Böses Erwachen
,Was... was ist los?', fragte sich Tenten und öffnete träge die Augen. Sie fühlte sich erschöpft und ihr Kopf pochte schmerzte.
Neben sich nahm sie Atemgeräusche wahr und seufzte erleichtert. Lee und sie waren nur auf dem Sofa eingeschlafen und sie hatte bloß einen seltsamen Traum von Neji. Seine plötzliche Rückkehr machte ihr eben sehr zu schaffen. Doch trotzdem fragte sie sich, warum Lee und sie im Wohnzimmer waren. Wenn sie müde gewesen wären, wären sie doch ins Schlafzimmer gegangen. Wieso waren sie dann hier?
Sie hob den Kopf und sah zum Fenster. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel und blendete sie, sodass sie die Augen schnell zusammenkniff.
,Schon Mittag?!', dachte sie und zog die Decke höher, weil ihr etwas kalt war.
„Bist du schon wach?“, fragte eine tiefe Stimme neben ihr, die keinesfalls ihrem Ehemann gehörte.
Sie schaute schnell hinter sich und blickte in das Gesicht von Neji Hyuuga.
Augenblicklich schoss ihr das Adrenalin ins Blut und ließ sie schlagartig an das erinnern was vorgefallen war. Neji und sie hatten miteinander geschlafen und sie war wohl danach viel zu erschöpft um wach zu bleiben. Es war alle kein Traum gewesen! Das hier war die Realität.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du danach plötzlich ein schläfst“, grinste Neji und ein leichter Sakasmus war in seiner Stimme zu hören. „Ich hab dich wohl zu hart ran genommen.“
Sie sah ihn entgeistert an und sprang auf.
„Ich würde mir ja was anziehen“, stellte er amüsiert fest und musterte begierig ihren nackten, wohlgeformten Körper. „Ich könnt gleich nochmal, Tenten.“
Sie riss schnell die Decke von ihm und wickelte sie sich um.
„Vergiss es“, zischte sie wütend. „Das war eine einmalige Sache, mehr nicht.“
Tenten merkte schnell, dass es ein Fehler war ihm die Decke wegreißen, denn nun lag er splitternackt auf dem Sofa. Sein Körper war sehr gut gebaut und seine Muskeln ließen ihn sehr männlich aussehen.
„Zieh dir was an!“, befahl sie und schmiss ihm seine Sache an den Kopf. „Und dann verschwindest du.“
Er stand auf und zog sich träge an. „Und gerade hast du dich noch an mich geklammert und gefleht, dass ich bleiben soll“, grinste er.
Tenten wurde rot, sah ihn entsetzt an und er trat neben sie.
„Glaub es oder glaub es nicht,“, murmelte er leise. “aber ich hab dir wohl gerade mehr gegeben als Lee in euren ganzen Ehejahren.“
Sie spürte einen Stich in ihrer Brust, holte mit der flachen Hand aus und verpasste ihn eine heftige Ohrfeige.
„Wage es ja nicht etwas gegen Lee zu sagen!“, zischte sie wütend.
„Du bist doch diejenige, die ihn gerade betrogen hat. Du bist echt eine Schande als Ehefrau“, sagte er leise, genoss jedes Wort und lächelte falsch.
Dann ging er, ohne auf eine Reaktion von ihr zu warten zur Haustür und knallte sie hinter sich zu.
Miyu wachte durch den lauten Knall aus ihren Mittagsschlaf auf und fing an laut zu brüllen.
Tenten hörte ihre Tochter aus dem Kinderzimmer weinen, war aber unfähig sich zu rühren.
Sie hatte Lee und Miyu verraten, die beiden die sie über alles liebte. Und das für ein kleines bisschen Sex, der nichts zu bedeuten hatte.
Sie sackte zusammen und setzte sich aufs Sofa. Langsam legte sie die Hand aufs Polster und zog sie schnell wieder weg. Das Sofa war noch warm und etwas feucht.
Miyu schrie immer lauter und Tenten fing an leise zu weinen.
Spät abends kam Lee nach Hause. Wie immer gut gelaunt und froh, dass seine Familie wohl auf war. Tenten kam sich falsch vor, sagte aber nichts über Nejis Besuch. Was hätte sie auch sagen sollen? Das sie fremdgegangen war und dass sie wahrscheinlich immer noch Gefühle für Neji hatte nach all den Jahren?
Am Abendbrottisch saßen alle beisammen. Miyu saß auf ihren Hochstuhl und spielte fröhlich mit ihren Erbsen, indem sie sie vermatschte. Lee lobte Tentens gutes Essen und berichtete von seinem Training. Und Tenten? Tenten zeigte sich wie immer, fröhlich und sorglos.
Lee durfte niemals etwas von dem Seitensprung erfahren, weder von ihr noch von Neji.
Lee war mit seinem Training für Yuki, Hiro und Misato eh so beschäftigt, dass er selbst kaum Zeit für seine Familie hatte. Er steigerte sich einfach zu sehr in das Teamtraining hinein, dass er alles andere vergaß.
