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Misunderstanding

von

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Die Ankunft

Als das Taxi vor dem Gebäude hielt waren inzwischen fast 45 Minuten vergangen, da die „Anstalt“ ein ganzes Stück außerhalb der Stadt lag. Ich stieg aus und sah mich um. Nirgends war ein Mensch zu sehen…kein Ton war zu hören. Nur das große Gebäude ragte vor mir in den Himmel. Es schien schon einige Jahre hinter sich zu haben, denn die Wände waren rissig. //Irgendwie gleicht es einem Gefängnis… // dachte ich mir noch als ein ältere Mann aus dem Gebäude kam. Das Taxi hinter mir war inzwischen wieder weggefahren.

„Guten Tag Herr Suzuki..“ begrüßte mich der Mann.

„Hallo…“ antwortete ich daraufhin leise.

Der Ältere hielt mir seine Hand hin.

„Ich bin Herr Kawazaki. Und werde sie in den nächsten Wochen betreuen.“

Ich gab ihm die Hand und schwieg. Daraufhin begaben wir uns in das Gebäude. Ich sah mich skeptisch um, überall liefen seltsame Leute rum. Von Anfang an war mir diese Anstalt unheimlich…

Herr Kawazaki lief voraus und ich folgte ihm. Auf dem Weg fragte ich, ob es hier Einzelzimmer gäbe, was er mit einem „Nein“ beantwortete.

Als wir schließlich bei dem Zimmer angekommen waren, was wohl meins sein sollte, sah ich Herrn Kawazaki an. Er öffnete die Tür und ging zur Seite sodass ich in das Zimmer gehen konnte. Kaum war ich drin, sah ich auf einem 2. Bett, was sich darin befand, einen jungen Mann liegen der in einer Zeitschrift blätterte. Als er mich jedoch bemerkte legte er diese zur Seite und sah auf.

„Hallo.“ Sagte er freundlich und lächelte. Er stand auf und kam zu mir, um mir die Hand zu geben.

„Hi…“ meinte ich nur und gab ihm die Hand.

„Ich bin Aoi...und du?“

Ich wunderte mich etwas, wie nett er war…und im selben Moment fragte ich mich warum er wohl hier sei.

„Du kannst mich Reita nennen…“ sagte ich und sah ihn an.

„Okay...Reita.“ lächelte Aoi.

Wenige Sekunden später verließ Herr Kawazaki das Zimmer auch schon wieder mit den Worten: „Um 7 Uhr gibt es Abendessen, im großen Saal.“

Ihm nachsehend dachte ich wieder an Uruha und wie sehr ich ihn jetzt schon vermisste.

Immer wieder schwirrten Fragen in meinem Kopf umher, auf die ich keine Antwort wusste…
 

„Willst du nicht mal deine Tasche abstellen?“ riss mich die Stimme von meinem zukünftigen Zimmergenossen aus den Gedanken. Ich schaute auf.

„Ja…“ meinte ich nur und stellt die Tasche vorerst vor dem freien Bett ab. Im Allgemeinen war das Zimmer ja schon gemütlich. Die Wände waren in einem hellen Gelb gestrichen und es hing ein Bild an einer der Wände. Eine schöne Landschaft war darauf zu sehen. Unter dem Bild an der Wand standen ein Tisch, der grade für 2 Personen reichte, und 2 Stühle. Die beiden Betten standen ebenfalls an 2 Gegenüberliegenden Wänden und daneben jeweils ein kleiner Schrank. Über dem Bett, in dem ich schlafen würde befand sich ein Fenster, mit leicht transparenten, Orange farbenen Vorhängen. Still sah ich mir das Zimmer an.

„Darf ich fragen, warum du hier bist?“ wurde ich dann gefragt.

Ich sah zu Aoi.

„Hmm…“ machte ich leise. „Ich esse zu wenig…“ antwortete ich schließlich knapp.

„Ach, du auch?“ Wieder sah ich in das lächelnde Gesicht Aois.

„Wie?“

„Ich bin schon seid fast 2 Wochen hier, aus demselben Grund.“

„Meinst du das ernst?“ Ich war sichtlich überrascht, wusste selbst nicht so richtig warum.

