Attentate
Während Sesshoumaru Fürstin Atina in Volos besucht, soll Inuyasha Fürst Diomedes beschützen. Einige neue Informationen wären sicher hilfreich, denn Alekto hat bereits neue Pläne:
11. Attentate
Fürstin Atina wirkte auf den Kronprinzen nicht nur traurig, als er das Arbeitszimmer des Fürsten in der Baumstadt von Volos betrat, sondern eher nervös, ja, fast panisch.
Höflich sagte er: „Ich bedauere den Tod des Fürsten.“
„Ich...danke, Euer Gnaden. - Lasst uns allein!“ Langsam erhob sie sich, trat an das Fenster und schloss den Fensterladen. Leise meinte sie: „Ich danke Euer Gnaden, dass Ihr mich höchstpersönlich aufsucht. Und es ist wohl wirklich eine Situation, wie sie kaum je zuvor eingetreten ist. – Wie Ihr wisst, leben in diesem 9. Bezirk hauptsächlich Insektendämonen. Ich war gestern auf einem Besuch bei einem Volk von Hornissen, weit im Süden. Nestor…“ Ihre Stimme schwankte ein wenig, aber sie hatte sich sofort wieder unter Kontrolle: „Nestor erledigte unterdessen die hier anfallenden Audienzen. Weder einem der Krieger noch sonst jemandem fielen die zwei fremden Frauen auf, die sich unter die Audienzsucher gemischt hatten. Erst, als es zu spät war, kam allen zu Bewusstsein, dass sie keine Insekten waren, die hier leben. Derartige Mottenvölker der Dämonen leben nur jenseits des Meeres. Aber, wie schon erwähnt, dachte sich niemand etwas dabei, wohl auch Nestor nicht. Als die beiden Frauen bei ihm waren, müssen sie ihn unverzüglich getötet haben. Sie entkamen durch das Fenster, noch ehe jemand den Mord bemerkte.“ Sie holte tief Luft: „Ich kann nur für alle hier um Entschuldigung bitten. Niemand rechnete doch mit einem derartigen Anschlag. Gewiss, ich…wir hörten, das Fürst Masaki von den Donnerbrüdern angegriffen wurde, aber das war doch eine einmalige Situation…ich meine...“ Eine derartige Nachlässigkeit, die zum Tode eines Fürsten geführt hatte, war sicher nichts, das den Herrscher und damit den Kronprinzen unberührt ließ. Sie hatte ihn hergebeten, um ihm, der oft genug als Faust seines Vaters bezeichnet wurde, zu erklären, ihre Mitarbeiter zu entschuldigen…Es zumindest zu versuchen.
Seine ruhige Antwort überraschte sie.
„Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen, Atina. - Wer waren diese Frauen? Und woher kamen sie? Von jenseits des Meeres?“ Diese Informationen waren wichtig.
„Euer Gnaden erinnert sich an Yura? Sie erkannte sie. Möchtet Ihr mit ihr sprechen?“
„Ja.“ Von jenseits des Meeres? Was sollte das? Er betrachtete die Fürstin, die zur Tür eilte, nach Yura mit dem langen Haar verlangte. Moment. Vater hatte erwähnt, dass Alekto spurlos verschwunden war, ja, sein Nachrichtendienst nie wieder eine Spur von ihr gefunden hatte. War es möglich, dass sie das Reich verlassen hatte? Jenseits des Meeres Zuflucht gesucht – und gefunden hatte? Aber warum sollte jemand sie unterstützen? Sie hatte nichts zu bieten - oder doch?
Kurz darauf kam Yura und verneigte sich höflich.
