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Eine Liebe gegen jede Vernunft...

Bis das der Tod uns scheidet...
von

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Tag & Nacht 1

Der Wecker klingelte. ’Dieses verdammte Mistdingen!’, fluchte Noel und schaltete den Wecker an seinem Handy aus. Er hasste es, so früh geweckt zu werden, doch konnte er sich schon denken, wer ihm den Wecker auf elf Uhr Vormittags gestellt hatte. „Wenn ich dich erwische Aaron!“, murrte Noel und stand genervt auf. Er öffnete die Vorhänge, welche an den Fenstern und vor der Balkontür hingen. Durch die dunkelgrün verspiegelten Fensterscheiben, sah Noel einen Sonnendurchfluteten Tag. „Ich kann die Sonne nicht leiden!“, murmelte Noel und zog sich Jeans und Shirt an. Dann besah sich der Junge im Spiegel. Er hatte eine blasse Haut, grüne Augen und kurze, schneeweiße Haare. Trotz seiner Schlaksigkeit, war Noel doch recht muskulös; hatte durchtrainierte Oberarme, einen leichten Six Pack und einfach kein Gramm Fett zu viel am Körper. Deswegen hatte sich Noel schon einige Male über Aaron lustig gemacht, da dieser immer neidisch guckte, wenn er Noel mit freiem Oberkörper im Schwimmbad sah. Aus diesem Grund ärgerte Aaron Noel auch wiederum gerne, in dem er dessen Wecker auf die Mittagszeit stellte. Doch Noel wusste, dass dies nie ernst gemeint war; dazu mochten sich die beiden zu sehr. Was das Zusammensein der beiden anging, taten sich ihnen einige Probleme auf. Aaron war, wie jeder Mensch, meistens Tagsüber unterwegs, doch Noel war genau das Gegenteil: er war „Nachtaktiv“ und schlief den Tag über. Kurz gesagt, Noel war ein Vampir.

Aaron und Noels Arzt, waren die einzigen- lebenden- Personen, die von Noel und seinem Anderssein wussten.
 

Er gähnte. Seine Zähne, oder besser, Reißzähne, kamen zum Vorschein. Spitz, lang und Todbringend waren sie. Doch auch der Rest der Zähne war weiß, sehr sauber und gepflegt. Noel strich sich fahrig durch die Haare und schlurfte zur Küche. Dort machte er sich etwas Rührei, löste in einem Glas eine Art Brausetablette auf. Blutrot, färbte sich das Wasser in dem Glas, als von der Tablette nichts mehr übrig blieb. Noel trank das Glas in einem Zug leer. Er schüttelte sich. ‚Diese Dinger schmecken nach wie vor widerlich!‘, grummelte Noel und begann sein Rührei zu essen. Die Tabletten waren der einzige Weg, um den Blutdurst eines Vampirs, mehr oder weniger zu stillen. Anfangs hatten Noel und auch die anderen seiner Art, auf Blutkonserven aus dem Krankenhaus zurück gegriffen, doch dadurch, war es immer wieder zu Engpässen gekommen. So erfand man die Bluttabletten. Diese waren auch weitaus einfacher zu nehmen, als wenn man, sich jedes Mal verstecken musste, um eine der Konserven zu trinken.
 

Noel beendete sein Frühstück, räumte dann seine Wohnung auf und beschloss dann, Aaron von der Schule ab zu holen. ‚Auch wenn es ihm nicht gefallen wird, grinste Noel und griff nach seinem Autoschlüssel, ‚Aber das ist meine Genugtuung für den Wecker!‘ Noel fuhr zur Schule, wo Aaron sein letztes Jahr als Schüler verbrachte. Nachdem Noel seinen dunkelblauen Rinspeed Sa auf dem Parkplatz abgestellt hatte, lief er über das Außengelände zum Sportplatz. Dort hatte Aaron gerade Sport. Er und die anderen Jungen aus seiner Klasse spielten Fußball. Noel lief vor der kleinen Tribüne entlang, zu einem Sitzbereich, der sich unter einem Baum und somit im Schatten befand. Dort ließ sich Noel auf den äußersten Platz fallen und sah Aron und den anderen beim Spiel zu. Aron schien in Höchstform zu sein, denn in der Zeit, in der Noel zusah, schoss Aron drei Tore, welcher seiner Mannschaft zum Sieg verhalfen. Der Coach, ein untersetzter, kahlköpfiger und in die Jahre gekommener Mann, pfiff das Spiel ab. Erst jetzt, bemerkte Aaron Noel, wie er da unter dem Baum saß und ihn beobachtete. Grinsend und winkend verschwand Aron in der ‚Umkleide. Noel sah zur Umkleide, in welcher Aron verschwunden war. Wäre der Eingang nicht mitten in der Sonne gewesen, wäre Noel dorthin gegangen, um auf Aaron zu warten. Doch er verabscheute die Sonne und so blieb er einfach auf der Tribüne sitzen.
 

