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Kristallherz

... *Autor hüllt sich in geheimnisvolles (?) Schweigen* XD
von

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Chapter 1

Die Schleier der Nacht lichteten sich langsam. Die Morgensonne malte das erste Grau auf den noch schwarzen Nachthimmel und Mond und Sterne verblassten, und überließen ihrer Schwester für die nächsten Stunden das Feld.

Die ganze Welt wurde von dem Licht der aufgehenden Sonne in zartes Licht getaucht, so auch eine kleine Siedlung irgendwo in den unendlichen Weiten des Planeten.
 

Langsam entließ der Traum die junge Frau aus seinen Fängen und ihre Nachtruhe fand ihr Ende. Einen Augenblick lang, blieb sie noch mit geschlossenen Augen in ihrem Bett liegen und versuchte ihren Körper zur Ruhe zu bringen. Er zitterte noch von den Bildern, die sie diese Nacht heimgesucht hatten – wie so oft in den letzten Wochen.

Sie atmete einmal tief aus. Dann schlug sie die Augen auf – und blickte direkt in ein Paar bernsteinfarbener Augen.

Sie stieß einen unterdrückten Schrei aus und fuhr hoch. Fast hätte sie ihren Besucher zu Boden geworfen, doch er sprang mit einer geschmeidigen Bewegung von ihrem Bett und landete federnd auf dem Grund. Einen Augenblick lang blieb er dort hocken, bevor er sich aufrichtete und sich wieder zu ihr umwandte.

Erneut wurde sie mit dem Blick aus den bernsteinfarbenen Augen konfrontiert – in denen gutmütiger Spott blitzte, jedoch seit einigen Tagen auch eine seltsame Härte und Kälte lag.

„Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du so was lassen sollst, Azrael!“, beschwerte sie sich ein wenig beleidigt bei ihm.

Doch ihr Besucher grinste auf diese Worte nur. Ein breites Grinsen, dass seine Eckzähne entblößte, welche ein klein wenig spitzer als bei einem normalen Menschen waren.

Aber Azrael als einen normalen Menschen zu bezeichnen, hätte die Sache auch nicht wirklich getroffen.

„Ich passe schon auf dich auf, Jeanne“, erklärte er noch immer breit lächelnd und schlug dabei einmal bekräftigend mit seinen nachtschwarzen Schwingen.

Eigentlich war er nämlich auch kein Mensch – sondern ein Engel, wobei er selbst die Bezeichnung „Seraph“ bevorzugte, wie Jeanne wusste.

Obwohl sie ihn schon kannte, solange sie denken konnte, ließ sie ihren Blick noch einmal komplett über ihn schweifen. Der Seraph bot auch wirklich einen nicht zu verachtenden Anblick. Er war etwas mehr als einen halben Kopf größer als sie selbst und sehr schlank, wobei sich jedoch unter seiner Haut sehnige Muskeln befanden, deren Kraft nicht zu unterschätzen war. Seine Haut war eher hell, wirkte manchmal sogar ein wenig blass, was ihn jedoch nicht minder gut aussehen ließ. Sein glattes, schwarzes Haar, von dem ihm einige Strähnen permanent im Gesicht hingen, hatte er im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebändigt, der ihm bis knapp an das untere Ende des Schulterblattes reichte. Und natürlich waren da noch die bernsteinfarbenen Augen und die nachtschwarzen Flügel, auf denen im Licht der Sonne goldene Reflexe tanzten. Und wer noch etwas genauer hinsah, der entdeckte auch die Narbe, die sich einmal quer über seine Kehle zog und von einem sehr tiefen und fast tödlichen Schnitt stammen musste. Jeanne wusste, dass Azrael auch noch zwei kreuzähnliche Narben an den Handgelenken besaß, die sich über den ganzen Unterarm zogen. Jedoch waren diese im Moment von einem langärmligen Hemd aus schwarzem Stoff bedeckt. Auch die lange Hose war schwarz, ebenso wie sein Gürtel und das Futteral seines Dolches. Die junge Frau wusste, dass selbst die Klinge des Messers geschwärzt war, doch sie hatte den Seraphen noch nie in anderen Farben bekleidet gesehen.

Azrael und Schwarz gehörten einfach zusammen.

„Alles in Ordnung?“, wollte der Engel dann wissen.

Er klang besorgt und der Spott war aus seinen Augen gewichen. Er runzelte leicht die Stirn und sah sie durchdringend an.

Jeanne nickte und lächelte ihn an.

„Tut mir Leid – ich war nur ein wenig in Gedanken“, entschuldigte sie sich bei ihm.

Azrael wirkte für einen Augenblick erleichtert, dann quittierte er ihre Bemerkung mit einem Schulterzucken.

Erneut fixierte Jeanne den Seraphen. Er hatte sich in den letzten Jahren kein bisschen verändert. Er sah aus, als hätte er gerade einmal zwanzig Sommer hinter sich, doch sie wusste, dass er schon wesentlich älter war. Er hatte schon ausgesehen wie Anfang zwanzig, als ihre Mutter ihn vor mehr als dreißig Jahren zum ersten Mal gesehen hatte. Jedoch war er seither um keinen Tag gealtert. Er würde auch dann noch aussehen wie zwanzig, wenn sie schon längst eine alte Frau geworden war und die Falten ihre Haut durchfurchten.

Sie seufzte wehmütig bei diesem Gedanken.

„Jeanne, bist du dir sicher, dass alles bei dir in Ordnung ist?“, wollte er dann noch einmal zweifelnd wissen.

Sie schwieg einen Augenblick und es sah aus, als würde sie überlegen.

„Lass mich mal zusammenfassen…“, begann sie dann mit tiefstem Sarkasmus in ihrer Stimme, „ich habe diese Nacht schlecht geträumt, wurde von dir fast zu Tode erschreckt und sitze gerade halb nackt in meinem Bett, während du sonst welche Fantasien über mich hegst.“

Der Seraph schnaubte daraufhin unwillig.

„Nur um dich zu erinnern – ich wohne hier, genauso wie du“, erwiderte er dann bissig und wandte sich um, „falls du Hunger hast, ich habe Eier gekocht und frisches Brot geholt.“

Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da ging er auch schon zur Tür, verließ den Raum und nur wenige Herzschläge später, hörte Jeanne wie die schwere Eingangstür aufgestoßen wurde und wieder zurück ins Schloss fiel.

Sie seufzte tief und warf sich zurück auf ihr Kissen. Schlechtes Gewissen regte sich in ihr.

Sie hatte Azrael nicht so angehen wollen. Der Engel machte sich nur Sorgen um sie, doch der Gedanke, dass sie verwelken würde wie eine Blume und schließlich sterben und zu Staub zerfallen, während er auf ewig leben würde und aussehen, als hätte er die zwanzig kaum überschritten, ließ sie jedes Mal zu solchen Reaktionen greifen.

Sie schämte sich für sich selbst, doch jetzt war es schon zu spät, um die Worte noch zurückzunehmen. Außerdem hatte er sie ja wirklich fast zu Tode erschreckt, als er direkt vor ihr aufgetaucht war, nachdem sie ein Albtraum aus seinen Fängen entlassen hatte.

Auch wenn sie es mittlerweile ja eigentlich gewöhnt war. Azrael tat es erschreckend oft, dass er auf ihrem Bett hockte und auf ihr Erwachen wartete.

Sie schüttelte den Kopf, um den Engel aus ihren Gedanken zu verbannen.

Einen Moment lang blieb sie noch einfach auf ihrem Lager liegen und blickte die hölzerne Decke ihres Zimmers an. Dann hielt sie es nicht mehr aus und stand auf.

Jeanne warf einen prüfenden Blick an sich herunter. In der Tat war sie im Augenblick halb nackt und nur mit einem dünnen, kurzen, spitzebesetzten Nachthemd bekleidet. Der Stoff war so hell und dünn, dass sie ihren schlanken, wohlgeformten Körper darunter mehr hervorhob als ihn verbarg.

Sie streckte sich und ihr hüftlanges dunkelblondes Haar flog um sie herum, bevor es sich wieder um ihre Schultern legte, wobei eine widerstrebende Strähne in ihr Gesicht hing und ihre blaugrauen Augen verbarg. Die junge Frau versuchte das Haar mit einer Bewegung ihrer Hand beiseite zu wischen, doch kaum hatte der Strang sich zu seinen Brüdern gesellt, da brach er auch schon wieder aus und hing ihr erneut in den Augen.

Jeanne seufzte unwillig, und beschloss sich erst einmal anzuziehen, bevor sie sich um die aufständische Strähne kümmerte.

Mit schnellen Schritten durchquerte sie das kleine Zimmer, in dem, außer ihrem eigenen Bett und dem ihres seraphischen Mitbewohners, auch noch ein kleines Regal, ein einfacher Schrank, sowie ein simpler Stuhl standen. Genau auf jenen Stuhl steuerte sie nun zu.

Gestern Abend hatte sie dort ihre Kleidung abgelegt. Noch auf dem Weg streifte sie das Nachthemd ab und schlüpfte dafür in ihre Montur.

Obwohl sie eine Frau war, war es kein Kleid und auch kein Rock, den sie für den Tag überstreifte. Ähnlich wie Azrael trug auch sie eine Kombination aus leichtem Stoff. Jedoch bevorzugte sie im Gegensatz zu ihrem Mitbewohner helle Farben.

Beide trugen auch häufig Leder, doch es war gerade mitten im Sommer und so befanden sich die Temperaturen in einem Bereich, der schwere – und vor allem warme – Lederkleidung zu einer ziemlichen Folter werden ließ. Auch wenn sie zugeben musste, dass die gegerbten Tierhäute ein größeres Verteidigungspotential besaßen.

Jeanne zuckte gleichgültig mit den Schultern. Sie hatte sowieso nicht vor heute zu kämpfen, mal davon abgesehen, dass ihre Kräfte nur wenig mit reiner Waffengewalt zu tun hatten. Dennoch schnallte sie sich den Gurt aus hellem Leder um, an dessen Seite in einer hochwertigen Scheide ein silbernes Messer glitzerte.

Sie streckte sich noch einmal, ging dann zu dem Regal, kramte einen Kamm heraus und begann damit ihr Haar zu bändigen. Als sie nach ein paar Minuten mit dem Resultat zufrieden war, trat auch sie aus der Tür in den langen Gang, der die einzelnen Zimmer miteinander verband.

Nach einem kurzen Abstecher zum Abort, betrat die junge Frau die Küche.

Azrael hatte Recht gehabt, als er ihr erklärt hatte, dass er Brot und Eier hergerichtet hatte. Doch hatte er verschwiegen, dass er auch frische Butter, Honig und Milch aufgetrieben hatte.

Ein Lächeln huschte über Jeannes Züge und erneut regte sich das schlechte Gewissen in ihr. Der Engel tat so viel für sie, und dennoch behandelte sie ihn oftmals so, als hätte er ihr etwas angetan.

Sie seufzte, doch dann stieg ihr der Duft des frischen Brotes in die Nase und erinnerte sie daran, dass sie seit gestern nichts mehr gegessen hatte. Der Hunger vertrieb das schlechte Gewissen vorerst, und Jeanne tat sich an dem gedeckten Tisch gütlich.

Es schmeckte ausgezeichnet. Azrael hatte nur beste Qualität gekauft, und auch die gekochten Eier schmeckten vorzüglich. Obwohl er ein Mann war, hatte er doch ein gutes Händchen, was das Aussuchen und Zubereiten von Speisen anging.

Bei diesem Gedanken musste sie unwillkürlich lächeln.

Nach einiger Zeit hatte Jeanne sich schließlich gestärkt, und ging nun dazu über den Tisch abzuräumen. Sie verstaute die Sachen wieder in den Schränken und wusch das Besteck und die Teller ab.

Dabei kreisten ihre Gedanken permanent um das, was sie zu Azrael gesagt hatte. – Und schließlich beschloss sie, sich doch noch bei dem Engel zu entschuldigen. Er konnte schließlich nichts dafür, dass er ewig jung bleiben würde, während sie neben ihm verwelkte.

Bei dem Gedanken schoss sofort ein scharfer Stich durch ihren Körper, doch sie schob ihn beiseite. Wahrscheinlich war auch er nicht allzu glücklich über diesen Umstand. Nicht zu altern war zwar ein Wunsch, den viele hegten, doch mit ansehen zu müssen, wie alle jene, die man liebte verwelkten und schließlich starben…? Das musste auch eine Last sein, die zu tragen, einen sehr belastete.

„Vielleicht liegt es daran, dass in letzter Zeit sein Blick wieder so kalt und hart ist“, murmelte sie nachdenklich.

Aber es hatte wenig Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie würde ihn einfach fragen, sobald sie ihn gefunden hatte.

Was sie unvermittelt zum nächsten Problem brachte. – Wo war Azrael? Seine Schwingen ermöglichten ihm praktisch überall hinzukommen, und das binnen kurzer Zeit.

„Ich hätte ihn einfach nicht anfahren sollen“, brachte sie es dann resigniert auf den Punkt.

So würde ihr also nichts anderes übrig bleiben, als den Seraphen zu suchen.

Chapter 2

Nur wenig später stand Jeanne vor dem Haus, im wärmenden Licht der Sommersonne. Doch noch war es so früh, dass die Strahlen des Gestirns nichts verbrannten, sondern nur die Kälte der Nacht vertrieben.

Als sie das Gebäude verlassen hatte, war ihr aufgefallen, dass die gewaltige Sense nicht mehr dort war.

Die Waffe gehörte Azrael und war in etwa genauso groß – und auch schwer – wie der Engel selbst. Außerdem war sie vollkommen von schwarzem Siegelband umwickelt.

Der Seraph nahm die Waffe normalerweise nur mit, wenn er irgendetwas vor hatte. Auch wenn Jeanne ihn sie hatte noch nie benutzen sehen. Ein einziges Mal nur hatte sie ihn wirklich kämpfen sehen. Ein einziges Mal nur hatte sie gesehen, wie er gefochten hatte, mit dem Ziel einen Gegner zu vernichten.

Und diesen Anblick würde sie niemals wieder in ihrem Leben vergessen können. Und selbst damals hatte er nur seinen Dolch benutzt.

Bei dem Gedanken an diesen Tag wurde ihr kalt und ein unbestimmbares Grauen stieg in ihr auf. Azrael hatte mit dem, was er getan hatte, ihr Leben gerettet, doch trotzdem… Er hatte die Räuber, die sie beide angegriffen hatten, grausam getötet. Sie hatten nicht die geringste Chance gegen den Engel gehabt.

Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken herunter, als sie sich an das Bild erinnerte, wie Azrael blutverschmiert und mit triefender Klinge vor den Leichnamen der Männer gestanden hatte.

„Wie ein Todesengel“, murmelte sie leise und ein wenig ängstlich.

Das war das erste und einzige Mal, dass Jeanne ihn so erlebt hatte – und sie war wirklich froh darum.

Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden, und begann langsam sich die Straße hinab zu bewegen.

Obwohl die Sonne noch nicht allzu lange am Himmel stand, waren bereits einige Leute unterwegs. Sie erspähte viele Frauen, welche im Gegensatz zu ihr in lange Kleider gehüllt waren. Sie eilten geschäftig die Wege entlang, wahrscheinlich um ihre Einkäufe und Arbeiten zu erledigen, bevor die Sommersonne ihre unbarmherzige Seite präsentierte.

Jeanne beachtete sie nicht weiter, jedoch verbeugten sie sich alle respektvoll vor ihr, wenn sie an ihnen vorbeiging.

Kein Wunder. Die junge Frau war einer der Hauptgründe, warum diese Siedlung überhaupt noch existierte. Denn die militärische Stärke dieses Dorfes ging gegen null. Alles, was zwischen ihnen und der Außenwelt stand, welche ihnen schaden wollte, war eine magische Barriere, das Kristallherz und eine Hand voll Magier.

Und Jeanne zählte zu den besten Magiern im ganzen Dorf, dennoch unterlag auch ihre Macht großen Grenzen. Das einzige was ihnen allen die Zauberei ermöglichte, war das Kristallherz, ein riesiger Edelstein, der sich gut bewacht in einem Labyrinth unterhalb der Siedlung befand. Er sandte die magische Energie aus, welche einige von ihnen bewusst sammeln, speichern und ihrem eigenen Willen unterwerfen konnten. Je weiter sich die Magier von dem Kristallherz entfernten, desto schwerer wurde es für sie die Magie zu sammeln – und wenn sie erst einmal ganz den Einflussbereich des großen Edelsteins verlassen hatten, konnten sie nur noch von der magischen Energie zehren, die sie in ihrem Körper gespeichert hatten – wenn diese aufgebraucht war, hatten die Zauberer ein Problem.

