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Bittersweet Lullaby

von

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Ungeduldig trommelten Hizumis Finger auf der Tischplatte während er darauf wartete, dass Reita damit fertig werden würde ins Leere zu starren. Die Nerven seines linken Augenlids zuckten und Hizumi fand die Beobachtung dessen alles andere als Unterhaltsam. Zwischendurch fragte er sich, ob der andere vielleicht kurz vor einem epileptischen Anfall stand und er sich besser nach irgendwelchen Medikamenten erkundigen sollte, solange er noch die Möglichkeit hatte.
 

„Also“, unterbrach er die bleierne Stille, „Wo ist das Antikonvulsivum?“
 

„Draußen im Wagen.“
 

„Scheiße, echt jetzt?!“
 

Reita blickte den schwarzhaarigen Sänger an.
 

„Nein. Was ist das?“
 

Hizumi, der schon alarmiert aufgesprungen war, hielt in seiner Bewegung inne und setzte sich wieder auf seine fünf Buchstaben.
 

„Ein Mittel gegen epileptische Anfälle“, murrte er.
 

„Okay.“ Reita runzelte irritiert die Stirn „Ich dachte du hättest Die Lösung gefunden.“
 

„In einem Antiepileptikum?!“
 

„Ich wusste ja bis eben nicht was es ist!“, keifte Reita zurück.
 

„Du solltest dringend etwas für deine Bildung tun“, erwiderte der Sänger ruhig.
 

Bevor Reita seinem Gegenüber an die Kehle gehen konnte, hielt Karyu den aufbrausenden Mann an der Schulter fest.
 

„Bevor wir uns hier gegenseitig die Köpfe einschlagen, sollten wir uns besser eine Lösung für unser Problem einfallen lassen.“
 

„Du sagst es“, schnalzte Hizumi, „Die Frage ist, sollen wir wirklich hier ausharren und warten bis uns jemand findet oder sollen wir uns bis zu einer Straße vorkämpfen und warten, dass jemand vorbei kommt?“
 

„Uruha wird nie und nimmer durch den Morast stiefeln. Außerdem, hast du vergessen, dass wir hier festsitzen? Die Türe ist verriegelt“, versetze Reita ihm einen vermeintlichen Dämpfer.
 

„Ja, die Vordertüre.“ Hizumi deutete dezent auf die Holztüre in Reitas Rücken. „Aber die hier ist auf. Du sagtest doch vorhin der „Schatten“ sei dort verschwunden. Was auch immer uns versucht hier Angst einzujagen ist nicht besonders schlau.“
 

Reita musste zugeben, dass Hizumi recht hatte.
 

„Das heißt, dass wir eigentlich keinen Grund haben uns zu fürchten“, schloss Reita, der jedoch wie immer nicht das letzte Wort hatte.
 

„Wer fürchtet sich?“, grinste sein Gegenüber vielsagend.
 

„Schluss jetzt!“, lenkte Karyu ein und versetzte Hizumi einen sanften Klaps auf den Hinterkopf, „Ich bin dafür, dass wir die anderen wecken und versuchen den „Schatten“ bis morgen früh dingfest zu machen.“
 

Die Idee und die damit verbundene Aussicht vielleicht schon am nächsten Tag hier raus zu sein, fand Anklang. Nachdem die anderen geweckt, ausgerüstet und auf ihre von Karyu prezise geplanten Positionen, verteilt worden waren, eröffnete schrilles Pfeifen die Jagd auf das Unbekannte.
 

„Warum zum Henker machst du den „Schatten“ mit der dämlichen Trillerpfeife auf unser Vorhaben aufmerksam?!“
 

Als ob ihre Nerven nicht schon bis zum Zerreissen gespannt waren! Uruha schnaubte genervt.
 

„Nun, ich fand neun gegen einen etwas unfair“, rechtfertigte sich Karyu, der die rot-weiß-gestreifte Pfeife zwischen den Fingern drehte.
 

„Ich fass es nicht“, stöhnte der schlanke Gitarrist, behielt aber jeden weiteren Kommentar für sich. Stattdessen zog er Reita an seine Seite um ihn schließlich vor sich her die Treppenstufen hinab in den Keller zu bugsieren.
 

