht er auf Abstand.“

„Habt ihr je über eure Freundschaft mit Extras geredet? Die Fronten geklärt?“

„Nein. Es hat sich einfach irgendwann so ergeben.“

„Wie lange läuft das schon?“

„Etwas mehr als ein halbes Jahr. Seit wir zusammengezogen sind.“

„Und wie lange liebst du ihn schon?“

„Ich weiß nicht. Ich glaub schon immer irgendwie.“

„Oha.“

„Ja genau.“ Er lächelte gequält.

„Und warum hat er dich gerade so angegiftet?“

„Ich hab ihn heute morgen nicht rangelassen.“

„Oh je.“

„Ich konnte nicht. Ich will nicht länger einfach nur Sex, ich will ihn ganz. Ganz für mich alleine…“

„Ich verstehe dich. Ich wollte Rei auch immer für mich alleine.“

„Jetzt nicht mehr?“

„Doch. Aber das bringt mich nicht weiter und macht alles nur noch viel komplizierter. Ich muss ihn loslassen, bevor wir uns nur noch gegenseitig fertig machen. Vielleicht kann ich so wenigstens unsere Freundschaft retten, wenn es für meine Liebe schon keine Chance gibt.“

„Wir sind aber auch zwei Pechvögel.“

„Ja, mag sein. Aber man sucht sich das ja nicht aus, in wen man sich verliebt.“

„Und was machen wir jetzt?“

„Wir machen einfach weiter. Das wird schon wieder.“ versuchte ich es optimistisch.

„Wenn du meinst…“ kam es wenig überzeugend von Ruki.

„Du musst es ihm sagen. Egal ob er deine Gefühle erwidert oder nicht. Bevor es zu spät ist.“

„Ich weiß. Aber das ist so verdammt schwer.“

„Ja. Aber dann weißt du wenigstens woran du bist.“

„Du hast ja recht.“

„Soll ich dir ein bisschen dabei helfen?“

„Wie denn?“ fragte er neugierig. Ich beugte mich etwas vor und flüsterte ihm meine Idee ins Ohr. Mit großen Augen sah er mich an, dachte wohl kurz darüber nach. Schließlich nickte er und lächelte leicht.

„Einen Versuch ist’s auf jeden Fall wert.“ Er klatschte in die Hände und stand auf. “Danke, Aoi-chan.“

Ich nickte ihm zu und folgte ihm zurück zu den Anderen, schließlich mussten wir uns auf ein Konzert vorbereiten.
 

# Reita #

„Rei, mach hinne! Und hör auf dich die ganze Zeit im Spiegel anzustarren, das wird langsam gruselig. Nachher springt der Spiegel noch.“

Böse funkelte ich Ruki an, der mich in die Seite gepiekst hatte. Er streckte mir jedoch nur frech die Zunge raus und tummelte sich. Kopfschüttelnd sah ich ihm hinterher und begann dann meine Haare zu stylen. In etwas weniger als einer Stunde mussten wir auf die Bühne. Geschminkt war ich auch noch nicht.
 

Ein prüfender Blick in den Spiegel, mein Iro saß. Also machte ich mich ans Schminken. Aoi war schon fertig, wie mir ein Blick über die Schulter bestätigte. Er saß auf einem der großen, gemütlichen Sofas und klimperte auf seiner Gitarre rum, zusammen mit Uruha. Ruki saß daneben und hörte ihnen beim Spielen zu. Kai war mit dem Manager irgendwo in der Halle unterwegs. Anscheinend hatte wohl noch Einiges geklärt werden müssen.

Schnell war auch das erledigt und ich griff nach meinem Bass, der neben mir am Tisch lehnte. Normalerweise brachte der Staff die Instrumente ja direkt zur Bühne, aber genau wie Aoi und Uruha, besaß ich mehr als nur ein Instrument und schleppte somit auch grundsätzlich vor Konzerten einen Bass mit mir rum. Schließlich war ich Bassist aus Leidenschaft. Ich setzte mich zu Uru und stimmte ins Spiel mit ein. Einfach mal so zocken war ziemlich entspannend vor nem Konzert.
 

Zehn Minuten vor dem Konzert tauchte Kai wieder auf. Er sah ziemlich abgehetzt aus und hibbelte nervös durch die Gegend. Ah, ja, Lampenfieber. Oder Adrenalinkick. Vielleicht hatte er auch grade nur den Manager gevierteilt und musste sich ein bisschen abreagieren. Wer wusste das schon, bei den Tobsuchtsanfällen, die er bekommen konnte, wenn was nicht nach Plan lief….
 

Dann machten wir uns geschlossen auf den Weg zur Bühne, Instrumente umgehängt und los ging’s. Es war ein geiles Gefühl. Die Atmosphäre in der Halle, die schreienden Fans, die ihr Bestes gaben und mitmachten, was das Zeug hielt. Auch wir gaben unser Bestes. Tanzten und spielten einander an, Ruki spielte an unseren Instrumenten rum, Fanservice halt. Ganz normal. Bis… ja, bis.

Cassis. Ruki sang aus tiefstem Herzen den Refrain, Uruha’s Solo und Aoi steht neben Ruki, packt ihn im Nacken und küsst ihn mitten auf den Mund. So richtig mit Zunge, wohlgemerkt!
 

Ich dachte, ich seh nicht richtig! Und Ruki erwiderte auch noch, schlang seine Arme um Aoi und zog ihn näher! Geschockt vergaß ich fast zu Atmen. Das durfte doch nicht war sein! Wie hypnotisiert starrte ich die beiden an. Ich spürte einen Stich und musste schlucken. Das Gejohle der Fans nahm ich nur am Rande war. Zum Glück brachte ich noch genug Hirn zusammen mich nicht zu verspielen oder gar ganz aufzuhören. Am Liebsten wäre ich von der Bühne gegangen. Einfach den Bass abstellen und gehen. Ohne mich umzublicken. Ich wollte das nicht sehen. Wollte nicht sehen müssen, wie Aoi Ruki küsste! Mitten auf der Bühne! Und ich wollte auch nicht sehen, wie sich Ruki dabei wie ein Ertrinkender an Aoi klammerte!

Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte schlecht einfach abhauen, mitten im Konzert. So wandte ich den Blick ab und starrte stattdessen wie paralysiert auf die Bühnenbretter.

Dann schien es vorbei zu sein. Ruki sang weiter, Aoi’s Gitarre setzte wieder ein, doch ich sah nicht auf. Es brachte nichts. Die letzten Minuten spielten sich immer und immer wieder vor meinem inneren Auge ab. Wie Aoi Ruki küsste. Wie dieser den Kuss hungrig erwiderte. Ich fühlte mich taub.

Die nächsten Minuten zogen an mir vorbei, aber ich registrierte es überhaupt nicht.
 

Erst zum Encore hin, wurde ich wieder etwas ruhiger. Mein Schädel dröhnte nicht mehr so und auch das Rauschen in meinen Ohren hatte aufgehört. Dann war das Konzert vorbei. Wir verbeugten uns und verließen die Bühne. Meinen Bass drückte ich dem nächstbesten Staff-Member in die Hand. Wie automatisiert trugen mich meine Beine zurück in die Kabine. Dort führten sie mich direkt zum Sofa und ich setzte mich. Noch immer konnte ich es nicht glauben, was da gerade passiert war. Es tat so scheiße weh. War es das, was er wollte? Mir genauso weh tun, wie ich ihm weh getan hatte? Das hatte er geschafft.

Die Tür wurde beinahe aus den Angeln gerissen, als Aoi und Ruki fröhlich jubelnd in den Raum stürmten, dicht gefolgt von Kai. Ich ignorierte sie, wie sie total überdreht vor den Spiegeln herumsprangen und sich abschminkten.

Das Sofa senkte sich neben mir. Kurz hob ich den Blick in der Absicht, denjenigen zu töten. Uruha. Er sah genauso scheiße aus, wie ich mich fühlte und mir wurde bewusst, was der Kuss für ihn bedeuten musste.

„Gehen wir einen trinken?“ fragte ich ihn leise. Er nickte leicht, reagierte sonst nicht und hielt den Blick gesenkt. „Komm wir gehen.“ Ich zog ihn hoch und hinter mir her. Wortlos schnappten wir uns unsere Sachen und verließen den Raum, gefolgt von Kai’s sorgenvollen Blicken.

Vor der Tür ließ ich mich gegen die Wand sinken und atmete tief durch. Uru tat es mir gleich.

„Du liebst ihn.“ stellte Uruha nach einer Weile einfach so fest.

