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Der Antiquitätenhändler

von

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III. Die Hölle

Gar zahlreich sind die Wesen, die es nimmt,

Und ihre Zahl wächst an, bis einst der Veltro

Zum qualenreichen Tode es bestimmt.
 

Molti son si animali a cui's s'ammoglia,

e piu saranno ancora, infin che 'l veltro

verrà, che la farà morir con doglia.
 

(Hölle I. Gesang - I. Finsterer Wald)
 


 

Auszug aus der London Times, 07. Juli 1946 - einen Monat nach den Morden
 

Scotland Yard schließt Ermittlungen im Fall Byrne / Gilver ab
 

Die Ermittlungen um die mutmaßlichen Tötungsdelikte eines Londoner Familienvaters mit anschließendem Selbstmord wurden laut Scotland Yard eingestellt.
 

Vor einem Monat erschütterten vier blutige Funde London (wir berichteten) und versetzten die Stadt in Aufruhr.

Wie ein Sprecher des Scotland Yard uns mitteilte, sind die Handlungsabläufe und Umstände des blutigen Dramas von den Experten des Scotland Yard rekonstruiert worden.
 

Das Yard bestätigte John Gilver, der sich in seinem Haus nach den Morden scheinbar selbst richtete, als Täter.

Die Spezialisten des Yard versuchten, den Tathergang anhand von Augenzeugenberichten und Spurenauswertung zu rekonstruieren:
 

13.45 Uhr: John Gilver verlässt "Byrne's Antiquitäten" in der Piccadilly Street. Laut Aufzeichnungen von Thomas Byrne, seinem Arbeitgeber und späteren Opfer, hatte Gilver jeden Mittwoch, seit seiner Anstellung in den späten zwanziger Jahren, seinen freien Nachmittag.
 

14.00 Uhr: Ankunft bei seinem Haus in der Beatrice Street, dem späteren Tatort, in dem er mit seiner Frau Evelyn und der gemeinsamen Tochter Rose gelebt hatte.

Nach Aussagen von Nachbarn und Freunden, die ihm an diesem Tag begegnet waren, verhielt sich John Gilver völlig normal.
 

Zwischen 20.00 und 23.00 Uhr: Ungesehen verlässt Gilver sein Haus und kehrt zu seinem Arbeitsplatz in der Piccadilly Street zurück.

Thomas Byrne, der, nach Aussage seiner Kollegen und Freunde, nie vor Mitternacht das Geschäft verlassen hatte, öffnete Gilver die Tür.
 

Streit zwischen Gilver und Byrne aus ungeklärten Gründen.

Gilver ergreift einen Dolch, der von einer Kundin, die nicht genannt werden möchte, bei "Byrne's Antiquitäten" zur Restauration abgegeben wurde, und fügt Thomas Byrne eine tödliche Halswunde zu.

Thomas Byrne starb, laut Aussage der pathologischen Gerichtsmedizin, einen qualvollen Tod, indem er an seinem eigenen Blut erstickte.

Die Spuren am Tatort und die Mutmaßungen des Yard, dass die selbe Waffe, die in Gilver's Haus gefunden wurde, für die anderen beiden Morde, sowie den Selbstmord, verwendet wurde, legen nahe, dass Gilver während Byrne's Todeskampf anwesend war.

Fehlende Spuren einer etwaigen Hilfeleistung bzw. lebensrettenden Sofortmaßnahme, sowie Ausbleiben eines Notrufes bzw. Alarmierung der Nachtpolizei lassen die Ermittler darauf schliessen, dass Gilver sich seiner Taten völlig bewusst war.
 

Das Yard gibt an, dass laut Byrne's Inventurliste nur die Mordwaffe und sonst keine der, teils antiken und wertvollen, Gegenstände fehlen.

Mrs. Teegard, Mister Byrne's Haushälterin, die auch drei Mal die Woche das Geschäftsgebäude gesäubert hatte, erwähnte jedoch, dass eine ausgestopfte Schlange, die sie seit Jahren in Mister Byrne's Büro glaubte gesehen zu haben, laut ihrem Eindruck fehlte.

