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wicked

der dunkle Pfad zur Unsterblichkeit
von

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Das Zeichen

Um ihn herum war alles undurchschaubar weiß, nahezu milchig. So als sähe man durch eine getönte Scheibe. Die Bewegungen um ihn herum konnte er nur erahnen und Tom fragte sich, wo er war. Eigentlich sollte er ganz woanders sein, das wusste er. Der Schwarzhaarige hatte nur vergessen an welchem Ort. Stimmen brachen über ihm zusammen. Er konnte sie nicht zu ordnen und je weiter er in die Leere hinein wanderte, denn er hatte zu Gehen begonnen, umso unwirklicher war ihm diese Gegenwart.

Seine Hände ruhten gelassen in den Hosentaschen seiner Stoffhose, den obersten Knopf seines Hemdkragens hatte Riddle offen gelassen, denn er beengte ihn.

Plötzlich blieb er wie vom Donner gerührt stehen, als er bemerkte, dass sich seine Umgebung vor ihm zu fokussieren begann. Ein Kern aus unendlicher Dunkelheit tauchte am imaginären Horizont auf und im nächsten Augenblick stieß eine Säule aus purem Pech daraus herab, dass der Schwarzmagier gezwungen war, sich davon abzuwenden, die Arme schützend vor das Gesicht erhoben. Sein Haar wirbelte wild darunter auf, verlor seine Tolle und seinen Scheitel, verteilte sich fransig auf seinem Kopf. Sobald sich der Nebel lichtete und seinen Augen wieder die Gelegenheit besaßen etwas zu sehen, erblickte er unmittelbar vor sich eine Gestalt, die ihm ungewöhnlich vertraut vor kam.
 

Tom kniff die Augenwinkel zusammen, maß den Fremden, der begonnen hatte auf ihn zu zugehen. Und je näher er kam, umso tiefer sank Riddles Herz bei dem Anblick des Mannes, wurden seine Finger klammer vor Kälte. Er bemerkte nicht, wie sie zu zittern begonnen hatten.

Lord Voldemort.

Die Fratze wirkte selbstsicher und erhaben. Sie lachte ihn kalt und grausam an und ging schließlich in eine tiefe, spöttische Verbeugung. Tom wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. War das er? War das seine Zukunft, die er sich ausgesucht hatte? Ihm kam es vor, als stecke er in einer Amnesie. Geistesabwesend griff er sich ins Gesicht, tastete seinen Körper ab, um heraus zu finden was Wahrheit war und was gelogen. Doch er spürte keine Veränderung. Dort waren sein volles schwarzes Haar, seine weiche Haut, seine Nase. Unsicher blinzelte er seinem vermeidlichen Spiegelbild entgegen. Selbiges blinzelte zurück und noch ehe er sich versah, breitete es die Arme aus und stürzte sich auf ihn, riss dabei Mund und Augen auf.

Tom schrie vor Überwältigung und stolperte, fiel rücklings zu Boden. Er kauerte sich in sich zusammen, konnte seine Angst vor sich selbst nicht mehr vergeben.

Er fühlte sich gejagt.
 

Die Kerze auf seinem Schreibtisch erlosch mit einem leisen Zischen und Voldemort hob schockiert, atemlos die vor Müdigkeit trägen Lider. Seine Brust hob und sank mit Raserei und in seinen Ohren pfiff es laut und unnachgiebig, dass er davon Kopfschmerzen bekam. Die Arme orientierungslos über den Schreibtisch gleiten lassend, fielen Bücher und Blätter durch die abrupte Bewegung, seitens desselben, polternd zu Boden. Der Schwarzmagier war über seinen weiteren Studien und Plänen eingeschlafen.

Ein widerlicher Geschmack hatte sich in seinem Mund festgesetzt und die Zunge über die aufgesprungenen und rauen Lippen gleiten lassend, schauderte er angewidert. Was war das für ein Traum? War es überhaupt einer gewesen? Ein Blick auf seine ausgemergelten Hände bestätigte: Es war. Es hatte sich nichts verändert. Er hatte sich nur noch einmal selbst vor Augen geführt, was er mit sich angerichtet hatte, um sein Ziel zu erreichen. Und er hatte es immerhin erreicht, oder nicht? Er war nun unsterblich, ein Meister auf dem Gebiet der schwarzen Magie. Keiner beherrschte den Zauberstab so geschickt wie er. Niemand würde sich gegen ihn auflehnen können.

