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FFVII: Blue Wanderer - In the lines

von

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Konsequenzen 2

Für gewöhnlich verbrachte Sephiroth auch Samstage im Büro und begann früh mit der Arbeit, aber da es ihm missfiel, eine fremde Person allein in seinem Appartement zu lassen, beschäftigte er sich mit der begonnenen Recherche, bis sich die Tür des Schlafzimmers leise öffnete.
 

„Wenn du schon wieder Wasser vertragen kannst“, informierte der General ohne von der Arbeit aufzusehen, „das Bad steht dir zur Verfügung.“
 

Hart im Nehmen, kommentierte er wenig später lautlos. Wie üblich... Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, aber es war von der flüchtigen Dauer eines Flügelschlages.
 

Wenn Toron die Wahrheit gesagt hatte... Das Wissen um den Weg in die 2nd Lines und selbst die erfolgreiche Suche nach dem ganz individuellen, mentalen Fokus – im Grunde war es nicht mehr als eine Gebrauchsanweisung. Um ebenso gut, oder sogar besser als Cutter zu werden, brauchte es eine Menge Übung, die wiederum Zeit in Anspruch nahm. Toron stand erst ganz am Anfang! Und hielt Cutter für tot.
 

Sephiroth sah nachdenklich zu der geschlossenen Badezimmertür hinüber.
 

Im Grunde ideale Bedingungen für einen Überraschungsangriff. Leider ist das in diesem Fall unmöglich. Welche alternative Strategie setzen wir also ein? Dich für immer zu verstecken, ist keine Option. Also wirst du tun müssen, was du am besten kannst. Kämpfen. Einmal mehr um dein Leben. Die Wahl der Waffen allerdings... liegt bei mir. Und ich werde dich entsprechend ausrüsten!
 

Er arbeitete weiter, bis ihn die sich wieder öffnende Badezimmertür dazu brachte, aufzusehen, und dann sah er dem auf ihn zukommenden Teenager schweigend entgegen. Cutter hatte sich fest vorgenommen, nicht neugierig zu wirken – aber schon nach wenigen Schritten vergaß sie ihr Vorhaben.
 

Das Appartement des Generals war riesig und lichtdurchflutet. An fast jeder Wand befanden sich gefüllte Bücherregale. Keine Pflanzen. Weiße Tapete ohne Muster. Keine Bilder, dafür aber der größte Flachbildschirm, den Cutter jemals gesehen hatte. Tiefschwarzes Leder bei der bequem aussehenden Couchlandschaft, dazwischen ein gläserner Tisch.
 

Cutter setzte ihren Weg auf den die integrierte Fußbodenheizung durch entsprechende Wärme verratenden Fliesen fort. An den nicht durch Bücherregale bedeckten Wänden der Westfront glänzten perfekt geputzte, große Fenster. Eine Glastür sowie ein Stück Geländer außerhalb verrieten einen Balkon, von dem aus man bei entsprechender Witterung einen gigantischen Ausblick auf den Sonnenuntergang haben musste. Innerhalb des Appartements konnte man durch eine weitere, nur halb geschlossene Tür einen Blick in die gut ausgerüstete Küche werfen – nicht weniger Hightech als im eben verlassenen Bad. ShinRa Technologie der Superlative, die lässig auf ihren Einsatz wartete. Und (Disziplin schien auch in Sephiroths privatem Bereich eine große Rolle zu spielen) im ersichtlichen Appartement nicht ein Krümelchen Staub oder gar Unordnung.
 

Sephiroth selbst saß in einem der schwarzen Sessel, den Laptop vor sich, und sah dem Teenager entgegen. Cutter wollte sich wirklich zusammenreißen. Aber dann überwog die Begeisterung.
 

„Sephiroth-sama, dein Appartement ist der Hammer!“
 

Natürlich, dachte der General mit plötzlich aufwallendem Sarkasmus. Den ausdauerndsten Versuchsobjekten stehen immer mehr Privilegien zu als allen anderen...
 

„Allein das Badezimmer!“, fuhr Cutter fort, „Mein Quartier passt da mindestens 4 Mal rein!“
 

Hinsichtlich so viel ehrlicher Begeisterung blieb dem Sarkasmus nichts anderes übrig, als zu verschwinden.
 

„4 ½ Mal“, stellte Sephiroth klar. Im Grunde war er fast erleichtert über das sich so zwanglos ergebene Gesprächsthema. Es... lockerte die absurde Situation ein wenig auf.
 

Andere hätte meine Gegenwart völlig befangen gemacht. Du hingegen... redest einfach drauflos.
 

„Na ja“, grinste Cutter, „ich bin eben kein General wie du. Und diese Handtücher – superflauschig!“
 

„Das Wäschereipersonal hat Angst vor mir.“
 

„Das erklärt einiges“, lachte das Mädchen.
 

Es war... so seltsam, eine andere Stimme außer der Seinen oder denen im Fernseher zu hören. Hin und wieder kam Zack vorbei, aber da Sephiroth auch diese Besuche so bald wie möglich beendete (oder, im Falle eines geänderten Türcodes, der 1st gar nicht erst hereinkam) haftete einer anderen Stimme immer noch etwas... beunruhigendes an. Erst recht, wenn sie so lebendig klang wie die von Cutter.
 

„So viele Bücher... hast du die wirklich alle gelesen?“ Gleichzeitig verzog sie das Gesicht. „Entschuldige bitte, ich bin zu neugierig. Ich... werde mich bremsen.“
 

„Alle“, beantwortete Sephiroth die Frage, und dann... breitete sich jene Stille aus, mit der er schon viel früher gerechnet hatte. Diese seltsame Ruhe ließ Cutter zu etwas... anderem werden. Es glich einem Staubkorn in völliger Sterilität.
 