„Du ihn doch auch.“

Traurig lächelte er. „Ja.“

„Tut mir leid.“

„Ja, mir auch. Ich könnte Ruki erschlagen. Wie kann er sich so von Aoi küssen lassen?“

„Wie kann Aoi ihn so küssen… Er muss doch wissen, dass ihr zusammen seid.“

„Wir sind nicht zusammen.“

Überrascht sah ich ihn an. „Ihr seid nicht zusammen?“

„Nein. Freundschaft mit Extras. Eigentlich. Aber ich dachte es sei mehr zwischen uns. Wir haben nie darüber gesprochen. Anscheinend hab ich mich getäuscht….“

„Oh.“

„Ja, oh.“

„Komm wir gehen. Zu mir, duschen und dann geben wir uns die Kante! Wenigstens war es ein Heimkonzert… Bist du mit dem Auto da?“ beschloss ich und sah ihn fragend an.

Uruha nickte bestätigend und stieß sich von der Wand ab. „Nein. Bin mit Ruki hergekommen.“

Er packte mich am Arm und zog mich mit. Im Laufen drehte er sich noch einmal um und grinste schief. „Ich hoffe dir ist klar, dass ich heute bei dir penne!“

„Kein Problem. Das war mir schon klar. Aber wenn du mir die Bude voll kotzt, machst du es weg und du schläfst im Hausflur, klar?“ lachte ich und ging einen Schritt schneller um aufzuholen.

Special Uruha & Ruki

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

soft version Uruha & Ruki

# Uruha #

Blinzelnd öffnete ich meine Augen. Das war nicht mein Bett. Das war nicht mein Schlafzimmer. Und das war ganz sicher nicht meine Wohnung. Ich drehte mich ein wenig um mich besser umsehen zu können und bemerkte wie etwas von meiner Hüfte rutschte. Ich sah hinunter und erkannte einen Arm. Vorsichtig sah ich über meine Schulter und erkannte Rei’s schlafendes Gesicht. Ah ja. Dann sah ich an ihm hinunter und mir wurde mulmig. Die Bettdecke verdeckte gerade mal so sein blankes Hinterteil. Ich schluckte. Langsam lupfte ich die Bettdecke und sah drunter. Puh… Ich hatte noch meine Panty an. Aber wieso war Rei nackt? Und wieso dröhnte mein Schädel so dermaßen???
 

Ich wälzte mich auf die andere Seite und stupste Rei an.

„Hey, wach auf, Rei!“ ich ruckelte an seiner Schulter.

„Noch fünf Minuten, Mama.“

„Ich bin nicht deine Mama! Wach auf verdammt noch mal!“

Ein Auge öffnete sich und sah mich verpeilt an. „Was’n los? Was machse hier für’n Lärm?“

„Na endlich…“ stöhnte ich gequält auf.

„Man Uru, was ist dein Problem? Au, mein Kopf…“

„Wieso bist du nackt?“

„Weil mir so warm war.“

„Und da ziehst du dich einfach aus, wenn ich mit im Bett liege?“

„Boah, krieg dich wieder ein, ich hab deinen süßen Arsch ja nicht angefasst!“

„Meinen süßen Arsch?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn finster an.

Er grinste nur schief und setzte sich auf, zog die Bettdecke zum Glück mit sich. Das Elend wollte ich mir nämlich nicht angucken müssen. Dann sah er mich seltsam an. „Dein Gesicht! Du hast gedacht wir haben gepoppt.“ prustete er auf einmal los. Ich blushte und sah weg.

„Mou~ das ist nicht lustig. Ich hab echt nen Schreck gekriegt.“

„Also sorry und so, ne, aber ich würd das nicht machen. So schwul bin ich dann auch noch nicht.“

„Danke, sehr nett von dir. Was soll das jetzt bitte heißen?“

„Das heißt du bist nicht mein Typ. Siehst ja nicht schlecht aus für nen Mann, aber trotzdem.“

„Ah ja. Halt lieber die Klappe, bevor du noch mehr Mist faselst… Echt…Machoarsch.“ Ich krabbelte aus den Bett. „Ich geh duschen. Sei mal nützlich und mach deinem Gast was zu Essen!“ Damit drehte ich mich um und ließ einen perplex dreinschauenden Rei zurück.
 

Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte ich mich gleich besser. Die Kopfschmerzen waren zwar immer noch da, aber Rei hatte bestimmt irgendwo Aspirin oder so. Ich putze mir noch schnell die Zähne und fönte meine Haare. Mit dem Handtuch um die Hüften ging ich zurück ins Schlafzimmer und bediente mich am Kleiderschrank. Reita schien seine Manieren wieder gefunden zu haben, denn ich konnte ihn in der Küche werkeln hören. Angezogen folgte ich den Geräuschen Richtung Küche. Als ich am Wohnzimmer vorbei kam, blieb ich entsetzt stehen. Wer hatte denn die ganzen Flaschen leer getrunken? Und der Aschenbecher quoll auch fast über. Ich betrat den Raum und ging zielstrebig zum Fenster, öffnete es sperrangelweit. Bah, wie es hier stank. Dann sammelte ich die Flaschen ein und stellte sie auf den Tisch. Eine fand ich sogar unter dem Sofa. Man, man, man. Den Aschenbecher nahm ich mit in die Küche und leerte ihn.

„Ah, da bist du ja. Frühstück ist fertig.“ wurde ich freundlich begrüßt.

„Super. Ich sterbe vor Hunger. Hast du ne Tablette gegen Kopfschmerzen?“ Rei zeigte auf den Tisch. „Steht da schon.“

Wir setzen uns und begannen schweigend zu essen. Nach einer Weile sah ich von meinem Brötchen auf. „Haben wir den ganzen Alk gekillt gestern?“

„Jap. Sonst hätten wir wohl beide nicht so einen Schädel.“ grinste Rei schief.

„Hm.“

„Und was machst du jetzt?“ fragte Rei.

„Was?“

„Oh man… Was machst du wegen Ruki?“ Kopfschüttelnd sah er mich an.

„Keine Ahnung. Mit ihm reden vermutlich. Am besten so schnell wie möglich.“

„Aber erst, wenn du mir beim Aufräumen und sauber machen geholfen hast. Ich mach das nicht alleine, klar?“ Böse funkelte er mich an.

„Jaja, schon gut.“ Ich seufzte ergeben. Ein zorniger Reita war echt ungenießbar, also musste ich mich wohl meinem Schicksal fügen.

Also räumten wir zusammen auf und machten den Dreck weg, den wir bei unserer gestrigen Sauforgie hinterlassen hatten. Danach verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg nach Hause.
 

Nachdenklich lief ich durch die Straßen. Was sollte ich Ruki sagen? Bei dem alleinigen Gedanken an den Kuss zwischen ihm und Aoi kam die Wut augenblicklich wieder hoch. Im ersten Moment hätte ich beinahe aufgehört zu spielen. Mitten im Live! Und ich hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. Als würde sämtliche Luft aus meinen Lungen gepresst.

Mein Blick fiel im Vorbeigehen auf die Auslagen eines Kiosks. Auf der Titelseite prangte ein Bild von Aoi und Ruki, mitten im Kuss. Wütend ballte ich die Fäuste. Was hatte Ruki sich nur dabei gedacht!? Manchmal war er echt nicht bei der Sache… Und wenn er extrem aufgedreht war, brachte er mich immer an den Rand des Wahnsinns. Aber es gab ja auch die ruhigen Momente. Momente in denen wir alleine waren. Nur wir zwei. Momente in denen er anhänglich und kuschelbedürftig war. Oder Momente wo er einfach über mich herfiel. Der Sex war auch der Hammer. Warum waren wir eigentlich nicht fest zusammen? Wir hatten da nie so richtig drüber gesprochen. Es hatte sich einfach irgendwann ergeben, dass wir im Bett gelandet waren.
 

Endlich kam ich zu Hause an und kramte meinen Schlüssel aus der Tasche. Oben vor der Wohnungstür angekommen zögerte ich. Wer wusste schon, was mich da drin erwartete? Ruki und Aoi die auf dem Küchentisch ne Nummer schoben oder es auf der Wohnzimmercouch trieben… Ich schüttelte den Kopf um die ganzen seltsamen Gedanken loszuwerden. Andererseits bestand ja immerhin die Möglichkeit. Denn wenn die beiden sich schon dermaßen auf der Bühne ableckten… Und wie Ruki sich an Aoi geklammert hatte. Brr…. Ich schüttelte mich. Dann kratzte ich allen Mut zusammen den ich aufbringen konnte, schloss die Tür auf und betrat die Wohnung.
 

Es herrschte eine gespenstische Stille, als ich meine Jacke aufhängte und die Schuhe auszog. War Ruki nicht da? War er vielleicht bei Aoi? Leise ging ich in die Küche und holte mir was zu trinken. Lauschend trank ich mein Glas leer. Nichts. Kein Laut. Kein Geräusch. Ich stellte das Glas auf die Spüle und verließ die Küche. An seinem Schlafzimmer angekommen öffnete ich die Tür und lugte hinein. Kein Ruki. Ich schloss die Tür wieder und öffnete meine, betrat den Raum und beschloss mich erstmal umzuziehen. Rei’s Klamotten waren zwar schön, aber ich brauchte jetzt einfach meine Jogginghose und mein Schlabbershirt. Gedacht, getan. Und jetzt? Blieben ja nicht mehr viele Möglichkeiten wo Ruki sein konnte. Bad oder Wohnzimmer. Das Bad ließ ich außen vor, denn eine Badewanne hatten wir nicht und kein Rauschen der Dusche war zu vernehmen. Also Wohnzimmer. Und dort fand ich ihn dann auch. Alleine. Zusammengerollt auf dem Sofa liegend. Ich trat näher und sah, dass er geweint hatte. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, setzte ich mich neben ihn, begann ihm ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht zu streichen.

