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wicked

der dunkle Pfad zur Unsterblichkeit
von

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Am Rande des Wahnsinns

„Ich hasse dich", erklärte seine Stimme gleichgültig dem sich entgegen stierenden Spiegelbild. „Du bist hässlich" Und so unwirsch war diese Selbsterkenntnis gar nicht. Denn war die Gestalt vor dem Spiegel deutlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Ihre Haare waren stark ergraut. Die Haut war pergamentfarben, milchig und rissig – sie spannte, das Augenlicht wirkte trüb, aber die Iris funkelte unentwegt in einem dunklen Rot – Eiter trat aus den Augenwinkeln hervor und auf dem Linken erkannte Riddle seine Umgebung nur mehr in Schwarz und Weiß. Außerdem hatte sich die Pupille dort zurückgebildet und starrte in einem teilnahmslosen Schlitz vor sich her. Aber das Eindringlichste, was dem Schwarzmagier auffiel, betrachtete er sich weiterhin sehr aufmerksam, war seine deformierte Nase, die einst fast attraktiv über einem schwungvoll gewundenen Mund gelegen hatte. Jetzt fehlte ein Stück der Spitze und über ihren Rücken begann sich ebenfalls die Haut zu lösen. Alles in allem war Tom Riddle alles andere als hübsch – er war entstellt. Der Körper verfaulte.

Sein Arm erhob sich langsam, sodass die Phiole in seinen klammen Fingern die Augenhöhe fand. Er schwang sie gemächlich, wie ein Beil, dass sich die Flüßigkeit darin der Bewegung anpasste. Sie funkelte Violett im matten Kerzenlicht und war das Letzte, was er benötigte, um die totale Unsterblichkeit zu erlangen. Den Korken über den Flaschenhals drückend, wandte sich der hoch Gewachsene vom Spiegel ab und dem sich windenden Reptil zu.

Nagini schien zu schweben, gefangen in einer Art gläsernen Gefängnis und in einer guten Höhe, um sie problemlos erreichen zu können. Mehrmals hatte Voldemort Worte der Entschuldigung gegenüber seiner treuesten Freundin walten lassen. Doch war die Bedeutung derselben nicht stark genug, ihn von seinem Wahnsinn abhalten zu können. Ein schwacher Luftzug streifte seine Wange und zauberte eine Art Lächeln auf sein Gesicht, grausam und voller Willenskraft, das seine Augen nicht erreichte. „Keine Angst, es wird nicht weh tun – dir nicht. Du wirst nichts spüren."

Das Rascheln naheliegender Buchseiten versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch Voldemort hatte nur eines im Sinn: Dieses Experiment so schnell wie möglich zu beenden, endlich sein Ziel zu erreichen und diese unsäglichen Schmerzen, die seinen kranken Körper in die Knie zwangen, ein für alle Mal los zu werden, denn sie raubten ihm nach und nach den Verstand.

Und ohne einen weiteren Moment aufzuschieben, trank er aus dem Fläschchen und schluckte die widerliche Flüssigkeit – die einem Gift gar nicht so unähnlich war - mit einem Satz hinunter. Nur einen Sekundenbruchteil später fiel das Glas zu Boden und der Schwarzmagier begann sich unter dem flammenden Sog in seinem Innersten quälend und röchelnd zusammen zu krümmen.

Und er schrie. Toms Stimme hallte an den Wänden wider, bis sie krächzend erstarb, weil die Bänder in seinem Hals unter dem Druck zu reißen drohten. Nagini schlängelte wild in ihrem Gefängnis, nicht verstehend, was mit ihrem Herren passierte, was dort für eine Magie im Gange war.
 

Die wenigen Kerzen, die achtlos auf andere Kerzenleichen gestellt worden waren, erloschen abrupt und bargen die spärliche Räumlichkeit in vollkommener Dunkelheit.

Ein Körper sackte hörbar zu Boden, Knochen paarten sich dumpf mit Holz und Scherben; ein grässliches Schleifen von Knochen, die über Holz gezerrt wurden, ertönte, dann ein Jappsen. Und kurz darauf rankten sich ein paar Arme um den grazilen Hals der schwebenden Schlange, um ihren magischen Schutz zu zerstören und das Reptil mit sich zu reißen, an seine Brust zu drücken, dass das Seelenstück, das so finster war wie die Schwärze des Zimmers selbst Einzug halten konnte in den Leib, der künftig darauf Acht geben sollte.

Ein Hauch von Bewusstlosigkeit legte sich über Riddles Geist und zwang ihn, seinem geschwächten Selbst nachzugeben. Eine seltsame Leere breitete sich in ihm aus, von der er nicht wusste, ob sie die natürliche Folge seines Experimentes darstellte oder schon immer da gewesen war. Keinerlei Gefühl, nicht einmal der Hauch von Triumph regte sich in der Hülle, die er vor kurzem noch Körper genannt hatte – war er tot? Sollten seine Mühen umsonst gewesen sein? Seine Muskeln waren schwer, so schwer, dass Voldemort ihre Anwesenheit nicht wahrnahm. Wenn etwas schief gelaufen war, wenn er doch nicht im Stande gewesen sein sollte, diesen Horcrux zu erschaffen?

Es war nicht die Einsamkeit, hier allein und unfähig zu liegen, die in ihm etwas auslöste, was Angst gar nicht so unähnlich, nur mit dem Wort Gefühl nicht mehr beschreibbar war. Sondern die Panik, etwas falsch gemacht zu haben. Schließlich beging er – Lord Voldemort – kaum einen Fehler und schon gar keinen so riskanten. Es würde alles laufen wie geplant, er musste sich nur von dieser Strapaze erholen; das war alles.
 