Für einen kurzen Moment wusste Sephiroth nicht, wie er mit der ihm völlig fremden Situation weiter umgehen sollte. Dann fiel ihm ein, dass die meisten Leute ihren Tag mit einem Frühstück begannen, erntete auf seine diesbezügliche Frage heftiges Nicken, und schon bald waren von etlichen Scheiben Brot nur noch Krümel übrig.
 

Cutter lehnte sich satt und entspannt zurück, und nahm eine gedankliche Zusammenfassung vor, an deren Ende sie zu der Überzeugung gelangte, dass, wäre die Entstehungsgeschichte nicht so brutal gewesen, die Situation (und vor allem, die Nacht in Sepiroths Bett verbracht zu haben – wenn auch alleine) hätte witzig sein können. Der Teenager sandte ein vorsichtiges Lächeln zu dem Elitekämpfer hinüber, aber die fehlende Erwiderung ließ sie wissen, dass sich eine Fortsetzung des gestern begonnenen Gespräches nicht länger herauszögern ließ.
 

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie leise.
 

„Ich finde eine Lösung, und du befolgst meine entsprechenden Befehle.“
 

Cutter nickte schweigend. Nur so ergab es einen Sinn. Sephiroth war der unaufhaltsame, majestätische Eisbrecher, sie selbst das winzige Ruderboot in seinem Kielwasser. Und wenn sie das offene Meer erreichten, würde er wieder seiner eigenen Wege gehen, bis sein Einschreiten ein weiteres Mal erforderlich war. Und er würde da sein. Kompromisslos und stark.
 

Ich liebe dich, dachte Cutter. Ich kann nichts dagegen tun. Es tut mir leid...
 

Das plötzliche Fingerschnippen genau vor ihrer Nase ließ sie zusammenzucken, und als sie ertappt den Kopf hob, fand sie sich gefangen im eisig grünen Blick des Generals.
 

„Cutter, ich pflege meine Unterstützung erheblich einzuschränken, sollte diese nicht mit der entsprechenden Aufmerksamkeit behandelt werden. Dir rate ich zu verschärfter Aufmerksamkeit, zumal unser Gegner laut eigener Aussage jetzt ebenfalls die 2nd Lines betreten ka...“
 

Es kam nicht oft vor, dass es jemand wagte, den Großen General Crescent mitten im Satz zu unterbrechen. Diese Unterbrechung besaß Ähnlichkeit mit dem Protestschrei einer Katze, der man gerade versehentlich auf den Schwanz getreten hatte.
 

Sephiroth wartete ab, bis der verbale Funkenregen zu verglimmen begann, dann fasste er die so emotional gelieferte Kernaussage zusammen.
 

„Toron hat geblufft.“
 

Cutter nickte heftig.
 

„Weil“, fuhr der General fort, „du es irgendwann trotz aller Widrigkeiten geschafft hast, dich in die 2nd Lines zu flüchten. Dein Geist und Körper haben sich dann erst unter Wasser wieder vereint.“
 

„Muss eine Schutzvorrichtung sein, keine Ahnung, aber Toron weiß nichts von den 2nd Lines!! Definitiv!“ Cutters Augen funkelten, und ihre Stimme vibrierte förmlich vor Wut. „Oh, ich bin so sauer!! Wenn du ihm irgendwann begegnest, Sephiroth-sama, mach ihn platt!!“
 

Sephiroth saß bewegungslos da, seine Kaffeetasse in der Hand, und blickte zu dem immer noch sehr aufgebrachten Teenager hinüber.
 

Eigentlich, dachte er, müsstest du tot sein. Wieder mal. Stattdessen sitzt du hier und konfrontierst mich mit soviel... Leben. Nicht viele Menschen haben das bisher gewagt. Eigentlich nur einer. Aber du... bist ein Wirbelsturm. Oder der das Feuer entfachende Funken.
 

Im Grunde schätzte er Temperament. Im richtigen Moment war es unbezahlbar. Und obwohl er Cutters Wut nachvollziehen konnte – ihr diesen Gefühlsausbruch ohne Zurechtweisung durchgehen zu lassen...
 

„Cutter.“ Seine Stimme klang leise, aber tief in ihr grollte es unheilvoll. „Du siehst mich als deinen Freund, nicht wahr? Wie Zack.“
 

Seine Worte spülten unwissentlich eine finstere Erinnerung des gestrigen Tages an Cutters Bewusstseinsoberfläche - die Stimme ihres Kidnappers.
 

„Wozu dieser sinnlose Widerstand, Cutter-chan? Um etwas beschützen zu können, muss man stark sein, und das bist du nicht! Oder geht es dir um etwas anderes? Anerkennung vielleicht? Der von Sephiroth? Ich weiß, du magst ihn sehr. Vermutlich siehst du ihn als Freund, aber weißt du was? Für ihn bist du nur ein Befehlsempfänger. Er interessiert sich nicht für deine Gefühle. Er braucht deine Freundschaft nicht!“
 

Das ist nicht wahr!, dachte Cutter. Wenn er mich nicht mögen würde – weshalb sollte er mir immer wieder helfen?? Außerdem darf ich ihn beim Vornamen nennen! Wer sonst darf das schon?!
 

Nach außen hin nickte sie heftig und machte sich bereit, so viele Dinge zu erklären... Aber Sephiroth war schneller. Seine Stimme klang leise – besaß jedoch einen Kern aus eisiger Schärfe.
 