„Ja. Ich hab erkannt das es so nicht weitergehen kann…und dann bin ich hierher.“ Sagte die doch etwas zierlich wirkende Gestalt vor mir. Erst jetzt betrachtete ich ihn mir so richtig. Er hatte etwas längere, schwarze Haare, einen schwarzen, spiralförmigen Unterlippen Piercing auf der rechten Seite. Ein schwarzes Shirt mit einem weißen Trival zierte seinen schmalen Oberkörper und dazu trug er eine etwas weitere, dunkle Jeans.
 

„Heißt das… bist von dir aus hierher gekommen?“ fragte ich dann,

„Richtig…mir sagt niemand was ich machen soll oder nicht, ich entscheide alles für mich allein…“

Ich sah wie sich für einen Moment ein leicht trauriges Lächeln auf seine Lippen schlich.

„Bist du etwas nicht freiwillig hier?“

„Naja…nicht…so ganz…“ murmelte ich.

„Wurdest du gezwungen?...Ach…was rede ich da…du musst mir nicht antworten…ich bin wieder zu neugierig…dabei kenne ich dich noch nicht mal richtig, entschuldige!“
 

Aoi war schon immer so neugierig gewesen. Schon seid Reita das Zimmer betreten hatte frage er sich, warum er wohl ein Verband, oder was es war, um die Nase trug. Hatte er sich verletzt? Oder trug er es immer? Jedoch war Reita ihm sofort sympathisch. Irgendwie löste seine Anwesenheit von Anfang an ein warmes Gefühl in ihm aus, was er nicht kannte. Er wollte ihn so viel fragen, doch er hielt sich zurück. Warum war er nicht freiwillig hier? Warum aß er so wenig? Hat ihn jemand gezwungen her zu kommen? Wenn ja, wer? Zu viele Fragen waren in Aois Kopf.

Die beiden jungen Männer unterhielten sich noch eine ganze Weile, bis Aoi nach fast 2 Stunden darauf hinwies das sie gleich in den großen Saal müssten, weil es dort essen gäbe. Jedoch verweigerte reita diese gleich, mit dem Argument, das er keinen Hunger hätte und das wenn er jetzt etwas essen würde, ihm wieder schlecht werden würde. Eigentlich stimme es ja auch…doch er verschwieg Aoi ja, das er seid dem Abend davor nichts zu sich genommen hatte. Schließlich machte sich Aoi aufgrund Reitas Ausreden alleine auf den Weg zum Abendessen. Aber Aoi hatte beschlossen, ihm zumindest was zum Essen mitzubringen. Auf dem Weg in den großen Saal dachte Aoi über Reita nach. Er war nett…aber auch mysteriös. Auf einer Seite war er aufgeschlossen und unterhielt sich gerne mit ihm, andererseits war er aber Still und schweigsam. Die ganze Zeit über zerbrach er sich den Kopf über seinen neuen Mitbewohner.

Als er schließlich wieder den Rückweg antrat, nachdem er gegessen hatte, bemerkte er, dass er etwas vergessen hatte. Schnell lief er noch einmal zurück um sich etwas von dem Essen einpacken zu lassen.

Wieder auf dem Rückweg verlässt ein leises Seufzen Aois Lippen da er sich mal wieder Gedanken über Reita macht. Warum denkt er denn auch so viel über ihn nach? Was hat Reita an sich, das ihn so beschäftigt? Er weiß es einfach nicht…

Am Zimmer angekommen klopfte er leise, bekam jedoch keine Antwort.

„Reita?“

Fragt er leise und öffnete schließlich die Tür einen Spalt. Also er sah, was mit Reita ist, ließ er alles fallen. Der junge Mann lag regungslos mitten in dem Zimmer.

“Reita? Was ist mit dir?!“ Sofort kniete er sich zu ihm und schlugt ihm sachte auf die Wange.

