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Ayashi - Der Weg zur Wahrheit

(überarbeitet)
von

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Ayashi folgte Azusa in deren Zimmer, da dort ein Lager für sie gerichtet worden war. Obwohl sie nun schon lange Zeit als Sterbliche durch die Welt zog, war sie Youkai und deshalb nicht müde. Also schloss sie nur die Augen und dachte in Ruhe nach. Sie dachte an ihren Vater, an Inu-no-taishou und aus irgendeinem – für sie unerklärlichen Grund – auch an Sesshoumaru-Sama, den sie doch noch nie gesehen hatte. Wie mochte er aussehen? Wie mochte er wohl wirklich sein? Konnte sie sich auf Inu-no-taishous Aussagen verlassen oder waren diese verzerrt, da er ihn mit den Augen eines Vaters betrachtete? Betrachtete er ihn überhaupt mit den Augen eines Vaters oder nur mit den Augen eines Herrschers und Anführers, dem man Gehorsam und Respekt entgegenbrachte? Der Blick eines Vaters gegenüber dem Sohn mochte oft wohlwollender und verständnisvoller sein als der Blick eines Herrschers gegenüber seinem einzigen Nachfolger, dem er alles vermachen würde, was er durch Schweiß und Blut und mit der Stärke seines Schwertes erkämpft hatte. Ayashi biss sich auf die Lippen und umschloss einen Teil ihrer Decke fest mit ihrer linken Faust. Sie wusste, dass Inu-no-taishou Recht gehabt hatte: ihre Neugier war geweckt.

„Schlaft Ihr noch nicht?“ fragte Azusa in die Dunkelheit und riss Ayashi aus ihren Gedanken.

„Woher weißt du das?“ entgegnete Ayashi verwirrt und drehte sich auf die Seite.

„Euer Atem ist zu schnell für jemanden, der schläft. Ihr wirkt angespannt.“

„Das ist mir nicht aufgefallen.“ gab Ayashi zu.

„Eure Finger haben sich in die Decke gegraben. Ist alles in Ordnung, Kibo-Sama?“

„Ja, gewiss.“ versicherte Ayashi und löste ihre Faust. „Du bist außergewöhnlich aufmerksam. Woran liegt das?“

„Unser Dorf ist ein Dorf von Dämonenjägern, wie mein Vater Euch sagte. Wir vertrauen auf unsere Sinne, sonst sind wir im Kampf verloren.“ erklärte Azusa.

„Du bist auch eine Dämonenjägerin?“ entgegnete Ayashi ehrlich erstaunt.

„Eine der wenigen, ja.“

„Das ist ungewöhnlich.“

„Ich bin das einzige Kind des Ältesten. Es ist meine Pflicht – zumindest denken das die Leute hier.“ erklärte Azusa scheinbar gleichgültig. „Diejenigen, die nicht in den Kampf ziehen, fertigen unsere Waffen und Rüstungen, wobei wir das auch oft selbst machen müssen.“

„Die persönliche Waffe sollte vom Krieger selbst herstellt sein, sofern das möglich ist, da stimme ich dir zu.“ meinte Ayashi nachdenklich und zurückhaltend.

„Ihr verurteilt diese Lebensweise wohl.“ mutmaßte Azusa, doch Ayashi schüttelte den Kopf.

„Nein, Azusa. Ich hüte mich grundsätzlich davor, ein Urteil auszusprechen. Schon gar nicht möchte ich über etwas urteilen, das ich noch nicht kenne.“

„Nun, Ihr werdet hier bleiben, also werdet Ihr es bald kennen lernen.“ erwiderte Azusa.

„Die meisten im Dorf sind Dämonenjäger oder Handwerker, stimmt das? Ich frage mich, wie das Dorf seine Existenz sichert, wenn sich niemand um den Ackerbau oder die Viehzucht kümmert.“

„Wir fertigen Waffen, Rüstungen, Keramik und Holzwaren, die wir in den umliegenden Dörfern gegen Nahrungsmittel und Stoffe tauschen können. Manchmal können wir auch Waffen und Rüstungen verkaufen, doch das ist eher selten.“

„An wen verkauft ihr diese dann?“

„Shogune, einzelne Krieger und einfache Menschen, die einen Krieg vorbereiten oder in den Krieg ziehen müssen.“

„Ich bin froh, dass diese Kunden eher selten sind.“ gab Ayashi zu und drehte sich wieder auf den Rücken.

„Die Welt ist nun einmal kein friedlicher Ort.“

„Das ist wahr, doch es ist traurig, dass oft genug auch Menschen selbst der Grund dafür sind.“ murmelte Ayashi und schloss die Augen.

„Schuld sind die abscheulichen Dämonen oder auch nur diese unreine dämonische Energie! Wir tun alles, damit sie nicht Oberhand gewinnen, doch diese widerwärtigen Kreaturen…“ entgegnete Azusa heftig.

„Azusa, Zorn und Hass und Verachtung sind die Wurzel allen Übels und verunreinigen die Seele eines jeden Menschen. Setz’ dich dieser Gefahr nicht aus.“

„Ich stehe auf der richtigen Seite.“ beharrte Azusa und richtete sich auf, worauf Ayashi seufzte.