„Oh man, Ruki, was machst du bloß mit mir?“ flüsterte ich leise. Gähnend betrachtete ich ihn noch eine Weile und legte mich schließlich zu ihm. Zum Glück hatten wir so eine riesige Wohnlandschaft, sodass ausreichend Platz neben ihm war. Ich legte mich hinter und einen Arm um ihn. Dann schlief ich wieder ein.
 

# Ruki #

Leise seufzend schlug ich meine Augen auf, kuschelte mich näher an die Wärmequelle in meinem Rücken. Der Arm um meine Mitte zog mich automatisch noch näher an den warmen Körper hinter mir. Ich schloss die Augen und genoss die Wärme einfach nur. Wärme? Moment. Irgendwas stimmte hier nicht. Verwirrt öffnete ich die Augen wieder und drehte mich um. Uruha. Wann war er nach Hause gekommen? Ich hatte die ganze Nacht auf ihn gewartet und kein Auge zugemacht. Aber er war einfach nicht gekommen.
 

Ich wusste nicht, ob ich Aoi umbringen oder ihm dankbar sein sollte. Während des Kusses hatte ich heimlich zu Uruha rübergelinst. Mit weit aufgerissenen Augen hatte er hinter seinem langen Haarsträhnen geschockt zu uns rübergestarrt. Den Ausdruck seiner Augen konnte ich nicht deuten. Dann hatte er abrupt weggesehen und mich auch den Rest des Konzerts nicht mehr beachtet. Auch nicht, als wir uns alle umarmt hatten. Er war einfach an mir vorbeigegangen. Als ob ich gar nicht da wäre. Total apathisch. Von Reita war auch weit und breit nichts mehr zu sehen gewesen. Der war schon beim letzten Ton von der Bühne gewesen. Als wir in die Kabine kamen, saß Rei dort auf einem der Sofa’s.
 

Aoi, Kai und ich waren noch high vom Konzert und machten uns aufgedreht ans abschminken und umziehen. Uruha hatte ich dabei total vergessen. Als ich mich nach ihm umsah, musste ich feststellen, dass er nicht mehr da war und Rei auch nicht. Normalerweise sagte er mir ja Bescheid, wenn er eher ging, aber nach dem Kuss konnte ich es ihm nicht verdenken. Ich ging zur Tür um einen Blick in den Flur zu werfen, vielleicht konnte ich ihn ja noch sehen. Schon als ich die Tür einen kleinen Spalt geöffnet hatte, konnte ich ihre Stimmen hören. Was sie sagten konnte ich nicht verstehen, aber an der Tonlage konnte ich erkennen, dass zumindest Uru ziemlich verstört zu sein schien. Geschah ihm nur Recht und tat ihm vielleicht auch mal ganz gut. Also ließ ich sie in Ruhe.
 

Kai und Aoi waren währenddessen am Diskutieren, was wir noch machen sollten. Kai wollte was trinken gehen und Aoi tanzen. Mir war aber nach beidem eher weniger und so klinkte ich mich aus. Ich beeilte mich meine Sachen zusammen zukramen um möglichst schnell nach Hause zu kommen, in der Hoffnung dort Uruha anzutreffen und in Ruhe mit ihm reden zu können. Aber diese Hoffnung wurde derbe enttäuscht, als ich die dunkle Wohnung betrat. Vielleicht kam er ja später. War noch spazieren oder so, um den Kopf frei zu kriegen. Denn das ihn der Kuss getroffen haben musste, war schwer zu übersehen gewesen.

Ich beschloss erst einmal duschen zu gehen. Danach machte ich es mir in meinen Schlabberklamotten auf dem Sofa gemütlich und wartete. Und wartete und wartete und wartete. Doch nichts geschah. Er kam einfach nicht nach Hause. Hatte ich es vielleicht übertrieben mit dem Kuss? Was war, wenn er jetzt überhaupt nicht mehr nach Hause kam? Verzweifelt starrte ich vor mich hin. Was, wenn er mich jetzt hasste? Oder dachte, ich hätte was mit Aoi? Ich spürte die Tränen aufsteigen und hatte nicht die Kraft sie aufzuhalten, ließ sie einfach laufen.

Als es draußen schon lange hell geworden war, hatte mich letztlich dann doch der Schlaf übermannt.

Und jetzt war er da. Einfach so, als wär er nie weg gewesen, aber ich war froh, dass er da war.
 

Ich hob meine Hand und strich ihm über die Haare. Er murrte, schlief aber weiter. Dann rutschte ich näher und schlang meinen Arm um ihn, genoss seine Nähe und seine Wärme, atmete seinen Geruch ein. So lagen wir noch eine Weile, bis Uru dann langsam, schmatzend wach wurde. Eine Weile sahen wir uns einfach stumm an. Keiner wusste, was er sagen sollte und keiner wollte den Anfang machen. Bis Uruha sich dann räusperte.

„Was ist da zwischen dir und Aoi?“ fragte er zögerlich.

„Nichts.“

„Das sah aber ganz anders aus.“

„Es sollte ja auch so aussehen.“ Verwirrt sah er mich an.

„Du hast mir verdammt wehgetan, als du mich vor dem Konzert so angekeift hast. Und vor allem, was du da von dir gegeben hast tat weh. Wir haben nie darüber gesprochen und es hat sich ja auch alles einfach so ergeben. Und unsere Freundschaft mit Sex ist ja schön und gut, aber das reicht mir auf Dauer einfach nicht. Denn ich fühl für dich viel mehr als bloß Freundschaft. Du bist die Luft, die ich zum Atmen brauch. Ich liebe dich mehr als mein Leben und wenn du mir dann sowas an den Kopf wirfst, was soll ich davon halten? Ich sag solche Sachen ja auch nicht zu dir.“ gab ich offen zu. Zu verlieren hatte ich eh nichts mehr, da konnte ich auch ehrlich sein.

„Ruki… ich… was… also…tut mir leid. Ich wollte dir ganz sicher nicht weh tun. Du bist nur so dermaßen auf die Nerven gegangen, mit deiner Hibbelei. Und, ich weiß auch nicht warum ich das gesagt hab, mir ist wohl einfach ne Sicherung durchgebrannt. Und ich hab das auch nicht so gemeint. Es tat mir schon leid, als ich es gesagt hatte.“ Er hauchte mir einen Kuss auf den Mund.

„Schon gut. Das weiß ich ja.“

„War der Kuss die Rache dafür?“

„Nicht nur. Ich wollte wissen wie du darauf reagierst. Du hast ja nie was über deine Gefühle gesagt und ich war so unsicher und…“

„Ich hab gedacht mein Herz bleibt stehen, als ich euch dabei gesehen hab. Ich hab keine Luft mehr gekriegt und alles hat sich gedreht. Am Liebsten hätte ich Aoi eine reingehauen! Und wie du dich an ihn geklammert hast, ich dachte ich seh nicht richtig! Wenn du sowas noch einmal machst, dann kriegen wir beide mächtig Ärger!“ Böse funkelte er mich an.

„Soll heißen?“ grinste ich fies.

„Soll heißen, dass ich dich liebe, du Idiot!“ meckerte er und wurde rot um die Nase. „Und wenn Aoi dir noch einmal zu nahe kommt, kann Rei seine Überreste bestatten. Auch wenn es mir für ihn dann leid tut.“ Noch immer sah er finster drein.

„Ok.“ gab ich mich geschlagen. „Also sind wir jetzt richtig zusammen?“ hakte ich vorsichtshalber noch mal nach.

„Hast du mir nicht zugehört?!“

„Also ja?“

„Ja! Herrgott noch mal! Du treibst mich noch in den Wahnsinn. Wegen dir bekomm ich schon graue Haare.“ schimpfte er, doch ich lachte nur, bevor ich ihn stürmisch küsste. Er erwiderte den Kuss sofort und ebenso stürmisch, fordernd. Er ließ sich auf den Rücken sinken und zog mich mit sich, sodass ich auf ihm zum Liegen kam. Seine Hände glitten unter den Saum meines Shirts und strichen unkoordiniert über meinen Rücken, während seine Zunge leidenschaftlich mit der meinen spielte, sie umgarnte und unerbittlich bekämpfte. Wir unterbrachen den Kuss erst, als wir beide keine Luft mehr bekamen. Diesen Moment nutzte ich und zog mir das Shirt aus, zupfte an seinem. Er richtete sich leicht auf und entledigte sich ebenfalls seines Oberteils. Dann ließ er sich wieder zurücksinken und sah mich mit glühendem Blick an. Mir wurde warm durch und durch. Gierig stürzte ich mich auf ihn, auf seine Lippen, eroberte seine Mundhöhle. Ihm entkam ein leises Stöhnen. Seine Arme schlangen sich um meine Hüften und zogen mich näher an seine Körpermitte. Ich konnte spüren, dass er schon hart war. Mir ging es nicht viel anders. Ich platzierte meine Knie rechts und links neben seine beiden, griff nach dem Bund seiner Jogginghose und zog sie ihm runter. Die Panty nahm ich gleich mit. Er schien den Kuss nicht unterbrechen zu wollen, denn er folgte meinen Bewegungen. Kaum seiner Hose entledigt sah er mich auffordernd an. Ich grinste und beugte mich hinunter.