Doch innerhalb der Barriere war das kein großes Ding. Alles innerhalb des Dorfes war durchtränkt von der Magie des Kristalls. Es gab Macht im Überfluss – man musste sie nur aufsammeln und benutzen.

Und darauf verstand sich Jeanne sehr gut.

Ein Lächeln huschte über ihre Züge. Solange sie das Kristallherz hatten, gab es keine Probleme in der Siedlung. Es gab kaum etwas, das sich nicht mit etwas Magie wieder in Ordnung bringen ließ.

Jeannes Schritte trugen sie leichtfüßig durch die gepflasterten Straßen, vorbei an ein- bis zweistöckigen Häusern aus grob behauenem grauen Stein, deren Dächer mit Stroh, manchmal auch mit Ziegeln oder Schiefer bedeckt waren.

Sie wanderte durch das Gewirr aus Wegen und Gassen in der Siedlung, auf der Suche nach ihrem geflügelten Freund, jedoch entdeckte sie keine Spur von ihm. Als hätte er sich in Luft aufgelöst.

Vielleicht will er mich ja jetzt auch einfach nicht sehen, überlegte Jeanne und erneut breitete sich schlechtes Gewissen in ihr aus.

Vielleicht hatte sie Azrael dieses mal ja wirklich verletzt.

Die junge Frau seufzte tief. Das würde ihr wirklich leid tun. Doch sicher würde er ihr verzeihen – so hoffte sie zumindest.

Er wusste schließlich auch, dass sie in letzter Zeit häufig unter Albträumen litt, und die Nächte meistens nur schlecht schlief. Das musste er einfach verstehen…

Plötzlich stand sie vor den Toren der Kirche des Ortes. Es war mit Abstand das höchste und besteingerichtetste Gebäude der Siedlung.

Seltsam, sie hatte eigentlich gar nicht vorgehabt, hierher zu kommen. Wusste sie doch, dass sie Azrael hier nicht finden würde. Der Engel mied Kirchen und alle anderen Symbole des christlichen Glaubens wie die Pest.

So hatte er sie so lange genervt, bis sie alle Kreuze und Ikonen aus ihrem gemeinsamen Haus entfernt hatte. Nur das kleine Kreuz aus Silber, welches neben der Eingangstür hing, hatte sie nicht abgehängt. Es hatte ihrer Mutter gehört, deswegen würde es dort bleiben, wo es war. Der Seraph hatte sich über diesen Umstand nicht allzu erfreut gezeugt, es jedoch schließlich akzeptiert.

Jeanne hatte sich häufig gefragt, woher Azraels Abneigung gegen den christlichen Glauben kam, jedoch war er Fragen in diese Richtung immer ausgewichen. Es war offensichtlich, dass er nicht darüber reden wollte. Sie vermutete, dass es etwas damit zu tun hatte, was vorgefallen war, bevor er hierher gekommen war.

Der Engel behauptete zwar hartnäckig, er könnte sich nicht erinnern, was damals vorgefallen sei, doch möglich wäre es durchaus.

Jeannes Mutter hatte ihr als kleines Mädchen einmal erzählt, wie sie dem Engel vor nunmehr über dreißig Jahren zum ersten Mal begegnet war. Sie hatte ihn damals gefunden, wie er halb nackt, in zerfetzter Kleidung, blutverschmiert und schwer verwundet auf der Wiese gelegen hatte, wo ihre Mutter zu diesem Zeitpunkt gearbeitet hatte. Sie hatte ihr außerdem berichtet, dass er damals eine aufgeschnittene Kehle sowie kreuzförmig aufgeschnittene Pulsadern gehabt hätte. Wie er das überlebt hatte, war allen ein Rätsel, doch Azrael hatte es überlebt. Und sich anscheinend vollständig davon erholt.

Seit diesem Zeitpunkt lebte auch er in dem Dorf. Ein lebendes Symbol Gottes.

Jeanne schob vorsichtig die schwere Eichentür der Kirche beiseite. Sofort schlug eine Welle kühler, jedoch leicht abgestandener Luft ihr entgegen.

Sie trat ein und schloss die Tür wieder hinter sich. In dem gewaltigen Schiff der Kirche befand sich im Moment außer ihr niemand. In dem riesigen Gebäude herrschte Dämmerlicht, nur aus den hohen bunten Glasfenstern – neben dem Kristallherz der wertvollste Besitz des Dorfes – drang Sonnenlicht in die Kirche.

Sie ging den langen Gang zwischen den hölzernen Bankreihen entlang, auf den Altar zu.

Und erneut nahmen Bilder der Vergangenheit ihren Geist gefangen.

Damals, als sie kaum älter als vier oder fünf Jahre gewesen war, hatte Azrael sie auf den Arm genommen und war mit ihr auf einen kleinen Hügel etwas außerhalb des Dorfes geflogen. Dort hatte er mit ihr gespielt und sie hatten ein Picknick gemacht, während sie die Aussicht auf das kleine Dorf genossen hatten.

Und dann schließlich hatte die kleine Jeanne eine Frage geäußert, die ihr schon lange auf der Seele gebrannt hatte.

„Du, Azrael“, hatte sie in einem unschuldigen Ton begonnen, wie er nur kleinen Kindern zu eigen ist.

Der Seraph hatte sich zu ihr umgedreht und sie aus den selben bernsteinfarbenen Augen angesehen, wie er sie auch heute noch besaß. Nur dass damals noch nicht diese Kälte und Härte in ihnen gelegen hatte.

„Was ist denn, meine kleine Mondblume“, hatte er sie daraufhin in väterlichem Tonfall gefragt.

„Meine kleine Mondblume“ – so hatte er sie damals noch genannt. Doch das war nun schon lange her. Viel zu lange.

„Gibt es eigentlich einen Gott?“, hatte sie daraufhin mit der Sprache herausgerückt.

Er als Engel musste schließlich über solche Dinge bescheid wissen. – Und er hatte es auch gewusst, und ihr geantwortet. Wenn auch anders, als die kleine Jeanne es gedacht hatte.

„Oh ja... Den gibt es“, hatte er geantwortet, doch dabei alles andere als glücklich geklungen.

Damals hatte sie es noch nicht erkannt, doch wenn sie sich heute daran zurückerinnerte, wusste sie, dass tiefer Sarkasmus und Bitterkeit in seiner Stimme gelegen hatten. Das war das einzige Mal, dass er ihr auf eine Frage in diese Richtung eine wirkliche Antwort gegeben hatte, ohne Versuche zu machen ihr auszuweichen.

Nun kniete sie vor dem Altar, hatte die Augen geschlossen und betete, wobei sie sich fragte, warum Azrael nur so auf diese Frage reagiert hatte. Am liebsten wäre es ihr gewesen, sie hätte den Engel einfach fragen können, doch sie wusste, dass sie keine Antwort darauf erhalten würde – zumindest keine, mit der sie irgendetwas hätte anfangen können.

Nachdem sie ihr Gebet beendet hatte, fühlte sie sich normalerweise geborgen und befreit – doch diesmal fehlte dieses Gefühl. Stattdessen fühlte sie eine seltsame Unruhe in sich aufsteigen, für diese nicht die geringste Erklärung hatte.

Erneut stieg ein Seufzer aus der Kehle der jungen Frau und sie stand auf. Mit leichten Schritten, die dank des Steinbodens durch die gesamte Kirche hallten, verließ sie das Gotteshaus wieder. Ohne auch nur einen Schritt weiter zu sein.

Sie hatte noch immer nicht die geringste Ahnung, wo ihr geflügelter Freund war.

Plötzlich durchschoss eine böse Vorahnung ihren Geist. – Was wenn Azrael vorhatte sich etwas anzutun?!? Sofort beschleunigte sich Jeannes Herzschlag und sie begann zu rennen. Sie musste den Engel finden!!!

Im Laufen warf sie einen kurzen Blick auf ihr Handgelenk.

Ein waagerechter Schnitt über das Handgelenk und ein senkrechter die Pulsader entlang bis zur Armbeuge, schoss es ihr durch den Kopf.

Das würde die kreuzförmigen Narben wie an den Handgelenken des Seraphen verursachen.

Sie hetzte quer durch die Siedlung, ohne Ahnung, wo sie überhaupt war, und wohin sie rannte. Nur dass sie wusste, dass sie Azrael finden musste. Bald begannen ihre Lungen zu brennen, doch sie dachte nicht daran stehen zu bleiben.

Tränen waren ihr in die Augen getreten und rannen nun heiß über ihr Gesicht, wobei sie ihren Blick verschleierten und alles um sie herum verschwimmen ließen. Dennoch rannte die junge Frau weiter – und prallte plötzlich frontal gegen etwas, oder jemanden.

Sie wollte sofort nach der Kollision weiterlaufen, doch ihr Hindernis hielt sie an der Schulter fest. So zwang sie sich ihren Blick nach oben zu richten, um zu sehen, mit wem oder was sie zusammengestoßen war.

„Was ist passiert?“, fragte eine ihr wohlbekannte Stimme besorgt.

Sie spürte wie ihr verweintes Gesicht gemustert wurde. Sie kannte diese Stimme, jedoch konnte die junge Frau diese nicht zuordnen. Doch langsam lichtete sich der Tränenschleier und sie konnte wieder erkennen, wen sie dort vor sich hatte.

Sofort wurde sie von einer Welle konzentrierter Erleichterung überrollt und ihre Beine gaben unter ihr nach. Doch sie schlug nicht auf dem Boden auf, sondern wurde aufgefangen.

Erneut rannen Tränen ihre Wangen herunter.

„Oh mein Gott, Azrael“, schluchzte sie, während sie in den Armen des Schwarzgeflügelten lag, „ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.“

Der Seraph sah sie einen Moment lang verdutzt an, jedoch spürte sie, wie hinter seinem Ausdruck sich etwas veränderte. Es war nicht in Worte zu fassen, doch für einen Moment ging eine schon fast körperlich spürbare Härte und Kälte von ihm aus. Und in diesem nur einen Herzschlag lang währenden Augenblick, war Jeanne sich fast sicher, dass ihr Atem vor ihrem Gesicht kondensierte. Doch der Moment ging vorüber, und die Ausstrahlung des Engels war wieder dieselbe wie immer.

„Wie kommst du darauf, dass mir etwas passiert sein könnte?“, wollte er wissen und Jeanne meinte einen lauernden Unterton in seiner Stimme zu bemerken, doch der Gedanke wurde von der Brandung der Erleichterung, die noch immer durch ihren Körper fegte, hinweggetragen.

„Ich hatte nur so eine böse Vorahnung“, erklärte sie und die Erleichterung wurde langsam schwächer und ließ wieder Platz für andere Gefühle.

Sofort meldete sich auch ihr schlechtes Gewissen zurück.

„Es tut mir Leid, was ich vorhin zu dir gesagt habe. Du hast nichts getan, was es rechtfertigen würde, dich so zu behandeln“, entschuldigte sie sich bei ihm.

Sie meinte zu spüren, wie er bei ihren Worten leicht zusammenzuckte, doch es war nicht stark genug, damit sie sich sicher sein konnte, es sich nicht nur eingebildet zu haben.

„Das macht doch nichts. Ich hätte dich nicht so erschrecken sollen“, erwiderte er ein wenig reumütig, jedoch ohne sie direkt anzusehen.

Da erst fiel ihr auf, dass er – wie sie durch das Fehlen der Waffe bereits vermutet hatte – die in Siegelband gewickelte Sense auf den Rücken gebunden trug. Sie stellte ihm eine entsprechende Frage, jedoch fiel die Antwort nicht allzu präzise aus.

„Ich dachte, ich würde sie brauchen.“

Wundervoll, schoss es ihr sarkastisch durch den Kopf, und sie schämte sich sofort wieder für ihren sarkastischen Ton. Doch diese Art von Antworten trieb sie jedes Mal aufs Neue zur Weißglut. Doch sie stellte keine weitere Frage in diese Richtung, wusste sie doch, dass es sinnlos war. Die Antworten würden nicht klarer werden, wohl eher im Gegenteil. Falls er überhaupt noch einmal darauf eingehen würde.

Sie befreite sich aus seinem Griff und trat einen halben Schritt zurück.

„Was ist in letzter Zeit los mit dir – und mit mir?“, wollte sie traurig von ihm wissen.

Azrael sah auf und blickte ihr direkt in die Augen. In dem Bernstein seiner Iris sah sie neben der Kälte und Härte, die sich in den letzten Wochen seines Blickes bemächtigt hatten, auch Trauer und Schmerz aufblitzen.

Der Seraph schwieg einen Augenblick lang, wobei er jedoch den Blickkontakt aufrecht hielt. Es schien als würde er die Antwortmöglichkeiten gegeneinander abwiegen, bevor sich schließlich entschied und eine der Arten in Worte fasste.

„Ich weiß es nicht.“

Er klang resigniert.

Jeanne wusste nicht, woher sie diese Gewissheit nahm, doch sie spürte, dass das noch nicht alles war. Dass ihr Freund ihr irgendetwas verschwieg.

Sie seufzte und blickte ihn traurig an. Doch sie sagte nichts dazu. Wenn er es ihr nicht sagen wollte, konnte sie ihn ohnehin nicht dazu zwingen. Außerdem wollte sie es ohnehin nicht. Sie wünschte sich einfach, Azrael würde sie von sich aus ins Vertrauen ziehen. Eigentlich sollte er wissen, dass er ihr bedingungslos vertrauen konnte. Dass sie alles für ihn tun würde.

„Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst, was dich belastet. Und dass ich alles für dich tun würde, was in meiner Macht steht“, meinte sie dann ernst, jedoch auch mit traurigem Unterton.

Der Blick seiner bernsteinfarbenen Augen wurde durchdringend und die junge Frau hatte das Gefühl, er würde bis auf den Grund ihrer Seele blicken. Dennoch änderte sich der Ausdruck in ihnen kaum, und das machte sie noch trauriger.

Nachdem Azrael seine Musterung abgeschlossen hatte, seufzte er.

„Ja, das würdest du“, meinte er dann nur.

Mehr sagte er nicht dazu. Nur diese paar Worte. Und in ihnen lag nicht einmal Dankbarkeit. Sie klangen kühl und ausdruckslos. Fast als betreffe es ihn kaum.

Jeanne spürte, wie Tränen in ihr aufstiegen. Sie wollte heulen. Was hatte sie ihrem geflügelten Freund getan, dass er sie nun so behandelte.

„Du solltest zum Training gehen. – Es wird dir helfen deinen Kopf ein wenig frei zu bekommen“, riet er ihr dann noch immer mit dem gleichen kühlen und ausdruckslosen Tonfall.

Die junge Frau wollte noch etwas erwidern, doch bevor sie die Tränen weit genug unter Kontrolle hatte, dass sie in der Lage war zu sprechen, spürte sie einen heftigen Windstoß und hörte das Rauschen der Luft, wie sie sich in Azraels nachtschwarzen Schwingen fing. Der Engel war einfach abgehauen.

Jeannes Knie gaben erneut unter ihrem Gewicht nach und sie schluchzte sich das ganze Elend der letzten Tage aus dem Leib.

Doch schon nach wenigen Herzschlägen spürte sie eine sanfte Bewegung, die ihre Wange entlang strich. Sie blickte auf, was sie berührt hatte – und entdeckte eine von Azraels nachtschwarzen Federn, die sich beim Start aus seinen Flügeln gelöst hatte. Sie hob die weiche Feder auf, presste sie mit der Hand gegen ihre Brust und begann ungehemmt zu schluchzen und zu weinen.

Chapter 3

*~Chapter 3~*
 

Jeanne wusste nicht, wie lange sie dort gehockt hatte und sich ihrer Trauer und Verzweiflung hingegeben hatte. Doch sie schluchzte so lange, bis ihre Tränen versiegt waren und sie einfach nicht mehr die Kraft fand noch weiter zu weinen.

Was nur war hier im Moment los? Warum hatte Azrael sie so behandelt?

Bei dem Gedanken überkam sie erneut eine Welle der Trauer, doch die Tränen blieben diesmal aus. Es waren einfach keine mehr übrig, die sie noch hätte vergießen können.