Zehn Minuten später, kam Aaron, in Sporthose und – Jacke, auf Noel zu. Er ließ sich neben den Vampir fallen. „Du sollst doch nicht herkommen!“, sagte Aaron und sah auf den Rasen, auf welchem er eben noch gespielt hatte. „Dann hättest du mir meinen Wecker nicht so früh stellen dürfen!“, sagte Noel und sah zu Aaron. Der Junge hatte hellbraune Haare, blaue Augen, war sehr schlank und sportlich- sehr gut durchtrainiert. Er wirkte für seine neunzehn sehr erwachsen. Dennoch waren seine Gesichtszüge eher weich, im Vergleich zu denen Noels, die eher fest und gestraff waren. „Bist du fertig, oder hast du noch Unterricht?“, fragte Noel und folgte Aarons Blick. „Ich hab noch Biologie und Geschichte.“, seufzte Aaron, stand auf und legte sich auf den Rasen. Noel beugte sich nach vorn, stützte sich mit den Armen auf den Knien ab und sah Aaron an. „Dann warte ich solange und fahr dich dann nach hause.“, sagte er und grinste. „Brauchst du nicht!“, sagte der Junge vor Noel, gähnte und streckte sich und verschränkte dann die Arme hinter dem Kopf, „Kann ich nicht mal bei dir übernachten?!“ „Nein!“, sagte Noel direkt und ohne weiter darauf einzugehen. Aaron verzog das Gesicht. ‚Immer das Gleiche! Egal, wie spät es ist, ich darf nie bei ihm bleiben.‘, dachte Aaron schmollend und sah zum Himmel. Vom Hauptgebäude wehte das Läuten der Klingel herüber. Er stand auf, klopfte sich die Sachen ab. „Ich geh dann mal...“, sagte Aaron geknickt, verschwand ohne Noel noch ein weiteres Mal anzusehen. Dieser schwieg, sah zu der Stelle, an welcher Aaron eben noch gelegen hatte. Er hob den Blick und sah zu den Hügel, an der anderen Seite des Spielfeldes, wo das Gras in sanften Wellen unter der Sonne und dem Wind schimmerte. Als Aaron den Hügel zum Hauptgebäude ging, sah über der Schulter zu dem Vampir, öffnete er den Mund, wollte ihm etwas zurufen, ging dann aber Kopfschüttelnd weiter. „Viel Spaß noch und bis gleich!“, rief Noel, ohne zu Aaron zu sehen. Dieser blieb einen Moment stehen und drehte sich zu Noel, der noch immer dort saß, wo er zuvor bereits gesessen hatte.
 

Aaron war gerade an den Gewächshäusern vorbei und auf Höhe der Umkleiden, als er Schritte hinter sich hörte. Stur und traurig blickte er nach vorn und auf den rot gepflasterten Boden vor sich. ‚Noel kann es nicht sein...dafür sind die Schritte zu leicht und schnell‘, dachte Aaron betrübt, hätte sich aber über den Anblick des weißhaarigen Jungen gefreut. Statt dessen sah er, als er aufsah, in die haselnuß braunen Augen von Riku, einem Mädchen aus der Nachbarklasse. „Wer war denn der junge Mann eben?“, fragte sie neugierig, nachdem Riku zu ihm aufgeschlossen hatte. „Ein Freund von mir.“, sagte Aaron genervt bei der Erwähnung von Aaron. „Cool!“, staunte Riku und sah über die Schulter zu Noel, der noch immer unter den Bäumen und auf der Tribüne saß. „Na ja... ganz so toll ist er auch nicht!“, murrte Aaron wieder und sah ebenfalls zu Noel, wenn auch etwas finsterer, „Er ist kalt, zeigt keinerlei Gefühle, ist noch dazu viel zu ruhig, denkt kompliziert, ist egoistisch und unnahbar!“ Riku sah jetzt wieder zu Aaron, der wütend wieder nach vorn sah und war recht verwundert. „Ja?!“, wieder sah Riku zu Noel, nun aber mit einer unschlüssigen Miene, „So sieht er gar nicht aus.“ ‚Wenn du wüsstest!‘, dachte Aaron und ging, ohne noch einmal umzudrehen, in das lärmende Schulgebäude. Riku schien über das eben gesagte nach zu denken. Ob sie zu einem Schluß kam, konnte Aaron nicht sagen, doch bevor sie in ihre Klasse ging, wandte sie sich noch einmal zu ihm um. „Hast er eigentlich eine Freundin?“, fragte Riku direkt und hob fragend die Augenbrauen. Aaron war überrascht und wusste nicht, was er sagen sollte. „Soweit ich weiß hat er keine.“, entgegnete er völlig perplex und sah Riku nun an. „Danke!“, lächelte diese dann und verschwand in ihrem Klassenzimmer. Aaron ging in das seine und ließ sich seufzend auf seinen Platz fallen.
 