[...]

„Soll ich dir zeigen wo der Unterschied liegt, wenn du mit mir zusammen bist?“ Neugierig sah ich ihn an, bevor ich nickte. Kurz stand ich auf um meine Hose loszuwerden. Zurück auf dem Sofa bedeute Uru mir mich hinzulegen. Fragend sah ich ihn an. „Vertrau mir.“ Bat er heiser und mehr als ein Nicken brachte ich nicht zustande. Mit großen Augen verfolgte ich, wie er sich mir gegenüber in die Lehne sinken ließ und zwei seiner Finger zwischen seine gespreizten Beine glitten. Ein teuflische Grinsen hatte sich auf seine Züge gelegt, als er mit der anderen Hand ein wenig Gleitcreme auf diesen Fingern verteilte.

[...]
 

Erschöpft ließ er sich auf meine Brust sinke und ich fing ihn auf, schloss meine Arme fest um ihn. So lagen wir einfach nur da, bis sich unser Atem wieder beruhigt hatte.

„Das war schön.“ seufzte ich leise.

„Jaa.“ lächelte er sanft. „Ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“ Zärtlich küsste er mich, bevor er sich von mir herunter rollte und sich an mich kuschelte.

# Aoi #

Ruki und Uruha als glückliches Paar um einen zu haben, war echt zum Kotzen. Die beiden waren so süß, dass man direkt Karies bekam. Betüddelten sich gegenseitig noch schlimmer als zuvor… Klar, ich freute mich für sie, irgendwo tief in mir drin, aber es nervte auch. Denn genau das war es ja, was ich eigentlich mit Reita haben wollte, jedoch nicht haben konnte. Anmerken ließ ich mir aber nichts. Das wäre ja noch schöner.
 

Ich riss meinen Blick von Ruki und Uru los, die gerade dabei waren sich gegenseitig die Mandeln zu untersuchen und sah stattdessen den Leuten auf der Tanzfläche zu. Wieso hatte ich mich überhaupt breitschlagen lassen mitzukommen? Mir war nicht nach feiern zu Mute. Und auch nicht nach Gesellschaft. Ich wollte einfach nur alleine sein und meine Ruhe haben. Aber nein, Kai und sein verdammter Bambiblick. Er hatte mich mit großen traurigen Augen angesehen und gebettelt, dass ich mit kommen musste. Er hätte doch eine Überraschung für uns und das könnte ich ihm doch jetzt nicht antun… Als dann noch die ersten Tränen in seinen Augen glitzerten konnte ich einfach nicht mehr ’nein’ sagen. So ein Mist. Und plötzlich, nachdem ich zugesagt hatte, war er wieder das blühende Leben, keine Spur mehr von den Bambiaugen sondern nur noch ein breites Grinsen… Jaja, er hatte mich reingelegt… Verdammt. Eigentlich hätte ich es mir ja denken können.
 

Und so saßen wir alle in diesem neuen Club. Zumindest Rei, Ruki, Uru und ich. Von Kai war weit und breit noch nichts zu sehen. Dabei hatte er uns noch ermahnt pünktlich zu kommen. Und als ob das noch nicht reichte, saß auch noch Rei neben mir und sah mich die ganze Zeit von der Seite an. Hatte ich was im Gesicht? Mürrisch verzog ich den Mund, griff nach meinem Bier und nahm einen kräftigen Schluck.

Na wenigstens schafften Uru und Ruki es sich zusammenzureißen und sich nicht ständig zu befummeln. Letzte Woche hätte ich beinahe einen Schock gekriegt, als ich nichts ahnend in den Proberaum kam und die beiden gerade dabei waren es auf dem Sofa zu treiben. Und auch während der Probe, die wegen den beiden dann verspätet begonnen hatte, hatten die sich ständig gegenseitig angetatscht und sich anrüchige Blicke zugeworfen. Das war schlimmer als in jedem Porno.

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Uru mich unsanft anstieß.

„Guck mal da!“ zeigte er mit seinem Finger Richtung Tür. Verwirrt folgte ich der Richtung. „Das ist eindeutig Kai. Und Miyavi!“ sagte er aufgeregt.

„Die halten Händchen!“ schrie Ruki.

Tatsächlich. Also war Kai ja wohl auch schwul. Fragte sich nur seit wann. Und warum er mir nichts davon erzählt hatte. Darauf musste ich erst noch mal einen großen Schluck trinken. Reita lachte leise, als er unsere Reaktion bemerkte. Ich warf im einen Blick zu und er verstummte sofort wieder. Na super. Anscheinend hatte er es ja gewusst. Danke auch, Kai. Sowas nennt sich Kumpel.
 

Kai und Miyavi hatten inzwischen unseren Tisch erreicht und begrüßten uns freudig. Ich nickte höflich und trank noch was. Sie setzten sich zu uns und wurden auch sofort von Uru und Ruki mit Fragen bestürmt. Ich hielt mich zurück und beobachtete lieber die Leute auf der Tanzfläche.

„Hast du Lust zu tanzen?“ ich spürte Rei’s Atem an meinem Hals, als er mich fragte. Ich bekam eine Gänsehaut. Dann sah ich ihn kurz an und schüttelte den Kopf.

„Nein!“ sagte ich bestimmt und Reita wandte sich enttäuscht wieder ab. Schließlich erhob er sich, fragte wer was trinken wollte und verschwand zur Bar. Kai rutschte auf seinen Platz und beugte sich zu mir rüber. „Bist du sauer, dass ich’s dir nicht gesagt hab?“

„Nein, wieso, wenn du sowas lieber Rei erzählst, ist das deine Sache.“

Damit erhob ich mich und flüchtete auf die Tanzfläche. Ja, ich war sauer. Und ich fühlte mich hintergangen, aber daran konnte ich jetzt auch nichts ändern. Ich stürzte mich in die Menge und begann mich im Takt der Musik zu bewegen. Es dauerte nicht lange, da spürte ich auch schon einen Körper hinter mir, der mich antanzte. Erst dachte ich es wäre Rei oder Kai, aber als ich mich umdrehte blickte ich direkt in brennende grüne Augen, die mich auffordernd anfunkelten. Die Augen gehörten zu einem sehr ansehnlichen Gesicht, sanft, aber mit markanten Zügen ums Kinn. Wirre braune Haare umrandeten dieses Gesicht. Er grinste mich an und ich grinste zurück, bewegte mich ihm entgegen. Er legte einen Arm um meine Hüfte und zog mich näher. Ich ließ ihn gewähren. Gemeinsam bewegten wir uns zum Takt der Musik. Er ein Bein zwischen meinen, ich eins zwischen seinen, seine Hand auf meinem Po, meine auf seinem Rücken. Mir wurde immer wärmer und wärmer und seine heißen Blicke machten es auch nicht besser, aber ich konnte einfach nicht weggucken. Diese Augen faszinierten mich. Langsam kam er meinem Gesicht näher und ich beugte mich ein wenig vor. Als unsere Lippen sich berührten, seufzte ich leise in den Kuss hinein. Seine Zunge glitt zwischen meine Lippen und forderte meine zu einem Duell. Ich ging darauf ein und ein wilder Kampf entbrannte, den ich gewann. Ich löste mich wieder von seinen Lippen und grinste ihn herausfordernd an. Noch immer bewegten wir uns zum Takt der Musik.

Er löste sich ganz von mir und ich sah ihn überrascht an. Dann nahm er meine Hand und zog mich von der Tanzfläche in Richtung Bar. Ich verstand und ließ mich mitziehen. Im Vorbeigehen konnte ich Rei erkennen, der uns düster hinterher sah und von Kai festgehalten wurde, aber es interessierte mich nicht. Viel mehr interessierte mich momentan dieser außerordentlich gut aussehende Mann vor mir. Heute wollte ich Spaß haben, mir keinen Gedanken machen und er schien die geeignete Person dafür zu sein.
 

Wir hatten Glück, dass gerade zwei Hocker frei wurden, als wir an der Bar ankamen. Der Club war immerhin gerammelt voll. Wir setzten uns und bestellten, unterhielten uns. Er hieß Haruki, war 2 Jahre älter als ich.