Sie seufzte, und rappelte sich dann hoch. Sie hatte noch immer die Feder aus Azraels Schwinge in der Hand und hielt sie vor ihr Gesicht. Sie war weich und die Sonne zauberte goldene Lichtreflexe auf sie.

Zuerst wollte Jeanne sie wegwerfen, doch dann entschied sie sich um und steckte sie stattdessen in ihre Tasche. So war wenigstens ein kleiner Teil ihres Freundes bei ihr. Wenigstens ein winziger Part des Seraphen, der sie nicht verlassen hatte.

Jeanne streckte sich, denn ihre Glieder waren steif von dem Hocken. – Anscheinend hatte sie sich länger ihrer Verzweiflung hingegeben, als sie gedacht hatte.

Bei dem Gedanken daran flammte Wut auf sich selbst – und Azrael – in ihrem Bewusstsein auf. Sie schämte sich dafür, sich wie eine gewöhnliche, schutzlose Frau aufgeführt zu haben, deren einzige Waffe ihre Tränen waren. Und sie war zornig auf den Engel, der sie so behandelt hatte, und sie erst in diese Situation gebracht hatte.

Sie grub ihre Fingernägel in die in ihre Handflächen, um die Wut zu unterdrücken und nicht den erstbesten, der ihr über den Weg lief, in eine lebende Fackel zu verwandeln. Der Schmerz durchzuckte ihren Körper und drängte den Zorn fürs erste zurück.

Stattdessen erinnerte sie sich wieder an den Ausdruck in den Augen des Geflügelten.

Was ist nur los mit dir, mein Freund?, fragte sie sich bedauernd, warum sagst du mir nicht einfach, was die auf dem Herzen liegt? Ich könnte dir doch helfen.

Sie seufzte tief und ließ dann erst einmal ihren Blick über ihre Umgebung wandern. Schließlich wäre es relativ praktisch zu wissen, wo sie sich gerade befand.

Die junge Magierin war ein wenig verwundert, als sie bemerkte, wohin ihre tränenblinden Schritte auf der Suche nach dem Seraphen sie getrieben hatten. Sie befand sich nur wenige Straßen entfernt von der magischen Kuppel, unter der sich die Nutzer der Macht des Kristallherzens der Verfeinerung ihrer Künste widmeten.

Zuerst gemächlichen Schrittes, dann immer schneller werdend, bewegte sich Jeanne auf den Trainingsplatz zu. Vielleicht hatte Azrael ja recht, und es würde ihr tatsächlich helfen sich einfach auf die Macht ihrer Magie zu konzentrieren und ein paar Zauber zu wirken. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert.

Obwohl sie nicht weit von der Kuppel entfernt war, brauchte sie einige Minuten um sie zu erreichen. Denn in diesem Teil der Siedlung waren die Gassen verwinkelt und die Straßen verschlungen. Doch schließlich kam das sanfte Leuchten der magischen Kuppel in Sicht.

Jeanne spürte die hohe Konzentration der Magie dort und ihre Nackenhaare stellten sich auf. Dennoch ging sie unbeirrt weiter und stand schließlich vor der leicht schimmernden Barriere, unter der die Magier sich der Übung ihrer Kräfte widmeten.

Nach einem magischen Unfall vor etwa zwanzig Jahren, bei dem die Hälfte des Dorfes abgebrannt war, hatte man beschlossen, dass es für alle Parteien sicherer sei, wenn die Zauberer ihre Kunst nur noch unter einem starken magischen Schild üben durften. In der Tat hatte diese Regelung seitdem schon mehrere größere und kleinere Katastrophen verhindert.

Ihr Finger strich sanft über die Barriere und sie murmelte einige leise Worte. Daraufhin verschwand der leichte, nachgiebige Widerstand der Kuppel und eine etwa türgroße Öffnung erschien in dem Schild. Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen der Zauberin und sie trat ein. Kaum war sie hindurchgetreten, da schloss sich das Loch in der Barriere auch bereits wieder.

Sofort spürte sie die Mengen der freigesetzten Energie noch stärker und ein leichter Schauder überlief ihren Körper. Innerhalb der Kuppel war die Magie so konzentriert von den unzähligen gewirkten Zaubern, dass man sie körperlich wahrnehmen konnte. – Selbst jemand, der nicht in der Lage war das Geschenk des Kristallherzens seinem Willen zu unterwerfen, würde innerhalb dieses magischen Schildes ihre Anwesenheit spüren.

Der Platz unterhalb des Schildes war riesig – zumindest wenn man bedachte, dass er sich mitten in einer kleinen Siedlung befand. Um von einer Seite der Kuppel zur anderen zu kommen brauchte es fast zweihundert Schritte und vom Boden zu ihrem höchsten Punkt waren es noch einmal gut fünfzig Schritte. Doch der Raum wurde auch bitter benötigt. Obwohl die Magier eher wenige an ihrer Zahl waren, war ihre Kunst doch etwas, das sich nicht auf wenig Raum einengen ließ – oder zumindest nicht, ohne dass es unerwünschte Konsequenzen nach sich zog.

Ein älterer Mann war gerade dabei einigen Jungen und Mädchen, welche alle zwischen acht und zwölf Jahren alt waren, die Grundlagen der Macht des Kristallherzens zu erklären und sie darin zu unterrichten, sich diese Macht zunutze zu machen. In einer anderen Ecke der Kuppel war eine Frau, die etwa fünf oder sechs Jahre älter war als Jeanne, dabei mit ihrer Magie etwas Sand zu Glas zu schmelzen und mit den rot und orange glühenden Strängen zu arbeiten. Ein paar andere Magier – ebenfalls Frauen – waren gerade in ein kleines Gefecht untereinander vertieft, während ein alter Mann, dessen Gesicht von tiefen Furchen durchzogen war, die Macht des Kristallherzens benutzte, um irgendetwas mit einer Pflanze anzustellen, was die junge Frau jedoch auf die Entfernung nicht wirklich erkennen konnte.

Da wurde ihre Musterung der Aktivitäten durchbrochen, denn plötzlich kam ein junger Mann auf sie zugelaufen. Er hatte rostbraune Haare und war in schlichte hellbraune Kleidung gehüllt. Auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, und obwohl Jeanne nicht danach zumute war, konnte sie nicht anders als diese Geste unwillkürlich zu erwidern.

„Jeanne!“, rief er erfreut und umarmte sie mit einem Lächeln.

Die junge Frau erwiderte die Umarmung, sowie das Grinsen.

„Antoine“, meinte sie ein klein wenig erstickt und entwand sich seiner vertraulichen Geste, denn der junge Mann war etwa doppelt so muskulös wie sie selbst und hatte sie bei der Umarmung fast erdrückt.

Ein etwas schuldbewusster Ausdruck huschte über die Züge Antoines. Jedoch währte er nicht lange. Der junge Mann hatte es noch nie geschafft länger als eine halbe Stunde schlecht gelaunt zu sein. Eine Angewohnheit, wegen der Jeanne ihn doch des öfteren an die Wand hätte klatschen können – und es zugegebenermaßen auch das eine oder andere Mal getan hatte. Jedoch schaffte Antoine es auch immer wieder diese gute Laune mit anderen zu teilen und seine Anwesenheit konnte einen doch immer wieder aufs Neue aus einem Stimmungstief bringen. Und das konnte sie im Moment sehr gut gebrauchen.

Auch Antoine war in der Lage die Macht des Kristallherzens zu nutzen, jedoch waren seine Künste denen von Jeanne um ein Vielfaches überlegen, obwohl er älter war als sie selbst.

„Was führt dich hierher, meine Teuerste?“, wollte er mit einem leichten Lächeln wissen.

„Ich dachte mir, es wäre ganz gut noch ein paar Stunden dem Training zu widmen“, erklärte die junge Frau und auch auf ihren Lippen lag die Andeutung eines Lächelns.

Vielleicht hatte Azrael geahnt, dass Antoine sich heute auch wieder unter der Kuppel würde blicken lassen und hatte ihr deshalb den Rat zum Training gegeben. Vielleicht hatte er sie auch einfach nur abschieben wollen – auf jeden Fall wirkte der Rat des Engels jetzt schon. Allein Antoines Anwesenheit reichte, damit Jeanne ihren Kopf wieder frei bekam. Der Streit mit dem Seraphen und sein seltsames Verhalten waren fürs erste vergessen.

„Ah... Das ist meine Jeanne“, meinte Antoine und sein Lächeln verbreiterte sich, „fleißig wie immer. – Kein Wunder, dass du so stark bist.“

Sie lachte leise und das ewige Lächeln auf Antoines Gesicht wurde noch ein Stückchen breiter und erfreuter.

„Vielleicht möchtest du mir ja ein wenig Gesellschaft leisten“, flötete die Frau gut gelaunt und zwinkerte dem jungen Mann zu.

„Und mich von dir fertig machen lassen? – Aber gerne doch!“, erwiderte Antoine lachend.

Seine Worte klangen nicht böse und waren auch nicht verletzend. Es war einfach die Art des jungen Dorfbewohners.

Jeanne lächelte und trat dann schnell an ihn heran und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Antoine wurde rot und das entlockte ihr ein weiteres Lachen, in das auch der junge Mann nach einem kurzen Augenblick einstimmte.

„Das war schon mal eine Entschädigung im Voraus“, lachte sie fröhlich.

Er grinste und das Rot wich aus seinem Gesicht. Schalk blitzte in seinen braunen Augen.

„Freu dich da mal nicht zu früh“, drohte er ihr lachend.

Spöttisch zog sie eine Augenbraue hoch, jedoch schwächte das fröhliche Lächeln auf ihren Lippen die Geste ab und nahm ihr den verletzenden Part.

„Da bin ich aber mal gespannt.“

Antoine lachte, dann erschien ein winziges Flämmchen in seiner Hand. Es schwebte klein, orange-gelb und unbeeindruckend etwa eine einen Fingerbreit über seiner Handfläche.

Jeanne fiel in sein Lachen ein.

Doch dann wurden aus einem winzigen Flämmchen plötzlich zwei, dann vier und nur wenige Herzschläge später war Jeanne von einer ganzen Armada kleiner, orange-gelber Flämmchen umgeben, die als Kollektiv plötzlich gar nicht mehr so unbeeindruckend waren. Und vor allem wurden es immer mehr kleine Fünkchen, die um sie herumschwebten, jedoch ohne sie zu berühren. Wollte sie sich jedoch nicht verbrennen, konnte sie sich nicht bewegen. Und mit jedem Augenblick den sie ungenutzt verstreichen ließ wurde die Flämmchenarmee um sie herum größer – und der Käfig, den sie schufen, undurchdringlicher.

Zwar achtete Antoine sehr sorgfältig darauf, dass seine kleinen magischen Feuer sie nicht versengten, dennoch wurde die Luft innerhalb der unzähligen kleinen Flämmchen langsam immer heißer und machte ihr auf die Dauer das Atmen schwer. Ihre Haut war bereits gerötet und Schweiß lief an ihr herab, während sie fieberhaft überlegte, was sie tun sollte.

„Und – was hältst du von meinem neuen Zauber?“, hörte sie Antoines vergnügte Stimme.

Sehen konnte sie ihn durch den Vorhang aus kleinen Flämmchen ja nicht.

Da kam ihr plötzlich die rettende Idee. Sie grinste breit und schuf eine Windböe, die ihren Ursprung im Körper der jungen Frau nahm, und die Flämmchen einfach hinfort wehte.

Sie lachte, als sie seinen für einen Augenblick leicht beleidigten Blick aufnahm.

„Mann...“, meinte er ein wenig schmollend, „ich habe fast eine Woche gebraucht, um mir dieses Manöver auszudenken – und du wehst meine Flämmchen einfach so weg!“

Jeanne lachte erneut und diesmal war es Antoine der unwillkürlich in ihr Lachen mit einstimmen musste.

„Tja...“, meinte sie grinsend, „da brauchst du schon mehr, um mich zu überlisten.“

Er lächelte schief und sie meinte einen wissenden Ausdruck unter seinen Zügen verborgen zu sehen. Es erschien ihr fast so, als ob er wusste, dass er sie mit diesem Zug fast zu Fall gebracht hätte. – Doch sie war ihm nicht böse deswegen. Hatte er doch mit roher magischer Kraft wenig Chancen gegen sie.

„Einen Versuch war es ja immerhin wert“, erwiderte er mit einem Schulterzucken und einem Lächeln auf den Lippen.

„Dann bin jetzt wohl ich dran.“

Ihre Stimme klang fast schon ein wenig drohend, doch von so etwas ließ sich Antoine nun wirklich nicht einschüchtern. – Jemand anderes vielleicht, aber nicht der junge Mann mit den rostbraunen Haaren.

„Aber natürlich, meine Teuerste“, flötete er gut gelaunt.

Ob er wohl genauso wäre, wenn es ein wirklicher Kampf wäre und es um sein Leben ginge?, schoss es Jeanne durch den Kopf.

Vermutlich nicht, aber unterschreiben würde sie es nicht unbedingt. Doch wahrscheinlich würde sie es niemals erfahren.

Sie verdrängte den Gedanken und griff nach der Magie, welche die Luft um sie herum durchdrang. Die gespeicherte Macht in ihrem Inneren ließ sie dieses Mal unangetastet. Die Zauberkraft war unter der magischen Kuppel so konzentriert, dass Jeanne schon nach wenigen Herzschlägen genügend Macht gesammelt hatte, um ihren Zauber zu wirken.

Sie formte die Magie und begann schwach zu leuchten. Dann ließ sie der Macht freien Lauf. Drei schwache Lichtklingen materialisierten sich vor ihr und rasten dann auf den jungen Mann zu. Die Kraft der Zauber war so gewählt, dass selbst ein direkter Treffer keinen allzu großen Schaden angerichtet hätte.

Doch soweit kam es gar nicht erst. Antoine wich den Klingen mit Leichtigkeit aus – jedoch übersah er dabei die zweite Phase von Jeannes Zauber, denn sie hatte den Klingen einen halben Herzschlag später und leicht versetzt eine starke Böe folgen lassen. Dieser Windstoß traf den jungen Mann in einem Moment, in dem sein Gleichgewicht extrem instabil war. Die Böe riss ihn ein kleines Stückchen nach oben, bevor sie ihn auf Boden warf, wo er auf dem Rücken landete.

Er schüttelte leicht benommen den Kopf, bevor er sich wieder aufsetzte. Dann verzog er leicht das Gesicht.

„Das gibt einen blauen Fleck“, beschwerte er sich, doch der Unmut darüber währte nicht lange. Ebenso wie die meisten negativen Stimmungen bei ihm.

Er stand auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung.

„Du hast mich tatsächlich mit einem Zwei-Phasen-Zauber zu Fall gebracht“, stellte er dann ein wenig ungläubig, jedoch mit einem erneuten Lächeln auf den Lippen fest.

Jeanne grinste breit und trat einen halben Schritt auf ihn zu.

„Alles eine Frage des Timings“, erklärte sie gut gelaunt.

Antoine lachte. Er war ihr deswegen nun wirklich nicht böse. Genau genommen hatte Jeanne es auch noch nie erlebt, dass Antoine irgendjemandem für irgendetwas länger als eine halbe Stunde beleidigt war.

„Dann bin ja jetzt ich wieder dran“, meinte er fröhlich.

Sie nickte und ging in Verteidigungsstellung. Ein grimmiges Lächeln umspielte ihre Lippen.

Chapter 4

Ihr Gefecht zog sich den ganzen Tag über hin. Die Sonne wanderte über den Himmel, Magier kamen und gingen. Die Hitze der Sonne nahm zu, brannte unbarmherzig auf die Erde und schwand schließlich wieder.

Zauber um Zauber hatten Jeanne und Antoine gegeneinander geschleudert. Stürme von Magie freigesetzt und gebändigt. Sie hatten nur innegehalten, um in den Mittagsstunden etwas zu essen und später eine Stunde, um zu verschnaufen. Ansonsten hatten sie die ganze Zeit damit verbracht sich gegenseitig mit magischen Angriffen einzudecken.

Jedoch hatte keiner eine wirkliche Oberhand gewinnen können. Jeanne war stärker was den Umgang mit Magie anging, doch Antoine machte seine fehlende Kraft durch geschickte und listige Attacken wieder wett.

Als nun die Sonne den Horizont berührte, waren beide außer Atem. Schweiß stand ihnen beiden am Gesicht und die ersten Zeichen von Erschöpfung zeigten sich bei ihnen. Die Geschwindigkeit, in der die Angriffe aufeinander gefolgt waren, war immer größer geworden und jeder der beiden Kontrahenten hatte mehr als einmal auf dem Boden gelegen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so lange durchhältst“, meinte Antoine anerkennend.

