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The GazettE - Stranger than fiction?

Rukis persönliches Tagebuch
von

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Kiss and Swallow

08.02.2007, 22:08 Uhr
 

Liebes Tagebuch,

heute bin ich äußerst sanft geweckt worden. Wirklich… angenehm. „AHHHH, verdammte Scheiße! Das gibt’s doch gar nicht!“ Aoi und ich saßen senkrecht im Bett, bereit potentielle Angreifer sofort niederzustrecken, doch dann mussten wir feststellen, dass das Geräusch aus einem anderen Raum gekommen war.

Genauer gesagt, aus der Küche. Dort fanden wir nämlich Kai der wie ein Irrer hin und her tigerte und dabei stumm vor sich hin murmelte. „Kai? Was ist-?“ „Ihr seid nicht zum aushalten!“ „Wa-?“ „Zwei Sekunden passt man mal nicht auf und schon stecken sie in ner Mülltonne, in der Klapse, im Knast, bei Big Brother… bin ich euer Kindermädchen, oder was?!“

Da ich schon merkte, dass ich ohnehin nicht mehr als zwei Silben ohne Unterbrechung rausbringen würde, fasste ich mich kurz: „Hä?“ Aoi hatte mittlerweile einen Zettel auf dem Tisch entdeckt, den er offenbar für wichtig hielt denn er hielt mir den Wisch unter die Nase:
 

„Morgen, ihr Penner, heut hab ich leider keine Zeit euch mit meinem Spitzenkaffee zu verwöhnen, ich fahr fürn paar Tage zu meinem Onkel Daichi auf’s Land. Frische Luft und so. Also, rockt ma schön weiter.

Euer heißgeliebter Reita

Ps.: Ruki, wenn ich wiederkomme hast du mir besser was zu berichten!“
 

Jetzt konnte ich Kais Aufregung nachvollziehen. „Wie kann der nur was von Spitzenkaffee schreiben, das Gebräu ist zum davonlaufen…“ „Aaahh, Ruki du Dösbaddel, darum geht’s doch gar nicht!“ Kai hatte sich leicht beruhigt.

„Wir haben die nächsten Tage jede Menge Termine, der kann sich nicht einfach so verkrümeln! Das gibt doch gleich wieder Trennungsgerüchte! War schon schwer genug deinen Klinikaufenthalt zu vertuschen, was glaubst du wie viele Leute ich dafür … schmieren musste?

„Jaja…“ grummelte ich, und begann erst mal damit, mir einen Kaffee zu machen, währen Kai umständlich sein Handy aus der Hosentasche fummelte. „So, jetzt werd ich den Mistkerl mal zurückpfeifen.“ Er drückte ein paar Tasten und auf einmal ertönte ein äußerst merkwürdiges Geräusch.
 

So etwas Seltsames hatte ich zuvor noch nie gehört, es klang in etwa wie „Rängdädädäng dädädäng möp möp rääääääängdädädädäng“ Staunend beugten wir drei uns über die Kaffeetasse, aus der diese Töne drangen. Und da war, ja was wohl, Reitas Handy. „Dieser verdammte….“ Kai waren offenbar die Schimpfwörter ausgegangen.

Also ergriff ich die Initiative, griff mir den Wasserkocher in dem das Wasser inzwischen siedete und goss seinen Inhalt in die Tasse, woraufhin das Handy noch kurz leise blubberte und dann seinen Geist aufgab.

Kai sah mich anerkennend an. „Also manchmal sind deine Einfälle gar nicht so schlecht. Und jetzt zieht euch was an, wir fahren los.“ „Wie, wohin?“ „Reita hat mal was von seinen Verwandten auf dem Land erzählt, die wohnen in der Nähe von Yubari, also fahren wir hin und holen ihn.“
 

Wieso musste ich nur so verdammt unternehmungslustige Kollegen haben? Ich hätte den ganzen Tag im Bett verbringen können! Mit Aoi natürlich.

Leider mussten wir uns also anziehen, währen Kai es irgendwie schaffte, Uruha aus seiner Zimmerfestung zu bugsieren und ihn mehr oder weniger von dem Vorhaben zu überzeugen. Wahrscheinlich mit roher Gewalt.

Während wir dann durch die immer noch kalten Straßen stapften, über die ich mich auch unablässig beschwerte, kam mir auf einmal ein Gedanke: „Hey, warum fahren wir eigentlich nicht mit dem Auto?“
 

Ruckartig blieb Kai stehen und drehte sich zu mir um. „Ja, natürlich. Wir fahren mit dem Auto. Am besten du, falls du eine Ahnung hast, wo dieses SCHEISSKAFF LIEGT!“ Ich guckte erst mal eingeschüchtert, lieferte aber als wir weitergingen eine nahezu perfekt Kai-Imitation ab, die Aoi zu einem spontan Kicheranfall animierte. Na wenigstens etwas.