„Du hast die Mörderinnen gesehen?“
„Ja, Euer Gnaden.“ Sie zwang sich dazu, ihn nicht anzusehen, Dieses weiche, silbrige Haar übte auf sie eine massive Anziehungskraft aus. Aber er hatte sie schon einmal fast erwürgt – sie wollte nicht ausprobieren, ob er sie auch ein zweites Mal freigeben würde. „Ich...ich sah, wie sie aus dem Fenster sprangen. Leider hatte ich keine Ahnung, dass sie zuvor Fürst Nestor…Ich wunderte mich nur.“
„Aber du wusstest, dass sie von jenseits des Meeres kommen?“
„Ja, Euer Gnaden. Meine Halbschwester lebt auf einer Insel recht weit draußen im Meer. Ich besuche sie hin und wieder. Ein Sturm verschlug einen derartigen Mottendämon zu ihr. Er berichtete, dass er von jenseits des Meeres stammte. Dort liegt wohl ein Reich, dass von einem mächtigen dämonischen Herrscher regiert wird.“ Eilig ergänzte sie: „Nun, gewiss nicht so mächtig wie unser Herrscher.“
„Und dann kehrte er nach Hause zurück?“
„Äh, nein. Meine Halbschwester hat ihn versteinert.“
„Versteinert.“
Yura fuhr sich verlegen durch ihr langes Haar: „Euer Gnaden hat wohl schon von ihr gehört. Sie heißt Medusa.“
„In der Tat. – Das ist alles, was du weißt?“
„Ich veranlasste die Wachen, nach den beiden zu suchen, als wir den Tod unseres Fürsten feststellen mussten. In der Vormerkliste der Audienzen hatten sie ihren Namen mit Hara und Ruri angegeben. Bislang war die Fahndung leider fast ergebnislos.“
„Fast.“
„Jemand entsann sich, dass die beiden in einer Gaststätte im Süden übernachtet hatten. Dort erwähnten sie beiläufig, dass sie aus dem 17. Bezirk kommen würden. Aber das kann auch gelogen gewesen sein.“
Wieder der 17. Bezirk, dachte der Kronprinz. Entweder war das der neueste Treffpunkt für Hochverräter und Fürst Thersites war Mitglied der Verschwörung, oder der war noch unfähiger als bislang angenommen. Was war da nur los? Aber er sagte: „Gut. Wenn sich etwas ergibt, wünsche ich unverzüglich Nachricht.“
„Ja, Euer Gnaden.“ Yura zog sich eilig zurück.
Sesshoumaru wandte sich an die Fürstin: „Wenn ich richtig informiert bin, werdet Ihr nun einen neuen Gemahl suchen.“
„Ja, so ist es Brauch.“ Sie sah ihn ein wenig ängstlich an. Aber immerhin hatte er einen solch fatalen Fehler ungeahndet gelassen, wohl Verständnis dafür. Womöglich war er doch ein wenig anders als sein Ruf: „Natürlich werde ich ihn noch vor der Heirat als neuen Fürsten Eurem mächtigen Herrn Vater vorschlagen.“
„Natürlich“, bestätigte er neutral: „Dann werde ich von Euch hören.“ Er ging ohne weiteres Wort.
Der Inu no Taishou holte tief Atem, als ihm Sesshoumaru Bericht erstattete. „Jenseits des Meeres, ja. Ich erinnere mich.“
„Ihr habt derartige Dämonen schon einmal gesehen, verehrter Vater?“
„Sogar ihren Herrscher, einen Mottendämon. Er hieß Hyouga. Es ist schon sehr lange her, dass wir uns an der Küste trafen. Er war mit einer…nun, er nannte es Gesandtschaft, in meinen Augen war es ein Stoßtrupp… gelandet. Wir trafen uns – und wir schätzten uns ab. Ein Kampf wäre in der Tat ein hohes Risiko gewesen, für jeden von uns. So beließ er es bei der Vorstellung, einigen höflichen Redewendungen und zog sich wieder in sein Reich zurück. Ich hätte nicht geglaubt, dass er sich hier wieder blicken lassen würde. Aber ganz eindeutig hat er mittlerweile wieder Interesse an diesem Land.“