Sein Atem ging schwer und er zitterte leicht. Er brachte nur noch ein schwaches Lächeln zustande.

„Das Kompliment muss ich zurückgeben“, erwiderte Jeanne ebenso anerkennend.

Auch ihr Atem ging schnell und sie spürte, wie ihre Kraft langsam zur Neige ging. – Sie würde die Erschöpfung nach dem Training mit Magie vertreiben und heute Abend früh zu Bett gehen.

„Aber einen Trick habe ich noch auf Lager“, meinte er dann mit einem erneuten, wenn auch ein wenig schwachen Lächeln.

Jeanne legte den Kopf schief und sah ihn verwundert an.

Antoine hatte im Laufe des Tages so ziemlich jede auch nur erdenkliche Art von Magie gewirkt und sie in den verschiedensten Formen und Kombinationen gegen sie eingesetzt. Was konnte er da jetzt noch auf Lager haben?

„Das wirst du gleich sehen“, erklärte er lächelnd, als habe er soeben ihre Gedanken gelesen.

Sie sah ihn abwartend an.

Sein Lächeln vertiefte sich für einen Moment noch. Dann schloss er seine Augen und seine Miene wurde konzentriert. Sie spürte wie er Kraft sammelte und wartete gespannt ab, was für eine Form er ihr wohl dieses Mal geben würde.

Sie hatte mit vielem gerechnet, dennoch überraschte sie das, was er tat. Er warf die gesammelte Macht nicht gegen sie oder ließ sie in irgendein Objekt fließen. Vielleicht tat er es auch, doch nichts geschah. Sie hörte nur ein seltsames Geräusch, das sie nicht zuordnen konnte, das ihr jedoch einige eiskalte Schauer über den Rücken trieb.

Dann hörte es abrupt auf und Antoine öffnete die Augen wieder. Sein Atem ging nun noch schneller und wenn Jeanne genau hinsah, konnte sie sehen, dass sein Körper leicht zitterte. Was immer der junge Mann getan hatte, es schien eine sehr anstrengende Angelegenheit gewesen zu sein.

„Und – was sagst du dazu?“, wollte er leicht keuchend, aber mit eindeutig stolzem Unterton von ihr wissen.

Sie blickte ihn etwas verstört an.

„Wozu soll ich etwas sagen?“

Einen Augenblick wirkte Antoine irritiert, dann drehte er den Kopf nach hinten und blickte über die Schulter an seinem Rücken hinab.

„Oh“, meinte er ein wenig verlegen und sie sah, wie sein Gesicht eine rote Farbe annahm.

Noch bevor er sie davon abhalten konnte, war sie einmal um ihn herum getreten und musterte seine Rückseite – und staunte nicht schlecht. Jedoch drang schon einen Herzschlag später ein Lachen aus ihrer Kehle nach oben.

„Oh, Antoine...“, lachte die Magierin und Tränen traten in ihre Augen, so sehr wurde sie von dem Lachen geschüttelt.

Antoine wurde noch roter, doch das bemerkte Jeanne nicht einmal, so sehr war sie damit beschäftigt zu lachen und den Rücken des jungen Mannes anzusehen. Aus jedem von Antoines Schulterblättern ragte ein etwa handlanger, in verschiedenen Brauntönen gesprenkelter, gefiederter Flügel.

Jeanne schnappte vor lauter Lachen nach Luft, als das kleine Flügelpaar, das so lächerlich winzig an dem Zauberer aussah, protestierend flatterte.

„Mach’s halt besser“, verlangte Antoine daraufhin etwas beleidigt von der jungen Frau.

Das Lachen, das Jeanne schüttelte, verebbte langsam und sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

„Dann hab ich wenigstens auch was zu lachen“, fügte er giftig an und drehte sich zu ihr um, sodass seine kleinen Flügelchen außer Sichtweite kamen.

„Ja – vermutlich wirst auch du deinen Spaß bekommen“, erwiderte Jeanne und versuchte noch einen Blick auf die kleinen Flügelchen zu erhaschen, doch Antoine hatte den Zauber bereits gelöst.

Einen Augenblick schwiegen beide.

„Wie wirkt man eine Verwandlung am eigenen Körper?“, fragte Jeanne schließlich ein klein wenig peinlich berührt.

Die schlechte Laune Antoines war bereits wieder verschwunden und er weihte sie bereitwillig in das Geheimnis dieser Kunst ein. Sie benötigte einiges an Übung und viel Kraft um richtig ausgeübt zu werden – und war den Aufwand meistens nicht wert.

Nachdem sie unterwiesen worden war, startete die junge Frau ihren eigenen Versuch. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich und begann die Magie um sich herum zu sammeln. Als sie genug Macht beisammen hatte, begann sie damit sie ihrem Willen zu unterwerfen und die Anweisungen, welche Antoine ihr gegeben hatte, zu befolgen.

Zuerst geschah nichts, doch dann hatte Jeanne plötzlich ein seltsames Gefühl an den Schulterblättern. Es war unmöglich in Worte zu fassen, jedoch jagte es ihr einen weiteren kalten Schauer über den Rücken. Dann ertönte erneut dieses seltsame Geräusch und die junge Frau bemerkte erneute Veränderungen, die nicht in Worte zu fassen waren.

Schließlich öffnete sie die Augen wieder, wobei sie den Strom der Magie stetig aufrecht erhielt. – Ein weiterer Nachteil der Kunst der Verwandlung. Um die Verwandlung zu halten musste ständig Energie zugeführt werden. Und die Menge der Kraft war nicht gerade unbeträchtlich.

„Und?“, meinte sie mit einem trockenen Lachen und wartete auf den Lachanfall Antoines, der unweigerlich kommen musste.

Doch Antoine tat so ziemlich alles – nur lachte er nicht. Dafür waren seine Augen unglaublich geweitet und sein Unterkiefer war ihm nach unten geklappt. Er starrte sie an und konnte einfach nicht fassen, was er da sah.

Jeanne war ein wenig besorgt.

Was bitte ist mit mir passiert...?, überlegte sie etwas ängstlich, wagte jedoch schließlich den Blick über die Schulter – und erstarrte.

Aus ihrem Schultern ragten zwei riesige Schwingen hervor – so wie bei Azrael. Nur dass die Federn an Jeannes Schwingen länger waren und sanft mit dem Wind schwangen. Außerdem waren sie schneeweiß und ein leichtes Schimmern schien von ihnen auszugehen.

„Oh mein Gott“, murmelte Antoine, der seine Sprache wiedergefunden hatte, schließlich, „du siehst wunderschön aus.“

Sie wurde rot und schlug probeweise mit ihren Flügeln. Sie gehorchten ihr ohne weiteres und sie spürte den leichten Auftrieb, den die Bewegung verursachte.

„Kannst du damit auch...?“, begann Antoine dann leise und ehrfurchtsvoll.

„Fliegen?“, beendete Jeanne seinen Satz im selben Tonfall.

Auch sie konnte es kaum fassen.

Der junge Mann brachte kein weiteres Wort heraus, sondern nickte nur.

Die Magierin zögerte einen Augenblick, dann schlug sie noch einmal prüfend mit den weißgefiederten Flügeln. Der Wind fing sich in den Federn und sie spürte den Auftrieb. Sie schlug noch einmal mit ihren Schwingen, diesmal kräftiger und energischer. Und einige Augenblicke schwebte sie leicht instabil und trudelnd etwa einen halben Meter über dem Boden.

Antoine starrte sie jetzt immer noch an und sein Unterkiefer war ihm erneut heruntergeklappt. Und der ehrfurchtsvolle Ausdruck auf seinem Gesicht hatte sich noch weiter intensiviert.

Ich muss aussehen wie ein Engel, schoss es ihr durch den Kopf und sie konnte es selbst kaum glauben.

Doch der Preis dafür war nicht unbedingt zu unterschätzen. Um die wundervollen weißen Schwingen aufrechtzuerhalten musste sie ständig Magie in sie lenken – und das nicht zu knapp.

Aber diesen Preis waren sie mehr als wert.

Ein Gefühl tiefer Glückseligkeit durchströmte sie, als ihr klar wurde, dass sie gerade dabei war zu fliegen. Wie einer von Gottes Engeln durch die Luft zu schweben, getragen von wundervollen gefiederten Schwingen, um die Welt zu schützen und ihr Gerechtigkeit zu bringen.

Mit den langen, blonden Haaren, der weißen Kleidung, den blauen Augen und den wundervollen sanft leuchtenden Schwingen, deren weiße Federn bei jeder ihrer Bewegungen sanft schwangen, sah sie aus wie einer der Engel auf den Bildern, welche in den Kirchen hingen. Nur ihr leicht trudelndes, unruhiges Schweben passte nicht ganz zu dem Bild, was man von den stolzen Himmelskriegern hatte.

Aber bei einem ersten Versuch konnte man ihr das nun wirklich auch verzeihen. – Vermutlich gaben junge Engel bei ihrem ersten Flug auch kein allzu elegantes Bild ab.

Ich fliege tatsächlich!, schoss es ihr durch den Kopf und sie wollte aufjauchzen.

Sie warf einen Blick nach unten auf den Boden, fast wie um sich zu versichern, dass sie es sich nicht nur einbildete, sondern tatsächlich vollkommen losgelöst war von der Erde, getragen von den Winden, die sich in den wundervollen weißen Federn ihrer magischen Schwingen fingen.

Doch langsam forderte die Verwandlung auch ihren Preis. Sie hatte viel von ihrer Macht in den unzähligen kleinen Auseinandersetzungen mit Antoine im Laufe des Tages verpulvert. Und es fiel ihr langsam immer schwerer die Kraft zur Aufrechterhaltung des Zaubers aufzubringen.

Sie seufzte leise, weil dies bedeutete, dass sie diese wundervollen Flügel würde aufgeben müssen.

Doch ganz so schlimm ist es auch wieder nicht. Ich kenne jetzt den Zauber – ich kann die Schwingen jederzeit wieder beschwören, tröstete sie sich selbst, wenn auch ein klein wenig wehmütig.

Da ließ ein plötzliches Geräusch hinter ihr die junge Frau zusammenzucken und herumfahren, wobei sie ihr ohnehin labiles Gleichgewicht zerstörte und fast auf den Boden geplumpst wäre. Sie war bereit sich jedem Feind zu stellen, der es gewagt hatte in das Dorf einzudringen.

Doch als sie den Neuankömmling erkannte, weiteten sich ihre Augen.

„Azrael“, meinte sie ängstlich.

Die Augen des Seraphen waren geweitet. Der Blick in ihnen eine Mischung aus Angst und Eiseskälte. Seine Flügel zitterten und in seiner Hand blitzte die geschwärzte Klinge seines Dolchs.

Seine Haltung war nicht zu deuten – doch was immer sie auch ausdrückte, positiv war sie eindeutig nicht.

„Jeanne“, erwiderte der Engel kalt.

Der Ton war hart und ein undefinierbarer Unterton lag darin. Die junge Frau starrte ihn entgeistert an und blickte auf die noch immer gezückte Waffe in seiner Hand – und ihre magischen Schwingen lösten sich in einen Regen glitzernder weißer Funken auf.

Chapter 5

„Was ist los mit dir, Azrael?!?“, verlangte Jeanne zu wissen.

Sie überbrückte die wenigen Meter zwischen ihnen mit ein paar schnellen Schritten und ergriff seine Hand. Doch der Seraph sah weg und versuchte ihre Hand abzuschütteln.

„Lass mich los, Jeanne“, erwiderte er ausdruckslos.

Es klang fast ein wenig resigniert und traurig.

Doch sie dachte nicht einmal daran ihn loszulassen.

Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden und es begann dunkel zu werden. Sie hatten die Kuppel direkt nach dem Vorfall verlassen und waren nun auf dem Weg zurück in ihr Haus.

„SIE MICH GEFÄLLIGST AN UND SAG MIR, WAS IN GOTTES NAMEN MIT DIR LOS IST!!!“, schrie sie ihn zornig an und ihre Fingernägel gruben sich in das Fleisch seines Armes, so tief, dass rotes Blut aus den Wunden sickerte.

Doch Azrael war nicht einmal zusammengezuckt, und als er sprach blickte er sie noch immer nicht an.

„Das würdest du nicht verstehen“, erwiderte der Engel ausdruckslos, doch nun war der traurige Unterton in seiner Stimme deutlicher herauszuhören.

„Natürlich würde ich das nicht“, erwiderte die junge Frau traurig, „schließlich erzählst du mir ja nie etwas von dem, was dich bedrückt.“

Auch wenn sich Jeanne in diesem Augenblick dafür hasste, stiegen ihr erneut Tränen in die Augen. Auch wenn es nur vereinzelte waren. Die meisten ihrer Tränen hatte sie vorhin vergossen. Nun waren kaum noch welche übrig.

Nun wandte sich der Blick des Seraphen doch ihr zu und in den bernsteinfarbenen Augen blitzte erneut diese Mischung aus unterschiedlichen Gefühlen auf. Ein Mix aus Trauer, Kälte, Schmerz, Härte, Enttäuschung und noch so unendlich vielen anderen Dingen. Als er jedoch sie anblickte, gewann die Trauer in seinen Augen die Oberhand.

„Die Angelegenheiten eines Seraphen verlangen von ihm Vieles und zwingen ihn oftmals Dinge zu tun, die er nicht möchte oder danach bereut. – Außerdem könnte ich es mir niemals verzeihen, sollte dir wegen mir etwas zustoßen“, antwortete er ihr, diesmal wieder in einem sanften, väterlichen Tonfall.

Doch der Ausdruck in seinen Augen änderte sich nicht. Zwar standen nun vor allem Trauer und Schmerz in ihnen, doch die Kälte und Schärfe war nicht verschwunden.

Die Antwort stellte Jeanne nicht zufrieden, doch sie ahnte, dass es alles war, was er dazu sagen würde. Außerdem wusste sie, dass es dem Seraphen mit diesen Worten ernst war. Sie entsprachen der Wahrheit, auch wenn sie nicht ganz sicher war, ob sie selbst sie richtig verstand.

Dennoch reichte es vollkommen um ihre Trauer noch weiter in die Höhe zu treiben und ihr erneut ein schlechtes Gewissen zu geben.

Sie wollte ihm ihre Hilfe anbieten, doch sie tat es nicht. Sie fürchtete sich vor seiner Antwort – und dem Blick, der daraufhin in seinen Augen stehen würde.

Jeanne löste den Griff um die Hand ihres Freundes und ihre Hand glitt nach unten, wobei sie das seraphische Blut verschmierte.

Er seufzte tief und ein wenig resigniert.

„Was war eigentlich so schlimm daran mich mit Flügeln zu sehen?“, wollte sie dann wissen, um ein wenig vom Thema abzulenken.

Zu spät bemerkte sie, dass das, was sie damit angeschnitten hatte, nicht gerade besser war. Sie verfluchte sich selbst dafür, als sie den Ausdruck in den bernsteinfarbenen Augen des Engels sah, doch nun waren die Worte schon ausgesprochen und es war zu spät, um sie noch einmal zurückzunehmen.

Er sah sie einen Augenblick lang scharf und durchdringend an. Dann seufzte er.

„Tu das bitte nie wieder“, bat er sie nach einer kurzen Pause traurig.

Sie setzte zu einer Erwiderung an, doch Azrael kam ihr zuvor. Er schien zu ahnen, dass sie nachfragen würde, und ergriff deshalb zuerst die Initiative. Sein Blick wandte sich von ihr ab und fixierte die blasse, leuchtende Silberscheibe des Mondes, die bereits am Himmel zu sehen war, als er sprach.

„Die Schatten der Nacht verbergen die Dinge vor den Augen vieler, doch manche sehen es dennoch“, meinte er traurig.

Jeanne hatte nicht die geringste Ahnung, was er mit diesen Worten meinte. Auf was er anspielte, und wer ihn dabei bemerkt haben sollte. Doch erneut fragte sie nicht näher nach. Er würde doch sowieso nicht erklären, was seine Worte bedeuteten.

„Und seinem Schatten kann man nicht davonlaufen“, fügte er nach einer kurzen Pause noch mit einem traurigen Lächeln auf den Zügen hinzu.

Was sollte nun das schon wieder?

