"Es ist deine Art zu fragen...."
„Es ist deine Art zu fragen….“
Lily lag wach.
Es war der Vorabend von Weihnachten und sie konnte in dieser Nacht noch nie schlafen.
Sie wusste nicht, wieso sie jetzt, nachdem sie fast volljährig war und damit erwachsen, noch immer dies kindliche Vorfreude spürte, aber es war ein schönes Gefühl und Lily beließ es dabei.
Sie wälzte sich im leeren Mädchenschlafsaal um und starrte aus dem Fenster.
Es hatte angefangen zu schneien. Dicke weiße Schneeflocken sausten vor dem Fenster vorbei und sie seufzte zufrieden, als sie auf ein Geräusch aufmerksam wurde.
Sie setzte sich auf.
Es knackte und jemand schien kurz zu fluchen.
Sie runzelte die Stirn.
Außer ihr waren nur noch zwei Zweitklässler, Black und Ja-…. Potter im Griffindorturm.
Sie legte sich wieder in ihre weichen Kissen.
Kein Zweitklässler würde einen so vulgären Fluch ausstoßen.
Es konnten nur Potter oder Black sein.
Oder beide zusammen.
Das könnte sie nicht ertragen.
Sie dachte an den gestrigen Tag, als sie Potter bei den Hausaufgaben geholfen und er sie dafür mit in die Küche genommen hatte.
Er hatte einen Unsichtbarkeitsumhang.
Und er benutze ihn um Essen zu klauen.
Sie rollte mit den Augen. Typisch Potter.
Und doch…… wie er sich um die Elfen gekümmert hatte. Er kannte ihre Namen, er wusste von ihren Wehwehchen.
Es war irgendwie-… süß gewesen.
Lily konnte praktisch spüren, dass sie rot wurde.
Sie lauschte wieder in die Dunkelheit.
Da! Ein Knacken, ein Schritt.
Lily biss sich auf die Lippen und schlug die warme Decke zur Seite.
Augenblicklich lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken, als ihre nackten Füße, die notorisch zur Eiseskälte neigten, auf den kalten Stein tapsten und langsam die Treppe runter schlichen.
Es war Potter.
Aus irgendwelchen Gründen fiel ihr ein Stein vom Herzen.
Er saß in eine rote Decke eingemummelt vor dem Feuer und starrte in die Flammen.
Lily lehnte sich an die Wand und legte den Kopf schief.
Dann erhob sie die Stimme: „Warum starrst du mitten in der Nacht in ein Feuer?“
Als hätte sie ihn bei etwas Verbotenem erwischt, sprang Potter hastig auf.
Blöd war nur, dass er sich in die Decke verfing und fast hinknallte.
Mit einem letzten Rest Würde richtete er sich auf und rückte seine Brille zurecht.
„Und was machst du noch machst hier draußen?“
Lily zuckte mit den Schultern und wiederholte den Fluch.
James wurde rot, was zu Lilys persönlichem Glück beitrug.
„Ich bin-…“
„…- über die Decke gestolpert?“, grinste Lily.
„…- Über den Stuhl.“, endete James beleidigt
„Hast du deine Brille nicht aufgehabt?“, bohrte Lily tiefer.
„Es war dunkel.“, giftete James zurück.
„Natürlich.“, hauchte Lily ehrfurchtvoll und James setzte sich trotzig ans Feuer.
„Du hast mich mit deinen Obszönitäten trotzdem geweckt.“, sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Was machst du hier?“, fragte sie, als James nicht antwortete.
„Wenn ich dir das sagen würde, müsste ich dich umbringen.“, antwortete James ernst und Lilys Augenbrauen beschrieben einen Bogen.
„Soso….. umbringen müsstest du mich. So peinlich?“
„Ja, das ist es!“, James hielt es für das Beste nicht zu widersprechen.
Ihm kam der Verdacht, dass dieses Mädchen irgendwie Gedanken lesen konnte.
Er sah zu Lily, sie stand mit nackten Füßen auf dem kalten Stein und rieb sich die Oberarme.
Ihr musste kalt sein.
„Scheiße, ist das kalt hier.“, murmelte sie zur gleichen Zeit und hüpfte von einem Fuß auf den anderen.
James grinste sie süffisant an und breitete einen Arm aus: „Komm her und schlüpf unter die Decke.“
Zu seiner Überraschung machte sie es wirklich.
Zwar zögerte sie einen Moment, aber es war ein Anfang.
Vielleicht hat der Potter-Charme doch gewirkt.
„Also was machst du hier?“, fragte Lily und schlang sich die Decke um die Schulter.