„Warum muss ich vor?!“
 

„Weil du ein Messer hast und ich nur einen verdammten Kochlöffel!“, zischte Uruha gereitzt.
 

Das war natürlich ein Argument, das Reita nicht mal eben so entkräften konnte. Für jede Dreiergruppe wurde sorgfältig gelost, sodass mindestens einer der Gruppe einen scharfen Gegenstand mitführte, den er sinnvoll zur Verteidigung nutzen konnte. Hizumi hatte man vorsichtshalber von dem Bassisten getrennt.
 

Ergeben tappte Reita die Stufen voraus in den modrigen Kellerraum, der so roch wie er aussah.

Der einzige Lichtblick in dem schattigen Raum bot eine einsam, in der Mitte der Decke hängende Glühbirne, die von Spinnweben umgeben flackerte.
 

„Ich glaube hier ist nichts“ wisperte Reita seinen beiden Gefährten zu, die er hinter sich vermutete. „Hört ihr?“
 

„Red' lauter! Was siehst du?!“
 

Verdutzt blickte Reita die Treppe hinauf an der seine beiden sogenannten Mittstreiter standen und zu ihm hinabblickten.
 

„Was steht ihr da rum?!“
 

„Es reicht doch wenn einer dort runter geht. Außerdem hast du das Messer.“
 

Karyu pfiff bestätigend.
 

„Ihr seid echt das Letzte“, knurrte der Bassist, sah sich aber dennoch in dem rechteckigen Raum um. Er war es ja gewohnt, dass Uruha die Arbeit gerne mal anderen überlies. Das Karyu sich davon anstecken ließ war natürlich nicht vorhersehbar gewesen. Prüfend glitt sein Blick die kahlen Wände entlang. An einem kleinen Kellerfenster, an dessen Frontseite ein Gitter angebracht war, rann das Regenwasser hindurch auf den steinernen Boden. Das Tropfen hallte in dem kleinen Raum wider. Das Messer vor sich haltend ging Reita auf eine alte Waschmaschine zu, an welcher der Zahn der Zeit bereits ordentlich genagt hatte. Im Flackern des Lichtes erkannte er Vertiefungen in der Staubschicht, die das Gerät milimeterhoch zierte. Angestrengt versuchte er die schnörkeligen Striche zu entziffern. Seine Eingeweide zogen sich zusammen als er erkannte was sie zu bedeuten hatten. Die Türe fiel mit einem lauten Knallen in ihre Verankerung zurück. Grab! Das Zeichen brannte sich in seine Netzhaut.
 

~ ~ ~

Seufzend ließ Aoi sich an der Wand neben dem Schlafzimmer hinabsinken.
 

„Das hat doch keinen Sinn“, murmelte er entmutigt, „Wenn es nicht gefunden werden will, finden wir es auch nicht.“
 

„Lass dich nicht so schnell unterkriegen. Die anderen geben ihr Bestes also sollten wir uns auch zusammenreißen.“
 

Zweifelnd sah Aoi an den zwei schlanken Beinen des Bassisten hinauf. Zero hatte ja recht. Dennoch hielt er das Ganze doch eher für auswegslos. Außerdem kamen sie gerade sowieso nicht voran. Er klopfte neben sich.
 

„Warten wir bis Hizumi sein dringendes Geschäft erledigt hat.“
 

~ ~ ~
 

„Vielleicht sollten wir doch im Garten nachsehen“, schlug Kai den beiden Musikern vor, die sich um den Küchentisch versammelt hatten.
 

Ruki blickte nachdenklich auf die geschlossene Hintertüre bevor er mit den Schultern zuckte.
 

„Eine Möglichkeit wäre es“, stimmte Tsukasa zu, der dem nächtlichen Geschehen bis jetzt eher ruhig beigewohnt hatte. Langsam erhob er sich und griff nach dem eisernen Türknauf als Uruhas Schrei ihnen das Mark in den Knochen gefrieren ließ.
 

Keine fünf Minuten später hatten sich die Musiker an dem Platz versammelt von dem aus sie ihre Jagd gestartet hatten. Ein Fragenregen prasselte auf Uruha und Karyu ein. Letzterer versucht verzweifelt die Kellertüre zu öffnen.
 