Sie verstand immer weniger, was der Engel mit seinen Worten meinte.

„Du klingst so, als hättest du etwas getan, das nicht rechtens war“, stellte Jeanne fest und sie war nicht in der Lage den leicht ängstlichen Unterton komplett aus ihrer Stimme zu verbannen.

War der Mann, dem sie so lange vertraut hatte etwa letzten Endes ein elendiger Mörder und Vergewaltiger, der es auf sie abgesehen hatte...?

Sie schüttelte energisch den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Das war nun wirklich mehr als lächerlich. Zum einen war er ein Engel – deswegen war er schon rein per Definition einer von den Guten. Und zweitens, wäre es ihm an ihrem Tod gelegen, oder hätte er sie vergewaltigen wollen, hätte er das sicher schon längst getan.

„Wer kann schon sagen, was Recht ist und was nicht?“, erwiderte er bedauernd, „ein Mord, der begangen wird, um das Leben eines anderen zu schützen, ist ein Mord – doch war es richtig oder falsch?“

„Natürlich ist es richtig“, erwiderte Jeanne aus voller Überzeugung.

Azrael sah sie an, tief und durchdringend.

„Wird die Mutter des Getöteten es genauso sehen?“, spann der Engel die Überlegung traurig weiter.

Die junge Frau zögerte einen Augenblick und dachte nach. Dann schüttelte sie den Kopf.

„Nein“, erwiderte sie dann traurig, „für sie wird der Verlust ihres Kindes ein schwerer Schlag. Für sie wird es nicht richtig sein, dass ihr Kind getötet wurde – selbst wenn es geschah um einen anderen zu retten.“

Der Seraph nickte.

„Und der Bruder des Getöteten wird Rache für seinen gefallenes Familienmitglied fordern und versuchen den Tod seines Bruders zu rächen“, führte er die Überlegung noch weiter, „es wird also zu noch mehr Blutvergießen führen. – War es also richtig zu töten, um ein anderes Leben zu retten?“

Jeanne seufzte bedauernd.

„Ich weiß es nicht“, erklärte sie schließlich resigniert.

Erneut nickte der Engel.

„Und so ist es mit allem, was wir tun. – Niemand kann sagen, ob es Recht ist oder Unrecht, denn für jeden ist etwas anderes richtig und etwas anderes falsch“, erklärte er und diesmal klang noch tieferes Bedauern in seinen Worten mit, als er es schon die gesamte Zeit über hatte verlauten lassen.

„Wenn man es von dieser Seite betrachtet ist also alles falsch, was wir tun, denn egal was es ist – es wird immer jemanden geben, der dadurch zu Schaden kommt“, stellte sie traurig fest.

„Traurig, aber wahr“, stimmte er ihr leise und bedauernd zu.

„Und das gilt selbst für euch Seraphen?“, wollte Jeanne wissen.

Erneut hätte sie sich dafür ohrfeigen können, dass sie diese Frage stellte, doch sie war ihr über die Lippen gekommen, noch bevor sie überhaupt deren Existenz richtig bemerkt hatte. Und natürlich nahm der Ausdruck auf Azraels Gesicht sofort eine gewisse Bitterkeit an.

Sie war sich eigentlich sicher, dass er einfach so tun würde, als hätte er die Frage einfach überhört, doch zu ihrer großen Überraschung erwiderte er erneut etwas.

„Eigentlich natürlich – doch manche dieser großartigen Rasse denken, man hätte sie mit der Gabe der Unfehlbarkeit ausgestattet“, meinte er nun eindeutig zynisch.

Diesen Worten folgte ein bitteres, sarkastisches Lachen.

Irgendetwas schien mit dem Engel eindeutig nicht in Ordnung.

Azrael hat mir zu diesem Thema noch nie so sehr Rede und Antwort gestanden wie jetzt, stellte sie etwas besorgt fest.

Wenn er nicht noch immer diesen seltsamen, kühlen und harten, mit Trauer, Bedauern und Pein gemischten Ausdruck in den Augen gehabt hätte, wäre Jeanne durchaus versucht gewesen ihn im Scherz zu fragen, ob denn das Ende der Welt nahe sei, dass er ihr so viel preisgab, wo er doch sonst zu diesem Thema nie den Mund aufbekam.

Doch der Seraph schien im Moment nun wirklich nicht zu Scherzen aufgelegt – und erneut fragte sie sich, was nur mit ihrem himmlischen Mitbewohner nicht stimmen mochte. Was seine rätselhaften Worte vorhin zu bedeuten hatten.

Ob er am Ende wohl doch will, dass ich ihn verstehe?, fragte sie sich und schlechtes Gewissen regte sich in ihr, weil sie ihren geflügelten Freund so bedrängt hatte.

Aber schließlich will ich ihm nur helfen und ihn endlich verstehen, rechtfertigte sie es sofort vor sich selbst.

„Aber was soll das – ich möchte dir nicht die Illusion der glorreichen, perfekten und rechtschaffenden Engel nehmen“, entschied er dann ein wenig bitter und erneut klang Bedauern und Trauer in seiner Stimme mit.

Irgendwie fachten diese Worte das Feuer des Zorns in Jeanne erneut an.

„Verkriech dich halt in dein Selbstmitleid“, knurrte sie wütend, „geh in deine Ecke und bedauere dich selbst!“

Ihre Worte taten ihr sofort leid und ihre Wut verrauchte schlagartig, wie eine Explosion, die genauso schnell geht, wie sie gekommen ist.

„Entschuldigung“, murmelte sie mit schlechtem Gewissen und blickte zu Boden.

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen zwischen den beiden. In der Stille hörte man die Geräusche der Siedlung, die so vielfach durch die Dämmerung schallten, ohne dass jemand tatsächlich auf sie achten würde.

„Für die Wahrheit muss man sich nicht rechtfertigen“, beschied er hart und kühl, wobei auch diesmal ein leicht bedauernder Unterton in seinen Worten lag.

Jeanne zuckte unter der Schärfe dieser Worte unwillkürlich zusammen, auch wenn die Härte nicht ihr, sondern dem Seraphen selbst galt.

„Eigentlich müsste ich mich bei dir entschuldigen. Ich habe dich heute so behandelt, als hättest du mir etwas angetan, doch dabei wolltest du mir die ganze Zeit über nur helfen“, fügte er dann noch wenig begeistert an.

Der erste Teil seiner Worte war erneut wie ein Schlag gegen sich selbst, unter dem jedoch auch erneut Jeanne unwillkürlich zusammenzuckte. Den zweiten Teil seiner kurzen Rede hatte er wieder etwas sanfter, jedoch voll von schlechtem Gewissen vorgetragen.

„Kein Problem“, erwiderte sie mit einem leichten Lächeln und bemühte sich möglichst unverfänglich zu klingen, „ich war heute morgen auch nicht unbedingt allzu nett zu dir. – Aber morgen kannst du ja alles wieder gut machen, wenn es das ist, was du möchtest.“

Erneut wandte sich Azraels Blick ihr zu.

„Ja... Morgen...“, erwiderte er geistesabwesend und mit einem undefinierbaren Tonfall, der die junge Frau jedoch erschaudern ließ.

Bevor sie sich aber noch mehr Gedanken darüber machen konnte, erreichten sie das kleine Haus, in dem sie gemeinsam wohnten.

Sie machte sich an der schweren Eingangstür zu schaffen und öffnete sie nach wenigen Augenblicken. Hinter der Holztür war es dunkel und sie schuf eine kleine Lichtkugel, die zur Decke schwebte und den ganzen Gang in sanftes Licht tauchte.

Der Engel lächelte undefinierbar und trat hinter ihr in das Haus. Daraufhin schloss er die schwere Tür hinter sich. Er streckte sich und nahm die Sense vom Rücken, die er den ganzen Tag über mit sich durch die Gegend getragen hatte. Jedoch ließ er die Hand noch am Stiel der gewaltigen Waffe ruhen.

Seine blasse Haut bildete einen starken Kontrast zu dem schwarzen Siegelband.

Jeanne holte eine Kerze und beschwor ein winziges Flämmchen, das den Docht in Brand steckte und daraufhin wieder verschwand. Sie stellte die Kerze auf den Boden.

„Ich glaube ich werde jetzt zu Bett gehen“, teilte sie dem Seraphen leise mit.

Aus irgendeinem Grund zuckte er bei ihren Worten leicht zusammen. Dann wandte sich sein Blick ihr zu und er nickte.

„Vielleicht solltest du auch bald schlafen gehen. Ein wenig Ruhe könnte dir ganz gut tun“, schlug sie ihm leise vor.

Doch der Engel machte keine Anstalten zu antworten, sondern schien tief in Gedanken versunken zu sein.

So zuckte Jeanne nur die Achseln, streckte sich und ging mitsamt ihrer kleinen Lichtkugel zum Abort und wenige Minuten später in das kleine Schlafzimmer. Das Bett ihres geflügelten Mitbewohners war noch leer – vermutlich war er noch immer bei seiner Waffe.

Doch sie war zu müde, um sich darüber noch allzu viele Gedanken zu machen. Jetzt, wo sie ihr Bett vor sich sah, wurde ihr auf einmal klar, wie müde sie überhaupt war. Sie gähnte ausgiebig und warf einen kurzen Blick auf den Stuhl, vor dem noch immer ihr weißes Nachthemd lag.

Sie gähnte noch einmal und noch ausgiebiger und beschloss, heute lieber in ihrer Tageskleidung zu schlafen, denn sie war sicher, im Stehen einzuschlafen, sollte sie gezwungen sein, sich vorher noch umzuziehen.

Jeanne legte sich auf ihr Bett und bettete ihren Kopf auf das Kissen.

Kaum hatte ihr Kopf das weiche Kissen berührt, verlosch die Lichtkugel und die junge Frau schlief ein.

Chapter 6

Es war still. Nahezu undurchdringliche Dunkelheit umgab sie. Sie spürte die Anwesenheit von Wesen, für die es keine Worte gab. Sie nahm sie war, wie sie als Schatten am Rande ihres Gesichtsfeldes herumhuschten.

Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Sie erkannte den schmucklosen Steinboden, die kahlen kalten Steinwände. Alles eintönig. Kalt. Dunkel. Unheimlich.

Es war einer der Gänge des Labyrinths unter dem Dorf, in dem das Kristallherz verborgen lag.

Sie hatte Angst. Ihr Herz schlug schnell.

Sie wollte weglaufen, doch ihre Glieder gehorchten ihr nicht.

Falls sie überhaupt Glieder besaß.

Sie wollte schreien, doch sie brachte keinen Laut hervor.

Schritte. Hastige Schritte, die von einem halb erstickten Keuchen begleitet wurden.

Sie wollte sich umdrehen, doch ihre Perspektive änderte sich, ohne dass sie sich bewegt hätte.

Sie sah Antoine, doch er schien sie nicht zu bemerken. Er keuchte und schleppte sich vorwärts. In seiner rechten hielt er ein unterarmlanges Messer. Seine Kleidung war zerrissen und sie sah rotes Blut, das aus etlichen seiner Wunden sickerte und zu Boden tropfte.

Antoine stolperte und schlug der Länge nach auf dem Boden auf.

Das Messer entglitt seiner Hand, rutschte über den kalten Steinboden heraus aus seiner Reichweite.

Ihr Freund fluchte unterdrückt. Seine Stimme war voller Furcht und Schmerz.

Doch er verschwendete nicht viel Zeit, sondern versuchte sich wieder hoch zu rappeln.

Da hörte sie weitere Schritte und in Antoines Augen trat ein Ausdruck blanker Todesangst. Er vervielfachte die Anstrengungen wieder auf die Beine zu kommen, doch kaum hatte er sich wieder halbwegs aufgerichtet, trat ein weiterer Schatten in ihr Gesichtsfeld.

Er war in etwa genauso groß wie Antoine, wirkte jedoch seltsam.

Die Angst in Antoines Blick wuchs noch mehr.

Sie hatte ihn noch nie so panisch erlebt.

Sie spürte das Lächeln des Schattens, welches zwei spitze Eckzähne entblößte, mehr als dass sie es wirklich sah. Doch diese Geste, in der so viel Grausamkeit und Freude über die Furcht Antoines lagen, ließ sie bis in ihr tiefstes Inneres erschaudern.

Der Schatten trat einen weiteren Schritt heran. Das Geräusch seiner Stiefel auf dem harten Steinboden hallte durch die Gänge.

Da erkannte sie die Gestalt plötzlich.

Das was den Schatten so seltsam hatte wirken lassen, war das Paar nachtschwarzer Schwingen auf seinem Rücken. Ebenso wie eine gewaltige Sense, welche mit schwarzem Siegelband umwickelt war. Das schwarze Haar hing ihm ins Gesicht. Seine bernsteinfarbenen Augen blitzten kalt und grausam. Auf seinen Zügen lag ein Lächeln.

Azrael..., dachte sie ängstlich, als sie ihn erkannte.

Der schwarzgewandete Seraph war über und über mit rotem Blut bedeckt und in seiner Hand lag sein geschwärzter Dolch.

Ein Wimmern entwich Antoines Kehle und er stand endlich wieder.

Er stolperte einen halben Schritt zurück und starrte den Engel voller Panik an. Er wollte weglaufen, doch sein Körper war gelähmt von Todesangst.

Er zitterte und wimmerte leise.

Azrael lachte. Grausam und eiskalt.

„Sag bloß du hast Angst, Antoine“, lachte der Engel, „Angst vor deinem guten alten Freund.“

Der junge Mann wimmerte noch mehr und der Seraph trat einen weiteren Schritt auf ihn zu. Antoine zitterte und war leichenblass.

Azrael überbrückte die restliche Entfernung, die zwischen ihnen lag, innerhalb eines einzigen Herzschlags. Die freie Hand packte Antoine am Kragen, riss ihn hoch und drückte ihn gegen eine der Tunnelwände.

Der junge Mann keuchte auf, als die Wucht der Attacke ihm die Luft aus den Lungen trieb. Er versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch die geschwärzte Klinge des Dolches, welche der Engel ihm daraufhin an die Kehle hielt, ließ seinen Widerstand innerhalb eines Herzschlags erlahmen.

Antoine wimmerte noch mehr und starrte ihn aus panisch geweiteten Augen an. Die blanke Angst vor dem Tode stand auf seinen Zügen.

Azrael lachte auf und drückte die Klinge leicht gegen seine Kehle. Gerade soweit, dass das geschärfte Metall die Haut anritzte und ein Bluttropfen hervorquoll.

Antoine erstarrte in seinem Griff und der ängstliche Blick bekam etwas Flehendes.

„Was ist denn, Antoine?“, höhnte der Seraph mit einem breiten, grausamen Grinsen auf seinem Gesicht, „willst du denn nicht um Gnade winseln? – Wer weiß... Vielleicht verschone ich dein unnützes Leben ja...“

Doch der junge Mann bekam keinen Ton heraus. Leichenblass und verängstigt zitternd hing er im Griff des Engels, dessen Dolch noch immer an seiner Kehle ruhte. Bereit mit der winzigsten Bewegung seines Herrn das Leben seines Opfers zu beenden.

Azrael wartete einen Moment lang, dann zuckte er gleichgültig die Achseln, wobei die Klinge noch ein wenig tiefer in die Haut des Mannes schnitt.

„Du hast Recht, Antoine“, meinte er dann zustimmend, „die Idee war wirklich dumm.“

Er grinste und nahm den Dolch vom Hals Antoines.

Für einen Augenblick war Hoffnung in den Augen des Mannes zu lesen. Hoffnung, dass sein Leben doch noch verschont blieb. Doch dann drehte Azrael sich um die eigene Achse und schleuderte Antoine mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Wand.

Als Wand und Mensch aufeinander trafen, stieß er einen Schrei aus und sie hörte das Geräusch brechender Knochen. Der junge Mann sackte an der Mauer zusammen, doch versuchte er sich dennoch ein weiteres Mal aufzurichten.

Sein eigenes Blut lief ihm aus dem Mundwinkel und sie konnte das Rasseln seines Atems hören. Und trotzdem versuchte er sich wieder aufzurichten.

Auf den Zügen des Seraphen stand für einen Augenblick lang Bewunderung, die jedoch schnell wieder von einem grausamen Lächeln abgelöst wurde.

„Also – eines muss ich dir wirklich lassen. Ich hätte nicht gedacht, dass du so zäh bist“, meinte er.

