Mehrere Verdächtige
Einige Hinweise auf das, was passiert ist, gab es ja schon.
Aber wer konnte den Kesselraum betreten? Udn wer hatte Ahnung, welcher Riegel was auslöst?
4. Mehrere Verdächtige
Tatumi kniete besorgt hinter dem Dämonenprinzen nieder, der sich nicht umdrehte, sondern weiterhin aus dem Fenster blickte. Aber natürlich wäre es geradezu Irrwitz, Höflichkeit von diesem einzufordern, zumal, wenn er selbst eindeutig unter Mordverdacht stand.
Langsam wandte sich Sesshoumaru um: „Nur du und dein Lehrling Takeo habt Zutritt zu der Heizanlage?“
„Ja, Lord Sesshoumaru.“
„Ist die Tür durch ein Schloss gesichert?“
„Äh...nein, Lord Sesshoumaru. Aber…“ Tatumi brach lieber ab.
„Es wäre jedem möglich, hineinzugehen?“
„Ja…aber…“
„Aber was?“
„Es steht immer ein Wächter im Hof, Lord Sesshoumaru.“ Tatumi atmete ein wenig auf, dass keine sofortige Strafe erfolgt war.
Der Hundeprinz betrachtete den Knienden. War diesem Kerl etwa nicht klar, dass er gerade dabei war, sich selbst die Schlinge um den Hals zu legen? Wenn kein Fremder in den Kesselraum konnte… „Sakura.“
Diese blickte sogleich zu ihm, betrachtete das weiche Fell, das an seiner Seite hinab hing. Am liebsten würde sie es nur ein einziges Mal anfassen…Nun, es wäre mit Sicherheit eine einmalige und äußerst kurze Erfahrung.
„Frag den Haushofmeister, wer in den letzten Stunden vor Mawashis Tod der Wächter im Hof war.“
„Ja, Lord Sesshoumaru. Wünscht Ihr ihn zu sprechen?“
„Berichte, wer, und wo er derzeit ist.“
„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie verschwand mit einem innerlichen Seufzen. Das sah so aus, also ob sie hier noch einige Botengänge erledigen musste.
Tatumi ächzte in Gedanken. Ein anderer Mensch im Raum bot irgendwie noch ein wenig Trost, wenn schon nicht Schutz.
„Seit wann ist Takeo bei dir?“
„Seit einem halben Jahr, Lord Sesshoumaru. Aber ich kenne ihn sein Leben lang…“ Mehr war nicht gefragt gewesen und so brach er lieber ab.
„Seine Familie lebt also in diesem Haus?“
„Lebte, ja, Lord Sesshoumaru.“
„Dann sind seine Eltern tot?“
„Ja. Er hat nur noch seine Großmutter Nami.“
„Das ist die Dienerin von Hana Mawashi?“
„Ja, Herr...ich meine, Lord Sesshoumaru.“
Also war davon auszugehen, dass sie zuverlässig war – und ihr Enkel wohl auch. Aber man sollte nie etwas als gegeben hinnehmen. „Sorge dafür, dass Takeo bei dir bleibt. Und verlasse dein Zimmer nicht.“
„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Lieber Zimmerarrest, als ein Gefängnis. Immerhin schien der Prinz ihn nicht für schuldig zu halten, sondern weiter zu ermitteln. „Ich danke Euch“, brachte er daher noch hervor, ehe er ging.
Kurz darauf kam Sakura: „Der Wächter steht noch immer im Hof, Lord Sesshoumaru“, berichtete sie: „Er heißt Tozama.“
„Was ist ein „guter Mensch“?“
Sie hätte um ein Haar: „wie bitte“ gesagt, zügelte sich aber gerade noch: „So nennt man einen Menschen, der nett ist, freundlich, hilfsbereit…“
„Bist du ein guter Mensch?“
„Ich...ich hoffe, Lord Sesshoumaru.“ Was sollte das denn schon wieder?
„Dann ist das ein Lob. – Wir gehen.“
Sie folgte ihm eilig, bemüht, ihr Kopfschütteln nicht zu zeigen.
Sesshoumaru sah sich im Hof um. Trotz des Todes des Hausherrn schien die Routine zu funktionieren. Selbst jetzt liefen Diener über den Hof. Für einen Fremden war das Risiko zufällig gesehen zu werden, wie er den Kesselraum betrat, sehr hoch. Zumal falls der Wächter aufmerksam war, der dem Badetrakt gegenüberstand, wenn auch ein Stück entfernt, nun bemerkte, dass sich ihm jemand näherte und sich aufrichtete.
„Tozama.“
„Ja, so heiße ich.“ Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der Samurai entweder nicht wusste, wer vor ihm stand oder eher, es nicht wissen wollte.
Der Dämonenprinz verengte die Augen. Sakura wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als sie das Warnzeichen erkannte. Im nächsten Augenblick lag der Krieger rücklings auf dem Boden, den Fuß des jungen Hundedämons auf der Kehle.
„Jämmerliches Gewürm“, stellte Sesshoumaru ruhig fest.