„Schlag dir das aus dem Kopf!“ Denn ich, fügte er in Gedanken hinzu, weiß nicht, wie das geht. Wie man ein `Freund´ ist. „Ich bin...“ ... für diesen Zweck absolut ungeeignet... „... dein Vorgesetzter. Als solcher ist es meine Aufgabe, deine von dir in SOLDIER Dienst gestellten Fähigkeiten so vorteilhaft wie irgend möglich einzusetzen. Ich wähle die Missionen aus, an denen du teilnimmst, fördere deine Talente, helfe dir bei Problemlösungen...“ ... versuche, dich zu beschützen... „und übernehme einen großen Teil der Verantwortung für dich. Als Gegenleistung erwarte ich von dir...“ ... dass du überlebst... „... volle Leistung, unabhängig von Zeit und Ort, sowie ein Mindestmaß an Disziplin. Äußerungen wie `mach ihn platt´ gehören nicht dazu.“ Auch, wenn ich genau das zu tun beabsichtige.
 

„Aber“, murmelte Cutter völlig verwirrt, „ich darf dich doch beim Vornamen...“
 

„Als Ausgleich für alles, was dir aufgrund des Vertrages verwehrt wurde. Ansonsten gilt die eben von mir getätigte Aussage! Haben wir uns verstanden?“
 

„Ja, Sir“, murmelte Cutter erschüttert. In ihrem Kopf waren alle Gedanken erstarrt.
 

„In Ordnung.“ Seine Stimme verlor etwas an Schärfe. „Ich kann dich bis auf weiteres in dein Quartier bringen, wenn du möchtest. Alternativ gäbe es noch die M.I.A. Akten.“
 

Wenig später betraten sie gemeinsam das Büro und begannen zu arbeiten. Cutter war dabei unnatürlich schweigsam, und auch, wenn Sephiroth wusste, dass er der Auslöser für ihr untypisches Verhalten waren – er bereute kein Wort.
 

Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vorgegangen ist. Es geht mich auch nichts an. Aber du wirst dich jetzt wieder besser aufs Wesentliche konzentrieren können.
 

Er ahnte nicht, wie sehr es ihn etwas anging, und dass seine Gegenwart für Cutter noch nie so bedrückend gewesen war. Das Mädchen versuchte erfolglos, seine Worte zu verdrängen – aber diese hatten sich in ihrem Kopf festgekrallt und ließen nicht mehr los.
 

Er hat Recht, dachte sie irgendwann den Tränen nahe. Er ist... und ich bin... Er hat mir immer geholfen. Niemand hat das je für mich getan. Und ich habe mich zum ersten Mal in meinem Leben geborgen gefühlt. Dabei habe ich... ihn völlig missverstanden.
 

Fast genauso schlimm war die Tatsache der korrekten Situationsbeurteilung durch eine fremde Person. Toron hatte noch mehr gesagt. Unglaubliche, Sephiroth betreffende Dinge. Entsprachen auch sie der Wahrheit? Cutter hoffte mit jeder Faser ihrer Seele, dass dem nicht so war. Und wenn doch... Nein! Absolut unmöglich!
 

Er hat das alles nur gesagt, um meinen Willen zu brechen! Es ist nicht wahr! Niemals!
 

Für den Rest des Tages riss sie sich so gut es ging zusammen, aber nachdem Sephiroth sie auf ihr Quartier gebracht hatte und gegangen war, reichte ihre Kraft gerade noch aus, um sich auf das Bett fallen zu lassen und in Tränen auszubrechen.
 

Es tut so weh... Und damit muss ich jetzt leben? Wie soll ich das schaffen?
 

Schluchzend vergrub sie den Kopf unter dem Kissen.
 

Der Auslöser für Cutters bodenlose Trauer ahnte nichts von den Tränen. Er befand sich in seinem Appartement, bemüht, sich auf das Erscheinen einer bestellten Person vorzubereiten. Sofern dies möglich war. Eigentlich regelte Sephiroth seine Angelegenheiten alleine, um die gewünschte Kontrolle zu erzielen - diesmal allerdings überstieg ein Teil der zu bewältigenden Aufgabe selbst seine Fähigkeiten, und war ohne das Wissen einer in diesem Bereich sehr geübten Person nicht durchführbar. Ausgerechnet... er. Aber es führte kein Weg daran vorbei.
 

Als das Klopfen erklang, öffnete der General die Tür. Zack grinste ihm selbst für seine Verhältnisse nahezu unnatürlich fröhlich entgegen – die Hände hinterm Rücken versteckt. Kein beruhigendes Zeichen...
 

„Hi, Seph! Danke für die Einladung, und du wirst dich freuen – ich habe die optimale Beschäftigung für zwei gutaussehende Singlemänner wie uns mitgebracht.“ Schwungvoll präsentierte er den Inhalt seiner Hände. „Tadaaa! Pornos, Bier und Pizza! Wir...“
 

Sephiroth schloss die Tür augenblicklich. Er öffnete sie erst wieder, nachdem sich Zack selbstständig vom ursprünglichen Vorhaben auf `nur Bier und Pizza´ heruntergehandelt hatte, konfiszierte aber sicherheitshalber die DVD´s, bevor er den 1st eintreten ließ. Dieser stürmte ohne zu trauern in die Küche, und stellte wenige Minuten später die heiße Pizza auf dem Tisch zwischen ihm und dem General ab, ließ sich in einen der freien Sessel fallen und begann, den eben benutzten Ofen mit Lob zu überhäufen.
 