Während dieser Worte war es Antoine irgendwie gelungen sich wieder auf die Beine zu bringen. Er stand nun da, an die Wand gelehnt, zitternd, blass und voll mit seinem eigenen Blut.

„Solcher Mut sollte belohnt werden“, erklärte der Engel kalt und mit einem Lächeln.

Dann hob er den Dolch an und erneut überbrückte er in weniger als einem halben Herzschlag die Entfernung zwischen sich und seinem Opfer. Antoine zuckte zusammen, als Azrael die geschwärzte Klinge bis zum Heft in seinen Bauch trieb.

Der Engel drehte die Waffe in der Wunde und riss sie dann hoch bis zum Herzen des jungen Mannes. Die scharfe Klinge schnitt mühelos durch Fleisch und Knochen.

Antoine versteifte sich für einen Augenblick, als der Dolch ihn tötete. Doch dann wich von einem Augenblick zum nächsten sämtliche Spannung aus seinem Körper und er sackte in sich zusammen – wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte.

Chapter 7

Jeanne erwachte mit hämmerndem Herzen. Sie war schweißgebadet und lag zitternd in ihrem eigenen Bett. Für einen Moment tobte noch die Angst in ihr – bis diese von einer Welle unsäglicher Erleichterung abgelöst wurde.

„Es war nur ein Traum. – Nur ein böser Traum“, flüsterte sie erleichtert.

Langsam ließ das Hämmern ihres Herzens nach und auch das Zittern ihres Körpers schwand.

Um sie herum war es dunkel. Es war vermutlich noch mitten in der Nacht, aber ihr Körper war wach. Ebenso wie ihr Geist. Sie bezweifelte, dass sie in dieser Nacht noch einmal auch nur ein wenig Schlaf finden würde.

Jeanne setzte sich in ihrem Bett auf und beschwor eine schwache Lichtkugel, die das Zimmer in sanftes Licht tauchte. Sie ließ den Blick einmal durch das Zimmer schweifen.

Alles war so wie immer. Nichts besonderes. Kein Grund zur Sorge. – Doch da fiel ihr Blick auf Azraels Nachtlager und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.

Das Bett des Seraphen war leer. Die Decke ordentlich zusammengelegt. Von dem Engelswesen selbst fehlte jede Spur.

Die Bilder des Albtraums zuckten ungefragt durch die Gedanken der jungen Frau, doch sie verscheuchte sie mit einem energischen Kopfschütteln.

Gut... Azrael ist nicht hier. Er ist nicht in seinem Bett. Vielleicht konnte er auch einfach nicht schlafen?, rief sie sich selbst in Gedanken zur Ordnung, doch irgendwie wollte sich die Anspannung, die bei dem Anblick von ihr Besitz ergriffen hatte, nicht ganz lösen.

Im Schein ihres magischen Lichtleins stieg Jeanne aus ihrem Nachtlager.

Vermutlich saß der Engel auf dem Dach irgendeines Hauses und betrachtete den Mond und die Sterne – wie er es des öfteren tat, wenn er keinen Schlaf fand.

Doch der Albtraum würde erst dann wieder komplett in seine eigene Realität zurückkehren, wenn sie ihren Freund gefunden hatte, das wusste sie. Außerdem hätte sie damit eine Aufgabe und müsste nicht einfach so hier herumsitzen und auf den Sonnenaufgang warten.

Sie nahm ihr Messer und stopfte es gerade zurück in das Futteral an ihrem Gürtel, als plötzlich ein eigentümlich metallisch-süßlicher Geruch in ihre Nase gelangte. Sie runzelte einen Augenblick die Stirn und überlegte, woher sie diesen Geruch kannte – und als sie es plötzlich mit absoluter Klarheit wusste, stolperte sie fast über ihre eigenen Füße, so geschockt war sie.

Blut!, dachte sie und ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, das ist Blut...

Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Erneut schlichen sich Sorgen um das Wohl ihres Mitbewohners in ihre Gedanken und sie begann zu laufen. Ihre Lichtkugel folgte ihr wie ein treuer Hund. Sie hetzte in den Gang – und stoppte abrupt, als sie bemerkte, dass die in Siegelband gewickelte Sense nicht an ihrem Platz war. Und das silberne Kreuz, welches ihrer Mutter gehört hatte, lag am Boden.

Einige Herzschläge lang, blieb Jeanne einfach stehen und starrte auf das Kreuz, bis sich ihre Sorge um Azrael wieder meldete und sie wieder zum Weitergehen antrieb. Sie begann erneut zu laufen, zog die schwere Eingangstür auf und sprang hindurch.

Kaum stand sie auf der Straße vor ihrem Haus, da wurde der Blutgeruch so stark, dass Jeanne merkte, wie ihr bittere Galle im Hals nach oben stieg. Mühsam schluckte sie diese wieder herunter und sah sich gehetzt um. Was sie sah erschreckte sie zutiefst.

Die Straßen waren von roten, feucht glänzenden Flecken verunziert. Einige Häuser brannten und hier und da erblickte sie die Leichen eines Dorfbewohners. Schatten huschten durch die Gassen. – Und über all dem hing dieser Blutgeruch.

„AZRAEL“, schrie sie den Namen des Seraphen in den Wind, doch niemand antwortete ihr.

Nein. Ihm war nichts passiert. – Ihm durfte einfach nichts passiert sein. Er war ein Engel und Engel starben rein per Definition nicht.

Trotzdem huschte ihr Blick gehetzt durch die Straßen und für einen verhängnisvollen Herzschlag lang, war sie fast sicher, in einer der Leichen ihren geflügelten Freund zu erkennen. Doch als sie näher kam und sich neben dem toten Körper in die Hocke sinken ließ, erkannte sie ihren Irrtum.

Es war nicht Azrael, der dort dahingeschlachtet und mit aufgeschlitztem Bauch auf dem Boden lag – es war der alte Mann, den sie heute Mittag unter der magischen Kuppel getroffen hatte. Der Mann, der einige jüngere Kinder unterrichtet hatte.

Jeanne seufzte erleichtert, dass es nicht der Seraph war – und bekam sofort ein schlechtes Gewissen.

Vor ihr lag ein dahingeschlachteter Mann, dessen gebrochene, schreckgeweitete Augen tot in den Himmel starrten – und sie war froh, dass es ‚nur’ den Alten getroffen hatte.

Doch bevor sie sich weiter mit diesem Gedanken auseinandersetzen konnte, hörte sie laute, schwere Schritte hinter sich. In weniger als einem halben Herzschlag war die junge Frau auf den Beinen und hatte ihr silbernes Messer gezogen. – Und als sie herumfuhr, wusste sie, dass ihr die Waffe nichts nützen würde.

Vor ihr stand... etwas.

Jeanne wusste nicht, wie sie es beschreiben sollte. Vermutlich war Dämon das passendste Wort für diese Gestalt. Die junge Frau reichte dem Wesen vielleicht bis knapp unter die Brust, doch auch wenn es anders gewesen wäre, hätte sie sich keine allzu großen Chancen ausgerechnet. Die Gestalt schien fast ausschließlich aus Muskeln zu bestehen. Ihr Gesicht sah aus, als hätte sich eine Metallplatte darin eingebrannt und statt Haaren flackerten hellblaue Flammen auf seinem Schädel.

Das Wesen sah sie aus zwei glühend roten, pupillenlosen Augen an und sein entstelltes Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.

„Was haben wir denn da...?“, fragte es grinsend und mit heiserer Stimme.

Es streckte eine verunstaltete Hand, die ebenfalls in Flammen stand, nach der jungen Frau aus, und sie stolperte mit einem ängstlichen Keuchen einen halben Schritt zurück – wobei sie über die sterblichen Überreste des älteren Mannes fiel.

Sie schlug auf den Boden auf und das Wesen lachte auf. Es kam einen Schritt näher und das Grinsen wich kein Stückchen von seinem Gesicht.

Jeanne war gelähmt vor Angst. Sie wusste zwar, dass sie handeln musste, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Stattdessen zeigte er ihr grausame Bilder, die sie bis in ihr tiefstes Inneres erschaudern ließen.

„Nein...“, wimmerte sie ängstlich und wollte fliehen, doch noch immer weigerte sich ihr Leib einem ihrer Befehle zu gehorchen.

„Keine Angst – es wird nur schrecklich weh tun“, lachte das Wesen und kam noch einen halben Schritt auf sie zu.

Dann – von einem Augenblick zum nächsten – verschwand das Grinsen vom Gesicht des Dämons. Seine Augen weiteten sich vor Schreck und schwarzes Blut spritzte auf die am Boden liegende Jeanne. Der Dämon sackte in sich zusammen – und als die junge Frau fassungslos auf den Leichnam des Wesens sah, erkannte sie auch schnell den Grund dafür.

Ein langer, weiß gefiederter Pfeilschaft ragte aus der Bestie.

„Das war knapp“, meinte ein junger Mann, der einige Schritte hinter der Bestie stand, „alles in Ordnung bei Euch?“

Er bot ihr seine Hand an und half ihr auf die Beine. In der anderen Hand hielt er einen einfachen Bogen und auf seinem Rücken erkannte sie einen Köcher voll mit weißgefiederten Pfeilen.

Jeanne schluckte und nickte dann.

„Ja... Ich glaube schon“, meinte sie und ihre Stimme zitterte noch ein wenig, „danke.“

Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.

„Kein Problem“, erwiderte er leichthin, „ist doch Ehrensache. – Ihr solltet sehen, dass Ihr von hier verschwindet. Hier im Dorf ist – im wahrsten Sinne des Wortes – die Hölle los.“

Einen Moment lang war sie durchaus versucht seinen Vorschlag anzunehmen, doch dann drängte sich Azrael wieder in seine Gedanken. – Und die Tatsache, dass womöglich das Kristallherz in Gefahr war.

Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als ihr aufging, woran diese Wesen womöglich in ihrer kleinen Siedlung interessiert waren.

Auch dem Schützen schien dieser Gedanke gekommen zu sein, denn auch in seine Augen trat eine Mischung aus Schrecken und Erkenntnis. Er fluchte außer sich.

„Das Kristallherz“, setzte er dann noch wütend an.

Dann fiel sein Blick einen Augenblick lang auf Jeanne.

„Tut mir Leid. Ich würde Euch gerne noch weiter beschützen, doch ich habe noch etwas äußerst wichtiges zu tun“, entschuldigte er sich bei ihr und rannte dann los.

Noch im Laufen fügte er noch an seine Worte etwas an.

„Seht zu, dass Ihr von hier verschwindet!“

Die Idee war gar nicht mal so schlecht, aber auch Jeanne musste das Kristallherz beschützen – und ihren Azrael finden. So begann auch sie zu rennen, doch sie verlor den Bogenschützen schon nach wenigen Augenblicken aus den Augen. Doch das war nicht schlimm. Sie kannte den Weg zu den geheimen Eingängen in das Labyrinth.

Sie wusste, wie sie das Kristallherz beschützen musste.

Seine Pfeile mochten ja ganz effektiv gegen diese Bestien sein – doch Jeannes Magie würde sie vernichten. Zu Asche verbrennen.

Noch einmal würde sie nicht wimmernd vor einem dieser Wesen im Staub liegen, das schwor sie sich.

Und nur wenige Straßen weiter, bekam die junge Frau auch Gelegenheit ihren Vorsatz unter Beweis zu stellen. Sie war auf dem schnellsten Wege zum nächsten Eingang der Katakomben unterhalb der Siedlung gerannt – und ihre böse Vorahnung hatte sich bestätigt. Vor der magisch verstärkten und verschlossenen Tür, die in die unterirdischen Gefilde führte, hatte sich eine ganze Traube dämonischer Wesen verschiedenster Formen und Größen eingefunden, die gerade versuchten sich gewaltsam einen Weg in das Labyrinth zu bahnen.

Doch sie hatten ihre Rechnung ohne junge Frau gemacht.

Jeanne würde nicht zulassen, dass sie dem Kristallherz auch nur zu nahe kamen. – Und wenn es das Letzte war, was sie tat. Sie würde die magische Quelle des Dorfes mit ihrem Leben verteidigen, wenn es darauf ankam.

Sie stoppte mitten auf der Straße nur ein paar Schritte von den Dämonen entfernt und sammelte die Magie um sie herum. Kaum einen Herzschlag später schleuderte sie ihren ersten Zauber in die unheilige Gruppe.

Schwarzes, grünes und gelbes Blut spritzte, als eine Salve aus magischen Lichtspeeren die hinterste Reihe der Wesen traf. Gepeinigtes Quietschen, Schreie, Knurrlaute und ein wahres Stakkato aus verschiedenen Lauten traf auf Jeannes Ohren und die Dämonen drehten sich um.

Sie blickten die junge Frau aus hasserfüllten, pupillenlosen Augen an und blanke Mordlust stand auf ihren Zügen.

Doch Jeanne bemerkte es kaum. Sie war bereits wieder dabei die Magie um sich herum zu sammeln und ließ den nächsten tödlichen Zauber in die Menge fahren. Der Geruch verbrannten Fleisches löste sich in die Luft und magische Flammen leckten an den Wesen. Doch diese schienen nicht mehr einzusehen für Jeanne nur die Zielscheiben zu spielen, sondern formierten sich zum Gegenangriff.

Zuerst wusste die junge Frau gar nicht wie ihr geschah, als sich aus der Menge plötzlich ein kleiner Schatten löste und auf sie zusprang. Er schoss mit einer solchen Geschwindigkeit auf sie zu, dass ihr keine Zeit blieb, um zu reagieren. Wie angewurzelt stand sie da und sah das Wesen mit unglaublicher Schnelligkeit auf sich zukommen. Sie wollte die Magie in eine Form bringen, um sich zu verteidigen, doch sie gehorchte ihr nicht und es kam ihr vor, als würde die Macht wie zäher Honig in ihr fließen, nicht wie die sprudelnde Quell.

Unfähig zu reagieren stand sie da, starrte den Dämon an, der auf sie zuschoss. Sie schloss bereits mit ihrem Leben ab, schickte ein Stoßgebet zu Gott und entschuldigte sich bei dem Seraphen und dem Dorf, dass sie nicht in der Lage gewesen war, ihnen zu helfen.

Da spürte sie plötzlich einen brennenden Schmerz an der rechten Wange.

Noch bevor sie wirklich verstand, was geschah, wurde der Dämon in der Luft zurückgerissen. Grünes Blut spritzte und befleckte den Boden. Ein weißgefiederter Pfeil ragte groß aus dem Körper des winzigen Wesens, dessen toter Körper mit einem grotesken Geräusch auf dem steinernen Boden aufkam.

Die Augen der übrigen Dämonen wandten sich von ihr ab und richteten sich wutentbrannt auf einen Punkt hinter Jeanne. Auch die junge Frau folgte der Bewegung – und blickte erneut in das Gesicht des Bogenschützen, der ihr schon vorhin das Leben gerettet hatte. Ein grimmiges Lächeln lag auf seinem Gesicht und für einen Augenblick trafen sich ihre Blicke.

Dann lachte der Schütze einmal trocken auf, legte einen weitern Pfeil auf die Sehne.

„Ich hatte Euch doch gesagt, dass ich keine Zeit habe Euch zu beschützen“, meinte er grimmig und schickte ein weiteres Geschoss auf die Reise.

Auch diesmal traf er sein Ziel und ein weiterer Dämon sank tot auf den Boden. Doch das schien das Signal zum Angriff für die Höllenwesen zu sein. Bewegung geriet in die Masse, als sie sich den beiden Menschen entgegenwarfen.

Da endlich fiel auch die Spannung von der jungen Frau ab. Diesmal rechnete sie mit einem Angriff und war vorbereitet. Sie spürte den Luftzug eines weiteren Pfeils, der knapp an ihrem Gesicht vorbeischoss, doch sie schenkte ihm keine Beachtung. Stattdessen deckte sie die Wesen mit einem Stakkato aus Zaubern ein, die schrecklich unter den Dämonen wüteten.

Verschiedenfarbiges Blut spritzte auf den Boden. Viele hauchten ihr Leben aus.

Doch die Kameraden der Höllenwesen schienen den Tod ihrer Mitstreiter nicht einmal wahrzunehmen. Und es schien ihr, als würde für jeden Gegner, den sie vernichtete, zwei Neue seinen Platz einnehmen.