„Komm zu dir!“

Doch er zeigte noch immer keinerlei Regungen. Aoi sprang auf und lief aus dem Zimmer um einen Arzt zu holen. Wenig später fand er einen und bat ihn, mit auf ihr Zimmer zu kommen. Mit Aoi Hilfe hob der Arzt Reita auf das Bett und begann ihn zu untersuchen. Noch immer ziemlich geschockt sitzt Aoi auf seinem Bett und schaut zu Reita. Mit so was hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Seine Gefühle, seine Gedanken, alles überschlug sich auf einmal. Er bekam Kopfschmerzen. Tief durchatmend hielt er sich den Kopf und fragte dann den Arzt:

“Was ist nun mit ihm?“

Der Arzt sah sofort auf und meinte dass es ein Schwächeanfall gewesen wäre, er erwähnte auch, das Reita schon oft zusammen gebrochen wäre. Ein paar Minuten später kam Reita dann auch wieder zu sich, inzwischen war der Arzt gegangen. Aoi ging sofort zu ihm.

“Hey Reita. Geht es dir besser?“ fragte er gleich. Der noch völlig verwirrte Reita sah ihn an. „Was…?“ murmelte dieser leise und blinzelte ein paar Mal.

„Du bist umgekippt…der Arzt sagte das du das öfters hättest…“

Ein leichtes Nicken war seine Antwort.
 

Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Aoi saß die ganze Zeit an Reitas Bett und erzählte ihm Geschichten, mal waren sie wahr, mal dachte er sie sich nur aus. Er liebte es, Dinge zu erzählen und scheinbar hatte er bei Reita jemanden gefunden der ihm gern lauschte. Denn er lag die ganze Zeit im Bett und hörte den Geschichten zu, die Aoi erzählte. Doch irgendwann war Reita so müde geworden das er einschlief. Der Schwarzhaarige merkte es gleich und lächelte leicht. Er deckte den Schlafenden noch zu und begab sich dann ebenfalls ins Bad um sich umzuziehen.

Als er wiederkam wanderte sein Blick gleich zu Reitas Bett, wo dieser noch ruhig schlief. Aoi legte sich in sein Bett, er hatte bereits das große Licht gelöscht und nun brannte nur noch sein Nachttischlämpchen. Er kuschelte sich in seine Decke und knipste dann auch das kleine Licht aus.

Nun war es völlig dunkel in dem Zimmer und bald darauf war auch Aoi eingeschlafen.
 

Am nächsten Morgen war es wieder Aoi, der als erstes wach wurde. Er duschte, stylte sich und wusch sich dann. In der Zwischenzeit wurde auch Reita wach, mit höllischen Kopfschmerzen.

„Oh Fuck..“ hörte man nur ein leises Murmeln unter der Bettdecke. Kurz darauf kam auch Aoi wieder.

“Na, bist du wach? Wie geht es dir?“

Ein völlig verschlafender Reita zog die Decke über sich weg und sah den Schwarzhaarigen an.

„Kopfschmerzen…“ nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und zog sich die Decke erneut über den Kopf.

„Heißt das, du gehst wieder nicht mit runter oder geht es?“ fragte Aoi etwas unsicher.

Doch es war wie Aoi dachte, Reita wollte wieder nicht mit. Langsam begann er sich richtig Sorgen um seinen „Freund“, wenn man es so nennen konnte, zu machen. Reita wusste es nicht, aber Aoi hatte ihn in dieser kurzen Zeit schon richtig lieb gewonnen. Also ging er wieder allein in den großen Saal. Als ob er das nicht gewohnt war, aber seid Reita da war fühlte er sich irgendwie komisch, wenn er so allein durch die langen Gänge der Klinik lief.

Währenddessen saß Reita wieder allein im Zimmer und sah gedankenverloren aus dem Fenster.

//Uruha…//

Dachte er und wieder stiegen ihm Tränen in die Augen. Wie sehr er ihn doch vermisste. Er wünschte sich nichts mehr, als das er Uruha besuchen dürfte, oder das Uruha ihn einmal besuchen würde. Jeden Tag fragte er sich was Uruha wohl ohne ihn machte und ob es ihm ohne Reita besser gehen würde. Vielleicht hatte er einen oder eine Andere? Nein! Daran wollte er keine weiteren Gedanken verschenken. Er redete sich ein, das Uruha einfach eine Auszeit brauchen würde und das er ihn bald abholen kommen würde.
 

Als Aoi wieder zurückkam, fand er keinen Reita im Zimmer vor. Er trat ein und sah sich um. Niemand.