Tenten war das gerade recht so. Vor morgen Abend würde Lee Neji nicht besuchen und dann hatte sie morgens und mittags noch Zeit mit Neji zu sprechen.
Sie seufzte innerlich. Manchmal bereut man Dinge kurz nachdem man sie begangen hat und meistens denkt man später nie an die Folgen.
Hätte sie doch niemals diesen Fehler begangen, würde sich nicht ihr ganzes Leben von nun an verändern.
Wie Tenten es vermutete wollte Lee am Abend Neji besuchen. Sie kannte ihn einfach sehr gut, vier Jahre Ehe zeigten alle Seiten an ihm. Doch kannte Lee auch sie so gut? Dann wüsste er doch, dass sie in Nejis Nähe schwache Knie bekam und alles andere um sich her rum vergaß. Doch sie selbst wusste ja nicht, was sie früher für Neji fühlte. Der Seitensprung war ein Fehler, ein Ausrutscher der nie wieder geschehen durfte und das musste sie Neji klipp und klar sagen. Koste es was es wolle.
Am Morgen küsste Lee Tenten leidenschaftlich auf den Mund, bevor er zum Training ging. Sie erwiderte den Kuss und zeigte keine untypische Reaktion. Alles war so wie immer, zumindest nach außenhin.
Letzte Nacht schlief sie mit Lee. Sie wirkte aber etwas abwesend, weil sie beim Sex mit Lee an Neji und dem Vorfall denken musste. Lee merkte nichts, da er viel zu erregt beim Akt mit seiner geliebten Frau war. Und Tentens aufgesetzte Maske saß perfekt. Kein unüberlegtes Wort kam über ihre Lippen, kein übertriebenes Lächeln oder verzweifelter Seufzer. Sie spielte ihre Rolle überlegt und perfekt. Alles sollte so wie immer sein. Sie musste Neji vergessen und ihr Glück mit Lee wiederfinden. Zu ihrem Wohle und zum Wohle von Miyu.
Sie nahm Miyu hoch und setzte sie in den Kinderwagen.
Sie durfte keinen Fehler machen!
Zusammen mit ihrer Tochter verließ sie das Haus.
Sie musste ihre Rolle perfekt spielen!
Die Straßen waren voll von Menschen, die auf dem Weg zum Markt waren.
Sie durfte ihren Stolz nicht verlieren!
Und dann sah sie ihn zwischen all den Menschen, und doch hob er sich von der Masse ab. Er war einfach viel zu gut für diese Stadt, körperlich und seelisch.
Er sah sie und sofort umspielte ein Lächeln seine Lippen.
„Tenten“, sagte er leise mit tiefer Stimme.
Ihre Augen trafen sich und prompt hatte sie alle Vorsätze vergessen.
,Ich liebe ihn. Ich liebe ihn!‘, hallte es durch ihren Kopf, doch sie vertrieb diesen Gedanken sofort.
Sie sah runter zu Miyu und bemerkte, dass ihre Tochter eingeschlafen war. Die Kleine schlief einfach oft. Zu viel Elan machte eben müde.
Als sie wieder aufsah stand Neji neben ihr.
„Hallo Neji“, sagte sie schnell und lächelte.
Plötzlich fiel ihr wieder ein, weswegen sie mit Neji sprechen wollte. Aber dass sie ihn so plötzlich sehen würde hätte sie nicht gedacht.
„Wir müssen reden“, murmelte sie „wegen gestern.“
Nejis höfliches Lächeln verwandelte sich zu einem Grinsen, das man von ihm nicht kannte. Zumindest früher nicht.
Sie gingen in eine Gasse, wo nicht so viel los war, um in Ruhe reden zu können.
Tenten wunderte es, wieso sie ihn plötzlich wiedertraf. Doch das war nun egal.
Sie schwieg, weil sie nach den richtigen Worten suchte, doch plötzlich durchbrach Neji das Schweigen.
„Ich fand es wirklich unglaublich gestern. Ich hab richtig gehofft, dass du sagst, dass wir es wiederholen sollen“, platzte es aus ihm her raus. Er hatte sich wirklich sehr verändert. Kein Wunder, sechs Jahre warn auch eine lange Zeit.
„Deswegen wollt ich mit dir reden, Neji. Es war eine einmalige Sache.“
„Aber du streitest nicht ab, dass es dir gefallen hat?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Aber das ist keine Entschuldigung dafür, dass ich Lee betrogen hab. Er wird es bestimmt nicht verstehen warum wir miteinander geschlafen haben.“
,Ich versteh es ja selbst nicht.‘, dachte sie bitter.
„Er wird niemals davon erfahren“, sagte Neji und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Und wenn er es nicht weiß, können wir ja auch weitermachen.“
„Ich will keine Affäre. Ich bin glücklich verheiratet“, sagte Tenten schnell und schlug seine Hand weg.
„Das hat sich gestern aber noch ganz anders angehört“, grinste Neji böse.
„Frau Tenten!“, schrie eine Stimme hinter den beiden.
Tenten drehte sich blitzschnell um und sah Yuki, der sie entsetzt ansah.
„Wieso haben Sie Lee-Sensei betrogen?“, fragte er mit zitternder Stimme.