Die Masse der Gegner war erdrückend. Sie konnte die Magie gar nicht schnell genug aus der Luft um sich herum ziehen und sie in ihre Form bringen, um den Dämonen Einhalt zu gebieten. Es war ein aussichtloser Kampf, den sie und der Schütze, der die Wesen mit gezielten Schüssen richtete, nicht gewinnen konnten. Sie mussten immer weiter zurückweichen, wenn sie nicht den unheiligen Angriffen der Bestien zum Opfer fallen wollten.

Wenn Azrael doch hier wäre, dachte die junge Frau verzweifelt, während sie versuchte die Wesen mit ihrer Magie in Schach zu halten.

Der Engel hätte mit seiner Klinge kurzen Prozess mit den Dämonen gemacht. Hätte ihr Blut vergossen und ihre Leben geraubt. – Hätte dafür gesorgt, dass sie sich nicht auf dem Rückzug befand.

Und plötzlich ging ihr auf, dass sie ohne den Seraphen nichts war. Wann immer es wirklich Ärger gegeben hatte und ihr Leben in Gefahr gewesen war, war er zur Stelle gewesen, um ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Sie hatte sich immer auf die Kraft ihres geflügelten Freundes verlassen. Sie, eine der besten Magier des Dorfes, sie, auf die das Dorf sich verließ, sie war völlig unnütz ohne die Macht des himmlischen Wesens.

Die Erkenntnis war bitter und für einen Augenblick unterbrach dieses Wissen den Fluss der Magie. Es war nur ein kurzer Moment, in dem der Angriff auf die Dämonen ausblieb, doch die unheiligen Wesen nutzten ihn voll und ganz aus. Sie stürmten vor und erneut war es nur ein weißgefiederter Pfeil, der sie davor bewahrte vorzeitig ihrem Herrn und Schöpfer gegenüberzutreten.

„Nein“, murmelte Jeanne dann entschieden, „ich werde euch zeigen, dass ich auch alleine etwas vollbringen kann.“

Und sie warf einen weiteren vernichtenden Zauber in die Reihen der Bestien. Flammen leckten an den Bestien und schickten sie in den Feuertod. Für einen Augenblick geriet der Vormarsch der Wesen dadurch ins Stocken.

Ein Hoffnungsschimmer breitete sich in den Gedanken der jungen Frau aus – und ein Gefühl grimmigen Triumphs. Vielleicht hatte sie ja doch noch eine Chance, eine Chance ohne dass der Seraph mit den nachtschwarzen Schwingen ihr zur Hilfe kam.

Doch da wurden ihre Gedanken von einer ohrenbetäubenden Explosion unterbrochen. Eine gewaltige Druckwelle ließ die Erde erzittern und der Knall ließ sie für einen Sekundenbruchteil lang taub werden, bevor ihre Ohren sich unter ständigem Piepen von dieser unsanften Behandlung erholten.

Einen Augenblick war sie vollkommen perplex, bis ihr aufging, was wohl soeben in die Luft geflogen war.

„Die Tür...“, flüsterte sie voller Angst.

Chapter 8

Für einen Augenblick lag fast schon gespenstische Stille über der gesamten Szene. Der Bogenschütze, die Dämonen und auch Jeanne verharrten bewegungslos. Eine Mischung aus Schrecken, Anspannung und Unschlüssigkeit lag über allen.

Nichts regte sich. Der nächste Herzschlag schon konnte alles umschwingen lassen. Konnte über das Schicksal der Siedlung – nein, der ganzen Welt – entscheiden.

Jeannes gesamter Körper stand unter Strom. Sie war bereit bei der kleinsten Bewegung zu reagieren, doch es kam keine. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Ihr Puls tönte laut in ihren Ohren.

Ich muss zum Kristallherz, schoss es ihr durch den Kopf.

Sie musste das Kristallherz beschützen – und ihren himmlischen Freund finden.

Dann, von einem Augenblick zum nächsten, löste sich die Starre und all die in der Gasse versammelten Wesen fassten ihren Schluss zur selben Zeit und machten sich daran ihn umzusetzen.

Die Masse der Bestien geriet wieder in Bewegung. Einige der Dämonen blieben an Ort und Stelle, um sich der menschlichen Gegner anzunehmen, der Rest wandte sich um, und machte sich auf den Weg zu der aufgebrochenen Tür.

Um hinunterzugelangen in das Labyrinth! Um hinunterzugelangen zum Kristallherz!

Das musste sie um jeden Preis verhindern.

Eine starke magische Druckwelle schlug ihr eine Bresche in den Pulk der Bestien und die junge Frau rannte los. Im selben Moment flog ein weiterer weißgefiederter Pfeil an ihr vorbei und vernichtete einen Dämonen, der versucht hatte, sie aufzuhalten. Während sie sich durch die Bresche warf, setzten sich die Bestien in Bewegung, um den Bogenschützen, der so viele ihrer Kameraden gerichtet hatte, seiner Strafe zuzuführen.

Jeanne wusste, dass der junge Mann keine Chance hatte, doch sie blieb nicht stehen, um ihm beizustehen. Im Gegenteil. Sie beschleunigte ihr Rennen noch weiter, als sie hinter sich einen unterdrückten Schrei hörte, dem ein schreckliches reißendes Geräusch folgte.

Gott möge mir vergeben, aber ich habe noch etwas zu tun, bat sie in Gedanken den Allmächtigen und hoffte, dass er gnädig zur Seele des Schützen war.

So sehr sie sich auch bemühte, die Bestien hatten die Tür schon lange vor ihr erreicht – oder zumindest das, was von der einstigen Tür noch übrig geblieben war.

Dort, wo einst die magisch gestärkte, schwere Tür den Eingang zu den Katakomben blockiert hatte, war nun ein riesiges schwarzes Loch. Von dem Tor war nichts mehr übrig. Nicht einmal geschwärzte Überreste, die auf dem Boden gelegen hätten. Es war einfach weg, verschwunden, als hätte es niemals existiert. Als wäre dort schon immer dieses riesige Loch gewesen, das wie das Maul eines schrecklichen Dämons in die Tiefe führte.

Jeanne schluckte. Dieser Anblick füllte sie mit einem unbestimmten Grauen.

Ihr Körper weigerte sich seine Schritte in den geöffneten Schlund des Dämons zu leiten, hinter dem nur Dunkelheit und Tod auf sie warteten. Doch dort unten, tief in den Katakomben, lag auch das, wofür sie lebte. Das, was die Existenz des gesamten Dorfes sicherte. Das, wessen Schutz sie sich verschrieben – und kläglich versagt – hatte.

Das Kristallherz. Quell der Magie. Herz des Dorfes. Spender der Macht. Leben der Siedlung. Und es war in Gefahr.

Du hast geschworen, es zu beschützen, ermahnte sie sich selbst.

Sie atmete einmal tief durch und versuchte ihr Herz zu beruhigen, dessen schneller Puls in ihren Ohren hämmerte.

Es ist nur ein Eingang, beschwor sie sich selbst, dahinter ist nichts, wovor du dich fürchten musst.

Diese Worte waren eine Lüge. Nichts weiter als eine unzureichende Lüge. Hinter diesem Tor, in dem Labyrinth unter dem Dorf, war alles, wovor sie Angst haben musste. Dort unten lauerte ihr Leben und ihr Tod.

Doch obwohl sie eigentlich wusste, wie unzureichend und fadenscheinig diese Worte waren, ließ sich ihr Körper von ihnen überzeugen. Die Starre fiel von ihm ab, und es gelang der jungen Frau eine Lichtkugel zu beschwören.

Sie ließ sie einige Meter in den Gang hinter dem Dämonenmaul – nein dem Eingang, ermachte sie sich selbst in Gedanken – schweben. Doch das kleine Licht vermochte die fast schon stoffliche Dunkelheit dahinter nur unzureichend erhellen. Es wirkte unglaublich verloren und einsam, schwach in dem Schlund.

Doch das musste reichen.

Mit festen Schritten und entschlossenem Blick folgte Jeanne ihrem magischen Licht. Ihre Seele litt dabei Höllenqualen und in ihren Gedanken blitzte noch mal das Bild der dahingeschlachteten Leiche des alten Mannes, und das Geräusch, welches das Ende des hilfsbereiten Schützen markiert hatte, auf.

Sie schüttelte den Kopf, um sich dieser Gedanken zu entledigen.

Es funktionierte, doch ein schales Grauen blieb im Bewusstsein Jeannes haften.

Als sie über die einstmalige Schwelle zwischen Oberwelt und Katakomben überschritt, war es ihr einen Augenblick lang so, als spüre sie wie die Dunkelheit um sie herum versuchte sie zu ersticken.

Normalerweise hatte sie niemals Angst gehabt, sich in dem Labyrinth unter der Siedlung zu bewegen. Sie war oft durch die Gänge gelaufen, doch diesmal...

Damals waren hier auch keine Dämonen, die versucht haben, mich umzubringen, antwortete sie sich in Gedanken selbst grimmig auf die ungestellte Frage.

Ihre Stiefel waren laut auf dem steinernen, kahlen Boden der Gänge und das Geräusch ihrer Schritte hallte weit durch die Gänge. Anschleichen konnte sie sich so definitiv nicht, aber das hatte sie auch nicht vor. Sie wollte die ungebetenen Gäste in den Katakomben nicht überraschen, sondern ihnen verdammt ihr unheiliges Leben nehmen.

Einen Moment lang war Jeanne selbst erschreckt über die Härte dieses Gedanken, bevor sie sich wieder besinnte, was genau hier ihre Aufgabe war. Sie würde alles tun, was nötig war, um die Quelle der Magie zu beschützen – und wenn das bedeutete, dass sie diese Dämonen dorthin zurückschickte, woher sie gekommen waren, dann würde sie auch das tun.

Blieb immer noch das Problem mit Azrael. Nach wie vor war der Engel nicht auffindbar. – Aber der Seraph konnte sicher auch für sich selbst sorgen... Vermutlich sogar besser als sie selbst.

Eine gemeine und hinterlistige Stimme flüsterte in den Gedanken der Frau, dass sie sich dessen doch gar nicht so sicher sein konnte, vor allem in dem Zustand, in dem sich der Engel die letzten Tage schon befunden hatte. Doch sie schob diesen Gedanken beiseite so gut es ging.

Dafür begann sie zu rennen, so schnell ihre Schritte sie trugen. Die kleine Lichtkugel schwebte ihr tapfer voran, und warf schwaches Licht auf die schmucklosen Gänge, gerade so viel, dass sie ihre Umgebung erkennen konnte. Aber wirklich nötig war es nicht. Sie hätte sich notfalls auch in vollkommener Dunkelheit in den Katakomben zurechtgefunden. Sie kannte die Gänge in und auswendig.

Und so entschloss sie sich, den direkten Weg zum Kristallherz zu nehmen.

Je näher sie dem mächtigen Edelstein war, desto stärker würde ihre Magie sein – und das konnte im Kampf gegen eine Übermacht von Dämonen nun wirklich nicht schaden.

Jedoch kam sie nicht annähernd so schnell in den Gängen voran, wie sie sich das gewünscht hatte. Schon nach wenigen Schritten traf sie auf den ersten kleinen Stoßtrupp der unheiligen Wesen, die dabei waren die Katakomben zu stürmen.

Glücklicherweise waren sie nur zu zweit – und im Moment auch ziemlich beschäftigt. Denn vor ihnen, auf dem kalten Steinboden lagen die sterblichen Überreste eines Magiers. Oder zumindest das, was noch von ihnen übrig war.

Eine Mischung aus blankem Hass und eisigem Grauen schlug über Jeanne zusammen, als sie das Offensichtliche erkannte. Die beiden unheiligen Wesen waren gerade noch dabei gewesen sich einen kleinen Mitternachtsimbiss zu gönnen.

Sie hielt in ihrem Lauf abrupt inne. Eigentlich wusste sie, dass sie weiterlaufen sollte, dass sie keine Zeit mit diesen Wesen verschwenden sollte. Doch diese Mistkerle taten sich gerade an dem Leichnam eines ihrer Kameraden gütig – und für einen schrecklichen Moment meinte sie erneut in dem entstellten Körper ihren himmlischen Freund zu erkennen.

Doch da bemerkten die beiden Unheiligen die junge Frau.

Ihre pupillenlosen Augen wandten sich in ihre Richtung und sie ließen von dem Kadaver ab. Ein grausiges Lächeln entstellte die Gesichter der beiden – augenscheinlich nahmen sie an, es sei soeben der zweite Gang aufgetischt worden.

„Zu früh gefreut“, murmelte Jeanne grimmig.

Sie war selbst erstaunt über sich. Noch vor weniger als einer Stunde hätte der Anblick sie gelähmt und in tiefstes Entsetzen gestürzt. Doch jetzt wurden diese Gefühle innerhalb von Sekunden von einer Welle lodernden Zorns hinweggespült.

Ein kurzer Wink mit ihrer linken Hand entfesselte eine Welle blanker Magie, die alles, was sich in ihren Weg wagte, mit purer Macht vernichtete. Die beiden fanden nicht einmal mehr die Zeit zu schreien, bevor ihre toten Körper – oder zumindest das, was noch von ihnen übrig war – neben dem entstellten Leichnams des Magiers zu Boden sanken.

Einen Herzschlag lang sah die junge Magierin noch zu, wie sich grünes und blaues Blut mit dem schmierigen Rot auf dem kalten Stein vermischte, bevor sie ihren Blick schon fast gewaltsam von diesem Bild losriss und weiter durch die Gänge hastete.

Sie traf noch mehr der Höllenkreaturen, die verloren durch das Labyrinth irrten, und erlöste sie aus ihrer irdischen Existenz. Viele von ihnen bemerkten sie nicht einmal, bevor ihre tödliche Magie sie ereilte. Sie waren zu sehr damit beschäftigt zu fressen. – Und zwar nicht nur die menschlichen Streiter, die sich dem Schutz des Kristallherzens verschrieben hatten, sondern auch ihre eigenen gefallenen Kameraden.

Jedoch stellte Jeanne beunruhigt fest, dass es weit mehr menschliche Leichname waren, die die Gänge blockierten. Nur recht vereinzelt lag der groteske Kadaver eines Dämons zwischen den Gefallenen.

Zu ihrem eigenen Erschrecken bemerkte die junge Frau, wie der Anblick sie immer weniger mitnahm. Schließlich bemerkte sie die Leichen kaum noch. Nur noch der Gedanke, dass sie schnellstmöglich zum Kristallherz musste, bevor die Dämonen es erreichten, verblieb in ihrem Kopf.

Und immer wieder schlich sich auch die Hoffnung dazwischen, sie möge doch Azrael treffen. Der Todesengel, der unter den Dämonen wütete. Der Seraph, der das Dorf rettete. Vernichter der Höllenkreaturen.

Doch sie traf ihn nicht. Die einzigen Flügel, die ihr auf ihrer Hatz begegneten, waren die grotesken, verkrüppelten Schwingen der Dämonen.

Immer näher kam sie dem Kristallherz.

Sie wusste es und spürte es auch. Die sprudelnde Quell der Magie begann nach und nach zu einem ganzen Fluss anzuschwellen.

Souverän nahm sie die richten Abzweigungen, ohne auch nur ein einzelnes Mal ihre Geschwindigkeit zu drosseln, als plötzlich einer ihrer Füße auf dem Boden keinen Halt mehr fand. Der Grund war glitschig von rotem Blut und Jeanne verlor in vollem Lauf das Gleichgewicht. Sie fiel und überschlug sich ein paar Mal, jedoch ohne dabei ernsthafte Verletzungen davonzutragen, bevor etwas Weiches ihrem Sturz unfreiwillig ein Ende bereitete.

Jeanne rappelte sich hoch und wollte einfach weiterlaufen. Doch irgendetwas in ihr zwang sie einen Blick auf ihren unfreiwilligen Helfer zu werfen, auch wenn sie einen Verdacht hatte, was ihr eine halbwegs weiche Landung beschert hatte.

Ihre Ahnung wurde auf grausame Weise bestätigt. In der Tat war es ein Leichnam auf dem sie gelandet war – und der auch der Grund für ihren Sturz gewesen war. Denn das Blut des Toten hatte sich rot über den Boden ausgebreitet und ihn in eine glitschige Rutschbahn verwandelt.

Doch etwas war anders, als bei den anderen Leichen. Sie brauchte einen Augenblick, bis sie bemerkte, was es war. Es waren tiefe Schnittwunden, die ihn bedeckten. Und irgendjemand hatte ihm anscheinend mit einem Messer Bauch und Brust aufgeschlitzt – aber eben mit einem Messer. Diese Wunden stammten nicht von Zähnen und Krallen, sondern von einer Klinge.