„Du hattest ein ähnliches Modell“, erinnerte Sephiroth. „Bis zu dieser absurden Episode mit den Feuerwerkskörpern.“
 

„Das war ein Kindheitstraum von mir“, strahlte Zack und griff nach dem ersten, mit weiteren Zutaten inklusive einer doppelten Portion Käse aufgemotzten Pizzastück.
 

„Das zum ShinRa Trauma wurde“, ergänzte der General. „Sämtliche Psychologen und der Kindergarten wollten dich unter ihre Fittiche nehmen.“ Es hatte ihn mehrere höchst langwierige Telefonate gekostet, um alle Involvierten davon zu überzeugen, dass 1st Class SOLDIER Zackary Fair weder selbstmordgefährdet, psychisch labil oder auf der geistigen Ebene eines Achtjährigen war. Sondern einfach nur... Zackary Fair. „Ich möchte in diesem Zusammenhang anmerken“, fuhr Sephiroth zuckersüß fort, „dass ich dich sofort an den Kindergarten ausgeliefert hätte, wäre dein Fehlen missionstechnisch nicht als äußerst unvorteilhaft zu bewerten gewesen.“
 

Zack lachte vergnügt. „Ich hoffe, der nächste Backofen hält mehr aus.“
 

„Du wirst, solange du einer meiner SOLDIER bist, nie wieder einen eigenen Backofen haben. Und damit beende ich diese sinnlose Diskussion und komme zum Thema. Cutters ungebetener Besuch ist in Junon aufgetaucht und hat versucht, sie zu töten. Unglücklicherweise benötige ich deine Hilfe bezüglich der weiteren Vorgehensweise.“ Er nannte ein paar Zahlen. „Sind das Cutters Maße?“
 

Keine Reaktion. Zack saß da, ein Pizzastück noch in der Hand, und starrte ihn wie eingefroren an.
 

„Zack! Der Käse tropft gleich auf den Sessel.“ Keine Reaktion. „Zackary!“ Keine Reaktion. Sephiroth griff nach dem flüchtenden Pizzastück, beäugte es einen Moment lang skeptisch, um sich von dessen Leblosigkeit zu überzeugen, dann biss er hinein. Es schmeckte wider Erwarten gut. Kauend sah er zu dem immer noch bewegungslos dasitzenden Mann hinüber.
 

„Verzeihung“, sagte dieser gerade. „Kannst du das nochmal wiederholen? Ich meinte dich nämlich sagen zu hören, dass auf unsere Cuttie ein Anschlag verübt wurde.“
 

„Korrekt. Und es ist nicht `unsere Cuttie´.“
 

Zack sprang in heller Panik auf.
 

„Wo ist sie? Wie geht es ihr? Hat man ihr was getan? Warum sitzen wir hier so ruhig rum und essen Pizza?? Himmel, Seph, rede mit mir!!“
 

„Sie ist körperlich unversehrt und momentan nicht in Gefahr“, antwortete Sephiroth kühl. „Beantworte meine Frage!“
 

Verblüfft korrigierte Zack die Zahlen ein wenig. Dann runzelte er die Stirn.
 

„Was hast du vor? Willst du...“ Schlagartig veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Aus Neugier wurde verblüffte Erheiterung. „Nein! Das?? Ernsthaft?? Das Ding existiert noch?? Oh, das wird sie nicht mögen, Seph, Cuttie ist nicht der Typ für schwarze...“
 

„Danke. Und jetzt verlass bitte mein Appartement. Mit dieser Pizza und sämtlichen Bierflaschen. Cutter befindet sich in ihrem Quartier, es steht dir frei, sie zu besuchen. Die DVD´s werde ich selbst vernichten.“
 

Zack stemmte entrüstet die Hände in die Hüften.
 

„Hey, weißt du eigentlich, wie viele Leute bereit sind, die Freizeit mit ihrem Vorgesetzten zu verbringen, ihn auch noch mit wundervoller Unterhaltung und Bier zu ver... bin schon weg.“
 

Sephiroth ließ Masamune erst sinken, als die Tür sich hinter Zack schloss. Dann vernichtete er die DVD´s und war nur wenig später auf den Fluren des ShinRa Gebäudes im Rahmen einer Mission unterwegs, die im Laufe dieser Nacht etliche noch ahnungslose Angestellte diverser Abteilungen um ihren Schlaf bringen und somit daran erinnern würde, wie wichtig es war, geschmeidig zu bleiben. Speziell, wenn er im Spiel war. Er gestattete sich ein verstohlenes Grinsen.
 

Die offizielle ShinRa Hausordnung untersagte alles außer Atmen und Arbeiten. Die inoffizielle Version enthielt zudem nützliche Tipps und Tricks fürs Überleben in Extremsituationen. Einer dieser Tipps lautete: `Versuchen Sie niemals mit General Crescent zu diskutieren!´, und wurde, wie Sephiroth mit milder Erheiterung feststellte, ausnahmslos befolgt.
 

Die Wiederbelebung eines totgesagten Projektes war ein bürokratischer Kraftaufwand, der sich für gewöhnlich über Wochen oder gar Monate hinzog, und das Ergebnis stellte selten zufrieden. Er jedoch hatte genau das Gewünschte bekommen. Innerhalb einer einzigen Nacht! Eben gab er eine letzte Anweisung und nickte zufrieden. Projekt „NOIR“ war wieder zum Leben erwacht – auch, wenn dieses keinen glücklichen Eindruck machte.
 

Cutter betrachtete fassungslos und mit hochrotem Kopf all das mattglänzende, ihren Körper zu 98 % bedeckende, hautenge Schwarz. Es fühlte sich nicht an wie Kleidung. Eher wie... Luft. Der Teenager sah hilfesuchend in Zacks Richtung.
 