Sie saß nicht besonders eng bei ihm, aber immerhin eng genug um James Herz zum flattern zu bringen und ihn für einen Moment vergessen zu lassen wie man spricht.
„Ich warte.“
„Worauf?“
„Ich müsste dich wirklich umbringen, wenn ich dir das sage.“
„Gut, ich biete dir einen Tausch an. Eine peinliche Geschichte von mir, wenn du mir deine erzählst.“
James dachte einen Moment nach: „In Ordnung. Aber du fängst an.“
Sie knurrte leise und begann dann zu erzählen:
„Es war kurz nach Weihnachten und ich war noch klein. Meine Mutter hatte vor eine Party zu geben und es sollten alle Freunde kommen.
Ich hatte zu Weihnachten einen Chemiebaukasten geschenkt bekommen und spielte ein bisschen damit herum.
Als ich allerdings eine Soße zusammengemischt hatte, die -…... einfach nur fürchterlich stank, schüttete ich sie in eine leere Likörflasche und warf sie in der Küche in den Müll.
Jedenfalls wollte meine Mutter für die Feier einen Kuchen backen und dafür brauchte sie den Likör. Sie hatte keinen mehr vorrätig und als sie die Flasche im Müll sah und bemerkte das da scheinbar noch etwas drin war, nahm sie einfach das. Sie hatte einen Schnupfen und konnte weder schmecken noch riechen.
Als der Kuchen fertig war-…. Naja, das kannst du dir vorstellen, er hat nicht unbedingt gut gerochen, aber fantastisch ausgesehen.
Mein Vater hatte sich nicht getraut etwas zu sagen, weil meine Mutter immer etwas hysterisch wird, wenn die unter Stress steht.
Jedenfalls hat er jeden Gast einzeln vor dem Kuchen gewarnt und als meine Mutter jedem ein Stück aufnötigte, verfütterte es jeder an den Hund, der nicht besonders wählerisch war.
Meine Mutter aß auch einen Stück.
Selbst mit ihrer geschwollenen Zunge schmeckte sie, dass der Kuchen nicht in Ordnung war, sagte jedoch aus Scham nichts, da jeder der Gäste ihr versicherte, dass der Kuchen fantastisch gewesen sei..
Am nächsten Tag sagten meine Eltern Tuney - Meiner Schwester! - dass der Hund davongelaufen war und ich sah meinen Vater, wie er den Hund nachts im Garten begrub.“
Lily war dunkelrot angelaufen, während James sich eine Lachträne aus den Augen wischte.
„Du hast wirklich euren Hund umgebracht?“
„Nicht direkt!“
Sie wartete bis eine zweite Lachsalve von James abgeklungen war.
„Oh Mann, dagegen ist meine Geschichte ja ein Zuckerschlecken.“
„Ich will sie trotzdem hören!“, sie knuffte James.
„Okay-…“; er holte tief Luft, atmete noch einmal aus und erzählte: „Meine Eltern haben das Muggelmärchen vom Weihnachtsmann aufgegriffen, weil sie die Idee eines Mannes im roten Mantel und mit fliegenden Rentieren vor einem Schlitten gespannt, einfach herrlich lustig fanden. Ich meine, durch den Schornstein, ja klar!“, er tippte sich gegen die Stirn.
„Jedenfalls habe ich es ihnen echt geglaubt. Dass es einen Weihnachtsmann gibt, meine ich jetzt! Natürlich habe ich sie für verrückt erklärt, als sie mir das Märchen mit den Rentieren auftischen wollten und war der festen Überzeugung, dass er mit Flohpulver angereist kommt. Das geht ja viel schneller.
Und seitdem habe ich nachts immer vor dem Kamin gewartet, wenn Weihnachtsabend war. Ich dachte, irgendwann erwisch ich ihn, ich habe immer dafür gesorgt dass das Feuer brennt und so.
Das mach ich-…. Naja…… immer noch.“
Lily erstickte ihr Lachen in der Decke.
James lief rot an und knuffte sie, als sie so heftig lachen musste, dass sie grunzen musste und plötzlich Schluckauf bekam.
Er klopfte ihr den Rücken und reichte ihr etwas Wasser und als der Schluckauf wieder vorbei war, sah er sie an.
„Was ist?“, fragte sie immer noch kichernd.
„Ich denke nur gerade darüber nach, dass es eigentlich schade ist.“
„Was ist schade.“
„Naja, dass Weihnachten immer nur einmal im Jahr ist.“
„Aber das macht es doch besonders.“, widersprach Lily lächelnd,
„Ich weiß, ich ….Himmel und Merlins Arsch, was war das?!?!?!“
„Das sind nur -….. meine Füße!“, murmelte Lily errötend. James sah sie geschockt an, nachdem er mit einem gewaltigen Sprung zurückgewichen war.