Tozama starrte in die empfindungslosen Augen. Ihm wurde bewusst, dass er in keiner Schlacht so nahe am Tode gewesen war. „Verzeihung…..Gnade…Lord Sesshoumaru...“ brachte er hervor. Dieser Junge würde ihn ebenso leicht und gelassen zerquetschen, wie er selbst eine Fliege. Zu seiner grenzenlosen Erleichterung wurde der Fuß weggenommen. Er wagte es allerdings nicht mehr, sich auch nur hinzuknien, sondern drehte sich auf den Bauch, die Stirn im Staub. Er hatte nicht gewusst, wie stark und schnell diese Monster waren.
„Du wachst hier seit einigen Stunden.“
„J...ja, Lord Sesshoumaru.“
„Hat ein Fremder den Hof betreten?“
„Nein, Lord Sesshoumaru.“
„Ein Hausmitglied, dessen Auftauchen ungewöhnlich war?“
„Nein, Lord Sesshoumaru.“
„Hier gehen ständig Dienstboten hin und her.“
„Ja.“
„Niemand hat sich der Tür des Heizungsraumes genähert?“
„Niemand ungewöhnliches, Lord Sesshoumaru.“
„Wer?“
„Tatumi und sein Lehrling. Und...“
„Und?“
„Nun…..“ Tozama zögerte nur ein wenig. Er wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen. Aber andererseits stand hier sein Leben auf dem Spiel: „Seine Großmutter.“
„Nami?“
„Äh…ja, Lord Sesshoumaru.“
„Erkläre.“
„Wenn die Herrin gegessen hat, bringt Nami immer die Reste zu ihrem Enkel, damit der sie bekommt…..Das ist nicht erlaubt, aber…Nun, sie ist Nami.“
„Sie bringt sie ihm in den Heizungskeller.“
„Gewöhnlich ja, Lord Sesshoumaru, weil dies die Zeit des Anheizens ist. Aber heute waren sie bereits fertig und sie eilte dann mit ihrem Korb zurück. Es…es ist nicht ganz statthaft, ihren Platz bei der Herrin zu verlassen.“
„Aber die Herrin duldet es und darum sagt niemand anderer etwas dagegen.“
„Ja, genau so, Lord Sesshoumaru.“
„Wusste es Mawashi?“
„Ich...ich weiß es nicht, Lord Sesshoumaru.“
Das wäre auch kaum ein Grund, den Hausherrn zu ermorden. Nun gut, wenn er in all diesen Ermittlungen etwas gelernt hatte, dann, dass es immer einen Grund gab, egal, wie blödsinnig der einem Dämon auch erscheinen würde. „Sonst ging niemand hinein? Und du bist ohne Pause hier gestanden? Aufmerksam?“
„Ich...ich hoffe es“, sagte Tozama heiser. Wenn dieser Dämon nachweisen konnte, dass doch jemand anderer hineingegangen war, würde er wegen Pflichtvergessenheit bestraft werden, da war er sicher. Der junge Herr Akimaru verstand da keinen Spaß. Nun, er verstand überhaupt keinen. Immer so ernst…Der alte Herr war da viel umgänglicher gewesen. Den hatte man bitten können, um was auch immer, und er hatte nie abgelehnt. Irgendwelche Dummköpfe unter den Dienstboten hatten sogar gemeint, er könne einfach nicht nein sagen, sei viel zu weich.
Sesshoumaru drehte sich um: „Sakura, frag Chika, wie lange Hana noch schlafen wird. Dann geh zu ihr. Und frage Nami, ob sie jemanden in den Heizungsraum hat gehen sehen.“ Ohne weiteres Wort verschwand er.
Tozama richtete sich erleichtert auf. Er wollte noch etwas Kritisches über den arroganten Dämonenprinzen zu der Heilerin sagen, aber die eilte schon weg. Anscheinend war dieser Lord Sesshoumaru noch ein drakonischerer Herr als selbst Akimaru.
Der menschliche Heiler der Mawashis bestätigte Sakura, dass die Hausherrin wohl noch zwei Stunden schlafen würde. „Sie stand eindeutig unter Schock“, meinte er: „Du wirst es ja kennen: blass, zitternd…Ich muss gestehen, dass ich da nur an sie dachte und wie man ihr helfen kann, nicht daran, dass ihre Aussagen wohl benötigt werden. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie etwas weiß, das Lord Sesshoumaru helfen kann, den Mörder zu finden.“
„Ich führe nur Befehle aus, Chika-sama.“ Es war nett, dass er, der ausgebildete, erfahrene Heiler, das einer Schülerin erklärte, die nicht die eigene war.
„Schon gut, Mädchen. Neigi sagte schon, dass bei solchen Ermittlungen der Prinz stets dich anfordert. Du scheinst geschickt zu sein.“
„Danke, Chika-sama. Ich…ich gehe dann in den Frauentrakt.“
„Du musst da warten, bis die gnädige Frau aufwacht? Nun, vielleicht kannst du dich mit Nami unterhalten.“
„Ja, danke.“ Sie erwähnte nicht, dass sie genau diesen Auftrag erhalten hatte.