Dieser war heilfroh, das Mädchen noch unter den Lebenden zu wissen (seelisch etwas durcheinander, körperlich allerdings unversehrt), konnte den wahren Grund für ihre momentane Befangenheit problemlos nachvollziehen - eine Rettung jedoch war unmöglich.
 

„Sieh mal, Cuttie, er ist ganz dünn. Mit der Uniform drüber wird keiner was merken.“
 

Sephiroth warf Zack einen missbilligenden Blick zu. Was für Cutter Trost sein sollte, war für ihn lediglich ein unwillkommener Zwischenruf. Vor dem Schreibtisch versuchte der Teenager, sich zu entspannen, scheiterte aber gründlich.
 

„Das... das ist...“, stammelte sie.
 

„Ein für den Nahkampf entwickelter Spezialanzug“, vollendete Sephiroth den Satz. „Allerdings ging er nie in die Massenproduktion. Er widersteht den unterschiedlichsten Konfrontationen; Kugeln, Feuer, Säure... selbst Schwertern. Außerdem besitzt er einige Extrafunktionen. Zum Beispiel...“, er hatte große Mühe, sich nicht zu verraten, „... berühr Zack und press gleichzeitig Daumen und Mittelfinger deiner rechten Hand zusammen.“
 

Völlig arglos befolgte Cutter die Anweisung. Ein elektrisches `bzzzzzt´ war zu hören, gleichzeitig zuckte ihr Zielobjekt heftig zusammen, stieß einen Schmerzenslaut aus – und flüchtete. Wenige Sekunden später starrten sich SOLDIER und Teenager über meterweiten Sicherheitsabstand hinweg zu gleichen Teilen verblüfft wie entsetzt an, dann wanderten ihre Blicke zu dem mittlerweile grinsenden Sephiroth und konstatierten schließlich zeitgleich:
 

„Der Anzug hat einen Elektroschocker???!“
 

„Bei Höchsteinstellung tödlich.“
 

„Das zahl´ ich dir heim“, murrte Zack. „General hin oder her.“
 

„Jederzeit.“ Er wandte sich wieder Cutter zu und schob eine Mappe zu ihr hinüber. „Lies das hier gut durch, damit du die anderen Extrafunktionen auch bedienen kannst.“
 

Cutter hatte eine durch Liebeskummer bedingte, schlaflose Nacht hinter sich und gerade einer der wichtigsten Personen ihres Universums einen Elektroschock verpasst. Ihr war zum heulen zumute! Trotzdem griff sie tapfer nach den Dokumenten, fest entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. Sie hatte keine Ahnung, dass die Schrecken noch nicht vorbei waren.
 

„Des weiteren“, fuhr der General fort, „werden wir deine Nahkampffähigkeiten verbessern.“
 

„Ich kriege ein Schwert?“, jubelte Cutter mit vor plötzlicher Begeisterung funkelnden Augen. „Ehrlich??“ Im Geiste sah sie sich schon mit einer Mischung aus Katana und Busterschwert in den Kampf ziehen.
 

Sephiroth warf einen scharfen, die Frage: `Hat sie das von dir?!´ beinhaltenden Blick in Zacks Richtung, den dieser allerdings mit vollem Körpereinsatz verneinte. Erst dann platzierte der General ein schwarzes, rechteckiges Kästchen auf dem Tisch und öffnete es.
 

„Du hast einen Platz im SOLDIER Materia Trainingsprogramm.“
 

Es war die einzige Möglichkeit. Cutter starrte auf die bunten Kugeln. Sie hatte immer davon geträumt, ein eigenes Materiaset ihr Eigen zu nennen... Erst ganz langsam sickerte die wahre Bedeutung des unverhofften Besitzes und der Worte Sephiroths zu ihr durch.
 

„Ich soll lernen, wie man tötet??“
 

Bodenloses Entsetzen, vermischt mit der Hoffnung, etwas falsch verstanden zu haben, lag in der Frage. Aber die Antwort des Generals fegte alle Zweifel beiseite.
 

„Korrekt.“
 

Cutter wich unwillkürlich zurück. In letzter Zeit geschahen zu viele Dinge gegen ihren Willen oder ohne überhaupt zu fragen; das Gefühl totaler Hilflosigkeit war allgegenwärtig - und jetzt das!
 

„Das kann ich nicht, Sephiroth-sama“, flüsterte sie kopfschüttelnd. „Niemals! Ich bin... Alles, aber niemand, der andere tötet. Bitte, bitte zwing mich nicht dazu. Nein, ich... ich lasse mich nicht zwingen, beim allem Respekt. Das... das ist zuviel...“
 

Es war, das verstanden alle im Raum Anwesenden, ein ernstzunehmender Protest. Cutters erster – gegen einen Befehl Sephiroths. Dieser nahm die Reaktion mit einer Ruhe zur Kenntnis, die verriet, dass er mit genau diesem Szenario gerechnet hatte. Dennoch wurde Zack einmal mehr bewusst, welche Verantwortung auf den Schultern des Generals lastete.
 

Alle ShinRa Mitarbeiter waren in der Pflicht, an Weiterbildungen teilzunehmen, sollte dies nötig sein. Eine Weigerung ließ die betreffende Person automatisch zu einem allgemeinen Risiko werden. Um dies zu verhindern, pflegte man, die störrischen Exemplare unverzüglich `auszusortieren´. Eine Kündigung war noch das humanste Mittel... Als General hätte er unverzüglich und hart auf die Befehlsverweigerung reagieren müssen. Aber als Cutters mentaler Fokus?
 

