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Die rothaarige Schönheit

Geschichten aus Ropin
von

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Die rothaarige Schönheit

Das Leben ist schön. Vor allem hier auf dem Land. Wo das Gras im Wind wiegt und der Himmel nicht von Dunstwolken verhangen ist. Wo die Menschen noch miteinander reden, und nicht übereinander. Hier lebe ich nun schon seit vielen Jahren und das sehr gerne. Ich bin nie allein, wenn ich jemanden um mich brauche. Und wenn ich meine Ruhe möchte, kann ich tagelang für mich alleine sein. Es ist so leicht, hier seinen Frieden zu finden. Denn hier ist es einfach himmlisch. Oh, ich vergaß dieses Paradies vorzustellen. Den Ort, den ich so liebe, nennt man Ropin.

Mein Name ist übrigens Rubin. Diesen Namen gab man mir wegen meiner roten Haare. Und ich muss zugeben, ich finde ihn sehr schön und passend. Denn ich bin genauso schön wie ein Rubin. Das höre ich immer wieder. Zugegebener Maßen natürlich auch sehr gerne. Aber ich schweife ab. Ich wollte eigentlich von Ropin und meinem Leben hier erzählen.
 

Vielleicht sollte ich zum Zeitpunkt meiner Geburt anfangen. Ich wurde als letztes von fünf Kindern geboren und wir waren alle sehr Unterschiedlich. Während meine Geschwister alle sehr früh das Haus verließen, blieb ich lange bei meiner Mutter. Von ihr habe ich übrigens meine roten Haare. Mein Vater war dagegen ein dunkler Typ und leider nur sehr selten zuhause. So musste ich auch alleine miterleben wie meine Mutter immer schwächer wurde und letzten Endes starb. Bei ihrer Beisetzung sah ich meine Geschwister und meinen Vater das letzte Mal. Sie alle zogen fort, in Städte oder benachbarte Dörfer. Nur ich blieb hier.

Ich war jung, aber meine Mutter hatte mich sehr gut auf das Leben vorbereitet. Sie sagte mir, vor wem ich mich in Acht nehmen muss, und wem ich trauen kann. Und sie lehrte mich, immer höflich zu sein. Denn der Mensch, dem man heute unsacht begegnet, kann morgen ein fehlender Helfer in der Not sein. Und so tat ich mich mit allen guten Menschen im Dorf zusammen.

Mit Jackie fiel mir das besonders leicht. Denn Jackie war eine Seele von Mensch. Sie hatte blonde Haare und war auch sonst eine hübsche Frau. Eigentlich war es sehr verwunderlich das sie keinen Mann hatte. Nicht einmal einen Verehrer. Dabei war sie nicht nur schön und klug, sondern auch zu allen immer höflich und nett. Schon bei unserer ersten Begegnung lächelte sie mich an, strich mir sanft über mein Haar und flüsterte mir zu, wie schön sie es fände. Sie müssen zugeben, da hätten sie sich auch schwer getan, nicht ihre Freundin zu werden. Oder?

Es war nie viel los in Ropin. Wir hatten nur einen Laden der fast alles führte und eine kleine Poststation. Daneben waren da noch ein paar landwirtschaftliche Geschäfte. Ein Fleischer und ein Bäcker. Die Häuser standen weit auseinander und so traf man sich auf dem Marktplatz. Dort unterhielt man sich über den neusten Klatsch oder kam zusammen, um einem Mitglied des Dorfes die letzte Ehre zu erweisen. Und so ist das heute noch. Und das ist das gute alte Dorf, was hier alle so lieben. Denn große Veränderungen mag hier keiner.

Jeden Sommer gingen Jackie und ich viel spazieren. Die Feldwege waren lang und wir konnten jeden Tag einen anderen Abzweig nehmen, ohne jemals einen zweimal gehen zu müssen. Und es roch wunderbar. Die Mohnblumen, die Kornblumen und die Halme auf den Feldern wiegten im Wind und die Blätter der Bäume raschelten. Ab und zu zogen ein paar Vögel ihre Kreise und einige Käfer summten um uns herum. In weiter Ferne hörten wir ein paar Kühe. Landwirtschaft war und ist eben das alltägliche Leben hier. Wobei Ropin aber weit mehr zu bieten hat. Unsere Kirche ist eine der schönsten im Land. Aus allen Dörfern der Umgebung kommt man hierher um dem Gottesdienst in unserer Kirche beizuwohnen. Um die Weihnachtszeit kommen sogar Pilger aus weit entfernten Teilen des Landes, nur um hier ihre Weihe zu erhalten. Unser Pfarrer ist allerdings schon ein alter Mann und mittlerweile sucht er nach einem Vertreter, der bald sein Amt übernehmen soll. Für diesen Posten haben sich sehr viele Fremde bemüht, doch noch hat Pfarrer Menus keinen Nachfolger ausgewählt. Seine Schäfchen, wie er uns Dorfbewohner alle nennt, sind auch ein Teil des Dorfes, über den man viele Geschichten erzählen kann. Traurige, aber auch lustige.