Als die Getränke leer waren, begaben wir uns wieder auf die Tanzfläche. Diesmal lief ein langsameres Lied und er zog mich direkt in seine Arme. Es tat gut so gehalten zu werden. Viel zu lange war es her. Viel zu lange hatte ich keinen festen Freund mehr gehabt. Für ONS war ich nicht so der Typ, aber vielleicht würde ich bei Haruki eine Ausnahme machen. Immerhin war ich Single und Haruki Balsam für meine Seele und mein angeknackstes Ego. Gemeinsam wiegten wir uns im Takt der Musik, sahen uns tief in die Augen. Schließlich beugte er sich vor und küsste mich erneut. Verführerisch, sinnlich und dennoch so fordernd. Ich erwiderte seinen Kuss und begann mich leicht an ihm zu reiben, konnte einfach nicht genug von seiner Nähe bekommen. Als mein Oberschenkel seine leichte Erregung berührte, stöhnte Haruki in den Kuss. Mit vor Lust verschleierten Augen sah er mich an. Sanft löste er sich von mir und nahm meine Hand, zog mich hinter sich her von der Tanzfläche runter, durch den Personalausgang in einen kleinen Hinterhof. Kaum dort angekommen, fand ich mich an die nächste Wand gepinnt wieder, während er sich an mich presste und mich verlangend küsste. Ich schlang meine Arme um ihn und seufzte in den Kuss, welcher nach und nach von Haruki vertieft wurde. Fast schon verzweifelt klammerte ich mich an seinen Schultern fest und schlang ein Bein um seine Hüfte, keuchte auf, als sich unsere Erektionen berührten. Hungrig küsste ich Haruki, presste mich an ihn, rieb mich an ihm. Er stöhnte ungehalten und legte seine Hände auf meinen Po, zog mich noch näher, leckte über meinen Hals bis zum Rand meines Shirts und wieder zurück zum Ohr hinauf. Meine Hände strichen über seinen Rücken, schoben sich unter sein Shirt und strichen über die warme, schwitzige Haut. Er löste eine Hand von meinem Po und ließ sie unter mein Shirt fahren, umspielte mit den Fingerspitzen meine rechte Brustwarze, was mich rau aufkeuchen ließ. Ich zog sein Gesicht zu mir und küsste ihn, bevor ich meine Hände wieder zurück zu seinen Schultern wandern ließ und ihn leicht nach unten drückte. Er verstand den Wink und ging vor mir in die Knie, öffnete meinen Gürtel und schob Hose und Boxershorts bis zu meinen Knien herunter. Er fixierte mich mit seinen dunklen Augen und ließ seine heiße Zunge quälend langsam über meine gesamte Länge wandern. Ich stöhnte ungehalten und warf in freudiger Erwartung den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Doch nichts geschah.
 

Verwirrt öffnete ich die Augen und sah mich blinzelnd um. Wo war Haruki? Dann sah ich ihn ca. 5 Meter von mir entfernt auf dem Boden sitzen, neben ihm Reita, der ihn am Kragen gepackt hatte und auf ihn einschrie. Erschrocken wollte ich dazwischen gehen, wurde aber von meiner herabhängenden Hose daran gehindert. Von meiner Erregung war nichts mehr übrig. Schnell zog ich die Hose wieder hoch und schloss hastig den Gürtel. Dann machte ich einen Schritt nach vorne, doch Haruki war schon aufgesprungen. Er warf mir einen bedauernden Blick zu und verschwand dann sich die Wange haltend wieder im Club.

Wütend starrte ich Reita an, der sich derweil vor mir aufgebaut hatte. Sein Gesicht war rot und wutverzerrt. Seine Augen schienen Funken zu sprühen. Er hob eine Hand, ballte sie zur Faust und ich zuckte erschrocken zurück. So hatte ich Reita noch nie erlebt und ich wusste nicht zu was er in dieser Stimmung fähig war, also ging ich lieber auf Abstand…
 

# Reita #

Mit geballter Faust starrte ich Aoi wütend an. Ich hatte nicht wenig Lust ihm eine zu verpassen. Wie konnte er es wagen vor meinen Augen mit so einem dahergelaufenen Typen rum zumachen? Ich dachte er wäre in mich verliebt? Wie kann er sich dann einfach von so einem betatschen und ablecken lassen? Ich hätte dem Kerl grad echt die Fresse polieren sollen. Mit dem einen Schlag war der noch sehr glimpflich davongekommen.

Ich bemerkte, dass Aoi vor mir zurückwich und ließ die Hand sinken, atmete tief durch. Dann machte ich langsam einen Schritt auf ihn zu. Er hielt den Atem an und beobachtete jede meiner Bewegungen genau. Dann griff ich nach seinem Arm und drehte mich um, verließ den Hof und ging Richtung Ausgang.

„Reita, verdammt noch mal! Was soll der Scheiß? Tickst du noch ganz sauber?“ schrie Aoi mich an und versuchte seinen Arm loszureißen. Ich drehte mich um und funkelte ihn düster an. „Halt die Klappe!“ fuhr ich ihn an und er zog hörbar die Luft ein, war dann aber still. Ihn noch immer am Arm festhaltend schliff ich ihn hinter mir her zu meiner Wohnung. Wir würden das jetzt klären! Ein für alle Mal! So langsam reichte mir dieser ganze Scheiß! Wir waren doch zwei erwachsene Menschen!
 

Erst vor meiner Wohnungstür ließ ich seinen Arm wieder los. Schnell schloss ich die Tür auf und schob ihn etwas unsanft in die Wohnung. Ich verzichtete darauf die Schuhe auszuziehen und dirigierte Aoi direkt weiter ins Wohnzimmer. Unsicher sah er mich an.

„Setz dich. Ich mach Tee.“ Damit verschwand ich erstmal in die Küche. Dort setzte ich den Wasserkocher auf und holte zwei Tassen raus. Ich lehnte mich an die Arbeitsplatte und atmete tief durch, musste mich erst einmal etwas beruhigen und meine Gedanken ordnen, bevor ich Aoi gegenübertreten konnte.

Mit den beiden Tassen in der Hand betrat ich kurze Zeit später wieder das Wohnzimmer, wo Aoi am Fenster stand und in die Nacht hinaus starrte, beide Arme fest um seinen Oberkörper geschlungen, als wollte er sich so vor mir schützen. Er zitterte sogar leicht.
 

Ich räusperte mich und stellte die Tassen auf den Tisch, setzte mich dann auf’s Sofa und kickte die Schuhe von den Füßen. Aoi tat es mir gleich und nippte an seinem Tee, vermied es aber mich anzusehen.

„Also, was sollte das? Warum zerrst du Haruki von mir weg und machst hier so einen Aufstand?“ fragte Aoi.

„Haruki? Ist das sein Name?“ zischte ich. Von wegen beruhigt, schon war die ganze Wut wieder da.

„Das geht dich nichts an!“ sagte Aoi schlicht, starrte immer noch in seine Tasse.

„Ach, soll ich zusehen wie du dich von dem Kerl im Hinterhof des Clubs vögeln lässt wie eine billige Schlampe?“ schrie ich aufgebracht, war aufgesprungen und tigerte vor dem Sofatisch auf und ab.

„Und selbst wenn ich mich von ihm hätte vögeln lassen, hat dich das rein gar nicht zu interessieren. Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß!“ Böse funkelte er mich an. „Und von dir muss ich mich nicht als Schlampe beschimpfen lassen! Du vögelst doch alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist!“

„Das ist was Anderes!“

„Ach ja?! Du darfst dich also wild durch die Weltgeschichte ficken und ich darf mir von Haruki - dem ersten Typen seit mehr als einem Jahr wohlgemerkt - keinen Blasen lassen?“

„Ich hab da nie einen Hehl draus gemacht, aber du, du bist einfach nicht der Typ für sowas!“ rief ich aufgebracht und raufte mir die Haare. Eindringlich sah er mich an.

„Wo liegt dein verdammtes Problem? Du hast dich in letzter Zeit doch auch nicht darum gekümmert wie es mir geht!“

„Ich will nicht, dass du dich von anderen Typen vögeln lässt! Oder auch nur küssen!“

„Du bist so ein Armleuchter! Anstatt zuzugeben, dass du eifersüchtig warst, machst du hier einen auf Samariter! Jetzt weißt du wenigstens wie ich mich gefühlt habe, als du diese Tussi auf dem Klo gefickt hast!“ Auch er war nun aufgesprungen.

„War es das, was du wolltest? Dich an mir rächen?! Fragt sich nur wer jetzt hier der Armleuchter ist!“

„Sowas habe ich nicht nötig, aber bei deinem enormen Ego ist das natürlich unvorstellbar! Ich hab versucht über dich hinwegzukommen, dich zu vergessen! Es war gut zu wissen, dass Haruki mich geil fand! Zu spüren, dass ich nicht so unzulänglich bin, wie ich mich fühle!“

Ich schluckte als ich sah, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. „Aber…“

„Ist das alles was dir dazu einfällt? Ich weiß echt nicht, was ich je an dir gefunden habe! Du bist so ein Arschloch! Und sowas will mein bester Freund gewesen sein!“ verächtlich sah er mich an, setzte sich dann und begann seine Schuhe wieder anzuziehen.

