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Hoffnung zu Asche

Schatten und Licht, Band 2
von

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Der neue Spieler

Missmutig betrat König Aston den kleinen Raum, in dem man ihn führte.

So, als wäre er ein Flüchtling und kein Herrscher mehr, war er aus seinem eigenem Palast heraus geschlichen. Am Ende des Geheimganges, den nur er und seine Familie kannte, hatte eine Kutsche auf ihn gewartet, die ihn zu einem mehrstöckigen Gebäude fuhr.

Der Kutscher hatte sich die ganze Zeit über nicht zu erkennen gegeben und es gefiel Aston gar nicht, dass ein Unbekannter zumindest von dem einem Ende seiner Lebensversicherung wusste, er aber keine Ahnung hatte, wo er sich befand. Bei den vielen engen Gassen, durch die die Kutsche gefahren war, hatte er schnell die Orientierung verloren. Zumindest konnte er sich sicher sein, noch im Zentrum nahe der Stadtmauer zu sein. Seine Leibgarde sollte es trotzdem schwer fallen, dieses Versteck ausfindig zu machen.

Der Kutscher, der die ganze Zeit bei ihm geblieben war und sich nun allein mit ihm in einem winzigen Raum befand, nahm den großen, dreieckigen Hut ab und zog das Stofftuch vor seinem Gesicht nach unten.

„Ihr seid es!“, zischte Aston und sein Blick verschärfte sich.

„Warum seid ihr so überrascht, euer Majestät?“, fragte Dryden spitzbübisch, während er sich an den Tisch setzte, der die Raummitte füllte. „Meine Unterschrift und mein Siegel waren doch unter der Einladung.“

„Was der einzige Grund ist, warum ich hier bin.“, erwiderte Aston ungehalten. „Warum bittet ihr nicht einfach um eine Audienz, so wie jeder andere Bürger auch?“

„Weil ich nicht wie jeder andere Bürger bin. Zufällig stehe ich der größten Allianz von Händlern in Astoria vor.“, antwortete Dryden wenig bescheiden.

„Die ein von Astoria nicht überwachtes Kommunikationsnetz hervor gebracht hat, das sich über das Land hinaus erstreckt.“, führte Aston weiter aus. „Ihr könnt von Glück reden, wenn ich euch nicht wegen Hochverrat hinrichten lasse.“

„Und ich bin der Thronerbe.“

„Noch.“, drohte der König.

„Wo ist Milerna?“, erkundigte sich Dryden wenig beeindruckt.

„In Sicherheit. Mehr müsst ihr nicht wissen.“

„Ich hoffe für sie und auch für euch, dass ihr Recht habt.“

„War das alles? Wenn ja, dann kann ich ja gehen.“, erwiderte Aston kaltschnäuzig

„Nein, das war nicht alles.“, hielt Dryden ihn auf. „Ich nehme an, ihr hängt immer noch an dieser irren Idee, ihr könntet Hitomi zu einer Heirat mit euch bewegen, indem ihr Farnelia der anrückenden Horde voller Gezeichneter und deren willenlosen Opfern zum Fraß vorwerft, und dann die Überreste wieder zurückerobert, während die Bevölkerung Farnelias in Lagern hier in Astoria haust und ihr König auf dem Schlachtfeld verrottet.“

„Ja, das ist der Plan.“, bestätigte Aston.

„Als ihr ihn mir und meiner Frau erklärt habt, hattet ihr mir versprochen, dass ihr davon absehen würdet, wenn ich euch beweise, dass er zum scheitern verurteilt oder gar zum Nachteil Astorias wäre.“

„Auch das stimmt.“

„Nun, ich kann es beweisen.“, verkündete Dryden selbstsicher. „Alles hat damit angefangen, dass Allen Chezar und Merle de Farnel gemeinsam von Pallas nach Farnelia reisten, um Spuren der Gezeichneten nachzugehen. Dabei stießen sie auf ein Dorf, dessen Bewohnern komplett zu Opfer und von mindesten einem Gezeichneten beherrscht wurden. Dieser Gezeichnete verfolgte die beiden bis zu der nächsten Herberge und räucherte das Gebäude aus. Dem Bericht der Prinzessin zur Folge überlebten beide nur knapp, während der Gezeichnete und seine Diener entweder von ihnen erschlagen worden sind, oder in der Herberge verbrannten. Die nicht verbrannten Überreste wurden dem Bericht nach von Unbekannten weggeschafft. Auch das Dorf war dem Erboden gleich gemacht worden, um Spuren zu verwischen.“

„Ist dieser Bericht offiziell?“, fragte Aston dazwischen.