„Reita?“ fragte er leise, doch ohne Antwort. Ein Seufzen verließ Aois Lippen. Auf der Suche nach Reita lief Aoi die Gänge entlang, doch vorerst ohne Erfolg. Bis ihm etwas einfiel. Hatte Reita ihm nicht erzähl wie gerne er zum Nachdenken auf Dächer klettern würde? Sofort wurde ihm klar, wo er sein musste. Er lief geradewegs die Treppen des Gebäudes hinauf, bis er an der Tür angelangt war, die auf das Dach führte. Diese öffnete er. Und es war, wie er es sich gedacht hatte. Da saß Reita, allein auf dem Dach und beobachtete die Landschaft. Aoi trat zu ihm.

“Ich hab dich gesucht.“ Sagte er leise und setzt sich dann neben Reita.

„Ich hab mal etwas frische Luft gebraucht…“ meinte Reita gelassen.

Beide schwiegen sich einen Augenblick an.

„Sag mal Aoi…“ fing Reita dann nach einer Weile wieder an.

„Mh..?“

„Würdest du…mir bei etwas…helfen was mir…extrem viel bedeutet…?“

Aoi sah auf. Reitas Blick war entschlossen. Dann sah auch Reita auf, nun genau in Aois Augen.

„Weißt du…ich habe dir doch schon von Uruha erzählt…und…es gibt da was, was ich dir nicht gesagt habe…über ihn und mich…denn…wir sind seid ein paar Jahren zusammen.“

Von jetzt auf gleich wurde Aoi Kreidebleich im Gesicht. Er wusste nicht was ihn mehr schockte, ob es die Tatsache war das Reita ihm etwas nicht erzählt hatte, oder das Reita mit Uruha zusammen war. Auf einmal spürte er ein ungewohntes Stechen in der Brust und senkte den Blick.

Natürlich hatte Reita all dies beobachtet und riss ihn mit einem leisen „Alles okay?“ aus den Gedanken. Aoi nickte bloß stumm.

„Also….bei was soll ich dir helfen?“ brachte dieser schließlich mit einem fast schon gespielten Lächeln heraus. Zwar kaufte ihm Reita das nicht so ganz ab, aber er wollte ihn jetzt auch nicht weiter löchern. Wenn er es ihm nicht erzählen wollte, dann würde er ihn auch nicht dazu drängen.

„Nun ja…ich habe mir gedacht…dass ich eine Nacht von hier abhaue…ich…muss zu Uruha…und wenn es nur ein paar Stunden sind…“

„Und….ich soll dich irgendwie unbemerkt rausschleusen?“ beendete Aoi Reitas Satz und sah ihn wieder an. Jedoch erwiderte Reita dies mit einer für Aoi etwas überraschender Reaktion.

„Nein…“antwortete der Blonde. „Ich wollte dich eigentlich darum bitten, mit mir zu kommen…“

Aoi glaubte für einen Moment, nicht richtig zu hören und brauchte erstmal ein paar Sekunden um zu begreifen was Reita da von sich gegeben hatte.

„Du willst dass ich mitkomme? Und….und wenn man uns erwischt…?“

Reita senkte den Blick etwas enttäuscht. So etwas hatte er schon erwartet.

„Ich…kann auch alleine gehen…“ meinte er dann leise, man hörte die Enttäuschung aber auch etwas Angst aus seiner Stimme heraus.

„N..nein! Reita so meinte ich das doch nicht.“ Sofort machte sich Aoi Vorwürfe. „Ich meine, natürlich komme ich mit, gar keine Frage. Wenn du mich darum bittest, kann ich doch nicht einfach nein sagen…“

Wieder sah Reita auf. „Es soll nicht so klingen, also ob ich dich zwingen wolle…wenn du nicht möchtest, dann akzeptiere ich das.“

„Reita bitte, ich gehe wirklich gern mit!“

Aoi wusste, dass dieser Satz gelogen war und hoffte das Reita es nicht bemerkte. Eigentlich wollte er nicht mit, wieso sollte er zusehen wie Reita und Uruha sich in die Arme fallen, sich umarmen, sich küssen? Er stünde dabei ja sowieso nur im Hintergrund…dann konnte er auch genauso gut hier bleiben. Er stand ja sowieso immer nur allen im Weg. Warum sagte er Reita dann nicht einfach, das er hier bleiben und aufpassen würde das es niemand bemerkt? Er verstand sich selbst nicht und seufzte innerlich. Dabei bemerkte er nicht, das Reita ihn die ganze Zeit beobachtete.