Ich hatte mit Jackie schon das eine oder andere Mal über Oliver geschmunzelt. Der alte Oliver war liebenswert, aber seit dem Tot seiner Frau zwei Jahre zuvor immer noch nicht selbstständig genug. Er irrte meist ziellos im Dorf umher und wusste nicht so recht, was er einkaufen sollte. Daher halfen wir ihm manchmal mit der Auswahl und schoben ihn unauffällig in die richtige Richtung. Zu Magdalena, der molligen Ladenbesitzerin. Sie wusste immer einen Rat, wenn der arme Oliver einen hartnäckigen Fleck im Hemd hatte oder einen neuen Strauß für das Grab seiner Frau benötigte. Beide waren sich sehr sympathisch aber trauten sich nie so recht in der Nähe des anderen Gefühle zu zeigen. Oliver nicht, da er zwar immer noch trauerte, aber der Schmerz langsam nachließ und Magdalena fand Oliver schon länger sehr nett. Sie sprachen aber nie lange genug miteinander um sich dies mitzuteilen, doch sie lächelten sich zum Abschied ein jedes Mal fröhlich zu. Es war so etwas wie eine innere, zufrieden stimmende Verbundenheit. Und alle mussten zugeben, das der braunhaarige, etwas dickbäuchige Oliver und die korpulente, aber spritzige Magdalena zusammen ein sehr ansehnliches Paar abgaben.

Und dann war da noch das größte Original von Ropin. Alex, der junge Schnösel. Sohn des Bürgermeisters, blond und genauso eingebildet wie er aussah. Er hatte große Ambitionen und wollte gerne in die Stadt und weit weg von allen anderen hier. Und das war seiner Meinung nach längst überfällig. Denn alle außer ihm waren nur einfaches Volk. Was er nicht wusste, und auch immer noch nicht weiß, waren die Geschichten, die man sich über ihn erzählte. Denn nur ein großes Mundwerk und ein feiner Anzug bringen dich nicht weit im Leben. Etwas Grips hätte ihm bestimmt nicht geschadet. Doch nun ist er weg. In der großen Stadt und das schon eine Weile. Aber man erfährt auf einem Dorf viel, nur nicht das, was man unbedingt wissen möchte. Und über Alex hörte man nie wieder etwas. Genau wie von meiner Familie. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Zeit verging so manches Jahr sehr schnell. Einige Jahre gingen recht zäh ins Land. Eines dieser kurzen Jahre war jenes, in dem ich meine erste Liebe traf. Paolo. Er war so etwas wie ein Einwanderer. Eines Tages kam er in unser Dorf und gehörte schon bald zu den Einheimischen hier. Er arbeitete hart und schnell wurde er sehr beliebt. Immerhin sah er gut aus, war begabt und obendrein absolut mein Typ. Ich verliebte mich fast sofort.

Er kam an einem besonders heißen Tag an mir vorbeigelaufen. Ihm war sehr warm, das habe ich gleich gesehen und sagte ihm, er könne doch ein Eis essen, gleich hier um die Ecke bei Magdalena. Die würde ihm sicher eins geben. Da er nicht alleine gehen wollte, ging ich einfach mit. Und dort, bei Magdalena, kamen wir ins Gespräch. Er erzählte von seiner Heimat und Vergangenheit. Er war zwei Jahre älter und größer als ich, schwarzhaarig und athletisch gebaut. Wobei mir genau das gefiel. Er war ein Beschützertyp. Aber leider war er in dem Dorf, aus dem er kam, ein Einzelgänger. Hatte keine Freunde und auch keine Arbeit. Da beschloss er, sich auf den Weg zu machen und da zu bleiben, wo es ihm gefiel. Und Ropin hatte es ihm sehr angetan. Vor allem aber die Menschen hier. Sie nahmen ihn hier auf, als wäre er einer von ihnen und nur einige Jahre weg gewesen. Eben wie der verlorene Sohn.

Wir waren fast ein ganzes Jahr zusammen. Und es ging besonders schnell vorbei. Ich hatte jede freie Minute mit ihm genutzt. Meist saß ich neben ihm, wenn er arbeitete. In der Bäckerei konnte er seine Talente besonders gut ausspielen. Die Arbeit machte ihm sehr viel Spaß. Und ich hatte meinen Spaß, ihm zuzuschauen. Er war sehr geschickt. Und obwohl er so groß war, war er wendig und blitzschnell. Ab und an bekam ich auch mal eine Leckerei aus der Bäckerei von ihm. Aber nur, wenn der Tag gut für ihn gelaufen war. Da konnte er etwas mit nach Hause nehmen und teilte dann mit mir seine Ausbeute.

Eines Abends, nachdem wir uns alles übereinander erzählt hatten, gingen wir spazieren. Es war ruhig und schön. Auf dem Rückweg begegnete uns eine hübsche, schwarzhaarige Lady. Als wäre ein Pfeil zwischen uns geschossen worden, schien er die Aufmerksamkeit von mir auf sie gelegt zu haben. Da wusste ich, ich hatte ihn verloren.