„Die sind ja eiskalt.“
„Das sind die immer.“
Er eroberte seinen Teil der Decke wieder zurück.
„Genauso eiskalt wie die Besitzerin!“, grinste James und Lily sah ihn pikiert an.
„Bitte?“
„Na komm schon Evans, ich meine, du blockst mich jetzt schon 7 Jahre ab!“
„Jetzt geht das wieder los.“, stöhnte sie und machte Anstalten aufzustehen.
„Warum?“
„Was?“
„Ich bin neugierig. Was stört dich?“
„Ich-….“, Lily sah sich hilfesuchend um, „…. Mich stört gar nichts!“
„Du hast mich am Anfang des Schuljahres ziemlich angeschrieen. Ehrlich gesagt hast du kaum eine Unterhaltung mit mir geführt, wo du nicht geschrieen hast.“
„Du bist arrogant und selbstverliebt.“
„Ich bin selbstbewusst und durchaus sympathisch.“
„Siehst du? Arroganz wo du gehst und stehst..“
„Komm schon, es hat dir doch gefallen, als es dieses Gerücht von uns gab.“
„Es hat mich jedenfalls nicht gestört“
„Bitte?“, James starrte sie verblüfft an.
Lily starrte zurück.
Es herrschte Schweigen, das Knistern des Feuers erfüllte den Raum und brachte eine urige Gemütlichkeit über den Raum, dass Lilys Augenlider schwer wurden, doch das Klopfen ihres Herzens hielt sie davon ab, müde zu werden.
James sah ihr direkt in die Augen.
Er blinzelte nicht, er sah sie direkt an.
Er sah durch sie hindurch.
Kam etwa sein Gesicht näher?
Lily öffnete den Mund.
James neigte langsam und vorsichtig seinen Kopf zu Seite und kam Lily immer näher.
Immer näher.
Immer näher, bis-…
KRACH!!!!
….- es heftig polterte, und beide mit verrenkten Hälsen zur Treppe des Jungenschlafsaals starrten.
Ein großer Schatten bewegte sich.
Plötzlich kam Sirius um die Ecke und starrte zu den beiden, die immer noch bewegungslos am Feuer saßen.
James Hand lag noch immer an Lilys Hals.
Sirius Augen waren glasig, als er in seiner gewohnten Bewegung die schwarzen Haarsträhnen aus den Augen schnickte und die Arme ausbreitete.
„Die Welt!“
Sprachs, drehte sich um und ging wieder nach oben.
Verblüfftes Schweigen herrschte zwischen James und Lily.
Das Mädchen starrte verdutzt zu der Treppe.
„Ist Sirius ein Schlafwandler?“
„Als er diesen Sommer bei mir gelebt hat, wollte er mir nachts einmal einen Zungenkuss geben.“, James schauderte, „Ein Erlebnis, dass ich eigentlich vergessen wollte.“
Apropos Kuss…
James sah wieder zu Lily, doch sie hatte den Mund geschlossen und lief knallrot an.
Hastig rappelte sie sich auf und stolperte über die Decke.
„Ich werde jetzt besser schlafen gehen, James…. Potter-…… James, ich meine….“, sie wischte sich eine Strähne aus der Stirn.
„Gute Nacht, Potter!“
„Sag mal-…“, fuhr James fort.
Lily erstarrte auf der dritten Stufe und drehte sich langsam und misstrauisch um.
„Ja?“
„Warum hat dir das Gerücht nicht ausgemacht?“
„Ich weiß nicht. Es war egal.“
„Du hast mich deswegen angeschrieen.“
„Alte Tradition.“, sie zuckte mit den Schultern. Das Feuer spiegelte sich in James Augen wider.
„Und warum reagierst du immer noch allergisch auf meine Einladungen?“
Zu James Überraschung lächelte Lily.
„Weißt du James….“, sie sah kurz zu Boden und als sie ihren Blick wieder erhoben hatte, war ihr Blick kämpferisch und wild.
„Es ist nicht deine Einladung….“
„Was denn dann?“, fragte er verblüfft.
Lily lächelte.
„Es ist deine Art zu fragen…“
Sie drehte sich um.
„Gute Nacht, Potter!“
James saß stumm am Feuer, bis ihm seine gute Manieren wieder einfielen und er ‚Nacht, Lily!’ hinterher rief.
Lily hatte bereits die Tür geschlossen.