„Heue Abend…“ hauchte er mit leiser, jedoch wieder fest entschlossener Stimme sodass Aoi etwas erschrocken aufblicke.

„Heute Abend schon?“ fragte er etwas unsicher.

Reita nickte. „Ja, ich möchte ihn…so schnell wie möglich sehen…“

Auf diesen Satz hin stand er auf und streckte sich kurz. Dies war aber scheinbar zu schnell und sofort wurde ihm wieder schwindlig. Doch er ignorierte es einfach, wie so oft. Langsam tappte er zurück zur Tür. Der Schwarzhaarige sah ihm nach, dann stand auch er auf und folgte Reita. Er sagte nichts weiter zu Reitas Vorhaben. Also sie die Treppe hinunter gingen, gewann Reitas Schwindelgefühl die Kontrolle über seinen Körper und ließ ihn erneut zusammenbrechen. Ehe Aoi reagieren konnte stürzte sein Freund die restlichen Stufen runter und blieb bewegungslos liegen.

„Reita!“

Aoi rannte die letzten Stufen hinunter und Kniete sich neben Reita. Dieser hatte einen seiner Arme über sein Gesicht gelegt, sodass seine Augen verdeckt waren.

„Hast du Schmerzen?“ fragte Aoi nun vorsichtig.

„Geht schon….nur ein kleiner Aussetzer…“ antwortete Reita etwas benommen.

„Soll ich dich zurück tragen?“

Doch er bekam keine Antwort. Stattdessen zwang sich Reita scheinbar dazu, sich aufzusetzen und anschließend aufzustehen. Der Schwarzhaarige sah auf.

„Geht’s?“ Er stützte ihn sachte. Doch Reita erwiderte wieder nichts. Er stützte sich eine Hand in die Seite und keuchte schmerzverzerrt auf. Langsam sank er zurück auf die Knie.

„Ich hole einen Arzt!“ sagte Aoi besorgt.

„Nein!“ zischte Reita leise und sah Aoi mit halb geöffneten Augen an. „Dann…lassen sie uns heute Abend erst recht nicht gehen…weil sie wieder meinen…mich beobachten zu müssen.“

Aoi wandte sich wieder dem Verletzten zu.

„Reita, sei mir jetzt bitte nicht böse aber….du hast dich grade verletzt, was wenn du dir eine Rippe oder sonst irgendwas gebrochen hast? Du kannst nicht allen Ernstes noch vorhaben, heute Abend raus zu gehen.“

Dieser Satz brachte Reita dazu, leise aufzulachen.

„Glaubst du, so was würde mich davon abhalten, zu Uruha zu gehen? Ich würde erst hier bleiben wenn ich vorher halbtot ins Koma fallen würde, eine Prellung oder sonst was ist doch gar nichts.“ Daraufhin richtete sich Reita wieder auf und ging langsam auf Aoi zu.

„Mit…genügend Schmerztabletten, geht es mir in einer Stunde besser…“

Fast schon entsetzt sah Aoi dem, an ihm vorbeitaumelnden nach. „Du bist verrückt..“ murmelte er leise zu sich selbst und folgte Reita dann.

„Wo bitteschön willst du so viele Schmerztabletten herbekommen he?“

Rief er ihm nach. Als er bei ihm ankam erschrak er sich vor dem Grinsen was auf Reitas Lippen lag.

„Ich…habe heute bei der Visite ein Päckchen mitgehen lassen…“ sagte er und zog ein ganzes Päckchen hoch dosierte Schmerztabletten aus der Tasche. Aoi konnte nur verzweifelt mit dem Kopf schütteln.

„Aber…nimm nicht zu viele, das ist auch nicht gerade gesund…“ meinte er nur und gab somit nach. Dann stützte er ihn wieder und sie gingen zusammen auf ihr Zimmer…

Dort angekommen setzt sich Reita auf das Bett und presste erneut seine Hand in seine Seite.