„Alekto.“
„Du meinst, sie ist zu ihm geflohen? Aber, warum sollte er ihr helfen? Er hat auf mich nicht unbedingt einen hilfsbereiten Eindruck gemacht.“
„Womöglich versprach sie ihm etwas, wie, dass sich ihr Sohn Hyouga unterwerfen würde, wäre er erst einmal hier der Herrscher.“
Der Inu no Taishou schüttelte den Kopf: „Alekto mag eine Verräterin sein, aber sie war nie dumm. Sobald Hyouga hier einen Fuß in der Tür hätte, würde er doch alle zwingen, für ihn und seine Leute zu arbeiten, dieses Reich ausbeuten. Das wäre nur logisch. Warum sollte sie also die Mühe und das Risiko der Verschwörung auf sich nehmen, nur um letztendlich für ihn zu arbeiten?“
Sesshoumaru dachte kurz nach: „Es sei denn, sie hat gewisse Teile ihres Planes diesem Hyouga gar nicht erzählt.“
„Das wäre möglich, bedeutet natürlich auch ein Wagnis. In jedem Fall: wenn Hyouga mit im Spiel ist, ist auch klar, warum immer wieder der 17. Bezirk vorkommt. Dies ist der Teil des Landes, der am weitesten ins Meer hineinragt. Der ideale Platz für eine Landung mit Kriegern.“
„Dann stellt sich nur noch die Frage: wann.“
„Ich vermute, nicht so schnell, es sei denn, das Attentat auf Fürst Nestor sollte uns ablenken. – Nimm hundert Krieger und gehe mit ihnen, vorgeblich, um zu üben, in den 18. Bezirk, bleibe aber an der Grenze zum 17. So sind diese Krieger rasch greifbar, wenn ein Angriff erfolgt.“
Sesshoumaru neigte den Kopf, meinte jedoch: „Verzeiht, verehrter Vater, hundert Krieger werden nicht reichen.“
„Dessen bin ich mir bewusst. Aber weder Alekto noch sonst jemand soll wissen, dass wir vorbereitet sind. Ich werde Kouga mit anderen in den 10. Bezirk schicken. Und ich werde die Anführerin der Amazonen anweisen, ihre Kriegerinnen zusammenzurufen.“
„Inuyasha.“
„Ja, auch er sollte besser zurückkommen. Ich werde ihm diesen Befehl senden. - Geh nun. Wenn Myouga etwas Neues in Erfahrung bringen konnte, werde ich dir Nachricht geben.“ Mit einem gewissen innerlichen Seufzer blickte der Vater seinem Sohn nach. Hundert Krieger und die Entfernung von der Hauptstadt sollten ihn schützen. Es war nicht auszuschließen, dass diese Verschwörerbande neben seinen alten Freunden auch seine Kinder töten wollte, um letztlich ihn selbst zu treffen.
Wobei es bislang nur eine reine Vermutung war, dass Alekto daran beteiligt war. Nichts als ein Raten auch, ob er überhaupt einen dritten Sohn hatte, der den Platz der anderen beiden einnehmen wollte und sollte. In jedem Fall sollte sein Jüngster bei ihm sein. Er würde an seiner Statt lieber einige gewöhnliche Krieger zu Diomedes schicken. Falls da überhaupt noch etwas geschehen sollte.
Alekto war wütend. Nur die Tatsache, dass es sich bei den jungen Dämoninnen vor ihr um die engsten Mitarbeiter des Thronfolgers ihres Verbündeten handelte, ließ sie mit eisiger Ruhe sagen: „Vielleicht gedenkt ihr mir zu erklären, wieso Fürst Nestor tot ist und nicht Kaliwa?“ Sie hatte die beiden gesandt, mit Kaliwa endlich den zweiten alten Freund des Inu no Taishou zu töten.
„Fürst ist doch Fürst. Und unter den ganzen Insektendämonen fielen wir weniger auf.“ Die beiden zuckten ein wenig die Schultern.