Mrs Teegard war es, die die Leiche von Mister Byrne in den frühen Morgenstunden des 08. Juni gefunden und die Polizei alarmiert hatte.

Das Yard kann diese Aussage weder bestätigen noch wiederlegen, jedoch wurde keine ausgestopfte Schlange im oder um das Haus des mutmaßlichen Täters, oder auf dem Weg dorthin, gefunden.
 

Zwischen 21.00 und 02.00 Uhr: John Gilver betritt sein Haus in der Beatrice Street. Ab diesem Zeitpunkt können die Ermittler nur durch Vermutungen den folgenden Handlungsablauf ergänzen.

Sicher ist, dass John Gilver mit seiner Frau Evelyn und der gemeinsamen Tochter Rose allein im Hause war und kein Raubmord in Frage kommt.

Die Polizei musste am 08. Juni die verschlossene Tür aufbrechen und notierte in ihrem Bericht, dass alle Fenster, sowie der Hintereingang fest verschlossen und gut gesichert waren.
 

Die Leichen von Evelyn (39) und Rose Gilver (5) wurden neben John Gilver im Wohnzimmer des Hauses aufgefunden.

Beide Frauen wiesen keinerlei Abwehrspuren auf. Evelyn starb durch massive innere Blutungen, verursacht durch einen einzelnen Stich in den Unterleib. Der Pathologe sagte aus, dass Evelyn unter Schmerzen dahinsiechend starb.

Rose, die gemeinsame Tochter, starb durch einen Schnitt durch die Kehle, an dem sie, laut Angaben des Gerichtsmediziners, innerhalb einer Minute verblutete.
 

Anschliessend richtete sich John Gilver, durch einen längsseitigen Schnitt entlang des Armes über der Schlagader, selbst und verblutete neben der Leiche seiner Frau und mit seiner Tochter in den Armen.
 

Die Hintergründe bleiben weiterhin im Dunkeln.
 


 


 

Riddle warf die Muggelzeitung in eine Gosse am Straßenrand und lächelte.
 

Die Muggel hatten sehr gut kombiniert. Tatsächlich war es John, der seine Familie getötet hatte - aber nicht, ohne dass Riddle ein wenig nachgeholfen hatte.

John hatte sich gewehrt, ja - vor allem als er seine Tochter hatte töten müssen.

Fast hatte sich John's Geist aus Riddle's Umklammerung befreien können, doch letztendlich war auch er nur ein schwacher Muggel.

Ein einziger, sauberer Schnitt setzte dem Leben des völlig verstörten Mädchens, das neben seiner sterbenden Mutter gekniet und seinem Vater weinend, mit großen Augen entgegen gesehen hatte, ein Ende.
 

Als John wieder zur Besinnung gekommen war, wieder Kontrolle über sich gehabt hatte, hatte er sein Kind in seine Arme gezogen und über ihre ehemals goldenen Locken, die jetzt, blutdurchtränkt, kupferfarben schimmerten, gestreichelt.

Er hatte gejammert, geschrien, geweint und wollte mit dem Messer auf Riddle losgehen.
 

Der Magier hatte nur gelacht.
 

"War ich es, der sie getötet hat?", hatte Riddle gefragt und seine Hände gehoben, so dass John seine Handflächen hatte sehen können. "Klebt ihr Blut an meinen Händen, John?"
 

"Du hast mich gezwungen!", hatte der Muggel rasend vor Wut und Verzweiflung geschrien.
 

"Wirklich, John? Fragen wir Evelyn. Evelyn!", der Magier war auf Evelyn, die sterbend auf dem Läufer im Wohnzimmer gelegen hatte, zugetreten.
 

"WAGE ES NICHT, SIE ANZURÜHREN!"
 

Abwehrend hatte Riddle die Hände gehoben. "Ich habe ihr nichts getan, John. Oder Evelyn? Oder? Oh. Ich fürchte, sie kann nicht mehr antworten, John."
 

Der Muggel hatte ungläubig und verzweifelt zu seiner toten Frau, die in ihrem eigenen Blut und ihren Exkrementen - eine Begleiterscheinung des Versagens der Körperfunktionen - lag, gestarrt.
 