Sephiroth wusste nur zu genau, in welch brutalen, inneren Konflikt mit dem eigenen Gewissen er den Teenager ohne jegliche Vorwarnung gestürzt hatte. Selbst allerdings war er niemals Teil eines solchen Kampfes gewesen.
 

Ich wurde `erschaffen´, wie Hojo es immer genannt hat, um andere zu töten. Eine gnadenlose Kampfmaschine ohne Gewissen. Bei dir, das weiß ich, ist es anders. Aber das ändert nichts. Diese Weiterbildung ist deine einzige Chance!
 

Cutter sah das anders.
 

„Ich kann niemanden töten, Sir!“, flüsterte sie kopfschüttelnd. „Das... ist absolut unmöglich!“
 

Ihr eine Kündigung anzudrohen war ebenso sinnlos, wie der Versuch, sie zu zwingen. Eine Diskussion... Sephiroth hatte es allein aufgrund seines Ranges nicht nötig, sich darauf einzulassen. Aber er tat es dennoch.
 

„Toron wird von deinem Überleben erfahren, das ist sicher. Du kannst also ShinRa verlassen und dein restliches Leben in Angst vor Entdeckung verbringen. Oder du absolvierst das Training erfolgreich und bist bei einer erneuten Konfrontation in der Lage, dein Leben effektiv zu verteidigen. Die Entscheidung liegt ganz allein bei dir.“
 

Cutter antwortete nicht, aber sie war unbewusst noch weiter zurückgewichen. Sie hatte keine Zweifel an den Worten des Generals. Aber die Vorstellung, jemand anderen zu töten, um selbst weiterleben zu können, war zu extrem. Abermals schüttelte sie heftig den Kopf.
 

Zack beobachtete das sich ihm bietende, auf einen ungewissen Hafen zusteuernde Szenario wortlos. Dass Sephiroth diskutierte, war selten genug. Kaum jemand wagte es, auf einen seiner Befehle hin zu protestieren. Cutters entsetzte Sturheit hingegen war mehr als nachvollziehbar.
 

Aber all das konnte eine bald zu fällende Entscheidung nicht verhindern.
 

Sephiroths Blick lag auf dem verstörten Teenager. Bisher war alles genau wie vorhergesehen gelaufen. Und jetzt war der General an diesem Punkt, über den er sich in der vergangenen Nacht schon den Kopf zerbrochen hatte: Wenn Befehle, Druck und Zwang außerstande waren, etwas zu tun, blieb nur der seelische, der gefühlsbetonte Weg. Und Sephiroth besaß nicht genug Erfahrung, um ihn erfolgreich zu gehen.
 

Deshalb hatte er Zack hergebeten. Menschlich gesehen überstiegen dessen Fähigkeiten die des großen Generals. Sie öffneten Türen, die aller Gewalt widerstanden hätten, mit einem Lächeln, einem Wort... oder einer Umarmung. Wie jetzt. Es dauerte nur Sekunden, ehe sich Cutters Hände in seine Uniform krallten.
 

„Ich will hier nicht weg!“, wisperte der Teenager. Wieder so alleine zu sein wie früher... Die Kälte würde jetzt, wo sie die Wärme anderer Personen kennen gelernt hatte, unerträglich stark sein. Und sie zerbrechen lassen.
 

„Ich weiß“, antwortete Zack ebenso leise. Einige Sekunden lang war in dem großen Büro kein Laut zu hören, und Sephiroth konnte förmlich spüren, wie Cutter Kraft sammelte. Schließlich wandte sie den Kopf, sah zu ihm hinüber.
 

„Denkst du wirklich, er wird es wieder versuchen?“
 

„Kannst du es nicht beherrschen“, antwortete der General ruhig, „verbünde dich mit ihm. Kannst du dich nicht mit ihm verbünden – töte es. Die Anzahl der Versuche ist unerheblich.“
 

„Es ist so absurd“, wisperte Cutter. „Toron behandelt mich wie einen richtigen Gegner. Mich!“
 

„Du bist mehr als das! Deine Fähigkeiten innerhalb der Lines sind einzigartig – und du hast sie in den Dienst ShinRa´s gestellt. Du bist eine Waffe! Wenn du das nicht begreifst, und dein Denken danach ausrichtest, kannst weder du dich selbst, noch irgendeine Macht der Welt dich beschützen.“
 

Und lautlos fügte er hinzu: `Auch ich nicht.´
 

„Es ist“, wiederholte er, „ganz allein deine Entscheidung.“
 

Der Anblick einer hoffnungslos überforderten, mit den Tränen kämpfenden Cutter weckte in ihm den Wunsch, mehr zu sagen... anders... aber es gelang ihm einfach nicht, das irgendwo tief in sich empfundene Gefühl in Worte umzuwandeln.
 

Einmal mehr war es Zack, der ihn verblüffte.
 

„Du musst“, hörte Sephiroth ihn leise sagen, „jetzt lernen, dich neu zu definieren ohne dich zu verlieren. Ich weiß, das ist schwer, aber du bist auf alle Fälle nicht allein.“
 

Das war es, dachte der General. Genauso hat es sich angefühlt.
 

Cutter ließ langsam ihren Kopf gegen Zacks Brustkorb sinken und schloss die Augen. Er hatte Recht. Sie hatten beide Recht. Cutter öffnete die Augen wieder, blickte zu Sephiroth hinüber. Sie wusste noch nicht genau, ob und wann sie seinen Befehl... seine Worte... würde in die Tat umsetzen können. Aber sie nickte.
 