Daisuke, der im Moment vor ihm saß, drehte sich zu ihm um. „Du klingst wie ein alter Mann!“, grinste er und stützte sich, mit den unter dem Kinn verschränkten Armen, auf Aarons Tisch. „Na und!“, seufzte er und packte seine Sachen aus. „Was wollte denn Riku von dir?!“, hakte Daisuke nach, grinste hämisch, „Die tut doch sonst immer so, als existiertest du nicht?“ „Darf sie mich nicht auch mal ansprechen?!“, entgegnete Aaron schnippisch. Doch Daisuke ließ nicht locker. „Was wollte sie denn nun?“, fragte er neugierig, überging den Unterton in Aarons Stimme, als er ihm gerade geantwortet hatte. Jetzt sah Aaron den Jungen an, gab schließlich nach. „Sie hat Noel gesehen und wollte wissen, wer und wie er ist und ob er eine Freundin hat.“, sagte er kleinlaut, verschluckte die letzten Worte förmlich. „Meinst du den weißhaarigen Typen, der eben hier war?! Also unten am Fußballfeld?“, Daisuke bekam große Augen, „Da will sie sich aber einen feinen Fisch angeln!“ Er lachte auf. „Und?“, bohrte der Junge weiter, „Kann Riku bei ihm landen? Ich könnte mir nämlich gut vorstellen, das sie damit ganz schön angeben wird..“ Aaron sah betreten auf seinen Tisch. Wieso machte es Daisuke nichts aus? Es war allgemein bekannt, dass er auf Riku stand und jetzt sollte er es einfach hinnehmen?! Während Aron grübelte, stand Daisuke auf und ging los, das Gerücht, Riku würde etwas mit dem weißhaarigen Typ von der Uni gegenüber haben, in Umlauf zu bringen. Jetzt kam jemand und setzte sich auf Daisukes leeren Platz. „Stimmt das?“, fragte eine dunkle Jungenstimme. Aaron sah wieder auf und blickte in das ruhige Gesicht von Raven. „Was meinst du?“, fragte Aaron und senkte den Blick wieder auf sein Buch. „Na das mit Riku und Noel.“, sagte Raven leise und beugte sich zu Aaron auf dessen Tisch. Raven war der einzige, der wusste, dass Aaron und Noel zusammen waren. „Ich dachte DU wärst mit ihm zusammen!“, sagte Raven und nahm Aaron das Buch weg. Letzterer schnaubte. „Zusammen kann man das nicht gerade nennen...“, sagte der Junge verdrießlich und sah aus dem Fenster. „Hast du Noel denn nicht mal danach gefragt?“, erkundigte sich nun Raven nach einer kurzen Pause.
 

Aaron überlegte. „Nein...nicht direkt...wir verbringen zwar fast jeden Tag zusammen, sind aber immer irgendwo unterwegs oder sitzen in irgendwelchen Cafés oder sonstigen Läden rum...“, gab Aaron zu und fühlte sich noch mieser, „Ich hab noch nicht einmal seine Wohnung gesehen, geschweige denn, dass er mich...“ Aaron brach den Satz ab. Aus irgendeinem Grund, konnte und wollte er einfach nicht weiter reden. Ein dicker Klumpen hing ihm im Hals und raubte ihm die Stimme. Raven hörte Aaron geduldig zu und nickte dann. „Vielleicht solltest du ihm das einfach mal sagen, also dass es dich mehr interessieren würde, wenn er dir etwas von sich zeigen oder erzählen würde.“, schlug Raven vor und er und Aaron sahen sich an. Letzterer wollte gerade darauf etwas sagen, doch in genau diesem Moment, kam der Lehrer und der Unterricht begann. Während der Pauker, vorn an der Tafel seinen Unterricht abhielt, sah Aaron gedankenverloren aus dem Fenster. Die Tage wurden bereits wieder kürzer- die Nächte kälter. Bald würde es den ersten Frost geben.
 