Ein paar Minuten später saßen wir alle in einem äußerst komfortablen Zugabteil. Nur um Missverständnisse auszuschließen, das war selbstverständlich ironisch gemeint. Ich versuchte neben Aoi in eine möglichst gemütliche (das heißt, wenig schmerzhafte) Position zu rutschen und beobachtete die Zugbegleitern, die verzweifelt versuchte mehrere Tassen Kaffee sowie einen Tomatensaft ohne größere Katastrophen auf einem Tablett zu balancieren.

Sie scheiterte dann endgültig als ein verwöhntes Blag seiner überforderten Mutter entwischte und sich boshaft als Stolperstein vor ihre Füße warf. Bis auf diesen erheiternden Vorfall geschah jedoch nichts weiter. Absolut nichts. Mann, war das langweilig.
 

Ruckartig erwachte ich, weil der Zug mit kreischenden Bremsen langsamer wurde und in einen ziemlich öden Bahnhof einfuhr. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass Aoi mich mit einem seltsamen, äußerst schwer zu deutenden Gesichtsausdruck anschaute. „Was ist los?“ Er guckte weiter. „Du hast mir auf die Schulter gesabbert.“ „Oh.“

Auf einmal musste er sich das Lachen verkneifen. „Die Frau mit dem Kind da drüben hat uns die ganze Zeit total angewidert angestarrt.“ „So?“ Die Zeit war gekommen, die Zugbegleiterin zu rächen. Ich versicherte mich, dass wir die volle Aufmerksamkeit dieser Spannerin hatten und leckte mich dann extrem erotisch an Aois Hals hoch.
 

Sie hätte nicht schockierter gucken können, wenn ihr auf einmal Mana mit dem Hintern ins Gesicht gesprungen wäre. Nur gut, dass Kai und Uruha mit dem Rücken zu uns saßen.

Inzwischen hatte der Zug vollends angehalten, also beeilten wir uns auszusteigen, aber natürlich fuhr ich mir extra für die Frau noch mal lasziv mit der Zunge über die Lippen. Hehe. Draußen konnte mir Aoi noch schnell unauffällig etwas zuflüstern: „Du bist komplett wahnsinnig, weißt du das?“ „Als ob du das nicht vorher gewusst hättest…“ gab ich ihm grinsend zurück.
 

Bald sollte mir das Grinsen allerdings vergehen. Kai war sich sicher, dass Reitas Aufenthaltsort sich „irgendwo da in den Hügeln“ befinden musste, also durchquerten wir das fast ausgestorbene Rentnerheim, das diese seltsame Stadt darstellte. Gefühlte Jahre später stellte sich heraus, dass die Hügel keineswegs Hügel waren, sondern verdammte Viertausender! Naja, also sie hatten definitiv Bergcharakter.

„Ich hab keine Lust mehr auf die Scheiße“ jammerte ich, als wir uns mal wieder durch ein fast vertikales, knöcheltiefes Schlammgelände kämpften. „Lang wird’s ja nicht mehr dauern“ versicherte Kai wenig glaubwürdig, „Hey guckt mal, da kommt jemand!“ Tatsächlich stampfte ein älterer Mann mit Bart, Latzhosen und Stiefeln auf uns zu.

„Entschuldigen sie-…“ „Jo hoscht mi, wos habtzn ia hernacher auf meim Foid zum sucha? Dasser mer net alldweil de Pflonzn nadrambelt! Wie schaugtza ibrahaupt aus?!“ „Öhm…“ „Jo zerscht frech daherspringa un hernacher bringatz des Maul it auf! Etz kimmts weg da un lassts ma arme Buadabiera in Rua.“
 

Er packte Kai und Uruha am Oberarm und zog sie vom Schlamm auf eine recht spärliche Grasfläche, Aoi und ich trotteten vorsichtshalber hinterher. „Etza, wos woitz ia?“ Da die anderen von dieser beeindruckenden Erscheinung anscheinend immer noch wie gelähmt waren, ergriff ich das Wort. „Wir suchen einen Daichi… öh… weiß einer wie der Typ mit Familiennamen heißt?“ Kollektives Kopfschütteln.

Ja wunderbar. „Naja, also wir suchen einen, der hier wohnt und heute Morgen Besuch gekriegt hat.“ Der Mann guckte misstrauisch: „Was fir ean Bsuch?“ „Von so nem blonden Mann, der hot ka Nosn, ähm, ich meine, der hat keine Nase, also, der hat son Band im Gesicht.“

Der Mann fuhr fort zu gucken. „Kam wahrscheinlich mit einem viel zu protzigen Auto angefahren…“ „I ho hia ka Auto it gseng.“
 

Bevor ich ausrasten konnte, begann es aus heiterem Himmel loszuregnen und in nicht all zu großer Entfernung konnte man einen ziemlich lauten Donner hören. „Oi, kimmts vom Foid weg, odr woitza vom Blitz derschlong wern?“ Diesmal packte er mich und Kai beim Kragen und zerrte uns über die Bergkuppe, auf deren anderer Seite sich ein kleiner Bauernhof befand, auf den er jetzt zuraste.
 

