Also doch Bruchtal
Kapitel Neun: Also doch Bruchtal
Nach weiteren unschönen Begegnungen, die vor allem Frodo übel mitspielten, gelangte die Gruppe um Aragorn endlich nach Bruchtal. Besonders Sam war aufgeregt, weil er doch unbedingt Elben sehen wollte! Seine ‚Schwester’ hingegen hatte nur ein einziges Ziel: zu Frodo zu kommen und sicherzugehen, dass es ihm gut ging.
‚Sterben kann er nicht. Sonst verliert ja alles seinen Sinn!’, betete Rosalie sich immer wieder vor. Trotzdem machte sie sich einfach unglaubliche Sorgen. Sophia bemerkte das natürlich. Um die Freundin zu trösten legte sie ihr einen Arm um die Schulter, was allerdings ziemlich seltsam war, da Rosalie ja nun Hobbitgröße hatte, Sophia aber nicht. Dennoch war die zierliche Verehrerin Frodos dankbar für die Anteilnahme. Auch Odette und Lucia tat es weh, Rosalie so zu sehen. Doch sie waren ebenso damit beschäftigt, Pippin und Merry näher zu kommen, was sich im Falle Pippins als etwas Schwieriger herausstellte, als geplant. Zwar war der junge Tuk frech wie Oscar und ein kleiner Draufgänger, doch wenn es um Gefühle ging, war er merkwürdig schüchtern. Das frustrierte Odette ungemein, die keine solche Hemmungen kannte, eben allein deshalb, weil sie wusste, dass sie, auch wenn Pippin sie abweisen sollte, immer noch einen Mann abbekäme. Sie sah dieses ganze Liebeszeug ziemlich locker. Und damit war sie die Einzige in der Gruppe, die Herzschmerz leicht wegsteckte. Was aber auch daran liegen konnte, dass Odette niemals ernsthaft verliebt gewesen war. Anderes erging es da Lucia. Sie verstand sich prächtig mit Merry. Und eben weil sie etwas leiser und sensibler war als ihre beste Freundin, merkte sie einfach, dass zwischen ihr und Merry definitiv etwas war. Dass sie beide dasselbe füreinander empfanden. Es bedurfte keiner großen Worte. Für Lucia war es ohnehin noch zu früh, um an eine ernsthafte Verbindung mit ihrem Traumprinzen zu denken. Lieber neckte sie ihn ein wenig und ließ sich von ihm viel über die Brandybock- Ländereien erzählen.
Kaum, dass die vier Mädchen mit ihren Gefährten Bruchtal erreicht hatten, hörten sie einen lauten Aufschrei.
„Mädels!“
Die Vier wandte sich um. Kiana kam auf sie zugestürzt und drückte jede von ihnen derart fest, dass ihnen die Luft wegblieb.
„Ich bin SO froh, euch zu sehen! Les ist auch hier, aber von Diana und Meggi keine Spur...“, sprudelte Kiana heraus, sah sich kurz verstohlen um und verkündete dann: „Ihr glaubt ja gar nicht, was für ein arroganter aufgeblasener Sack dieser Boromir ist!“
Die vier Anderen prusteten los. Bis auf Kiana hatten das alle schon vor langer Zeit geschnallt. Aber Kianas Schwärmerei für den Truchsessensohn war eben rosarot gewesen, wie in diesen amerikanischen Teenie- Filmen.
„Hast du das auch endlich begriffen?“, kam es lautstark von Odette, „Jeder weiß doch, dass Boromir ein aufgeblasener, egoistischer, narzisstischer, chauvinistischer, verwöhnter Fürstensohn ist!“
„Ach, ist das so?“, erklang es kühl hinter dem überschwänglichen Mädchen.
Odette drehte sich langsam, ganz langsam um und wurde kreidebleich.
„Verdammte Scheiße!“, entfuhr es ihr.
Boromir von Gondor stand ihr genau gegenüber und musterte sie mit eisigem Blick. Kiana, die schräg neben Odette stand, wurde leuchtendrot vor Scham und wäre am Liebsten im Erdboden versunken. Sie schluckte.
Jetzt aber trat Lucia hervor, die um Einiges mehr an Taktgefühl hatte, als Odette.
„Nehmt es ihr nicht übel, aber sie kann sich mit unpassenden Kommentaren nie zurückhalten. Wir sagen immer, dass sie in eine Kompanie Straßenräuber gehört mit ihrer frechen Art.“
Boromir blieb weiterhin ungnädig. Er ließ sich doch nicht von so einer halben Portion beleidigen!
Bevor die Situation eskalieren konnte, tauchte Lesly auf. Sie trug ein atemberaubendes Gewand aus blauem Samt, das sie außerordentlich gut kleidete. Ihre langen braunen Haare waren zu einem lockeren Zopf geflochten und fielen ihr über die linke Schulter. Mit einem breiten Lächeln trat sie zu den Mädchen.
„Ich freue mich so, euch zu sehen!“, sagte sie glücklich, zog Kiana an sich und drückte sie, obwohl diese ja schon etwas länger in Bruchtal weilte.
Boromir verzog sich beleidigt und überließ die Mädchen sich selbst. Auch die drei Hobbits und Aragorn waren längst verschwunden. Sam war so gleich an Frodos Bett geeilt, kurze Zeit später gefolgt von Rosalie, die es kaum noch ausgehalten hatte.