Das Aaron bereits mehr als einmal als Tagträumer getadelt wurde, war ihm im Moment schier egal. In Gedanken quälten ihn die Fragen, die ihm bis dato zwar bewusst gewesen waren, er aber noch nie so durchdacht hatte wie jetzt. ‚Ich muss unbedingt mit Noel reden!‘, beschloss Aaron und erschrak, als es erneut läutete. Er sah auf die Uhr. Biologie sowie Geschichte, waren bereits vorbei. Aaron war so in seine Grübelei vertieft, dass er nichts vom Unterricht mitbekommen hatte. Die anderen Jungen und Mädchen aus seiner Klasse, machten sich eilends daran, ihre Bücher in den Taschen zu verstauen und aus dem Klassenzimmer zu eilen. Aaron jedoch saß einfach nur da und starrte, mit leeren Augen vor sich hin. Immer wieder ging er Ravens Worte durch und je öfter er sie vernahm, desto deutlicher wurde, wie blind Aaron bislang gewesen war. Allem Anschein nach, spielte Noel nur mit ihm und Aaron war auch noch so naiv, ihm zu vertrauen! Es stand fest. Aron musste mit Noel reden. Doch wie sollte er es anstellen? Einfach mit der Tür ins Haus fallen? Nein! Dann würde Noel sofort wieder blocken und gar nichts mehr sagen. „Verdammt!“, fluchte Aaron leise vor sich hin und raufte sich die Haare, „Warum ist das Leben nur so scheiße kompliziert?“ Es gab keine Antwort. Aaron war allein im Klassenzimmer zurück geblieben, während die Sonne langsam versank. Lediglich das Sirren der ausklingenden Hitze, sowie das zirpen der Grillen, war zu hören. Die Klänge, zusammen mit der Wärme im Zimmer, machten Aaron schläfrig.
 

Plötzlich vernahm er ein Geräusch, das nicht in die Stille passte: das summende Geräusch einer auf- und wieder zugehenden Tür. „Willst du die ganze Nacht da sitzen blieben, oder hat es einen bestimmten Grund, warum du da sitzt?!“, fragte eine ihm sehr vertraute Stimme. Aaron sah auf und blickte in das ruhige Gesicht von Noel. „Was- wie- wo?“, stammelte Aaron und wurde rot. Verlegen sah er weg. Noel grinste und setzte sich vor Aaron auf den Platz, auf welchem auch schon Daisuke und Raven gesessen hatten. Sein Blick ruhte auf dem Gesicht Aarons, wenn dieser es ihm auch abgewandt hatte. "Was ist mit dir?!“, fragte Noel, noch immer ruhig und sah weiterhin zu Aaron. „Nichts.“, log dieser, sah Noel weiterhin nicht an, ‚Es ist eher das Gegenteil! Das, was ich nicht habe!‘ Beide schwiegen, während Aaron aus dem Fenster sah und Noel Aaron ansah. „Ist es wegen mir?“, fragte Noel plötzlich. Aaron drehte seinen Kopf und Hals derart ruckartig zu Noel, dass sämtliche Halswirbel knackten. Ungläubig, sah er dem Vampir in die Augen. „Was hast du gesagt?“, fragte der Junge, welcher unbeweglich auf seinem Platz saß. Noel seufzte. „Ich hab gefragt, ob ICH irgendwas mit deiner Laune zu tun habe.“, sagte er ruhig und wartete auf eine Antwort. Aaron war unschlüssig, wusste nicht, was er machen sollte. Er entschied sich, Noel wenigstens die halbe Wahrheit zu erzählen. Die Hände im Schoß liegend, sah Aaron auf seinen Tisch. „Ja...“, sagte er leise, „Du HAST Schuld!“, sagte Aaron und wartete auf den Donnerschlag, in Form von Noels Reaktion. Diese jedoch blieb aus. Stattdessen stand Noel einfach auf und stellte sich, den Rücken Aaron zu gewandt, ans Fenster aus welchem Aaron zuvor bereits gesehen hatte. „Und weiter?!“, sagte Noel plötzlich mit tiefer Stimme, ohne Aaron anzusehen. „Du erzählst nie etwas von dir... weder weiß ich, wo und wie du wohnst, wie du mit Nachnamen heißt, noch wie alt du bist!“, sprudelte es aus Aaron hervor. Ehe dieser sich bewusst wurde, was er da von sich gab, hatten die Worte seinen Mund verlassen und Aron schlug entgeistert die Hände auf den Mund. Vorsichtig sah er zu Noel. Noch immer hatte sich dieser abgewandt, sagte nichts. Doch Aaron erkannte die Anspannung in seinem Körper, in jeder einzelnen Faser. „Noel... hör zu, es- es tut mir leid! Ich- ich hätte... hätte das nicht sagen dürfen!“, stammelte Aaron unsicher, wollte das Noel sich umdrehte, ihn mit seinen kalten, aber dennoch wunderschönen, smaragdgrünen Augen ansah. Doch er tat es nicht, blieb stumm, den Körper auf äußerste gespannt. „Weißt du... wir sind doch zusammen... da wüsste ich nur gerne, woran ich bei dir bin...“, Aaron versuchte seiner Stimme einen festen Ton zu verleihen, doch gelang ihm dies nicht- das zittern blieb.
 