„Ich weiß es nicht!“,erklärte Uruha hysterisch, „Plötzlich flog die Türe ins Schloss und wir kriegen sie nicht mehr auf. Reita ist noch da drin!“
 

„Scheiße“, fluchte Ruki, „Das Ganze war eine dämliche Idee! Vielleicht wollte dieses Etwas uns ja auch in Sicherheit wiegen!“
 

Kai fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Auch er war kreidebleich.
 

„Lasst uns etwas zum aufbrechen der Türe suchen!“
 

~ ~ ~
 

Während oben Wortgefechte tobten, fand Reita sich im Dunkeln wider. Tastend hielt er sich am Rand der Waschmaschine fest. Er wusste nicht was für ein Spiel hier gespielt wurde, doch er würde sicherlich nicht länger eine Spielfigur sein. Langsam ging er in die Hocke, das Messer fest umklammert. Die Klinke des Trommelverschlusses klemmte, doch mit einigem Zerren sprang ihm das Türchen entgegen. Er schluckte. Was sollte hier vergraben sein? Zögerlich ließ er seine Hand in das Innere der Trommel gleiten. Seine Nackenhaare stellten sich auf als er etwas glitschiges berührte. Der Kloß in seinem Hals schnürte ihm fast den Atem ab. Doch er konnte und wollte jetzt keinen Rückzieher machen. Vielleicht würde ihnen das hier bei der Lösung des Problems weiter helfen. Langsam legte er seine Finger um das feuchte Unbekannte, ließ mit einem erschrockenen Aufschrei jedoch schneller wieder los als er vorgehabt hatte.
 

Schlurfende Schritte hatten ihn zusammenzucken lassen. In der Düsternis manifestierte sich eine Gestalt an der schweren Holztüre. Mit Händen und Füßen robbte Reita zurück bis er die kalte Wand in seinem Rücken fühlte. Seine Gedanken rasten, das Messer hatte er längst fallen lassen. Matt schimmerte es vor der offenen Waschtrommel. Reita nahm all seinen Mut zusammen, versuchte seine Glieder zu koordinieren um mit einem schnellen Sprung nach vorn zu hechten und das Messer zu greifen. Mit einem Kampfschrei, der seines Gleichen suchte, sprintete er auf die unbekannte Gestalt zu. Diese wich von der plötzlichen Aktion des Bassisten überrumpelt, einige Schritte zurück. Ihr Arm tastete hektisch an der losen Tapete bis mit einem Klicken die Glühbirne ihr fahles Licht in den Kellerraum schickte.
 

Mit großen Augen blieb Reita in der Mitte der Treppe stehen, starrte auf den Mann, der ihn nur schief grinsend anblickte.
 

„Du?! Was zum...?! Bist du irre?!“
 

Hizumi rieb sich den Nacken.
 

„Nun, das wollte ich dich fragen“, schmunzelte er, Reitas Meinung nach eine Spur zu gelassen, „Ich hätte nicht gedacht, dass du so ausflippst. Alle Achtung.“
 

Reita, der nicht wusste, ob er die Äußerung als Kompliment nehmen sollte, schnaubte nur verärgert.
 

„Hast du das hier inszeniert?! Die Waschmaschine und das Schriftzeichen?“
 

„Jepp. Aber verrat du mir mal, ob du da drin deine Nase gesucht hast.“

Er hob fragend eine Braue.
 

„Meine Nase?“
 

„Wegen dem Schriftzeichen. Oder was dachtest du würde sich nützliches in einer alten Waschmaschine befinden.“
 

Nun war Reita es, der verwirrt von dem Sänger zur Maschine und wieder zurück sah.
 

„In dem Staub stand „Grab“ geschrieben, deswegen dachte ich...“
 

Hizumi nahm den perplexen Mann am Arm und zog ihn die Treppen mit nach unten.
 

„Da steht „Nase“. Siehst du? „Nase“.“
 

Der Brünette fuhr mit den Fingerspitzen einzelne Striche nach, die etwas verwischt worden waren. Aber es stimmte. Jetzt konnte Reita das Schriftzeichen eindeutig erkennen.
 