Einige lange Jahre später aber, traf ich meine große Liebe. Das ist jetzt schon sehr lange her und ich denke immer noch sehr gerne an unsere Anfangszeit. Eigentlich kannte ich Marlon schon lange, doch er war eher eine Art Nachbar, denn ein Mann den ich wollte. Er war ein normaler Mann, mit braunen Haaren und dunklen Augen. Und einem Charakter, so liebenswert und treu. Doch das hatte ich nie erfahren, wenn wir Smalltalk betrieben oder uns nur grüßten. Ich muss sagen, ich hätte es gern schon eher herausgefunden. Denn so einfach wie er war, war er mein Traummann. Das wusste ich nur noch nicht.

Eines Tages haben wir uns so nett unterhalten, das wir dann gemeinsam Essen gegangen sind. Und aus diesem Abend, wurde eine gemeinsame Nacht und aus der Nacht wurden dann viele Jahre. Noch heute habe ich meinen Marlon an meiner Seite und freue mich über jeden einzelnen Tag. Obwohl es mir vorkommt, als würden wir uns erst ein paar Tage kennen. Ich bin immer wieder überrascht, wenn er mit kleinen Geschenken zu mir kommt und freue mich über jede Kleinigkeit. Eines Morgens legte er mir eine Blume vor die Nase. Ich wachte auf, als ich ihren wunderbaren Duft wahrnahm. Das einzige, was zu unserem Glück noch fehlt, sind ein paar Kinder. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Mit Jackie halte ich die Freundschaft seit vielen Jahren. Doch als Jackie einen Mann kennen lernte - einen sehr netten und gebildeten -, zog sie in ein benachbartes Dorf. Sie hat mittlerweile ein Kind und daher weniger Zeit für mich. Aber das ist nicht schlimm, denn ich weiß, wo ich sie finde. Wir besuchen uns regelmäßig und erzählen uns die neuesten Geschichten. Zum Beispiel von Oliver und Magdalena.

Der alte Oliver bandelt derzeit mit ihr an. Es ist noch eine zarte Pflanze, aber ich bin sicher, diese Beiden gehören zusammen. Zumindest Magdalenas Essen und Olivers Gutmütigkeit tun den Beiden sehr gut. Und das sieht man. Mittlerweile versuchen sie es sogar nicht mehr geheim zu halten. Sie hatten angst das die Leute das nicht gutheißen würden, doch diese Beiden haben das Glück mehr als verdient. Und so sieht man sie an manchem Sonntag gemeinsam zum Gottesdienst gehen und mit verschlungenen Armen über den Marktplatz schreiten.
 

So wie sich die Menschen in Ropin verändert haben, so blieb eines doch gleich. Ihre Liebe zueinander. Denn hier in unserem Dorf ist der Frieden das, was wir alle wollen. Und wir sorgen selbst dafür. Mensch und Tier leben in Gemeinschaft und gegenseitig helfen wir uns. Ich und Marlon haben eine tolle Arbeit bei Magdalena gefunden. Wir halten ihr Lager sauber. Man glaubt ja nicht, wie viele Mäuse es in Ropin gibt. Dafür bekommen wir viele Leckereien von ihr und ein Dach über dem Kopf. Ich muss zugeben, gegen Paolo sind wir langsam und manchmal unbeholfen, doch wir machen diese Arbeit mit viel Liebe. Und bis jetzt ist uns noch keine Maus entwischt. Und wenn wir eine fette und gut genährte erwischen, gibt es abends ein Festmahl für uns und unsere Freunde.

Oh, du findest das eklig? Aber Mäuse sind nun mal unser Lieblingsessen. Ach herrje, hatte ich vergessen zu erwähnen das ich eine Katze bin?
 

Die Hauptpersonen:
 

Ich bin eine rothaarige Katze. Meine Mutter war ebenfalls rot und mein Vater braun gefleckt. Meine Geschwister waren eine bunte Mischung aus beiden. Nur ich allein war so rot wie meine Mutter.

Jackie war meine beste Menschenfreundin. Ich hatte viele Freunde in Ropin, aber nur mit ihr konnte ich mich stundenlang unterhalten.

Paolo war Mäusefänger in der Bäckerei. Schließlich konnte er es verhindern, das die Mäuse alles anfraßen. Und er war der Beste für diesen Job.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sweet-kirara
2009-01-14T20:14:58+00:00 14.01.2009 21:14
Ich muss zugeben das einiges etwas überspitzt dargestellt wird. Aber dazu sollte man wissen, das ich als Katzenfan meine Katzen alle bei meiner Oma beerdigt habe. Damit meine ich, das die Kinder der Katze rein theoretisch das miterlebt haben, wie die Menschen des Dorfes sie vergraben haben.

Es freut mich aber sehr, das du so aufmerksam geselen hast und bin soweiso immer für Tipps und Kritik offen. Also Danke!

Nicole
Von:  ElarionEulenschwinge
2009-01-13T21:20:16+00:00 13.01.2009 22:20
Die Idee gefällt mir. Und die Dorfidylle ist sehr schön geschildert. Nur...irgendwie passt es an einigen Stellen nicht, dass die Erzählerin eine Katze ist. Hast Du nicht erwähnt, dass ihre Mutter beerdigt wird?




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