„Fürst ist eben nicht Fürst! Nestor war dem Inu no Taishou doch vollkommen gleichgültig. Kaliwa wäre es nicht gewesen! – Wie kommt ihr dazu, euch über meine Anweisungen hinwegzusetzen? Ich bereite hier mühsam den Boden für die Invasion des mächtigen Hyouga und ihr ruiniert um ein Haar meinen Plan? Das wird euren Herrn sicher nicht freuen.“
Die beiden Mottendämoninnen sahen sich an. Hyouga konnte recht unangenehm werden. „Macht Euch keine Sorgen, despoina Alekto“, meinte Ruri dann höflich: „Wir werden uns unverzüglich daran machen, Fürst Kaliwa zu töten.“
„Nein. – Ich habe bereits einen Attentäter ausgesandt, um Fürst Diomedes zu ermorden. Dies sollte zwei Tage nach eurem Mord an Kaliwa geschehen. Nun werden wir es eben umgedreht machen. Ihr wartet hier, bis die Nachricht eingetroffen ist, dass Diomedes tot ist. Dann brecht ihr nach Ablauf eines Tages auf, um Kaliwa zu töten. – Ich und der Prinz werden uns in den 17. Bezirk begeben, um dort alles für die Ankunft eures Herrn vorzubereiten.“
„Äh, eine Frage: warum wollt Ihr die Fürsten mit Zeitabstand töten?“ Zuerst so eine Hektik und dann doch wieder warten?
„Schläge soll man fühlen. Und zwei auf einmal tun weniger weh.“ Alekto lächelte sanft: „Wir wollen doch den guten, alten Inu no Taishou ein wenig leiden lassen.“
„Kennen wir den Attentäter, den Ihr zu Fürst Diomedes gesandt habt?“
„Nein. Er ist von hier.“ Und hoffentlich würde Goshinki sie nicht auch im Stich lassen, wie dieser Versager von Kageroumaru.
Inuyasha seufzte ein wenig, als er den Brief seines Halbbruders las. Fürst Nestor war getötet worden? Das wurde ja geradezu Mode.
Fürst Diomedes betrachtete ihn: „Schlechte Nachrichten, Durchlaucht?“
„Die Lebenserwartung von Provinzfürsten scheint drastisch abzunehmen. Nestor ist ermordet worden.“
„Weiß man schon, wer es war?“
„Nein. Ehrlich, das gibt’s doch nicht. Jahrhundertelang passiert nichts und dann…Ich kann doch nicht überall sein!“
Der alte Dachs musste ein wenig lächeln. In der Tat hatte der Junge vor ihm zweimal die jeweiligen Attentäter getötet, die Donnerbrüder bei Masaki und Shippou und jetzt diesen Kagemarou und Juuroumaru bei ihm. Irgendwie gefiel ihm diesen Hundebengel.
„Tja, Kouga und Miroku sollen weg. Ich sag ihnen dann mal Bescheid...“ Inuyasha stand auf: „Oh, und schöne Grüße von meinem Vater.“ Im Vorbeigehen warf er den Brief in eine brennende Flammenschale, wie der Fürst interessiert bemerkte. Nein, der jüngere Prinz war eindeutig nicht zu unterschätzen.
Am Nachmittag machte der Provinzfürst einen Spaziergang durch den Ort, der sich seine Hauptstadt nannte. Die meisten anderen Fürsten hätten sich einer solch kleinen Ansiedlung geschämt, aber Diomedes wusste, dass viele seiner Untertanen es liebten, auf Gehöften zu wohnen, ohne direkte Nachbarn.
Inuyasha begleitete ihn, wie es seine Pflicht als Leibwächter war, obwohl er eigentlich nicht glaubte, dass noch ein Attentat auf den alten Dachs erfolgen sollte. Immerhin war hier eines vereitelt worden, dafür hatte diese Verschwörung Nestor getötet. Warum auch immer. Wenn er sich richtig an die Besprechung erinnerte, war doch Atina die wahre Herrin des Bezirks, der Tod des Fürsten also eigentlich Unfug. Nun, was verstand er schon von Verschwörungen. Wichtiger war, dass er diesen Wachhundauftrag endlich beenden und zu Kagome zurückkehren konnte. Da Sesshoumaru wieder in der Hauptstadt war, musste sie auch dort sein. Und er gab sich zu, dass er sie vermisste.
„Inuyasha!“
Er drehte sich ein wenig erstaunt um. Trotz aller Unhöflichkeiten hatte Diomedes ihn doch noch nie einfach nur mit Vornamen angesprochen. Aber in der Stimme des Provinzfürsten hatte etwas wie Schreck gelegen. Er begriff, als ihm der Blutgeruch in die Nase stieg, der aus einigen abseits gelegenen Häusern drang. „Bleib ja hier!“ befahl er nur, während er schon in diese Richtung eilte, seine Hand am Schwert.