Der junge Hausherr neigte höflich den Kopf, als seine Tür geöffnet wurde, nicht im Zweifel wer da kam. „Lord Sesshoumaru…Bitte, nehmt Platz. Habt Ihr Neuigkeiten?“
„Ich kenne den Mörder noch nicht.“
„Aber das Motiv?“
„Das Warum ist irrelevant. Hat man das Wie eines Mordes, hat man auch die Person, die ihn beging. Wie lange dauert es, wenn Ihr den Befehl gebt, den Kessel des Badehauses anzuheizen bis zu dem Zeitpunkt, an dem man baden kann?“
„Oh, genau weiß ich es nicht, aber ich schätze, eine halbe Stunde sicher. Um ehrlich zu sein, habe ich mich nie darum gekümmert. Man sagt, ich will nach dem Essen baden. Wann die Dienstboten was machen…“ Er zuckte ein wenig die Schultern.
„Habt Ihr schon entschieden, was aus den Zwillingen werden soll?“
„Vaters so genannte Konkubinen? Wenn sie es wirklich gewesen wären, hätte ich sie schon auf die Straße gesetzt. Natürlich mit einer gewissen Abfindung. Aber sie waren es ja eben nicht. Nur Schützlinge.“ Akimaru Mawashi sah zu Boden: „Ich weiß es nicht. Diese Frage hat mir auch der Kanzleileiter bereits gestellt. Aber ich denke, vor der Beerdigung werde ich nichts entscheiden.“
„Und Hana Mawashi? Kensho?“
„Sie ist die Witwe meines Vaters. Nach dem Vertrag steht ihr Unterhalt zu und Wohnrecht in diesem Haus bis an ihr Lebensende. Kensho, nun, wie gesagt, ich hoffe, dass er mir bei den Bilanzen behilflich sein wird. Aber ich bin noch nicht dazu gekommen, mit ihm zu reden.“
„Wie gut kennt Ihr Nami?“
„Die persönliche Dienerin Hanas? Oh, sie war es schon bei meiner Mutter. Sie ist eine wirklich treue Seele. Wenn Ihr annehmen solltet, dass sie etwas mit Vaters Tod zu tun hat...nein, niemals.“
„Ich sammele Fakten.“
„Verzeiht, ich wollte nicht unhöflich sein, Lord Sesshoumaru.“ Akimaru hatte den Unterton gehört. „Aber ebenso gut könntet Ihr mich verdächtigen…nun, genau das tut Ihr, nicht wahr? Ihr haltet alle im Haus für verdächtig, bis eine Tatsache Euch vom Gegenteil überzeugt.“
Der Dämonenprinz ging nicht darauf ein. „Gebt Befehl, das Bad anzuheizen. Ich möchte dort in drei Stunden baden.“
„Äh...natürlich, wie Ihr wollt. Darf ich fragen…?“
„Nein.“ Sesshoumaru erhob sich.
Akimaru Mawashi nickte leicht: „Ich verstehe. Ich werde unverzüglich den Befehl erteilen.“
Seine Nase zeigte dem Hundeprinzen, wo sich Neigi, der dämonische Heiler, befand. Dieser saß in einem Vorraum und wartete geduldig. Nun verneigte er sich allerdings rasch.
„Wie gut kennst du Chika?“
„Den Heiler der Mawashis? Nun, er ist ein Mensch, aber ein fähiger Heiler.“
„Er hat der Hausherrin Laudanum verabreicht.“
„Sie war wohl durch den Tod ihres Mannes sehr aufgeregt…“ Neigi sah dem Prinzen ins Gesicht, etwas, das nur wenige ungestraft wagen durften: „Es ist das übliche Mittel, um Schmerzen zu lindern oder jemanden einschlafen zu lassen. Eine Opium-Abart.“
Sakura hatte bereits erwähnt, dass es das gängige Mittel war: „Ich weiß. Aber ist es notwendig, eine Frau zu beruhigen?“
„Ihr zieht in Erwägung, dass er sie an einer Aussage hindern wollte?“ Neigi zuckte ein wenig die Schultern: „Nein, so dumm ist Chika sicher nicht. Jeder, zumal ein Heiler, weiß doch, dass die Aussage damit nur um wenige Stunden verschoben wäre. Es handelte sich wohl nur um ein Hilfsmittel, den Schock abzuschwächen. Menschen sind durch den Tod naher Familienangehöriger oft äußerst betroffen. - Darf ich fragen, wo Sakura ist?“
„Bei Hana Mawashi.“
„Ihr wollt verhindern, dass jemand sie vergiftet oder ähnliches, ich verstehe, Lord Sesshoumaru. Eine kluge Entscheidung.“
Der Hundeprinz ertappte sich dabei, durch das Lob geschmeichelt zu sein: „Komm, Neigi. Ich habe einen Auftrag für dich.“
Der Heiler neigte den Kopf, ehe er sich erhob.
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Seine Lordschaft will baden? Es wäre natürlich nur eine böswillige Unterstellung, dass er sich für sein unterbrochenes Bad entschädigen will...
Im nächsten Kapitel erfährt Sakura im Frauentrakt so einiges.
Wer so nett ist, mitzuraten, erhält, wie gewohnt, eine Info-Ens, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde.
bye
hotep