„In Ordnung. Start morgen Punkt 0800 Uhr in Simulatorraum 7, such dir die Wegbeschreibung jetzt heraus, damit du dich morgen nicht verläufst. Trag den Anzug, bringt die Materia mit. Und sei pünktlich!“
 

Abermals nickte der Teenager, löste sich mit einem leisen `Danke, Zack´ aus dessen Umarmung, zog sich im Bad um und trat anschließend wieder vor den Schreibtisch. Zack hatte Recht behalten. Bis auf den hohen Kragen und die Handschuhe ließ die Uniform den Schutzanzug völlig unsichtbar werden.
 

„Ich erwarte, dass du diesen Anzug innerhalb kürzester Zeit bedienen kannst. Erlaubnis zum Wegtreten erteilt.“
 

Cutter nahm das Materiaset an sich, salutierte, näherte sich der Tür – hielt aber noch einmal inne, wandte sich um und zupfte mit einem schüchternen Lächeln an ihrem hohen Kragen.
 

„Der sieht aus wie deiner.“
 

„Hat sich bewährt.“ In seinen Mundwinkeln hockte die Andeutung eines Lächelns.
 

Und Cutter begriff.
 

Du hättest mich auch genauso gut feuern können. Aber du hast es nicht getan. Mir scheint, du... möchtest weiterhin über mich wachen?
 

„Sephiroth-sama? Danke schön. Und... ich werde nicht sterben. Versprochen!“
 

Das wäre auch besser, dachte der General unwillkürlich.
 

„Ich glaube, du hast ein Handbuch durchzuarbeiten, Cutter.“
 

Verstärkte sich das Lächeln ein klein wenig? Cutter war fast sicher. Wärme begann, sich in ihr auszubreiten und verwandelte sich in Gedanken.
 

Ich weiß, das... gehört jetzt überhaupt nicht hierher, aber... ich habe das Gefühl, als würde, solange du, ich und Zack zusammen sind, alles irgendwie gut werden. Was dich und mich angeht... wir schlafen unter demselben Himmel. Das jedenfalls kann mir keiner nehmen.
 

Zack sah ihr nach, wie sie das Büro verließ. Ihm war längst klar, weshalb er zu diesem Gespräch ebenfalls hatte erscheinen sollen, und obwohl er sich hätte ausgenützt fühlen können – er war froh, hier gewesen zu sein. Cutter ganz alleine in dieser ihre Fähigkeiten nicht akzeptierenden Welt zu wissen, verfolgt von einem in fast allen Punkten überlegenen Gegner... Die Vorstellung wäre für ihn unerträglich gewesen. Aber es gab einen Punkt, der ihn dennoch ärgerte.
 

„Du hättest“, murrte er, „mich ruhig in den gesamten Plan einweihen können! Von Killertraining war bisher keine Rede!“
 

„Du hättest dir den gesamten Plan denken können, 1st Class SOLDIER Zackary Fair!“
 

Zack verzog das Gesicht. Dass Sephiroth seine Treffer immer so zielsicher landen musste...
 

„Trotzdem“, murmelte er. „Das ist... so viel in so kurzer Zeit. Sie ist noch so jung, Seph. Ich mache mir Sorgen.“
 

„Sorgen bringen uns im Moment nicht weiter“, lautete die sachlich kühle Antwort. „Nur ein entsprechendes Training.“
 

Und, fügte er in Gedanken hinzu, die laufende Fahndung. Vielleicht haben wir ja... Glück?
 

„Cuttie ist doch ein Blue Wanderer.“ Zack klang fast verzweifelt. „Fürs töten war sie nie vorgesehen. Und sie hatte keine Zeit, sich darauf vorzubereiten...“
 

„Dann nenn sie mir!“, unterbrach Sephiroth gefährlich leise. „Eine ultimativere Verteidigung und Alternative zu einem zukünftigen Leben als Bodyguard für einen Teenager!“
 

„Es gibt keine“, stöhnte Zack gequält. „Ich weiß es ja selbst. Es macht mich nur so fertig, ihr das nicht ersparen zu können!“
 

„Sie wird es schaffen.“
 

Es war nicht direkt `Glaube´. Sondern vielmehr die typische, fast schon arrogante Überzeugung des Generals, alle seine Leute seien zu mehr in der Lage, als sie es sich selbst zutrauten. Entsprechend hoch waren die gestellten Anforderungen – und die Fehlschläge auffallend gering.
 

Und so nickte Zack, aber es war die höchst seltene, bekümmerte Variante.
 

Nur darum geht es, dachte er bitter. Eine Grenze überwinden – oder davor sterben.
 

Der Verlust von Unschuld hatte nicht immer etwas mit Sex zu tun. Das Leben bot Milliarden Möglichkeiten, Unschuld und den eigenen Glauben zu verlieren, langsam, Stück für Stück, bis nichts übrig blieb außer menschlichen Hüllen, so leer und brüchig, dass sie bei der geringsten Erschütterung in Tausend Bruchstücke zerfielen.
 

Cutter war im Begriff, weitere Teile ihrer Unschuld und ihres Glaubens auf dem Altar ShinRa´s zu opfern, um den Verlust ihres einzigen Zuhauses zu verhindern. Konnte so etwas gut gehen? Durfte es gut gehen? Zack sandte ein stummes, aber inbrünstiges Gebet an alle ihm bekannten Götter, und bat sie um Schutz für den so lieb gewonnen Teenager.
 

Ihm gegenüber verspürte Sephiroth zwar nicht den Drang, zu beten, aber auch seine – gänzlich untypischen - Gedanken schweiften immer wieder von der erneut begonnenen Arbeit ab. Hilfe zu erbitten war... ein Zeichen von Schwäche. Und dennoch...
 