Jetzt endlich drehte Noel leicht den Kopf, zu dem Jungen hinter sich. Sein weißes Gesicht glänzte in der untergehenden Sonne, Noel seufzte. „Verdammt Aaron! Wie oft noch?!“, fragte der Vampir, drehte sich nun um und lehnte mit dem Po an der Fensterbank, „Wie oft haben wir das jetzt durchgekaut?! Ich bin ein Vampir!“ Er machte eine kurze Pause. „Ich ernähre mich von Blut, dem Lebenssaft, von Menschen!“, sagte er weiter, verschränkte die Arme vor der Brust. Aaron schluckte, wich dem Blick Noels aus. „Ich weiß es doch...“, sagte er, nun recht kleinlaut, „Aber wir hatten auch darüber gesprochen, dass es mir nichts ausmacht!“ Noel fuhr sich fahrig die Haare. Wieder seufzte er. „Sind wir denn zusammen?“, fragte Aaron und wollte nun endlich alles mit offenen Karten, von dem Vampirjungen wissen. Noel schloss die Augen, biss sich, angestrengt nachdenkend, auf die Unterlippe. „Also... von meiner Seite aus... ja! Wir sind zusammen!“, sagte Noel, ließ sich auf den Fußboden sacken. Aaron rutschte, wenn auch unschlüssig, von seinem Stuhl und direkt vor seinen Freund. Zögerlich und überaus vorsichtig, streckte er eine Hand nach Noel aus. ‚Bitte...‘, flehte Aaron innerlich, ‚Gib mir diese Bestätigung! Nur dieses eine Mal wenigstens!‘ Während Aaron sich langsam Noel näherte, machte dieser keine Anstalten, die Hand wegzuschieben oder aufzustehen. Nein! Diesmal würde der Vampir sitzen bleiben. Langsam näherte sich Arons Hand Noels Wange und Wange. Er erschrak, als er sie berührte, denn sie war einfach nur kalt- kälter als erwartet. Jetzt hob Aaron Noels Gesicht mit sanfter Gewalt an, sodass Noel ihn ansah. Dennoch sah Noel weg. „Bitte...“, flüsterte Aaron und legte nun auch die andere Hand ebenfalls an Noels Wange, „Bitte... sieh mich an!“
 

Der Vampir zögerte, musste sich regelrecht dazu zwingen, Aaron in diesem Moment anzusehen. Doch tat er es und erschrak, als er merkte, wie nah Aaron ihm gekommen war. Nur noch wenige Zentimeter trennten sie von einander. „Aaron... wir...“, die kühlen, schlanken Finger Noels, legten sich um die Handgelenke des Jungen, „Wir... wir dürfen... das... nicht.“ Die letzten Worte waren nicht mehr, wie ein erstickendes Flüstern, Noel schloss die Augen. Im nächsten Moment, berührten sich die Lippen der beiden, für einen kurzen Augenblick. Noel zuckte zusammen, riß die Augen auf und stieß Aaron von sich. „Nicht!“, sagte er aufgebracht, legte die Finger an die Lippen, „Nicht.... fordere es nicht heraus...“ Aaron saß, starr vor Schreck über das, was er soeben getan hatte und darüber, wie Noel darauf reagiert hatte, auf dem Boden und sah den Vampir an. Jetzt bewegte er den Mund, wie ein Fisch, der auf dem Trockenen gestrandet war. „Es... es tut mir leid!“, stieß Aaron so plötzlich, wie laut hervor, dass Noel zusammenfuhr, „Ich... ich- konnte einfach nicht anders...“ Noel fuhr sich über die Lippen, er grinste. Dann sah er zu Aaron und breitete die Arme etwas aus. „Komm her!“, sagte er, mit einem leichten Befehlston in der Stimme und wartete auf den Jungen, der noch immer verschreckt zwischen den Tischen und Stühlen hockte. Jetzt kam Aaron zu ihm gekrabbelt und legte sich in die ausgebreiteten Arme. Kühl, aber weich war die Haut Noels unter Aarons zitterndem Körper. Noel jedoch grinste, legte Daumen und Zeigefinger an das Kinn von Aaron, drückte ihm den Kopf leicht in den Nacken und senkte nun seine Lippen auf die des Jungen in seinen Armen. Diesmal jedoch, war der Kuss intensiver und länger. Aaron schloss die Augen und spürte plötzlich ein angenehmes Kribbeln, welches sich, ausgehend von seinen Lippen, in seinen ganzen Körper, in jede einzelne Faser seiner Gliedmassen eindringend. Langsam löste Noel sich wieder von Aaron und sah diesen prüfend an. Der Junge war errötet, schnappte keuchend nach Luft.
 