„Was hast du vor?“ fragte ich ihn unsicher.

„Ich geh nach Hause. Das hier führt doch zu nichts!“ Fahrig wischte er sich die Tränen weg und stand auf. Wie versteinert sah ich ihm nach, konnte mich nicht bewegen. Ich musste ihn aufhalten! Panisch rannte ich ihm hinterher, erreichte ihn gerade, als er die Wohnungstür öffnete.
 

Überrascht sah er mich an, als ich seine Hand festhielt. „Warte. Bitte geh nicht.“ bat ich. Einen Moment sah er mich einfach nur stumm an.

„Warum? Es ist doch alles gesagt, oder?“ fragt er resigniert.

„Nein, nicht alles… Ich… also… kannst du wieder mit ins Wohnzimmer kommen? Ich kann das nicht so zwischen Tür und Angel.“ Zögernd nickte er und schloss die Tür. Er löste sich aus meinem Griff und sah mich an. „Also?“ kam es auffordernd.

„Ich… ja.. also… ich möchte nicht das du gehst. Ich möchte das du hier bleibst, bei mir bleibst. Ich denke an nichts Anderes als an dich. Ich vermisse es dich um mich zu haben. Ich kann nicht schlafen, wenn du nicht neben mir liegst. Ich möchte dich küssen, dich in den Armen halten, bei dir sein. Ich liebe dich! So sehr, dass es weh tut! Es tut mir leid, dass ich so schwer von Begriff war und dir so wehgetan habe. Bitte verzeih mir.“

Ich spürte wie mir die Tränen aufstiegen und senkte den Kopf. Einige Minuten war es still. Wieso sagte er nichts? Hatte er die Gefühle für mich verloren?

Schließlich räusperte er sich. „Ich… ich weiß gar nicht was ich sagen soll…“ sagte er schließlich leise und hob mein Kinn sanft mit seiner Hand. Überrascht weiteten sich seine Augen, als er meine Tränen sah. Dann zog er mich in seine Arme, hielt mich einfach fest. Und ich konnte nicht mehr, ich schluchzte auf und klammerte mich an ihn, während er mir über den Rücken strich und mir beruhigende Worte zuflüsterte. Doch ich konnte einfach nicht aufhören zu heulen wie ein Baby.

Er löste sich von mir und zwang mich ihn anzusehen, strich mir die Tränen aus dem Gesicht. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. „Ich liebe dich auch, Akira.“ flüsterte er und küsste mich zärtlich. Ich erwiderte diesen sanften Kuss und ließ mich in seine Arme sinken. Vielleicht war es gar nicht so schlecht auch mal schwach zu sein und sich auffangen zu lassen. Zumindest wenn Aoi derjenige war, der mich auffing. Er löste den Kuss und lächelte mich verträumt an. Ich lächelte zurück, nahm seine Hand und führte ihn zurück ins Wohnzimmer. Dort ließ ich mich aufs Sofa fallen und zog ihn zu mir. Er grinste und ließ sich von mir in den Arm nehmen, kuschelte sich an mich.
 

Nach einer Weile löste er sich von mir. „Ich würd gern duschen gehen.“ nuschelte er schüchtern. Irgendwie süß, so kannte ich ihn überhaupt nicht. „Dann mach das. Du weißt doch wo alles ist.“ Er grinste schief und verschwand dann Richtung Bad. Derweil ging ich ins Schlafzimmer und bezog das Bett neu. Nicht, dass ich etwas zu verbergen gehabt hätte, aber die Bettwäsche müffelte schon ein bisschen und das wollte ich Aoi nicht zumuten. Ich stopfte sie zusammen mit diversen auf dem Boden verstreuten Klamotten in den Wäschekorb in der Ecke. Dann kramte ich seine Schlafklamotten aus meinem Schrank und legte sie ihm auf’s Bett. Kurz darauf kam Aoi mit nassen Haaren und nur einem Handtuch um die Hüften aus dem Bad. Oh Gott, dieser Anblick. Da musste ich echt aufpassen, dass ich kein Nasenbluten bekam. Unbewusst leckte ich mir über die Lippen. Aoi grinste nur wissend. Er kam auf mich zu, hauchte mir einen Kuss auf die Lippen, schnappte sich seine Klamotten und verschwand wieder im Bad, ließ mich einfach stehen. Biest! Na warte!

Ich wartete, bis Yuu zurückkam und ging dann ebenfalls duschen. In Schlafklamotten kam ich zurück ins Schlafzimmer und fand Yuu schon im Bett vor. Eingekuschelt auf seiner Seite sah er mich an. Ich löschte das Licht und suchte mir im Dunkeln den Weg zu ihm, krabbelte auf’s Bett und legte mich hin. Aoi war näher gerutscht und ich schloss ihn in die Arme, seufzte zufrieden. Er kuschelte sich an mich und schloss müde die Augen.

„Ich lieb dich.“ murmelte ich.

„Ich dich auch, Aki-chan.“ kam es genuschelt von Yuu und ich schlief glücklich ein.

Kapitel 19
 

# Aoi #

Als ich am nächsten morgen aufwachte, seufzte ich zufrieden und kuschelte mich näher an die Wärmequelle neben mir. Der Arm über meine Seite zog mich noch etwas enger an den warmen Körper und es war ein zufriedenes Schmatzen zu vernehmen.

Ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen, das sich schließlich in ein Glucksen verwandelte. Heiter drehte ich mich in der Umarmung und betrachtete Aki’s schlafendes Gesicht.
 

Er lag auf dem Bauch, den Kopf auf seinem angewinkelten rechten Arm, den linken Arm oberhalb meiner Hüfte um mich geschlungen. Die Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und wo sie nicht hingen, standen sie in alle Richtungen ab. Da er gestern nach dem Duschen den Nasentanga weggelassen hatte, verbarg auch nichts den Anblick dieser niedlichen Stupsnase, die sich leicht gekräuselt hatte. Ich gluckste erneut.

„Ey, was machsu?“ nuschelte es verschlafen unter dem blonden Vorhang.

„Nichts, schlaf weiter.“ sagte ich unbekümmert und hob meine Hand, strich ihm ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht, die aber sofort wieder zurückfielen. Meine Hand wanderte in seinen Nacken und ich begann ihn sanft zu kraulen. Langsam öffnete sich erst ein Auge, dann das andere und er sah mich total zerknittert an, bevor sich ein zärtliches Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete.

„Kuss!“ verlangte er quengelnd und sah mich fordernd an. Ich lachte und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Als ich mich lösen wollte, hielt er mich fest und murrte scheinbar enttäuscht. Wieder lachte auf. „Noch einen?“ fragte ich nach und er nickte bloß. Erneut küsste ich ihn, die Hand unverändert seinem Nacken kraulend.

„Was machen wir heute?“ wollte ich nach einer Weile wissen.

„Garnichts.“ war die prompte, knappe Antwort.

„Wie gar nichts? Willst du den ganzen Tag im Bett bleiben?“ überrascht sah ich ihn an.

„Ja.“ kam es grinsend zurück und ich grinste ebenfalls.

„Gut, dann mach du mal. Ich geh derweil was Essbares suchen.“ meinte ich, küsste ihn noch einmal kurz und verließ das Schlafzimmer.

3… 2… 1… Schon kam Rei mir hinterher geflitzt.
 

In der Küche setzte ich erstmal Kaffee auf und blieb dann mit dem Rücken an die Arbeitsplatte gelehnt stehen. Rei stand vorne übergebeugt nur in Boxershorts vor dem offenen Kühlschrank. Ein breites, dreckiges Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, als ich hinter ihn trat und meine Hände rechts und links auf seiner Hüfte platzierte. Ich spürte, wie er zusammenzuckte, sich aber ansonsten nicht rührte. Ich beschloss auszuprobieren, wie weit ich gehen konnte und rieb meinen Schoß demonstrativ an seinem Knackarsch, seufzte wohlig dabei. Erschrocken schnellte sein Oberkörper nach oben, allerdings vergaß er anscheinend, dass er halb im Kühlschrank steckte und haute sich entsprechend den Hinterkopf an der Schrankkante ein.

Ich ließ von ihm ab und wich vorsichtshalber einen Schritt zurück, als er die Tür zuschlug und den Kühlschrank auf’s Übelste beschimpfte, bevor er sich zu mir umdrehte und mich mit seinem Blick erdolchte.

„Sag mal, spinnst du!?“ schnauzte er mich an, sich dabei den Kopf reibend.

„Sorry. Das war nur grad so verlockend…“ versuchte ich ihn zu beschwichtigen.