Das roch nicht nur nach Tod, sondern auch nach gewaltigem Ärger. Seine Nase war fein genug, dass er eine Witterung wahrnehmen konnte, die er keinem ihm bekannten Dämon zuordnen konnte.
Er behielt Recht. Als er näher kam, trat eine große, zweibeinige Gestalt aus dem Schatten der Häuser, deren zahnbewehrtes Maul nur zu deutlich den Fleischfresser verriet. Der junge Prinz zog unverzüglich und blieb stehen.
„Nein, wen haben wir denn da?“ fragte der Unbekannte: „Das dürfte meiner Herrin erklären, warum der gute Kageroumaru hier versagte.“
„Und du ebenfalls!“ Inuyasha hob Tessaiga: „Aber bevor du draufgehst, kannst du mir sicher noch verraten, wer deine Herrin ist, und was sie von Diomedes will.“
„Nur seinen Tod. Mein Name ist Goshinki, Bastardprinz. Und ich werde die Ehre haben, derjenige zu sein, der dich getötet hat. Was für ein Glück! Gleich zwei potentielle Opfer auf einmal.“ Das würde teuer werden für Alekto. Kein Gegner konnte gegen ihn bestehen, schon gar nicht so eine halbe Portion.
„Träum weiter!“ Der Kerl war unglaublich selbstsicher. Warum? Wenn Diomedes auch nur einen Funken Verstand hatte, rief er nach Wachen. Und er selbst war ja wohl auch nicht von Pappe. Oder konnte dieser Goshinki womöglich die Windnarbe erkennen, sich irgendwie dagegen wehren? Er trug immerhin kein Schwert. Nun, mal antesten, dachte Inuyasha und sprang auf seinen Gegner zu.
Goshinki drehte sich mit einer, für eine solch massige Gestalt, erstaunlichen Geschwindigkeit unter dem heransausenden Stahl weg. Gleichzeitig traf seine krallenbewehrte Klaue den Halbdämon an der Brust, zerfetzte sogar das Gewand aus Feuerrattenhaar und hinterließ tiefe rote Schnitte. Wie dumm dieser Bastard war. Konnte der sich wirklich nicht vorstellen, dass es einen Dämon gab, die ihm überlegen war? Schon allein durch seine Fähigkeit, die Gedanken eines Gegners zu lesen und so jedem Angriff voraus zu sein?
Inuyasha landete mit einem gewissen schmerzlichen Keuchen. Na schön, Anfänger war der keiner. Dann noch einmal so einen Angriff, um ihn zu täuschen, ehe er schließlich doch die Windnarbe einsetzte. So machte er einen erneuten Sprung auf seinen Gegner zu, der ihn diesmal direkt erwartete, fast langsam das Maul öffnete. Bevor der junge Prinz wusste, was das sollte, hing sein Schwert quer im Fang des Dämons, während sich dessen Krallenhände tief in seinen Oberkörper gruben.
„Ach du…“ brachte Fürst Diomedes hervor, der bislang eigentlich sicher gewesen war, Inuyasha würde gewinnen. Immerhin hatte er auch gegen die Donnerbrüder bestanden.
„Jetzt reicht es aber!“ keuchte dieser und wandte sich im schmerzhaften Griff Goshinkis, um sich mit beiden Beinen gegen dessen Schulter zu stemmen und so seine Klinge aus dessen Zähnen zu ziehen. Dieser Mistkerl wollte doch nicht wirklich Tessaiga zerbeißen?
Diese Idee kam auch gerade dem Provinzfürsten. Er wusste nicht genau, was in diesem Fall geschehen würde, aber der Inu no Taishou hatte ihm einmal gesagt, dass das Leben seines Jüngsten im wahrsten Sinne des Wortes an seinem Schwert hängen würde. Und Diomedes hatte eigentlich nicht die Absicht, herauszufinden, was das zu bedeuten hatte. Er kannte Legenden um Halbdämonen, die wahnsinnig geworden. Das schien der Herrscher bislang vermieden zu haben. Mit Hilfe eines Schwertes?