Riddle hatte kein Legilimens anwenden müssen, um zu erraten, was John in diesem Augenblick gedacht hatte.

"Du hast deine Frau ermordet, John", hatte Riddle sanft geflüstert, "du hast deine Tochter ermordet. Was bleibt dir noch in dieser Welt?"
 

John hatte herzzerreissend geweint, ein wahrer Balsam für Riddle's Seele.

Der Muggel hatte sich mit den Handrücken über das Gesicht gewischt, Tränen und Schleim hatten seine Hand überzogen, doch John hatte es nicht gekümmert.

In seinen Augen hatte Riddle gesehen, dass John gewillt war, selbst den letzten Schritt zu gehen.

Dann hatte er den Dolch, der im Blut seiner Tochter neben ihrer Leiche lag, genommen.
 

Mit fast kindlicher Neugier hatte Riddle den Muggel dabei beobachtet, wie er mit ruhiger Hand an seinen beiden Armen, je vom Handgelenk bis zum Ellenbogen, einen tiefen Schitt gezogen hatte.

Dunkelrotes Blut war aus John's Wunden gequollen und hatte sich mit dem seiner Frau und seiner Tochter vermischt.
 

Als John seinen letzten Atemzug getan hatte, hatte Riddle das Haus verlassen und die Tür, samt Vorhängekette, verschlossen.
 

Zwar hatte Riddle kein Gründerartefakt gefunden, doch wenigstens war er nicht untätig gewesen.

Vier widerliche Kreaturen weniger, deren Rasse glaubte, über die Welt zu herrschen. Ausserdem hatte er einen Muggel von eigener Hand sterben gesehen und dabei das berauschende Gefühl absoluter Macht genossen - allein das hatte ihn für die vergeudete Zeit entschädigt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2009-10-15T10:01:51+00:00 15.10.2009 12:01
So.

Ich habe vom ersten bis zum dritten Teil gelesen und ich muss dir sagen, es ist wirklich herrlich.

Es macht soviel Spaß, diese Story zu lesen, sie führt einen die Art zu Denken des jungen Riddles so nahe, wie man es eigentlich nicht unbedingt erleben möchte.

Ich fand den Zeitungsbericht sehr dut formuliert und die kombinierten Ergebnisse der Scottland Yard waren wirklch interessant, vor allem, da jeder von uns weiß, wie es wirklich abgelaufen ist.
Und jetzt frage ich mich gerade, ob unsere Polizei nicht ab und zu auch auf so verkehrte Schlussfolgerungen kommt, obgleich es Zauberer wie Riddle nun wirklich gibt, oder nicht...

Na ja, wir sind halt auch nur Muggel. ^_-

Aber ich muss dir noch einmal sagen, dass dies einer der besten FFs ist, die ich je gelesen habe.

LiebeGrüße,
deine LynniE.
Von:  Ivea
2008-11-09T11:50:51+00:00 09.11.2008 12:50

Eine wunderbare Geschichte.
Mir gefällt dein Schreibstil und wie du es schaffst mit wenigen Worten eine großartige Atmosphäre zu schaffen.

Von:  gluecklich
2008-11-05T15:40:35+00:00 05.11.2008 16:40
Herzlichen Glückwunsch zum YUAL, du hast es dir redlich verdient.

"[...] über den wahren Charakter von Tom Riddle."
Als ich das gelesen habe, wollte ich fast schon wieder wegklicken und mich wundern, warum so etwas bei YUAL steht. Es klang so furchtbar nach all diesen Badfics über den lebenden, jungen, lieben, liebenDEN, schwulen, schwangeren Tommy etc. etc.
Aber ich bin froh, dass ich noch den Zusatz "[In Character - Warnung: Gewalt!]" sah, der mich dazu veranlasste, es doch zu lesen.

Von Aligheri kenne ich leider nur den Namen, mehr nicht. Allerdings bin ich ein großer Fan davon, Kapitel/Geschichten mit Zitaten zu schmücken, und sie schienen jedes Mal sehr passend.
Überhaupt war alles stimmig und gut getroffen. Der Stil wirkt auf mich nüchtern und ruhig - und gerade deshalb unheimlich tiefsinnig.
Teile wie "Sie hatte gelacht. / Thomas nicht." gefallen mir sehr gut.