Tom lehnte sich in seinem Stuhl zurück, dann unterdrückte er ein Gähnen und erhob sich in einer galanten Bewegung, um seine Räumlichkeiten zu verlassen. Er war mit dem Einrichten seiner neuen Bleibe noch lange nicht fertig. Das Mobiliar, das er sich die letzten zwei Tage aus allen Winkeln seiner Umgebung zusammen gekratzt hatte, stand kreuz und quer in dem kleinen, zweistöckigen Haus und versperrte ihm teilweise sogar die Sicht. Es ärgerte Riddle, dass sein Zauber nicht so gut funktioniert hatte, wie anfänglich angenommen. Wobei er es als genial einstufte, Gegenstände in Raben zu verwandeln, die er wie dressierte Papageien dort hin befehligen konnte, wo er sie haben wollte. Wenn das mit allen Kreaturen dieser Welt so einfach wäre, müsste er sich keine Gedanken über politische Maßnahmen machen.
 

Sich an einem mannshohen Bücherregal vorbei zwängend, trat der hoch Gewachsene mit hängenden Schultern die morsche Treppe hinab ins Erdgeschoß. Mittlerweile drang ein wenig Licht in die Dunkelheit. Tom hatte die vorgeschlagenen Holzbretter entfernt, damit das winterliche Tageslicht zumindest eine Chance bekam, durch die dreckigen und kaputten Fensterscheiben zu leuchten.

Er mochte die totale Finsternis nicht. Sie beunruhigte und verängstigte ihn sogar. Denn im Dunkeln lauerten die meisten Gefahren, das hatte er schon im Kindesalter gelernt. Und obgleich er sich auf sie verließ, sein Vertrauen schenkte er ihr mit Sicherheit kein weiteres Mal. Tarnzauber sorgten nun dafür, dass er ungestört seiner Arbeit nachgehen konnte. Niemand, der außerhalb des Hauses der Gaunts stand, vermutete darin so eine Art von Leben – oder eher eine Existenz. Und schon gar keine Magie.

Tom versteifte sich auf seine Annahme, dass Muggel gar nicht an Magie glaubten. Wenn man in ihrer Welt Ähnliches von sich behauptete, wurde man sofort in eine Zwangsjacke gesteckt und hinter Schloss und Riegel zu solchen gesperrt, die meinten Elvis Presley oder Gott zu sein.

Allein die Vorstellung, mit solchen Menschen in eine Zelle gepfercht zu werden, erzeugte auf seinem kahlen Körper sowas wie eine Gänsehaut. Es war einfach grotesk.
 

Mit ausgreifenden Schritten durchquerte Voldemort die winzigen Räume seiner Bleibe. In einem, der einer Küche gar nicht so unähnlich war, hielt er inne und suchte für einen Sekundenbruchteil fieberhaft nach einer Tasse. Der Schwarzmagier erinnerte sich gut daran, wo er sie platziert hatte. Umso mehr verstimmte es ihn, als er feststellte, dass sie fehlte.

Ratlos suchte sein Blick die verschmutzte Küchenablage und den Boden ab. Lediglich das Kreischen einer Eule lenkte seine Aufmerksamkeit aus dem weniger sauberen Fenster und seine Mimik hellte sich, für seine Verhältnisse, abrupt zufrieden auf. Einmal mehr ein ausgeklügelter Schachzug, der sich endlich bestätigte: im Verborgenen bleiben und alles erfahren, was er als wichtig erachtete.

Nachdem er am vergangenen Tag das Mobilar besorgt hatte, fing er eine der Posteulen mit einem Verwirrungszauber ab, die er bereits mehrmals über sein Haus hatte fliegen sehen. Den Tagespropheten zu abonnieren wäre unmöglich gewesen. Also beschloss er, dass eine andere Familie künftig für ihn bürgen würde. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis der Schwindel auffiel, das war ihm klar. Aber es gab ja noch andere Postwege…
 

Der dunkelbraune Kauz flatterte mit weit ausgebreiteten Flügeln an das Küchenfenster, landete grazil auf der Fensterbank und piekte mit seinem mit der Zeitung gefüllten Schnabel gegen die Scheibe. Tom war mit einem Mal daran, das Fenster zu öffnen und seiner vermeidliche Post entgegen zu nehmen. Bezahlen tat er das Tier nicht, was es mit einem recht boshaften Blick kommentierte, ehe es sich abwandte und den Rückweg antrat. Die Abonnenten erhielten auf kurz oder lang gewiss eine saftige Rechnung der Redaktion. Aber das spielte für ihn keine Rolle.

Abwendend entfaltete der Schwarzmagier den Propheten und wurde sofort von einem Schnappschuss erschlagen, der ihm die Fältchen auf die Stirn trieb. Langsam stieg ihm feuriges Rot in die Augen, das seine Wut ankündigte. Seine Lippen kräuselten sich wild und seine Finger klammerten sich an das Papier, bis es hilfeschreiend darunter raschelte. Riddles Augenmerk stahl sich boshaft leuchtend über den Rand der Zeitung. Dann warf er sie zornig beiseite, stürmte aus der Küche, durch den Eingangsbereich hinaus auf die verschneite Straße. Den Zauberstab zückend, richtete er ihn gen Horizont. Seine Stimme hallte teuflisch an den Wänden wider: „Morsmordre!"



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