„Nein, und eigentlich dürfte ich euch davon auch nichts erzählen. Offiziell ist eine Räuberbande für das zerstörte Dorf und das Feuer in der Herberge verantwortlich. Angeblich sind sie in dem Feuer umgekommen, das sie selbst gelegt haben.“, erklärte Dryden schmunzelnd. „Natürlich ist das Unsinn, aber den fahrenden Händlern auf der Straße sollte das als Erklärung reichen. Sie fühlen sich zwar nicht wirklich sicherer, aber wenigstens sind Banditen eine Gefahr, die man kennt und nur wenige abschreckt.“

Dann sammelte er sich einen Augenblick.

„Kurz bevor das Feuer ausbrach, erhielt ich über das Händlernetzwerk die Meldung über das Dorf. Es war bereits vernichtet, als eines meiner Schiffe es überflog. Natürlich machte ich mir darüber Gedanken, ob es das einzige Dorf dieser Art in Astoria war und ließ meine Kontakte sich umhören. Die Frage war, zu welchen Dörfern noch regelmäßiger Kontakt bestand.“

Der Händler griff in seinen Mantel hinein, holte eine zusammen gefaltete Karte hervor und breitete sie vor sich auf den Tisch aus.

„Ich habe die Lage der Dörfer markiert, die wir als Stützpunkte der Gezeichneten identifizieren konnten.“ Astons Augen verengten sich und Sorgenfalten kräuselten seine Stirn. „Wie ihr sehen könnt liegen sie alle mehr oder wenige auf einer Linie parallel zur Straße nach Farnelia. Es ist ein Korridor für eine Invasion Astorias, bereits gesichert und ausgestattet mit Lager, voll gestopft mit Nahrungsmitteln. Das Heer der Gezeichneten wird nicht lange in Farnelia bleiben, sondern sofort in Richtung Pallas weiter marschieren.“

„Was ist mit Orio? Die einzige Furt durch den Fluss führt an der Festung vorbei.“, erkundigte sich der König nachdenklich.

„Es gibt Grund zu der Annahme, dass Orio in dieser kritischen Zeit ausfallen wird.“, warnte Dryden. „Ich kann es euch nicht beweisen, aber auf Grund des Berichtes von Merle de Farnel und Allen Chezar gehe ich davon aus, dass die Festung infiltriert worden ist.“

„Von Gezeichneten?“

„Nein, aber von einem ihrer Kontakte. Ich kann euch leider nicht mehr darüber sagen.“

„Warum nicht?“, tobte Aston. „Es geht hier um meine Festung!“

„Ich lehne mich bereits weit aus dem Fenster, indem ich euch diese Informationen gebe. Ich habe lediglich einen Zeugen als Beweis, da das Speichern von Bildern noch in den Kinderschuhen steckt. Wir konnten bisher die vorhandene Technik nicht auf unsere Schiffe ausweiten. Wenn ich euch sage, warum ich Orio für wirkungslos halte, werdet ihr mir nicht glauben.“, wandte sich Dryden kaum merkbar. „Ihr könnt auch nicht selbst Schiffe zu den Dörfern hin schicken. Die Gezeichneten dort würden die Besatzungen spüren, egal ob die Schiffe getarnt sind oder nicht, und ihre Spuren verwischen. Dann würden sie sich mit ihren Dienern in die Wälder zurückziehen. Wir können ihnen dort auf keinen Fall habhaft werden. Sie würden dort zu einer Plage heranwachsen, die uns zwar langsam aber sicher vernichten würde.“

„Eurer Meinung nach sollte ich das Heer vor Farnelia stoppen.“, fragte Aston verärgert.

„Ja, solange sie zusammen sind, sind sie verwundbar. Euer Heer könnte sie in der Schlucht vor der Stadt aus der Luft angreifen und sie so, ohne ein einziges Opfer beklagen zu müssen, besiegen.“

„Ein guter Vorschlag.“, bluffte der König. „Aber warum sollte ich meine Guymelefs nicht stattdessen in diese Dörfer schicken?“

„Weil sie die Gezeichneten nie so schnell vernichten könnten, wie die in die Wälder flüchten werden.“, konterte Dryden entschlossen. Aston schwieg, während er nachdachte.