“Verdammt…“ flüsterte er sich leise zu. Er kniff die Augen zu und hielt einen Moment die Luft an bis der Schmerz nach lies. Aoi sah die Szene besorgt mit an.

So saßen sie nun da und schwiegen sich an.

Derweil war Reita völlig in seine Gedanken versunken.

Wie würde Uruha reagieren wenn er später auf seiner Matte stehen würde? Würde er ihn freundlich herein bitten? Würde er ihn zur Begrüßung umarmen und sich entschuldigen, dafür dass er sich nicht gemeldet hatte? Würde alles wieder so werden wie vorher?

Oder…

Würde er ihn nicht rein lassen? Ihn anschreien? Sich mit ihm streiten? Würde er ihm sagen dass er nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wolle?

Beides war möglich und Reita hoffte das es nicht so ausartete wie er zuletzt dachte, denn er wollte wirklich alles andere, als sich mit seinem Freund zu streiten. Wahrscheinlich würde er wieder einfach zusammenklappen und dann wieder hier aufwachen als ob nichts gewesen wäre…

Ein Seufzen durchbrach die Stille, die in dem Zimmer lag.

Aoi sah auf.

„Kommst du…denn heute Abend mal mit nach unten…? Ich meine…was essen..“ fragte er dann leise.

Der Blonde schwieg wieder einen Moment. Dann atmete er kurz durch und nickte etwas.

“Meinetwegen.“

Er wusste das er schon auffiel, weil er nie beim Essen erschien und er wollte es nicht riskieren das man gerade heute Abend kontrollieren würde wo er war. Etwas überrascht sah Aoi ihn an. Gleichzeitig freute er sich auch.

„Danke…“

„Hmm…“

Und wieder kehrte Schweigen ein. Diesmal jedoch nicht lange, denn keine 5 Minuten später stand Aoi auf.

„Wir sollten uns dann gleich auf den Weg machen.“ Sagte er und schaute zu Reita.

„Ja okay...ich nehme aber vorher noch eine Schmerztablette…“

Mit diesen Worten nahm er sich eine Tablette aus der Schachtel und verschwand im Bad. Also er kurz darauf wieder raus kam, gingen sie, zum ersten Mal gemeinsam, zum großen Saal. Er war schon recht bevölkert als sie eintrafen und doch fanden sie noch einen Einzeltisch. Beide hatten es lieber, für sich zu essen und nicht, wenn so viele mit ihnen am Tisch saßen. Zwar aß Reita nicht einmal die Hälfte von dem was Aoi aß, aber Hauptsache war für Aoi, das er einmal mit ihm gegangen war.

Recht skeptisch sah Reita sich um und musterte fast jede Person in diesem Raum, er hasste es gerade zu sich bei so vielen fremden Menschen auf zu halten.

“Alles okay soweit?“ fragte ihn Aoi dann lächelnd.

„Mhm…naja…“

Reita sah Aoi an.

“Sind hier immer so viele? Bei allen Mahlzeiten?“ fügte er seiner Antwort noch hinzu.

„Ja, manchmal noch mehr..“ meinte Aoi daraufhin und Reita seufzte.

„Du scheinst andere Menschen nicht sehr zu mögen oder?“

Der Schwarzhaarige sah seinen Tischnachbarn an.

„Da liegst du richtig…“ erklang es leise aus seinem Mund.
 

Nach gut einer halben Stunde brachten beide ihr Teller zur Abgabe und begaben sich dann auf den Weg in ihr Zimmer. Dort angekommen erkundigte sich Aoi schließlich nach Reitas weiterer Vorgehensweise.

„Also…ich habe mir das so gedacht…“ begann Reita seine Erklärung.

„Wenn hier die Nachtruhe anfängt und die Schwester ihren Rundgang gemacht hat, schleichen wir uns durch den Hauptausgang raus, da sitzt ab 22 Uhr niemand mehr zum kontrollieren…“

Aoi merkte sofort das Reita sich scheinbar gut informiert hatte, aber er hörte ihm aufmerksam zu.

„…wenn wir da raus sind, wird es ein Kinderspiel zu Uruha zu kommen…auch wenn der Weg ziemlich weit ist.“

“Wie weit?“ mischte Aoi sich dann ein.