„Verlockend? Willst du mich umbringen?“ motzte er weiter.

„Tut mir leid. Ehrlich“ sagte ich versöhnlich und zog ihn in eine Umarmung, sah ihn zerknirscht an.

Er ließ es sich gefallen, lehnte seinen geschundenen Kopf an meine Schulter und seufzte geschlagen. Dann löste er sich wieder. „Nur das das klar ist, Schnittchen, wenn, dann läuft das sowieso andersrum.“ erklärte er mir mit strengem Blick und erhobenem Zeigefinger.

„Ach, ja?“ wollte ich abschätzend wissen.

„Oh ja!“ bestätigte er mir, bevor diesmal er mich an sich zog und seine Hände besitzergreifend auf meinen Po legte. Oh Gott, gleich war ich derjenige, der hier den Herzinfarkt bekam. Ich schnurrte leise und presste mich enger an ihn. Er sah mir tief in die Augen und ich verlor mich in seinen, bekam nur am Rande mit, wie er sich vorbeugte und schloss die Augen. Neckisch streiften seine Lippen meine, hauchten einen sanften Kuss darauf und waren im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden, genauso wie seine Hände von meinem Po. Als ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, öffnete ich verwirrt meine Augen und blickte in das breit grinsende Gesicht Reita’s, der inzwischen 2 Tassen aus dem Schrank holte. Was war das denn jetzt gewesen? Wollte der mich verarschen? Böse sah ich ihn an und streckte ihm die Zunge raus.

„Sorry, das war grad so verlockend.“ kam es von ihm ehe er seinen Kaffee nahm, leise lachend und sichtlich amüsiert die Küche verließ.
 

Beleidigt verschränkte ich die Arme und starrte ihm finster hinterher. Dieser… Mistkerl. Ich nahm mir meine Tasse und setzte mich an den Küchentisch. Gerade als ich den ersten Schluck nehmen wollte, klingelte Reita’s Telefon. Ich ließ mich davon nicht beirren und widmete mich lieber schmollend meinen Kaffee.
 

# Reita #

Noch immer leise lachend verschwand ich mit meinem Kaffee aus der Gefahrenzone. Besser ich ließ ihn sich beruhigen, bevor er mich nachher nen Kopf kürzer machte. Das war aber auch wirklich gemein gewesen. Aber Rache musste sein. Und nachdem er mich letzte Nacht so geärgert hatte und wegen der Aktion mit dem Kühlschrank, hatte er das auch irgendwie verdient. Mein Schädel dröhnte immer noch. Ich stellte die Kaffeetasse im Wohnzimmer ab und ging ins Bad um mir ne Kopfschmerztablette zu holen. Danach schmiss ich mich aufs Sofa und trank erstmal in Ruhe meinen Kaffee.
 

Leider machte das klingelnde Telefon meinen Plan zunichte. Finster starrte ich es an und überlegte ob es die Sache wert war, das Ding aus dem Fenster zuwerfen. Wie teuer war wohl so ne Fensterscheibe? Ich verwarf den Gedanken, da das Geklingel meinem lädierten Kopf nicht gut tat und griff mir das Telefon, das neben mir auf dem Sofa lag.

„Moshi moshi.“ Murrte ich lustlos in den Hörer.

„REITA?“

„Äh… hai?“

„NA KAMI SEI DANK! ICH DACHTE DIR WÄR GOTT WEIß WAS PASSIERT!!!“ Ich hielt den Hörer ein gutes Stück von meinem Ohr weg, da mein Kopf von dem Geschrei wieder angefangen hatte zu pochen.

„Schrei nicht so, ich bin nicht taub, Kai!“ meckerte ich ins Telefon.

„Oh, gomen. Ich hab mir nur so schreckliche Sorgen gemacht. Immerhin warst du gestern einfach weg und an dein Handy gegangen bist du auch nicht. Aber immerhin hab ich dich jetzt wenigstens erreicht. Aoi hab ich immer noch nicht erreicht.“ Kai hörte sich wirklich besorgt an und nach allem, was in letzter Zeit so passiert war, hatte er wahrscheinlich auch allen Grund dazu.

„Aoi ist bei mir.“ Klärte ich ihn auf.

„Was echt?!“ rief er aus und es folgte eine überraschte Stille.

„Ja… ano… ich… wir… also er ist hier und es geht ihm gut. Willst du ihn sprechen?“ Mehr brachte ich nicht zustande. Was war jetzt eigentlich? Waren Aoi und ich jetzt zusammen? Wäre nur logisch. Ich mein, er liebt mich und ich liebe ihn. Aber richtig was gesagt hatten wir beide nicht. Und wollte er überhaupt noch mit mir zusammen sein? Immerhin hatte ich richtig scheiße gebaut.

„Nein, ich glaub dir. Wenn er will, soll er mich anrufen, ok?“

„Ja, ich sag’s ihm. Mach dir keine Sorgen, er ist bestimmt nicht mehr sauer auf dich und ich bin mir sicher, dass er sich für dich und Miyavi freut.“

„Arigato. Dann noch einen schönen Tag und wir sehen uns morgen um 12 zum Interview.“

„Gut, bis dann.“ Ich legte auf und das Telefon auf den Tisch mir gegenüber. Ich griff nach meiner Tasse um endlich den Kaffee auszutrinken, aber der war inzwischen kalt geworden. Ich knurrte mürrisch und stellte die Tasse wieder zurück. Dann eben kein Kaffee mehr. Ich hatte sowieso irgendwo gehört, der sollte nicht so gesund sein. Seufzend ließ ich mich wieder auf’s Sofa fallen und als ich den Fernseher einschaltete, kam Yuu ins Wohnzimmer geschlichen. Den Blick mit dem er mich bedachte konnte ich nicht deuten, aber sauer schien er nicht mehr zu sein.

„Hey.“ nuschelte er leise und setzte sich neben mich auch die Sofakante, lächelte mich an.

„Hey.“ erwiderte ich schmunzelnd und bedeutete ihm sich zu mir zu legen, was er auch tat. Eines seiner Beine schob er zwischen meine und seinen Kopf bettete er auf meine Brust und sah mich an, ehe er sich vorbeugte und mich sanft küsste. Ich erwiderte den Kuss, legte all meine Gefühle für ihn hinein und hörte ihn schwach aufseufzen, während meine Hände über seinen Rücken strichen.
 

So lagen wir eine ganze Weile zusammen und kuschelten. Ich hatte das wirklich vermisst. Ich hatte Yuu vermisst. Seine Nähe, sein Lächeln, diese tollen Mandelaugen. Einfach alles. Aber das war ja jetzt endlich vorbei. Er war wieder hier. Bei mir. Und er würde auch hier bleiben. Oder? Ich hoffte es doch wirklich sehr, denn die letzten Wochen hatten eindeutig gezeigt, dass ich ohne ihn fast nicht lebensfähig war. Vielleicht auch doch, aber ausprobieren müssen wollte ich es nicht.

„Alles ok mit deinem Kopf? Tut’s noch weh?“ wollte Aoi irgendwann wissen.

„Ja, aber geht schon…“ winkte ich ab, denn die Tablette begann langsam zu wirken.

„Sorry noch mal. Dein Anblick war nur so lecker…“ grinste Aoi. „Wer hat vorhin angerufen?“

„Kai. Er wollte wissen wo wir sind, weil wir gestern einfach abgehauen sind. Er hat sich Sorgen gemacht und wahrscheinlich gedacht, es wäre Gott weiß was passiert.“ antwortete ich.

Aoi richtete sich ein wenig auf, damit er mich ansehen konnte.

„Nach allem, was in letzter Zeit passiert ist, ist das ja auch kein Wunder.“ gab er zu bedenken.

„Da hast du auch wieder Recht…“ Unliebsame Erinnerungen kamen wieder hoch. Aoi’s Gesicht in jener folgenschweren Nacht, seine Tränen.

„Ich war nach dieser Nacht noch einmal bei dir.“ begann ich leise. Aoi gab einen überraschten Laut von sich, sagte aber nichts. „Ich hab ne halbe Ewigkeit gewartet, weil du auf mein Klingeln nicht reagiert hattest. Einfach den Schlüssel zu benutzen hab ich mich nicht getraut. Deine Nachbarin hat mir dann gesagt, dass du verreist wärst.“ fuhr ich fort.

„Oh.“ Sagte Aoi überrascht. „ich musste einfach weg, das wurde mir alles zu viel…“

„Ich weiß. Ich mach dir auch gar keinen Vorwurf, ich wollte nur, dass du es weißt. Ich war so ein Idiot… Es tut mir so leid, dass ich dich so verletzt habe, Yuu.“ Schuldbewusst sah ich ihn an.

„Aber jetzt sind wir zusammen.“ zaghaft lächelte er.