Naginis Leib war schwer und drohte ihm allmählich den Atem zu rauben. Die Boa musterte ihn lange, sagte aber nichts und entglitt, nachdem sie sah – spürte – dass er den Weg in die Gegenwart fand, seinem klammernden Griff, der an ein Kleinkind erinnerte, dass sich an einem Stofftier festhielt. Durch die geschlossenen Fensterläden versuchten Mond- und Laternenlicht zu dringen und die Räumlichkeit zumindest etwas zu erhellen. Tom registrierte diesen Lichtschein, als seine Augenlider flatterten. Die Finsternis weckte einen Anflug von Unbehagen; das brüchige Holz regte sich hörbar zu seinem schwächlichen Versuch, sich in eine sitzende Position aufzurichten. Die Scherben der zerbrochenen Phiole bohrten sich nahezu spöttisch in seine Handflächen, dass seine Augenwinkel darunter kurz schmerzverzerrt erzitterten. Kaum, da sein Oberkörper daran war, erneut rücklings zu kippen, half Nagini stützend aus, kroch über seinen Rücken, zu seiner Schulter und hauchte etwas, was Riddle auf Anhieb nicht verstand.
 

Voldemorts Stimme klang fremd in seinen Ohren, als er sie wiederfand. Viel zu hoch und rau, und er stockte kurz in seinem Satz deswegen: „Es ... muss funktioniert haben."

Unweigerlich erhob er seine Hände, um sich mit den verletzten Flächen derselben fahrig über das Gesicht zu streichen. Er fügte sich dabei unweigerlich Schürfwunden zu von denen er wusste, dass sie mit einem einfachen Zauber heilbar waren.

Und als er auf Anhieb keine Veränderung an sich feststellen konnte, drehte sich sein Handgelenk und erzeugte eine kleine und unscheinbare Flamme die unabhängig des Meisters zu den Kerzen schwebte, um sie von Neuem zu entfachen. Ohne auf Naginis Hilfestellung zu achten, stemmte sich die hoch gewachsene Gestalt mühsam auf die Beine zurück. Taumelnd, kämpfte Tom um sein Gleichgewicht und erstarrte jäh, als ein feiner und feuchter Faden über seine Lippen rann und ein Tropfen Blut die Stelle vor sich markierte, auf der er gerade noch gelegen hatte.

Aus einem Reflex fasste sich der Schwarzmagier erneut in das Gesicht, zog seine Finger jedoch abrupt zurück als hätte er sich bei der Berührung verbrannt. Dort regte sich etwas, was anatomisch vollkommen unmöglich schien. Sie wackelte wie ein loser Zahn – tat nicht weh, aber aus den Nasenlöchern traten weitere Blutrinsale, sogen sich in seine trockene Haut, benässten gleichsam seine gedörrten Lippen.

Tom stockte der Atem vor Entsetzen. Dann überwand er sich und umschloss seinen Nasenrücken mit einem immerzu fester werdenden Griff.
 

Ein schnalzendes Geräusch von sich lösenden, kleinen Knöchlein erklang, bis er das Stück Fleisch ungläubig und stierend zugleich in seinen bebenden Händen hielt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  CharleyQueens
2013-04-28T15:08:53+00:00 28.04.2013 17:08
Huhu ^^
Hm, der Anfang klingt schon mal sehr interessant und macht eindeutig Lust auf mehr.
Wie du Toms Wandlungen beschreibst, wenn er einen Horkrux erschafft und dabei nicht nur Teile seiner Seele einbüßen muss sondern auch Teile seines Körpers, ist eine wundervoll passende Idee und dir wirklich gelungen. Und auch Toms Angst und Ungewissheit hast du vermitteln können und für einen kleinen Moment hatte ich doch so etwas wie Mitleid mit ihm. Denn was treibt einen Mann nur dazu, sich so verstümmeln zu lassen? Ich bin gespannt auf deine Antwort, die du in dieser Fanfic vermitteln willst und werde auf jeden Fall weiterlesen.
Grammatik und Rechtschreibung war übrigens auch top. Und dein Stil ist flüssig zu lesen und spannend aufgebaut. Ein wirklich gelungener Einstieg, der Lust auf mehr macht.

Liebe Schreibziehergrüße, Lilim ^^
Von: abgemeldet
2008-09-24T21:10:48+00:00 24.09.2008 23:10
geil du beschreibst echt genial was in tom vorgeht sehr gut und auch wahrscheinllich ein wenig schwieriger das alles zu ersinnen und aus JKs vorlage zu erarbeiten. ich els schnell weiter
Von: abgemeldet
2007-12-06T18:25:14+00:00 06.12.2007 19:25
wow..
mehr kann ich dazu einfach nicht sagen.
also erstmal glückwunsch zur idee^^
sowas hab ich ja noch nirgendswo gelesen. allein wie du am anfang sein aussehen beschreiben hast und was er über sich dachte.
vor allem du hast echt super beschrieben wie er eines seiner horcruxe erschaffen hat.
das ist ein thema an das sich so gut wie keiner rantraut, doch ich finde du hast es echt gut gelöst.
seine ungewissheit ob es funktioniert hat, die unglaublichen schmerzen und so.
da bleibt einem die sprache weg. vor allem wie du seine veränderungen beschreibst, die aufgrund der horcruxe entstehen. wie zb er jetzt seine nase verloren hat und sich seinen stimme verändert hat.
all das wird im buch ja nur angeschnitten, aber nie wirklich erklärt^^
ich finds toll dass du diese ff schreibst und ich werde auch sofort die nächsten kapitel lesen.
lg


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