„Hmm….zu Fuß…ungefähr eine halbe Stunde bis 40 Minuten schätze ich…“

„Okay…“ Aoi nickte.

Die Gegend in der Uruha wohnte lag zwischen dem Krankenhaus und der Klinik, dort fuhren keine Busse also waren sie gezwungen zu laufen. Es war noch recht kalt draußen da der Winter gerade erst vorbei war. Aber Aoi war relativ zuversichtlich, bis auf die Tatsache dass es Reita nicht wirklich gut ging, auch wenn er es nicht zeigte, Aoi konnte spüren das Reita nicht auf der Höhe war. Um sich selbst machte er sich so gut wie keine Gedanken, wie immer eigentlich.

Reita fuhr fort:

“Wenn wir dann bei der Wohnung angekommen sind…hoffe ich das er öffnet…“ Er stockte etwas. Wieder holten ihn die Bedenken ein. Sein Blick senkte sich.

„Reita? Was hast du?“

„Ich weiß es nicht…irgendwie…habe ich Angst vor dem Zusammentreffen…“ gab der Blonde leise zu.

„Ich denke ihr seid zusammen, dann brauchst du doch keine Angst haben..“

Aoi lächelte leicht bei dem Satz und legte Reita sanft eine Hand auf die Schulter.

„Ja schon…aber..“ Reita seufzte. „Er…will mich ja scheinbar nicht mehr sehen…beziehungsweise, er verweigert den Kontakt zu mir.“

„Du schaffst das…“ ermutigte Aoi ihn lieb. „Ich bin ja dabei.“

„Hai…Danke noch mal…das du doch mit kommst..“ Nun lächelte auch Reita ein Wenig.
 

Der restliche Abend verlief recht schnell und eher sich die beiden versahen war es schon 22 Uhr. Beide hatten sich in die Betten gelegt und taten so als schliefen sie, um die Nachtschwester glauben zu lassen, das alles in Ordnung seie. Sie lauschen den Schritten der Schwester auf dem langen Flur und erhoben sich beide fast gleichzeitig aus den Betten.

„Ich denke…wir können los..“ flüsterte Reita und schaltete das Licht ein.

Aoi sah ihn an und nickte.

„Ja können wir….wie geht es dir im Moment?“ Wollte er wissen.

„Ich nehme jetzt noch mal 2 Schmerztabletten und dann wird der Abend glatt verlaufen, hoffe ich.“ Antwortete Reita ihm.

Als er die Tabletten genommen hatte zogen sich beide Ihre Mäntel und Schuhe an und verließen dann so leise wie nur möglich das Zimmer. Glücklicherweise hatte Aoi einen Schlüssel, so konnte er abschließen.

Sie schlichen durch den inzwischen beinahe stich dunklen Flur in Richtung Hauptausgang. Und tatsächlich war es so wie Reita es prophezeit hatte, kein Kontrolleur war zu erspähen. So war es ihnen ein Leichtes Spiel, unbemerkt das Gebäude zu verlassen. Die beiden Gestalten liefen durch die Dunkelheit. Nur das zirpen der Grillen und die Schreie der Eulen waren zu höre. Die Situation war Aoi unheimlich. Er schielte zu Reita, den das scheinbar wenig störte. Er lief ruhig neben ihm her und achtete gar nicht auf die Geräusche, fast schon so als liefe er nur in der Dunkelheit draußen herum.

„Hast du…keine Angst..?“ wollte Aoi nach einer Weile wissen.

Er dann sah Reita auf.

„Nicht wirklich…“ meinte er.

„Ich finde das unheimlich…“ der Schwarzhaarige zog sich den Kragen seines Mantel etwas höher und sah sich um.

„Ich bin ja da und beschütze dich.“ Lächelte der Andere und zwinkerte Aoi kurz zu. Er wollte schließlich nicht, das Aoi sich fürchtete.

Auch Aoi musste lächeln.

„Wie gut das ich dich habe…“ murmelte er etwas leiser und wandte den Blick dann wieder seiner Umgebung zu um jede, noch so kleine Bewegung in den Büschen zu bemerken.



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