Noel beugte sich wieder zu Aaron, legte ihm den Daumen an die Lippen und fuhr deren zarte Konturen nach. Nun war Noels Mund ganz nah an Aarons Ohr. „Ist es das, was du wolltest?!“, fragte er leise und legte die Stirn auf Aarons Schulter. Der Junge in seinen Armen, konnte keinen klaren Gedanken fassen. Alles lag in einem dichten Nebel verborgen. Aaron schluckte ein paar Mal und sah dann zu dem Vampir. Noel hatte die Augen geschlossen. „Wie schön dein Blut doch durch deine Adern rauscht...“, grinste er und legte Aaron eine Hand seitlich an den Hals, die andere auf die Schulter. So drückte er den Hals Arons zu sich. „Es klingt so wunderbar verführerisch und wohlschmeckend...“, sagte Noel, weiterhin grinsend. Dann drückte er seine Lippen auf Aarons Hals, dessen Kehle und die Senke am Hals. „Noel!“, keuchte Aaron und versuchte ihn von sich zu schieben, „Noel! Lass das! Du machst mir Angst!“ Von Noel kam jedoch nur ein hämisches Lachen, welches schon einem leichten knurren gleichkam. Er sah auf. „Endlich mal eine vernünftige Reaktion!“, grinste er und wuschelte Aaron durch die Haare, „Na komm! Ich hatte nicht vor, hier zu versauern.“ Das Noel so ruckartig aufstand, kam für Aaron so plötzlich, dass er hinten überfiel. Doch ehe er zur Gänze auf dem Rücken lag, hatte Noel ihn bei der Hand gepackt und nach oben gezogen. Verlegen sah Aaron aus dem Fenster.
 

Die Sonne war bereits untergegangen und die ersten Sterne zeichneten sich am Himmel ab. „Na toll…“, murrte Aaron und schnappte sich seine Tasche, „Meine Eltern werden jetzt garantiert den Aufstand proben!“ Er eilte zur Tür. „Komm schon Noel! Jetzt MUSST du mich sogar heimfahren!“, er drehte sich zu ihm um, doch Noel hatte sich lediglich ans Fensterbrett gelehnt, „Was ist?! Hattest du nicht gerade noch selbst gesagt, dass du hier nicht versauern willst?“ Noel jedoch lächelte den Jungen nur an. ‚Wow!’, dachte, als er das Lächeln sah, ‚Wie kann man nur so sexy lächeln?’ „Was ist jetzt?“, fragte er ungeduldig, wollte keine Sekunde länger in Schule bleiben. „Wir können sofort gehen, aber nicht über die Treppe!“, sagte Noel vollkommen gelassen. „Wie denn dann?!“, fragte Aaron etwas ungehalten, „Willst du vielleicht aus Fenster springen und fliegen?!“ Wieder lächelte Noel. „Ersteres ja und zweiteres kann ich leider nicht!“, sagte er und stieß sich von der Fensterbank ab, „Und du wirst mitkommen!“ Jetzt prustete Aaron los. „Du bist ja richtig witzig!“, stieß er lachend hervor, „Aber du vergisst, wir sind hier im sechsten Stock!“ Erschrocken hielt er inne, denn Noel stand plötzlich vor ihm. „Sieh nicht immer alles so negativ!“, sagte Noel, als wenn er Aaron nicht gehört hätte. Mit einer fließenden Bewegung hob er Aaron schließlich auf den Rücken und ging zum Fenster. Aaron wurde bleich, als Noel auf die äußere Fensterbank trat und sich am Fensterrahmen festhielt. „Noel lass die Witze!“, panisch klammerte Aaron sich an Noels Hals. Jeder andere, ‚normale’ Mensch, hätte keine Luft mehr bekommen, sogar würgen müssen, doch Noel stand völlig ruhig da. Lässig sah er nach unten und schätzte den Abstand zwischen sich und dem Boden, sowie den Jahrhundert- Bäumen, die ihnen gegenüber standen. Jetzt sah er über die Schulter und Aaron direkt an. „Deine momentane Gesichtsfarbe gefällt mir!“, lachte Noel dunkel, „Du siehst mir jetzt fast ähnlich!“ Bei den letzten Worten, hatte der Vampir sich vom Fensterbrett abgestoßen. Einen Moment schwebten sie durch die Luft und Aaron glaubte zu fliegen. Doch dann stürzten sie beide auf die Bäume zu. Panisch schloss Aaron die Augen und versteckte das Gesicht an Noels Rücken. Kaum einen Augenblick später spürte er einen dumpfen Aufprall und Blätter hingen ihm ins Gesicht. Vorsichtig sah Aaron auf. Sie standen auf den hohen und dicken Ästen des Baumes, auf den sie gerade zugestürzt waren. „Wie- wie hast du das gemacht?!“, fragte Aaron und sah sich um. „Das ist einer der vielen Vorteile, wenn man ein Vampir ist!“, grinste Noel vergnügt und nahm schon wieder Anlauf. Diesmal sprang er waghalsig von einem Ast zum anderen, landete jedoch immer sicher auf den Füßen und kam kein einziges Mal ins Wanken. Als er dann den letzten Ast, der immer noch gute fünf Meter über dem Erdboden hing, erreichten, hatte Aaron die Augen fest geschlossen und klammerte sich an Noel. „Sind wir langsam mal unten?!“, fragte er kaum verständlich, als Noel sich abermals in Bewegung setzte. „Noch einen Moment!“, kam es von Noel zurück. Jetzt wagte Aaron einen vorsichtigen Blick über Noels Schulter und erschrak. Der Junge, der ihn trug, rannte wie ein Windhund über das riesige Schulgelände. Noel war derart schnell, dass alles nur verschwommen und schemenhaft an ihnen vorbei raste. So plötzlich wie Noel losgelaufen war, hielt er auch wieder an. Aaron blickte auf.
 