Ohne Zacks Hilfe hätte ich heute... anders reagieren müssen. Mir fehlt das Geschick, auf dieser Ebene mit derselben spielerischen Leichtigkeit zu agieren, wie er es tut. Heute wäre es mir von Vorteil gewesen. Aber ich... bin nicht sicher, ob ich es mir aneignen könnte. Oder möchte. Für gewöhnlich empfinde ich diesbezüglich nur Gleichgültigkeit.
 

Cutter... weshalb stellt deine Existenz eine derartige Ausnahme dar? Weil... du es bist? Reicht das als Begründung? Nein! Es ist, weil... du ShinRa´ s bester Blue Wanderer bist. Dich zu beschützen, ist nicht verkehrt. Und dein Wissen über die Lines... mein Instinkt sagt mir, dass es eines Tages von unschätzbarem Wert sein wird.
 

Ich habe dir bezüglich keinen Fehler gemacht.
 

Er arbeitete weiter, bis ihn ein seltenes Geräusch aus den komplizierten Gedankengängen riss. Eine SMS. Ganz offensichtlich war Cutter bei der Durcharbeitung des Handbuches bei Funktion Nr. 5 angekommen. Eine Beantwortung war Dank der hochentwickelten Technik, die den Sender um einen korrekten Eingang beim Empfänger wissen ließ, eigentlich nicht notwendig, aber ... Sephiroth zögerte. Dann aber bestätigte er den Erhalt, wollte die SMS löschen... und hielt inne.
 

Der Schreibtisch quoll über vor Arbeit, mit Sicherheit würde sich die Nachrichten auch zu einem passenderen Zeitpunkt entfernen lassen. Er legte das Handy weg und griff nach der nächste Akte.
 

Zwei Tage später holte er die ersten Informationen bezüglich Cutters Materiatraining ein. Sie entsprachen seinen Erwartungen. Der Teenager konnte die Attacken problemlos auslösen – hatte jedoch erhebliche Schwierigkeiten, diese zu steuern, und somit schon zweimal einen Ausbilder zu heilloser Flucht veranlasst. Im Allgemeinen hielten die Trainer das Mädchen für äußerst begriffsstutzig und schusselig.
 

Sephiroth sah das ein wenig anders. Niemals war von einem Blue Wanderer etwas ähnliches verlangt worden, und er hatte die Anforderungen hoch geschraubt; das Unheil saß Cutter wie eine tiefschwarze Gewitterfront im Nacken, und die einzige Chance auf Rettung lag in einer kontinuierlichen Weiterentwicklung.
 

Cutter wusste das ebenfalls. Aber obwohl sie, wie üblich, alle Kräfte mobilisierte und es schließlich schaffte, die Materia zielgerichtet zu lenken – als es daran ging, die Attacken auf simulierte Menschen, deren Reaktionen ihren realen Vorbildern entsprachen, auszulösen, zeigte sich erst, wie stark die innere Barriere wirklich war. Es gab kein Weiterkommen.
 

Sephiroth hielt sich bewusst im Hintergrund, aber seine Präsenz war dennoch für alle Beteiligten deutlich zu spüren. Kein Zustand, in dem es sich angenehm arbeiten ließ - aber alle behielten die Nerven. Noch. Davon völlig unbeeindruckt gingen die restlichen Kämpfe weiter.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Jadestern
2009-06-02T16:21:52+00:00 02.06.2009 18:21
der checkt auch gar nix *kopf meets tischplatte*
vom verhalten her benimmt er sich doch schon wie ein freund- also ansatzweise^^. wie aruna schon sagte, einfach mal durchschütteln und anbrüllen.
Die Scene am Ende hat mir total gut gefallen. Man kann richtig gut Cutters emotionen einschätzen und fühlt auch richtig mit ihr. Nur eine Frage stell ich mir öfter: Teenager- 15-16 Jahre alt, oder älter bzw. jünger?
Auf jeden Fall freu ich mich natürlich wieder auf das nächste Kapitel!!
Lg
Anka
Von:  Aruna
2009-06-01T18:57:45+00:00 01.06.2009 20:57
Böser Sephiroth! Er kann der armen Cutter doch nicht so das Herz brechen. Man möchte ihn einfach nur nehmen und schütteln und ihn anbrüllen: "Bist du wirklich so blind oder tust du nur so? Siehst du nicht, was vor deiner eigenen Nasenspitze vor sich geht?"
Aber er weiß ja selbst, dass er mit Gefühlen eigentlich nicht wirklich was anzufangen weiß. So was kommt wohl dabei heraus, wenn man von Hojo großgezogen wird (wenn man das so nennen kann).

Die Szene, in der Zack mit den Pornos ankam, war einfach göttlich. Ich hätte zu gern Sephiroths Gesicht gesehen :)

Schreib bitte ganz schnell weiter.
lg Aruna
Von: abgemeldet
2009-06-01T10:01:19+00:00 01.06.2009 12:01
Sehr viel mehr, als das, was ich dir bereits schon auf Fanfiktion geschrieben habe, kann ich nicht mehr hinzufügen. Diese Story von dir ist einmalig, klasse geschrieben... vom Anfang bis zum jetzigen Kapitel.
Und was ich immer wieder nur betonen kann, ist, wie gut du Sephiroth hier triffst. Er ist nach wie vor einer der besten Sephiroths, den ich je gelesen habe! Also dafür: Hut ab!
Mit großer Vorfreude erwarte ich bereits dein nächstes Kapitel!
Also dann, man liest sich!
Mata ne!

LG Lena


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