„Ja, das sind wir.“ Ich beugte mich vor und küsste ihn sanft. Er legte seine Arme um meinen Nacken und erwiderte den Kuss, vertiefte ihn. Ich seufzte glücklich in den Kuss. „Aber erwarte keine Wunder von mir. Du kennst mich.“ Yuu war ein sehr emotionaler Mensch, sehr gefühlsbetont und ich war mir nicht sicher, welche Erwartungen er hatte und ob ich sie würde erfüllen können. Besonders in der Öffentlichkeit. Ich war mir nicht sicher, ob ich händchenhaltend durch die Gegend laufen konnte oder es wollte. Es war einfach alles noch so neu… und es fühlte sich noch so ungewohnt an. Gut, aber ungewohnt. Andererseits…

„Keine Sorge, das werde ich nicht. Wir gucken einfach wie es läuft und lassen den Rest ganz einfach auf uns zukommen.“ versicherte er mir. „Eine Bedingung gibt es allerdings!“ sagte er ernst.

„Die da wäre?“ fragte ich irritiert von seinem ernsten Gesichtsausdruck.

„Keine Frauen!“ antwortete er bestimmt.

„Keine Sorge. Gegen dich kommt eh keine an. Keine Frauen, versprochen.“ schwor ich und meinte es auch so.

„Auch nicht in Pornos!“ warf Aoi ein.

„Auch nicht in Pornos.“ stimmte ich zu.

„Gut, dann wäre das geklärt.“ Er ließ sich zurücksinken, legte seinen Kopf auf meine Schulter und schnurrte zufrieden. Ich legte meine Arme um ihn und hielt ihn fest, genoss die Nähe, die Zweisamkeit. Jäh wurde diese durch Yuu’s knurrenden Magen unterbrochen. Ich lachte. Aoi musste nur, machte aber nicht de Anschein sich von der Stelle bewegen zu wollen.

„Sollen wir was bestellen?“ fragte ich.

„Nein. Ich hab in letzter Zeit nur vom Lieferservice gelebt. Lass uns was kochen.“ Entschied er.

„Dann müssen wir einkaufen, ich hab nichts da.“

„Och nö… Ich will nicht aufstehen!“ meckerte er und kuschelte sich noch etwas mehr an mich.

„Tja, du kannst aber leider nicht beides haben. Wie wär’s damit: wir gehen zusammen einkaufen und ich koch dir was Schönes. Danach wird weitergekuschelt solange du willst.“ Versuchte ich ihn zu locken.

„Nur kuscheln?“ er zog eine Schnute.

„Mal sehen. Aber erst musst du aufstehen.“ grinste ich.

„Ok.“ Gab er nach und erhob sich widerwillig murrend. „Ich geh mich fertig machen.

Damit verschwand er zuerst ins Schlafzimmer und anschließend ins Bad, während ich in die Küche ging um den Einkaufszettel zu schreiben. Als Yuu fertig war, huschte ich schnell ins Bad und machte mich fertig. Eine halbe Stunde und drei Beinahe-Herzinfarkte aufgrund von Yuu’s Fahrstil später standen wir dann endlich im Supermarkt.
 

Nebeneinander streiften wir durch die Gänge, während der Einkaufswagen sich stetig weiter füllte. Hin und wieder warfen wir uns verstohlene Blicke zu und lächelten uns an. Als wir an der Fleischtheke ankamen, fiel mir auf, wie der Verkäufer Yuu aufmerksam von oben bis unten musterte. Yuu lächelte ihn freundlich an, reagiert aber ansonsten nicht darauf. Das schien der Kerl jedoch als Ansporn zu empfinden, denn er zwinkerte Yuu verschwörerisch zu. Ich merkte wie ich wütend wurde und den Kerl am liebsten über die Theke hinweg erwürgt hätte. Was blickfickte der bitte meinen Freund? Der sah ja noch nicht mal gut aus mit seiner Hackfresse! Unauffällig griff ich nach Yuu’s Hand, worauf er mich überrascht ansah. Dann jedoch lächelte er und drückte meine Hand. Ich lächelte zurück. Dem Verkäufer fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er das sah. Ich grinste ihn wissend an, nahm unsere Einkäufe von der Theke und zog Yuu weiter, der den Einkaufswagen fuhr. Ich sah ihn zufrieden von der Seite an und er grinste breit zurück.

Irgendwie tat mir der Verkäufer ja schon leid. Yuu war toll, sah gut aus und das Beste daran war, dass er mein FREUND war. Ich würde ihn nie wieder hergeben, so viel war sicher.



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Kommentare zu dieser Fanfic (47)
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Von:  InspiredOfMusic
2009-09-13T16:40:14+00:00 13.09.2009 18:40
Also ich stimme Armaterasu nicht zu...
reita hat aoi ja schon imemr i-wo geliebt...nur das körperliche hat gefehlt..und die Geschichte geht ja über Wochen hinweg, also finde ich schon, dass das alles passt...

Sehr toll geschrieben...schreib mir bitte wenns weitergeht hai?? ich freu mich schon drauf...
Von:  Armaterasu
2009-08-12T07:34:10+00:00 12.08.2009 09:34
ich finde, dass reitas gefühle zu schnell gekommen sind... als stock hetero mann geht es nicht so schnell, dass man auf einmal "ich liebe dich" zu nem mann sagen kann... an den gefühlen will ich nichts sagen, nur ich denke, dass er entweder in aoi verknallt, vielleicht aber auch schon verliebt ist... aber liebe... das braucht seine zeit. und für reita wäre es auch besser, wenn er unten liegen würde, aus dem einfach grund, weil er eben mit männern keine erfahrung hat.

ansonsten war das ein richtig entspanntes kapitel und ich freu mich auf das nächste ^^

LG
amy
Von:  Kaylean
2009-06-29T18:07:25+00:00 29.06.2009 20:07
schönes Kapitel ^^

Es hat mir gefallen. Aois Genervtheit über das glückliche Pärrchen (wäre ich auch, Aoi.) und dass Haruki eben seine Egogestreichelt hat.

Schön, dass die beiden sich ausgesprochen haben. Wird wahrscheinlich ne menge noch zu besprechen sein, zwischen den beiden~
XD und ich kann Aoi verstehen, dass er sauer auf Kai war, dass er es ihm nicht gesagt hat. Ich wäre auf meinen vermeintlich besten Freund auch sauer XD

aber das ist so knuffig, dieses "Und sie halten händchen!"
XD
Von:  LadyNymeria
2009-06-29T11:20:33+00:00 29.06.2009 13:20
so~ schön
jetzt haben sie sich ja doch endlich gekriegt x3
schön schön
hat mir insgesamt supi gefallen ^.^d
Von:  Kimochi-chan
2009-06-02T21:14:59+00:00 02.06.2009 23:14
Sehr.. aufschlussreich..
*lach*
Ich dachte erst, da wäre wirklich was gewesen noch..
*g*
Aber naja, die Versöhnung war .. schön geschrieben und beschrieben. ♥
Von:  Armaterasu
2009-06-02T14:02:46+00:00 02.06.2009 16:02
das war ja mal eine besondere versöhnung... da kann ich nicht meckern *lach* ich finde es gut, was aoi und ruki gemacht haben, weil so konnte uruha und auch reita endlich einsehen, was die beiden wirklich für den jeweils anderen fühlen, auch wenn das Ich liebe Dich immer etwas zu schnell kommt, nach meinem geschmack, aber egal ^^

tolles kapi ^^

freue mich auf das nächste ^^
LG
amy
Von:  kokuchou
2009-06-02T01:27:36+00:00 02.06.2009 03:27
geile ff!
*die jetz mal so komplett durchgelesen hab*
ich mag deinen schreibstil, der is toll
von den pairings mal ganz abgesehen
*lach*
ich hoffe es geht bald weiter und du lässt aoi und rei nit mehr so lange leiden ^^

lg ruha
Von:  Kimochi-chan
2009-05-27T15:18:42+00:00 27.05.2009 17:18
OHA!!! O___o
*Uru und Rei flausch*
Die armen.. >__<
Ich mochte Aoi ja noch nie xD Und dann zieht der sowas ab? XDDD
*lach*

Nee, schönes Kapitel und gute Wendung! ♥
Freu mich aufs nächste! ♥♥
Von:  reita_chan86
2009-05-24T21:37:46+00:00 24.05.2009 23:37
hei!
das war echt nen tolles kappi von dir!
bin mal so gespannt wie es mit den vieren weiter geht!
hoffe du schreibst schnell weiter!
mach weiter so tolle kappis!
lg
Von:  Armaterasu
2009-05-24T19:53:14+00:00 24.05.2009 21:53
endlich geht es weiter ^^
das kapitel ist toll ^^
und ich finde es gut, dass uruha und reita sich so scheiße nachdem kuss fühlen ^^ denn sonst merken sie ja nicht, was sie an dem jeweils anderen haben ^^ und dann gehen die beiden einfach einen trinken, statt mit dem jeweils anderen darüber zu reden... aber das folgt dann bestimmt im nächsten kapi, ne?
ein wirklich tolles kapitel ^^

LG
amy


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