Diese Wunden kamen ihr so seltsam bekannt vor – und erst da brachte Jeanne den Mut auf in das Gesicht des Toten zu blicken. Und mit einem Mal gaben ihre Beine unter ihr nach und sie sank auf die Knie. Tränen stiegen ihr brennend in die Augen und liefen ihr heiß die Wangen hinab.

Sie kannte ihn – und mehr noch. Es war ihr Freund gewesen, einer der besten sogar.

„Antoine...“, schluchzte sie unkontrolliert.

Und mit einem Mal liefen noch einmal ungefragt die Bilder ihres Albtraums vor ihr ab – nur dass sie jetzt nicht mehr sicher war, ob es nicht mehr als nur ein Traum war, der sie in dieser Nacht heimgesucht hatte.

Aber nein. Das KANN einfach nicht sein..., dachte sie verzweifelt, Azrael würde so etwas niemals tun.

Und was wäre wenn doch?, erwiderte erneut die leise hinterlistige Stimme in ihren Gedanken.

Jeanne wischte sich die Tränen aus den Augen und zwang sich noch einmal ihren dahingemetzelten Freund zu betrachten. Die Verletzungen entsprachen exakt jenen, die Antoine auch in ihrem Traum erlitten hatte.

„Das ist unmöglich. Azrael würde so etwas wirklich nicht tun“, flüsterte sie verzweifelt und rappelte sich wieder hoch, „und ich beweise es dir, mein Freund. – Und ich bringe denjenigen, der dir das wirklich angetan hat, zur Strecke.“

Und was wenn es doch Azrael war?

Jeanne schüttelte den Kopf.

Der Seraph würde niemals die Hand gegen Antoine erheben.

Einen letzten traurigen Blick auf ihren gefallenen Freund werfend rannte sie wieder los.

Wenn sie das Kristallherz vor den Bestien erreichte, war sein Tod wenigstens nicht umsonst.

Chapter 9

Die Augenblicke dehnten sich zu Ewigkeiten und eigentlich war Jeanne schon fast sicher, dass sie viel zu langsam war und das Kristallherz schon längst von den unheiligen Händen der Dämonen entweiht worden war, bis sie es erreichte. Doch anscheinend taten die vielfach verzweigten Gänge der Katakomben, die jeden in die Irre führten, der sich hier nicht auskannte, ihren Dienst, denn als sie das Herz des Dorfes erreichte, war sie noch immer allein und kein Dämon weit und breit zu sehen.

Die riesige Höhle, deren Ausmaße allen Regeln der Logik zum Trotz gewaltig waren, war leer. Unter der Decke, die so hoch war, dass man sie nicht mehr erkennen konnte, schwebten keine geflügelten Bestien und auch der graue steinerne Boden war noch jungfräulich und nicht von Blut oder unheiligem Leben entweiht.

Die junge Frau stand vollkommen allein in der riesigen, leeren Höhle, die von einem sanften Licht erhellt wurde, welches im Rhythmus eines entspannten Herzens zu pulsieren schien. Die Magie hatte sich hier von einem reißenden Strom zu einem ruhigen Ozean gewandelt und unwillkürlich wurde Jeanne etwas ruhiger.

Ihr rasender Puls beruhigte sich ein wenig. Ihre Hektik schwand, als sie einen vorsichtigen Schritt in die riesige Höhle tat. Das Geräusch ihrer Sohlen auf dem harten Steinboden hallte durch die ganze Halle.

Ein weiterer Schritt folgte. Dann wurde Jeannes Blick wie magisch von dem angezogen, wofür die Dämonen wüteten, das Dorf lebte und so viele schon ihr Leben gegeben hatten. Das, das zu schützen sie geschworen hatte. Herz und Leben des Dorfes. Quell der Magie und des Lebens. Ursprung der Magie und des sanften Lichts in der Höhle.

Exakt in der Mitte des riesigen unterirdischen Hohlraums schwebte ein nahezu mannshoher Kristall etwa auf Brusthöhe in der Luft. Er schien in jeder Farbe der Welt zugleich zu leuchten, doch der vorherrschende Ton war ein sanftes, ruhiges Rosa.

Jeanne näherte sich dem Kristallherzen noch weiter.

Tiefe innere Ruhe und eine unbeschreibliche Ehrfurcht ergriffen von ihr Besitz. Die Sorge um Azrael war wie weggewischt, die Existenz ihres geflügelten Freundes vollkommen vergessen.

Ein winziger Teil der jungen Frau fragte sich, was hier gerade vor sich ging. Sie war dem gewaltigen Kristall, dessen Form in der Tat ein wenig an ein Herz erinnerte, bereits des öfteren gegenübergestanden, doch es war das erste Mal, dass so etwas mit ihr passierte. Doch dieser ängstliche, fast schon panische Teil ihres Bewusstseins wurde einfach von dem sanften Wogen der Magie und diesem unglaublichen inneren Frieden hinweggespült.

Langsam und gemessenen Schrittes, ohne sich dieser Bewegung überhaupt bewusst zu sein, den Blick ständig auf das sanft leuchtende Kristallherz gerichtet, näherte sie sich der Quelle der Magie.

Und je näher sie dem wundervollen Gebilde kam, desto mehr verlor alles an Bedeutung. Sie vergaß ihre Sorge um Azrael. Sie vergaß das Schlachten in den Gängen und im oberirdischen Bereich der Siedlung. Sie vergaß das Schicksal des Bogenschützen. Sie vergaß den Anblick des dahingeschlachteten Antoines.

Stattdessen wurde sie von einem inneren Frieden und dem sanften Wogen der Magie ausgefüllt. Ohne dass sie es selbst bemerkte, passte sich ihr Herzschlag dem sanften Pulsieren des Kristallherzens an.

Schließlich stand Jeanne direkt vor dem gewaltigen Edelstein, der sich ruhig um seine eigene Achse drehte, während er in der Luft schwebte. Sie hätte nur noch ihren Arm ausstrecken müssen, um die glatte Oberfläche des Steins zu berühren.

Vielleicht hätte sie es auch getan, doch da beendete eine herablassende Stimme hinter ihr jäh den Bann, der auf ihr gelegen hatte. Sie fuhr auf der Stelle herum. Der innere Frieden war wie weggeblasen und ihre Zweifel und die Bilder ihrer Erinnerung kehrten mit grauenvoller Heftigkeit zurück. Ihr Puls hämmerte hinter ihren Schläfen. Sie war bereit sich – und das Kristallherz – zu verteidigen, gegen alles und jeden, was dort hinter ihr sein mochte.

Sie zuckte für einen Moment zusammen, als sie erkannte, wer sich unbemerkt von hinten genähert hatte. Einen schicksalhaften Moment lang war Jeanne sicher, dass es Azrael war, der hierher gekommen war, doch sie erkannte ihren Irrtum sehr schnell.

Zwar ragten auch diesem Fremden zwei gewaltige Schwingen aus dem Rücken, doch damit endeten auch schon alle Ähnlichkeiten, die ihn mit ihrem seraphischen Mitbewohner verbanden.

„Ich kam um einen Dämon zu vernichten und finde seine Hure“, lachte der Fremde laut.

Dieses Wesen sah fast aus wie die Engelsdarstellungen in der Kirche. Etwas längere blonde Haare, die ein helles Gesicht umrahmten. Eine silbrig schimmernde Rüstung schützte seinen Körper und er hielt ein langes Schwert mit einer fast schon weißen Klinge in der Rechten. Zwei weiße Schwingen ragten aus seinem Rücken und zwei strahlend blaue Augen sahen sie an. – Nur fehlte ihm die Güte der Engelsdarstellungen. Statt Erbarmen und Sanftheit standen Arroganz, Stolz und Hass in seinen Zügen.

Unwillkürlich wollte Jeanne einen Schritt zurückweichen, doch das Kristallherz versperrte ihr den Weg.

„Wer bist du? Was willst du?“, rief sie dem Fremden entgegen.

Ohne dass sie es hätte verhindern könne, zitterte ihre Stimme und Angst sprach aus ihr. Das veranlasste den Engel zu einem weiteren Lachen, das wie eine eiskalte Klinge in ihre Eingeweide schnitt.

„Hast du etwa Angst, du kleine Schlampe? – Willst du nicht deine Hexenkräfte gegen mich schleudern?“

Er trat einen Schritt nach vorne und griff nach ihr. Die junge Frau taumelte zurück und jagte dem Angreifer einen verzweifelten magischen Blitz entgegen. Die Magie traf ihn direkt in die Brust, doch er taumelte nicht einmal. Stattdessen grinste er nur, was ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

Da berührte die behandschuhte Hand sie auch schon und Jeanne quietschte gepeinigt auf. Sie hatte Angst. Unglaubliche Angst. Und es war dem Engel deutlich anzusehen, wie sehr er es genoss.

„Lass sie auf der Stelle los!“

Die fordernde Stimme, die schärfer und kälter wohl kaum hätte sein können, traf den Blonden in den Rücken und ließ ihn herumfahren. Jeanne ließ er einfach los, sodass die junge Frau unsanft auf dem Boden landete und sich schnell einige Schritte in Sicherheit brachte.

„Lange nicht mehr gesehen, alter Freund“, höhnte der Engel daraufhin.

Alter Freund?, dachte Jeanne irritiert, da erst erkannte sie, wer es nun auch in die Halle geschafft hatte.

„Azrael!“, rief sie erleichtert.

Doch ihr geflügelter Freund beachtete sie kaum. Er überzeugte sich mit einem kurzen Blick, ob sie in Ordnung war, dann wandte er sich grimmig an den Fremden.

„Leider nicht lange genug“, knurrte Azrael kalt, „was willst du hier, Michael?“

„Freust du dich nicht deinen alten Freund zu sehen?“, wollte der blonde Engel mit gespieltem Erstaunen wissen.

„Wir waren nie Freunde und werden es niemals sein“, kam die abschmetternde Antwort ihres Mitbewohners.

Die junge Frau verfolgte die Bewegungen der beiden Engel erstaunt und war gebannt von dem, was sich vor ihren Augen abspielte.

Doch nicht etwa DER Michael..., dachte sie ängstlich.

„Stimmt“, erwiderte da der Weißgeflügelte auch schon.

Diesmal klang seine Stimme hart, kalt und schneidend.

„Wer sollte auch schon etwas mit einem Verräter zu tun haben wollen?“, zischte er und lachte dann kalt auf.

Kaum merklich zuckte Azrael unter diesen Worten zusammen und warf einen kurzen, fast schon ängstlichen Blick in Jeannes Richtung.

„Was soll das? – Azrael hat nie etwas getan! Er ist kein Verräter!“, rief die junge Magierin dem Engel empört entgegen.

Sie war mittlerweile wieder auf den Beinen.

Was bitte sollten die Worte Michaels? – Wahrscheinlich wollte er sie nur gegen ihren Freund aufhetzen! Azrael und jemanden verraten? Niemals!

Natürlich entging dem Engel der Blick des Schwarzgeflügelten nicht und bei Jeannes Worten sah er kurz zu der Frau und lachte daraufhin auf, bevor er sich wieder dem anderen Seraphen zuwandte.

„Du hast es ihr niemals erzählt, was?“, fragte er ihren geflügelten Freund amüsiert, der daraufhin seinem Blick auswich und sich beharrlich ausschwieg.

„Nein, natürlich hast du das nicht“, beantwortete sich Michael seine Frage gleich selbst, bevor er sich noch einmal zu der jungen Magierin umwandte, diesmal komplett.

Irgendetwas in seinen Zügen ließ ihr Angst und Bange werden und mit einem Mal fürchtete sie sich vor den Worten, die er ihr gleich entgegenbringen würde.

„Weißt du, Kleine, dein ach so toller Engelsfreund ist eigentlich ein elendiger Verräter, den man dafür aus dem Himmel gestoßen hat“, meinte er mit einem befriedigten, sadistischen Lächeln auf den Zügen.

„Das stimmt nicht! Du lügst!“, rief die junge Frau verzweifelt.

„Er hat sich mit den Dämonen verbündet und ein ganzes Heer von ihnen gegen den Himmlischen geführt“, fuhr Michael unbeeindruckt fort und das Grinsen auf seinen Zügen wurde sogar noch breiter.

Ihm machte das alles sichtlich Spaß.

„Nein! – Azrael würde so etwas niemals tun!“, erwiderte Jeanne, doch ihre Stimme klang nicht mehr ganz so selbstsicher.

„Tja... Da kennst du deinen Freund wohl ziemlich schlecht, nicht wahr, Azrael?“, lachte der Engel, doch ihr Mitbewohner schwieg weiterhin.

War es Schuldbewusstsein, das ihn zum Schweigen bewegte? – Nein, das konnte, das durfte einfach nicht sein.

„Er würde so etwas niemals tun“, widersprach die junge Frau ihm erneut, doch sie klang nicht einmal mehr halb so überzeugt, wie sie es sich gewünscht hätte.

Was wenn doch...?, dachte sie ängstlich und konnte sich dieser Gedanken nicht erwehren.

„Dabei kommt das Beste erst noch“, führte Michael seine Rede vergnügt weiter, „obwohl er seine Strafe bekommen hat, konnte er es wohl einfach nicht lassen. Verräter bleibt wohl doch Verräter...“

„Was soll das bedeuten?“

Ihr Einwurf sollte scharf und schneidend klingen, doch er hörte sich eher ängstlich an. Mehr ein verzweifeltes Quietschen als ein entschlossenes Donnern.

„Was das bedeuten soll?“ Der Engel musterte sie mit gespieltem Erstaunen, bevor er ein dreckiges und sadistisches Lächeln an den Tag legte, „was glaubst du wohl, wer für diesen Dämonenangriff verantwortlich ist...?“

Jeanne verschlug es bei dieser ungeheuren Anschuldigung die Sprache und sie blickte den blonden Engel geschockt an. Doch es war nicht die bloße Unfassbarkeit dieser Anklage – das kann nicht sein, Azrael würde so etwas niemals tun – die sie verstummen ließ. Ein kleiner Teil ihres Bewusstseins fürchtete sich davor, dass die Worte Michaels mehr als nur eine schamlose Lüge waren. Dass Azrael tatsächlich dafür verantwortlich war.

„Du glaubst mir nicht, wie?“, meinte der gerüstete Engel, dem das Ganze ungeheuer viel Spaß zu machen schien, „dann überzeuge dich doch selbst. Sieh ihn dir doch einmal genau an. – Oder seit wann ist Dämonenblut rot?“

Er lachte, während Jeanne ganz automatisch der Aufforderung nachkam und Azrael noch einmal genauer untersuchte, wobei sie schreckliche Angst vor dem hatte, was sie womöglich sehen würde.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von: abgemeldet
2009-03-30T19:52:28+00:00 30.03.2009 21:52
Oh man... irgendwie tut mir Jeanne leid^^... aber naja.. ihren Seraphen mag ich trotzdem mehr :D
Azrael ist toll^^, man kann ihn sich richtig bildlich vorstellen, du beschreibst ihn ja sehr ausführlich!! Ich bin echt gespannt was sich wohl noch für so ein Geheimnis um ihn rankt XD und was ihm schon so alles in seinem langen Leben wiederfahren ist??
Er scheint auf jeden Fall, total mein Typ zu sein xDD was das Aussehen betrifft *räusper* xDD zumindest mal!
Ich mag deinen Schreibstil, er ist schön flüssig.. und mir sind keine Fehler aufgefallen!
Jetzt kommt auch schon das Kritallherz vor juche^^ hat ja nicht lang auf sich warten lassen!
Der Schluss war so tragisch!!!
Wie Jeanne die Feder an sich drückt, voll das traurige Bild!
Wieso ist Azrael so gemein zu ihr?

Teilweise verstehe ich Jeannes Gedankengänge aber nicht, wie kommt sie darauf dass ihr Engel sich etwas antun würde?
Er war doch eben noch so lebensfroh und bringt ihr was zu futtern vorbei... nun ja..
egal^^
ich hab ja noch genug zu lesen.. da klären sich meine Fragen sicher schon von selbst :D

^^ Keks?
Light-Yagami
Von: abgemeldet
2009-03-30T19:23:19+00:00 30.03.2009 21:23
klingt nach einer unendlich traurigen Liebesgeschichte^^
aber ich bin mir noch nicht sicher.. und ich bin schon gespannt wie der Titel sich noch in der Geschichte wiederfinden wird...
ich les gleich mal weiter^^



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