Ich bewundere dich wirklich dafür, dass du so etwas Großartiges gerade zu diesem Fandom geschrieben hast. Ich persönlich schreibe nur Originale, weil ich das einfacher finde. Ich traue mir nicht zu, irgendeinen Charakter aus HP wirklich zu treffen.
Aber du hast es wahrlich geschafft. Ich wüsste an keiner Stelle, was man an Riddle hätte besser treffen können. Es war alles, was seinen Charakter für mich bestimmt: seine Ruhe, seine Planung, seine Intelligenz, seine Abscheu, seine Erhabenheit; seine Boshaftigkeit, die ihn Jahre später in den Ruin reiten wird.
Besonders die kleinen Andeutungen für die Zukunft haben mir gefallen, auch da hast du meinen vollsten Respekt, dass du dich so gut an die Bücher halten konntest.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, Sätze zu zitieren, die mich besonders beeindruckten, doch gegen Ende wurden das einfach zu viele. Dieses simple Beschreiben des Todes, die Selbstverständlichkeit des Hohnes in Riddles Gedanken... All das eben. Es hat mir sehr gefallen.

Ich bin froh, dass es solche Autoren hier auf Mexx gibt.
xxx
Sid
Von: abgemeldet
2008-11-05T14:27:15+00:00 05.11.2008 15:27
Hallo!
Ich habe deine Story eben gelesen und ich muss mich den anderen anschließen, sie faziniert mich. Das man soetwas ernstes über Harry Potter schreiben kann ist bemerkenswert. Und deine Wortwahl fand ich sehr schön und einfallsreich, überhaupt nicht platt.
Hut ab!
Ich find´s toll
LG
solveig
Von: abgemeldet
2008-05-21T22:30:03+00:00 22.05.2008 00:30
....endlich!
Endlich eine Fanfiction, die es sich lohnt, vom Anfang bis zum Ende zu lesen. Danke dafür!

Ich habe sie durch die Such-Funktion gefunden und bin sofort auf den Prolog aufmerksam geworden.
Ich stimme Nova zu, die Geschichte ist rundum stimmig, deine Wortwahl ist ausgezeichnet poetisch und das ganze liest sich angenehm flüssig.

Es tut gut zu wissen, dass die virtuelle Welt heutzutage nicht mehr bloß von mittelmäßigem Romantik-Kitsch-Gedusel verseucht wird, was Fanfictions angeht, sondern auch wirklich Kurzgeschichten existieren, die es allemal wert sind, gelesen zu werden.

Der Handlungsstrang ist relativ simpel, und doch fasziniert es einen, deine Sätze ins Bewusstsein eindringen zu lassen und es ist ein Leichtes, sich in die Geschichte bzw. eine der Personen reinversetzen zu können.
Hut ab & weiter so!
Von: Arcturus
2008-05-20T22:30:39+00:00 21.05.2008 00:30
Ich weiß nicht wirklich, was ich sagen soll, nur, dass mich deine Geschichte wirklich sehr fasziniert.
Ich wüsste nicht, was ich großartig kritisieren sollte, ich empfand sie als rundum stimmig, den Aufbau der einzelnen Kapitel, die Stimmung und Riddles Charakterisation.
> Das Letzte, das Thomas sah, war das kalte, erfreute Lächeln seines Mörders, der mit dunkeln Augen zusah, wie Thomas an seinem eigenen Blut erstickte.
Spätestens mit diesem Satz hatte mich die Geschichte in ihrem Bann.
Kurzum, ich schließe mich Roryn einfach mal an - ich bin begeistert.

lg
NIX
Von:  _Delacroix_
2008-05-20T22:10:38+00:00 21.05.2008 00:10
Oh mein Gott.

Ich bin gerade durch und ich liebe deine Fanfiction!
Wirklich ganz große Klasse!
Ich bin hell auf begeistert.
Ganz ehrlich!

Wieso ist hier noch nicht ein Kommentar zu finden?
Verstehe ich nicht.

Ich bin jedenfalls komplett begeistert von dieser Story.

Roryn


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