Uruha und Aoi hoppelten im wahrsten Sinne des Wortes (da lagen jede Menge große Steine) hinter uns her, und so schubste uns dann der Bauer allesamt uns sein Haus und schlug die Tür hinter sich zu. „Do hobtza Glick gheit, dasser mi droffa habtz. D‘ Gwitter in de Berng san mordsgfährlich!“

Dann wandte er sich mir zu: „Des ko gor it sei, dass ahier eina a Bsuch ghett hot. Woi I bin der Oizigschte der wo hier in de Berg woahna duat.“ Ich versuchte, mich zusammenzureißen und drehte mich ganz langsam zu Kai um. „Hey, ich bin mir ganz sicher, dass er gesagt hat, dass es hier irgendwo liegt…“
 

„Hier irgendwo…hier irgendwo“. Bedrohlich ging ich auf ihn zu, als Aoi sich einmischte. „Ähm, Leute ich hab Hunger.“ Sofort überprüften wir alle den Zustand unserer Mägen und stellten fest, dass diese allesamt ziemlich leer waren. Also opferte ich mich. „Also… hm… haben sie vielleicht was zu essen da?!“ „Jo freili.“

Er verschwand in der Küche, woraufhin wir alle erleichtert waren. Essen schien wirklich ne gute Idee zu sein, außerdem war der Typ einfach komisch. Kurze Zeit später kehrte er mit fünf Schüsseln zurück, die er auf den Tisch stellte und guckte einladend.

Also ließen wir uns auf den relativ wackligen Stühlen nieder und betrachteten das Dargereichte. Und das ausgiebig, denn es war undefinierbar, eine Menge von unterschiedlich großen, leicht gräulich gefärbten Stückchen in einer dünnen Soße. „Ah… wunderbar… was ist denn das?“ „Des san Heidschnuckn mit Knödel.“ „Oh. Lecker.“
 

Ich hatte keine Ahnung, was das denn nun sein sollte, aber ich war verdammt hungrig, also begann ich zu essen und die Anderen taten es mir nach. Der erste Bissen war ganz in Ordnung, schmeckte eigentlich nach nichts. Nach Dachpappe vielleicht. Aber der Zweite schmeckte eindeutig nach… Fell?!

Da ich dem Mann nicht auf den Tisch kotzen wollte, würgte ich den Brocken mühsam hinunter. Leider blieb das nicht das einzige Mal, dass ich einem Fleischstück samt Fell begegnete und den Anderen schien es genau so zu gehen, denn sie guckten immer gequälter. Einzig der Bauer aß mit Appetit.
 

Irgendwann hatten wir uns das Teufelszeug reingestopft und Kai erhob sich: „Also, wirklich vielen dank für das Essen, hat wirklich … geschmeckt, aber jetzt müssen wir dann wieder.“

„Jo bischt narrisch? Des duat imma no stürma und is au scho allweil dunkel gworn! Wenns störba wiust, da kannst glei vom Gipfi nunta juckn!“

Das klang vernünftig, denn draußen reagierte sich das Wetter immer noch ab. Das war bestimmt die Rache für meinen CO2 Ausstoß. Aber was jetzt?
 

Der Alte schien überhaupt kein Problem zu sehen, denn er stand ganz ruhig auf, kramte aus einer Truhe ein paar Wolldecken hervor, drückte sie uns in die Hand und winkte uns ihm zu folgen. „Aufi!“ Also stolperten wir hinter ihm durch sein dämmrig beleuchtetes Haus, bis er vor einer Holztür stehen blieb.

„So, fir heit Nacht könntza eich in de Schupfa neiflacka.“ Damit öffnete er die Tür, schubste uns in den finsteren Raum und Schloss sie sofort wieder hinter uns.

„Schupfa, was ist-…“. Ich konnte nicht zu Ende fragen, denn auf einmal bewegte sich irgendwas Großes und ich machte einen Satz, wobei ich Uruha umriss und wir beide im Stroh landeten. Stroh?

Plötzlich hörte ich Aoi beinahe hysterisch lachen: „Das ist hahaha… das ist… das ist ein Kuhstall!“
 

Uruhas Schimpftiraden möchte ich hier aus Jugendschutzgründen nicht wiedergeben, aber man kann mir glauben, sie war denkwürdig. Schließlich fügten wir uns in unser Schicksal und so kommt es, dass ich im Licht einer vor Kurzem aufgetriebenen Ölfunzel diese Zeilen schreibe. Also, ich hab ein Bett im Heu ja noch nie für romantisch gehalten, aber vielleicht wird mir ja jetzt das Gegenteil bewiesen. Gute Nacht.
 

Ps.: Ich hab Stroh in der Unterhose. Das piekt.
 

PPs.: Reita, wenn ich dich finde, bring ich dich um.



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