Aber das war kaum der Zeitpunkt darüber nachzudenken. Endlich waren auch entfernt stehende Krieger auf die Lage aufmerksam geworden. Was trieben diese Idioten eigentlich, wenn man sie mal brauchte? Die konnten sich jetzt schon auf ihr Straftraining freuen! Er winkte sie ungeduldig heran. Schließlich wollte er seinem alten Freund nicht vom Tod seines Sprösslings berichten müssen.
Inuyasha hatte unterdessen festgestellt, dass Goshinki nicht willens war, Tessaiga loszulassen. So hatte er das selbst getan, um zu verhindern, dass er weiterhin von dessen Krallen zerfleischt wurde. Wenn dieser Idiot meinte, dass er ohne Schwert hilflos war, so hatte er sich geschnitten.
Er sprang keuchend auf den Boden, heftige Schmerzen in seiner zerrissenen Brust, seinem Bauch. Sein eigenes Blut rann warm über seinen Körper und plötzlich stieg ein heißer, nie gekannter Zorn wie flüssiges Blei in ihm auf. Dafür würde dieser Mistkerl teuer bezahlen! Langsam erhob er sich.
Blut. Tod. Nichts anderes zählte mehr, als er von einer, nie auch nur erahnten, Mordlust überschwemmt wurde.
„Goshinki!“
Das war nur noch ein Knurren, ehe er mit einem gewaltigen Satz wieder auf den Dämon lossprang.
Goshinki erkannte fast entsetzt, dass er die Gedanken des Prinzen nicht mehr lesen konnte. Alles, was bei diesem noch zu erkennen war, war Mordlust, ja, sein eigener Tod. Wie war das möglich? Er wollte ihn erneut packen, gleichzeitig die Klinge zwischen seinen Zähnen zerbeißen, als ihn ein unwiderstehlicher Krallenhieb buchstäblich in Stücke riss.
Diomedes schluckte ein wenig, ehe er sich fasste. So etwas hatte er seit den lang vergangenen kriegerischen Tagen mit dem Inu no Taishou nicht mehr gesehen. „Einen Heiler für Seine Durchlaucht!“ rief er jedoch erst einmal, ehe er zu dem jungen Prinzen lief. Hatte er das gerade richtig beobachtet und die gewöhnlich goldfarbenen Augen des Halbdämons leuchteten in geradezu unheimlichen Rot? War dieser etwa jetzt verrückt geworden?
Inuyasha bückte sich mühsam und nahm sein Schwert wieder an sich. Seltsamerweise verschwanden sein Zorn, sein Wunsch zu töten, im gleichen Moment. Manchmal hatte er wirklich das Gefühl, er und Tessaiga wären eins, wie es ihm sein Vater versprochen hatte, als er ihm in lange vergangenen Kindertagen diese Klinge schenkte.
„Durchlaucht?“ Der Provinzfürst stand bereits neben ihm und sah erleichtert, dass er sich wohl getäuscht hatte. Die Augenfarbe des jungen Hundebengels war wie immer: „Ein Heiler kommt.“
„Ach, das wird nicht nötig sein….“ brachte Inuyasha noch hervor. Er wollte doch nicht so schwach sein.
„Nun, dann mir zuliebe….“ Der Dachs konnte den Prinzen gerade noch auffangen.
Als Inuyasha erwachte, lag er verbunden in seinem Zimmer. Ein menschlicher Heiler saß neben ihm und nickte ein wenig, ehe er sich höflich verneigte.
„Euer Durchlaucht….“
„Ich fühle mich schon wieder ganz in Ordnung. Dieser Verband kann doch weg.“ Er wollte sich aufsetzen, sah sich aber in der Tat dazu nicht in der Lage.