„Ich wollte dich nur veräppeln. Umso erschrockener war ich als du da unten so apathisch gesessen hast und dann noch auf mich los wolltest. Meinen Sinn für Humor solltest du doch mittlerweile erkennen“, murmelte der Sänger sichtlich gekränkt.
 

Draußen begann es zu dämmern. Aber auch die fast überstandene Nacht konnte Reitas Laune nicht heben.
 

„Kannst du mir dann erklären was der Müll in der Waschmaschine soll?“
 

„Welcher Müll? Mach mich nicht für alles verantwortlich.“
 

Hizumis Finger fassten nach der Nasenbinde, alles andere als interessiert an dem Inhalt der Maschine sondern viel mehr an dem was sich unter dem Stück Stoff vergrub.“
 

„Finger weg!“
 

Drohend hob Reita das Messer, bis Hizumi beschwichtigend die Hände hob und Reita in die Hocke folge.
 

„Also, was ist da drin?“
 

Ein weiteres Mal glitt Reitas Hand hinein in die kühle Wäschetrommel und fasste nach deren Inhalt, der sich noch so feucht und rutschig anfühlte wie Minuten zuvor. Just in dem Moment krachte die Türe aus ihren Angeln und schlug mit einem lauten Aufprall an die Wand. Erschrocken wandten sich die beiden Musiker der Treppe zu an denen sich ihre Freunde ins Innere drängten. Aoi und Ruki war die Erleichterung über Hizumis plötzliches Auftauchen ins Gesicht geschrieben. Hatten sie sich doch schon die schlimmsten Horrorszenarien ausgemalt, die ihre Schuldgefühle ins unermessliche trieben. Bis auf Uruha, der stumm auf Reitas Hand blickte,war bei allen die Freude groß, die beiden unversehrt wieder zu sehen.
 

„Puru-chan!!!“
 

Die Blicke der anderen hefteten sich zuerst auf Uruha, dann auf den deformierten Goldfisch in Reitas Faust. Ein Schatten huschte über die Wände und aus dem Keller hinaus.
 

„Reita! Reita, wach auf!“
 

Ein unsanftes Rütteln ließ Reita die schweren Lider öffnen.
 

„Puru-chan“, murmelte er verschlafen.
 

Stirnrunzelnd wandte Uruha seinen Blick nach hinten zu Ruki, der versuchte den Bassisten in das Hier und Jetzt zurückzuholen.
 

„Wach auf, wir sind da.“
 

Desorientiert blickte Reita sich um und stellte fest, dass er in Aois Wagen saß.
 

„Wo sind wir?“, bruttelte er verschlafen.
 

„Beim Drehort angekommen“, informierte ihn der Sänger, „Schau mal wer uns Gesellschaft leisten wird.“
 

Schläfrig blickte Reita aus dem Fenster des Wagens. Er brauchte einen Augenblick bis er das alte Haus erkannte. Jede Sekunde die verstrich wurde er wacher. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf Hizumi, der ihm breit lächelnd zuwinkte. Panisch drückte er sich die Handflächen auf die Nase.
 

„Sag, dass das ein Traum ist!!!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: Futuhiro
2011-12-12T19:24:48+00:00 12.12.2011 20:24
*gröhl*
Och man, der arme Reita tut mir so leid. Immer muss der als erster in irgendwelche dunklen Räume, in denen irgendwelche Mörder vermutet werden.
Das Ende war schön, das kam sehr überraschend. So ein "April! April!", solche Enden liebe ich. ^^
Ja, alles in allem eine geniale Story. Sehr witzig, sehr fies, fantastisch gruselig ... und echt spannend geschrieben. Man musste bis zum Ende mitfiebern und mitleiden, sehr schön.
(Und die Charas waren tiefgründig und toll beschrieben!^^)
Von:  Hizushi
2010-10-31T22:07:41+00:00 31.10.2010 23:07
lol, zu geil!
Hizumi ist so schön fies und Reita solch eine Lusche!

ich hab's sehr gerne gelesen :D
Von:  Nikooru
2010-10-31T21:55:18+00:00 31.10.2010 22:55
OMG
...
ja kann ich Reitas Ängste echt verstehn
Hizumi will ich auch nicht unbedingt in so einer situation begegnen ...


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