„Nein.“, sagte er dann. „Ich glaube euch nicht.“

„Ich kann verstehen, dass es viel verlangt ist, aber...“

„Viel verlangt, in der Tat.“, unterbrach er Dryden. „Ihr hättet mir die angeblich bevorstehende Invasion mit Sicherheit schon viel früher mitteilen können. Aber ihr sagt es mir erst in der Nacht, in der Hitomi de Farnel das erste Mal mit ihrem Mann schläft. Hättet ihr mich früher eingeweiht, hätte ich die Hochzeit noch zu verhindern gewusst. Ich glaube, ihr habt diese Nacht für einen Kompromiss gehalten, zwischen der Dringlichkeit Farnelia zu retten und dem König Farnelias sein Glück zu gönnen. Würde ich eurem Vorschlag folgen, wäre ich der einzige, der etwas verliert.“

„Das Volk Astorias wird sein Leben verlieren, wenn ihr nichts tut.“, brauste Dryden auf. Aston war überrascht. Drydens Fassade, die er für unzerstörbar gehalten hatte, bröckelte. So sah es also aus, wenn dieser Emporkömmling mal nicht alles unter Kontrolle hatte.

„Wenn ja, dann ist es eurer Fehler.“, warf er dem Händler vor. „Eure Untreue eurem Heimatland gegenüber ist dafür verantwortlich, dass ich leider nichts machen kann. Außerdem, warum sollte ich euch glauben, wenn ihr mir nicht einmal alles...“

„Baron Trias ist ein Verräter.“, platzte es aus Dryden heraus.

„Mein engster Berater?“, sagte Aston zögernd. „Ihr hattet Recht. Ich glaube euch nicht.“

„Er kontrolliert die Gezeichneten, er ist für die Zerstörung der Hauptstadt Chuzarios verantwortlich, er hat euch den Kommandanten für Orio nahe gelegt und er hat euch wahrscheinlich diesen Floh ins Ohr gesetzt.“

„Gibt es dafür einen Beweis?“

„Nein. Gegenüber Hitomi hat er sich als erstes zu erkennen gegeben und er hat es Merle de Farnel bestätigt, als sie es bereits wusste. Es gibt also lediglich Zeugen.“, gab Dryden zu. „Deshalb hat man euch nichts gesagt. Deshalb wurdet ihr und Astoria im Kampf gegen die Gezeichneten stets raus gehalten. Farnelia hat der Geheimhaltung willen die Gezeichneten als seine eigene Sache betrachtet, da es als Erstes Kontakt mit dieser neuen Gefahr hatte. Das erste Scharmützeln fand im Tempel der Fortuna statt. Chuzario wurde erst informiert, als bekannt wurde, dass es das erste große Ziel werden sollte.“

„Dieser kleine Bauernstaat?“, zweifelte Aston.

„Solange die Gefahr nicht ausgewachsen war, wollte König Van ihr möglichst ohne übertriebenes Blutvergießen begegnen, vor allem da die Allianz ihm ohne einen konkreten Beweis niemals zugehört hätte. Das wisst ihr! Erst mit dem Überfall auf Chuzario wurde deutlich, dass er sich übernommen hatte. Trotzdem hielt er diese letzte, wichtige Information zurück, um die Allianz nicht zu spalten.“, begründete Dryden Farnelias Rolle. „Ihr hättet es nicht glaubt, so wie ihr es jetzt nicht glauben wollt, während Vasram sich wie ein Geier auf diese Anschuldigung gestürzt hätte, um allein die Führung der Allianz zu übernehmen.“

„Warum informiert mich Van oder seine so genannte Schwester nicht persönlich, obwohl mein Land doch als nächstes dran ist?“

„Seine Schwester Merle weiß lediglich, dass Farnelia in Gefahr ist. Das Königspaar wird erst nach seiner Ankunft in Fraid davon erfahren. Ich möchte euch die Chance geben, euer eigenes Land zu retten und dabei auch in Farnelia zu glänzen. Bei zukünftige Verhandlungen über die Verteilung der Exporte der Lebensmittel hättet Astoria eine viel stärkere Position und ganz nebenbei wäre euch Hitomi sehr dankbar. Ihr könnt wohl kaum Liebe von ihr erwarten, aber ihr hättet in ihr eine äußerst starke Verbündete.“

„Auch einen dankbaren und pflichtbewussten Schwiegersohn?“, forderte Aston.

„Kommt ganz darauf an, wie es meine Frau geht.“, antwortete Dryden mit festem Blick. „Ich werde versuchen Farnelia zu retten. Die Produktion des Explosionspulver, dessen Formel ihr mir gegeben habt, läuft bereits. Auch wenn wir nur beschränkt viele Abschussvorrichtung von euch haben, so lässt sich das Pulver sicher auch anders verwenden. Zum Beispiel um die Schlucht über den Köpfen der Gezeichneten zum Einsturz zu bringen.“

„Das ist nicht Teil des Plans.“, warnte Aston, doch Dryden ignorierte seinen Einwand.