„Bitte schont Euch noch ein wenig. Fürst Diomedes befürchtete, dass die Krallen Eures Gegners ein Gift enthalten hätten.“
„Gift?“ Nein, dachte der Halbdämon, das nicht. Aber es hatte weh genug getan. „Ich denke nicht….“
„Fürstliche Gnaden lässt Euch ausrichten, dass er eine Nachricht über Eure Verletzung an Seine Hoheit schickte.“
Oh nein! Vater würde ihn ja für schwach, für einen jämmerlichen Kämpfer halten, der sich von so einem simplen Dämon schwer verletzen ließ. Das war doch wirklich nicht nötig gewesen.
Der Heiler sah, dass der junge Prinz nicht sonderlich begeistert war: „Es kam Befehl Seiner Hoheit, dass Ihr unverzüglich in die Hauptstadt solltet. Und Ihr wart nicht reisefähig.“
„Dann bin ich es jetzt.“ Er richtete sich langsam auf. Wenn Vater ihn sehen wollte, war sicher wieder irgendetwas mit dieser dämlichen Verschwörung. Langsam nervte Alekto.
Der Heiler seufzte, sah sich aber nicht in der Lage, diesen sturen Patienten mit Gewalt zu halten: „Ihr solltet Euch wirklich noch ein wenig ausruhen. Was auch immer Seine Hoheit von Eurer Durchlaucht möchte – Ihr werdet es besser ausführen können, wenn Ihr geheilt seid.“
Das mochte stimmen, aber er wollte zurück. Zu Vater, zu Kagome…zu allen. Plötzlich fiel ihm die fast angespannte Stille im Haus auf. War schon wieder etwas geschehen? Zu seiner Erleichterung hörte er fast im gleichen Augenblick die Stimme des Provinzfürsten:
„Ich bitte Euch! Ja, meine Männer haben einen Fehler begangen und ich werde sie dafür bestrafen. Aber andererseits, wer sollte denn in einen derartigen Kampf eingreifen wollen und dürfen?“
Die Tür wurde schwungvoll geöffnet. Noch ehe Inuyasha bemerkte, dass sich der Heiler flach zu Boden warf, ließ er sich fast erleichtert zurücksinken. „Vater...ich…ich komme gleich…“
Der Inu no Taishou sah zu dem Heiler: „Dein Bericht?“ Dann ließ er sich neben dem Lager nieder: „Du bist schwer verletzt, mein Junge, sagte Diomedes.“ Das klang wohl nur für seinen Sohn und den Provinzfürsten nicht unerwartet sanft.
„Halb so wild.“ Mit einem gewissen Grinsen fuhr der Halbdämon fort: „Ihr hättet meinen Gegner sehen sollen….“
„Seine Durchlaucht verfügt über eine sehr gute Selbstheilung, Euer Hoheit“, beeilte sich der Heiler zu sagen, der zum ersten Mal in seinem Leben direkt mit dem Herrscher konfrontiert wurde: „Er wollte bereits wieder aufstehen. Die Krallen seines Gegners haben nur die Muskulatur zerrissen, aber keine inneren Organe beschädigt.“
„Gut.“ Der vorläufige Bericht des Fürsten hatte Ärgeres vermuten lassen, zumal Diomedes erwähnt hatte, dass Inuyasha Tessaiga verloren hatte. Er sollte ihm wohl doch eines Tages erzählen, welches magische Band zwischen ihnen beiden hing. Aber sein Junge schien vollkommen klar im Kopf zu sein. „Danke, Heiler. Kannst du schon aufstehen?“
„Klar. Gleich.“ Aber er verzog doch das Gesicht, als er sich aufrichtete: „Dennoch...ich bin sicher bald wieder in Ordnung. – Äh, wie kamt Ihr so schnell eigentlich her? Nicht einmal Drachen schaffen das.“
„Du solltest mir etwas zutrauen.“ Er war erleichtert. Nach Diomedes´ Bericht hatte er schon befürchtet, dass seelische Schäden zurückgeblieben wären, aber Inuyasha schien soweit einwandfrei in Ordnung zu sein. Zur Sicherheit würde er Kagome mit der Pflege seines Jungen beauftragen. Schließlich war sie eine talentierte Priesterin.
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Im nächten Kapitel zeigt sich, was Kagome unter guter Pflege versteht - und Sango und Miroku bekommen alle Hände voll zu tun.
bye
hotep