Sie standen vor Noels Wagen und Noel ließ Aaron von seinem Rücken gleiten. Er schloss auf, setzte sich ans Steuer und fuhr schließlich gekonnt los, nachdem Aaron sich neben ihn gesetzt hatte und seine Tasche auf die Rückbank befördert hatte. „Ich werde die nächsten Tage nicht kommen können-“, setzte Noel nach einer Weile an, doch Aaron fiel ihm ins Wort, „Was?! Warum denn nicht?“ Aufgebracht sah er zu Noel, der sich auf die Straße konzentrierte. „Wenn du mich ausreden lassen würdest, könnte ich es dir auch sagen!“, grinste der Junge und fuhr gekonnt durch die engen Gassen der Altstadt, „Ich werde Besuch bekommen… Doch dieser Besuch, oder besser die Besucher, kommen aus dem entlegensten Winkel der Arktis. Somit ist es dort für sie einfacher ihren Blutdurst nach menschlichem Blut zu stillen, als in den belebten Städt. Dort fällt es nicht auf… hier allerdings…“ Aaron sah Noel an. „Ach so…“, murmelte er, „Und solche Leute lässt du in deine Wohnung?!“, etwas gekränkt sah er nun aus dem Fenster. „Besser als wenn sie frei mordend durch die Straßen ziehen.“, sagte Noel und hielt an, „Wir sind da!“ Aaron, der kaum etwas von außerhalb des Wagens wahrgenommen hatte, sah auf. „Oh…“, betrübt sah Aaron zum Haus, „Leider…“ Letzteres war nur ein unverständliches Gemurmel. „Komm schon Aaron!“, sagte Noel, legte dem Jungen eine Hand auf den Arm, „Wir haben das doch jetzt geklärt!“ „Ja… aber du wirst dich dann wieder, wer weiß wie lange, nicht melden…“, sagte Aaron leise, sah auf seine Hände, „Es ist dann so… als wenn wieder alles wie vor dem Gespräch heute Mittag ist.“ „Ich werde mich melden!“, sagte Noel mit fester Stimme, hob Aarons Kinn an und zwang den Jungen somit dazu, ihn anzusehen, „Jeden Abend um halb zwölf rufe ich an! Versporchen!“
 

Aaron konnte seine folgende Reaktion einfach nicht erklären, denn sie geschah aus einer unbewussten Handlung heraus: Aaron fiel Noel einfach um den Hals, zog ihn fest an sich. „Wehe wenn nicht!“, nuschelte er, konnte den drohenden Unterton in der Stimme jedoch nicht verbergen. „Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz!“, grinste Noel, bezweckte aber eine weitere Aktion damit. Sein Plan ging auf! Aaron drückte ihn von sich weg und sah ihn finster an. „Wehe wenn du nicht anrufst!“, grinste Aaron verschlagen, „Dann rede ich nie wieder mit dir!“ Jetzt grinste auch Noel, nahm das Gesicht des Jungen zwischen seine Hände. „Das wäre aber sehr schade!“, flüsterte er, kam Aaron immer näher, „Dann könnten…wir…das hier…ja gar nicht…machen!“ Mit diesen Worten zog Noel Aaron in einen intensiven und leidenschaftlichen Kuss.
 