„Du solltest jetzt schlafen.“ entgegnete sie mit matter Stimme.

„Aber…“

„Du wirst morgen sicher kämpfen, oder nicht? Dafür solltest du ausgeruht und konzentrationsfähig sein.“ unterbrach Ayashi sie und drehte sich von Azusa weg.

Sie hörte, wie Azusa sich ebenfalls bewegte und sich wieder niederlegte. Ihr Atem war noch aufgeregt, doch bald bemerkte Ayashi, wie die Tochter ihres Gastgebers in den Schlaf hinüber glitt. Ayashis Gedanken kehrten ohne weitere Umschweife zu Sesshoumaru zurück und plötzlich wurde ihr klar, dass ihr Geist nicht ruhen würde, ehe sie ihn nicht einmal mit eigenen Augen gesehen hatte.
 

Am späteren Nachmittag des nächsten Tages begann Ayashi ihre Aufgabe, denn die Bewohner des Dorfes hatten sie als ihre Priesterin akzeptiert und ihr eine eigene Hütte zugewiesen, deren frühere Besitzerin vor längerer Zeit verstorben war. Nachdem die Leute des Dorfes Ayashi eine Matratze, mehrere Decken, sowie Feuerholz und etwas Kochgeschirr gebracht hatten, besorgte sie sich im Dorf und der Umgebung, was sie noch benötigte. Ayashi organisierte sich Verbände und Nadeln und ging dann zu einem Waffenhersteller.

„Miko-Sama, was kann ich für Euch tun?“ fragte er und legte seine Arbeit zur Seite, als er die junge Frau sah.

„Guten Tag, ich brauche einen Bogen und Pfeile.“

„Bei allem Respekt, Miko-Sama, aber Ihr seid hier in einem Dorf voller Krieger. Wieso konzentriert Ihr Euch nicht auf…“

„Worauf soll ich mich konzentrieren? Auf die Zubereitung von Salben, Pasten, Elixieren, Säften, Kompressen und Umschlägen?“ entgegnete Ayashi

Der Handwerker senkte den Blick und murmelte eine Entschuldigung.

„In zwei Wochen wird der Bogen fertig sein, Miko-Sama. Ich habe noch einen sehr guten, bereits angefangenen hinten im Lager.“

„Ich danke dir.“ meinte Ayashi mit ruhiger Stimme, bezahlte den Mann und ging dann durch das Dorf, um sich weiter umzusehen.

Die Kinder spielten zwischen den Holzhäusern mit Steinen und Stöcken und stellten mit lautem Geschrei und vergnügtem Lachen ein hitziges Gefecht nach. Sie hatten noch viel zu lernen, doch sie waren bereits erschreckend gut in dem, was sie taten, stellte Ayashi fest.

Ayashi ging langsam weiter und blickte in den Himmel. Die Wolken hingen noch tief, doch sie brachten keinen Regen mehr und der Wind hatte sich völlig gelegt. Trotzdem fühlte sich Ayashi durch irgendetwas in ihrer Sicherheit und Ruhe bedroht. Vielleicht war es die eher ablehnende Haltung der männlichen Dorfbewohner, die eine Priesterin eigentlich für überflüssig hielten, da sie selbst mit Dämonen fertig wurden. Ihre Frauen waren es schließlich gewesen, die darauf bestanden hatten, dass Ayashi zumindest einige Zeit im Dorf bleiben sollte, da Ayashi sie bei so vielen Dingen anleiten und unterstützen konnte. Der Waffenhersteller hatte etwas Wahres gesagt: sie benötigten keinen Schutz, da das Dorf zusätzlich zu den fähigen Kriegern auch noch durch einen großen Wall, Wachtürme und einen Palisadenzaun geschützt wurde und sich außerdem an einer strategisch günstigen Lage befand: verteidigt werden musste im Angriffsfall nur die eine Seite, die sich zum Tal hinab öffnete.

Während Ayashi überlegte, verließ sie das Dorf und kletterte einen Hang hinauf, um dort Heilkräuter und Gräser, sowie Beeren, Pilze und bestimmte Wurzeln zu sammeln. Die Erde war noch nass und durchströmte sie mit ihrem frischen Duft. Wie oft hatte ihre Mutter Midoriko wohl hier nach den passenden Zutaten für Tränke und Salben gesucht? Ayashi atmete die Luft ein und schloss für einen Moment ihre Augen. Sie musste dieselben Erfahrungen wie ihre Mutter machen, das spürte sie. Es ließ ihr keine Ruhe. Ayashi lachte leise, als sie sich bewusst wurde, dass ihr in letzter Zeit recht viele Dinge keine Ruhe ließen. Midoriko hatte die Bevölkerung des Dorfes versorgt – und genau so würde sie, Ayashi, es nun tun. Nun war sie es, zu der die Leute kommen konnten, wenn sie verletzt waren. Und das in jeder Hinsicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vigeta_Lord_d_T
2019-07-02T02:56:18+00:00 02.07.2019 04:56
Schön.


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