„Ihr werdet Milerna nichts antun, sollte es mir tatsächlich gelingen, Farnelia und damit auch Astoria vorerst zu retten.“

„Wie könnt ihr es wagen?“, fragte Aston Wut entbrannt. „Auch nur zu glauben ich könnte...“

„Ich stell euch jetzt den Zeugen vor.“, unterbrach der Händler ihn scharf und öffnete eine Tür zum Raum. Hindurch trat ein breitschultriger Mann mit makellosem Gesicht und sorgsam gekämmten Haar. „Darf ich vorstellen,...“

„Keine Namen.“, lehnte der Mann ab, dann verneigte er sich knapp vor dem König. Obwohl seine Erscheinung sehr elegant und selbstbewusst war, trug er einfache Arbeiterkleidung. „Ich bin der Kontakt des Drachenvolkes zu der Handelsallianz Astorias.“

„Drachenvolk?“, wunderte sich Aston, fing sich aber schnell wieder. „Beweist es!“

„Seht her.“, befahl der Fremde und streckte eine Hand aus, auf deren Fläche plötzlich eine Feder erschien, hell aufleuchtete, dann auf Aston zuflog und mitten in der Luft wieder verschwand.

„Beeindruckend.“, lobte Aston. „Erst letztes Sommerfest hatte ich einen Zauberer im Palast, der war nicht halb so gut wie ihr.“

„Zauberer arbeiten stets mit großen Gesten, um ihre Tricks zu verschleiern.“, konterte der Mann. „Ich hingegen habe mich nicht einmal gerührt.“

Aston blieb skeptisch. „Wie ist es zu dem Bündnis gekommen? Das Drachenvolk gilt als verschollen, auch wenn hier und da einzelne Individuen auftauchen.“

„Sie haben mich gefunden.“, warf Dryden ein, doch die Blicke des Königs und des Mannes brachten ihn zum Schweigen.

„Das Fräulein Hitomi bat um uns Hilfe.“, erzählte der Mann vom Drachenvolk. „Sie war sich bewusst, eine Gefahr für Gaia zu sein, und kam deshalb in unsere Stadt. Wir haben sie aufgenommen um sie auszubilden, damit sie ihre Kräfte zähmen kann. Sie hat uns auch davon überzeugt, dass die Gezeichneten eine Gefahr für den ganzen Planeten sind. Seitdem helfen wir dabei, die Schläfer in den Städten und Dörfern aufzuspüren. Dank unserer Fähigkeiten sind nur wir dazu in der Lage.“

„Das Fräulein wurde gesucht. Euer Volk hat sich strafbar gemacht.“, drohte Aston.

„Wir haben weder Verträge mit den Menschen, noch fürchten wir sie.“, schüttelte der Mann den Vorwurf ab.

„Ihr habt die Dörfer ausspioniert?“, hakte der König nach.

„In einem getarnten Guymelef, ja.“, bestätigte der Mann. „Die Gezeichneten können mich nicht spüren. Ich kann euch gern mehr über die Dörfer erzählen.“

„Es reicht, wenn ihr mir die Informationen durch ein Dossier zukommen lasst. Die Einladung hat schließlich auch irgendwie den Weg in meine Gemächer gefunden.“, lehnte Aston müde ab. „Ich werde mich zurückziehen. Dryden, fahrt mich nach Hause!“

„Werdet ihr Farnelia helfen?“, fragte der Händler.

Aston dachte gut nach. Dass Trias ihn wie eine Marionette benutzte hatte, wurde für ihn von Moment zu Moment offensichtlicher, wie wenig er es auch wahrhaben wollte. Wirklich wütend machte ihn jedoch die Erkenntnis, dass Dryden und Hitomi wohl glaubten, es Trias gleich tun zu können. Hier ging es mehr als nur um ein paar Dörfer. Aston musste beweisen, dass nur die Könige herrschen, nicht die Bauern.

„Nein. Ich werde für den Transport und die Unterbringung der Flüchtlinge aufkommen, mehr nicht.“, verkündete Aston. „Das Dossier möchte ich nur, um einen Luftschlag auf die infizierten Dörfer vorzubereiten.“

Dryden seufzte theatralisch. „Lasst wenigstens Trias nichts davon wissen.“, bat er, dann geleitete er Aston nach draußen in Kutsche und stieg selbst auf den Bock. Während an Aston die Häuser vorbei zogen, malte er sich genüsslich die Gesichter der beteiligten Spieler aus, wie sie von ihrer vermeintlichen Figur überrascht werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2010-02-10T23:44:21+00:00 11.02.2010 00:44
Klasse kapi!^^
Freue mich aufs nächste!^^


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