Als die zwei sich wieder von einander lösten, hatte Aaron gerötete Wangen und sah den Vampir mit verträumten Augen an. Stumm bewegte Aaron den Mund, bekam aber keinen Ton über die Lippen. „Bis morgen Abend!“, sagte Noel, lächelte und schnallte Aaron ab. „Bis… morgen!“, sagte dieser mit schwacher Stimme und stieg tollpatschig aus. Noel schüttelte grinsend den Kopf. „Schlaf gut!“, sagte er, wartete bis Aaron die Tür schloss und war im nächsten Moment auch schon verschwunden. Verträumt sah Aaron die Straße entlang, ging aber dann doch zum Haus. „Bin wieder da!“, rief er, als er ins Haus trat. Als er zur Treppe ging, kamen seine Eltern aus dem Wohnzimmer gelaufen. Beide schienen wütend, aber auch erleichtert zu sein. „Wo, um alles in der Welt, bist du gewesen Aaron?!“, fragte sein Vater, schloss den Jungen aber erleichtert in die Arme. „Ich hab doch gesagt, dass ich mich mit Noel treffe!“, sagte Aaron zu seiner Verteidigung und umarmte seinen Vater ebenfalls. „Dann gib uns das nächste Mal, bitte eine Telefon- oder Handynummer, oder auch die Adresse von Noel, damit wir dich über ihn erreichen können!“, sagte nun seine Mutter, „Wir waren in Sorge, dir könnte etwas passiert sein! Denn normalerweise, bist du um diese Uhrzeit längst wieder da, selbst wenn du dich mit Noel triffst.“ „Verzeiht!“, sagte Aaron entschuldigend und sah seine Eltern an, „Es wird nicht wieder vorkommen!“ „Das will ich auch hoffen!“, scherzte sein Vater, hatte jedoch einen leichten drohenden und ernsten Ton in der Stimme, „Und jetzt ab ins Bett mit dir!“ Er gab seinem Sohn einen leichten Klaps auf die Schulter. Dieser nickte und wünschte seinen Eltern eine gute Nacht.
 

In seinem Zimmer angekommen, realisierte Aaron zum ersten Mal, seit er Noel in der Schule getroffen hatte, das die Zeit wie im Flug vergangen war. Jetzt war es bereits halb zwölf. ‚Noch eine halbe Stunde und wir haben Geisterstunde…’, dachte Aaron und warf sich- noch komplett angezogen- auf sein Bett, ‚Schade, dass die Abmachung nur in der Zeit gilt, wie der Besuch da ist…’ Er seufzte sehnsüchtig und fuhr sich mit den Fingern über die Lippen. „Bitte ruf doch jetzt schon an Noel…“, flehte Aaron leise und drehte sich auf den Bauch, sah zu seinem Telefon, das auf dem Nachttisch stand. „Warum soll ich anrufen, wenn ich dich auch richtig sehen kann?!“, fragte eine Stimme aus einer dunklen Ecke neben dem Fenster. Aaron schreckte hoch. „Noel?!“, fragte er leise und sah sich um, „Was… was machst du hier?“ Jetzt löste sich Noel von den Schatten und kam auf Aaron, der noch immer auf dem Bett saß, zu. Er blieb vor ihm stehen. „Na, wenn ich die nächsten Tage schon auf Entzug gesetzt werde, muss ich das doch vorher noch ausnutzen!“, grinste Noel scheinheilig, hatte die Hände in den Hosentaschen verborgen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2007-12-29T15:44:29+00:00 29.12.2007 16:44
Ja einfach klasse *schwärm* Noel *____*
Ich liebe Vampire XD
Öhm... kennsu "Bis(s) zum Morgengrauen" ? Ich glaub schon. Mir kommts so vor, als hättest du das etwas umgeschrieben, aber für mich ists immer noch genial *_* *schnell weiterles*
Von: abgemeldet
2007-08-24T01:17:07+00:00 24.08.2007 03:17
ai, weiter,weiter,weiter!*-*
nein,ich muss auch sagen, dass die geschichte sehr schön geschrieben ist und ich mich kaum losreissen konnte. sie macht leider auch süchtig, daher hoffe ich, dass es bald weitergeht!:D

Von:  Severus_Snape
2007-08-21T13:27:44+00:00 21.08.2007 15:27
Soooo ... Klasse einfach spitze,
die zwei sind so schnugick zusammen ^^
Hoffe es gibt bald mehr


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